Sagen der Großen von abgemeldet (Drabbles (24. Sasuke - Leiden)) ================================================================================ Kapitel 1: ~Regentropfen~ ------------------------- Ein erster Regentropfen, der auf ihre Stirn fiel und sich einen Weg über ihre Wangen bis zu ihren Lippen, an denen er zitternd hängen blieb, bahnte. Er war schwer und als sie kurz tief einatmete, sog sie ihn ein. Auf ihrer Zunge verging er, so wie die letzte Hoffnung in ihr zu vergehen drohte. Der Regentropfen schmeckte nach nichts, leer, so wie sie sich innerlich fühlte. Ihr wurde gerade alles gewaltsam und rücksichtslos entrissen. Alles! Jeder! Das Leben wollte ihr kein Glück vergönnen, kein bisschen, dem wurde sie sich in diesem Moment gewahr. Wieso hatte man ihr alles gegeben, einen kurzen, sehnsüchtigen Einblick in ihre Begehren und es ihr dann wieder einfach genommen? Sie stierte starr in die düstere Ferne. Regen floss in Strömen. Ihre Hände umkrampften zwei Metall bestücke Stirnbänder. Das rechte so klar wie am ersten Tag, es spiegelte Treue, Ehrlichkeit, Reinheit und Gutmütigkeit. Das linke mit einem tiefen Kratzer, es zeigte den Verrat und die Rache, aber auch die Vergebung und den Neuanfang. Genau das, vermittelten ihr diese Stirnbänder. Die Worte die sie ihr hinterlasse hatten halten immer noch in ihrem Kopf. „Pass darauf auf bis wir zurück sind, Sakura-chan!“, sagte der blonde Junge, woraufhin beide das Stirnband gelöst hatten und es ihr entgegen streckten. „Und pass auf, dass sie dich nicht zu sehr verletzten“, begann der Schwarzhaarige mit fast gleichgültiger Stimme, „du musst dich schließlich noch um die ganzen Verletzte kümmern!“ Sie wusste, auch wenn er versuchte es nicht zuzugeben, dass er genauso besorgt um sie war, wie der andere. Beide lächelten sie ermutigend an. Der Eine übermütig, der andere zurückhaltend, aber beide schenkten ihre eines. Sie hatte sich aufgewühlt, durcheinander und hilflos gefühlt, etwas das sie eigentlich ablegen hatte wollen, um genauso stark zu sein wie ihre Teamkollegen. Trotzdem konnte sie nichts tun. Zurück blieb nur sie. Sie kniete neben einem Verwundeten. Er atmete schwer, keuchend und blutete stark. Doch er würde überleben. Eine plötzliche Leere breitete sich in ihr aus. Ein Gefühl, dass ihr mitteilen wollte, dass die Hoffnung umsonst war. Sie würden nicht wiederkommen. Schon seit einiger Zeit hatte sich die Stille über das verwüstete Dorf gelegt. Doch sie ging nicht nach ihnen suchen. Sie traute sich nicht, auf das Schlachtfeld wo ihr Kampf stattgefunden hatte. Ihr Kampf war hier und sie musste warten, was sie auch tun würde, auch wenn ihr etwas sagte, dass sie nicht wieder kommen würde. Heiße Tränen rannen ihr die Wange hinab, blieben jedoch unbemerkt, außer von ihr, da sie sich mit den Regentropfen vermischten. „Kommt doch zurück! Ich brauche euch!“ Kapitel 2: ~Pfütze~ ------------------- Gebannt starrte er auf die glatte Wasseroberfläche, musterte sein Spiegelbild in der grauen Pfütze. Warum war er so anders als die anderen Kinder? Was war mit ihm? Lag es daran, dass er blonde Haare und blaue Augen hatte? Für einen Moment dachte er über diese Möglichkeit nach, dann verwarf er sie wieder. Ino aus der Ninjavorschule hatte auch blonde Haare und blaue Augen und alle mochten sie. Was war denn dann mit ihm? Sein Spiegelbild in der Pfütze sah ihn ausdruckslos an, starrte ihm entgegen. Er besah sich immer in Pfützen, zumindest seit den letzten drei Wochen. Davor hatte er mal einen großen Spiegel besessen, doch er hatte vor lauter Wut, Verzweiflung und Einsamkeit mit der Stirn dagegen geschlagen. Jetzt hingen nur noch Scherben in seinem Vorzimmer und auf der Stirn des Achtjährigen prangte eine dünne, fast unsichtbare Narbe, die er unter seinen blonden Stirnfransen versteckte. Der blonde Junge starrte weiter gebannt auf die Wasseroberfläche, versuchte etwas zu finden, das ihm erklärte, warum ihn alle so hassten, warum keines der Kinder mit ihm spielen durfte, warum ihn immer alle ignorierten. Plötzlich erhielt er von hinten einen Stoß, er ruderte mit den Armen, um nicht in die Wasserpfütze zu fallen. Doch obwohl er das Gleichgewicht verlor, machte er keine Bekanntschaft mit dem brackigen Wasser. Ein starker Arm schlang sich um seine Taille und hob ihn kurzerhand einfach hoch. Sanft wurde er wieder auf den Boden zurückgesetzt. Naruto sah erschrocken in ein Paar dunkler, freundlicher Augen, ein Mann mit langen weißen Haaren lächelte ihm zu. „Entschuldigung, kleiner Mann. Ich hab nicht richtig auf den Weg geachtet.“ Verlegen kratzte der Fremde sich an der Nase, dann hielt er dem Jungen ein Eis hin. „Hier, ich schaff’ die zweite Hälfte nicht mehr. Willst du sie haben?“ Verblüfft starrte der kleine Blondschopf den weißhaarigen an, noch nie in seinem ganzen Leben hatte jemand ihm ein Eis geschenkt, geschweige denn sich bei ihm entschuldigt. Mit zitternden Fingern nahm er das Eis entgegen, starrte den Mann noch länger ungläubig an, der sich verabschiedete und weiterging. Naruto betrachtete die Oberfläche der grauen Pfütze. Sein Spiegelbild lächelte ihm tatsächlich entgegen. Kapitel 3: ~Buch~ ----------------- Sie bette ihren Kopf auf ihren Armen die auf der stählernen Brüstung lagen. Schweigend starrte sie vor sich hin. Ein grausilberhaariger Mann viel ihr dabei, wie so oft ins Auge. Er stand schon wieder da, vertieft in sein dämliches Buch. Konnte er denn nicht einmal etwas anderes ansehen als dieses verdammte Buch? Sie zum Beispiel? Er ignorierte sie nur gekonnt. Jedes Mal. Jeden Tag. Sie sollte aufhören sich mit dem absurden Gedanken abzugeben, dass er sie jemals bemerken würde. So sehen, wie sie es sich wünschte, dass er sie sehen würde. Warum muss das Leben, die Liebe nur so schwierig sein? Wenn er doch nur nicht so blind wäre. Dabei müsste man doch denken so ein Buch für Perverse hilft einem auf die Sprünge. Was fand sie nur an ihm? Das fragte sie sich sicher schon zum hundertsten Mal an diesem langweiligen Tag. Wenn sie doch wenigstens eine Mission hätte, dann könnte sie sich damit ablenken. Es würde sowieso nie das passieren, was sie sich so sehnlichst wünschte. Doch sie konnte nicht aufhören ihn anzusehen. Wie Magneten das kalten Eisen, so zog sie diese kühle Abwesenheit an, von der ihre Augen nicht mehr ablassen konnte, als könnte sie dadurch vielleicht doch die gewünschte Aufmerksamkeit erringen. Er sollte sie nur einmal so ansehen wie dieses idiotische Buch, dann wäre sie auch schon zu frieden. Von ihr aus sollte er ihr auch nur einmal so zulächeln wie seinem stärksten Konkurrenten, um ihn auf die Palme zu bringen. Es wäre kein Beweis von Liebe, aber es würde ihr vollkommen ausreichen. Er gab ihr jedoch kein bisschen Acht. Sie richtete sich wieder auf. Ihr musste jetzt dringend etwas Besseres einfallen, als ihn so still zu beobachten, denn selbst wenn er ihr keines Blickes würdigte, wusste sie, dass er es mitbekommen haben musste. Sie drehte sich um, sah noch einmal sehnsüchtig auf das verzerrte Fensterbild, das sich ihr bot. Ein letzter Blick zurück, über die Brüstung, zu den Bäumen, dort wo er stand. Nur ein letzter Blick, der ihr ein Lächeln auf die Lippen zeichnete. Er sah sie wohl mehr an, als sie gedacht hatte, wenn er sich dazu auch hinter seinem Buch verstecken musste, damit er es riskierte. Kapitel 4: ~Augen~ ------------------ Du bist etwas Besonderes, ein Genie. Du bist stärker, schneller, intelligenter als ich, ein richtig starker Ninja. Du benutzt dein Byakugan viel geschickter als ich, du analysierst mit deinen Augen jedes noch so kleine Detail, schaust in die Seelen deiner Gegner. Ich habe mich einmal gefragt, wieso du diese unglaublichen Fähigkeiten hast, obwohl du doch nur zur Zweigfamilie gehörst. Und danach habe ich mich so geschämt. Du bist mein Bruder, ich bin stolz darauf, dass du es so weit gebracht hast, auch wenn dir die Hauptfamilie so viele Steine in den Weg gelegt hat. Ich beobachte dich gerne beim Training, es fasziniert mich einfach, dass du so stark bist – vielleicht versuche ich insgeheim, mir ein paar deiner Techniken abzuschauen. Aber deine Augen, die werden für mich immer unerreichbar bleiben. Keiner unserer Familie kann einen solch weiten Radius mit seinem Byakugan erfassen wie du. Niemand, du bist in dieser Sicht ein Unikat, ein Genie eben. Mit deinen Augen schaffst du alles. Neji, sicher wird es nie wieder einen solchen Augenkünstler in Konoha geben. Doch als ich neulich mit Tenten gesprochen habe, kamen wir auch zu dir. Und mir ist dieser weiche Ausdruck in ihrem Gesicht aufgefallen, als wir von dir geredet haben. Da habe ich erkannt wie blind du eigentlich bist – selbst mit diesen Augen. Kapitel 5: ~Hass~ ----------------- Welcher Idiot hatte eigentlich behauptet, dass Hass brannte? Nein, Hass war dunkel und eiskalt. Hass machte einem das Herz schwärzer mit jeder Minute, jeder Sekunde, mit jedem Augenblick. Er hatte sie damit gezeichnet, hatte sie gebranntmarkt, hatte sie zur Schau gestellt. Dieser Hass würde sie niemals verlassen, auf Ewig würde er in und auf ihrem Körper sein, auch wenn sie längst nicht mehr auf dieser Erde wandelte. Für immer. Unwillkürlich zog sie einen der schwarzen Dolche aus ihrer Tasche, wog ihn unsicher in der Hand. Ihre schmalen Finger schlossen sich in einem Anflug von blinder Wut um den Griff, sie hob den Arm, rammte sich die Klinge in die linke Schulter. Immer und immer wieder zerschnitt sie sich die Stelle an der das Juin prangte, das kalte Metall fuhr unbarmherzig durch ihre Haut. Sie spürte es nicht, der Hass fror ihre anderen Gefühle, ihre Nerven ein. Tränen rannen hemmungslos ihre Wangen hinab, tropften auf den Boden. Dunkelrotes, dünnflüssiges Blut rann über ihre Schulter, tränkte ihr T-Shirt. Ihr Arm fuhr erneut in die Höhe, stieß nach unten, als eine warme Hand ihr Handgelenkt packte und ihr sanft das blutbesudelte Messer aus der Hand wand. Eine warme Stimme flüsterte: „Lass das! Hass schürt doch nur wieder Hass!“ Kapitel 6: ~Ruhe~ ----------------- Es war wirklich zum Verrückt werden! Andauernd brauchte man ihn, andauernd wollte man etwas von ihm, dauernd wurde nach ihm verlangt. Nicht mal in der einen Stunde, die er normalerweise auf dem kleinen Hügel hinter dem Haus verbrachte, hatte er seine Ruhe. Nein, ständig kam jemand daher, sagte ihm, dass er eine neue Mission anzutreten hatte oder dass der fünfte Hokage nach ihm schicken ließ. Selbst Asuma, Choji und Ino störten ihn in seiner kargen Freizeit, waren ständig um ihn herum, wollten mit ihm reden. Shikamaru hätte sich darüber aufgeregt, doch es war ihm einfach zu mühsam und zu nervig. Er wollte schließlich nichts Anderes als seine Ruhe. Er lag auf dem Rücken, hinter dem Haus auf dem Hügel und beobachtete nachdenklich die weißen, flauschigen Wolken, die über den blauen Himmel zogen. Die hatten es gut. Sie waren frei, konnten tun und lassen, was sie wollten, und niemand sagte ihnen in welche Richtung sie zu ziehen hatten. Sie hatten mit anderen Worten ihre Ruhe. Für einen Moment schloss der Junge die Augen. Ein Schatten fiel auf Shikamaru, der junge Chunin stöhnte innerlich auf. Bestimmt würde Ino jetzt gleich wieder sagen, dass er doch nicht so faul sein sollte und lieber zu Tsunade-sama gehen sollte. Der Schatten verschwand, jemand setzte sich schweigend neben ihn. Shikamaru öffnete die Augen, erblickte ein blondes Mädchen mit vier Zöpfen und schaute sie erstaunt an. Fast hätte er erleichtert aufgeseufzt. Denn diese Bekannte aus Suna schien tatsächlich zu wissen, was Ruhe war. Kapitel 7: ~Baby~ ----------------- Mit einem glückseligen Lächeln schaute sie auf das kleine Bündel neben ihrem Bett hinab. Die letzte Nacht war hart gewesen, sie hatte sie nicht ohne Schmerzen hinter sich gebracht, doch sie war stolz, unglaublich glücklich, dass sie nun ihr Baby, ihren Sohn in Armen halten durfte, dass ihr Kind gesund und munter neben ihr in seinem Babybettchen vor sich hinraunzte. Heitere Stimmen kamen näher, die Tür ging auf und Kurenai erblickte drei junge Ninjas, die erwartungsvoll in den Raum kamen und sie anschließend mit Glückwünschen überhäuften. Naruto legte den großen Blumenstrauß auf ihre Bettdecke, grinste sie an und ging dann neugierig auf das Baby zu. Mit interessiertem Gesicht musterte er das Baby, wandte sich zu den anderen um. „Also, dieses Lachen hat er auf jeden Fall von mir“, meinte der Blonde und Kurenai sah ihn mit einem liebevollem Lächeln an. Dann ging es weiter. Er deutete auf die kleinen, bleichen Finger des Babys und sah dann Kiba an. „Schau mal, Kiba. Die langen Fingernägel hat er von dir.“ Kurenais Schüler drängte sich um das Babybettchen und unterzog den Kleinen einer gründlichen Untersuchung. Die Stimme der Vernunft kam von Seiten Sakuras. „Leute, das ist Kurenai-senseis Baby. Der Kleine wird sicher keinerlei Ähnlichkeiten mit euch haben“, meinte sie bestimmt und warf der Jonin einen entschuldigenden Blick zu. Naruto hatte unterdessen einen Zeigefinger zu dem Baby hingestreckt, welcher auch prompt von diesem gedrückt wurde. Naruto stöhnte auf. „Ja, und die Kraft hat er von dir, Sakura-chan.“ Die beiden Frauen schüttelten mit gerunzelten Stirnen die Köpfe. Doch das Beste kam erst noch. „Sagen Sie mal, Kurenai-sensei...Warum hat der Knips denn so silbrige Haare wie Kakashi-sensei?“ Kapitel 8: ~Zeit~ ----------------- Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man. Aber was ist wenn sie das nicht tut? Sie schlug ihre schweren Augenlieder nieder und gab sich der einsamen Stille hin. Wer auch immer behauptet hatte, dass jeder eingefahrene Schmerz wieder vergeht, hatte entweder gelogen oder nie tiefe, innere Wunden geschlagen bekommen. Die ganze Welt, alle Lebewesen waren ein Trauerspiel und auch da wird die Zeit nie etwas ändern. Doch das Schlimmste, ihre Gefühle, ihre Schmerzen, ihre Trauer würden nie vergehen. Sie hatte versucht es zu ignorieren, in den hintersten Winkel verbannte, doch es kam trotzdem jedes Mal wieder, noch stärker schlugen die verkrusteten Wunden, mit aller Härte wieder auf. Was sollte sie denn noch tun? Warum ließ die Zeit ihre Schmerzen nicht vergehen und schlug die Wunden stattdessen noch größer? Hatte sie denn nicht ein wenig Frieden verdient, ein wenig seelische Erlösung, nach all dem was geschehen war? Sie wollte diese besonderen Menschen nicht vergessen, aber sie hatte auch keine Lust mehr ewig nur in diesen beißenden Schmerzen zu leben. Was konnte sie machen um endlich aus dieser endlosen Schleife aus seelischer Vernichtung auszubrechen? Eine warme Hand legte sich auf ihre angespannte Schulter. Abrupt und aufgescheucht drehte die blonde Frau sich um. Sie erschrak und zuckte zusammen. Alles in ihr machte einen energischen Sprung. Was sollte das? Warme Lippen lagen auf den ihren. Ein angenehmes Kribbeln, das von diesen ausgelöst durch ihren Körper jagte, ließ sie erschaudern. Dann lösten sie sich wieder und beinahe wäre ihr ein enttäuschter Laut entwichen, doch sie konnte es sich noch verkneifen. „Was sollte denn…“, setzte sie an, wurde jedoch von ihrem Kussdieb unterbrochen. „Du hörst nicht auf mich wenn ich dich berate. Du bist zu stur um dich endlich aus den Schlingen deiner Schmerzen zu befreien. Ich werde dir nicht mehr raten weiterzuleben, loszulassen, denn du tust es nicht. Aber verlass dich darauf, dass ich auch nicht länger zusehen werde“, sagte er mit aufgebrachtem Ton. „Ich werde nicht zulassen, dass du dich zerstörst. Das eben war kein neckischer Scherz, das war mein voller Ernst! Denk darüber nach, Tsunade!“ Damit ließ er sie stehen, alleine, doch diese aufgeflackerte Wärme war geblieben. Vielleicht gab es auch noch andere Dinge, außer der Zeit, die Wunden heilten… Kapitel 9: ~Narbe~ ------------------ Er sah sie jedes Mal, wenn er in den Spiegel schaute, jedes Mal, wenn eine klare Wasseroberfläche sein Antlitz reflektierte. Die Narbe in seinem Gesicht. Wie lange war es her, dass er sie abbekommen hatte, wie alt war er gewesen? Achtzehn, oder doch neunzehn? Wie lange war es denn wirklich her, dass er versucht hatte seinen kleinen Bruder aus den Fängen dieses irren Verräters zu befreien? Ibiki stand im Badezimmer und betrachtete die Narbe, die sich lang und dünn über seine rechte Wange zog. Nein, dieser Mistkerl hatte ihm nicht nur eine körperliche Wunde zugefügt, er hatte ihm etwas Wertvolles genommen, seinen kleinen Bruder, diesen ungestümen Wirbelwind. Diese Narbe hier zeugte von Ibikis Versagen, von seiner Unfähigkeit, von seinem Verlust. Der Elitejonin klatschte sich kaltes Wasser ins Gesicht, trocknete sich ab. Es kostete ihn keinerlei Mühe, er brauchte nur die Augen zu schließen, um sich an den Tag zu versetzen, an dem er nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus wieder zur Arbeit gegangen war. Das Gefühl von Scham, die Angst, von seinen beiden Arbeitskollegen Anko und Genma ausgelacht zu werden, Angst davor, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollten, weil sie ihn für schwach hielten. Bei diesen Erinnerungen verschwamm für einen kurzen Moment das Waschbecken von Ibikis Augen. Ja, er erinnerte sich ganz genau daran. Er war Genma dankbar dafür gewesen, dass dieser kein Wort über seine Narbe verloren hatte. Und Anko…Ibiki war schon fast so, als würde er ihre weichen, schlanken Finger erneut auf der Haut spüren, wie damals, als sie grinsend mit dem Zeigefinger über seine Narbe gefahren war. „Du brauchst eine zweite, dann siehst du wirklich cool aus“, hatte sie gemeint. Wenige Wochen später hatte er die zweite Narbe bekommen, aber er war sich sicher, dass er sich nicht freiwillig verletzen hatte lassen, damit er Ankos Vorstellungen gerecht wurde. Oder? Kapitel 10: ~Attentat~ ---------------------- „Was hast du denn vor?“, fragte Jiraiya, die in tiefschwarz gekleidete Rothaarige. Er legte den Kopf schief und musterte sie skeptisch. „Willst du irgendwo einbrechen?“, ergänzte er seine Frage nach kurzem Schweigen. Das rothaarige Mädchen zog den Reißverschluss der schwarzen Baumwolljacke langsam zu, als ob sie der plötzliche Ruhestörer nicht weiter interessieren würde. Was der weißhaarige hier wollte, wusste sie zwar nicht so Recht, aber solange er ihr nicht dazwischen funken würde, war es ihr auch egal. Sie setzte sich noch eine passende schwarze Kappe auf, stopfte ihre roten Harre so gut wie möglich darunter. Dann stellte sie sich aufrecht hin, stemmte die Hände in die Hüften und grinste den Ero-senin verschmitzt an. „Nein, ich habe vor ein Attentat zu verüben“, antwortete sie und bewegte sich auf die Gartenmauer zu, schwang sich elegant darüber. Jiraiya sah ihr verwirrt hinterher, bevor er im Schatten des nächsten Baumes untertauchte. Wie auf Samtpfoten näherte sie sich dem Bett, stellte sich davor hin und besah ihr Opfer, das ruhig atmend schlief. Es war so einfach in sein Haus zu kommen. Jemand sollte ihn mal über überfällige Sicherheitsvorkehrungen informieren. Sie grinste breit und zog ein Kunai aus ihrer Shurikentasche. Ihr Herz klopfte schneller, ihr Atem ging unregelmäßig und flach. Sie ermahnte sich zu Vorsicht, damit sie ihr potentielles Opfer nicht aufwecken würde. Zaghaft beugte sich das rothaarige Mädchen vor. Sanft fuhr sie ihm über die Stirn, strich die weichen, blonden Haare höher. Dann setzte sie das Kunai etwas oberhalb des Haaransatzes an. ‚Jetzt bekommst du eine richtig schöne Uzumaki-Lektion!’, dachte das rothaarige Mädchen frech grinsend. Bevor sie die ersten Haare abtrennen konnte sah sie, wie zwei azurblaue Augen sie funkelnd anstarrten. Amüsiert, gefasst. Er hatte sie schon längst bemerkt. Das rothaarige Mädchen konnte nicht mehr zurückweichen. Unsanft wurde ihr Handgelenk gepackt. Hastig zog er sie auf seinen Schoß. Der Blondschopf hielt sie eisern fest. Egal, wie sehr sie sich auch wehrte, es gelang ihr nicht sich loszureißen. Plötzlich spürte sie zwei warme Lippen auf den ihren. Ihr Widerstand wurde weniger, doch verblasste er nicht vollkommen. Diese Blöße würde sie nicht eingestehen, genauso wenig, wie, dass sie den Kuss genoss. Nach Kurzem ließ er wieder ab und grinste zufrieden. Seine Hand schnellte in die Höhe und hielt eine schmale, blonde Haarsträhne vor ihre Augen. „Dann sind wir wohl wieder quit“, sagte er vergnügt. „Attentat nennt sie das also“, sagte der weißhaarige Mann amüsiert zu sich selbst, als er den Blick vom Fenster abwandte, vom Baum sprang und sich langsam vom Haus seines Schützlings entfernte. Kapitel 11: ~Rat~ ----------------- Seufzend setzte sich der junge, blonde Mann auf einen Stuhl. „Sakura-chan. Wieso kommst du mit so etwas denn zu mir? Ich kann dir keinen guten Rat in so was geben.“ Betrübt sah er zu Boden, hob den Kopf erneut und sah in ihr fragendes Gesicht. „Du weißt doch, ich würde dir bei jedem zustimmen. Also, warum fragst du mich?“ Sie setzte sich neben ihn, schlang die Arme um die Knie und starrte schweigend vor sich hin. „Ach, ich weiß ja auch nicht, was ich machen soll“, meinte sie betrübt. „Und du bist sicher, dass ich nicht besser…“ Naruto unterbrach sie mit einer Handbewegung, verzog das Gesicht zu einer theatralischen Fratze. „Ich kann dir wirklich keinen Rat geben, Sakura-chan!“ Verzweifelt sprang er von seinem Stuhl auf, begann im Zimmer auf und abzugehen. Die junge Frau beobachtete ihn eine Weile, versuchte dann noch einmal, ihm einen guten Ratschlag abzuringen. „Naruto, ich bin sicher, du kannst mir da helfen. Bitte!“ Der junge Mann raufte sich die Haare, sah seine Jugendfreundin mit gespielt ernstem Gesicht an, bevor dieser Ausdruck erneut kindlicher Verzweiflung wich. „Arrrg! Sakura-chan! Ich weiß doch selbst nicht, welchen Anzug ich auf Kakashi-senseis Hochzeit anziehen soll, wieso nimmst du nicht einfach das weinrote Kleid?!“ Kapitel 12: ~Beistand~ ---------------------- Sie beobachtete ihre Schülerin, wie sie mit diesem melancholischen Gesichtsausdruck vor dem Fenster stand und nach draußen starrte. Diese Gedanken, die einem das Herz in der Brust zerfraßen, diese Vorwürfe, dass man nicht stark genug gewesen war, um das Unvermeidliche abzuwenden. Sie hatte auch mit all diesen Gefühlen leben müssen, mit diesem Zweifel, mit diesen Selbstvorwürfen. Sie hatte es überwunden, langsam, nach langer Zeit. Wie sah es mit dem jungen Mädchen aus? Langsam trat Tsunade auf Sakura zu, legte ihr die Hand auf die Schulter, nur um ihr zu zeigen, dass sie nicht allein war. Nur um ihr schweigenden Beistand zu leisten, denn sie wusste, dass kein Wort der Welt, Beistand zu geben vermochte. Sakura sah ihre Meisterin an, nickte ihr zu, bevor sie sich umwandte und zurück an ihre Arbeit ging. Tsunade sah ihr nach, seufzte. Ihr Beistand, ihre Zuversicht reichten wohl nicht aus. Jiraiya betrat das Büro, mit seinem üblichen Grinsen im Gesicht. Doch dieses verschwand, als er den bedrückten Gesichtsausdruck seiner Teamkameradin erblickte. „Machst du dir schon wieder so viele Sorgen um Sakura?“ Dieser Blödmann verstand es wirklich in ihrem Gesicht zu lesen, wie in einem offnen Buch. Die Blondine seufzte, setzte sich an ihren Schreibtisch, schob Akten und Blätter darauf herum. „Mach dir doch nicht so viele Gedanken. Sakura wird das schon alleine schaffen, du bist ja schließlich auch ohne den ganzen Beistand wieder auf die Beine gekommen, oder?“ Tsunade verschränkte die Finger und legte den Kopf darauf. Schweigend saß sie eine Weile da, ob sie darüber nachdachte oder über etwas Anderes, konnte der weißhaarige Senin nicht sagen. „Du irrst dich, ich hatte Beistand“, murmelte der Hokage plötzlich, Jiraiya hob fragend eine Augenbraue. „Ach, und wen?“ Tsunade öffnete ihre braunen Augen. „Ich hatte dich.“ Kapitel 13: ~Schwert~ --------------------- Kein Katana durchschnitt die Luft so lautlos wie dieses. Kein Schwert lag leichter in der Hand, keines ließ sich leichter führen. Mit keinem hatte er mehr Schlachten geschlagen, keines hatte mit seiner scharfen Klinge mehr Angriffe abgewehrt wie dieses eine hier in seiner Hand. Dieses Ding war wirklich sein ganzer Stolz. Seine verstorbene Mutter hatte es ihm einst geschenkt. Noch ein Grund, warum eben dieses Katana sein größter Schatz war. Deshalb wusste er auch, dass er dieses Mal nicht verlieren würde, nicht wieder gegen diesen Anbu, mit dem er sich schon seit gut einem halben Jahr regelmäßig duellierte. Zwar hatte er noch nie ein Wort mit diesem Maskierten gesprochen, doch das war auch nicht nötig. Ihre Schwerter waren dazu redselig genug. Zuhause klopfte sein Herz immer noch, sein Kopf war wie leergefegt. Die ganze Zeit hatte er mit einer Frau gekämpft, mit einer auffallend hübschen Frau. Ratlos blickte er auf die Schwertscheide, die nun leer und verlassen neben ihm auf der Couch lag. Der Stahl des Katana war einfach so gebrochen, in viele Teile zersplittert. Das Katana des Anbus. Immer wieder stahl sich das Bild in seinen Kopf, der Augenblick, in dem sie die Maske abgenommen hatte. Diese traurigen Augen, dieser Satz, dass sie das Schwert einst von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte. Es war Hayate immer noch unbegreiflich, wie er sein geliebtes Schwert nehmen und es so wortlos neben sie hinlegen hatte können. Dass er gegangen war, ohne sich noch einmal umzusehen, obwohl er diese Blicke im Nacken spüren hatte können. Warum hatte er ihr seinen wertvollsten Besitz überlassen, obwohl er sie nur von den Kämpfen gekannt hatte? Aber manchmal musste man etwas Geliebtes eben hergeben, um etwas Anderes zu bekommen. Kapitel 14: ~Blumen~ -------------------- Der Wind rauschte in den Blättern des Baumes, unter dem er saß. Er spielte mit seinen braunen Haaren und zerrte an den zarten Blütenblättern der Blume, die der junge Lehrer in der Hand hielt. Vorsichtig wickelte er einen der dünnen, biegsamen Zweige um den Stängel und sah das kleine Mädchen vor ihm dann erwartungsvoll an. „Na, Moegi, welche möchtest du noch haben?“ Seine Schülerin überlegte, rieb sich dabei gedankenverloren an der Nase herum. „Eine Frau ist doch so schön, wie die Blume, die sie trägt, oder, Iruka-sensei?“ Iruka sah die kleine für einen Moment lang verblüfft an, dann lächelte und nickte er. Es war doch immer wieder nett, wenn er seinen kleinen Schülerinnen beim Ikebana helfen konnte. Während Moegi überlegte, schweiften die Gedanken des jungen Chunins ab. Blumen…Frauen…In seinem Kopf nahm das Gesicht einer jungen Frau Gestalt an, die dunklen Augen, die schwarzen Haare. Welche Blume würde zu ihr passen, welche würde ihre Schönheit widerspiegeln? Nachdenklich musterte er die Blumen, die vor seiner Schülerin lagen, die sie kritisch unter die Lupe nahm, sich aber wohl nicht entscheiden konnte, welche die schönste war. Entmutigt sah sie zu ihrem Lehrer auf: „Welche soll ich nehmen, Iruka-sensei?“ Der junge Mann wandte den Blick von der Baumkrone ab und wollte sich den Pflanzen zuwenden, als eine Hand über seine Schulter griff und auf eine hübsche rosarote Blume deutete. „Ich würde die Cosmea nehmen“, sagte eine helle Stimme, Iruka zuckte zusammen. Er blickte in das lächelnde Gesicht der jungen Frau, die die Akademieschülerin musterte und sich dabei über seine Schulter lehnte. Eine Cosmea? Iruka nahm unwillkürlich eine der beiden Cosmeablüten in die Hand und steckte sie Shizune ins Haar. Ja, das passte… Kapitel 15: ~Sandburg~ ---------------------- Für kleines-sama Gelangweilt ließ sie den Sand durch ihre Finger rieseln. Vorsichtig sah sie zu Neji hinüber, doch sie wusste, dass sie nicht mit ihm spielen durfte. Nicht mit ihm und nicht mit den anderen Kindern hier in Suna, ihr Vater hatte es verboten. Sie waren alle nicht von einem angesehenen Clan, so wie sie. Aber auch die anderen Kinder schienen sie zu meiden. Lag wohl an ihren weißen Augen. Warum hatte ihr Vater sie denn überhaupt nach Suna mitgenommen, wenn sie nicht mit zu dem Gespräch zum Kazekage gehen durfte und nicht mit den Kindern reden durfte? Nicht einmal mit Neji, weil er nicht zum Haupthaus der Hyugafamilie gehörte. Hinata grub mit den Fingern im Sand. Vielleicht konnte man aus den feuchteren Schichten eine tolle Sandburg bauen. Hinatas weiße Augen leuchteten, als ihre Sandburg hoch in den wolkenlosen Himmel ragte. Die Finger der Sechsjährigen glitten ein letztes Mal über den Sand, als plötzlich ein Ball durch die Luft auf sie zuflog und mit einem schmatzenden Geräusch ihre Sandburg zerstörte. Ein Mädchen kam auf sie zugelaufen, schnappte sich den Ball und verschwand wieder. Hinata sah traurig auf die zermatschten Überreste ihres kleinen Kunstwerks. Am liebsten hätte sie vor Enttäuschung geweint, doch ihr Vater hätte sie wohl nur dafür gerügt. Als Hyuga sollte sie eher hinter den Kindern herlaufen und sie mit ihrem Byakugan alle in die Flucht schlagen. Doch das kleine Mädchen blieb sitzen und starrte den Sand an, der in einem unordentlichen Haufen zu ihren Füßen lag. Plötzlich bewegten sich die Sandkörner, flogen ohne den Einfluss des Windes durch die Luft und sammelten sich, verdichteten sich, stapelten sich. Vor Hinatas erstaunten weißen Augen baute sich der Sand von selbst zu einer großen schönen Sandburg auf. Verwirrt sah das kleine Mädchen sich um. Hinter einer Hauswand stand ein kleiner rothaariger Junge, der mit der Hand Kreise in die Luft machte, die Hand öffnete und schloss. Hinata stand auf, ging auf den Jungen zu. Schüchtern rang sie die Hände, senkte den Blick. „Danke! Spi-spielst du mit?“ Kapitel 16: ~Reißverschluss~ ---------------------------- für Vogelscheuche Er holte röchelnd Luft, atmete unregelmäßig und stockend. „Verdammt, Tobi, nicht so fest!“, hauchte der blonde Mann, über dem ein Schwarzhaariger mit oranger Maske, die sein gesamtes Gesicht verbarg, saß. Erschrocken zuckte er etwas zusammen. „Das tut Tobi leid, Snpai!“ „Schon gut“, seufzte Deidara und stützte sich auf seine Unterarme. „Jetzt mach weiter!“ Der Schwarzhaarige zog kräftiger an dem Reißverschluss des Wolkenmantels des Blondschopfs. Hoch, runter, wieder hoch. „Jetzt komm schon! Nicht so zimperlich, Tobi! Ich will heute noch hier raus!“, murrte Deidara ungeduldig. Die Tür klickte. Dumpfe Schritte erklangen, stoppten abrupt wieder. Deidara sah genervt an Tobi vorbei, legte dabei eine Hand auf dessen Schulter, um ihn etwas aus dem Blickfeld zu schieben. „Was?“, knurrte er, als er den skeptischen Ausdruck im Gesicht des Uchihas sah. Itachi hob eine Augenbraue. „Könnt ihr nicht wenigstens absperren, wenn ihr euch schon nicht beherrschen könnt?“, fragte der Uchiha abschätzig. Zuerst verstand Deidara nicht ganz worauf Itachi anspielte, dann warf er einen schnellen Blick auf die abartige Position die er und Tobi eingenommen hatten. Itachi grinste dämlich als Deidara ihm einen wütenden Blick zu warf. „Eifersüchtig?“, meinte der Blonde frech, versuchte damit zu kontern und sich ein wenig aus der Affäre zu ziehen. Dieses dämliche Grinsen, das das Gesicht des Uchihas gerade noch geziert hatte und für dessen Verhältnisse eine Rarität war, verschwand augenblicklich. „Na, ganz toll! Dabei hat nur dieser verdammte Reißverschluss geklemmt. Ich hätte Tobi nicht bitten sollen mir zur Hand zu gehen.“ Er stand inzwischen vor der Kommode, hatte Tobi, der nun auf dem Boden lag und an die Decke starrte, rücksichtslos von sich und dem Bett runter geschubst. Zu allem Überfluss hatte sich der verdammte Reißverschluss immer noch nicht dazu bewegen lassen aufzugehen. Deidara zog und zerrte daran. Warum musste der auch nur so klemmen! Kapitel 17: ~Blut~ ------------------ Bewegungslos stand er da und schaute zurück in den düsteren Gang. Er starrte ungläubig auf die undeutlichen Schemen, die zwei übereinander liegende Menschen darstellen sollten, unnatürlich verkrümmt, grotesk verdreht. Der Junge biss sich auf die Unterlippe, drehte sich um, ging. Seine Schritte waren schleppend, langsam, dumpf auf den mit Blut besudelten Holzdielen. Überall lagen leblose Körper herum, Blutrinnsale gerannen zu großen Pfützen, der kleine Teich in der Mitte des Anwesens schien die rote Flüssigkeit gierig zu trinken. Vorsichtig trat Itachi an das dunkle Wasser, in dem sich einige wenige Sterne spiegelten. Und er selbst. Sein emotionsloses Gesicht, das hier und da noch ein paar Blutspritzer aufwies. Blut. Aber nicht sein eigenes. Zwar das gleiche, wie das, das auch durch seine Adern floss, und doch nicht dasselbe. Der schwarzhaarige Junge trat vom Wasser zurück, blickte hinab auf die Klinge seines Katana, das an diesem Abend so viele Körper durchbohrt, so viel Blut geleckt hatte. Er hatte nie gewollt, dass es so weit kam. Ein Schluchzen riss ihn aus seinen Grübeleien. Unregelmäßige, dumpfe Schritte, laute Rufe einer hellen Stimme. „Kaa-san! Doo-san!“ Der schwarzhaarige Uchiha drehte sich um, sah einen kleinen Schatten über die Dielen huschen, hinein in das Zimmer, das er selbst zuvor verlassen hatte. Das Zimmer mit den Leichen seiner Eltern. „Kaa-san! Doo-san! NEIN!!!“ Itachi sah auf seinen kleinen Bruder hinab, der zitternd über die toten Körper seiner Eltern gebeugt war. Itachi sah, wie er versuchte sie zu schütteln, sie durch Rufe und Worte wieder zum Leben zu erwecken, wie er versuchte, das ganze Blut zu übersehen, das über den Boden in die Ritzen sickerte und wohl nie wieder aus dem Parkett herauszubekommen war. Kurz schloss der ältere Bruder die Augen, dann hob er den Kopf und schlug Sasuke mit der Handkante gegen das Genick. Ein leises Poltern, dann lag der Kleine wie tot neben den toten Körpern, das Gesicht bleich, mit Tränen in den Augen. „Verzeih mit, nii-chan! Irgendwann wirst du es verstehen.“ Damit senkte er sich hinab und wischte seinem kleinen Bruder das Blut ihrer Eltern von der Wange, bevor er sich umdrehte und ging. Kapitel 18: ~Glaube~ -------------------- Röchelnd rang ein blonder Junge nach Luft. Er lag auf dem Boden, sein bereits Blut und Dreck verschmierter Körper, klebte im Matsch. Seine Haare hingen ihm feucht ins Gesicht und sein gelockertes Stirnband war ihm über das linke Auge gerutscht. Was machte er hier? Seine Gedanken waren verworren, so durcheinander. Nur langsam ließen sie sich wieder ordnen. Er hatte doch eine Mission zu erledigen. Da waren auch noch Ninjas aus Kiri-gakure gewesen. Es hatte einen Kampf gegeben. Der Rest war verschwommen, er konnte seine Erinnerung nicht mehr wachrufen. Wahrscheinlich hatte er verloren und die Ohnmacht hatte ihn überwältig, die Ninjas hatten ihn liegen gelassen, womöglich dachten sie er wäre bereits tot. Mit seinen stark zitternden Händen, in denen er jede Sehne, jeden Muskel zu spüren schien, wollte er sich vom Boden hochstemmen. Halb aufgerichtet sackte er wieder zusammen. Sein Körper besaß keine Kraft mehr. Es fühlte sich alles schlaff, ziehend und überdehnt an. Wie sollte er hier weg kommen? Erneut bemühte er sich, versuchte sich mit den auf den weichen Boden gedrückten Händen hoch zu drücken. Ein seltsames Kribbeln wanderte in seinen Armen umher. Er versuchte es zu ignorieren, doch es wurde intensiver, vermittelte jedoch nicht das Gefühl, dass er gleich wieder zusammen sacken würde. Doch genau das geschah. Seine Arme knickten ein, er landete mit einem klatschenden Geräusch im Schlamm, der großzügig umher spritzte. Ein zuckendes Stechen in seiner Schläfe und in seiner Brust, ließen bunte Punkte vor seinen Augen tanzen. Er sah ein, dass er es wohl nicht schaffen konnte, nicht in diesem Zustand. Dann würde er eben warten. Seine Freunde würden kommen, sie würden ihn finden und Sakura würde ihn dann versorgen. Schweiß perlte von seiner Stirn in den Schlamm. Er atmete schwer. Ein eisiger Schauer durchfuhr seinen Körper. Es war kalt. Den Blonden begann es langsam zu schütteln, immer stärker. Diese Kälte war ihm noch gar nicht bewusst geworden. Naruto lächelte leicht, seine Augen brannten und seine Lieder sanken immer tiefer. Ja, er würde einfach in Ruhe warten. Kapitel 19: ~Haare~ ------------------- Frauenhaar kitzelte. Während der letzten Mission hatte er das fast vergessen. Aber jetzt streifte es mit jedem Atemzug, den sie tat, sein Gesicht, strich immer wieder über seine Wange. Rosa war es, die Farbe der Kirschblüten, die im Moment die Bäume vor dem Haus schmückten. Rosa und nicht schwarz wie seines. Vorsichtig drehte Sasuke seinen Kopf zur Seite und sah hinab auf das ausgestreckte Etwas, das in seinem Gitterbett vor sich hin schlummerte. Die Haare seines Sprösslings leuchteten im Dämmerlicht des Zimmers. Es war genauso rosarot wie das seiner Mutter. Sasuke verzog das Gesicht bei dem Gedanken an Narutos dämliches Grinsen, als sie beiden den vielversprechenden Erben der Uchihafamilie zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatten. Wer hätte auch wissen sollen, dass das Rosa von Sakuras Haaren sich gegen Sasukes Schwarz durchsetzen würde? Egal, er liebte seinen Sohn trotzdem. Der junge Mann drehte den Kopf wieder auf die andere Seite und küsste seine Frau sanft auf das leicht verschwitzte Haar. Einzelne Haarsträhnen kitzelten sein Gesicht. Er würde es nicht wegstreifen. Um nichts in der Welt. Kapitel 20: ~Traumwelt~ ----------------------- Es war nicht genug. Er hatte sich immer so angestrengt, immer so hart trainiert, bis er vor Erschöpfung zusammengebrochen war. So lange bis ihn mal wieder jemand aufgelesen hatte und ihn unsanft aus seinem Reich geholt hatte, wo er Hokage war, wo er alle Anderen beschützte, wo alle zu ihm aufsahen, ihn achteten und respektierten. Aber die Realität sah anders aus. Viel härter und kälter. Mit mehr Problemen und mehr Schmerzen. Innerlich wie äußerlich. „Ich hab’s Sakura versprochen! Komm zurück, du Vollidiot. BLEIB GEFÄLLIGST STEHEN!!!“ Es war die Realität, die Einsicht, die mehr schmerzte als eines der Kunais, die in seinem Körper steckten, es gekonnt hätten. Er lag am Boden, halb bewusstlos, im Dreck und Schlamm, die Kleidung am Körper klebend. Die Einsicht, dass er ihm immer noch unterlag, dass er immer noch schwächer war. In seiner Traumwelt hätte er Sasuke zurückgeschleppt. Hätte ihn zurückgebracht, so wie er es Sakura versprochen hatte. In seiner Traumwelt würde er nicht am Boden liegen, am Ende seiner Kräfte, so wie jetzt. Er würde nicht zusehen, wie Sasukes Silhouette immer kleiner wurde und schließlich in den Regenschleiern verschwand. In seiner Traumwelt würden ihm nicht die Tränen über die Wangen laufen. Selbst wenn, er würde wieder aufstehen, weitergehen, weitermachen, es schaffen. Er würde am Ende siegreich dastehen, vielleicht würde Sakura ihn umarmen, weil er eben der stärkste und beste Ninja weit und breit war, weil er immer seine Versprechen hielt. Mühsam stemmte Naruto sich in die Höhe, kämpfte sich weiter. Zeit seine Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Kapitel 21: ~Tränen~ -------------------- Tränen. Es hatte schon viele Gründe für Tränen in seinem Leben gegeben. Auch wenn die meistens dank seiner Augenfarbe unbemerkt blieben. Früher. Nach dem Tod seines Vaters hatte Neji es sich verboten zu weinen. Egal welche Art von Tränen, niemanden gingen seine Tränen etwas an. Egal welche Sorte. Tränen der Angst. Tränen der Wut. Salzige Tränen, die sich in seine Augen stahlen, auch wenn er sie gar nicht wollte. Ewig lang hatte er nicht mehr geweint, kein einziges dieser salzigen Dinger. Doch jetzt…jetzt konnte er sie nicht mehr zurückhalten. Tränen der Trauer. Tränen der Verzweiflung. Tränen, die sich ihren Weg über seine Wangen bahnten und sich langsam mit dem Blut vermischten, das ihr Hemd inzwischen vollkommen durchtränkte. Er war so schwach. Er hatte sie nicht retten können. Eine Weile saß der junge Hyuga zwischen den Wurzeln des Baumes, barg Tenten in seinen Armen und wischte sich schließlich die vermaledeiten Tränen von seinen Wangen. Schloss die Augen und versuchte sich darauf zu konzentrieren, dass sich in seinem makellosweißen Byakugan keine weitere dieser Tränen bildete. Tränen, die ihm plötzlich sanft vom Gesicht gewischt wurden. Neji riss die Augen auf, starrte Tenten an, deren Hand vorsichtig über seine Wange strich. Eine Flüssigkeit rann über Nejis Gesicht. Eine neue Art von Tränen. Tränen der Freude, Tränen des Glücks. Kapitel 22: ~Weg~ ----------------- „Sieht aus, als würden unsere Wege sich hier trennen.“ Es kam monoton über seine Lippen, so wie immer in letzter Zeit. Konan nickte nur und sah stur geradeaus. Sie standen auf einer Anhöhe und blickten ins Tal hinab. Soweit es eben ging. Regenschleier trübten ihren Blick, doch konnte man Bäume in der Nähe erkennen und einen hohen Turm. Der Regen flüsterte und klatschte und verwandelte den Weg vor ihnen in ein matschiges Etwas, das sich wie eine Schlange in die Ferne zog. Der Weg, der Pain nun von ihr wegführen würde. „Und du bist sicher…?“ – „So sicher, wie noch nie in meinem Leben!“ Pains Stimme klang barsch und kalt und Konan lachte bitter auf. Oh ja, sie hatten sich so verändert, seit sie sich das erste Mal begegnet waren. Seit damals waren sie zusammen einen Weg gegangen – einen gemeinsamen Lebensweg. Doch jetzt ging jeder seinen eigenen Weg – ohne den anderen. Pain ging ohne ein weiteres Wort des Abschieds den Pfad hinunter, während Konan stehen blieb und hoffte, dass sich ihre Wege irgendwann wieder kreuzen würden. Kapitel 23: ~Feuchtigkeit~ -------------------------- Naruto lag wach im Bett, starrte zur Zimmerdecke empor und war nun an dem Punkt angelangt, wo man sich über einfache Wörter Gedanken philosophischen Ausmaßes machte. Das aktuelle Wort war Feuchtigkeit. Es gab verschiedene Arten von Feuchtigkeit. Die Feuchtigkeit des Regens, wenn er seine Schüler auch noch bei Regenwetter trainieren ließ und einem die Kleidung dann feucht und klamm und triefend am Körper klebte. Die Feuchtigkeit des Blutes, wenn das Kunai in seinem Körper steckte, Jacke und Hemd durchtränkte, in den Ohren rauschte und man spürte, dass das Blut langsam den Hals hinaufströmte und die Kehle und Rachen füllte. Die Feuchtigkeit der Tränen, die einem über die Wangen liefen, sei es aus Wut, aus Verzweiflung, aus Trauer, aus Angst oder aus Freude. „Verdammt!“ Mit einem Satz und einem weiteren Fluch sprang Naruto aus dem Bett. Ja, und dann gab es da die Feuchtigkeit, wenn sein Sohn zu ihnen unter die Decke kroch und in das elterliche Bett pinkelte. Kapitel 24: ~Leiden~ -------------------- Die untergehende Sonne taucht das schweigende Dorf in rubinrote Farbe. Ich lache. Mein Lachen hallt durch das ganze Dorf wieder. Aber das ist egal. Niemand kann es mehr hören. Nur ich genieße es. Die Stille und nur ich, der sie durchbrechen kann. Diesen Moment habe ich für mich ganz alleine. Tief hole ich Luft und lache weiter. Ich kann nicht mehr aufhören. Es ist einfach zu wunderbar. Ich habe es geschafft. Dann schweige ich. Mein triumphierender Blick schweift wieder und wieder über die Leichen, die im ganzen Dorf verstreut sind. Ich habe es geschafft. Ihr wart mir alle nicht gewachsen. Siehst du das Itachi! Es war anstrengend. Es war nicht leicht. Doch jetzt habe ich endlich meine Rache bekommen. Meine Rache! Dieses Wort lasse ich mir immer und immer wieder auf der Zunge zergehen. Dann muss ich wieder laut lachen. Dieses Gefühl es ist… es ist… Wenn du hast, was du wolltest, warum weinst du dann wie ein kleiner Junge? Mein Lachen verstummt. Ich fahre mit den Fingerspitzen über meine Wange. Sie war nass. Meine Sicht war trüb und die Tränen hörten nicht auf. Ich ließ sie und starrte weiter auf das verschwommene Dorf Konoha. Schweigend stand ich dort und weinte lautlos. Ich kann nicht mehr aufhören. Meine Tränen wollen nicht mehr versiegen. Und ich frage mich, ob es das ist, was ich wollte. Ich sehe die Toten, alle die, die ich umgebracht hatte in meinem Rachefeldzug. Jeden einzelnen davon kannte ich. Manche besser als andere. Meine Knie knicken ein. Lachende Gesichter, traurige Gesichter. Meine Tränen werden mehr, laufen schneller meine Wangen hinunter. Ich schlage mit den Fäusten auf den aufgeweichten Boden. Es hat zu Regnen begonnen. Ich werfe meinen Kopf in den Nacken und schreie. Ich schrei so laut ich kann. Dann sacke ich nach vor. Meine Stirn presste ich auf den matschigen Boden. „Das habe ich nicht gewollt“, flüstere ich. „Ich wollte doch nur…“ Aber ich weiß nicht mehr genau was ich wollte. Wieder schreie ich, aber dieses Mal wird der Schrei von der feuchten Erde erstickt. Ich dachte, es würde alles besser werden. Doch das ist es nicht. Es ist alles nur noch viel schlimmer geworden. Sie hatten alle Recht gehabt. Ich hätte es nicht tun sollen. Ich setze mich auf und starre auf den leuchtenden Vollmond. Ich knie nur da und lasse alles hängen, das Schreien hat mich zuviel Kraft gekostet. Die Tränen sind noch immer nicht versiegt. Mein Gesicht ist voller Matsch. „Es tut mir Leid… Itachi… Naruto… Sakura… Kakashi...“ ~~~~ Ich hab schon ewig nichts mehr geschrieben und gestern hat's mich dann gepackt! Naja, wer Tips hat, immer nur her damit ^.^ Kapitel 25: ~ Erinnerungen ~ ---------------------------- Er dachte über dies und das nach in jenen Minuten. Er dachte an all die Ereignisse, die schon lange zurück lagen. Er dachte an die Stunden, die noch frisch in seinem Gedächtnis waren. Es waren so viele Erinnerungen, die nun in seinem Kopf herumwirbelten. Er sah, wie er sich freute, als ihm das erste Mal Gokakyu-no-Jutsu gelang – den Stolz, als er seinem Vater das Ergebnis präsentieren hatte können. Er hörte seine Proteste entgegen der Teamzusammenstellung – sie hatten ihm nichts genützt. Er beobachtete wie er versuchte dem schlafenden Kakashi die Maske vom Gesicht zu ziehen – was ihm nicht gelungen war. Er sah wie Rin von Gegnern entführt wurde – wie schrecklich er versagt hatte. Er spielte im Kopf noch einmal diesen tollen Kampf durch, diese wunderbare Teamarbeit, als er mit Kakashi gemeinsam gegen die Iwanin vorging, um Rin zu retten. Er sah Rins Tränen vor sich. Kakashis Versuche diesen riesigen Felsbrocken von ihm herunter zu hieven, der seine rechte Körperhälfte komplett zerquetscht hatte. Er meinte immer noch die Wärme von Rins Fingern zu spüren, als sie seine Hand gehalten hatte. Nichts Anderes würde von ihm übrig bleiben als Erinnerungen. Erinnerungen an das Leben von Obito Uchiha. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)