Deepest Gold von Bettyna (Who are you, holy flame?) ================================================================================ Kapitel 41: Meeting the leader ------------------------------ Als Seika exakt eine Stunde später vor der Tür stand, die zu Pain Räumen führte, hatte sie kalte Füße, denn auf diese Situation war sie trotz der Zeit, die sie gehabt hatte, gar nicht vorbereitet. Doch wenn man sich mit Pain traf, konnte man sich auch nicht wirklich vorbereiten. Weil ihr aber irgendwann während ihres Bades aufgefallen war, dass sie überhaupt keine Ahnung hatte, wo sich die Zimmer ihres Anführers eigentlich befanden, war sie zu Tobi gerannt, um ihn danach zu fragen, weil er der Einzige war, von dem sie wusste, dass er so einfühlsam war und deswegen keine Fragen stellte, geschweige denn dass er den Anderen weiter erzählte, dass sie ein besonderes Treffen vor sich hatte. Denn unangenehme Fragen von Deidara und Kisame konnte sie nun wirklich nicht brauchen, da sie diese sicher bald von einer anderen Person gestellt bekommen würde... Obwohl die junge Frau jetzt doch schon so lange bei den Akatsuki war, hatte sie nicht gedacht, dass die Basis so groß war und so dachte sie daran, was es denn wohl noch für Räume gab, deren Existenz sie nicht einmal im Traum vermutete. Natürlich hatte sie sich auch nie auf den Weg gemacht, um das Gebäude zu erkunden, weil sie nicht riskieren wollte, in eine der bestimmt zahlreichen Fallen zu tappen und dadurch noch umzukommen, oder irgendwelche Zimmer zu betreten, die sie eigentlich nicht besuchen durfte. Sie hatte sich eigentlich nur in ganz bestimmten Räumen aufgehalten, natürlich in ihrem Zimmer, in der Küche, im Speisesaal, im Gemeinschaftsraum und in der Trainingshalle, darüber hinaus noch manchmal in den Labors und dem großen Archiv im Keller. Dies hatte ihren Tagesablauf eigentlich immer gut gefüllt, sodass sie auch nicht den Bedarf gehabt hatte, sich auf eine Safari durch die Basis von Ame no Kuni zu begeben. Jedenfalls befanden sich Pains Räume im Obergeschoss. Die Treppen, die dort hin führten, befanden sich an einem Ort, den Seika noch nie betreten hatte. Die Etage, auf der ihr Zimmer war, besaß natürlich ein Treppenhaus, doch dieses hatte keinen Anschluss nach weiter oben, nein. Eine unscheinbare Tür in der Eingangshalle hatte einen langen Korridor hinter sich versteckt gehabt, der in einen Trakt mit lauter kleinen Kammern mit schweren gesicherten Türen geführt hatte, welche wie Gefängnisse aussahen. Vielleicht war Seika in einer dieser Zellen gefangen gewesen, als man sie Anfangs nach ihrer Niederlage gegen Kisame und sein Samehada hier her verschleppt hatte und sie dann gefoltert worden war von- Nein, verdammt, warum erinnerte sie hier alles an 'ihn'? Seika schüttelte stur ihren Kopf und ging den Gang weiter. Erst dahinter hatte eine schmale Wendeltreppe in die Höhe geführt. Dies hier war ein vollkommen anderer Teil des Anwesens, welcher von keiner anderen Stelle betreten werden konnte. So war es auch kein Wunder, dass Seika Pain beim Gang durch das Gebäude nie irgendwo begegnet war. Die schmale Tür in der Eingangshalle war nicht weit von Speisesaal entfernt, sodass Pain immer ungesehen kommen und gehen konnte. Doch nun stand Seika hier oben und musste endlich eintreten. Die junge Frau versuchte, ihr aufkommendes Unwohlsein und die Nervosität mit innerlichen Kommentaren à la Kisame herunter zu spielen, doch ihr war in keinster Weise zum Spaßen zu Mute. Keiner der Akatsuki wurde wohl oft zu einer persönlichen Audienz zu Pain gebeten und schon gar nicht in seine privaten Räume. Überhaupt, wozu war das nötig? Sie konnten sich doch auch normal unterhalten, oder? „Trete ein, Seika-san“, ertönte die Stimme des Mannes mit dem Rin’negan und so nahm er Seika auch die Entscheidung über ihr Tun ab. Sie berührte die Tür mit einer Hand und sie schwang auf. Das was sie sah, oder besser gesagt, nicht sah, verschlug ihr die Sprache und half nicht, dass sich ihre Beklommenheit legte. Der Raum war dunkel, das einzige, was die Umgebung erleuchtete, war eine kleine Fackel an der Wand, die, soweit Seika sehen konnte, nur nackte Wände und einen steinernen Boden enthüllte. Das Zimmer war nicht besonders groß, doch die Dunkelheit in den Ecken deformierte ihn, sodass sich Seika fühlte, als wäre das Raumgefüge um sie herum zusammen gebrochen. Gegenüber von ihr war eine weitere Tür, und sie war geschlossen. Sonst befand sich hier keine Menschenseele und es war unheimlich ruhig. Wo war dann Pains Stimme hergekommen? Doch die Zeit, diese Frage zu überdenken, hatte die Brünette nicht. Sie nahm sich zusammen und durchquerte den kahlen Raum, in dem ihre Schritte laut hallten, schnell, aber beherrscht und nicht hastig. Weil Pain ihr vorhin gestattet hatte, herein zu kommen, drückte sie auch die nächste Tür auf und fand keine Änderung in dem Bild vor sich, außer, dass das Zimmer, welches sie nun betreten hatten, sehr viel größere Ausmaße hatte, als das davor, sodass der Kamin, der zu ihrer Linken hell loderte, das andere Ende der Räumlichkeit nicht erreichte. Und sie erblickte nun auch den Mann, wegen dem sie hier war. Es war Pain und er stand gerade noch im letzten schwachen Lichtschein der Flammen. Doch Seika erkannte ihn an den so seltsam schimmernden silbergrauen Augen mit den mehrfachen Irriden, die in der Dunkelheit von alleine in der Luft zu schweben schienen. Da bewegte Pain sich und machte eine einladende Bewegung mit seinem Arm, mit dem er zu dem Kamin wies, vor dem zwei rote Sessel standen. Natürlich fühlte Seika auch seine Präsenz, doch was sie etwas verwirrte, war Konans Abwesenheit. Das war wieder eine weitere ungewohnte Situation. Konan schien Pain nie von der Seite zu weichen, doch nun schien er sie von diesem Gespräch ausgeschlossen zu haben. Also war dies hier auch noch ein Gespräch unter vier Augen? Vielleicht war es das gewesen, was Seika als Verstimmung in den Augen der Blauhaarigen gesehen hatte. Doch was befürchtete sie schon? Pain bewegte sich und trat ins Licht. Seine Schritte waren langsam und er ging gemächlich hinüber zu einem der Sessel und setzte sich in diesen hinein. So wurden seine Züge besser vom Feuer beleuchtet, welches sich ebenfalls in den zahlreichen Piercings in seinem Gesicht widerspiegelte. Er trug seinen Akatsukimantel nicht, sodass Seika ihn zum ersten Mal in ganz normaler Kleidung sah. Er hatte nichts Besonderes an, Shirt und Netzoberteil und Hosen, alles in der Farbe Schwarz, wie es auch die Anderen trugen. Doch das ließ ihn wiederum etwas normaler und menschlicher wirken. Wenn er nur nicht die ganzen Piercings tragen würde, hätte er vielleicht wirklich ganz gewöhnlich ausgesehen. Pain war für die Anderen jedoch ein Übermensch, weil seine Macht unergründlich war und er sich sogar noch weniger unter ihnen aufhielt, als eine gewisse andere Person. Er hatte hier die Befehlsgewalt und obwohl eigentlich noch niemand wirklich wusste, zu was er im Stande war, sollte man sich ihm widersetzen. So erkannten alle an, dass er ihr Anführer war. Er hatte nur einmal seine Beherrschung verloren, und das war vor langer Zeit bei einem Besuch der alten Frau, die ihm die Schriftrolle nicht hatte geben können… Seika spürte die stille Aufforderung, dass sie sich nun ebenfalls setzen sollte und sie bewegte sich fast von alleine, noch während sie in ihrem Hinterkopf das Bild der verwüsteten Landschaft um das Haus der Witwe hatte, auf deren Boden kaum eine Pflanze mehr wachsen konnte. Sie trug auch nicht ihren Mantel und es kam ihr erst jetzt in den Sinn, dass es auch nicht so glücklich für sie hätte ausgehen können, wenn Pain diese Formalität von ihr verlangt hätte, doch da dies ein privates Treffen war, schien es nicht so wichtig zu sein, was sie trug, denn ansonsten war sie ihn ihre normalen schwarzen Sachen gekleidet, Hose, Tanktop und Netzoberteil. Also setzte sich die junge Frau schließlich in den Sessel und wartete, bis Pain zu reden begann. „Du machst gute Fortschritte in Deiner Genesung“, begann er unverwandt ohne einen Blick auf die junge Frau zu werfen und Seika nickte daraufhin, während sie versuchte, sich im Sessel zu entspannen. Woher wusste er das schon wieder? Es gab kein einziges Mal, an dem jemand sie bei ihrem Training beobachtet hatte! Doch sie wollte nichts dazu sagen, bereitete sich jedoch mental auf das Kommende vor. Sie hatte sich schon ein paar Mal gegen Pains Befehle gewehrt und sie würde sich auch wieder gegen ihn behaupten können, wenn es sein musste, obwohl so etwas nie angenehm war. Wie der Erfolg dieser Abwehr aussah, war natürlich nicht voraussehbar. „Das stimmt, Pain-sama. Ich bemühe mich sehr, bald wieder voll einsatzfähig zu sein“, erklärte sie gewissenhaft und blickte Pain an. Irgendwie fühlte sie schon eine zu ihrem Unwohlsein entgegen gesetzte, widersprüchliche Neugier, denn sie wollte doch gerne wissen, was der Grund war, dass er dieses Treffen so lange hinausgezögert hatte, wenn es überhaupt einen Anlass dafür gab, denn Pains Beweggründe waren meistens mehr als schleierhaft. Das hatte sie schon oft genug erlebt. „Das ist löblich. Du weißt, dass Dein Partner Itachi wegen Deiner Verletzungen im Moment alleine auf Mission ist“, fuhr er fort und Seika konnte es nicht verstecken, dass sie sich augenblicklich versteifte. Der Name und diese Behauptung lösten Verzweiflung und Zorn gleichzeitig in ihr aus. Er war wegen ihrer Verletzungen alleine unterwegs? Er war der Grund für ihre verdammten Verletzungen! Sie hatte versucht, nicht an ihn zu denken, damit sie normal im Alltag leben konnte. Und sie hatte es auch immer wieder geschafft, das Thema nicht weiter als nötig anzuschneiden. Doch von einem Moment auf den Anderen wusste sie, dass es nun unausweichlich war. Weil sie nicht antwortete, da sie innerlich kochte und nicht wusste, wie eine Antwort von ihrer Seite ausfallen würde, drehte Pain seinen Kopf zu der Brünetten, um sie merklich zu mustern. „Du bist wütend. Warum?“, wollte er nun wissen und Seika sah ihn jetzt doch an, direkt in seine Augen, was sie sich in einer anderen Situation nicht einmal ansatzweise getraut hätte. Sie war von dieser Frage einfach erschüttert, weil sie so furchtbar dreist und gleichzeitig lächerlich war, und dies spiegelte sich auch genau in ihrem Gesichtsausdruck wieder. Obwohl sie sich diese Situation, seit sie von Konan erfahren hatte, dass sie sich mit Pain treffen sollte, tausend Mal im Kopf vorgestellt, doch sie hatte ehrlich gesagt alles andere vor, als diesem Mann ihre Gefühle darzulegen, doch diese kleine Frage verursachte den starken Drang, dass sie laut und hysterisch auflachen wollte. „Warum ich wütend bin? Pain-sama, ich glaube nicht, dass Ihr das verstehen könntet“, sagte Seika abwehrend und gleichzeitig ein wenig spöttisch, in der durch ihre Fassungslosigkeit ausgelösten, momentanen Abwesenheit jeglicher Vorsicht. Doch Pain zeigte keine Reaktion auf diese Worte, sondern beobachtete nur mit Interesse das Spiel der Emotionen, welches auf Seikas Gesicht und in ihren goldenen Augen ablief, die dadurch von einer Sekunde auf die andere ihre Farbschattierung änderten. Es war eines der komplexesten und verworrensten Dinge, die er je gesehen hatte, obwohl es ja kein Doujutsu war, das sie besaß. Des Weiteren hatte die Brünette mit ihren Worten gar nicht mal so Unrecht. „Ich denke, schon. Es geht also um Itachi. Tobi hat mir erzählt, was geschehen ist. Er hat keinen Finger gerührt, während Du von der durch den Dämon ausgelösten Steinlawine erfasst und begraben wurdest, während die Anderen alles getan hätten, um Dich zu retten. Nun glaubst Du, er würde Dich nicht lieben“, sprach Pain und sah, wie während seinen Worten die Intensität und die Vielfalt der Emotionen in ihrem Ausdruck und in ihrer Körpersprache zunahm. Die Konfrontation mit der nackten, kalten Wahrheit über die Geschehnisse traf die junge Frau hart, obwohl es ihr ja eigentlich selbst klar war. Doch die Worte aus dem Mund eines anderen zu hören, war noch einmal um einiges schmerzhafter. Und doch löste dies eine Welle der Ironie in ihr aus. „Das ist absoluter Schwachsinn, und das müsstet Ihr wissen. Ja, er hat mich im Stich gelassen und es tut weh, doch er liebt mich nicht und ich liebe ihn auch nicht. Das weiß ich. So war es davor, genauso wie jetzt“, wehrte Seika die Behauptung von Pain stur ab. Die Dimension zwischen etwas wie Liebe und der Zuneigung, die sie einst füreinander gefühlt hatten, war riesig groß. Ein Mann wie Itachi, der so eine dunkle Vergangenheit hatte, konnte nicht lieben, und eine Frau wie Seika, die mit allem anderen als mit der Vorstellung einer heilen, romantischen Welt aufgewachsen war, konnte sich das Gefühl gar nicht richtig vorstellen, geschweige denn den Gedanken hegen, in einen Massenmörder verliebt zu sein. Nein, sie hatte seine Nähe wirklich genossen, seine Aufmerksamkeit voll ausgekostet und sich ihm hingegeben, um die Vollkommenheit, die er in ihrem Inneren geschaffen hatte, auch in ihm zu wecken. Und sie war glücklich damit gewesen. Doch nun war das alles endgültig vorbei und sie gab zum ersten Mal für sich selber zu, dass sie sich trotz aller Verleumdungen leer fühlte… Pain sagte nichts, während er ihr zusah, wie sie mit ihren Gedanken kämpfte. Er verstand nicht, warum sie nicht in der Lage gewesen war, die Schriftrolle der alten Dame zu bekommen. Sie sagte zwar, sie verspürte keine Liebe, doch in Pain Vorstellung war das Gefühl, das er in ihrer Mimik lesen konnte, nicht weit davon entfernt. Doch er konnte sich auch täuschen. Jedenfalls hatte er genug gesehen. Sich in Seikas und Itachis Beziehung einzumischen war nun nicht mehr seine Aufgabe, da er leider sicher war, dass das Schriftstück durch die Beiden nicht mehr zu bekommen war. Er musste also einen anderen Weg suchen. Es herrschte für einige Minuten Stille, in der Seika versuchte, sich zusammen zu reißen, um nicht ihren Gedanken zu unterliegen, die versuchten, ihren Gemütszustand zu einer bodenlosen, düsteren Schlucht werden zu lassen, und gleichzeitig wägte sie ab, ob sie Pain nicht mit ihren Worten ebenfalls zutiefst erzürnt hatte. Sie konnte ihn nicht einschätzen, so, wie er dasaß und unfokusiert ins Feuer blickte. Aber warum sollte sie das auch kümmern? Er hätte doch wissen müssen, wenn er auch nur ein kleines bisschen Menschenkenntnis hatte, dass es einfach einige Themen gab, die man in manchen Situationen nicht wieder und wieder aufwärmen musste. Da stand Pain plötzlich ohne ein Wort auf und verschwand in der Düsternis des Raumes. Was war nun los? Hatte sie ihn also doch mit ihren unschönen Worten, die sie ihn ihrer Rage ausgesprochen hatte, verärgert? Seika traute sich nicht, ihren Kopf zu drehen und nachzusehen, wohin der Mann mit den Piercings gegangen war. Auf einmal fühlte sie sich so einsam und schutzlos. Es war ein fremder Teil des Gebäudes und zudem ein Zimmer, in dem ein Mann wohnte, dem man lieber nicht alleine begegnen wollte, vor allem nicht in so einem dunklen Raum, welcher alle nur denkbar möglichen schrecklichen Dinge verbergen konnte. Seika konnte Pain zwar spüren, doch irgendwie verlor sich sein Chakra in der scheinbaren Unendlichkeit der Schwärze. Doch wahrscheinlich bildete die junge Frau es sich nur ein. Vielleicht waren verschiedene Sicherheitsmaßnahmen, die die Basis schützten, dafür verantwortlich, dass man die Aura einer sich hier befindenden Person nicht explizit an einem Punkt konzentriert ausmachen konnte. Das alles war schön und gut, doch was ging hier vor? Ja, dachte Seika, sie war nicht ohne Grund mit einem schlechten Gefühl hier herein gekommen. Als Seika plötzlich ohne Vorwarnung Hände auf ihren Schultern spürte, dachte sie sofort, es war Pain, der sie da berührte. Was tat er da? Der Gedanke, dass Pain sie anfassen würde, stieß sie ab, nicht vor Ekel, sondern vor knallharter Furcht. War das ein Test? Wollte er herausfinden, ob sie ihre Worte vorhin auch wirklich so gemeint hatte, wie sie aus ihrem Mund gekommen waren? Beabsichtigte er etwa, zu prüfen, ob sie Itachi wirklich nicht liebte…? Oh Kami, er konnte doch nicht wirklich wollen, dass sie… und er… Ungläubig schloss sie ihr Augen. Es war, als hätte die Luft keinen Sauerstoff mehr, denn der jungen Frau wurde schwindelig und sie konnte kaum mehr atmen. Doch da konnte sie ein Seufzen nicht mehr unterdrücken, als sie realisierte, dass es eigentlich ganz anders war und ihr Schwindel wurde dadurch nicht besser, sondern noch stärker, auf eine durchdringende Art und Weise. Die Hände auf ihren Schultern waren ihr vertraut, weil sie diese Berührungen schon tausend Mal gefühlt hatte. Ihre Haut kannte jedes Detail dieser Hände. Der leicht raue Daumen, der mit leichtem Druck die Konturen ihrer Muskeln nachfuhr, die warmen und weichen Handflächen, die Finger, die kraftvoll, aber sanft nach ihr griffen. Und nicht nur das war ihr bekannt, auch der heiße Atem und die hungrigen feuchten Lippen, die plötzlich besitzergreifend an ihrem Hals waren, hatte sie schon so oft gefühlt, dass sie es nicht zählen konnte. Es verursachte viele nicht unangenehme Schauer durch ihren ganzen Körper, der diese Sensationen so sehr begehrte, dass es fast unheimlich war, doch genau diese heftige Resonanz ihrer Sinne weckte wieder Seikas rationales Denken. Ihr Herz schlug fast schmerzhaft gegen ihre Brust, als sie verzweifelt versuchte, diese Illusion abzuschütteln. Als sie diesmal keine Luft mehr bekam, war es, weil die emotionale Qual sie beinahe zu überwältigen schien. „Pain-sama, hört auf damit… Spielt nicht mit mir…!“, sagte die junge Frau bestimmt, doch mit bebender Stimme, zitternd durch das Ringen nach Kontrolle und großer Wut. Es war ein Genjutsu, eines, mit dem man die Gedanken und Erinnerungen einer Person hervorrufen konnte. So etwas war doch oft viel schlimmer, als jemandem irgendwelche schrecklichen Bilder zu zeigen, zu denen man keinen persönlichen Bezug hatte. Pain hatte es absichtlich auf sie angewandt, um ihre Reaktion zu sehen. Mit einem leisen Keuchen riss Seika sich jedoch letztendlich aus der Illusion heraus und holte angestrengt nach Luft. Genjutsu war ihre Schwachstelle, deshalb hatte Pain auch mit Leichtigkeit die Barrieren ihrer Gefühle durchbrechen können, doch durch die Erkenntnis, was mit ihr geschah, hatte die Brünette so viel verzweifelte Kraft aufbringen können, um der Tortur von alleine zu entgehen. Warum musste Pain sie mit der Erinnerung an Itachi behelligen? Glaubte er ihr etwa nicht? In Wahrheit schauderte sie immer noch von den so unglaublich intensiv erscheinenden Berührungen des Schwarzhaarigen, obwohl sie diesmal nur eine viel zu gute Sinnestäuschung gewesen waren… Pain war einerseits verwirrt, was die Wut der jungen Frau betraf, andererseits war er beeindruckt, dass sie sich aus seinem Genjutsu hatte befreien können. Leider brachte es ihm nicht die Erkenntnis, die er sich erhofft hatte. Doch da war nichts zu machen. Dies war eine Niederlage, die er sich bedauerlicherweise eingestehen musste. Da tauchte er wieder aus der Dunkelheit auf und nahm abermals in seinem Sessel platz. Die junge Frau neben ihm warf ihm einen kaum beherrschten, erzürnten Blick zu, doch er achtete nicht darauf. Dieses Thema war für ihn nun abgeschlossen und es gab darüber hinaus noch etwas, was er mit der Kunoichi bereden wollte. „Sag mir Deine Meinung über Konan“, sagte er plötzlich, sodass Seika nun völlig verwirrt war, als sie auf sah. Was für ein rasanter Themenwechsel, den die Brünette jedoch so schnell nicht nachvollziehen konnte. Zuerst mischte er sich gewaltsam in Dinge ein, die ihn nichts angingen und jetzt das? Er wollte also ihre Gedanken hören und ausgerechnet die, die Konan betrafen? Er musste scherzen, obwohl sie ihm das nicht zuzurechnen traute, denn der Mann machte eigentlich keine Witze. Trotzdem, was sollte sie schon zu Konan sagen? Sie hatte noch nie wirklich mit ihr geredet und das erste Gespräch, welches sie hatte führen wollen, damals, als Konan ihr helfen sollte, sich für die erste Mission zu Recht zu machen, war bereits nach ein paar Worten zu Ende gewesen, weil sie sich nicht hatte äußern wollen. Sie war doch Pains Partnerin und die Beiden waren immer zusammen anzutreffen, was konnte sie ihm dann erzählen, was er noch nicht wusste? „Mit Verlaub, Pain-sama, aber ich glaube nicht…“, begann die junge Frau, doch ein Blick aus Pains Augen ließ sie verstummen. „Du bist eine Frau, Konan auch. Sie benimmt sich in letzter Zeit immer seltsamer“, fügte er hinzu und es war, als ob sein Rin’negan durch Seika hindurch blicken würde. Was taten sie hier? Hielten sie eine Gesprächsrunde über Herzensangelegenheiten? Seika war ein Medic-Nin, aber kein Psychiater! Es war jedoch in der Tat schon so, dass sie sich einige Gedanken über die Blauhaarige gemacht hatte. Es war schon länger her, doch diese Frau bildete ein Mysterium für Seika. Sie hatte noch niemanden so erlebt, der so herzlos sein konnte. Dies bezog nicht auf die gefühlskalten Akatsuki wie Pain oder Itachi, nein, das was von Konan ausging, war anders, tief gehender. 'Herzlos' konnte in dieser Beziehung wörtlich genommen würde, denn manchmal schien es Seika, als hätte die Blauhaarige ihr Herz irgendwann einmal verloren... Ihr Anführer hatte also insofern recht, wenn er meinte, dass Seika als Frau etwas erkennen konnte, was den anderen verborgen blieb, trotzdem konnte sie es nicht so ohne weiteres ausdrücken. Außerdem fragte sie sich schon, warum Pain das Verhalten seiner Partnerin plötzlich so brennend interessierte, dass er sich herabließ, mit ihr darüber zu sprechen. Ehrlich gesagt spürte sie tief in sich den Drang, jetzt zu kichern, doch so lebensmüde war sie dann doch nicht. Eigentlich konnte sie sich auch vorstellen, dass es sicher nicht ohne Grund um dieses Thema ging. „Nun… Ich habe nicht viel Kontakt zu ihr, wie Ihr wisst, Pain-sama. Aber sie scheint mir… frustriert zu sein“, sagte Seika schließlich und erinnerte sich an das, was sie Kisame in der Basis von Kaminari no Kuni zu erklären versucht hatte. Sie hatte damals von der Mission zum Erlangen der Schriftrolle der alten Frau erzählt und von der Geschichte gesprochen, wie es erstanden war, dass Pain so hartnäckig probierte, Itachi und Seika in diese Sache einzuspannen. Es war dabei um die Beziehung zwischen zwei Menschen gegangen, die existieren musste, um das Schriftstück zu erlangen. Bei Pain und Konan hatte es jedenfalls nicht geklappt. Ihr Anführer sah Seika bei ihren Worten mit einem leichten Ausdruck von Unverständnis an, schwieg aber. „Ihr und Konan kennt euch schon seit langer Zeit, so hat sie es mir gegenüber jedenfalls einmal ausgedrückt. Ich weiß es nicht und ich will mich auch nicht einmischen und meinen Worten eine Wertung verleihen, doch vielleicht bedeutet ihr die Partnerschaft im Eurem Team mehr, als einfach nur die Arbeit an sich. Ich glaube auch, dass es ihr nicht gefallen hat, dass Ihr mich alleine in euren Privaträumen empfangen habt, Pain-sama. Ich hoffe, Ihr versteht, was ich sagen will“, sprach die Brünette schließlich, ohne von ihren weiteren Spekulationen wegen der Schriftrolle zu erzählen. Sie begriff nun selber auch, was sie nicht hatte deuten können, als Konan ihr über das Treffen mit Pain Bescheid gesagt hatte. In den Augen der Blauhaarigen war kurz der Ausdruck von Eifersucht erschienen. War sie wirklich eifersüchtig auf Seika? Im Moment gab es nämlich nichts, auf was dieses Gefühl zutreffen konnte… Oder hatte sie etwa geglaubt, dass ihr Anführer sie zu sich rufen würde, um- Sicher nicht! Jedenfalls erschien in Pains Zügen eine Emotion, welche die Brünette als Verständnis auslegen konnte. Sie hatte versucht, ihre Vermutungen ihrem Anführer so darzulegen, dass ihre Worte keine direkte Hinweise enthielten, die man ihr später bei einer fehlerhaften Aussage vorwerfen konnte, doch Pain schien zu dämmern, was sie meinte. Wieder entstand eine Zeit des Schweigens im Raum, in der Pain vielleicht darüber nachdachte, was Seika zu ihm gesagt hatte. Irgendwann bemerkte Seika, dass Pain vor sich hin nickte. Er hatte die Augen geschlossen, doch als er sie wieder öffnete, war es, als hätte er eine Entscheidung getroffen. Die Brünette wollte nicht wissen, was es war, denn Pains Entschlüsse hatten im Nachhinein bisher nie etwas Gutes für sie bereitgehalten. Das Gespräch hatte ja schon ein paar unschöne Wendungen gehabt… „Ich gebe Dir die Zeit, die Du brauchst, um wieder ganz zu genesen, bevor Du wieder auf Missionen gehst. Solange hab ein Auge auf Deidara, damit er seine Aufgabe wahrnimmt, Furiko richtig einzugliedern. Es scheint mir, er weiß nicht, was er tun soll“, sagte er plötzlich wieder und die junge Frau war erleichtert, dass es nur das war, denn diese Sache hatte sie sich selber schon vorgenommen. Deshalb nickte sie Pain auch sofort zu. Er beobachtete Seika noch für ein paar Momente, dann erhob er sich von dem Sessel. Die junge Frau tat es ihm sofort nach. „Du darfst gehen. Unser Gespräch war sehr aufschlussreich“, sprach er schließlich und Seika war darüber sehr überrascht, als sie reflexartig eine tiefe Verbeugung vollführte und dann schnell weg ging, endlich hinaus aus diesem bedrückenden Zimmer. Es war doch glimpflicher gelaufen, als sie gedacht hatte und auch für sie war es in gewisser Weise interessant gewesen, in diesem etwas persönlicheren Rahmen mit Pain zu reden, vor allem, was den letzten Teil der Diskussion anging. Auch, dass er sie mit der Aufgabe bedachte, Deidaras Umgang mit Furiko zu überwachen, überraschte sie, weil das hier, dass ihr Anführer ihr doch einiges an Vertrauen gegenüber brachte. Als sie die Wendeltreppe herunter ging und das Gefühl hatte, wieder freier Atmen zu können, wusste sie, dass sie diese Unterredung noch für einige Zeit beschäftigen würde… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)