Bomb Run von KateFromHighburyPark (Eine US-Bomberbesatzung im 2. Weltkrieg) ================================================================================ Kapitel 3: Krisenbewältigung ---------------------------- Thomps und Matt saßen über ihre Biergläser gebeugt im Dorfpub. Sie hatten einen Ecktisch belagert, weil sonst im gesamten Raum nichts mehr frei zu sein schien. Alle Tische waren besetzt, manche davon sicher doppelt und dreifach. Der Pub war mit Menschen nur so vollgestopft. Und um sie herum tobte eine Party, wie sie sie das letzte Mal in den USA gesehen hatten, bevor sie nach Europa in den Krieg gestartet waren. Sie hatten beide keine Ahnung, was hier eigentlich los war. Aber es schien eine Geburtstagsfeier von irgendeinem Major oder sonst irgendwas höher Gestelltem zu sein. Wer genau das Geburtstagskind war, ließ sich nicht herausfinden. Zum einen, weil viel zu viele Leute da waren. Und zum anderen, weil Matt und Thomps auch gar keine Lust hatten sich damit zu beschäftigen. Thomps sah auf, als irgendjemand über seinen ausgestreckten Fuß stolperte, zu Boden ging und sich dann laut fluchend wieder hochstemmte. „Sorry“, murmelte er, machte aber keine weiteren Anstalten, dem Geschädigten zu helfen, oder zumindest aufzublicken und zu schauen, wer da überhaupt über seine Beine geflogen war. Plötzlich ließ sich neben ihm eine junge Frau nieder und starrte ihm schon beinahe unverschämt offen in die Augen. „Guten Tag, Fremder.“ Dabei lächelte sie ihn strahlend an. Thomps warf Matt einen schiefen Blick zu. „Das ist ein Traum, oder?“ Matt grinste und nahm einen tiefen Schluck Bier, wobei er vergeblich versuchte das Gesicht nicht zu verziehen. Er ließ das leere Glas stehen und stand auf. „Ich hol’ mir ein neues. Willst du auch eins?“ Thomps gab ihm keine Antwort, sondern starrte das Mädchen an. Matt seufzte. „Oder ich steig’ lieber gleich auf Whiskey um.“ Mit diesen Worten zog er von dannen, um sich durch die Menschenmenge zur Bar durchzukämpfen. „Und Sie?“ fragte sprach ihn das Mädchen an. „Schmeckt ihnen das Bier nicht?“ Sie lachte plötzlich auf. Es war ein helles wohlklingendes Lachen. „Aber was rede ich, das Bier schmeckt hier keinem.“ Thomps konnte den Blick nicht von ihrem Gesicht mit dem etwas zu breiten Lächeln abwenden. Aber ihm fiel, wie durch einen Schleier auf, dass sie eine taubenblaue Uniform trug, eine von der Sorte wie sie die Royal Air Force Männer trugen, nur dass sie keine Hose sondern einen Rock trug. „Arbeiten Sie hier irgendwo?“ fragte er und schalt sich selbst einen Idioten, weil ihm kein besseres Thema einfiel, um sich mit einem Mädchen zu unterhalten. „Ich bin bei der WAAF“, antwortete sie. „Bei was?“ Thomps hatte noch nie davon gehört. „Die englische Hilfsluftwaffe. Auch Women’s Auxiliary Air Force genannt.“ Sie deutete auf die Wimpel auf ihrem Oberarm. „Ich bin auch Sergeant. Wie Sie.“ Thomps besann sich wieder und riss sich zusammen. „Darf ich Sie zu einem Drink einladen?“ Sie lächelte und ihm fiel auf, dass sie ein wenig schwankte und sich an der Wand anlehnte. „Lieber nicht. Ich hatte schon einiges davon.“ Sie kicherte. Matt kam zum Tisch zurück und stellte drei kleine Gläser ab, die mit einer goldfarbenen Flüssigkeit gefüllt waren. Er deutete mit einem Kopfnicken auf die junge Frau. „Für Sie auch.“ Thomps stellte ihr das Glas vor die Nase und kippte seinerseits den Whiskey hinab. Das scharfe Getränk brannte in seiner Kehle und legte wieder den wohligen Schleier um seine Gedanken. Die fremden Stimmen drangen nur noch wie durch einen Wattebausch an seine Ohren. Nur das Mädchen hörte er noch deutlich. Und Matt. Sie hob ihre Hand und wedelte damit vor seinen Augen herum. „Hey. Sind Sie noch da?“ Erst jetzt nahm er sie wieder völlig wahr. Er griff nach ihrem Glas, welches sie unberührt auf dem Tisch stehen gelassen hatte. „Cheers.“ Und auch dieses verschwand in seinem Rachen. Das Mädchen lachte und legte ihre Hand auf seinen Arm. Eine Weile später war Matt plötzlich verschwunden. Thomps konnte sich nicht entsinnen, wohin er gegangen war. Und in seinem Arm lag die junge Frau und schmiegte sich an ihn. Doch er hatte ein warmes Gefühl im Bauch, dass er nicht so schnell würde davonziehen lassen. Die Sonne versank als glutroter Ball hinter den flachen Hügeln von Lincolnshire, dem sogenannten Bomber County. Und der Himmel verfärbte sich, von einem tiefen Orange langsam in ein dunkles Blau. Davis lag noch immer auf der Tragfläche seiner Flying Fortress und schlief. Die Mechaniker, die die Löcher in Rumpf und Tragflächen repariert hatten, hatten ihn nicht zu wecken vermocht. Es war, als schlief er einfach die ganze Anstrengung des vorangegangenen Einsatzes aus. Doch ihn plagten Alpträume. Er sah sie wieder. Die Hun Jumper, wie sie explodierte und die zerfetzten Körper der Männer ihrer Besatzung wie ein Strom aus Blut zu Boden regneten. Dann sah er eine Focke-Wulf auf sich und sein Cockpit zurasen, er sah die Propellernabe und den silbernen Kreis der Luftschraube, dazu sah er das hinter einer Sauerstoffmaske verborgene Gesicht des Piloten. Er sah die deutsche Maschine auf sich feuern, das Glas der Frontscheibe im Cockpit zersplittern und schrie vor Schreck auf. Er schreckte von seinem eigenen Schrei hoch und sah sich irritiert um. Es war dunkel. Und über ihm glitzerte der Sternenhimmel in seiner schönsten Pracht. Weit im Westen ging der Mond auf und tauchte die Landschaft ihn sanftes fahles Licht. Die Tragfläche unter seinen Handflächen war angenehm kühl und ein lauer Wind blies ihm durch die dunklen Haare. Die Bäume am Platzrand rauschten leise und wenn er nicht in weiter Ferne ein tiefes Dröhnen vernommen hätte, hätte er sich wie daheim in Wyoming auf der Ranch seines Vaters gefühlt. Da plötzlich überfiel ihn das Heimweh wie ein dunkler Schatten. Er dachte an Lilly Farrell, sein Mädchen, dem er versprochen hatte gesund zurückzukommen und sie zu heiraten. Und er dachte an das friedliche Land Wyomings, wohinter sich die schneebedeckten Spitzen der Rocky Mountains auftürmten. Davis schüttelt den Kopf um die Gedanken zu vertreiben. Er war schon seit sechse Monaten von zu Hause weg, da würde er jetzt nicht anfangen ihnen nachzuheulen. Aber er vermisste Lilly. Briefeschreiben war noch nie seine Stärke gewesen, aber sie schien sich über das stümperhafte Geschreibsel zu freuen und schrieb ihm seitenlange Briefe zurück. Darin erzählte sie von den Rindern daheim, wie sie vom Pferd gefallen war, als sie mit ihrer Schwester ausgeritten war und wie die Leute im Dorf tratschten. Es war, als hielt er mit diesen Briefen ein Stück daheim in den Händen und er freute sich jedes Mal, wenn die Postsäcke aus Übersee ankamen. Leider war das nicht oft der Fall. Sie kamen unregelmäßig, manchmal wurden sie mitten in der Nacht aus einem LKW geschmissen und versanken erst mal in der angekommenen Fracht, bevor sie an die Männer ausgeteilt wurden. Davis nahm sich vor so bald wie möglich an Lilly zu schreiben. Sie wusste nicht einmal, dass er die Flying Fortress nach ihr benannt hatte. Er wollte am liebsten ihr Gesicht sehen, wenn sie den Brief las. Davis blickte in den Himmel, als das ferne Dröhnen von vorhin, zu einem bedrohlichen Grollen anschwoll. Dann erkannte er die Schatten, die über ihm durch den Nachthimmel schwebten und sich gegen den Sternenhimmel deutlich abzeichneten. Britische Bomber auf ihrem Weg nach Deutschland. Thomps Kopf dröhnte. Er hatte die Augen noch geschlossen und hoffte, die Schmerzen würden sich dadurch von selbst lindern. Doch das war bedauerlicherweise nicht der Fall. Zudem spürte er jemanden neben sich. Jemand, der warm war und sich an ihn schmiegte. Thomps schlug die Augen auf und so erschrocken die Luft ein, als er das Mädchen, das er gestern im Pub kennengelernt hatte, neben sich liegen fand. Sein Arm lag um ihre Hüfte und er hatte sie an sich gedrückt. Zu gern wüsste er, was gestern passiert war. Nur sein dröhnender Kopf ließ ihn darauf schließen, dass Alkohol im Spiel gewesen war. Die junge Frau neben ihm regte sich, dann schlug sie die Augen auf und sah ihn verdutzt an. „Oh, mein Gott.“ „Evan reicht“, grummelte Thomps. Sie richtete sich auf, stellte fest, dass sie nackt war und verschwand seufzend wieder unter der Bettdecke. „Ich glaub’ das nicht.“ „Ich auch nicht. Aber scheinbar hatten wir es ziemlich nötig.“ „Wir waren total betrunken.“ „Allerdings.“ Thomps schloss die Augen. „Wenn Sie wollen können Sie sich anziehen. Ich schau’ auch nicht hin.“ Sie lachte. „Evan? Bis heute früh, hab ich deinen Namen noch nicht mal gewusst.“ „Und ich weiß deinen bis jetzt noch nicht“, sagte Thomps. „Ich bin Sophie.“ Sie lächelte ihn an, als er unter einem halbgeschlossenen Lid herauslinste. Dann stand sie auf und suchte ihre Kleidung zusammen. „Ich wüsste nur gerne, wie ich hierhergekommen bin.“ „Ich weiß nicht mal, wo ich bin.“ „In meinem Zimmer. Ich wurde im Dorf bei einer älteren Dame einquartiert, als die Hütten auf dem Stützpunkt noch nicht fertig waren. Aber jetzt sind sie fertig und ich bin immer noch hier. Die USAAF hat die Hütten nämlich für euch in Beschlag genommen.“ Sie grinste. „Glücklicherweise.“ Auch Thomps lächelte, dann setzte er sich auf und zog sie auf seinen Schoß. „Ich find’s gut, dass wir betrunken waren. Beim Anblick eines hübschen Mädchens, krieg’ ich sonst nämlich kein Wort heraus.“ Sophie gab ihm einen Nasenstüber. „Jetzt machst du aber nicht den Eindruck.“ Er schlang seine Arme um ihre Hüften und legte sie dann rücklings aufs Bett. Und als er sich neben sie legte, lächelte sie ihn an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)