Second chance von midoriyuki (~ don´t forget me) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Gelangweilt sah Bastian seinen Klassenkameraden von einer Bank aus zu, wie sie grade über das Spielfeld jagten und versuchten sich gegenseitig den Handball abzujagen. Seit er sich vor vier Wochen das Knie gezerrt hatte war er für knapp 6 Wochen vom Sport freigestellt worden. Zwar war das an sich nichts schlechtes, da sein Knie schon lange nicht mehr weh tat und er sich ja anders hätte beschäftigen können aber auch wenn er nicht mitmachte, bestand trotzdem Anwesenheitspflicht. Also langweilte er sich jeden Freitagnachmittag zwei Stunden lang fast zu Tode. Abwesend wanderte sein Blick wieder über das Spielfeld bis er schließlich bei Nilay hängen blieb. Der Kleine flitzte mit einer beachtlichen Geschicklichkeit über das Feld und als einer seiner Mitspieler irgendetwas über den Platz rief, was Bastian nicht verstand sah er ihn zum ersten Mal lachen. In der ganzen Zeit hatte er seinen schweigsamen Tischnachbarn nicht ein einziges Mal lachen sehen. Das fiel ihm erst in diesem Moment auf. Komisch eigentlich, verwundert legte er den Kopf schräg und sah weiter zu Nilay. Dieser sah in diesem Moment ebenfalls zu ihm und als er bemerkte, dass Bastian ihn interessiert musterte senkte er sofort den Kopf und hörte auf zu lachen. Daher merkte er auch nicht, dass ihm der Ball zugepasst wurde. Einige der Spieler rissen grade den Mund auf um Nilay zuzurufen, dass er aufpassen solle als dieser den Ball auch schon mit voller Wucht an den Kopf bekam. Verwirrt sah auf den Ball der vor seine Füße kullerte, fasste sich an den Kopf und noch während er kalkweiß wurde sackte er zusammen. Zuerst bewegte sich keiner, bis die resolute Sportlehrerin laut fluchend zu Nilay eilte. „Bastian! Komm mit!“ Sofort sprang der Gerufene auf und lief ihr hinterher. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass er sich wahrscheinlich nur erschrocken hatte und deshalb zusammengeklappt war, nahm sie Nilay hoch um ihn dem verdutzten Bastian in den Arm zu drücken. „Hier bring den Kleinen auf die Krankenstation. Wenn er sich wieder berappelt hat, kommt ihr zurück.“ Bastian nickte und beeilte sich vom Spielfeld zu kommen, da die Sportlehrerin die Schüler bereits dazu anhielt sich von so einem kleinen Unfall nicht aus der Bahn und das Spiel zum Abbruch bringen zu lassen. Während Bastian Nilay zum Behandlungszimmer trug, sah er immer wieder in dessen Gesicht. Seltsam, so entspannt hab ich ihn bisher noch nie gesehen. „Tjorben…“ Bastian hätte Nilay fast vor Schreck fallen gelassen, als er sich plötzlich näher an ihn kuschelte und seine Hand sich an seinem Shirt festklammerte. Als er wieder in Nilays Gesicht blickte, lächelte dieser glücklich. Fast unwillkürlich wurde Bastian rot und wandte den Blick beschämt ab. Als er vor der Behandlungszimmertür stand war es ein wenig umständlich an der Tür zu klopfen ohne Nilay fallen zu lassen, doch schlussendlich schaffte er es ohne den Bewusstlosen allzu sehr durchzuschütteln. Als niemand antwortete drückte er die Klinke mit dem Ellbogen runter, stieß die Tür mit dem Fuß auf und trat ein. Die Krankenschwester schien nicht da zu sein, also legte er Nilay einfach auf die Liege die hinter einem Vorhang verborgen war. Er war schon fast wieder bei der Tür als er doch zögerte den Kleinen einfach hier liegen zu lassen. Was wenn es ihm doch nicht gut ging und sich dann alleine hier vorfand? Seufzend drückte er die Tür zu und ließ sich neben der Liege auf einen Stuhl fallen. Das Kinn auf seine Hand gestützt betrachtete er nun eingehend den braunhaarigen Jungen. Bisher hatte er keine Gelegenheit gehabt sich den Kleinen näher anzusehen, da dieser bei jedem Blickkontakt eine Möglichkeit gesucht hatte sich seinen Blicken zu entziehen oder so reagierte, dass Bastian ihn nicht noch weiter verunsichern wollte und nicht mehr zu ihm hinsah. Nilays leuchtendes hellbraunes Haar, welches schon fast kupfern glänzte, hing ihm in wirren Strähnen in das weiche Gesicht. Seine feinen Augenbrauen liefen sanft aus und ließen ihn immer ein wenig jünger aussehen als er war und gaben seinem Gesicht einen leicht dauertrotzigen Ausdruck. Seine schon fast kleine Nase passte perfekt zu seinem schmalen Gesicht. Den Mund hatte er ein wenig geöffnet und seine weichen Lippen fingen an rissig zu werden. Anscheinend war er sehr empfindlich was seine Lippen betraf. Doch genauso empfindlich und verletzlich wirkte auch der Rest seines Körpers. Er war zwar nicht verschwindend dünn, doch sah man deutlich die Muskeln die sich unter seiner Haut weich abzeichneten. Als Bastians Blick auf seinen Bauch wanderte sah er, dass sein Shirt ein Stück weit hochgerutscht war und er auf der rechten Seite ein Tattoo hatte welches seiner Lende folgte und dann unter seiner Sportshorts verschwand. Wie das Tattoo da wohl weitergeht? Bastians Kopf glühte förmlich als ihm bewusst wurde was er da grade gedacht hatte. Schnell wandte er den Blick ab und konzentrierte sich auf eine hochinteressante künstliche Blume, die neben seinem Stuhl auf einem kleinen Beistelltischchen stand. Was dachte er da nur für absurdes Zeugs zusammen? Eine Bewegung auf der Liege zog seine Aufmerksamkeit wieder auf sich und er wandte sich wieder Nilay zu. Dieser war wieder wach oder eher zu Bewusstsein gekommen und hatte sich aufgesetzt. Noch ein wenig benommen sah er Bastian an. „Tjorben was…“ In diesem Moment schien er zu registrieren, dass Bastian vor ihm saß. Sofort senkte er den Kopf und murmelte eine Entschuldigung. Bastian jedoch war froh keine Gelegenheit mehr für weitere komische Gedanken zu haben und stand auf. „Geht’s dir wieder gut? Dann können wir nämlich zu den anderen zurückgehen.“ Nilay nickte nur und huschte an Bastian vorbei aus dem Krankenzimmer. Den Weg zurück zum Sportplatz liefen sie schweigend und ohne sich anzusehen. Als die Sportlehrerin sah, dass Nilay zurückkam teilte sie ihn direkt wieder in einer der Mannschaften ein, damit er nicht noch die letzte halbe Stunde des Unterrichts verpasste. Bastian währenddessen saß wieder auf der Bank und sah Nilay beim Spielen zu. Er wirkt wieder ziemlich fit. Doch das bedrückende Schweigen auf dem Weg zum Sportplatz ging ihm nicht aus dem Kopf. Nilay schien krampfhaft jede Form von Nähe zu vermeiden und wenn es sich nur um ein Gespräch handelte. Aber warum nur bei ihm? Zu allen anderen war er doch nicht so. Gedankenverloren sah er Nilay hinterher als dieser vor ihm herlief um sich freizulaufen. Er drehte sich um um sehen zu können wer grade den Ball hatte und somit hatte Bastian seine Rückansicht direkt vor Augen. Süßer Hintern. Schon im nächsten Moment glühte Bastians Gesicht wieder. Was war heute nur los mit ihm? Den Rest der Stunde verbrachte er damit auf den Rasen zu starren um nicht wieder Nilay hinterher zusehen und irgendwelche komischen Dinge zu denken. Was zum Teufel war nur los mit ihm? „Chris?“ Sie waren die beiden letzten in der Umkleidekabine, da Chris aus Prinzip darauf bestand noch in der Schule zu duschen, wenn sie Sport hatten. „Ja?!“ ertönte es gedämpft aus der Dusche, da Chris grade damit beschäftigt war sich abzutrocknen. „Sollen wir heute Abend einen trinken gehen?“ Chris´ verstrubbelter Kopf tauchte aus der Dusche auf. Einige seiner nassen, dunkelblonden Strähnen hingen ihm vor die blauen Augen und er strich sie mit einer ihm eigenen Handbewegung routiniert aus dem Gesicht. „Klar können wir machen. Wo willst du denn hin?“ Bastian zuckte nur mit den Schultern und sog weiter an dem Strohhalm um auch den letzten Rest seiner Cola, die er sich bereits in der Pause beim nahegelegenen Fast Food Restaurant geholt hatte, aus dem Becher zu bekommen. „Was hälst du vom „Deep Insight“ „? Chris schien kurz zu überlegen und nickte dann. „Ist in Ordnung. Wann soll ich dich abholen?“ Bastian stand auf und warf sich seine Tasche über die Schulter und dann den leeren Cola-Becher in den Müll. „Am besten du kommst so um 9 rum. Bevor ich mich fertig machen kann muss ich noch n bisschen das Haus in Schuss bringen. Mama und Papa kommen vielleicht am Wochenende. Also ich bin dann weg, bis heute Abend.“ „Jau bis heute Abend.“ Mit diesen Worten fiel die Tür wieder ins Schloss, während Chris seinem Freund zweifelnd nachsah, dann den Kopf schüttelte und in sich hineinmurmelte, als er sich daran machte sich anzuziehen. „Als wenn sie diesmal ihr Versprechen halten und kommen…da kannste das mit dem Aufräumen auch gleich lassen…“ Bastian sah sich zufrieden um. Das Haus sah jetzt wieder vorbildlich aus. Er warf einen kurzen Blick auf ein Familienfoto, welches auf dem Küchentisch stand. Es war in Spanien aufgenommen worden als seine Eltern ihn mal auf eine ihrer unzähligen Geschäftsreisen mitgenommen hatten. Sie standen zu dritt am Strand, vor ihnen eine riesige Sandburg, die sie zusammen gebaut hatten, und seine Mutter und sein Vater hatten beide den Arm um ihren Sohn gelegt und sahen stolz in die Kamera, während er vergnügt lachte. Aber so war es schon seit Jahren nicht mehr. Eigentlich war es nur diesen einen Sommer so gewesen. Zwar bekam er alles von seinen Eltern was er wollte, aber sie waren einfach nie für ihn da gewesen. Seit er alt genug gewesen war in den Kindergarten zu gehen, hatte er ständig wechselnde Tagesmütter gehabt und als er schließlich alt genug gewesen war allein zu bleiben, lebte er fast immer allein in ihrem Riesenhaus. Zwar hatte er eine Haushälterin die nach dem Rechten sah, aber seine einzige wirkliche Stütze war immer Chris gewesen. Und natürlich dessen Familie die ihn immer freundlich aufgenommen hatte. Das Bild gab ihm zwar jedes Mal einen Stich und eine Art Sehnsucht nach dieser verlorenen Zeit zog alles in ihm zusammen, aber er konnte das Bild auch nicht einfach wegstellen. Er hing zu sehr an diesem einen Sommer. Und hoffte immer noch, dass seine Eltern irgendwann vor der Tür stehen würden mit der Erkenntnis jetzt genug Geld verdient zu haben und jetzt Zeit für ihren Sohn zu brauchen. Auch wenn es jetzt schon fast zu spät war. Er wusste zwar, dass seine Eltern auch dieses Wochenende wieder nicht kommen würden, aber trotzdem klammerte er sich daran. Sie würden ihn nicht schon wieder vergessen. Aber jedes Mal wenn sie es doch wieder getan hatten, hatten sie ihm eine weitere Wunde zugefügt. Aber das waren keine glatten, scharfen Schnitte, die schnell verheilten, sondern ausgefranste, langsam gerissene Wunden, die eitern und sich einfach nicht schließen wollen. Und jedes Mal wurden diese Wunden wieder aufgerissen und wurden nur noch tiefer. Bastian schüttelte heftig den Kopf um diese Gedanken zu vertreiben und sah auf die Uhr. Er hatte noch eine gute Stunde Zeit um sich fertig zu machen. Das wird knapp. Er sprintete die Treppe zum Badezimmer hoch um duschen zu gehen. Als er schließlich unter dem warmen Wasser stand schloss er die Augen und lehnte sich an die Wand. Während er unter dem rauschenden Wasser stand kam ihm auf einmal das Bild von Nilay in den Kopf wie er im Krankenzimmer auf der Liege lag und sein hochgerutschtes Shirt, welches den Blick auf sein Tattoo freigab. Schnell drehte Bastian die Dusche auf eiskalt um nicht wieder auf dumme Gedanken zu kommen. Zähneklappernd trocknete er sich ab, zog sich schnell eine schwarze Röhrenjeans, ein ebenfalls schwarzes Shirt und seine rot-weiß karierten Vans an. Da er heute nicht allzu viel Zeit hatte schnappte er sich nur seinen Nietengürtel, sein Lippenpiercing und zwei Nietenarmbänder, und nicht wie sonst üblich noch einige Kettchen, um sich dann schnell zu schminken. Nachdem er seine Augen mit dem Eyeliner nachgezogen hatte, machte er sich noch schnell die Haare, jedoch blieb ihm nur noch Zeit seine Haare einfach durchzuwuscheln, da in dem Moment Chris klingelte. Wie schon zu Beginn seiner „Fertig-Mach-Aktion“ sprintete er durchs Haus um Chris schnell die Tür zu öffnen, da dieser es hasste zu warten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)