Fulfill my Desires! von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: I'm watching you! ---------------------------- „Hey, was soll das?!“ Der Schwarzhaarige beugte sich über mich, mit diesem Lächeln, dass ich gar nicht zu deuten vermochte. Mit einer Hand hielt er mich auf dem Boden, mit der Anderen zerwühlte er mir zärtlich das Haar. Auf meine widersetzenden Worte achtete er gar nicht erst. „Loslassen hab ich gesagt!“ „Pst. Lass mich einfach nur machen.“ Diese Stimme! Sinnlich, verträumt und männlich zugleich. Es machte mich wahnsinnig. Ein paar seiner langen Haare kitzelten mir in der Nase, aber ich konnte es ignorieren; nur bitte, lass mich ihm in diese Augen schauen können. Diese schönen, mandelförmigen Augen, diese dunklen geheimnisvollen Augen... Ich konnte es keine Sekunde mehr ertragen. Zwar wehrte ich mich dagegen, aber der Junge ließ eine Hitze in mir aufsteigen, die unergründlich schien. Was trug er überhaupt? Ganz schnell konnte ich einen kurzen Blick auf den aushilfsweisen Kimono erhaschen, der im ein wenig verrutscht war und einen Teil seines starken Oberkörpers freigab. Mit der Hand, die er fürs zärtliche durch das Haar streichen verwendet hatte hob er nun mein Kinn einen kleinen wenige an und schaute mir direkt in meine blauen Augen. „Du machst mich heiß!“ Was für ein lüsternes Geflüster. „Küss mich.“ Es war nahezu ein Befehl. Etwas verspielt drehte ich meinen Kopf ein leicht zur Seite und lächelte ihn von der Seite an, was ihn noch ein wenig mehr anzuregen schien. Kurzerhand nahm einfach er mir meinen ersten Kuss. Vorsichtig drückte er seine weiche Lippen auf meine und wartete eine Sekunde darauf, ob ich dagegen protestieren würde... was ich nicht tat. „Mhm.“ Für einen Moment grinste er, dann ging's weiter. Leicht stieß seine Zunge gegen meine Lippen und forderten Einlass, was ich ihnen auch gab, indem ich ganz leicht meinen Mund öffnete. Mein Herz begann zu rasen, als er begann, mit meiner Zunge zuspielen. Ich war wie gelähmt. Er hielt inne und bemerkte, dass ich nicht ganz bei der Sache war. „Denk einfach an nichts. Überlasse mir alles.“ Wieder begann er mich zu küssen und rutschte mit einer Hand unter dass, was ich trug, einen dunkelroten Kimono; fing an, mit meinem Körper zu spielen. Kurz stöhnte ich auf, völlig außer mich. „Nicht so schnell.“ „Halt deine Klappe und küss mich!“ Das war gerade nicht ich, oder? Ich legte es doch darauf an. „Von mir aus.“ Ein erneutes Grinsen und weitere innige Küsse. Zuerst hatte ich es nicht bemerkt, aber ich erwiderte seine Küsse und wollte mehr, immer wenn sich unsere Zungen nicht berührten. Mit einer geschickten Bewegung saß er vollendens auf mir und streichelte meine Brust. Ich wollte noch mehr. Als er das bemerkte wurden seine Küsse fordernder, wilder und heißer. Mittlerweile war mir so heiß, das ich kaum mehr atmen konnte. Der Junge widmete sich nun meinem Hals. Wo er war, da brannte es; wo er nicht war, schien eine tiefe Eiszeit zu herrschen. „Ah!“ Mein kurzes aufstöhnen schien ihn motiviert zuhaben. „Willst du mehr?“ „JA!“ Was war das für eine Frage gewesen? Wollte er mich ärgern? Ohne den Blick von mir zuwenden küsste er sich meinen Oberkörper entlang und dann wieder hoch zum Hals. „Verabschiede dich von der Welt wie du sie kanntest!“ Ich verstand nicht und mir blieb auch nicht mehr die Chance danach zu fragen. Ein Schmerz breitete sich an meinem Hals aus. Ich wollte schreien, aber meine Versuche gingen in kläglichen Gewimmer unter. Wehren stand auch außer Frage; etwas hielt mich davon ab. „N...nein.“ Der Andere ignorierte meine betteln, stattdessen trank er mehr und schneller. Es war kaum zu glauben! Vampire waren doch nur Märchen, die irgendwelche Wahnsinnigen zusammen gesponnen wurden. Langsam kroch diese unhaltbare Kälte in mir hoch. Alles wurde schwarz um mich herum, nur noch das helle Blut, mein helles Blut, schimmerte sanft in der Dunkelheit. *** „Guten Morgen alle samt! Aufpassen, denn heute ist auf den Straßen Floridas einiges los. Um euch den Weg zur Arbeit ein wenig angenehmer zumachen spielen wir, und nur wir, das neuste vom Neusten.“ Aus dem Autoradio dudelte ein neuer Song von Panic at the Disco! und brachte mich dazu, den Radiosender zu wechseln. Ich hatte wirklich keinen Kopf um schon heute Morgen Musik zuhören, stattdessen konzentrierte ich mich auf den Verkehr. Es war wirklich nicht übertrieben, aber vor mir herrschte das pure Chaos. Einer war langsamer als der Andere. Wenn das so weiterging kam ich auf jeden Fall zu spät zur Arbeit. „Die Temperaturen steigen heute wieder um die 50°F, also zieht ein paar Shorts an und lasst euch von der Sonne verwöhnen. Holt euch aber keinen Sonnenbrand.“ „Das merk ich.“ Tatsächlich war es heute ziemlich heiß. Überall sah man Leute mit Bikini oder Shorts abhängen; schutzsuchend in den Schatten der Bäume, oder auf ein kaltes Eis beim nächsten Italiener; und ich durfte arbeiten. Toll! Schon das Aufstehen war grauenhaft gewesen. Jede Nacht hatte ich Alpträume und wachte schweißgebadet auf. Die Milch war schlecht, mein Müsli war alle, ich fand meine Hosen nicht, die Klimaanlage meines Autos war für'n Arsch und jetzt dieser Stau. Genial daneben. Vor mir begannen die Autos ein wenig schneller zu werden und auch ich gab ein wenig mehr Gas. Die Anzeige meiner Karre verriet, dass die Temperaturen schon wieder stiegen und eine dünne Schicht Schweiß begann sich auf meinem Gesicht zu bilden, also kurbelte ich mein Fenster ein wenig nach unten. Vergeblich. Schwüle Luft schlug mir ins Gesicht und ließen mich erst einmal nach Luft schnappen. „ What if I say I’m not like the others? What if I say I’m not just another one of your plays? You’re the pretender. What if I say that I’ll never surrender?“ Mein Handy. Den Song hatte mir Alan, ein guter Freund von mir aufs Handy geladen und seitdem war es mein Klingelton. Irgendwie lag ich an ihm. Ein kurzer Blick auf das Display verriet mir, dass es Mohane war, welcher mich aus meiner Langeweile befreite. Ich wusste, dass man beim fahren nicht telefonieren soll, aber was wird bei diesem Tempo schon geschehen? Mit der rechten Hand nahm ich es an mich und sprach im gewohnten Ton, „Chris Alexander am Apparat.“ „Alex, du wirst es nie lassen können. Begrüße mich doch einfach mal mit nem stink normalen „hi“.“ Das fröhliche Gelache passte zu ihm. Für Mohane war alles ein Scherz und das Leben ein Spiel. Tolle Einstellung. „Was willst du; ich fahre.“ „Die Anderen und ich wollen heute an den Strand, ein paar Mädels aufreißen. OK, Marissa wohl eher Männer.“ Mit den Anderen waren Alan Huber, Marissa Freeman und Oliver Garryson gemeint. Unsere Clique eben. Wir kannten uns teilweise schon im Kindergarten und blieben seitdem zusammen; über fünfzehn Jahre. „Sorry, muss arbeiten. Bin kurz vor ner Beförderung.“ Tiefes Seufzen auf der anderen Seite der Leitung. „Hey Mann, du musst dich irgendwann mal entspannen. Du bist über die Jahre zum richtigen Workoholic geworden.“ „Wenn du meinst.“ Ich hasste es Dinge zuzugeben, aber er hatte Recht. Tatsächlich arbeitete ich nur noch. „Sag den anderen, ich komme nach. Wenn ich mich beeile bin ich spätesten um zwei fertig mit dem Bericht.“ „Das ist der Alex, den ich kenne. Bis um zwei dann.“ Gerade als ich auflegen wollte, sagte er noch etwas. „Ach ja, bevor ich's vergesse. Heute spendierst du mir’ n Bier. Bist doch so nett, oder?“ Lächelnd verdrehte ich die Augen. „Von mir aus. Man sieht sich.“ Der Verkehr vor mir hatte sich gelöst und mir blieb freie Bahn. Nichts wie los! In der Redaktion war es noch wärmer. „Was ist mit den Ventilatoren passiert?“ Von irgendwo her kamen dauerhaft Beschwerden, aber keiner interessierte es. Jeder war auf seine Arbeit eingestellt. Recherchieren und die dazugehörigen Texte schreiben. An sich keine schwere Arbeit, aber bei dieser Hitze war es reine Folter. „Hey, Chris. Wie geht's voran mit deinem Meisterwerk? Passend zum Wetter.“ Ein wenig genervt schaute ich Danny durch meine blonden Haare an. „Arbeitest du nicht gerade an deinem Celebrity-Bericht? Ich hab heute keine Zeit zum Quatschen und hör auf mich Chris zurufen. Mein Name ist Alexander!“ Er legte seine Hände auf meine Schultern und begann sie zu massieren. „Cool bleiben, Alex. Denk dran, der Chef hat hohe Erwartungen an dich. Du bist sein neuer Liebling. Ich kann's kaum erwarten dich demnächst meinen Chef nennen zu dürfen.“ Klar doch. „Du weist aber schon, dass ich nichts mit Kollegen anfangen darf. Das ist gegen das Gesetz.“ Man sollte jetzt nichts falsches denken. Ich war nicht schwul, aber Danny war es und jeder im Betrieb wusste Bescheid. Was die Leute aber wirklich schockierte war der Fakt, dass ich es tolerierte. „Ach, Alexchen. Sei nicht so gemein. Mach ne Ausnahme.“ Er beugte sich vor und flüsterte mir noch leise ins Ohr, „Ich verrat's auch keinem, Schatz.“ Mit einem hochroten Kopf ließ er mich zurück und machte sich grinsend an seinem Projekt zu schaffen. „Idiot.“ Angespannt widmete ich mich wieder meinen Quellen. Klimawandel. Was für ein Thema. Gerade bei diesen Wetterveränderungen war es eine Qual sich mit solchen Dingen auseinanderzusetzen. Die Welt wird in spätestens zehn Jahren verglühen. Sollte ich mal in nem Bricht bringen. Ich konnte mir schon vorstellen, was für ein Chaos das geben würde. Hysterische Menschen, die den Präsidenten beschuldigen würden, er wäre an allem Schuld. Massenweise Demonstrationen gegen CO 2 Ausstoß und so weiter. Wie als würden die Menschen nicht heute schon völlig übertreiben; und wer wäre Schuld an dem Desaster: ich. Meine Berichte wurden von jedem gelesen, dem Journalisten der Zukunft, C. Alexander Howards. Erst letzte Woche kam mein Chef zu mir und meinte, er suche jemanden auf den er sich verlassen konnte, da er selbst bald in Rente ginge. Zeit dem bekomme ich von den anderen Journalisten schräge Blicke zugeworfen und ich wurde möglichst gemieden. Wie kindisch, wie wahr. „Mhm, ...Pole schmelzen... Ozonschicht...“ Völlig fertig schmiss ich meinen Kuli in die Luft und ließ einen kurzes unterdrückten Schrei raus. „Verdammt, verdammt, verdammt. Gibt's eigentlich nichts Neues auf dieser Welt?“ Ok, es war die Sonne, vielleicht ein Hitzschlag? Sonst blieb ich doch auch immer auf dem Boden. „Soll ich dir ein Glas Wasser holen?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen drehte ich mich auf dem Stuhl um und schaute in ein sehr grünes Augenpaar. „Hi Stella.“ Das rothaarige Mädchen war neben Danny die einzige Person, die ich mochte. Sie besaß eine immense Lebensfreude und half einem, wenn es mal nicht so klappte wie man wollte. Ich lächelte sie erschöpft an. „Ein starker Kaffee mit ganz viel Zucker würde es auch tun.“ „Kein Problem. Wie läuft's mit deinem Bericht?“ Mit lockerem Hüftschwung ging sie auf den Kaffeeautomaten, ein paar Meter weiter, zu und kümmerte sich um das gewünschte Getränk. „Geht so. Hab’ keine Ahnung, was ich schreiben soll.“ Ich beobachtete sie. Ihre wahnsinnigen Locken gingen ihr bis zur Hüfte und der Rock, den sie heute trug war schon beinahe zu kurz für ein Büro voll notgeiler Männer; ausgenommen Danny und mich. Mir fehlte einfach die Zeit für eine anständige Beziehung und ich schätze sie zu sehr als gute Freundin. Mit dem selben lockeren Hüftschwung kam sie wieder auf mich zu. Durch die Sonne strahlten ihre Sommersprossen mehr den je und der braune Teint verlieh ihr eine gesunde Hautfarbe. „Kauf dir eine Sonnencreme und leg dich in die Sonne. Das hast du bitter nötig. Ich habe letztens mit Marissa telefoniert. Sie machen sich sorgen um dich, Alexander. Du taucht zu keinen Verabredungen mehr auf, hängst immer im Büro ab. Das wird dich irgendwann zerbrechen.“ Mit sorgvollem Blick stellte sie die heiße Tasse vorsichtig auf meinen Schreibtisch und setzte sich dann direkt daneben, die Beine sauber übereinandergeschlagen. Sie besaß ein paar perfekt gebräunte, lange Beine. Ein paar eifersüchtige Mitarbeiter starrten mich mit hasserfülltem Blick an; und sie mit sehnsüchtigem; was auch seinen Grund hatte. Seit einiger Zeit ging das Gerücht um, wir beide hätten etwas am laufen und Stella schien das sehr zu genießen. So hielt sie nämlichen andere, unerwünschte Männer von sich fern. „Ich mein’s ernst, in dieser Hitze hast du ganz schnell die perfekte Bräune. Und sowieso...“ Sie nahm eine Strähne meines blondes Haares in die Hand und begann damit zu spielen. „Du würdest echt geil aussehen. Deine Haare würden Strahlen. Was will man mehr. Eine gute Stelle, ein phantastischer Look und tolle Freunde. Ich beneide dich.“ Ein selbstbewusstes Grinsen konnte ich mir bei diesem Kommentar nicht verkneifen. „Wenn Redest du von dir oder mir?.“ Sie lachte leise. „Ich lass dich dann mal wieder arbeiten.“ Sie schaute kurz über die Tische hinweg und sah mehrere neugierige Augenpaare auf sich gerichtet. Natürlich warteten sie darauf, dass ich ihr wenigstens einen Kuss auf die Wange gab, oder auf dem Mund, sollte das nicht der Fall sein, na dann gute Nacht. Arme Stella. Tatsächlich hatte sie von Stalkern bis über massig viele Liebesbriefe alles durch. Als Busenfreund und „Scheinliebe“ half ich natürlich aus. „Krieg ich keinen Kuss, Süße?“ Ich betonte Süße und Kuss ein wenig, damit auch wirklich jeder in diesem Raum verstand was ich meinte. Mit dankbaren Blick lehnte sie sich kurz zu mir und verpasst mir einen dicken Schmatzer auf die Lippen. Mit einem erleichterndem Lächeln machte sie sich auf den Weg zum ihrem Schreibtisch. Sie schaute noch mal über ihre Schulter. „Mehr gibt's dann später.“ Der Rest des Zimmers verfolgte die Szene mit. Wenn Blicke töten könnten. Ich wunderte mich jeden Tag aufs Neue, warum sich nicht einfach einer traute, mir eine reinzuhauen, oder mich ganz aus dieser Welt zu befördern. Lag wohl daran, dass jeder von meinen Kampfsportfähigkeiten wusste. Meine Adoptiveltern hatten viel wert auf eine umfangreiche Erziehung gelegt. Klavier, Geige, Tae-Kwon-Do, Judo, Gesang, Schulbildung, Benehmen, Aussehen und noch einiges Andere waren Bestandteil der strengen Erziehung gewesen, nachdem man mich im Alter von vier Jahren aus dem Kinderheim holte. Meine Eltern waren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen und meine Verwandten wollten mich nicht. Also nahm mich ein reiches paar mittleren Alters auf und zeigten mir die schönen Dinge im Leben. So kam ich auch irgendwann auf die Idee, in der Journalistenkarriere zu beginnen und mich von da hochzuarbeiten. Immerhin hatte ich schon im Alter von achtzehn die halbe Welt gesehen. Leider starb mein Stiefvater letzten Jahres an angeblicher Altersschwäche. Ich glaubte nicht so ganz an natürlichen Tod, aber das tat nichts zur Sache. Ich mussten diesen Bericht zu Ende schreiben und mich als würdig erweisen, der neue Chef dieser Redaktion zu werden. Dieses Versprechen musste ich meinen Eltern gegenüber halten, also nahm ich das Telefon in die Hand und begann ein paar Nummern von Universitäten und Wetterstationen anzuwählen, ganz in der Hoffnung auf ein paar neue Informationen. Und danach hieß es dann Strand und ein paar schöne Stunden mit guten Freunden, hoffte ich... Leider verlief nicht alles wie geplant. Nicht nur, dass ich nahezu drei Stunden zu spät zur Verabredung kam, hatte ich auch noch Danny im Schlepptau. Er hatte sich gewundert warum ich es heute so eilig hatte und wollte nach meiner kleinen Erklärung unbedingt mit an den Strand. Zuerst lehnte ich ja ab, aber was Danny an betraf,... er war wie ein Kleinkind; zum Erfolg nörgeln. Seine Erfolgsrezept. Jetzt saß ich also im Auto, Danny auf dem Rücksitz und ich am Lenkrad. "Ich kann's kaum erwarten deinen heißen Oberkörper zusehen!" Typisch. Tatsächlich lernte er nie. "Wie oft soll ich dir sagen dass ich nicht auf Männer stehe?" Im Spiegel sah ich sein wirklich blödes Grinsen. "Sag's mir so oft du willst. Deine Stimme macht mich echt in jeder Tonlage an." Etwas genervt verdrehte ich die Augen und heftete meinen Blick wieder auf die Straße. "Wieso versucht du es nicht einfach mal mit Männern? Du gibst uns ja noch nicht einmal eine Chance." Es fiel mir wirklich schwer mich auf den Verkehr zu konzentrieren während ein liebeskranker Schwuler mich umzupolen versuchte. Mit einem knappen Blick brachte ich ihm zum Schweigen. "Das hat nicht nur mit Schwulen zutun, oder siehst du, dass ich derzeit ne Freundin habe?" Mit einer niedergeschlagenen Bewegung fuhr sich Danny durch brünette Haar. Man sah ihm seine Homosexualität gar nicht an. Mein Fehler, dass ich bei unserer ersten Begegnung darauf hereingefallen war. Er hatte mir sein kleines Geheimnis und nebenbei auch noch seine Liebe erst gestanden, nachdem ich mich mit ihm angefreundet hatte. Das war vor etwas einem halben Jahr gewesen. Danny kannte ich schon drei Jahre länger und ich hatte nie etwas bemerkt. "Aber mit der süßen Roten flirten, oder muss ich den Kuss heute erwähnen. Was sollte das?" Ein weiterer Fehler meinerseits. Ich hatte ihm nie etwas von dieser kleinen Hilfestellung erzählt. Jetzt wäre die Zeit das nachzuholen. "Ich hab nichts mit ihr. Wir sind nur Freunde." "Ja klar." "Ich helfe ihr nur dabei ein paar Verehrer loszuwerden. Mehr nicht. Der Kuss hat mir nichts bedeutet." Danny saß kerzengerade da; völlig baff. "Du hast wirklich nichts mit ihr? Yeah!" Oh nein. Warum konnte ich nur meine Klappe nicht halten. Womöglich machte er sich nun noch mehr Hoffnung. Mit einem völlig freudestrahlenden Gesicht wandte er sich direkt zum Spiegel, damit er meine Augen sehen konnte. "Bekomme ich auch mal einen völlig bedeutungslosen Kuss? Ein kleiner Schmatzer?" "Ja...", ich begann humorlos zu lachen, "Wenn ich sturzbesoffen bin." Etwas verspätet setzte ich den Blinker und überholte einen alten Mercedes. Durch einen weiteren Blick in den Rückspiegel musste ich erschüttert feststellen, dass Danny noch immer wie ein Honigkuchenpferd grinste. "Ich füll' dich persönlich ab. Kann dir aber nicht versprechen, dass ich es bei einem einzelnen Kuss belasse." Völlig perplex trat ich auf die Bremse und ein lautes Quietschen entfloh meinen armen Reifen. Erst als ein paar Autos hinter mir zu hupen begannen trat ich wieder aufs Gaspedal. Natürlich wusste ich, dass Danny es nicht ernst meinte, oder? Nein, so ewtas würde er ganz bestimmt nicht wagen. Statt ihn aus dem Wagen zu werfen ermahnte ich ihn nur, "Lass die dummen Scherze. Ich will keine Beziehung... weder mit einem Mann noch mit einer Frau. Respektiere endlich mal das ich ein Karrieremensch bin, ok!" Mein scharfer Unterton machte ihm klar, wie ernst meine Worte waren. Beleidigt starrte er aus dem Fenster, aber komischerweise hatte ich das Gefühl, dass dieses Thema noch nicht ganz vom Tisch war. Von weitem war der Strand zusehen. Danny schien dieser aufzufallen, denn er hatte seinen Blick wieder nach vorne gerichtet. "Ist das der Strand wo ihr euch treffen wollt?" Ich nickte. "Ja. Die Anderen werden ziemlich sauer sein." Es war auch wirklich schlimm. Ich kam nie pünktlich zu einem Treffen, manchmal sogar gar nicht. "Erzähl mir was von ihnen." "Du triffst sie doch gleich selbst." Was wollt er den wissen? Ob's Konkurrenz gab? Womöglich. "Ich denke du wirst dich gut mit Oliver verstehen. Er ist ein cooler Kerl, auch, wenn er ein wenig wie Paul McCartney aussieht." Er verzog sein Gesicht zu einer Grimasse und begann zu singen, "I look at you all see the love there that's sleeping. While my guitar gently weeps.I look at the floor and I see it need sweeping. Still my guitar gently weeps..." "Wieso suchst du dir diesesn Song raus? Ich hätte zuerst an "Yellow Submarine" gedacht." Hätte er diesen Song ernsthaft gesungen, hätte es sich ein wenig wie die Peter Frampton Version angehört. "Er passt einfach zu dir. Irgendwie zumindest." Aha. Auch egal. Etwas verstört setzte ich den Blinker und bog in eine kleine Straße ein. Es war seltsam, wie schnell er seine Stimmung wechselte. Wirklich unheimlich. "Da ist ein freier Platz." Er deutete mit der Hand auf eine Parklücke. Es brauchte ein paar Minuten bis ich meinen alten Volvo in die Lücke gezwängt hatte; aber nichts war unmöglich. Ich stieg aus; Danny sprang nahezu aus dem Auto. "Ist der Kofferraum auf? Ich trag dir deine Sachen." Nun, viel war da nicht zu tragen. Nur meine Tasche mit den wichtigsten Utensilien: ein großes Tuch, Sonnencreme und Bürste. "Ist auf." Er holte sie heraus und schmiss sie locker über die Schulter. Mit einem lauten knall schloss er den Kofferraum. Ich beobachtete ihn dabei, wie er seine schwarze Sonnenbrille herausholte und sie sich auf die Nase setzte. Es war eigentlich schon unnötig. In spätestens einer, spätesten zwei Stunde würde die Sonne sowieso untergehen. "Wo lang?" Ich deutete in Richtung Westen. "Ein paar hundert Meter von hier." Etwa vierhundert Meter von hier gab es eine Art Fels, der ins Meer hineinragte. Marissa fand ihn zufällig mal bei einem Spaziergang und seitdem ist es eine Art Treffpunkt. Beim laufen musterte ich Danny ein weiteres mal. Ein war ein gutes Stück größer als ich und besaß auch die breiteren Schultern. Seit neuestem trug er ein kleines Kinnbärtchen und trotzdem wirkte er jünger als dreißig. Seine Haut war vom Typ heller als meine, wirkte aber durch mehrere Strandgänge dunkler. Außerdem trug er kein einziges Härchen an den Beinen. Etwas, dass ich nachahmte, da es in Shorts eindeutig besser aussah. Nur wunderte ich mich des öfteren, ob er überhaupt ein Haar am Körper trug. Ich wunderte mich täglich, wie vielen jungen Mädchen er das Herz gebrochen hatte. Ganz nach dem Motto "Warum sind die schönsten Männer immer schwul?" Des Sand unter meinen Füßen war warm, zwar ein wenig abgekühlt durch die Abendsonne, aber er war noch immer ziemlich heiß. Für einen Moment blieb ich stehen und zog meine Sandalen aus. "Hey, sind sie das da vorne?" Ich schaute für einen Moment vor mich. Tatsächlich. Sie waren noch da. "Ja." Mohane musste seinen CD-Spieler mitgebracht haben, denn je näher wir an den Felsen kamen, desto mehr glaubte ich die Stimme Snoop Dog's herauszuhören. Sie spielten Sensual Seduction. Wie sehr ich solche Musik hasste. "ALEX!" Alan hatte mich entdeckt und winkte mir eifrig zu. Marissa, welche zuvor liegend der Musik gelauscht hatte, sprang auf und rannte auf mich und Danny zu. Oliver und Mohane konnte ich nirgends sehen. " Wie immer zu spät." Etwas beleidigt blieb das dunkle Mädchen vor mir stehen und musterte mich und meinen Begleiter ein wenig abschätzig, dann lächelte und drückte mich einmal fest. "Sei froh, dass ich so gut gelaunt bin", sie wandte sich zu Danny. "Hi, ich bin Marissa." Zuerst zögerte der Angesprochene ein wenig, doch dann streckte er ihr die Hand hin. "Danny Mayland." Sie nahm freundlich an, schaute aber fragend zu mir herüber. Sie hatte allen Grund dazu. Zwar kannten die Beiden sich nicht, aber ich hatte ihr mehr als einmal von dem schwulen Kanadier erzählt. "Deine Haare sehen toll aus." Soetwas wirkte bei Frauen immer. Automatisch fasste sie sich an die Haare und strahlte über das ganze Gesicht. Sie hatte sich ihre sonst so wilden Locken zu Dreadlocks zusammenmachen lassen. "Danke. Das hat mir mein Friseur empfohlen." Sie nahm mich bei der Hand und lief zum Treffplatz. Etwas schüchtern lief Danny hinterher. Alan wartete mit zwei Flaschen Bier auf uns. Als wir dort angekommen waren drückte er mir eine in die Hand. "Na, bist ziemlich spät dran, alter Junge. Er schlug mir freundschaftlich auf die Schulter und lachte dabei. "Zum Geburtstag schenke ich dir einen Terminkalender." "Nicht nötig, Mann. Der wird auch nicht viel an meinem Zeitplan ändern." Ich lockerte auf und schmiss den Gedanken, heute nichts zu trinken, über den Haufen, stattdessen setzte ich mich hin und nahm einen tiefen Schluck. Marissa lief zum Player und legte eine neue CD rein. Schon wieder HipHop. "Ich hab keine Ahnung wer du bist, aber Alex' Kumpel sind auch meine." Mit einem herzlichen Lächeln gab er auch Danny eine Flasche, dann lief er auf den Felsen. Er war so etwas wie ein natürliches Sprungbrett für uns, da das Meer an dieser Stelle schon tief genug war. Noch immer angespannt setzte Danny sich neben mich; auf Sicherheitsabstand, wie ich erleichtert feststellte. "Wo sind Mohane und Oliver?" Ich nahm einen weiteren Schluck des kalten Bieres. Danny tat es mir nach. Marissa zuckte mit den Schultern, "Sie wollten ein paar Getränke holen - und was zum knabbern." Sie stand auf und streckte sich. "Jungs, ich weis zwar nicht was ihr jetzt machen wollt, aber ich geh ins Wasser. Es gibt nichts besseres als eine Runde schwimmen im Sonnenuntergang. Gelassen trottete sie zum Wasser. Der gelbe Bikini blitzte verführerisch in der Abendsonne. "Du scheinst echt nur schöne Menschen um dich herum zu haben." Vielleicht irrte ich mich, aber in Danny Stimme schwang eine Art bedauern mit. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, also schwieg ich einfach nur und lauschte der Musik, den Wellen, der Natur um mich herum. "Ich denk ich spring auch mal ins Wasser." Wie jetzt? Keine Anmachen? Von mir aus. Er zog sein Hemd aus und kurz darauf die Hose. Stinknormale, rote Shorts kamen zu vorschein. Nichts schwuchtelhaftes. Für einen weiteren kurzen Moment schaute er auf mich hinunter; wartete wohl meine Reaktion ab, aber ich tat nichts und starrte weiterhin ins Leere. Es war beruhigend einfach an nichts zu denken. An keine Arbeit, an keine Erwartungen, an keine Probleme. Mir wurde warm. Es war unglaublich wie warm eine untergehende Sonne noch sein konnte. Wie Danny zuvor zog ich Shirt und Shorts aus. Nur sprang ich jetzt nicht ins Wasser, sondern wühlte meinen IPod und das Tuch heraus und machte es mir gemütlich. Ein leichte Brise wehte mir ins Gesicht und kühlte angenehm ab. Es dauerte nicht sehr lang und ich war eingeschlafen. *** "Was wirst du tun, wenn ich nicht mehr da bin?" Die Frage war berechtigt. Ich war schon nahezu hundert Jahre an seiner Seite und die Zeiten wurden gefährlich. An jeder Ecke konnte der Tod lauern. Die Sicherheitsmaßnahmen der Menschen wurden immer gerissener und man bildete sogar Tag lebende aus, um uns zu fangen. Es gab kaum mehr eine Ecke, die nicht mit einem Jäger besetzt war. "Ich werde dich suchen." Es schien, als wollte, oder verstand er meinem Punkt nicht. Jedesmal, wenn ich ihm diese Frage stellte, wandte er sich ab von mir, wechselte das Thema, oder war verschwunden. Heute durfte das nicht geschehen. "Du weist was ich meine. Was ist, wenn ich sterbe?" Der langhaarige wandte sich dem See zu, an dem wir schon seit knapp einer Stunde saßen und das sanfte schaukeln der Wellen beobachteten. "Du hast meine Antwort bereits bekommen. Selbst nach dem Tod werde ich dich finden." Energisch schüttelte ich den Kopf. "Es gibt keine zweite Chance für uns! Wir haben uns von Gott abgewandt." Jetzt schaute er mir direkt in die Augen. "Wir beide sind um die halbe Welt gereist und kein Gott, noch nicht einmal unser aller Vater selbst wird dich von mir nehmen können. Irgendwann wird es eine Zeit geben, da brauchen wir nicht mehr wegzurennen. Irgendwann werden wir für die Menschen nur noch eine Mythe, oder ein grausames Märchen sein." Ich hoffte, dass er Recht behielt und lächelte in den Mond. "Schau mich an." Langsam wandte ich meinen Kopf zu ihm hin. Er wirkte erstaunlich blass im kalten Licht und seine Augen wirkten völlig leer. Etwas stimmte nicht mit ihm. "Du bist mir wichtig und ich bereue es, mit dir mein Schicksal geteilt zu haben. Ich tat nichts anderes als dich mit mir zu verdammen. Was war ich für ein Idiot." Er speite die Worte widerwärtig aus und es gab mir das Gefühl, als hasste er sich selbst dafür. "Sei still. Du hast nach deinen Gefühlen gehandelt." Traurig sah er mich an. "Hör auf so nachsichtig zu sein. Das ist gefährlich hier draußen." Liebevoll nahm ich eine seiner langen, schwarzen Strähnen in die Hand und streift sie mit geschlossenen Augen meine Wange entlang. Sie rochen seltsam nach frischer Minze und einem Hauch Lotusblüte. "Ich will diesen Duft niemals vergessen." In seinen Augen kehrte das Leben zurück. Er nahm meine Hand, führte sie sich an den Mund und küsste sie lange. "Trauerweide... ein unberührter See... und der Geruch von Gras im Frühling. Ich werde dich finden." Er zog mich an sich heran und begann mich zu küssen. Es waren viele kurze Küsse. Wie als wäre ein langer nicht genug um eine Ewigkeit ohne Berührungen abzudecken. Ich holte einen Moment Luft. "Du bist die letzte Zeit so abwesend. Kann es sein, dass du schlechte Vorahnungen hast?" Ein tiefer Schmerz lag in seinem Augen und ich wusste, mein Ende würde kommen. Vielleicht schon sehr bald. Als hätte er meine Gedanken gelesen antwortete er nahezu flüsternd, "Es wird meine Schuld sein, weil ich dich nicht beschützen konnte." Mir taten diese Worte weh. Warum gab er sich immer die Schuld an allem schlechten? "Hör bitte auf zu reden." Mein Flehen schien ihm noch mehr Schmerz zu zu fügen. Ein weiteres Mal gab er mir einen Kuss. Einen für die Ewigkeit. *** Heiseres Gerede aus der Ferne weckte mich das nächste Mal aus meinem Alptraum. Jeden Abend war es das selbe. Ich schlief ein und sah diese beiden Männer. Sah sogar aus der Sicht des einen. Es war zum wahnsinnig werden. Moment! Wie lange habe ich geschlafen? Schockiert sprang ich auf und musste feststellen, dass ich vollkommend alleine war. Der Himmel war bereits pechschwarz und kaum vom Meer zu unterscheiden. Wie viel Uhr war es? Hektisch suchte ich nach meinem Handy. "Zwölf Uhr dreißig!?" Warum hatte mich keiner geweckt? In völliger Eile packte ich meine Sachen zusammen und zog mir ein Shirt über. Es musste über die Stunden erstaunlich kühl geworden sein, denn es fröstelte mich. Ich fand es unheimlich, nachts alleine am Strand zu sein. Von weitem war Gelächter zu hören und ich schaute kurz in die entsprechende Richtung. Etwa fünfzig Meter von mir entfernt war ein Lagerfeuer zu sehen und mindestens acht Gestalten. Junkies vielleicht. Einer schien mich bemerkt zu haben, der er Stand auf und kam in meine Richtung gelaufen. Schnell schmiss ich mir meinen Rucksack über die Schulter und begann zu laufen. Die angefangene Bierflasche ließ ich an Ort und stelle zurück. Scheiß´auf die Umwelt. Der Fremde kam erstaunlich schnell näher und ein paar weitere folgten im gleichen Tempo. Sie würden mich einholen bevor ich überhaupt in die Nähe des Parkplatzes käme. Möglicherweise wollten sie gar nichts schlimmes, aber ich wollte die Chance nicht eingehen doch in die Fänge von Drogensüchtigen zu kommen. Es gab nachts genug davon an den Küsten.. "HEY ALTER, BLEIB DOCH STEHEN." Hinter mir hörte ich nahe ein hinterhältiges Lachen. Es handelte sich um eine männliche Person. Ich schaute nicht zurück, sondern konzentrierte mich darauf, bei diesem Tempo nicht hinzufallen. "MANN, STEHEN BLEIBEN HAB ICH GESAGT!" Der Mann hinter mir klang wütend und gab mir die Motivation, schneller zu laufen, was nicht sehr einfach war. Um mich herum war es stockdunkel. Nirgendswo standen Laternen. Mein Pech, dass ich just in diesem Moment in etwas spitzes trat. "AH!" Völlig unkontrolliert fiel ich auf den kalten Sand. Der Schrei schien auch den Rest der Gruppe angelockt zu haben, denn alle waren auf den Weg zu mir. Ich fasste mir an Fuß und spürte mein warmes Blut. Es musste sich um eine lange und tiefe Schnittwunde handeln. Der Dreck brannte darin wie Feuer. "Na, haben wir's aufgegeben?" Ich schaute nach oben und konnte kaum etwas erkennen. Ein paar Piercings, welche im wenigen Mondlicht schimmerten. Mehr auch nicht. Es war das erste mal, dass ich mich, selbst mit meinen Kampffähigkeiten, wie ausgeliefert fühlte. Der Rest der Gruppe war nur noch wenige Meter entfernt und ich war wie gelähmt. Es war unmöglich mit einem verletzen Fuß gegen acht Leute anzutreten. Purer Selbstmord. "Was macht so einer wie du alleine am Strand?" Ich antwortete nicht. Einer nach dem Anderen kam der Runde bei. Ich war umzingelt. "Freez, lass doch den Neuankömmling zum Essen bleiben." Eine Frauenstimme hinter mir hatte gesprochen. Sie klang schon beinahe spielerisch. "Da musst du nicht mich, sondern ihn fragen. Er scheint was gegen unsere Anwesenheit zu haben." Es war wieder Freez der da sprach. Seine Stimme war nun voller Süffisanz. "Na, willst du?" Ein Mädchen setze sich vor mich und ich schaute mich mit schräg gelegtem Kopf an. Tatsächlich war ihre Haut schon nahezu weis. Ihre überschminkten Augen und die dunklen Lippen zeigten, wie amüsant sie die Szene fand. "Ich glaube, er will." Sie stand auf und umarmte Freez. "Sollen wir? So eine Chance trifft sich nur selten." Verdammt, jetzt hatte ich eindeutig Probleme. Etwas unsicher versuchte ich auf die Beine zu kommen. „Beweg dich nicht!“ Ein Typ hinter mir presste mich unsanft auf den Boden. Sein Nägel bohrten sich tief in meine Schultern. Lange ließ ich das nicht auf mir ruhen. Wer auch immer es war, ich packte ihm am Handgelenk und riss ihn zu Boden. „Wah!“ Der Angreifer fiel direkt vor meine Füße, aber es schien ihm nichts ausgemacht zu haben, denn völlig locker sprang er auf und nahm seine Stellung ein. „Kläglicher Versuch.“ Mehr konnte ich auch nicht tun. Bei jeder Bewegung blutete die Wunde stärker und mir wurde schwindlig. „Lasst mich in Ruhe.“ Ich sprach durch zusammen gepresste Zähne. „Oho! Da wird einer wütend.“ Ein Lachen ging durch die Reihen. Ein weiteres mal setzte ich mich auf; geschlagen geben war nicht drin, aber diesesmal gingen sie nicht so zimperlich mit mir um. Irgendjemand rechts von mir, holte aus und verpasste mir einen Schlag ins Gesicht. Ich begann Sterne zu sehen und Blut floss aus meiner Nase. Der Schmerz wurde schlimmer und immer mehr Blut verließ meinen Körper. Erschöpft fiel ich zu Boden. „Na, schon am aufgeben?“ Es war die Stimme des ersten Mädchen gewesen. Irgendjemand setzte noch nach; mit einem satten Tritt in die Magengrube. Mir wurde übel und ich sah nur noch schwarz vor Augen. Benommen kotzte ich alles rauß, was ich an diesem Tag gegessen hatte. Blut hatte sich auch darin vermischt. Scheiße! Ich will noch nicht sterben! Jetzt nicht! Der Gedanke kreiste in Dauerschleife durch meinen Kopf. Es gab schönere Tode als durch Prügel zu verbluten. „Das reicht. Ich denke wir können zum Grand Finale kommen.“ Von irgendeiner Seite kam ein Jubelruf. „Wer zuerst?“ Freez setzte sich neben mich und hob meinen Kinn an, damit ich ihm ins Gesicht sehen konnte. Durch einen dichten Nebel konnte ich zwei glühende Augen sehen und das gleiche bleiche Gesicht, wie ich es zuvor bei dem Mädchen gesehen hatte. „Dein Pech. Zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Seine Augen wurden zu gehässigen Schlitze, „Es wird noch viele nach dir geben, die dein Schicksal teilen werden.“ Ich war wie betäubt; konnte keinen Muskel mehr bewegen. Ich sah nur noch diese dämonischen Augen. Die Welt um mich herum verschwand. Es gab nur noch ihn und mich auf einer unendlich großen schwarzen Fläche. „Schauen wir mal wie du schmeckst.“ Die Worte drangen nicht in mein Unterbewusstsein ein. Freez näherte sich meinem Hals und ich konnten seinen stinkenden, feuchten Atem riechen. „Hm, du riechst gut.“ Seine Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken, dann spürte ich etwas scharfes meinen Hals entlang fahren. Angsterfüllt schloss ich die Augen. Ich will nicht sterben. „Hey, lasst ihn in Ruhe!“ Freez ließ von mir ab und wandte sich zu dem Neuen in der Gruppe. „Shit! Na komm schon Clay. Nur ein paar Tropfen.“ Mit einer schlangenartigen Bewegung war er aufgestanden. Meine Sinne wurden wieder klarer, aber noch immer war nichts zu erkennen. „Du machst einen klaren Regelverstoß.“ Der Fremde, der Clay genannt wurde schubste Freez und dessen Freundin aus dem Weg. „Verschwindet!“ Ich glaubte ein fauchen zu hören. „Hey, mach mal halblang. Er ist ja noch nicht Tod.“ Ein paar leuchtende Augen schauten fragend in die Runde, „Er ist aber auch nicht mehr ganz lebendig.“ Die Stimme kam von hinten. Nur wo hinten wusste ich nicht. „Halt’s Maul Duane. Du bist auch dran Schuld... oder ist das Blut an deinen Nägeln von jemanden Anderen?“ Ich verstand gar nichts mehr. Wie konnte man in dieser Dunkelheit nur ein bisschen Blut an den Händen erkennen? Beleidigt zog sich Duane zurück. „Besserwisser.“ Clay ignorierte den Kommentar. „War sonst noch jemand beteiligt?“ Keine Reaktion. Plötzlich schienen sie alle Angst bekommen zu haben. Wer war dieser Clay bloß. „Hast du mir was zu sagen, Charna?“ Das Mädchen, welches vorher mit Freez gekuschelt hatte, starrte betroffen zu Boden. „Woher weist du das immer?“ Sie verzog ihre dunklen Lippen zu einem Schmollmund. „Ich kann euch sehen, wo auch immer ich bin. Merkt euch das.“ Die Leute schreckten einen Schritt zurück. „Verzieht euch. Das Regeln wir später.“ Langsam zogen sie sich zurück; Freez und Charna als Letzte. “Kannst du aufstehen?” Er Hob mich an der Hüfte hoch. „Ah!“ Ich sackte wieder in mich zusammen. „Ich kann nicht stehen.“ Ich wusste nicht, ob ich ihm vertrauen konnte, aber er war meine letzte Hoffnung und immerhin lebte ich dank ihm noch. Er hob meinen Fuß an und prüfte ihn. Wie konnte er nur etwas sehen? „Du musst ins Krankenhaus.“ An Clay war etwas anders. Seine Augen leuchteten nicht in der Dunkelheit und er war; im Gegensatz zu Charna, Freez und Duane, nett. „Mein Wagen steht auf dem Parkplatz.“ Jedes Wort brauchte erstaunlich viel Kraft. „Wie lange blutest du schon?“ Mir wurde bei dem Gedanken an den Blutverlust wieder schlecht. Er schien es zu bemerken. „Halte dich zurück. Du darfst nicht noch mehr Flüssigkeit verlieren. Warte einen Moment.“ Etwas wurde zerrissen, glaubte ich zumindest. „Das sollte für jetzt reichen.“ Er band mir etwas um den Fuß. Verbissen schaute ich in die schwarze Leere. „Wer bist du?“ Clay hielt keinen Moment inne. „Nenne mich einfach Clay. Ist dir kalt?“ Natürlich war mir kalt. Ich trug nur ein Shirt und ein paar Shorts und in Florida war es abends nicht warm. Fühlte er den gar nichts? Nun, ich wollte nicht schwach dastehen. „Nein. Geht schon. Ein Notarzt reicht.“ Langsam bewegte ich meinen Fuß. „Lass dass. Ich trag dich zum Auto. Anders würdest schon auf halben Weg verbluten.“ Ich versuchte mich gegen ihn zu wehren, war aber einfach zu schwach und nickte etwas benommen. Noch immer konnte ich nicht fassen, was in den letzten Minuten geschehen war. Alles wirkte ein wenig... surreal. Ich verstand rein gar nichts. „Was machst du zu der Zeit alleine am Strand?“ Müde schüttelte ich den Kopf. Mir war nicht nach reden und ganz besonders nicht nach Fragen beantworten, wenn ich die Antwort selbst nicht kannte. Er tolerierte es. „Ich nehme dich Huckepack, wenn es dich nicht stört.“ „Von mir aus.“ Mir war alles Recht, solange noch möglichst lebend einen Arzt sah. Irgendwie schaffte er es, mich ohne weitere Schmerzen auf seinen Rücken zu befördern und ich war mir nun vollkommend sicher, dass er nichts böses wollte. Clay lief in einem schnellen Tempo und schien nicht müde zu werden, obwohl es schon schwer genug war, alleine auf Sand zu laufen. Die Stille hielt etwa die Hälfte des Weges an, dann begann er wieder Fragen zu stellen. „Wie heißt du?“ Ich kannte seinen; zumindest seinen Rufnamen – ob Clay sein richtiger Name war? Wohl kaum. Er hatte das Recht, meinen zu erfahren. „Chris Alexander.“ Vorsichtshalber verriet ich keinen Nachnamen. Ich war unkonzentriert, müde und fertig mit den Nerven, aber ganz bestimmt nicht unvorsichtig. Er fragte auch nicht nach ihm. „Netter Name.“ Die Atmosphäre wechselte blitzartig. „Was heute passiert ist...“ Clay hielt inne. „Ich rate dir es zu vergessen. Du würdest das nicht verstehen.“ Das reichte. Ich war dem Tod näher als dem Leben und er meinte, ich solle alles vergessen. Für wie blöd hielt er mich eigentlich? Auch, wenn er mir jetzt half... Eine Anzeige musste sein. Freez schien auf Clay zu hören, aber ich hatte gefühlt, was geschah, wenn er nicht in der Nähe war. „Das geht leider nicht. Was geschehen ist kann man nicht rückgängig machen.“ Verbissen grinste ich den Schmerz weg. Vielleicht sollte ich einen Artikel verfassen. „Floridas Küsten nachts Folterplätze“. „Du hast keine andere Wahl.“ Das waren Clays Worte, dann sagte er nichts mehr. Er schien seinen Schritt beschleunigt zu haben, denn schon nach wenigen Minuten waren wir am Parkplatz angelangt. „Ist es der Volvo da vorne?“ Natürlich sah er meinen Wagen. Nach vorhin wunderte mich das nicht mehr. Nur warum sah er überhaupt ohne Licht? Es war völlig wahnsinnig. Ein normaler Mensch konnte das nicht. „Wie machst du das?“ Ich hatte das Gefühl, er nahm sich extra viel Zeit mit der Antwort. „Was meinst du?“ Er verarschte mich, oder? „Wie konntest du vorhin das Blut an den Händen des Einen erkennen? Oder eben, dass mein Auto ein Volvo ist?“ Ich musste eine Verschnaufpause machen. „In dieser Dunkelheit kann man kaum die eigene Hand vor Augen sehen.“ „Ich habe dir schon vorhin gesagt, dass du das nicht verstehen wirst, also frag nicht.“ Er klang wütend. Mir war es egal. Ich hielt die Klappe. Es hatte sowieso keinen Sinn. „Wo sind die Autoschlüssel?“ Ich war mir nicht sicher, aber ich glaubte, sie waren noch immer in meiner Tasche. „Ich geb sie d..dir, wenn wir am Auto sind.“ Meine Konzentration ließ nach. Ich versuchte dem Rauschen der Wellen zu lauschen – mich abzulenken, aber vergeblich. Benommen schloss ich die Augen. „Nicht einschlafen. Du darfst auf keinen Fall in Ohnmacht fallen. Wir sind am Auto.“ Vorsichtig setzte Clay mich ab und schaute noch einmal nach meinem Fuß, bevor er mich nach den Schlüsseln fragte. Ich deutete auf die Tasche, welche ich rücksichtslos neben mich geschmissen hatte. „Da drin... Irgendwo.“ Hastig wühlte er in darin. Ich konnte das leise Glackern meines Anhängers hören und wusste, dass er sie gefunden hatte. „Hast du eine Jacke, oder Decke im Auto? Irgendwas zum warm halten?“ Langsam nickte ich mit dem Kopf. Seit eines Sanitätskurses vor zwei Jahren hatte ich immer eine Wolldecke im Kofferraum. Einmal musste ich sie sogar benutzten, aber das war eine Weile her. Diese Erinnerungen waren für diesen Moment mehr als unwichtig. Schon im nächsten Moment wurde ich zugedeckt und vorsichtig auf den Rücksitz meines Autos befördert. Völlig verwirrt schaute ich mich um. Obwohl das Licht im inneren des Wagens an war, sah ich kaum etwas. Ein matter Schleier hatte sich über meine Augen gelegt. Gerade wollte ich meine Hand heben und diesen wegtreiben, da wurde ich von meinem Retter aufgehalten. „Nicht bewegen! Es ist besser du siehst jetzt nichts. Ich schaue mir gleich noch deine Schulter an.“ Die Autotür vor mir wurde zugeschlagen. Es waren Schritte zu hören, die das Auto umgingen, dann war er hinter mir. „Setz dich auf. Ich muss das Shirt ausziehen.“ Mir war unwohl bei dem Gedanken, mich ausziehen zu müssen, aber bei meiner Lage... egal. Er half mir dabei und musterte meine Schultern. „Mhm... Duane hatte nicht übertrieben.“ Mir wurde kalt; er schien es zu merken und zog mir mein Shirt wieder an. „Jetzt höre mir genau zu.“ Seine Stimme hatte eine hypnotisierende Wirkung. „Was du heute Abend erlebt hast soll nicht an die Oberfläche gelangen und ich weis wer du bist... Schon lange. Sollte ich etwas davon in der Zeitung lesen, oder sogar in den Nachrichten sehen, dann bist du erledigt. Ich werde dich im Auge behalten; immer und überall. Vergiss das nicht.“ Er wusste wer ich bin, was keine große Kunst war. Mein Gesicht sah man fast wöchentlich in der Zeitungen. Nur hatte ich das ungute Gefühl, dass er mehr wusste. Viel mehr, als er sollte. „Jetzt schlafe.“ Ich wollte nicht, denn ich wusste, ich würde wieder in diese unheilvollen Träume fallen. Die Müdigkeit setzte ein. Das erste Mal in meinem Leben spürte ich die Angst vor dem Unbekannten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)