Piratenblut / Familienbande von Henry_Morgan (Dein Schicksal ist die See) ================================================================================ Kapitel 13: Vertrauen?! ----------------------- Mein Bruder war ein stolzer Commodore der Royal Navy und mein größtes Vorbild, der wichtigste Mensch in meinem Leben. Er lehrte mich alles was ich weiß. Lesen und Schreiben, Kämpfen und Erstversorgung von Wunden. Diskutieren und überzeugen mit Argumenten. Er lehrte mich alles, er machte mich zu dem, was ich heute bin. Auf meinen Weg gab er mir fünf wichtige Grundpfeiler mit, fünf Grundpfeiler die für ihn mehr Wert waren als sein eigenes Leben. Wahrheit, Mut, Ordnung, Ehre, Disziplin. Für diese fünf Grundpfeiler war es wichtig zu kämpfen, für sie wäre er gestorben. Er war so sehr darauf fixiert sie zu erfüllen, sie aufrecht zu erhalten, dass er alles was nicht dafür kämpfte bekämpfte, es vernichtete. Alles was nicht nahezu perfekt war musste verändert werden. Wie sehr ich doch dafür kämpfte perfekt zu sein, immer ehrlich, mutig, ehrvoll, diszipliniert und ordentlich zu sein, aus Angst er könne mich nicht mehr lieben. Mein Bruder war alles was ich hatte, er war das Licht am Ende meines dunklen Tunnels. Er zeigte mir was es heißt zu leben und was es heißt zu lieben und vorallem zeigte er mir für das zu kämpfen was ich liebe. Er sagte mir immer wieder, dass wir das Böse bekämpfen sollen, egal wann und egal zu welchem Preis. Ja das sagte er zu mir. Ich wollte dieses Ziel verfolgen, aber letztendlich…letztendlich habe ich aufgegeben. Wer sagt was gut und was böse ist? Woher soll man wissen ob etwas gut oder böse ist? Ist es böse einen Menschen zu töten, der andere Menschen unterdrückt und man sie nur so retten kann? Ist es böse? Oder zählt es als gut? Wird ein Mord zu einer guten Tat, wenn man ihn aus einem „guten“ Grund begeht? Ist es denn nicht trotzdem Mord? Mein geliebter Bruder…er hätte eine Antwort auf diese Frage gehabt. Er hatte niemals als einen seinen Prinzipien, an den Gesetzen der Krone gezweifelt. Für die Krone wäre er gestorben, für die Krone…für sie ist er gestorben. In diesem Glauben ist meine Mutter gestorben, doch ich weiß dass er für etwas anderes gestorben ist. Und wer hätte gedacht, dass diese Tatsache mich in meinen Grundfesten jemals so erschüttern würde? Er hat seine Prinzipien über Bord geworfen und hat sich für das, was er immer das „Böse“ nannte eingesetzt. Aber warum? Hat er vielleicht eingesehen, dass man die Welt nicht in gut und böse, schwarz und weiß einteilen kann? Oder wurde er einfach nur fehlgeleitet von einem Gefühl…von einem Menschen… Mein Fieber ist geblieben, doch habe ich mich an den Schmerz gewöhnt, so wie ich mich an jeden Zustand gewöhne. An den Zustand ohne Vater, Mutter und Bruder zu leben, an den Zustand Pirat, ein Verbrecher zu sein. Auch wenn ich manchmal los schreien möchte vor Schmerz, so tue ich es nicht. Schmerz ertragen ist auch eine Art von Disziplin, Disziplin die mein Bruder mich lehrte und die ich auf keinen Fall ein weiteres Mal verlieren möchte. Ich weiß nicht wie es um meinen Arm steht und um ehrlich zu ein möchte ich es auch gar nicht wissen. Die Gefahr von Wundbrand und Infektionen kenne ich, hat mein Bruder mir doch viel davon erzählt und lebe ich doch schon seit zehn Jahren an Bord der Pearl. Habe ich doch schon viele Schicksale miterlebt. So viele…viel zu viele… „Johnny“, Jack betritt wieder einmal breit grinsend die Kajüte. Ob er wohl jemals schlecht gelaunt ist? „Jacky“, entgegne ich ironisch. „Wie es scheint geht’s dir wieder gut“, grinst Jack und stellt eine Schale mit einigen Früchten neben mich. „Könnte man so sehen“, sage ich schwach und schaue auf die Bananen, Äpfel, Mangos und was es da noch so gibt. „Du brauchst Vitamine“, erklärt Jack belehrend, „Wie geht’s deinem Arm?“ „Er ist noch dran“, schmunzele ich und muss leider bemerken, dass der Schmerz stärker wird. Er grinst und reicht mir einen grünen Apfel. „Nein danke“, wehre ich ab und schaue an die schwarze Decke. „Johnny“, fordert Jack mich auf und schwenkt den Apfel vor meinen Augen hin und her, „Du wirst ganz hungrig, dein Magen grummelt und du verspürst den dringenden Wunsch nach diesem leckeren saftigen grünen Apfel, der hundert prozentig nicht vergiftet ist“ „Jack, ich will nicht“, wiederhole ich und atme tief durch. „Weißt du Johnny-boy“, fängt er an und beißt genüsslich in den Apfel, „Er, der er ja schwer verletzt, dank eines SCHNITZUNFALLs, in des Captains Bett liegt, sollte das nette Angebot des Captains, der ihm, der er ja einen Schnitzunfall hatte und deshalb schwer verletzt ist, sein Bett übergeben hat, annehmen und den leckeren Apfel in den der nette Bettspender des Schnitzunfallopfers gebissen hat essen. Savvy?“ „Na gut“, gebe ich nach und nehme Jack den Apfel aus der Hand. Zwar möchte ich im Grund nicht in Jacks angebissenen Apfel beißen, aber eigentlich ist es auch egal, haben wir uns doch schon so viel geteilt. So beiße ich in die grüne Frucht und verziehe kurz, wegen des bitteren Geschmacks, das Gesicht. Auf Jacks Gesicht macht sich ein zufriedenes Lächeln breit. Eine Stille, eine sehr merkwürdige Stille verbreitet sich im Raum, ist es mit Jack doch niemals ruhig. Es sei denn er schläft, aber selbst dann… „Hast du es dir überlegt?“, unterbricht Jack auf einmal die Stille. „Was?“, frage ich überrascht, überhaupt nicht wissend worum es geht. „Dein Geheimnis“, antwortet er kurz und lehnt sich in einem Stuhl zurück, den Blick auf mich gerichtet. „Was meinst du?“, erkundige ich mich unschuldig, obwohl ich genau weiß was er meint. „Du weißt, was ich meine“, entgegnet er unglaublich ruhig und ernst. „Ich…“, fange ich an, „Was willst du wissen? Warum willst du es überhaupt wissen? Was bringt es dir wenn du es weißt? Es gibt Gründe warum Geheimnisse Geheimnisse sind!“ Jack schaut mich nur weiter an, entgegnet nichts. „Jack!“, sage ich und schaue ihn an, „Wenn ich es dir sage, wer sagt dass du nicht…du nicht sauer bist?“ „Warum sollte ich sauer sein Johnny-boy?“, erkundigt sich Jack, lehnt sich nach vorne, stützt sich mit seinen Ellbogen auf seine Knie und reibt die Hände leicht gegeneinander. „Was hast du vor Jack Sparrow?“, frage ich ihn ruhig und atme tief durch. „Ich will wissen, was du mir verheimlichst. Denn ich habe es nicht so gern, wenn ich nicht weiß, was um mich rum geschieht“, erklärt Jack. „Ich habe dir nichts zu sagen“, wehre ich schließlich kalt ab und schaue wieder an die schwarze Decke. Jack atmet tief durch und grinst, „Das habe ich mir gedacht“ Mit einer schwungvollen Bewegung steht er vom Stuhl auf und geht in Richtung Fenster, durch das er auf das blaue Meer schaut. „Weißt du Johnny…“, sagt er und wendet sich kurz zu mir, „Das einzige, was uns von den Anderen unterscheidet ist das Vertrauen das wir ineinander haben“ „Welches Vertrauen?“, entgegne ich kalt und höre wieder die Stimme meines Bruders, die all die Verbrechen aufzählt, die Jack begangen hat, „Man kann keinem Piraten vertrauen! Das müsstest du wissen“ Jack antwortet mit einem Lächeln, „Na gut, dass du in erster Linie Kind eines Marineoffiziers bist“ „In erster Linie bin ich Pirat“, fauche ich ihn wütend an, doch besinne mich eines besseren. Warum soll ich mich von ihm reizen lassen? „Du und ich, Johnny. Wir sind anders als die anderen“, fängt Jack mysteriös lächelnd an und wankt auf mich zu, „Wir beide tragen ein Geheimnis mit uns herum, dass uns leicht den Kopf kosten könnte und wir erzählen es nicht, weil wir wissen, dass uns die Person, der wir es erzählen würden, nie mehr so sehen würde, wie sie uns zuvor gesehen hat“ „Was willst du damit sagen Jack?“, frage ich ihn verwirrt. „Ich geb dir jetzt einen Rat, den mir mal ein sehr kluger Mann mit auf den Weg gegeben hat“, weicht Jack der Frage aus, „Es kommt nicht darauf an ewig zu leben, Johnny. Sondern darauf, ewig mit sich selbst zu leben*“ Mit diesem Satz verlässt er das Zimmer und mich sehr unschlüssig zurück. _ * aus Fluch der Karibik, At World’s end. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)