An Angels Passion von collie (News) ================================================================================ Kapitel 18: Madonnas Leid ------------------------- Love und Faith begannen für sich Colt, Saber und Passion das Abendessen zurichten. Währenddessen saßen die Herren der Schöpfung sich am Tisch gegenüber. Passion hockte auf dem Schoss des Recken. Sie hatte es geschafft, den Cowboy ganz unverfänglich in diverse Spielchen zu verwickeln. „Nenne mir einen Frauennamen, deine Lieblingsfarbe, eine Zahl von eins bis neun…“ Es folgte eine Runde „Schiffe versenken“ und „Tresorverschluss“. Besonders das letzte Spiel zielte auf Robins Telefonnummer ab, denn der Scharfschütze musste stets instinktiv und mit geschlossenen Augen die Zahlen nennen. Da er sehr große Sehnsucht nach seiner Herzdame hatte, verriet er so unweigerlich ihre Rufnummer, wie Saber schmunzelnd feststellte. Passion war da ausgesprochen clever vorgegangen. Nicht weniger geschickt waren Love und Faith. Beim Essen gab es unverfängliches Geplänkel, das lediglich dazu diente, einen Vorwand zu liefern, Faith vom Tisch zu jagen. Die verschwand dezent und zielgenau im Zimmer ihres Gastes. Dort montierte sie fachmännisch einen Monitor an das Telefon, da die Apparate üblicherweise nicht damit ausgerüstet waren. Ganz selbstverständlich musste Passion irgendwann mal auf Toilette, ging aber auch in Colts Zimmer und prüfte die Funktion des Fernsprechers. Weniger überrascht, als die Frau auf dem Bildschirm schien, war der Rotschopf bei deren Anblick. Ja, Robin musste so große, blaue Augen haben. Sie musste blond sein und trotz ihrer sanften, ruhigen Art eine gewisse Strenge besitzen. Colt, da war der Rotschopf sicher, würde sich kein anderes Mädchen aussuchen. Ihr zufriedenes Lächeln verwirrte ihre Gesprächspartnerin noch mehr. Munter, schlicht und ergreifend setzte Passion Robin daraufhin ins Bild und erklärte den Stand der Dinge. Na gut, nicht in allen Details. Man musste schließlich nicht jedem auf die Nase binden, dass man wie ein Rabe klaute. Aber man musste schildern, wie der Liebeskranke heute gequält worden war. Wer für diese Qual noch verantwortlich war, war weniger interessant. Als Passion geendet hatte, spielte ihr Colt unabsichtlich in die Hände und betrat den Raum. „Ha“ war alles, was der Geschockte über die Lippen bekam. Erheitert blickte der Rotfuchs von ihm zum Monitor. Robin unterdrückte ein Kichern. Auch, wenn sie ihn nicht gesehen hatte, sie hatte ihn gehört. Passion erhob sich und schob die Salzsäule, zu der der Scharfschütze erstarrt war, zum Telefon. „Hallo Held“, grüßte Robin lächelnd. Der stand jedoch erstmal auf dem Kiefer. Hätte die junge Frau neben ihm ihn nicht auf den Stuhl gedrückt, hätte er dass auch grad nicht geschafft. Er konnte nur auf die großen, blauen Augen der Lehrerin schauen und suchte nach Worten. „Redest du nicht mehr mit mir?“ fragte die Blondine. „Bist du aus irgendeinem Grund böse auf mich?“ – „Nein, gar nicht“, erhielt sie sofort zur Antwort. Also gut. Er hatte seine Sprache wieder gefunden. Passion schlich aus dem Zimmer. Im Gang wartete Saber auf sie. Sie lehnte sich an die Tür und lächelte zufrieden. „Ich muss dich heute nicht mehr teilen“, erriet er. Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin ganz dein, “ versicherte sie. „Dann komm endlich her, “ forderte er sie auf und breitete seine Arme aus. Aber Passion wäre nicht Passion, wenn sie ständig brav wäre. Sie tat, als wolle sie ihm wirklich in die Arme laufen, duckte sich aber im letzten Moment und schlüpfte unter seinem Arm an ihm vorbei. Lachend lief sie zu ihrem Zimmer. „Du kleines Biest.“ Er folgte ihr gespielt verärgert. An der Tür erwischte er sie und schlang seine Arme um sie. „Das wird dir noch leid tun“, drohte er scherzhaft. „Tatsächlich?“ kicherte sie. „Oh ja.“ Er langte an ihr vorbei, drückte die Klinke zu ihrem Zimmer hinab und schob sie hinein. „Wenn du mir drohst, bereu ich doch glatt, dass sich nicht gesprungen bin, “ gab sie keck zurück. „Jetzt hör mir mal gut zu, du kleiner Chaosbolzen.“ Damit drehte er sie zu sich herum. „Du wirst zur Abwechslung mal tun, was ich dir sage.“ Sie mimte die Eingeschüchterte, dann grinste sie wieder spitzbübisch. „Und was sagst du mir? Zieh dich aus, leg dich hin, ich muss mit dir reden?“ Grinsend hob Saber die Brauen. „Ein wirklich guter Vorschlag“, gab er zu. Wie zufällig glitten seine Finger an ihre Taille hinab zu ihren Schenkeln und schoben ihr Kleid nach oben. Dann hob er sie hoch. Sie schlang ihre Beine um seine Hüften und hielt sich an seinen Schultern fest. Er trug sie zum Bett und drückte sie vorsichtig darauf. „Bist du sicher, dass deine Gründe besser sind, als meine Idee von der Klippe zu springen?“ fragte sie neckend. „Lass dich überraschen“, entgegnete er vielsagend. Ihr unruhiger Schlaf weckte ihn. Erst hatte sie sich nur hin und her gedreht, wovon er auch wach geworden war. Dann begann sie zu murmeln. Undeutlich, aber ängstlich. Saber richtete sich auf. Besorgt betrachtete er sie. Passions Arme lagen neben ihrem Kopf. Die Hände auf Höhe ihrer Ohren, als hielte sie jemand fest. Trotz der geschlossenen Augen verriet ihr Gesicht Furcht. Sie warf sich von einer Seite auf die andere. Was träumte sie nur? Saber setzte sich nun im Bett auf. Eben wollte er sie wecken, da fuhr sie in die Höhe und direkt in seine Arme. „Ah.“ Er hielt sie fest. „Alles okay. Ich bin es. Ich bin da, “ raunte er ihr ins Ohr, als sie mit Fäusten auf ihn einschlagen wollte. Sie sah ihn mit großen Augen an und begann zu realisieren, dass sie gerade noch geschlafen hatte. Erleichtert schmiegte sie sich an seine Brust. „Was hast du denn geträumt?“ wollte er liebevoll wissen. „Alles und nichts“, gab sie zurück. „Es war, als würde alles schlechte, das ich je erlebt hab, binnen einer Sekunde durch meinen Körper rasen“, fügte sie dann hinzu. Behutsam strich er ihr übers Haar. „Also der Tod deiner Mutter, das Verschwinden deines Vaters …,“ begann er aufzuzählen. „… der Brief, der bestätigt hat, dass er tot ist. Die Attacke mit der Hantelstange, “ führte sie die Liste fort und fügte noch Dinge hinzu, von denen er noch nichts wusste. Die halbe Nacht waren sie deshalb wach. Passion erzählte und er hörte ihr aufmerksam zu. Je mehr sie berichtete, desto klarer wurden ihm einige Dinge. Vor allem aber war er sicher, dass ihre Schwestern nur die Hälfte davon wussten und er keinerlei Zweifel mehr an ihrem Vertrauen zu ihm haben musste. Dann schwieg Passion und schaute ihn an. „Kannst du mich immer noch lieben?“ fragte sie mit Unbehagen. Er zog sie wieder zu sich heran. „Du glaubst ja gar nicht, wie sehr ich das tue“, murmelte er dabei. Eine solche Aussprache hatte sie noch nie gehabt. Doch nicht nur, dass sie sich alles von der Seele geredet hatte, sondern auch sein Verständnis und sein geduldiges Zuhören waren Balsam für sie. Sie kuschelte sich an ihn. „Danke“, flüsterte sie und gab ihm einen Kuss. Vorsichtig drückte er sie wieder aufs Bett. „Ich danke dir“, flüsterte er zurück. „Ich danke dir.“ Nach der Frühstückszeit im Rasthof kehrte ein wenig Ruhe ein. Außer der vier Starsheriffs saßen nur noch drei Gäste an den Tischen, welche schon gezahlt hatten und demnächst gehen würden. Abräumen konnte Passion also später noch, wenn die Kunden aufgegessen hatten. So ging sie zu Love in die Küche und half ihr mit dem Spülen des Geschirrs, so dass die Blondine sich schon mal auf die Vorbereitung des Mittagstisches kümmern konnte. Der Rotschopf war mit seiner Arbeit so gut wie fertig, als Team Ramrod sich in die Küche gesellte. Während des Frühstücks hatte Colt erzählt, wie ausgeklügelt Passion vorgegangen war um ihn in das Telefongespräch mit Robin zu verwickeln. Fireball und April staunten nicht schlecht. Saber musste wieder schmunzeln, weil sie den Scharfschützen so geschickt manipuliert hatte. Als sie jetzt eintraten, meinte Colt beiläufig zu seinem Boss: „Du solltest ihr mal den Hintern versohlen.“ Der hob die Schultern. „Hab ich schon. Bringt nichts, wie du gemerkt hast.“ Passion in der Spülnische wand sich halb zu ihnen um. Da beide sie ansahen, wusste sie, dass sie gemeint war und sich das Gespräch wohl auf ihr Tun des Vorabends bezog. „Ich hab nicht mal was angestellt“, meinte sie missbilligend. „Das war eine fiese Aktion gestern von dir. Mich so zu überfahren, “ widersprach Colt. Ungerührt mit den Schultern zuckend setzte sie ihre Arbeit fort. Sie stellte den letzten Teller in den Spülkorb, schob den in die Maschine, schaltete die ein und zog den Stöpsel aus dem Waschbecken. Dann erklärte sie: „Du hast es ja überlebt. Also hör auf zu heulen.“ Gluckernd rann das Wasser durch den Abfluss. „Du bist jedenfalls unmöglich. Sowas tut man nicht mit so lieben Kuhhirten wie mir, “ erwiderte er. Sie lachte frech. „Klar doch. Nur und nix anderes.“ Bei so viel Uneinsichtigkeit war es für den Scharfschützen dann nötig sie zu bestrafen. Sie bettelte ja förmlich darum. Ehe sie es sich versah, war er bei ihr am Waschbecken, hatte das Leichtgewicht geschnappt und drehte den Kaltwasserhahn auf. Da konnte sie zappeln so viel sie wollte, er hielt ihren Kopf darunter. Geschickt genug hielt er sie, dass sie ihn dabei nicht schlagen konnte und zum Treten bot er kein Ziel. Love lachte sich schlapp. Sie bekam kaum noch Luft. Sehr viel anders ging es Colts Freunden auch nicht. Das war ein Bild für die Götter. Passion quiekte und quietschte hilflos. Als sie ihre Gegenwehr aufgab, entschied Colt, das Wasser wieder abzudrehen und sie auf den Boden zu stellen. Kaum stand sie, schüttelte sie heftig den nassen Kopf. Von den Tropfen, die dabei flogen, hatten alle Anwesenden was. Der Cowboy lachte munter. „Du bist nicht die Hexe von Oz“, stellte er fest. „Die wäre jetzt tot.“ Halb verärgert, halb lachend gab sie zurück. „Da musst du dir was besseres einfallen lassen“, entgegnete sie. Während er sich mit einem sauberen Tuch trocken tupfte, meinte er: „Na, da hab ich doch glatt was auf Lager, hab ich doch glatt.“ – „Ach ja?“ – „Klar. Eine Woche Saberverbot, “ erklärte er amüsiert. Sie riss entsetzt die Augen auf. „Sagt dir: grausame und ungerechte Bestrafung etwas?“ Alles lachte. Colt versuchte sich wieder zu beruhigen: „So viel steht fest“, gluckste er. „Wenn du mir das noch mal antust, werde ich dich gefesselt und geknebelt neben ein Telefon setzten, die süße Sissi anrufen und du wirst zu hören, was sie so zu erzählen hat.“ Jetzt wurde Passion blass vor Entsetzen. Man konnte annehmen, dass sie gleich umfallen würden, wahrscheinlich sogar tot, weshalb Saber sich jetzt einmischte. „Das ist ihr Todesurteil, Colt. Das kann ich nicht zu lassen, “ informierte er. Der Angesprochene musterte ihn. Sein Boss grinste genauso breit wie er selbst. „Du findest also, ich sollte noch mal Gnade vor Recht ergehen lassen.“ Bedächtig nickend lächelte der Recke zurück. „Diesmal.“ Colt wand sich zu Passion. „Na gut, “ meinte er dann gnädig. „Der Schock dürfte tief genug sitzen.“ Immer noch entgeistert nickte der Rotschopf. Munter zog der Scharfschütze sie zu sich und platzierte, etwas ungenau, einen Kuss auf ihre Wange. „Aber nur, weil ich Rot mag.“ Prompt rief Fireball. „He, Colt. Das ist die falsche Frau.“ April wiegte ihren Kopf. „Na, Saber wird ihn schon nicht gleich töten. Das überlässt er den Experten, “ meinte sie leichthin. Keck fragte der Rennfahrer zurück: „Dir?“ Dass er dafür eine Kopfnuss kassierte, war ihm klar. „Nein, Darkness“, gab sie zurück. „Hier wird niemand umgebracht“, entschied Saber und lenkte das Thema in die wichtigere Richtung. „Aber über Darkness sollten wir reden.“ „Madonnas Leid“ war das wichtigste der Werk. Thomas Valerius hatte seinen Töchtern dies immer gesagt. Nur verstanden hatten sie es nicht und er hatte nie erklärt, warum. Sie hatten ihn sowieso nie in Frage gestellt. Noch war das Werk nicht ausgestellt. Auch die Presse hatte diesbezüglich nichts verlauten lassen. Nur Eingeweihte konnten wissen, dass es Yuma überhaupt schon erreicht hatte. Jetzt, da die Nacht ihren schwarzen Schleier über die große Stadt gelegt hatte, begann das Schauspiel auch schon. Alle Akteure kannten ihre Rollen. Diesmal würde es nach Plan laufen. Ob Plan A oder B war ganz gleich. Dafür hatten sie ja einen. Die Sicherheitsvorkehrungen im Lager des Museums waren zwar verstärkt worden, aber nicht so gut, wie in den Ausstellungsräumen. Als sie sich unter der Kamera hindurch drückte und die Tür zum Aufbewahrungsraum aufdrückte, erstarrte sie in der Bewegung. Mist, das konnte doch nicht wahr sein. Wieso hatte sie das nicht erwartet? Gerade verschwand er aus dem Fenster. Die Bildrolle auf dem Rücken. Flink schob sie sich zurück und lief den Verwunderten April und Saber in die Arme. „Er war schneller“, rief sie ihnen zu. Augenblicklich wurden die Jetpacks eingeschaltet. Der Recke schnappte sich V-Angels und sie flogen den Gang zurück aus dem Gebäude und über dessen Dach. Sie wäre diesen Weg gegangen, deshalb war er einkalkuliert, und offensichtlich war auch Darkness vom Vorteil dieser Überlegung überzeugt gewesen. April informierte die Kollegen. Auf der Rückseite des Lagerhauses sahen sie Vishap in Richtung des angrenzenden Parks laufen, doch die Packs glichen den Vorsprung aus. Als sie ihn erreicht hatten, riss sie sich von ihrem Träger los und zog bei ihrer unsanften Landung den Flüchtigen mit sich ins Gras. Die Bildrolle löste sich dabei vom Gurt und kullerte auf einen Busch zu. Sie sprang auf und folgte dem Transportbehälter. Vishap hatte ebenfalls nicht gezögert. Als er seine Verfolger bemerkt hatte, hatte auch er Verstärkung geordert. Jetzt setzte er ihr nach. Er durfte das Gemälde nicht an sie verlieren. Der Boss würde wenig begeistert sein. Doch erst musste er sich mit einem blonden Starsheriff auseinandersetzten. April würde nicht zu lassen, dass er V-Angel überwältigen konnte. Vishaps Unterstützung, Chival und Alk, wurden an ihrem Vorhaben gehindert. Fireball war rechtzeitig zur Stelle um einzugreifen. Auch Saber ließ ihnen keine Chance, ihrem Kompagnon gegen April zu helfen. Dann passierte alles unwirklich schnell. Fireball wurde zu Boden gerissen, ehe er begriff, wie ihm geschah. Sein Gegner war von der Statur her leicht zu unterschätzen. Alk war nicht viel größer als der Japaner und etwa genauso schlank. Doch sein Körper schien ein einziger Muskel zu sein. Das hatte der Rennfahrer nicht erwartet. Er war von einem ebenbürtigen Gegner ausgegangen. Saber geriet ebenfalls ins Wanken. Chival war offenkundiger muskulös und der sicher platzierte Hieb in die Magengegend trotz des Kampfanzuges recht wirkungsvoll. Der Recke ging in die Knie, stützte sich mit einem Arm ab und hielt mit dem anderen die getroffene Stelle. Im Augenwinkel bemerkte er wie Chival sich von ihm abwand und eine Waffe zog. Fireball gelang es nicht Alk abzuwehren. Der Angreifer schien alles vorauszusehen und reagierte entsprechend. Der Rennfahrer wurde an den Oberarmen auf den Boden gedrückt, so dass er nicht zum Gegenschlag ausholen konnte. Chival zielte mit seinem Blaster auf die Brust des Piloten. Ein Schuss fiel. Chival griff sich an den Oberarm, wo Saber ihn getroffen hatte, und hätte beinahe die Waffe fallen lassen. Der Recke hatte den Schussarm des Gegners gestreift. Bevor der Blondschopf jedoch zur Seite springen konnte, hatte Chival, trotz der Verletzung zurückgefeuert und besser gezielt. Saber fiel rittlings ins Gras. Der Lärm sich raschnähender Rotorblätter zerriss die Nacht. Vishap, Alk und Chival ließen von den Starsheriffs ab und verschwanden im Dunkel. April und Fireball eilten zu ihrem Vorgesetzten, der noch immer im Gras lag und sich nicht regte. Passion glitt die Bildrolle aus der Hand. „Saber.“ Schon war sie bei ihm. Sollte das Licht am Ende des Tunnels nicht weiß sein? Er hatte es sich zumindest immer so vorgestellt. Aber das, was er wahrnahm war blau und rot. Dann folgte Dunkelheit und gleißende, grelle Helligkeit. Irgendwie herrschte Unruhe um ihn herum. Er konnte jedoch nicht einordnen, woher sie kam und weshalb sie entstanden war, aber sie behagte ihm nicht. Als dann Stille eintrat, war das nicht wirklich angenehmer. Er fühlte Spannung um sich herum. Das Licht war weniger grell, so wagte er vorsichtig die Augen zu öffnen. Sein Blick begegnete den besorgten seiner Teamkameraden, die am Fußende des Bettes standen. Er taxierte den Raum. Das Krankenhauszimmer war in hellem, blassen Gelb getüncht und offensichtlich ein Einzelzimmer. Ein Fenster war rechts von seinem Bett und links davon stand Passion. Sie schaute ihn nicht weniger sorgenvoll als Fireball und April an. Ihr Gesicht war blass. Langsam versuchte Saber seine Gedanken wieder zu sammeln. Die Stille war unbehaglich und Fireball brach sie schließlich. „Danke, Boss“, sagte er. Noch ganz benommen, konnte der Angesprochene die Aussage nicht ganz einordnen. „Was ist denn los?“ fragte er deshalb zurück. „Du bist angeschossen worden“, informierte April ihn. „Wann?“ Da war eine Lücke in seinem Gedächtnis. Fire guckte auf seine Uhr. „Naja, vor gut einer halben Stunde, wenn der Chronometer richtig tickt, “ gab er zurück. Auch wenn Saber langsam die Benommenheit los wurde, so richtig zusammensetzen konnte er die Dinge noch nicht. Wie war er ins Krankenhaus gekommen? Und warum war er angeschossen worden? „Was ist genau passiert? Ich kann mich grad nicht erinnern, “ meinte er dann. Sein Pilot löste sich vom Fußende und setzte sich neben ihm auf die Bettkante. „Wir haben die Räuber verfolgt, aber wir sind nicht mit ihnen fertig geworden“, erklärte er dabei. „Ich zumindest nicht. Als Chival abdrücken wollte, bist du ihm zuvor gekommen. Aber er hat dich dafür erwischt.“ Okay, dass erklärte, warum Fireball sich bei ihm bedankt hatte. Zwar konnte er sich nicht an den eben erwähnten Schusswechsel erinnern, aber er wusste wieder, was davor geschehen war. „Und das Bild?“ wollte er als nächstes wissen. Passion wurde noch blasser, als sie schon war. „Das hab ich fallen lassen“, gestand sie kleinlaut. „Aber Colt ist an Darkness dran“, erklärte April gleich darauf. „ Oh, gut. Dann wird er sie finden, “ meinte der Recke sachlich. Passion hatte sie von der Wand gelöst. „Ich muss kurz weg.“ Damit war sie schon an der Tür. „Wo willst du hin?“ rief er ihr nach. „Search anrufen. Sie muss das Bild holen. Das liegt noch im Park.“ Passion wurde rot und war schon halb aus der Tür raus, als April ihr ebenfalls nach rief: „Bist du dir da sicher?“ –„ Ich hoffe doch ... ich hoffe ...“ Die Tür fiel ins Schloss. „Und wie weiter?“ wand sich Fire seinem Boss zu. „Du fällst erst mal flach, Säbelschwinger“, seufzte der Pilot. „Was sagt denn der Arzt? Für wie lange?“ Trotzdem der Angesprochene sich im Moment recht matt fühlte, arbeitete sein Gehirn schon wieder auf Hochtouren. Erstmal also den neuen Informationsstand abfragen und auswerten. „Ein paar Tage“, erhielt er zur Antwort. „Sie wollen dich, zu unser aller Freude, noch zur Beobachtung hierbehalten.“ Das zynische Grinsen konnte sich der Rennfahrer nicht verkneifen. „Na, schön. Wenn es sein muss. Darkness wird vorerst ja nicht mehr auftauchen. Sie werden die anderen Bilder von Various suchen und da sie seither noch nicht bei den Schwestern aufgetaucht sind, wissen sie auch nichts von der Verbindung zwischen ihnen, “ überlegte der Blondschopf laut. „Aber sie haben uns gesehen, Säbelschwinger. Wir sind nicht unauffällig, wenn du weißt, was ich meine. Sie könnten nach uns suchen und wir führen sie zu den Schwestern. Wir sollten das Quartier wechseln, “ wand April ein. „Ja sollten wir. Sie haben immerhin auch zwei Gemälde in ihren Händen. Wenn Passion erst weiß, wo die Truppe ihren Unterschlupf hat, wird sie da einbrechen und die Bilder zurückholen wollen, “ setzte ihr Freund diese Überlegung fort. „Dann sagt es ihr nicht, “ antwortete Saber nüchtern. Fireball und April warfen sich einen kurzen Blick zu. „Kein Wort verlässt meine Lippen. Da hab ich schon mehr Angst, dass du dich verplapperst. Oder Colt.“ Bedeutungsvoll hob Fire die Augenbrauen. Ebenso Saber, als er erwiderte: „Es ist ihr Todesurteil, wenn ich es ihr sage.“ Just in diesem Moment kam Passion wieder ins Zimmer und hatte den letzten Teil des Satzes aufgeschnappt. „Wenn du mir was sagst?“ hakte sie prompt nach. „Ach, dass er heute nicht heim darf“, versuchte April das Ganze abzubiegen. Doch Passion schenkte ihr einen sehr ungläubigen Blick. „Das hab ich mir schon gedacht, dass er noch bleiben muss“, gab sie trocken zurück. „ Also, Säbelschwinger, doch kein Todesurteil. Sie kommt auch ohne dich klar, “ meinte April leichthin. Der Rotschopf musterte die drei Starsheriffs, dann stand für sie fest, dass ihr was verschwiegen wurde, dass sie nicht herausbekommen würde. Die würden mauern, was das Zeug hält. Sie brauchte gar nicht erst versuchen, weiter nach der Wahrheit zu graben. „Willst du was trinken?“ wand sie sich daher an den Blondschopf. „Gerne. Nur kein Abwaschwasser bitte.“ Mit einem Scherz würde er sie hoffentlich noch weiter vom Thema ablenken. „Okay, dann Spülmittel pur, “ versetzte sie, doch auch wenn sie grinste, war klar, dass sie etwas verstimmt war. „Ich glaube, er hätte gern was Klares, “ grinste Fireball. „Wasser zum Bleistift oder Gebranntes.“ Sollte sie jetzt etwa schon wieder gehen? Das konnte doch nicht wahr sein. Tatsächlich wollte sie lieber mit Saber allein sein. „Dann hol doch was gebranntes“, schlug sie vor und hoffte, dass der wenig freundliche Tonfall den Wink mit dem Zaunpfahl noch unterstreichen würde. Fire lehnte sich jedoch nur an das Fußende des Bettes und dachte nicht daran, ihr irgendeinen Gefallen zu tun. Nicht nach diesem Ton. „Bringst du mir auch was mit, wenn du schon unterwegs bist?“ fragte er stattdessen. Der Rotschopf rollte die Augen. „Du musst erst noch angeschossen werden, um Ansprüche an mich zu stellen.“ Damit trollte sie sich verärgert erneut aus dem Raum. „Mit Bitte wär es vielleicht gegangen“, meinte April kopfschüttelnd. Ihr Boss musste schmunzeln. „Bitte kennt sie nicht. Nur Flott.“ Das war typisch für seinen Wildfang. „Na, dann ist sie gut erzogen“, stellte der Rennfahrer fest und bedachte Saber mit einem strafenden Blick. Der hob nur die Schultern. „Kommt auch auf ihre Laune an. Also, wo waren wir? Quartierwechsel?“ – „Ramrod?“ schlug die Blondine vor und ging auf den Themenwechsel ein. „Gut. Wenn Colt weiß, wo sich Darkness verkriecht, können wir uns mit dem Schiff vielleicht sogar in die Nähe wagen, “ überlegte der Recke. „Ich will dir ja nicht dagegen reden, genialer Saber, “ erhob Fire Einspruch. „Aber Ramrod ist ein bisschen groß.“ Der Angesprochene wiegte grüblerisch den Kopf. „Kommt drauf an, wo sich der Unterschlupf befindet. Wenn er außerhalb von Yuma liegt, oder an der Stadtgrenze, hätten wir sicher noch Tarnmöglichkeiten, “ entgegnete er darauf. „Also erst mal abwarten und dann weitergucken. Wie immer wartet alles auf Colt, ist doch typisch, “ seufzte April. Als ob das Ganze nicht schon nervenaufreibend genug wäre. Der Überfall, Sabers Verletzung, Geheimniskrämerei damit Passion keine Dummheiten machen konnte und dann konnte man nicht mal eine klare Richtung für die Fortsetzung festlegen. „Ja, manche Dinge ändern sich nie,“ grinste Saber leicht. Auch Fireball fand, es angebrachter, dass ganze mit Leichtigkeit zu sehen. Im Moment konnten sie nichts tun. Ob es ihnen nun passte oder nicht. Wenigstens war die Lage seines Vorgesetzten nicht so dramatisch, wie es im ersten Augenblick gewirkt hatte. Leichthin erklärte auch er: „Egal, was er macht, Colt wird immer trödeln.“ Passion öffnete die Tür gerade rechtzeitig um dies zu hören und wieder nachzuhaken. „Wer macht was?“ Dabei trat sie zu Saber an den Nachttisch, stellte die mitgebrachte Flasche Wasser darauf und schenkte ihm etwas in ein Glas, das sie ihm anschließend reichte. „Du.“ Fire Grinsen wurde zweideutig. „Wirst unseren Säbelschwinger nämlich noch weichkochen, das hab ich schon gesehen.“ Irritiert sah sie ihn an. „Was werd ich?“ Das war ihr zu Zusammenhangslos. „Du betüddelst ihn,“ erläuterte der Rennfahrer. Jetzt war Passion wieder leicht verstimmt. Was war denn daran so komisch? „Ich kann auch gehen,“ bot sie an. „Hey, Fire meint es nicht so,“ griff April beschwichtigend ein. „Saber kann ein bisschen liebevolle Betreuung brauchen.“ Damit nahm sie ihren Freund beim Arm und zog ihn vom Bett runter. Bei liebevoller Betreuung konnten auch schnell ein oder zwei Personen zu viel sein. „Ich bring meinem jetzt mal Manieren bei,“ fügte die Navigatorin hinzu und manövrierte den Rennfahrer Richtung Tür. „Wenn du meinst, es lohnt sich noch,“ gab Passion schulterzuckend zurück. „Hey! Bei mir ist wenigstens noch nicht Hopfen und Malz verloren,“ wehrte Fire sofort ab. „Hört auf zu streiten,“ schaltete sich Saber nun ein. „Ich brauch Ruhe.“ Dass er vor allem aber nicht wollte, dass Passion womöglich doch ging, sagte er nicht dazu. Fireball würde sonst glatt noch ein Wortduell beginnen und bei aller Freundschaft – Sabers Bedürfnis nach ein paar Streicheleinheiten von Passion überwog gerade. Der Rennfahrer konnte sich jedoch eine kleine Stichelei nicht verkneifen. „Ups. Tut mir leid,“ flüsterte er leise und legte den Finger auf den Mund. Dann wechselte er in einen frech fröhlichen Tonfall. „ Nö, tut es nicht. Man sieht sich, Chef,“ grinste er und hob die Hand zum Gruß. Passion schüttelte den Kopf. „Hau einfach ab. Flott. Bitte.“ Wenigstens war sie lernfähig, stellte April fest. „Tschüss und gute Besserung.“ Dann schob die Blondine ihren Freund endgültig zur Tür raus und ließ Saber und Passion allein. Der Rotfuchs setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett des Recken. „Und was sagt der Arzt? Wie lange musst du hierbleiben?“ fragte sie sachlich. „Ein paar Tage,“ gab er unbestimmt zurück und musterte sie. Es war nicht ihre Art sich zurückzuhalten. Wenn sie es tat, hieß es wohl, dass sie mit der Situation nicht umzugehen wusste. Sie hatte das Bild im Park gelassen. Ein Gemälde ihres Vaters war zur Nebensache geworden, als Saber verwundet worden war. Jetzt aber saß sie hier als gehörten sie nicht zu einander. „Komm,“ bat Saber schließlich und klopfte einladend mit der klinken Hand neben sich auf die schneeweiße Decke. „Setz dich zu mir,“ forderte er sie auf. Sie folgte der Bitte und hockte sich zu ihm auf die Bettkante. Er griff nach ihrer Hand. Sie musste einen gewaltigen Schrecken bekommen haben. Noch immer war sie blass und wagte kaum ihn anzusehen. Sein Daumen fuhr streichelnd über die Innenseite ihres Handgelenkes. Sie beobachtete es. Dann legte sie ihre freie Hand auf seine und zog zärtlich mit den Fingerspitzen Kreise über seinen Handrücken. Er schloss die Augen. Das tat gut. Mit sanft kreisenden Bewegungen glitt sie seinen Arm hinauf, wanderte über seine Schulter zu seinem Hals. Sabers Gesichtszüge entspannten sich zusehends. Jetzt fuhren ihre Finger seinen Kiefer nach übers Kinn auf die andere Gesichtshälfte. Sie hatte sich leicht über ihn gebeugt, das spürte er. Als ihre Hand seine Schläfe erreichte, hielt sie kurz inne, löste die andere aus seinem Griff und legte sie an die andere Schläfe. Mit zartem Druck begann sie ihn zu massieren. Er wagte kaum zu atmen. Das musste ein Traum sein. Die Behandlung dehnte sich über seine Stirn aus. Als sie mit dem Daumen eine Acht zwischen Nasenwurzel und Haaransatz zeichnete, wäre er fast eingeschlafen. Doch dann trat der Arzt ein und Passion fuhr, wie von der Tarantel gestochen zurück. Saber schlug die Augen auf. Der Störenfried unterdrückte ein Schmunzeln. „Bei so guter Pflege sind Sie in einer Woche wirklich wieder auf dem Damm,“ meinte er und warf einen Blick auf die Krankenakte unter seinem Arm. Dann sah er auf Passion. „Darf sie bleiben?“ fragte er an Saber gewandt. „Ich muss das fragen. Es geht …“ Aber der Recke hatte schon nickend sein Einverständnis gegeben. „Schön,“ fuhr der Doktor daher fort. „Sie hatten Glück, dass Sie den Kampfanzug an hatten. Ohne den wäre der Schuss tiefer gegangen und hätte womöglich wichtige Adern unterhalb des Herzens in Mitleidenschaft gezogen. So ist Ihnen das Schlimmste erspart geblieben. Wenn die Wunde gut verheilt, und davon kann ich ja jetzt ausgehen,“ Er warf einen erheiterten Blick auf Passion, die verlegen zum Fenster schritt. „sind Sie bald wieder fit. Nur vor Ablauf einer Woche lasse ich nicht mit mir über eine Entlassung verhandeln,“ erläuterte er dann. Passions Blick fiel auf die angrenzenden Nebengebäude des Hospitals, die von Straßenlaternen erleuchtet wurden. ‚Glück gehabt‘ hallte es in ihrem Kopf. Was Schlimmere hätte passieren können, wollte sie sich lieber nicht ausmalen. Ihr stiegen Tränen in die Augen. Was der Arzt Saber noch alles zu sagen hatte, hörte sie nicht mehr. Aber wie die Tür wieder geöffnet und geschlossen wurde, bekam sie mit. „Hey Lady, komm wieder her,“ hörte sie ihn bitten. Sie versuchte hastig die Tränen weg zu klimpern, ehe sie sich zu ihm wand. Sie setzte sich wieder aufs Bett. In seinem rechten Arm steckte eine Infusionsnadel. Der Schlauch führte zum Tropf und irgendeine klare Flüssigkeit füllte ihn. Sie bettete den Kopf auf seine Brust. „He, ist doch alles in Ordnung. Du hast doch gehört, was der Arzt gesagt hat,“ murmelte er ihr tröstend zu. „Aber ein Schock war es trotzdem,“ gab sie leise zurück. „Du hättest dich sehen sollen. Einen Momentlang dachte ich, du seist tot.“ Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. „Das hätte ich …“ Sie schluckte und hob den Blick. „Hast du deshalb das Gemälde vergessen?“ fragte er. „Gemälde? Scheiß drauf. Du wärst fast abgekratzt,“ entgegnete sie verständnislos. Gegen seinen Willen musste er schmunzeln. „Was ist daran so lustig?“ fuhr sie ihn an. Noch immer Tränen in den Augen. Sie konnte das nicht nachvollziehen. Saber jedoch gefiel es, für sie wichtiger zu sein, als ein Bild ihres Vaters, besonders da es sich dabei um „Madonnas Leid“ handelte. „Es ist nur schön,“ antwortete er versöhnlich, „dass ich dir so wichtig bin.“ – „Natürlich bist du das,“ erwiderte sie unwirsch und fügte dann leiser und zärtlich hinzu: „Ich liebe dich.“ Sie senkte den Blick, aber er legte ihr die Hand unters Kinn und drückte es zu sich hinauf. „Sieh mich an und sag das noch mal,“ bat er. Passion wand den Kopf von seiner Hand und beugte sich nah zu ihm, so dass sie halb auf ihm lag und ihm direkt ins Gesicht schaute. „Ich liebe dich, Saber,“ wiederholte sie dann. Er umschlang sie mit dem freien Arm und strich ihr über den Rücken hinauf zwischen die Schulterblätter. Leicht drückte er sie noch näher zu sich. Sie gab ihm einen liebevollen Kuss. Dass die Nachtschwester eintrat um den Tropf zu prüfen, interessierte Passion diesmal nicht. „Lassen Sie ihn auch noch schlafen,“ meinte die noch, ehe sie wieder ging. Erst jetzt löste Passion den Kuss. „Sie hat Recht. Du solltest schlafen,“ flüsterte sie zärtlich und begann erneut die Acht auf seine Stirn zu zeichnen. Wieder schloss Saber die Augen. Erst als Passion sicher war, dass er schlief, hörte sie auf und setzte sich leise auf den Stuhl neben dem Bett. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)