Different Views von She-Ra ================================================================================ Kapitel 7: Graf Victor Clemont de Girodel ----------------------------------------- Palais de Girodel, 12. September 1789 Graf de Girodel erfuhr erst Wochen später von Oscars Tod, da er mit seinem Vater weit ab von Paris und Versailles sich befand. Nun war er nach Hause zurückgekehrt, als ihn diese schreckliche Nachricht ereilte. Victor saß im unbeleuchteten Salon, in einer Hand ein Glas Cognac und starrte in das offene Kaminfeuer, die als einzige Lichtquelle diente. Sein Blick war trüb und seine Augen brannten. Dass draußen ein Unwetter tobte, registrierte er überhaupt nicht. //Oh Oscar, mein Engel. Warum musste sie mit in die Schlacht gehen? Wäre sie doch meine Frau geworden. Ich hätte niemals zugelassen, dass ihr jemand etwas antut. Ich wäre mit ihr fort gegangen. Wohin sie es sich auch gewünscht hätte. Jeden Wunsch hätte ich ihr erfüllt! Niemals hätte ich zugelassen, dass sie traurig wäre. Auf ewig hätte ihr liebliches Antlitz erstrahlen können, mit ihrem wunderschönen Lächeln. Aber nun ist sie fort. Fort auf ewig. Niemals wieder kann ich sie direkt vor mir stehen sehen. Auch wenn ich das in den letzten Monaten kaum tun konnte. Hätte ich nur früher ihre Gesinnung erkannt… Für sie allein hätte ich allem entsagt, was mir einst wichtig war: meiner Familie, meinem Titel, dem Königshaus, meinem Glauben, einfach allem. Aber ich war zu feige. In meinem Herzen war nie so eine Courage, wie in dem ihrem, welches hinter ihrer Brust nur so wild schlug. Sie war nicht nur liebreizend und wunderschön. Nein, Sie war auch in vielerlei Hinsicht unendlich stark. Auch wenn sie eine Frau war, war sie doch auch fast wie ein Mann. Ich kenne niemanden, der sein Leben nicht in ihre Hände gelegt hätte. Alle haben auf sie gebaut und ihr vertraut. Sie wären für sie in den Tod gegangen. Aber nun ist sie von uns gegangen, meine geliebte Oscar… Wie soll nun alles weiter gehen? Ohne sie hat mein Leben keinen Sinn mehr für mich. Sie war meine Sonne, mein Sein. Tief in meinem Herzen habe ich immer gehofft, dass sie mich nur ein einziges Mal als den Mann sieht der ich bin, und nicht der Soldat, der in der Garde unter ihr diente. Auch wenn ich weiß, dass sie meine Gefühle niemals erwidert hat, werden sich meine Gefühle zu ihr niemals ändern. Ihr wird mein Herz für immer gehören!// Der Griff um sein Glas wurde fester, während Victor seine Augen zusammenkniff, um die aufsteigenden Tränen zurück zudrängen. Es fiel ihm schwer, aber seine Erziehung verbat es ihm noch immer offen zu solchen, genauer gesagt zu seinen eigenen Gefühlen zu stehen. Einige Minuten vergingen bis seine freie Hand in seine Jackentasche glitt und dort ein kleines unauffälliges Tütchen hervor zog. Langsam öffnete er seine Augen, als er den Inhalt in sein Glas gab. Genau sah er, wie das Pulver, welches das Tütchen enthalten hatte, sich langsam in dem Getränk auflöste. Es schien als hätte er Champagner in seinem Glas und keinen Cognac, so sehr sprudelte es in dem Glas. Victor beobachtete es, bis die Flüssigkeit sich wieder beruhigt hatte. Langsam führte er sein Getränk an seine Lippen. Doch bevor das Gefäß seine Mund nur berührte, hielt er inne. //Ist dies wirklich die richtige Entscheidung? Würde Oscar das wirklich wollen?// Victor war verunsichert. So sah er abermals in das Glas hinein. Bange Minuten schienen zu verstreichen, bis er sich wieder sichtbar regte. Der Griff seiner Hand um das Glas verfestigte sich, um es kurz darauf mit einem gezielten Wurf in den Kamin zu befördern. Wo es zerschellte und die Flüssigkeit via Sekunden verdampfte. Aber Victor hörte das ganze fast gar nicht mehr. Sein Oberkörper war nach vorne gesunken und sein Haar verbarg ein Teil seines Gesichtes. Seine Hände hatten die Armenlehnen geradezu umklammert, als würde er im nächsten Moment den Halt verlieren. Seine Haltung im Ganzen wirkte verkrampft, aber sonst war keine Regung seinerseits zu erkennen. //Ich bin feige. Nicht einmal das konnte ich! Für mich kann man sich nur Schämen! Wenn Oscar dieses wüsste… sie hätte mich gewiss ausgelacht.// Sein Griff wurde fester, sodass seine Knöchel schon weiß hervorstanden. Jedoch verharrte Victor weiter in seiner Position. So schien Minute um Minute zu vergehen, bis er auf einmal ruckartig aufstand und der Sessel, auf dem er die ganze Seite gesessen hatte, mich einem Poltern zu Boden ging. Victors Atem war schwer und seine Hände nun zu Fäusten geballt. Langsam öffneten sich seine Augen. Erst war nur ein Spalt zusehen und erst nach und nach kam das grün seiner Augen zum Vorschein, welches im Licht des Kaminfeuers undefinierbar glänzte. //Nein, ich kann jetzt nicht sterben! Ich muss dieses Land und das Königshaus beschützen! Würde ich nun den Freitod wählen, wäre Oscars Wahl damals falsch gewesen. Sie wäre gewiss von mir enttäuscht.// Langsam entspannte sich Victors Körper wieder. Er richtete sich gerade auf und strich sich dann seine Uniformjacke glatt. //Auch wenn es nicht ganz im Sinne Oscars ist, aber meine Aufgabe ist es, das Königspaar zu schützen! Oscar würde dies gewiss befürworten. Da bin ich mir sicher.// Mittlerweile vollkommen ruhig ging er zu einem kleinen Beistelltisch und ergriff dort ein neues Glas. Die Karaffe mit dem Cognac stand direkt daneben, aus der er sich nun etwas eingoss. Leicht schwenkte er anschließend das Glas und beobachtete dabei die Bewegung des bernsteinfarbenen Getränkes. Aus einem nicht erklären baren Grund zeichnete sich ein Lächeln auf Victors Gesicht ab, als er das Glas in Richtung seiner Lippen führte. //Auf Euch, Oscar. Ihr seid Eurem Weg gefolgt, ich werde den meinen gehen. Auch wenn diese sich sehr voneinander unterscheiden. Euer Verlust schmerzt mich sehr, aber ich werde Euch niemals vergessen! Meine Oscar Francois.// Dann erreichte das Glas seinen Mund und er leerte es in einem Zug. Anschließend stellte er das Glas ab und machte sich auf den Weg in sein Gemach. Am nächsten Tag trat er seinen Dienst an, ohne dass man ihm anmerkte, dass er in seinem Inneren um Oscar trauerte. Aber er wusste, dass wenn man diesen seinen Schwachpunkt herausfände, wäre er für jeden jederzeit angreifbar und dies durfte ihm in seiner Position nicht geschehen. Das war eines der Dinge, die er von Oscar gelernt hatte. Und dafür war er ihr dankbar. In der Nacht zuvor hatte er sich geschworen, niemals wieder würde er sein Herz an eine Frau verschenken. Er würde auf ewig alleine bleiben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)