Second chance von midoriyuki (~ don´t forget me) ================================================================================ Prolog: -------- Sie waren auf dem Weg von einer Party nach Hause. Alles wie immer. Beide schwiegen und hörten nur auf die Musik die ihnen fast das Trommelfell zu zerreißen drohte. Sie liebten es nachts auf der Autobahn laut Musik zu hören. Doch plötzlich drehte der Braunhaarige die Musik leiser und sah seinen Freund an. „Du?“ „Hm?“ Der Angesprochne sah weiter auf die Strasse nachdem er seinem Beifahrer einen kurzen Seitenblick geschenkt hatte. Dieser saß seitlich auf dem Sitz, hatte den Kopf an die Kopfstütze gelehnt und sah seinen Fahrer mit einem glückseligen Lächeln an. „Weißt du eigentlich wie sehr ich dich liebe?“ Der Schwarzhaarige lächelte und strich seinem Freund zärtlich über das Haar. „Ich dich auch.“ Wieder sah er kurz rüber. Dann wandte er den Blick wieder nach vorn. Plötzlich rasten zwei Lichter auf sie zu und panisch riss er das Lenkrad herum. Er hörte noch wie der Braunhaarige verzweifelt seinen Namen schrie, nach seiner Hand griff, sich daran festkrallte, dann wurde alles schwarz. „Oh mein Gott ich glaube einer lebt noch!“ Irgendwelche Menschen standen vor dem Auto, blendende Scheinwerfer schienen ihm direkt ins Gesicht als er langsam die Augen öffnete. Sie standen. Er versuchte sich zu befreien doch es gelang ihm nicht. Als er an sich runtersah begriff er auch warum. Sein ganzer Körper war vom Auto eingeklemmt worden. Aber er fühlte keinen Schmerz. Nur eine seltsame, lähmende Kälte zog unaufhaltsam immer höher. Dann sah er zum Beifahrersitz. Entsetzen machte sich auf seinem Gesicht breit. Er hörte nicht mehr die Rufe der Menschen draußen und das harte Prasseln des Regens auf das verbeulte Autodach. Die Hand die seine immer noch hielt war leblos und übte keinerlei Druck mehr aus. Mit gebrochenen Augen starrte sein Freund ihn an. Das einst so lebhafte grün war nur noch kalt und glasig. Ohne sich weiter rühren zu können liefen ihm heiße Tränen über das Gesicht und vermischten sich mit seinem Blut. Überall Blut. Doch er merkte das gar nicht mehr. Die Kälte hatte nun seinen Oberkörper erreicht. Und wozu sollte er kämpfen? Er hatte nichts mehr was ihn am leben hielt. Die Leute draußen versuchten immer noch irgendwie ins Innere des Autos zu gelangen. Lasst mich in Ruhe. Ich will hier nicht raus. Geht weg! Er drehte den Kopf soweit es ihm möglich war und sah durch einen tränenverschleierten Blick in das tote Gesicht seines Freundes. „Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich…“ Blutige Rinnsale liefen seine Mundwinkel hinab und ihm fehlte die Kraft weiterzusprechen doch formten seine Lippen immer noch verzweifelt diese Worte als er die Augen schloss und sein Kopf langsam gegen den seines Freundes sank, bis auch die Lippen aufhörten von einem letzten Funken Leben in seinem Körper zu zeugen. Kapitel 1: ----------- „Bastian!Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du im Unterricht nicht schlafen sollst?!“ Verlegen grinste der so Angefahrene seine Lehrerin mit Unschuldsmine an. „Ich hab doch gar nicht geschlafen. Ich kann mich nur besser auf ihren wundervollen Unterricht konzentrieren, wenn ich mit dem Kopf auf dem Tisch liege.“ Wutschnaubend drehte die Lehrerin sich zur Tafel und kratzte mit der Kreide irgendwelche Formeln darauf. Bastian schnitt ihr eine Grimasse und sah seinen besten Freund an. Dieser konnte sich das Lachen kaum verkneifen und war schon hochrot im Gesicht durch den Versuch, sein Lachen zu ersticken indem er sich in die Hand biss. Bastian dachte jedoch gar nicht daran es jetzt gut sein zu lassen. Ganz im Gegenteil. Er schnitt weiter Grimassen und ahmte die zugegebenermaßen sehr schrullige Lehrerin nach. Nach nur wenigen Minuten prustete Chris los und konnte sich vor Lachen nicht mehr halten. „CHRISTOPH!RAUS AUF DEN FLUR!“ Wutbebend stand die ältliche Lehrerin vor seinem Tisch und wies mit einer zitternden Hand in der sie immer noch die Kreide hielt auf die Tür. Chris schnappte sich seine Tasche und warf Bastian feixend noch eine Kusshand zu bevor er den Raum verließ. Dieser lehnte sich zurück und grinste. Sein Freund würde jetzt wahrscheinlich zum nächstgelegenen Kiosk laufen oder sich anderswo etwas zu essen besorgen anstatt reumütig auf dem Flur zu stehen. Jedoch hatte er sich ein Eigentor geschossen, indem er Chris solange gereizt hatte bis dieser rausflog. Jetzt wird’s richtig langweilig. Gähnend sah er nach draußen. Am besten wäre es wenn er einfach weiterschlafen würde. Also legte er seinen Kopf wie schon zuvor auf seine Unterarme und verschlief auch kurz danach bereits wieder selig wie ein kleiner Engel die letzte Stunde. „Oh man Bastian, das Gesicht hättest du sehen müssen als die gesehen hat, dass du geschlafen hast! Zum Schiessen!“ Chris grinste immer noch als er an das rotangelaufene, runde Gesicht ihrer Mathelehrerin dachte. „Jaja…ich hab’s ja gesehen als sie dich rausgeworfen hat.“ Bastian fuhr ohne aufzusehen fort, seine Spagetti zu vertilgen. Zumindest war das sein Plan. Meist entwickelte sich das Ganze mehr zu einem Krieg als dazu, dass er etwas zu essen bekam. Wenn er etwas nicht konnte dann war es Spagetti essen, denn danach sah er immer aus wie ein kleines Kind. Resigniert schob er dann doch den Teller weg. „Ich krieg das nie hin die vernünftig zu essen.“ Seufzte er mit einem Blick auf Chris der bereits fertig mit essen war und keinen einzigen Soßenspritzer im Gesicht hatte. Dieser grinste ihn wieder an und hielt eine DVD hoch. „Was hälste davon?“ Bastian nickte. Es war schon eine Art Ritual geworden, dass sie DVD´s sahen, wenn er bei seinem besten Freund übernachtete. Seit er im Kindergarten war, war das Haus seines Freundes seine zweite Heimat geworden, da seine Eltern nur sehr selten zu Hause waren. Und diese Angewohnheit oft bei seinem Freund zu schlafen hatte er auch mit seinen 17 Jahren noch beibehalten. Gähnend streckte er sich auf seiner Luftmatratze aus und sah zum Fernseher. Chris hockte davor und legte die DVD ins Laufwerk. Haben wir den Film nicht schon mal gesehen, dachte er noch bevor ihm dann doch die Augen zufielen. „So jetzt müsste es geh…Das gibt’s doch nicht!“ Kopfschüttelnd sah Chris auf den bereits tief und fest schlafenden Bastian. Immer das Gleiche mit ihm, kann immer und überall einfach einschlafen. Naja was soll’s. Guck ich den Film halt alleine. Nachdem er über Bastian hinweggestiegen war warf er sich auf sein Bett und widmete seine Aufmerksamkeit vollkommen dem nun beginnenden Film. Schweißgebadet fuhr Bastian hoch. Heftig atmend saß er kerzengrade auf seiner Luftmatratze und versuchte sich zu beruhigen. „Bastian?“ Verschlafen knipste Chris seine Nachttischlampe an, stützte sich auf seinen rechten Arm und sah Bastian verschlafen an, während er sich die Augen rieb. „Hast du schon wieder diesen Traum gehabt?“ Bastian antwortete nicht sondern nickte lediglich. Er zitterte zwar immer noch, jedoch hatte er sich schon wieder fast komplett beruhigt. „Komm leg dich wieder hin und schlaf weiter…“ Und damit verschwand Chris´ zerknautschtes Schlafgesicht wieder in der Dunkelheit als er das Licht wieder ausmachte. Sekunden später atmete er regelmäßig und schlief wieder tief und fest. Bastian blieb noch einen Moment lang sitzen bis er sich endgültig beruhigt hatte, legte sich dann aber wieder hin und versuchte weiterzuschlafen. Doch wie so oft nach diesem Traum konnte er nicht wieder einschlafen, da er viel zu aufgewühlt war. Nachdenklich drehte er den Kopf zum Fenster. Seit er ganz klein war träumte er immer wieder dasselbe. Ein Junge stand vor ihm und weinte. Er weinte einfach. Tat nichts anderes als zu weinen. Dieser Junge versuchte dann meist nach einiger Zeit irgendwie zu ihm zu kommen und sagte etwas doch er verstand nicht was er sagte, da er überhaupt nichts hörte. Er sah immer nur diesen völlig verzweifelten Jungen und wusste, dass er irgendwie zu ihm kommen musste, doch so sehr er sich auch anstrengte er erreichte ihn einfach nicht. Irgendwann wachte er dann meist schreiend und weinend auf und fühlte sich als habe er etwas wahnsinnig Wichtiges verloren, konnte sich aber nicht daran erinnern was es war oder wo er es überhaupt verloren hatte. Auch an das Aussehen des Jungen konnte er sich nicht richtig, sondern nur schemenhaft erinnern. In letzter Zeit jedoch träumte er das immer öfter. Fast jede Nacht wachte er schweißgebadet auf und konnte dann auch meist nicht mehr einschlafen. Daher war er fast immer müde und schlief sobald sich eine Gelegenheit dazu bot. Als er ein Geräusch vom Bett her hörte drehte er den Kopf und sah in Chris´ schlafendes Gesicht. Er hatte sich umgedreht und aus seinem offenstehenden Mund lief etwas Spucke. Lächelnd drehte er den Kopf wieder zum Fenster. Damit würde er seinen Freund morgen gehörig aufziehen. Aber auch wenn er Chris gerne verarschte war er ihm unendlich dankbar, dass er nicht weiter auf seinem Traum herumritt, sondern einfach akzeptierte, dass er nachts ab und an schreiend wach wurde. Früher hatte er ihn immer getröstet, wenn er wach geworden war doch heute reichte es, wenn er einfach nur wusste, dass Chris in der Nähe war das gab ihm schon ein Gefühl von Sicherheit das es ihm ermöglichte weiterzuschlafen. Er lag noch eine ganze Zeit lang wach doch irgendwann übermannte ihn die Müdigkeit und er schlief doch wieder ein. „Leonie? Wusstest du, dass Chris im Schlaf sabbert?“ Kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen befand er sich auch schon im Schwitzkasten und wurde grimmig lächelnd von seinem Freund gefragt ob er so scharf darauf sei ins Totenreich einzugehen, dass er es dermaßen riskierte dorthin zu gelangen. Während Leonie immer noch über ihre Kabbelei lachte sah Bastian seinen Peiniger gespielt entsetzt an. “Aber Liebling du würdest mich doch wohl nicht wirklich umbringen? Wer spielt denn dann nachts mit dir?“ Chris wurde puterrot und ließ Bastian schlagartig los. „Könntest du aufhören so einen Mist zu erzählen?“ Unsicher warf er einen flüchtigen Blick auf Leonie. Sie glaubte doch hoffentlich nicht das leere Geschwätz von Bastian? Diese lachte jedoch immer noch und schien das ganze nicht ernst zu nehmen. Bastian grinste Chris jedoch an und wandte sich wieder Leonie zu. „Weißt du er ist nämlich manchmal ein ziemlich schwieriger Bursche aber tief in seinem Innern ist er ein ganz Lieber.“ Bevor Chris sich erneut auf den feixenden Bastian stürzen konnte, kam jedoch ihr Stufenleiter in den Raum. Urplötzlich war es mucksmäuschenstill und alle saßen auf ihren Plätzen. Mit dem grauhaarigen Mann mit den strengen blauen Augen war nicht gut Kirschen essen, dass wussten die meisten schon aus eigener Erfahrung also boten sie ihm lieber keine Chance ihnen Extraarbeiten oder sonstiges aufzubrummen. Ohne eine Regung zu zeigen sah der Mann mit dem schon fast stoischen Gesichtsausdruck sich um. Als er sich sicher war die ungeteilte Aufmerksamkeit der Schüler zu besitzen fing er an zu sprechen. „Auch wenn es ungewöhnlich ist mitten im Schuljahr einen Neuzugang zu bekommen, werdet ihr ab heute einen neuen Mitschüler haben. Sein Name ist Nilay Andersen.“ Schon bei den ersten Worten des Stufenleiters hatte Bastian abgeschaltet, da ihn so etwas meist nicht interessierte und so hatte er auch nicht mitbekommen, dass ein braunhaariger Junge den Raum betreten hatte und nun vorne am Pult neben dem Stufenleiter stand. „Nilay setz dich bitte neben Bastian.“ Mit diesen Worten verließ der Stufenleiter den Raum wieder. Bastian lag bereits wieder mit dem Kopf auf seinen Armen und sah nur aus dem Augenwinkel, dass der Junge seine Tasche neben den Tisch an seiner linken Seite stellte und sich auf den freien Platz setzte. Er trug eine schwarze Jeans und karierte Vans, was ihn in Bastians Augen schon mal sympathisch erscheinen ließ. „Ähm…Hallo…Ich bin Nilay…“ Eine kleine, schmale Hand schob sich zaghaft in Bastians Blickfeld und seufzend sah er auf. Musste er sich also doch mit dem Neuzugang beschäftigen. Kapitel 2: ----------- Was ihm als erstes auffiel waren die Augen. Die kenn ich, schoss es ihm durch den Kopf als sich diese strahlend grünen Augen bereits mit Tränen füllten. „Tjorben…“ Der Junge fiel ihm aufschluchzend um den Hals, bevor Bastian irgendwie reagieren konnte. Völlig verwirrt sah er zu Chris. Dieser sah ihn auch nur verwundert an. Was hatte der Kleine bloß? Verwechselte er ihn mit jemandem der ihm nahestand? Jemand der Tjorben hieß? Dieser Name rührte irgendetwas in ihm an doch er hätte es nicht genau bezeichnen können hätte er die Zeit gehabt weiter darüber nachzudenken. Der Junge schlang immer noch schluchzend die Arme um seinen Hals und er spürte wie seine Tränen langsam anfingen sein Shirt zu durchnässen. „Ähm…ich glaube du verwechselst mich mit jemandem Nilay…“ Vorsichtig löste er die Hände des Anderen und schob ihn ein Stück von sich weg. Warum kam er ihm nur so wahnsinnig bekannt vor? Der braunhaarige Junge starrte ihn entsetzt an, dann verschloss sich sein Gesicht und er entzog ihm seine Hände. Hastig wischte er seine Tränen weg und wandte sich halb von ihm ab. Krampfhaft sah er auf seinen Tisch als müsse er weitere Tränenausbrüche unterdrücken. „Tut mir leid aber ich dachte du wärst jemand den ich kenne…“ brachte er schließlich leise heraus und setzte sich dann schnell auf seinen Platz und kramte in seiner Tasche als die Mathelehrerin hereinkam. Völlig verwirrt starrte Bastian ihn weiter an. Was war das denn bitte? Auch als er zu Chris hinübersah wirkte der nicht minder verwirrt doch er zuckte nur mit den Schulter und wandte sich der Tafel zu. Nach einem weiteren forschenden Blick auf Nilay wandte sich auch Bastian wieder um. Den kompletten restlichen Schultag sprach Nilay nicht mehr mit ihm. Allen anderen beantwortete er freundlich und lächelnd Fragen woher er denn komme und wie es ihm bisher an der Schule gefalle und ließ sich von jedem in ein Gespräch verwickeln. Bastian ignorierte er jedoch schon fast krampfhaft. „Komm mach dir nichts draus…es ist ihm wahrscheinlich einfach peinlich, dass er sich dir direkt am ersten Tag heulend an den Hals geschmissen hat, weil er dachte du wärst jemand anders.“ Aufmunternd klopfte Chris ihm auf die Schulter und biss dann wieder in sein Stück Pizza um die Augen ekstatisch zu verdrehen. „Gibt es eigentlich etwas Geileres als Pizza? Gott höchstpersönlich muss dieses Zeug erfunden haben!“ Bastian lächelte und aß ebenfalls weiter. Wahrscheinlich hatte Chris recht. Ihm wäre es auch peinlich, wenn er sich einem Wildfremden heulend an den Hals geschmissen hätte. Und das auch noch vor der ganzen Klasse. Zwar hatte niemand mehr etwas zu dem Vorfall gesagt, doch peinlich war es dem Kleinen bestimmt trotzdem. Bastian kaute gedankenverloren weiter auf seiner Pizza herum. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los den Jungen irgendwoher zu kennen. Aber woher nur? Die Stadt aus der er hergezogen war, lag zu entfernt um ihn zufällig mal irgendwo getroffen oder nur gesehen zu haben. Dann zuckte er jedoch mit den Schultern und sah wieder zum Fernseher wo sie wie fast immer eine DVD sahen. Wenn es wichtig war würde es ihm wohl wieder einfallen. Seit gut einer Woche war Nilay jetzt bei ihnen in der Klasse und hatte seitdem noch kein weiteres Wort mit Bastian gesprochen. Zu Beginn der Stunde huschte er erst im letzten Moment auf seinen Platz und verließ ihn direkt mit dem Klingeln wieder um zu einigen Leuten aus der Klasse zu gehen mit denen er sich angefreundet zu haben schien. Bastian achtete inzwischen fast gar nicht mehr darauf, auch wenn es ihn wurmte so ignoriert zu werden. Es machte ihm nichts aus, wenn jemand ihn nicht mochte und oder einfach nicht abkonnte, und ihn deswegen ignorierte, aber da er sich keiner Schuld bewusst war und auch keinen Anlass gegeben hatte fragte er sich ernsthaft was an ihm eine so enorme Abneigung hervorrufen könnte. Seine Haare? Wohl kaum. Die waren einfach nur schlicht schwarz. Obwohl schlicht nicht ganz zutraf. Er hatte einige rote und dunkelblaue Strähnchen, doch die waren ja wohl kaum ein Grund ihn zu ignorieren. Seine Klamotten waren zwar auch immer ziemlich extravagant aber abstoßend waren sie bestimmt auch nicht. Ebenso wenig wie sein Lippenpiercing. Nachdenklich zwirbelte er eine seiner knapp schulterlangen Haarsträhnen und sah nachdenklich und völlig in seine Überlegungen vertieft zu Nilay. Der stand mit dem Rücken zu ihm und konnte ihn demnach gar nicht sehen, doch als er sich umdrehte und Bastian Blick auf sich ruhen sah, drehte er sich hastig und viel zu hektisch wieder um, stammelte eine Entschuldigung, die an seine neuen Freunde gerichtet war, zusammen und verschwand schnell mit hochrotem Kopf aus dem Klassenzimmer. So reagierte er fast immer, wenn er merkte, dass Bastian ihn ansah. Wurde hektisch und meist nahm sein Gesicht einen verkrampften Ausdruck an und er wurde knallrot. Bastian zog die Augenbrauen zusammen und sah ihm nach. Irgendwas stimmte doch nicht mit ihm, das sah doch ein Blinder mit Krückstock. In der nächsten Zeit verschwanden derartige Gedanken jedoch fast vollständig aus Bastians Kopf, da er sich voll auf die Schule konzentrieren musste. Seine Noten waren stetig in den Keller gegangen und er hatte jetzt alle Mühe sie vor den Sommerferien wieder hochzuziehen um das Jahr nicht noch mal machen zu müssen. Daher fiel ihm gar nicht auf, dass Nilay auch den Leuten gegenüber, mit denen er sich angefreundet hatte, immer stiller und zurückhaltender wurde. „Hey…Bastian!“ Chris stieß seinen Freund in die Seite und als dieser schließlich reagierte nickte er leicht in Nilays Richtung um sich dann wieder den Formeln an der Tafel zuzuwenden. Nach diesem zugeflüsterten Hinweis sah Bastian aus dem Augenwinkel zu Nilay rüber. Dieser konzentrierte sich in keinster Weise wie sonst auf den Unterricht, sondern zeichnete etwas in sein Heft. Bastian wusste nicht warum er sich das ansehen sollte und sah fragend zu Chris. Dieser war jedoch damit beschäftigt sich über einer komplizierten Formel die Haare zu raufen und achtete nicht auf den fragenden Blick seines Freundes. Also wandte Bastian seine Aufmerksamkeit wieder Nilay zu. Dieser drehte grade sein Heft, in welches er zeichnete und nahm den Arm ein Stück zur Seite, sodass er sehen konnte was genau Nilay da zeichnete. Erstaunt hielt Bastian die Luft an um kein Geräusch der Verwunderung von sich zu geben. Nilay zeichnete nicht irgendetwas sondern ihn. Ohne ihn auch nur anzusehen. Die Zeichnung zeigte ihn lachend und mit funkelnden Augen. Die Zeichnung wirkte fast lebensecht. Der hat ja wirklich Talent. Bastian achtete nicht mehr darauf Nilay nur aus dem Augenwinkel zu betrachten sondern wandte ihm den ganzen Kopf zu und sah auf seine Hand die immer noch an seinem Gesicht zeichnete. Doch plötzlich stoppte die Bewegung und als Bastian hochsah, schaute er direkt in Nilays weitaufgerissene Augen. Als habe er etwas Verbotenes getan schlug dieser dann schon fast panisch sein Heft zu und wandte den Kopf stur zur Tafel. Sein Gesicht lief kirschrot an und seine Augen hatten einen gehetzten Ausdruck als er kurz zu Bastian rübersah, der ihn immer noch verwundert ansah. Was sollte das denn jetzt werden? Kopfschüttelnd drehte sich jetzt auch Bastian wieder zur Tafel. Er wurde aus Nilay einfach nicht schlau. Hasste er ihn jetzt oder nicht? Inzwischen war er nämlich durch Nilays Verhalten zu dem Schluss gekommen, dass der kleine braunhaarige Junge ihn hassen musste. Warum sollte er sich sonst so extrem abweisend verhalten? Kapitel 3: ----------- Gelangweilt sah Bastian seinen Klassenkameraden von einer Bank aus zu, wie sie grade über das Spielfeld jagten und versuchten sich gegenseitig den Handball abzujagen. Seit er sich vor vier Wochen das Knie gezerrt hatte war er für knapp 6 Wochen vom Sport freigestellt worden. Zwar war das an sich nichts schlechtes, da sein Knie schon lange nicht mehr weh tat und er sich ja anders hätte beschäftigen können aber auch wenn er nicht mitmachte, bestand trotzdem Anwesenheitspflicht. Also langweilte er sich jeden Freitagnachmittag zwei Stunden lang fast zu Tode. Abwesend wanderte sein Blick wieder über das Spielfeld bis er schließlich bei Nilay hängen blieb. Der Kleine flitzte mit einer beachtlichen Geschicklichkeit über das Feld und als einer seiner Mitspieler irgendetwas über den Platz rief, was Bastian nicht verstand sah er ihn zum ersten Mal lachen. In der ganzen Zeit hatte er seinen schweigsamen Tischnachbarn nicht ein einziges Mal lachen sehen. Das fiel ihm erst in diesem Moment auf. Komisch eigentlich, verwundert legte er den Kopf schräg und sah weiter zu Nilay. Dieser sah in diesem Moment ebenfalls zu ihm und als er bemerkte, dass Bastian ihn interessiert musterte senkte er sofort den Kopf und hörte auf zu lachen. Daher merkte er auch nicht, dass ihm der Ball zugepasst wurde. Einige der Spieler rissen grade den Mund auf um Nilay zuzurufen, dass er aufpassen solle als dieser den Ball auch schon mit voller Wucht an den Kopf bekam. Verwirrt sah auf den Ball der vor seine Füße kullerte, fasste sich an den Kopf und noch während er kalkweiß wurde sackte er zusammen. Zuerst bewegte sich keiner, bis die resolute Sportlehrerin laut fluchend zu Nilay eilte. „Bastian! Komm mit!“ Sofort sprang der Gerufene auf und lief ihr hinterher. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass er sich wahrscheinlich nur erschrocken hatte und deshalb zusammengeklappt war, nahm sie Nilay hoch um ihn dem verdutzten Bastian in den Arm zu drücken. „Hier bring den Kleinen auf die Krankenstation. Wenn er sich wieder berappelt hat, kommt ihr zurück.“ Bastian nickte und beeilte sich vom Spielfeld zu kommen, da die Sportlehrerin die Schüler bereits dazu anhielt sich von so einem kleinen Unfall nicht aus der Bahn und das Spiel zum Abbruch bringen zu lassen. Während Bastian Nilay zum Behandlungszimmer trug, sah er immer wieder in dessen Gesicht. Seltsam, so entspannt hab ich ihn bisher noch nie gesehen. „Tjorben…“ Bastian hätte Nilay fast vor Schreck fallen gelassen, als er sich plötzlich näher an ihn kuschelte und seine Hand sich an seinem Shirt festklammerte. Als er wieder in Nilays Gesicht blickte, lächelte dieser glücklich. Fast unwillkürlich wurde Bastian rot und wandte den Blick beschämt ab. Als er vor der Behandlungszimmertür stand war es ein wenig umständlich an der Tür zu klopfen ohne Nilay fallen zu lassen, doch schlussendlich schaffte er es ohne den Bewusstlosen allzu sehr durchzuschütteln. Als niemand antwortete drückte er die Klinke mit dem Ellbogen runter, stieß die Tür mit dem Fuß auf und trat ein. Die Krankenschwester schien nicht da zu sein, also legte er Nilay einfach auf die Liege die hinter einem Vorhang verborgen war. Er war schon fast wieder bei der Tür als er doch zögerte den Kleinen einfach hier liegen zu lassen. Was wenn es ihm doch nicht gut ging und sich dann alleine hier vorfand? Seufzend drückte er die Tür zu und ließ sich neben der Liege auf einen Stuhl fallen. Das Kinn auf seine Hand gestützt betrachtete er nun eingehend den braunhaarigen Jungen. Bisher hatte er keine Gelegenheit gehabt sich den Kleinen näher anzusehen, da dieser bei jedem Blickkontakt eine Möglichkeit gesucht hatte sich seinen Blicken zu entziehen oder so reagierte, dass Bastian ihn nicht noch weiter verunsichern wollte und nicht mehr zu ihm hinsah. Nilays leuchtendes hellbraunes Haar, welches schon fast kupfern glänzte, hing ihm in wirren Strähnen in das weiche Gesicht. Seine feinen Augenbrauen liefen sanft aus und ließen ihn immer ein wenig jünger aussehen als er war und gaben seinem Gesicht einen leicht dauertrotzigen Ausdruck. Seine schon fast kleine Nase passte perfekt zu seinem schmalen Gesicht. Den Mund hatte er ein wenig geöffnet und seine weichen Lippen fingen an rissig zu werden. Anscheinend war er sehr empfindlich was seine Lippen betraf. Doch genauso empfindlich und verletzlich wirkte auch der Rest seines Körpers. Er war zwar nicht verschwindend dünn, doch sah man deutlich die Muskeln die sich unter seiner Haut weich abzeichneten. Als Bastians Blick auf seinen Bauch wanderte sah er, dass sein Shirt ein Stück weit hochgerutscht war und er auf der rechten Seite ein Tattoo hatte welches seiner Lende folgte und dann unter seiner Sportshorts verschwand. Wie das Tattoo da wohl weitergeht? Bastians Kopf glühte förmlich als ihm bewusst wurde was er da grade gedacht hatte. Schnell wandte er den Blick ab und konzentrierte sich auf eine hochinteressante künstliche Blume, die neben seinem Stuhl auf einem kleinen Beistelltischchen stand. Was dachte er da nur für absurdes Zeugs zusammen? Eine Bewegung auf der Liege zog seine Aufmerksamkeit wieder auf sich und er wandte sich wieder Nilay zu. Dieser war wieder wach oder eher zu Bewusstsein gekommen und hatte sich aufgesetzt. Noch ein wenig benommen sah er Bastian an. „Tjorben was…“ In diesem Moment schien er zu registrieren, dass Bastian vor ihm saß. Sofort senkte er den Kopf und murmelte eine Entschuldigung. Bastian jedoch war froh keine Gelegenheit mehr für weitere komische Gedanken zu haben und stand auf. „Geht’s dir wieder gut? Dann können wir nämlich zu den anderen zurückgehen.“ Nilay nickte nur und huschte an Bastian vorbei aus dem Krankenzimmer. Den Weg zurück zum Sportplatz liefen sie schweigend und ohne sich anzusehen. Als die Sportlehrerin sah, dass Nilay zurückkam teilte sie ihn direkt wieder in einer der Mannschaften ein, damit er nicht noch die letzte halbe Stunde des Unterrichts verpasste. Bastian währenddessen saß wieder auf der Bank und sah Nilay beim Spielen zu. Er wirkt wieder ziemlich fit. Doch das bedrückende Schweigen auf dem Weg zum Sportplatz ging ihm nicht aus dem Kopf. Nilay schien krampfhaft jede Form von Nähe zu vermeiden und wenn es sich nur um ein Gespräch handelte. Aber warum nur bei ihm? Zu allen anderen war er doch nicht so. Gedankenverloren sah er Nilay hinterher als dieser vor ihm herlief um sich freizulaufen. Er drehte sich um um sehen zu können wer grade den Ball hatte und somit hatte Bastian seine Rückansicht direkt vor Augen. Süßer Hintern. Schon im nächsten Moment glühte Bastians Gesicht wieder. Was war heute nur los mit ihm? Den Rest der Stunde verbrachte er damit auf den Rasen zu starren um nicht wieder Nilay hinterher zusehen und irgendwelche komischen Dinge zu denken. Was zum Teufel war nur los mit ihm? „Chris?“ Sie waren die beiden letzten in der Umkleidekabine, da Chris aus Prinzip darauf bestand noch in der Schule zu duschen, wenn sie Sport hatten. „Ja?!“ ertönte es gedämpft aus der Dusche, da Chris grade damit beschäftigt war sich abzutrocknen. „Sollen wir heute Abend einen trinken gehen?“ Chris´ verstrubbelter Kopf tauchte aus der Dusche auf. Einige seiner nassen, dunkelblonden Strähnen hingen ihm vor die blauen Augen und er strich sie mit einer ihm eigenen Handbewegung routiniert aus dem Gesicht. „Klar können wir machen. Wo willst du denn hin?“ Bastian zuckte nur mit den Schultern und sog weiter an dem Strohhalm um auch den letzten Rest seiner Cola, die er sich bereits in der Pause beim nahegelegenen Fast Food Restaurant geholt hatte, aus dem Becher zu bekommen. „Was hälst du vom „Deep Insight“ „? Chris schien kurz zu überlegen und nickte dann. „Ist in Ordnung. Wann soll ich dich abholen?“ Bastian stand auf und warf sich seine Tasche über die Schulter und dann den leeren Cola-Becher in den Müll. „Am besten du kommst so um 9 rum. Bevor ich mich fertig machen kann muss ich noch n bisschen das Haus in Schuss bringen. Mama und Papa kommen vielleicht am Wochenende. Also ich bin dann weg, bis heute Abend.“ „Jau bis heute Abend.“ Mit diesen Worten fiel die Tür wieder ins Schloss, während Chris seinem Freund zweifelnd nachsah, dann den Kopf schüttelte und in sich hineinmurmelte, als er sich daran machte sich anzuziehen. „Als wenn sie diesmal ihr Versprechen halten und kommen…da kannste das mit dem Aufräumen auch gleich lassen…“ Bastian sah sich zufrieden um. Das Haus sah jetzt wieder vorbildlich aus. Er warf einen kurzen Blick auf ein Familienfoto, welches auf dem Küchentisch stand. Es war in Spanien aufgenommen worden als seine Eltern ihn mal auf eine ihrer unzähligen Geschäftsreisen mitgenommen hatten. Sie standen zu dritt am Strand, vor ihnen eine riesige Sandburg, die sie zusammen gebaut hatten, und seine Mutter und sein Vater hatten beide den Arm um ihren Sohn gelegt und sahen stolz in die Kamera, während er vergnügt lachte. Aber so war es schon seit Jahren nicht mehr. Eigentlich war es nur diesen einen Sommer so gewesen. Zwar bekam er alles von seinen Eltern was er wollte, aber sie waren einfach nie für ihn da gewesen. Seit er alt genug gewesen war in den Kindergarten zu gehen, hatte er ständig wechselnde Tagesmütter gehabt und als er schließlich alt genug gewesen war allein zu bleiben, lebte er fast immer allein in ihrem Riesenhaus. Zwar hatte er eine Haushälterin die nach dem Rechten sah, aber seine einzige wirkliche Stütze war immer Chris gewesen. Und natürlich dessen Familie die ihn immer freundlich aufgenommen hatte. Das Bild gab ihm zwar jedes Mal einen Stich und eine Art Sehnsucht nach dieser verlorenen Zeit zog alles in ihm zusammen, aber er konnte das Bild auch nicht einfach wegstellen. Er hing zu sehr an diesem einen Sommer. Und hoffte immer noch, dass seine Eltern irgendwann vor der Tür stehen würden mit der Erkenntnis jetzt genug Geld verdient zu haben und jetzt Zeit für ihren Sohn zu brauchen. Auch wenn es jetzt schon fast zu spät war. Er wusste zwar, dass seine Eltern auch dieses Wochenende wieder nicht kommen würden, aber trotzdem klammerte er sich daran. Sie würden ihn nicht schon wieder vergessen. Aber jedes Mal wenn sie es doch wieder getan hatten, hatten sie ihm eine weitere Wunde zugefügt. Aber das waren keine glatten, scharfen Schnitte, die schnell verheilten, sondern ausgefranste, langsam gerissene Wunden, die eitern und sich einfach nicht schließen wollen. Und jedes Mal wurden diese Wunden wieder aufgerissen und wurden nur noch tiefer. Bastian schüttelte heftig den Kopf um diese Gedanken zu vertreiben und sah auf die Uhr. Er hatte noch eine gute Stunde Zeit um sich fertig zu machen. Das wird knapp. Er sprintete die Treppe zum Badezimmer hoch um duschen zu gehen. Als er schließlich unter dem warmen Wasser stand schloss er die Augen und lehnte sich an die Wand. Während er unter dem rauschenden Wasser stand kam ihm auf einmal das Bild von Nilay in den Kopf wie er im Krankenzimmer auf der Liege lag und sein hochgerutschtes Shirt, welches den Blick auf sein Tattoo freigab. Schnell drehte Bastian die Dusche auf eiskalt um nicht wieder auf dumme Gedanken zu kommen. Zähneklappernd trocknete er sich ab, zog sich schnell eine schwarze Röhrenjeans, ein ebenfalls schwarzes Shirt und seine rot-weiß karierten Vans an. Da er heute nicht allzu viel Zeit hatte schnappte er sich nur seinen Nietengürtel, sein Lippenpiercing und zwei Nietenarmbänder, und nicht wie sonst üblich noch einige Kettchen, um sich dann schnell zu schminken. Nachdem er seine Augen mit dem Eyeliner nachgezogen hatte, machte er sich noch schnell die Haare, jedoch blieb ihm nur noch Zeit seine Haare einfach durchzuwuscheln, da in dem Moment Chris klingelte. Wie schon zu Beginn seiner „Fertig-Mach-Aktion“ sprintete er durchs Haus um Chris schnell die Tür zu öffnen, da dieser es hasste zu warten. Kapitel 4: ----------- Seit gut zwei Stunden waren sie jetzt im „Deep Insight“ und hatten bereits einige Leute getroffen mit denen sie auch sonst meist die Abende verbrachten, wenn sie in Clubs gingen. Chris war mit einem der Mädchen in ein Gespräch vertieft und beachtete Bastian nicht mehr und dieser saß relativ desinteressiert in einem der roten Sessel die hier in den Ecken aufgestellt worden waren um den Gästen Rückzugsmöglichkeiten zu geben. Die anderen waren ebenfalls in ihre Gespräche vertieft und ließen Bastian in Ruhe. Sie kannten ihn gut genug um zu wissen, dass er früher oder später von allein anfangen würde zu reden. Er brauchte manchmal einfach seine Ruhe. Im Moment saß er einfach nur mit zurückgelegtem Kopf in seinem Sessel und ließ sich von der Musik mitreißen. Klar war das nicht ganz sein Musikgeschmack, da er eigentlich keine Dance-Musik, sondern Rock hörte aber das war ihm egal. Hauptsache laut. Und hier war es verdammt laut. Wollte man sich verstehen musste man sich schon fast anschreien, wenn man wie Bastian fast neben einer Box saß. Doch das war ihm grade recht. Er wollte nicht denken und die Bässe dröhnten durch seinen ganzen Körper. Er liebte nichts so sehr wie dieses Gefühl. Absolut frei von allen Sorgen und Gedanken. Einfach nur noch die Musik und das Dröhnen in seinem Bauch. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es eine Droge gab die dieses Gefühl auch nur ansatzweise nachahmen konnte. Bei dem Gedanken daran grinste er. Chris behandelte ihn manchmal als hätte er ein akutes Drogenproblem, wenn Lehrer danebenstanden und schon oft genug hatte ihn ein verunsicherter Referendar, der diese Art von Scherzen noch nicht kannte, ins Lehrerzimmer bestellt um ihm seine Hilfe anzubieten. Chris machte sich jedes Mal wieder einen Spaß draus, wenn der Referendar total überfordert war wenn Bastian ihm erklärte was Chris meinte. Gut, dass er einen so tollen besten Freund wie Chris hatte. Irgendjemand tippte ihn an und er öffnete ein Auge. Eins der Mädels beugte sich zu ihm vor und schrie ihn schon fast an, da sie fürchtete er würde sie sonst nicht verstehen. „DU! Guck mal da vorne! Der Kleine! Der guckt dich schon die ganze Zeit so komisch an! Kennst du den?“ Dabei deutete sie mit ihrem schwarz-pink lackiertem Finger auf Nilay, der in diesem Moment nicht zu ihnen sah, sondern sich mit einem Jungen aus seiner Klasse unterhielt, der mit ihm an der Bar stand. Bastian nickte. „Ja der sitzt in der Schule neben mir.“ Verstehend nickte das Mädchen, ihr Name war Nina, und warf ihre pinken Haare zurück. „Dann ist ja gut. Dachte schon der will dich angraben. Wär doch schade um so nen kleinen Zuckerarsch.“ Anzüglich grinsend sah sie noch einmal kurz auf den soeben als Zuckerarsch betitelten Hintern von Nilay, der sich grade vorlehnte um etwas zu bestellen, um sich dann wieder den anderen zuzuwenden. Bastian war bei diesem letzten Satz knallrot geworden, doch das hatte sie glücklicherweise nicht bemerkt. Bastian sah auf den Boden um sich seine nicht ganz normale Gesichtsfarbe nicht anmerken zu lassen und als er wieder aufsah war Nilay schon wieder verschwunden. Sich wieder auf sein eigentliches Vorhaben besinnend wandte er sich wieder der Gruppe zu, die sich fast immer bildete und schnappte sich eins der herumstehenden Cocktailgläser, um es, nachdem er den Inhalt geext hatte, wieder auf den Tisch zu knallen. „Was istn das für ne lahme Stimmung hier? Ich denk ihr wolltet Party machen?!“ Von den meisten wurde er bestätigend angegrinst. So kannten sie ihren Bastian. Erst die Ruhe selbst und dann Party bis zum Morgengrauen und jede Menge Alkohol. „Bastiiii? Gehsu noch was su trink´n holn?“ Ninas Augen glänzten bereits verdächtig und sie stand auch ziemlich wackelig auf ihren netzbestrumpften Beinen, doch Bastian schnappte sich bereitwillig auch die leeren Gläser der anderen und trabte in Richtung Bar. Inzwischen war es weit nach Mitternacht und er hatte bereits eine ganze Menge getrunken, dadurch dass er jedoch fast durchgehend am tanzen war, spürte er den Alkohol fast gar nicht. Auch wenn er nicht abstreiten konnte, dass er durchaus wesentlich besser gelaunt war als sonst und auch um einiges dreister und offener. Er grinste jedoch nur, als er an den bereits völlig betrunkenen Chris dachte, der auf einem der Sessel eingeschlafen war und nichts mehr mitbekam. Als er an der Bar ankam stellte er die Gläser ab und bestellte schnell noch einige Cocktails bevor der Barkeeper sich den nächsten Gästen zuwenden musste. Als er zur Seite sah, bemerkte er dass Nilay neben ihm stand und angestrengt versuchte nicht von den meist Größeren einfach zur Seite gedrängt zu werden. Er schien ihn noch nicht bemerkt zu haben, da er noch vollkommen ruhig war. Grade in diesem Moment stieß ihm jemand den Ellbogen in den Rücken. Wahrscheinlich unabsichtlich reichte der Stoß aus um Nilay die Tränen in die Augen zu treiben. Bastian reagierte, bevor er darüber nachdachte, griff nach Nilays Hand und zog ihn aus dem Club nach draußen. Nilay starrte entsetzt auf den Rücken vor sich und auf die Hand die ihn nach draußen zog, während ihm das Atmen immer noch schwer fiel. Bastian stieß die Tür nach draußen auf und zog Nilay ebenfalls raus um ihn dann auf eine dort stehende Bank zu drücken. Bei der ganzen Aktion hatte er jedoch eins vergessen. Wenn er Alkohol getrunken hatte, war es eine ganz schlechte Idee nach draußen zu gehen, da ihn da meist der Hammer erwischte. Während er also auf den ängstlich und verwirrt dreinschauenden Nilay hinuntersah, knallte ihm der vorher nur ansatzweise zu spüren gewesen Alkohol jetzt durch den Kopf. „Scheisse…“ Da er fürchtete seine Beine könnten gleich einfach nachgeben, ließ er sich neben Nilay auf die Bank fallen. Mit geschlossenen Augen lehnte er seinen Kopf gegen die sich hinter ihnen befindliche Wand. Nachdem er einige Minuten so gesessen hatte und Nilays Atmung wieder normal geworden war öffnete er die Augen wieder und sah Nilay an, nachdem er sich sicher war sich wieder unter Kontrolle zu haben. Dieser Alkoholflash hielt meist nur einige Minuten bis er sich daran gewöhnt hatte. „Geht’s dir wieder besser?“ Nilay nickte nur und sah wieder zur Seite. Er hatte die ganze Zeit noch kein Wort von sich gegeben und starrte jetzt weiter auf irgendetwas wahnsinnig Interessantes vor seinen Füßen. „Warum hasst du mich eigentlich?“ Nilays Kopf flog hoch und seine leuchtend grünen Augen sahen ihn entsetzt an. „Ich…Ich hasse dich doch nicht…“ Seine Stimme hatte einen leicht gequälten Unterton doch Bastian achtete nicht darauf. Er gehörte zu den Menschen die unter Alkoholeinfluss unsensibel werden. „Was dann?“ Er taxierte ihn argwöhnisch, da er nicht glaubte, dass Nilay ihn nicht hasste. Nilay schien sich sichtlich unwohl zu fühlen und er knetete seine Hände, während er verzweifelt eine Antwort zu suchen schien. „Ich…Also…Du…Ich kann dir das nicht sagen!“ Seine Augen hatten sich, während er sprach mit Tränen gefüllt und als er schließlich aufsprang und wieder in den Club rannte machte Bastian keinerlei Anstalten ihn zurückzuhalten. Stöhnend hielt er sich den Kopf als er aufstand um nach Hause zu gehen. Chris würde irgendwann wach werden und dann nach Hause laufen schließlich wohnten sie nur wenige Meter auseinander und er hatte mit seinem dröhnenden Kopf und schwirrenden Gedanken keinen Nerv seinen total betrunkenen Freund zu wecken und sich dann auf dem kompletten Rückweg, dessen Gejammer anhören zu müssen. Kapitel 5: ----------- Bastian sah sich um. Es war eigentlich alles wie immer. Er stand allein irgendwo in einer unendlich schwarzen Leere bei der kein Ende absehbar war. Alles war dunkel und kalt. Doch irgendetwas war anders. Er hörte etwas. Sonst fühlte er sich immer als wäre sein Kopf in Watte gepackt worden, damit er nicht verstand was vorging. Ruckartig drehte er sich um. Hinter ihm schluchzte und weinte jemand herzzereissend. Noch halb in der Bewegung hielt Bastian inne und starrte auf den Jungen der da weinte. Es war fast alles wie immer doch diesmal erkannte er den Jungen der so verzweifelt dastand und weinte. Nilay. Was soll das? Was macht der hier? Immer noch maßlos verwirrt stand Bastian einfach nur da. War Nilay ihm deswegen so bekannt vorgekommen? Weil er seit Jahren von ihm träumte? Nilay stand immer noch völlig verzweifelt einige Meter von ihm entfernt und weinte. Die Tränen liefen ihm ohne Unterlass über das Gesicht und sein sonst so beherrschtes und sanftes Gesicht sprach von soviel Sehnsucht und Verzweifelung, dass Bastians Inneres sich schmerzhaft zusammenzog. „Hör auf…“ flüsterte er. Er wollte nicht, dass Nilay weinte. Er sollte das lassen. Es zerriss ihm das Herz Nilay so verzweifelt zu sehen. Nilay bewegte die Lippen und doch kam kein Ton darüber als müsse er erst seine Stimme wiederfinden. Bastian versuchte sich zu bewegen doch er schaffte es nicht sich von der Stelle zu bewegen. Er stemmte sich mit aller Kraft gegen irgendetwas was ihn an seinem Platz hielt doch es nutzte nichts. Er rührte sich keinen Zentimeter. „Warum?“ Nilays Stimme war nicht viel mehr als ein heiseres und von Tränen ersticktes Flüstern. Doch plötzlich schienen alle seine Gefühle aus ihm herauszubrechen und er schrie, dass es Bastian schon fast in den Ohren wehtat. „Warum hast du mir das angetan? Und warum hörst du nicht endlich auf damit?!“ Nilay starrte ihn noch einmal kurz durch seine Tränen hindurch an wirbelte dann herum, rannte weg und verschwand in der schwarzen Kälte, die hier alles zu verschlucken schien. „Nilay!!!Warte!!!“ Egal wie sehr Bastian schrie und versuchte ihm hinterherzurennen, er kam einfach nicht weg. Er merkte gar nicht wie ihm die Tränen in die Augen schossen, während er weiter nach Nilay schrie. Schweißgebadet und mit tränennassem Gesicht schlug er die Augen auf. Was zum Teufel…? Er setzte sich auf und stützte den Kopf in die Hände. Was sollte das denn jetzt? Die letzte Woche hatte er nicht einmal diesen Traum und jetzt auf einmal war der Junge Nilay? Noch immer vollkommen verwirrt strich er sich einige seiner verschwitzten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Fast schon angeekelt beschloss er duschen zu gehen, da er es hasste total verschwitzt zu schlafen. Als er unter der Dusche stand lehnte er den Kopf gegen die kühlen Fliesen. Stirnrunzelnd hatte er wieder Nilays Gesichtsausdruck vor Augen als dieser ihn anschrie. Was hatte er denn getan, dass Nilay ihn so sehr dafür zu hassen schien? Hasste er ihn also nicht nur in Wirklichkeit sondern sogar schon in seinen Träumen? Was verdammt noch mal hatte er denn gemacht? Seufzend drehte er die Dusche auf eiskalt um wieder klar im Kopf zu werden und wieder logischen denken zu können. Als er schließlich vor dem Spiegel stand und sein jetzt nicht mehr allzu verheultes Gesicht ansah kam ihm ein Gedanke. Vielleicht hatte er einfach nur Nilays Verhalten einige Stunden zuvor in seinen Traum mit hineingezogen? Schließlich verarbeitete man im Traum ja die Dinge die man am Tag erlebt oder nicht? Beruhigt lächelnd fuhr er sich durch die Haare. Warum machte er sich nur so einen Kopf, wenn es doch so einfach war? Trotzdem ging ihm Nilays Gesichtsausdruck nicht aus dem Sinn und auch als er kurz darauf wieder in seinem Bett lag und schon fast wieder eingeschlafen war spukte er immer noch durch seinen Kopf. Nilay lag mit offenen Augen in seinem Bett und starrte an die Decke. Seit gut einer Stunde lag er jetzt einfach nur da und starrte hoch. Er war völlig in seinen Gedanken versunken und einige Tränen liefen ihm stumm über die Wangen. Er merkte es schon gar nicht mehr. Seit sie hierher gezogen waren ging alles schief. Er wünschte sich niemals hierher gekommen zu sein. Litt er nicht schon genug? Bastian war grade aufgewacht und rieb sich die Augen als er Schritte auf der Treppe hörte. Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf und raste aus seinem Zimmer in Richtung Treppe. Waren sie etwa doch gekommen? Doch als er am Treppenabsatz stand und hinuntersah sah er nur Chris der ihm missgelaunt entgegenstapfte. Enttäuscht wartete er auf darauf, dass sein Freund, dieser hatte einen Zweitschlüssel um jederzeit bei Bastian vorbeischneien zu können, oben ankam. „Morgen…was machst du denn schon so früh hier?“ begrüßte er seinen Freund während er sich dazu zwang zu lächeln. Chris warf ihm nur einen kurzen Seitenblick zu und ging dann in Richtung Küche. „Dachte du fühlst dich vielleicht n bisschen alleine in diesem Riesenklotz.“ Dankbar sah Bastian seinem Freund hinterher und folgte ihm dann. Als er in die Küche kam hatte Chris bereits zwei Schüsseln auf den Tisch gestellt und suchte nach den Cornflakes. Bastian griff in einen der Hängeschränke und holte die Packung heraus mit der anderen Hand schnappte er sich noch die Milchpackung. Sie aßen schweigend bis Chris sich irgendwann zurücklehnte und seinen Freund bittend ansah. „Kannst du mir ne Kopfschmerztablette geben? Ich glaub mein Schädel platzt gleich…“ Bastian grinste den blonden Jungen schadenfroh an und machte sich daran nach Kopfschmerztabletten zu suchen. „Du weißt doch dass du nen Mordskater bekommst, wenn du zuviel trinkst…reiß dich doch mal zusammen.“ Immer noch grinsend hielt Bastian ihm die Tabletten und ein Glas mit Wasser hin. Chris streckte ihm nur die Zunge raus und nahm ihm beides aus der Hand. „Ich hätte ja auch gar nicht soviel getrunken, wenn Miriam mir nicht immer wieder irgendwas in die Hand gedrückt hätte. Da kann ich doch nicht nein sagen…“ Bastian lachte. Es tat ihm gut, dass Chris da war um ihn abzulenken und es war sowieso ein festes Ritual der beiden, dass sie Chris´ Kater gemeinschaftlich auskurierten, auch wenn Bastian so gut wie nie einen hatte. Freundschaftlich schlug er seinem Freund auf die Schulter und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. „Na wenn das so ist…ist ja klar, dass du dann soviel trinken musst, dass du nachher auf nem Sessel einpennst.“ Chris verzog das Gesicht bei dem Gedanken daran und schluckte die Tablette runter. Der bittere Geschmack ließ sein Gesicht auch nicht wirklich freundlicher aussehen. „Wat meinste…Runde laufen gehen? Dann geht’s dir bestimmt wieder besser.“ Gequält stöhnte Chris stand dann aber doch auf um mit Bastian in sein Zimmer zu gehen und sich da seine dort deponierten Sportklamotten anzuziehen. Laufen war meist das einzige was ihn wieder bessere Laune bekommen ließ, wenn er nen richtig miesen Kater hatte, auch wenn er erst rummaulte, dass er keine Lust hatte. Deshalb achtete Bastian gar nicht auf seine leise gefluchten Worte. „Hab keine Lust…Sklaventreiber…“ Grinsend sprang er vor Chris die Treppe runter und stieß die Tür auf. Den Rest des Wochenendes verbrachte er wie immer hauptsächlich mit Chris und dachte nicht weiter über seinen Traum nach und auch Chris erzählte er nicht, dass der Junge aus seinem Traum Nilay war. Wozu auch? Chris hätte sich ebenfalls keinen Reim darauf machen können. Gedankenverloren schlenderte er zur Schule. Chris würde heute nicht kommen, da er einen Arzttermin hatte, daher ging er allein den relativ kurzen Weg. Die letzte Nacht hatte er schlecht geschlafen, da er wieder von Nilay geträumt hatte und nachdem er aufgewacht war hatte er nicht wieder einschlafen können. Missgelaunt steckte er seine Hände in die Hosentaschen und lief mit gesenktem Kopf weiter. Er verstand einfach nicht was mit ihm los war. Nilay schien eine seltsame Anziehungskraft auf ihn auszuüben, sodass er sogar schon von ihm träumte, obwohl dieser ihn immer nur zurückwies und sich ihm gegenüber mehr als einfach nur abweisend verhielt. Kurz bevor er das Schulgelände erreichte hob er den Kopf und sah grade noch wie Nilay durch das Schultor ging und auf den Haupteingang zusteuerte um kurz darauf im Innern des Gebäudes zu verschwinden. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihm aus welches er so nicht kannte. Sein Magen fühlte sich an als drehe er sich komplett um und sein Herz schien sich selbst zu überschlagen. „Oh Scheisse…“ Ihm schien das Ganze doch näher zu gehen als er es zugeben wollte. Lustlos begab er sich zum Klassenraum und setzte sich an seinen Platz. Nilay sah er dabei nicht ein einziges Mal an. Er hatte das Gefühl, dass er Nilay nicht ansehen konnte ohne das in seinem Gesicht zu sehen war wie er sich fühlte. Obwohl er selbst nicht wusste was das war. Nilay sah zu seinem Banknachbarn hinüber. Fragend runzelte er die Stirn und legte den Kopf schief. Was war denn mit ihm los? Er sah aus als würde er am liebsten aufspringen und aus dem Raum rennen. Sonst war Bastian doch immer gut gelaunt, schlagfertig und brachte die meisten mit seinen dreisten Aktionen regelmäßig zum Lachen. Was war also passiert, dass er so durcheinander und verwirrt wirkte? Bastian spürte Nilays forschenden Blick auf sich und sah aus dem Augenwinkel kurz zu ihm rüber. Jedoch hielt er dem Blick in diese leuchtend grünen Augen nicht lange stand und drehte hastig den Kopf zur Seite. Er spürte wie seine Gesichtsfarbe langsam in ein tiefes dunkelrot wechselte und schüttelte energisch den Kopf. Seit wann ließ er sich so einfach aus der Bahn werfen? Das Gefühl in seinem Bauch wurde immer schlimmer und er musste sich extrem zusammenreißen um sich den Rest des Tages auf den Unterricht zu konzentrieren. In den Pausen war er froh, dass Nilay wie immer schnell verschwand auch wenn er ihm immer wieder einen skeptischen Blick zuwarf. Sollte er sich etwa Sorgen um ihn machen? Wohl kaum, dachte er dann mit einem grimmigen Lächeln, schließlich hasst er mich ja. Dieser Gedanke versetzte ihm einen Stich, doch er achtete nicht weiter darauf. Sein Kopf schwirrte ihm nur so und langsam fühlte er sich wirklich elend. Am Ende der letzten Pause hörte er wie Nilay schnell auf seinen Platz huschte. Den Kopf hatte er wie immer auf den Armen liegen und er wollte nicht hochsehen. Nicht schon wieder in diese blendend grünen Augen sehen, die ihn im Traum so flehend angesehen hatten. Kurz nachdem die Stunde angefangen hatte, war er auch schon eingeschlafen, da die unruhig verbrachte Nacht ohne ausreichenden Schlaf ihren Tribut forderte. Er befand sich wieder in dieser schwarzen Einöde. Er drehte sich um die eigene Achse und suchte nach Nilay. Doch er konnte ihn nirgendwo entdecken. Auch hörte er ihn dieses Mal nicht weinen. Er hörte gar nichts. War er jetzt etwa völlig allein hier? Seltsam bewusst spürte er jetzt die Kälte die ihn umgab. Er wollte nicht auch in seinen Träumen allein sein. Wo war Nilay? Suchend blickte er sich weiter um, als er plötzlich eine warme Hand auf seinem Rücken spürte. Wie elektrisiert stand er da und wagte es nicht einmal zu atmen. Von hinten schlangen sich zwei schlanke Arme um seinen Oberkörper und jemand lehnte den Kopf an seinen Rücken. „Ich habe dich vermisst…“ überrascht weiteten sich seine Augen. War das wirklich Nilay, der ihn da grade umarmte? Kapitel 6: ----------- Wie in Zeitlupe drehte er sich langsam um. Nilay hatte sich wieder von ihm gelöst und sah ihn glücklich lächelnd an um ihn dann wieder zu umarmen. Er lehnte seinen warmen Körper vertrauensvoll an Bastian. Dieser wurde rot und ihm wurde schrecklich heiß. Sein Gesicht fühlte sich an als würde es verbrennen. Nilay schien das nicht zu bemerken und hob den Kopf um ihn anzusehen. Langsam streckte er sich und küsste Bastian. Ohne zu wissen was eigentlich genau geschah und ohne klar denken zu können erwiderte Bastian zaghaft den Kuss. Die Hitze in seinem Körper breitete sich immer weiter aus als er Nilays sanfte Lippen auf den seinen gespürt hatte. Doch plötzlich flüsterte Nilay etwas in den Kuss hinein was Bastian erstarren ließ. Tjorben. Schon wieder dieser Name der irgendetwas wichtiges bedeutete, der für Bastian aber wie ein Schlag ins Gesicht war. Bestimmt schob er Nilay von sich und hielt ihn mit seinen Armen auf Abstand. Heftig atmend sah er auf den Boden. Was…? Ruckartig riss Bastian den Kopf hoch als er aufwachte. Was zum Teufel sollte denn das schon wieder? Sein Gesicht glühte und er atmete immer noch schwer. Verwirrt stützte er seinen Kopf auf seine Hände und sah auf seine Tischplatte. Warum träumte er schon wieder von Nilay? Und warum so etwas? Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er plötzlich Nilay etwas neben sich sagen hörte. „Können wir vielleicht eben auf die Krankenstation gehen? Bastian scheint es nicht gut zu gehen.“ Noch verwirrter als sowieso schon sah er Nilay an der nach dem bestätigenden Nicken des Lehrers aufgestanden war und nach seiner Hand griff. Widerstandslos folgte er dem kleineren aus dem Klassenzimmer bis zur Krankenstation ohne den Blick von dem vor ihm laufenden abwenden zu können. Seine Hand lag immer noch in der von Nilay und erinnerte ihn an dessen Umarmung aus seinem Traum. Sein Herz fing wieder wie wild an zu rasen und er schüttelte heftig den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben doch es klappte nicht. Die Erinnerung an Nilays warmen Körper und seine zarten Lippen hatten sich förmlich in sein Gedächtnis gebrannt. Er merkte gar nicht, dass sie bereits vor der Krankenstation standen bis Nilay energisch an die Tür klopfte. Da allerdings niemand öffnete drückte er nach kurzem Zögern selbst die Tür auf und spähte in den Raum. Die Krankenschwester schien mal wieder nicht da zu sein also zog er Bastian hinter sich her in den weiß gekachelten Raum. „Am besten du legst dich ein wenig hin, dann geht’s dir gleich bestimmt wieder besser.“ Mit einem besorgten Blick schaute Nilay zu dem einen Kopf größeren Bastian hoch. Warum macht er das? Er hasst mich doch!? Bastian löste wortlos seine Hand von Nilays und legte sich auf die Liege. In seinem Kopf schien es zu brummen und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Was zur Hölle war nur los mit ihm? Mit geschlossenen Augen lag er auf der Liege und versuchte sich wieder in den Griff zu bekommen. Der Traum hatte ihn wohl ziemlich mitgenommen, aber so mies ging es ihm schon lange nicht mehr. Er hörte wie Nilay sich neben ihm auf dem Stuhl auf dem er beim letzten Mal gesessen hatte niederließ und entspannte sich ein wenig. Zumindest war er nicht allein. Er wusste nicht wie lange er so dagelegen hatte und nur das ruhige Atmen von Nilay hörte, aber irgendwann musste er wieder eingeschlafen sein. Warm. Langsam schlug er die Augen auf. Verschlafen blinzelte er, da ihn das grelle Licht der hereinscheinenden Sonne blendete. Er versuchte sich zu drehen und bemerkte, dass diese Wärme von etwas kam, was auf seinem Arm lag. Nachdem sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten sah er mit vor Überraschung weit aufgerissenen Augen auf den schlafenden Nilay der sich dicht an ihn gekuschelt hatte. Doch diese Überraschung hielt nicht lange. Das fühlte sich einfach vertraut und richtig an wie sie hier lagen. Ohne weiter darüber nachzudenken lehnte er seinen Kopf gegen Nilays und atmete entspannt aus. Warum noch weiter grübeln warum Nilay sich so seltsam verhielt, wenn er jetzt einfach nur diesen Moment genießen konnte? Die Realität, und damit Nilays unerklärliche Abneigung, würden ihn schließlich früh genug wieder einholen. Er hatte die Augen wieder geschlossen und atmete ruhig und regelmäßig ein und aus. Nilays Geruch kam ihm seltsam bekannt vor und irgendetwas in ihm zog sich schmerzhaft zusammen, obwohl es gleichzeitig eine wohlige Wärme in ihm verbreitete. Als habe man ein längst verloren geglaubtes Parfüm in irgendeiner Schublade wiedergefunden und obwohl man den Geruch schon fast vergessen hatte erinnerte es einen an die Zeit in der man es noch nicht verloren hatte. Bastian hätte noch stundenlang so liegen bleiben können als er spürte, dass Nilay sich neben ihm zu bewegen begann und auch nicht mehr regelmäßig genug atmete um es irgendeinem Traum zuzuschreiben. Als er seine Augen wieder öffnete hatte Nilay sich auf seinen linken Arm aufgestützt und sah wehmütig und mit einer unbeschreiblichen Sehnsucht auf ihn hinunter. Bastians Kopf schien sich völlig ausgeschaltet zu haben. Seine Hand fand allein den Weg zu Nilays Gesicht und strich ihm erst sanft über die Wange, dann über die bebenden Lippen. Wie hypnotisiert starrte er in diese unendlich grünen Augen, als ihm diese immer näher kamen und er Nilay Hand auf seinem Bauch und kurz darauf seine Lippen auf den eigenen spürte. Sein Blut schien für einen kurzen Moment nicht mehr gewillt durch seinen Körper zu fließen um dann plötzlich umso schneller in jeden Winkel seines Körpers zu schießen. Als wäre es das normalste der Welt erwiderte er Nilays Kuss und fuhr mit seiner Hand unter dessen hochgeschobenes Shirt. Nilays Reaktion war ein kehliges Stöhnen als er mit seiner Hand sanft über sein Tattoo streichelte. Seinerseits begann er nun damit Bastians Hals zu küssen und trieb diesen fast in den Wahnsinn, da er immer nur ganz eben seine Lippen über die Haut streifen ließ um dann wieder mit seinem warmen Atem einen Schauer nach dem anderen über Bastians Rücken zu schicken. Als auch Bastians zweite Hand unter Nilays Shirt glitt und anfing mit Nilays rechter Brustwarze zu spielen war es mit der Beherrschung des sonst so ruhigen und stillen Jungen vorbei. Wie ein Verdurstender stürzte er sich auf Bastians Lippen. „Tjorben…“ Mitten in der Bewegung erstarrte Bastian. Schon wieder. Er presste die Lippen aufeinander und stieß Nilay von sich. Dann rannte er ohne ein weiteres Wort zu sagen aus dem Raum. Nilay starrte ihm verständnislos hinterher. Doch plötzlich schien im aufzugehen warum Bastian so reagiert hatte. „Oh mein Gott…Nicht schon wieder…“ Entsetzt starrte er die offenstehende Tür an durch die Bastian hinausgerannt war. Doch dann raffte er sich auf, sprang von der Liege und rannte ebenfalls los. Das hatte er doch nicht gewollt! Kapitel 7: ----------- Bastian wusste nicht wie er aus dem Gebäude rausgekommen war, aber es war ihm auch egal. Ihm war alles egal. Dieses scharfe Stechen raubte ihm jedes Gefühl für andere Gedanken. War er einfach nur irgendein Ersatz für Nilay? Sah er jemandem ähnlich den Nilay einmal sehr geliebt hatte? Und warum spielte er so grausam mit ihm? Tränenblind rannte er weiter. Seine Beine brannten und er glaubte seine Lunge würde in Fetzen gerissen, doch das Stechen war immer noch schlimmer. Es soll aufhören…Hör doch bitte auf… Haltlos liefen ihm die Tränen weiter übers Gesicht, doch er spürte sie kaum. Ihm war nicht einmal bewusst, dass er weinte. Er wollte nur, dass dieses Gefühl endlich verschwand, es betäuben, und es sollte aufhören alles in ihm zu verbrennen. Nilay war aus dem Gebäude gerast und sah grade noch wie Bastian hinter einer Kurve verschwand. Sofort rannte er ihm hinterher und versuchte ihn irgendwie einzuholen. Doch der Ältere war wesentlich schneller als er und so gewann er immer mehr an Boden. Nilays Beine wurden immer schwerer und seine Seitenstiche ließen ihn fast einknicken, doch er zwang sich weiter zu laufen. Bastian schien gar nicht mehr zu sehen wohin er lief sondern einfach nur stur mit gesenktem Kopf weiterzurennen. Verzweifelt mobilisierte Nilay seine letzten Reserven um ihn vielleicht doch noch irgendwie zu erreichen. Um nach ihm zu rufen reichte seine Luft nicht mehr also musste er es irgendwie schaffen ihn zu fassen zu bekommen. In seiner Hast hatte Nilay nicht gesehen wohin sie gelaufen waren, als er aber einen kurzen Blick auf die Umgebung vor Bastian warf stand ihm die eiskalte Panik ins Gesicht geschrieben. Oh mein Gott, Nein! Bastian rannte gradewegs auf eine Strasse zu und von der linken Seite näherte sich in ziemlich hohem Tempo unaufhaltsam ein Auto. Der Fahrer würde Bastian zu spät sehen, da die Strassenböschung zu dicht war. „BASTIAN!!BLEIB STEHEN!!“ Bastian riss den Kopf hoch als Nilays panischer Schrei ihn aus seiner Trance riss. Er sah zur Seite und sah nur noch zwei helle Punkte die sich viel zu schnell auf ihn zubewegten. Quietschende Reifen. Ein dumpfer Schmerz. Schwarz. Fassungslos sah Nilay auf die Szene, die sich vor ihm abspielte. Bastian schien ihn gehört zu haben und war im Begriff sich umzudrehen, als er bereits mitten auf der Strasse stand und verwirrt das Auto anstarrte. Der Fahrer riss verzweifelt das Lenkrad herum, doch er schaffte es nicht mehr Bastian komplett auszuweichen. Es ging zu schnell als das Nilay hätte sagen können wie das Auto Bastian erwischte. Er sah nur wie er zur Seite geschleudert wurde und auf dem Grünstreifen liegen blieb. Das Auto hielt endlich, nachdem es noch einige Meter weit mit quietschenden Bremsen weitergerutscht war. Eine gespenstische Stille lag über der ganzen Szene bis sich die Fahrertür des Wagens öffnete und eine in Tränen aufgelöste Frau auf Bastian zustürzte um zu sehen ob er noch lebte. Nilay konnte es immer noch nicht fassen. Doch die Hilferufe der Frau ließen ihn wieder zu Verstand kommen. Obwohl ihm bereits alles wehtat rannte er den kleinen Hügel auf dem er gestanden hatte hinunter und überschlug sich dabei fast doch irgendwie schaffte er es weiterzulaufen. Keuchend kam er neben Bastian und der Frau zum stehen. Unsanft schob er sie zur Seite, da sie völlig hilflos ihre Hände knetete und haltlos schluchzte. „Wenn er stirbt…kann ich mir nie verzeihen…Oh mein Gott…“ Nilay kniete sich neben Bastian und legte seinen Kopf auf dessen Brust. Sein Herz schlug noch und er atmete noch. „ Jetzt stehen sie hier nicht rum! Rufen sie einen Krankenwagen!“ Obwohl die Frau derart angefaucht wurde, war sie glücklich etwas tun zu können und hastete zu ihrem Auto um mit zitternden Händen die Notrufnummer auf ihrem Handy einzutippen. Nilay wandte sich wieder Bastian zu. Dieser hatte zwar einige Schnittwunden doch schien nichts gebrochen zu sein. Nur die große Platzwunde am Kopf ließ Nilay besorgt die Stirn runzeln. Um ihn nicht doch noch irgendwie schlimmer zu verletzen, sah er davon ab Bastian in den Arm zu nehmen sondern strich ihm nur sanft über die Wange. Diese war immer noch nass von seinen Tränen. „Es tut mir leid Bastian…Das wollte ich nicht…“ Ihm stiegen wieder die Tränen in die Augen, als er an Bastians verletztes Gesicht dachte, bevor er rausgerannt war. Bastian schien jedoch äußerst lebhafte Träume oder irgendwas in der Art zu haben, da Nilay genau sehen konnte, dass sich die Augen unter den Lidern unablässig hektisch bewegten. Bastian wagte sich nicht die Augen zu öffnen bis er eine vertraute Stimme hörte. Nilays. Als er die Augen öffnete bemerkte er, dass er im hinteren Teil eines Autos saß und vor ihm Nilay und…er selbst! Verwirrt sah er vom einem zum andern. Was sollte das? Zwar fehlten die bunten Strähnchen aber das war ganz eindeutig er! Laute Musik dröhnte durch das ganze Auto, aber er achtete gar nicht darauf. Was ging hier vor? Und warum saß er mit Nilay in einem Auto? Erst als er sah wie Nilay die Hand ausstreckte um das Radio leiser zu drehen, wandte er seine Aufmerksamkeit den beiden vor ihm sitzenden Personen zu. „Du?“ „Hm?“ Ihm wurde ein wenig mulmig zumute als er sich selbst antworten hörte, doch Nilays Frage verschlug ihm völlig die Sprache. „Weißt du eigentlich wie sehr ich dich liebe?“ Sein anderes Ich schien jedoch nicht im Geringsten überrascht oder verwirrt zu sein, sondern strich Nilay nur kurz über die Haare um ihm dann mit einem zärtlichen Lächeln zu versichern, dass er ihn auch liebte. Bastian konnte sich kaum von Nilays glücklich lächelndem Gesicht losreißen, doch als dieser den Blick nach vorne wandte sah auch Bastian nach vorne. Ein Auto kam gradewegs auf sie zugerast und er, oder vielmehr sein anderes Ich versuchte das Lenkrad herumzureißen, doch Bastian erkannte schon in diesem Moment, dass er es nicht schaffen würde. Nilay schrie entsetzt auf und griff nach der Hand seines anderen Ichs. „Tjorben!“ Bastian bekam nicht mit wie sie die Böschung herunterrasten. Was in drei Teufels Namen ging hier vor? Ein heftiger Ruck riss ihn aus seiner Erstarrung. Er hatte erschrocken die Augen geschlossen und erst als alles wieder ruhig war öffnete er sie wieder vorsichtig. Sie waren in einen Baum gerast und der vordere Teil des Wagens war komplett zusammengeschoben worden und sein anderes Ich und Nilay klemmten leblos und blutüberströmt zwischen ihren Sitzen und Teilen des Autos. Bastian hielt sich die Hand vor den Mund um nicht entsetzt aufzuschreien, als er plötzlich ein leises Stöhnen aus Nilays Richtung hörte. Dieser hob langsam den Kopf und sah aus trüben Augen auf sein anderes Ich. Als er realisierte was passiert war riss er entsetzt die Augen auf. „Tjorben…Oh mein Gott…Tu mir das nicht an…Tjorben…!“ Seine Stimme klang gebrochen und er versuchte sich irgendwie zu befreien, doch er war zu sehr eingeklemmt. Krampfhaft umklammerte er weiter die Hand seines Freundes, denn das war er zweifelsohne, da war Bastian sich nach ihrem vorangegangenen Gespräch sicher, und stumm liefen ihm Tränen über die Wangen. „Lass mich nicht allein hier…wenn es sein muss sterben wir zusammen und sehen uns erst im nächsten Leben aber lass mich nicht allein hier…“ Seine Stimme war immer leiser geworden, bis es fast nur noch ein ersticktes Röcheln war und seine Augen, die er nicht geschlossen hatte verloren von einem Moment auf den anderen jeden Funken Leben. Entsetzt starrte Bastian auf Nilays gebrochene Augen als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass er sich bewegte. Doch alles um ihn herum wurde plötzlich unscharf und er hörte nur noch wie aus weiter Ferne seine letzten Worte und sah nur noch schemenhaft wie er selbst leblos zu Nilay hinübersank. „Ich liebe dich, Ich liebe dich, Ich liebe dich…“ Schreiend fuhr Bastian hoch. Sofort spürte er eine warme Hand auf seiner und blickte sich gehetzt um. Er schien im Krankenhaus zu sein und Nilay stand neben ihm um ihn zu beruhigen. „Shhhhhh…Alles ist in Ordnung…“ Sanft versuchte er ihn in die Kissen zurückzudrücken, doch Bastian griff nach seinen Händen und hielt sie fest. „Ich habe gesehen wie wir gestorben sind.“ Jegliche Farbe war aus Nilays Gesicht gewichen und er zog seine Hände von Bastians Schultern. „Das…hast du gesehen?“ Bastian nickte. Ihm war immer noch nicht ganz klar was das zu bedeuten hatte aber es war wichtig. „Was hat das zu bedeuten? Und warum hast du mich die ganze Zeit Tjorben genannt?“ Nilay sah ihn unsicher an. Was würde passieren, wenn er ihm das sagte? Dann seufzte er. Was konnte schon groß passieren? Bastian würde ihn höchstwahrscheinlich für verrückt erklären. Und auch wenn ihm der Gedanke allein schon wehtat wäre das noch die harmloseste Variante. Bastian sah Nilay verwirrt zu wie er etwas aus seiner Hosentasche kramte. Zum Vorschein kam ein alter, schon ziemlich zerfledderter Zeitungsausschnitt. Nilay schien ihn immer mit sich herumzutragen. Unsicher sah er zu Nilay hoch als ihm dieser den Abschnitt hinhielt. Dieser nickte jedoch nur und sah dann wieder auf den Boden. Zögernd nahm er ihn und faltete ihn vorsichtig auseinander. Eine fettgedruckte Überschrift sprach von zwei jungen Erwachsenen die durch einen Geisterfahrer tödlich verunglückt waren und darunter…Bastian sog scharf die Luft ein. Unter der Überschrift befanden sich ein Bild von ihm und Nilay. Fassungslos sah er Nilay an. Dieser starrte immer noch auf den Boden und sagte nichts, auch wenn Bastian genau sehen konnte, dass er die Zähne zusammenbiss, da sich das Muskelspiel seiner Kiefermuskeln deutlich abzeichnete. Verwirrt sah er wieder auf den Abschnitt. Dann fiel ihm das Datum ins Auge. „Nilay…das…war vor 18 Jahren…“ Eine wahnwitzige Idee machte sich in seinem Kopf breit und Nilays Gesicht kurz vor seinem Tod tauchte in seinen Gedanken wieder auf. „…im nächsten Leben…“ Nilay sagte immer noch nichts, sondern starrte immer noch verbissen auf den Boden. „Heißt das…wir sind wirklich wiedergeboren worden?“ Nilay nickte kaum merklich. Eine Träne rollte ihm über die Wange und tropfte auf Bastians Bett. Jetzt ergibt das alles Sinn. Nilays Verhalten. Warum er mir so bekannt vorkam. Warum ich fast wahnsinnig geworden bin vor Eifersucht, als ich dachte ich wäre nur irgendein billiger Ersatz. Und warum mir bisher immer etwas gefehlt hat. Nilay traute sich nicht aufzusehen. Er hatte Angst, dass Bastian anfangen würde zu lachen und ihn wegschicken würde. Doch stattdessen zog Bastian ihn plötzlich aufs Bett und umarmte ihn. Er spürte, dass Bastian sein Gesicht in seinen Haaren vergrub und schwer atmete. „Ich habe dich vermisst…“ Nilay traute seinen Ohren kaum. Glaubte Bastian ihm etwa? Und erinnerte er sich? Zaghaft sah er hoch. Bastians Augen schauten ihn so unendlich liebevoll an, dass sich ihm der Hals zuschnürte. Plötzlich brachen alle Dämme und er warf sich Bastian um den Hals. „Ich habe dich so sehr vermisst! Seit ich ganz klein war wollte ich immer meinen Freund suchen gehen, weil ich dachte er hätte ohne mich Angst…weißt du wie oft ich gedacht habe ich bin verrückt? Und dann hatte ich mich endlich damit abgefunden dich nicht mehr zu finden…und dann bist du einfach hier…in diesem Kaff…und erinnerst dich nicht an mich…Ich dachte es würde mich umbringen, dich immer zu sehen und nicht berühren zu können oder mit dir zu reden…“ Bastian drückte den bebenden Körper näher an sich. Als Nilay nach einiger Zeit, durch das Weinen völlig erschöpft, in seinem Arm eingeschlafen war lehnte Bastian sich lächelnd zurück. Wie hatte er seine große Liebe nur jemals vergessen können? Sanft fuhr er Nilay durch das braune Haar und küsste eine seiner weichen Strähnen. Ich lass dich nie wieder allein. Und mal wieder vorbei^^ Irgendwie war das anstrengend zu schreiben…hat mir einfach keine Ruhe gelassen…hab sogar von den beiden geträumtxDDD…aber nuja^^ Vllt mags ja jmd^^ Würd mich zumindest sehr freuen^^b Lg midori *noch mal ne runde kekse an alle verteil* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)