Different Views von She-Ra ================================================================================ Kapitel 3: General Claude Amour de Bouillé ------------------------------------------ 17.Juli 1789 Durch eine seiner Patrouillen erfuhr der General von Oscars Tod. Er nahm es ohne eine wirklich menschliche Regung auf. Als der Soldat seine Meldung beendet hatte, ließ Bouillé ihn abtreten. Als er wieder allein in seinem Raum war, drehte er sich zu einem der großen Fenster. Kurz richtete er sein Monokel und räusperte sich kurz. Dann schüttelte er leicht seinen Kopf. //Ich habe es doch gewusst. Eine Frau kann einen Mann einfach nicht ersetzen. Sie hätte an die Seite eines starken Mannes gehört, der ihr gezeigt hätte, welche Aufgaben die ihren sind. Zu Beginn war es ja schon ein lustiges Schauspiel. Aber es stellte sich zu der Zeit raus, dass General de Jarjayes wirklich gute Arbeit geleistet hatte. Jedoch hat er seine Erziehung mit der Zeit schleifen lassen, sonst wäre es gewiss niemals so weit gekommen. Als Kapitän der königlichen Garde hätte sie gewiss noch etwas geben können, aber diese Schande, sich auf die Seite des Pöbels zu stellen, ist niemals wieder gut zu machen. Sie hat nicht nur die Ehre ihrer einst so ehrwürdigen und königstreuen Familie beschmutzt, sondern auch das ganze Ansehen des Adels in den Dreck gezogen. Und ich werde dafür Sorge tragen, dass dies Folgen mit sich ziehen wird. Ich werde den Namen Oscar Francois de Jarjayes aus den Stammbüchern streichen lassen. Ihr Name wird nur noch im Zusammenhang mit Hochverrat auftauchen. Ich hoffe doch inständig, dass ihr Vater bereits Konsequenzen daraus gezogen hat.// Ruhig ging General de Bouillé zurück zu seinem Schreibtisch und ließ sich dort nieder. Ruhig glitt seine Hand in Richtung seines Federkiels, um danach ein Schreiben aufzusetzen. Doch die Spitze der Feder berührte das Blatt nicht. Ungewollt waren Bouillés Gedanken wieder auf Wanderschaft gegangen. Er konnte sich genau an den Eklat erinnern, als Oscar vor Jahren Girodel abfing und sich mit ihm duellierte. Der damalige König war mehr als erzürnt, als Girodels Bote auf den Innenhof galoppiert kam. Sie hatte schon in so jungen Jahren Schande über die Familie gebracht. Nur durch den Einsatz des jungen Girodel hatte sich alles für sie zum Positiven gewandt. //Als junge Offizieren hat sie sich später schon einen Namen gemacht. Nicht nur weil alle Damen bei Hofe von ihr Sprachen. Sondern ihre Hingabe im Schutz der damaligen Dauphine und der späteren Königin. Ihre Zunge konnte genauso gefährlich wie ihre Zunge sein. Und ihre Courage war ebenfalls nicht zu unterschätzen. Niemals hätte ich damals gedacht, dass eine so junge Person zu zielstrebig sein könnte. Auch wenn ich eine geraume Zeit kaum bei Hofe gewesen bin, haben immer wieder Berichte mich erreicht. Allein schon ein Duell auszutragen… hätte sie nicht die Gunst der Dauphine besessen, hätte das um einiges Unangenehmer für sie laufen können. Und dann von ihr der befohlene Hausarrest… diese Befehlsverweigerung hätte ebenfalls Konsequenzen nach sich gezogen. Aber das Glück war auf ihrer Seite und niemand bei Hofe bemerkte dies. Auch ich habe es nur durch Zufall erfahren. Zudem Zeitpunkt hätte ich niemals gedacht, wo dies alles enden wird. Wenn ich alles nur im Geringsten erahnt hätte, wäre meine Reaktion anders gewesen. Jedoch es ist geschehen und nicht mehr abänderbar.// Wieder schwebte der Federkiel über dem Blatt Papier, ohne etwas auf dieses zubringen. //Ich muss ehrlich zugeben, sie war immer ein sehr guter Offizier. Treu und loyal. So wie es Verpflichtung jedes guten Soldaten ist. Jeder der ihr unter ihr gedient hat, sah immer zu ihr auf und auch nachdem sie ihren Dienst in Versailles beendet hatte, änderte sich ihre Einstellung zu ihr nicht. Wir hätten mehr von solchen Offizieren brauchen können. Aber die meisten hatten nicht annähernd soviel Potential wie Lady Oscar.// Der General seufzte kurz auf und legte den Federkiel zur Seite. Für einen Moment starrte er auf das leere Blatt Papier vor sich, dann verließ abermals ein Seufzer seine Lippen. Eigentlich hatte er ein paar Zeilen an General Jarjayes schreiben wollen. Ihm ein paar Dinge über seine Tochter mitteilen, aber nun war er sich nicht mehr sicher. Oscar war Tod. Auch wenn sie in seinen Augen eine Verräterin war, hatte sie es nun verdient in Ruhe zu leben. Er selber hatte genug eigene Probleme. Zudem musste er wichtigere Entscheidungen treffen und konnte sich nun nicht mit etwas Herumschlagen, was bereits zur Vergangenheit zählt. Was mit Oscar Leiche geschah, war ihm egal. Er hoffte nur inständig, dass sie sie nicht zur Märtyrerin erheben würden. General de Bouillé wollte verhindern, dass noch mehr seiner Soldaten die Seiten wechselten. Es war so schon sehr schwer für die Armeen, um gegen das Volk anzukommen. Und die ständigen Unruhen nahmen seit der Erstürmung der Bastille stetig zu. An einer Front machten seine Soldaten Boden gut, an anderer Stelle wurden sie weitläufig zurück gedrängt. Und dies geschah, ohne dass man ein Ende absehen konnte. Dem General war vollkommen bewusst, dass dieses auf Dauer nicht gut konnte. Er hoffte, dass das Pariser Volk sich bald wieder beruhigen würde. Zumindest solange bis sie endlich Verstärkung anrücken würde und sie die Rädelsführer dingfest machen konnten. Wenn sie dieses Ziel erreicht wäre, würden sicher rasch Ruhe und Ordnung wieder in Paris einkehren. Das war sein sekundäres Ziel, neben dem Hauptziel, der Sicherheit des Königspaares und deren Kinder. Der General war der Meinung, wie auch die meisten anderen Adeligen, dass das Land ohne den König, der von Gottesgnaden ernannt war, nicht existieren konnte. Und hinter seiner Meinung stand er, wie ein Fels in der Brandung. Der General war sich sicher, dass er für das Königshaus bis zu seinem eigenen Tode dienen würde. Daher war er sich sicher, dass das Volk niemals bis Versailles kommen würden, geschweige den, es dann zu stürmen. Und wenn es zum Äußersten kommen sollte, würden er und seine Männer, jeden Mann und jede Frau stoppen. Egal von welchem Stand sie wären. Auch eine Lady Oscar würde keine Gnade mehr erwiesen werden, wenn sie noch Leben würde. Sie hatte sich, Bouillés Ansicht nach, gegen das Königshaus mit den Aufständischen und Revolutionären verbündet. Und ihr Tod war für ihn ein sicheres Zeichen, dass das Königsgeschlecht niemals untergehen und auf ewig fortbestehen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)