Kaleidoskop von ArtyFowly ================================================================================ Was sie wollte... ----------------- „Du kannst nicht sterben, bevor du nicht gelebt hast“, flüsterten die Stimmen. „Dann nehme ich den Tod in Kauf“, antwortete sie leise – und lebte. Verschlossene Türen, wohin sie schaut. Verwobene Gänge aus dichtem Nebel und beißendem Staub, der ihr die Sicht versperrt. Erblindet von der Hoffnungslosigkeit. Ermüdet von den ewigen Stunden, die ihre Seele gefangen gehalten wurde. Gefangen von ihrem Körper, der keine Gnade kennt, unermüdlich gegen ihr Entkommen ankämpft. Sie würde alles dafür tun, einen Ausweg zu finden, das Tageslicht zu erblicken. Sie irrt umher durch ein Labyrinth aus Angst und Leid, wird von unsichtbaren Kräften hin und her gestoßen, gegen Wände aus Unbarmherzigkeit. Durch ein Meer aus erdrückender, tonnenschwerer Dunkelheit. Wo wird ihr Lauf enden? Mit jedem Schritt, den sie geht, verblassen ihre Erinnerungen mehr. Ihre Erinnerungen an das strahlende Sonnenlicht, das Gefühl von Glück, Zuversicht. Leben. Und doch geht sie weiter, denn sie kann nicht stehen bleiben, wird mitgerissen von der Sehnsucht, getrieben durch ein dickflüssiges Meer aus enttäuschten Hoffnungen. Es gibt kein Zurück. Immer weiter schreitet sie voran, ohne anzuhalten. Und dann, als ihr endlich die Ausweglosigkeit der Situation bewusst wird, nimmt sie mit einem Schlag all ihren Mut zusammen, öffnet die Augen, und durchbricht die Wände. Durchbricht Kummer und Schmerz. Bezwingt den Tod, der schon seine Hände nach ihr ausstreckt. Und tanzt. Formen und Farben, die sie sanft umschlingen, in ihrem Reigen aus Gefühlen und Emotionen. Hier will sie sein, hier will sie bleiben. Stillstand in der Bewegung. Ihr Körper wird eins mit der Umgebung, mit der Luft, mit dem Regen, der ihr vom Wind ins Gesicht gepeitscht wird. Ihr Lächeln lässt sich nicht fortwischen. Sie hört Stimmen, laute, verzerrte Töne. Angstgeladene Rufe. Ein Wirbeln aus Klängen, das sie ignoriert. Sie ist nicht aufzuhalten. Hier will sie sein, hier will sie bleiben. Und ihre Seele löst sich, befreit sich von ihrem Körper, der einem bodenlosen Abgrund entgegentanzt. Sie sieht es und lässt sich trotzdem nicht stoppen. Als hätte sie Flügel, treibt sie auf Schwingen aus Licht durch den Nebel, folgt ihrem Herzen, das ihr stumme Weisheiten ins Ohr flüstert. Jetzt fangen sie an zu kreischen, fürchten sich, malen Entsetzen auf ihre schönen Gesichter, doch sie nimmt es nicht wahr. Dabei fürchtet auch sie sich. Vor dem Abgrund, der stetig näher kommt. Doch sie will dieses Gefühl von Glück nie wieder missen, lässt sich von leisen Stimmen verführen, die ihren Kopf mit Euphorie füllen. Das ist es, was sie will. Das ist das Leben. Und sie tanzt immer noch. Wunde Füße, keuchender Atem, schmerzendes Herz. Eiskalte Hände, die nach ihrer fiebrigen Haut greifen, und an ihren Haaren zerren. Zurück. In die Dunkelheit. Sie wehrt sich mit unbändiger Kraft, hört nicht auf, niemals. Immer weiter. Hier will sie sein, hier will sie bleiben. Ein helles Licht. Sie bricht zusammen, fällt. Mit einem Lächeln. Und die Euphorie schwindet. Es folgt ein Schweigen, schwerer als die Trauer. Aber die Erinnerungen an das Glück bleiben, für immer. Sie bereut nichts, obwohl der Tod sie nun doch erreichte, im Moment des größten Triumphes. Als sie endlich wieder lebte. Sie war krank. Sie durfte nicht tanzen. Und tat es trotzdem. Weil es das war, was sie wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)