Thank you von yukken ([Yutaka x Akira]) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Zwei Tage vor meinem 18. Geburtstag. Hätte ich gewusst, was in dieser Nacht passiert, ich hätte meine Mutter nicht als Rabenmutter beschimpft. Ich hätte meinem Vater nicht vorgeworfen, dass ihm seine Firma wichtiger sei als ich. Ich hätte ihnen nicht gesagt, dass ich sie hasse. Doch all diese Dinge habe ich ihnen in meiner Wut an den Kopf geworfen, bin danach in mein Zimmer geflüchtet, habe mich eingeschlossen und solange geweint bis ich eingeschlafen war. Meine Eltern hatten mir an diesem Abend eröffnet , dass sie, mal wieder, an meinem Geburtstag nicht zu Hause sein würden. Mein Vater müsse auf Geschäftsreise und meine Mutter einer Modenschau beiwohnen. Ich muss dazu sagen, dass ich in den letzten Jahren viel Verständnis für meine Eltern aufgebracht habe was ihre Arbeit betrifft. Das sie die meiste Zeit über arbeiten waren. Das sie so manche wichtige Termine nicht wahrnehmen konnten, nicht immer an Feier- und Familientagen anwesend waren. Das alles habe ich immer mit einem „Ist schon gut. Das nächste Mal vielleicht.“ und einem Lächeln abgetan, wenn sie mir ihr schlechtes Gewissen deshalb offenbart hatten. Ich lächelte, obwohl es mit den Jahren immer mehr Absagen wurden und es immer mehr schmerzte, denn egal konnte mir so etwas einfach nicht sein, obwohl man vielleicht meinen könnte, ich hätte mich langsam dran gewöhnt. Wie gesagt, es war nicht das erste Mal, dass sie an einem meiner Geburtstage nicht zu Hause waren. Doch hatte ich geglaubt, dass sie wenigstens an diesem wichtigen, für mich wichtigen Tag, das sein wollten. Aber nein. An diesem Abend hatte ich all meinen angestauten Gefühlen freien Lauf gelassen. Ich weiß nicht, wie lange ich sie angeschrien hatte. Ich weiß nicht, wie lange sie einfach nur da saßen, mich ansahen und nichts dazu sagten. Wahrscheinlich fanden sie meinen Gefühlsausbruch berechtigt und hatten mich deshalb nicht unterbrochen. Doch dass dies alles nur ein Vorwand für etwas war, eigentlich gar nicht stimmte, das sollte ich noch in derselben Nacht erfahren. Vage kann ich mich daran erinnern, dass die roten Zahlen meines Digitalweckers eine Uhrzeit gegen 2 Uhr nachts anzeigten, als es an unserer Haustür klingelte. Da meine Eltern es anscheint nicht für nötig hielten sich aus ihrem Bett zu bequemen, wurde ich durch dieses Klingeln geweckt und erbarmte mich eben der Person, die nun schon ein halbes Sturmklingeln veranstaltete, die Tür zu öffnen. Doch wer da stand, ließ mich stocken. Es waren 2 Polizisten. Sofort fragte ich mich natürlich, was die hier wollten. Hatte etwa einer unserer Nachbarn sie gerufen wegen meinem kleinen großen Ausraster vorhin? Nein, das war Quatsch. „Tanabe Yutaka?“, fragte mich einer der Polizisten und ich konnte nur nicken, sah wie er nun wohl nach Worten rang. „Es tut mir leid Ihnen das mitteilen zu müssen, aber ihre Eltern.. sie hatten einen tödlichen Unfall.“ Was? Verwirrt und fragend zugleich blickte ich ihn an, verstand nicht recht. Meine Eltern? Unfall? Tödlich? Was redeten die da? Ich merkte wie mein Herz begann schneller zu schlagen und sich kleine Schweißperlen auf meiner Haut bildeten. „Wie bitte? Ich… Ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor. Meine… meine Eltern liegen oben in ihrem Schlafzimmer und schlafen“, sagte ich ihm mit noch fester Stimme, ließ meinen Blick aber zu unseren Jacken und Schuhen wandern. Ihre fehlten. Angst fing an sich in mir auszubreiten. Nein. Es gab sicher einen plausiblen Grund, warum sie fehlten, welcher das auch immer sein mag. Mein Herz klopfte nun so schnell gegen meine Brust, dass sich ein Kloß in meinem Hals bildete, mir das Atmen etwas schwerer fiel. „Ganz sicher. Sie… sie liegen oben.“, redete ich weiter, zeigte auf die Treppe, die nach oben führte und war kurz darauf diese hinauf gerannt, riss die Tür zu dem Schlafzimmer meiner Eltern förmlich auf. Ich blieb stehen. Verständnislose Blicke trafen das leere Bett und ich fragte mich, wo zum Teufel die beiden waren. Warum lagen sie nicht in ihrem Bett? Um so eine Uhrzeit. Schnell hastete ich die Treppe wieder nach unten, an den Polizisten, die sich scheinbar nicht gerührt hatten, vorbei und sah zur Auffahrt. Das Auto war weg. Ich blieb stehen und sah auf den leeren Platz bis mir der Polizist schließlich auf die Schulter tippte, mich so dazu brachte, mich umzudrehen. Er stand neben mir und sah irgendwie mitleidig auf mich herab. „Es tut mir wirklich leid, Sie das jetzt fragen zu müssen, jedoch brauchen wir dies für unsere Akte. Würden Sie sich bitte diese Fotos anschauen und die beiden identifizieren?“ Er hielt mir 2 Fotos so hin, dass ich nicht erkennen konnte, wer oder was darauf abgebildet war und um ehrlich zu sein wollte ich das auch nicht wirklich. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in mir aus. Mein Atem ging flach und zitternd nahm ich die Fotos in die Hand. Ich schluckte, atmete tief durch, drehte die Fotos herum und ließ sie keine Sekunde später wieder fallen. „Nein.“ Meine Augen waren vor Schock geweitet und ich schlug mir die Hände vor den Mund. Tränen rannen mein Gesicht hinab. Ich schüttelte den Kopf, sank auf die Knie. „Nein, nein… das... kann nicht sein.“ Ich hob die Fotos auf und besah sie mir noch einmal. „NEIN!“ schrie ich nun und presste die beiden Fotos an mich, krümmte mich nach vorn. Ein unglaublicher Schmerz durchfuhr meinen Körper. Ja, auf den beiden Fotos waren meine Eltern zu sehen. Blut am Kopf, Blut an der Kleidung, eingequetscht im Auto. „Nein.. ihr..“ Ich brachte nur ein paar Wörter heraus, schüttelte weiter den Kopf als sei das nur ein böser Traum und ich würde gleich wieder aufwachen. Nur dumpf hörte ich die Worte die einer der Polizisten zu mir sprach und mich auf die Beine hievte und ins Haus brachte. Im Sessel wurde ich abgesetzt und man redet weiter auf mich ein. Doch ich nahm nichts davon war, außer 4 kleine Wörter. „… noch jemand im Wagen“ Für einen Moment stoppte ich und sah zu ihm auf. „Ich weiß es ist hart für Sie, aber würden Sie sich bitte auch das letzte Foto ansehen und uns sagen, ob sie vielleicht auch diese Person kennen?“ Ich sah ihn einfach nur an, fragte mich warum er mich nicht endlich in Ruhe lassen konnte, schließlich hatte er mir soeben gesagt und gezeigt, dass.. dass meine Eltern… Die Tränen liefen einfach weiter über meine Wangen, als ich im Glauben diese Person eh nicht zu kennen nickte und ihm so signalisierte, dass er das Foto schon zeigen soll. Er nahm es, drehte es um und hielt es mir hin. Genau in diesem Moment glaubte ich mir würde die Luft abgeschnürt. Ich glaubte mein Herz bliebe stehen. Ich müsste mich übergeben, das Bewusstsein verlieren. Was wollte man mir eigentlich noch antun? Diese Person auf dem Foto. Ich kannte sie. Verflucht nochmal natürlich kannte ich sie. Aber wieso. Wieso ist sie auf diesem Foto? Warum war sie im Wagen meiner Eltern. Wieso? Ich öffnete den Mund zu einem stummen Schrei. Shinji. Mein Freund. Mein Geliebter. „Tanabe-san?“, wurde ich angesprochen, doch ich reagierte nicht. Ich starrte weiterhin auf das Bild, fühlte mich leer. Doch mit einem Mal brach es erneut heraus: Ein Schrei, Tränen, die unaufhörlich und bitter flossen, ich brach zusammen. „Nein, nein, nein, ..“ Ich schüttelte immer wieder den Kopf, wollte es nicht wahrhaben. Ich merkte nicht, wie sich einer der Polizisten zu mir kniete, mit mir redete, mich wieder versuchte in den Sessel zu setzen. Ich merkte nicht, wie es an der Tür klingelte und jemand hereingelassen wurde. Ich hörte nicht, was sie besprachen. Erst als man mir die Fotos, die ich immer noch eisern umklammert hielt, aus der Hand nehmen wollte, sah ich auf. Erkannte verschwommen die Gestalt meines bestens Freundes. Sofort stand ich auf und warf mich ihm in die Arme, ließ meinen Gefühlen weiter freien Lauf, während er mir über den Kopf und Rücken streichelte. Ich weiß nicht, was danach passierte, was sie noch miteinander besprachen. Ich merkte nur noch, wie er mich später hoch in mein Zimmer trug und mich auf dem Bett ablegte. Danach rief er wohl jemanden an. Ich hörte nur wie er leise sprach. Das nächste an was ich mich erinner war das Türklingeln, Schritte, die Näher kamen, das Schließen meiner Zimmertür. Ich spürte wie sich zu meinen beiden Seiten die Matratze senkte, suchte sogleich die Nähe des vor mir Liegenden. Noch immer weinte ich und jedes Mal, wenn ich dachte es wäre keine Träne mehr übrig überkam mich ein noch heftigerer Anfall und immer wieder schwirrte mir die Frage nach dem Warum im Kopf, sprach sie ab und zu zwischen den Schluchzern aus. Wie konnte das nur passieren? Warum lagen sie nicht im Bett? Warum waren sie das auf den Fotos? Warum war er dabei? Meine Eltern hatten nicht gesagt, dass sie diesen Abend noch einmal weg wollten. Warum also waren sie verdammt nochmal unterwegs gewesen? Arme wurden sanft um mich gelegt und zwei Körper schmiegten sich an meinen, versuchten mich zu beruhigen. Ich weiß nicht, wie spät es war, als ich vor Erschöpfung eingeschlafen war. Ich weiß nur, dass ich an diesem Abend, an dem eine ganze Welt für mich zusammengebrochen war, froh war, nicht allein gewesen zu sein. Kapitel 2: ----------- Von einem ruhigen Schlaf konnte man in dieser Nacht wohl nicht sprechen. Zwar träumte ich nichts Bestimmtes, doch begleitete mich stets ein mulmiges und bedrückendes Gefühl durch den Schlaf, welches mich unruhig werden ließ. Nach ein paar Stunden wachte ich auf, schloss meine Augen aber gleich wieder, nachdem ich sie geöffnet hatte. Sie brannten, taten weh. Dennoch konnte ich in diesem kurzen Moment erkennen, dass Yuu noch immer vor mir lag. Ein Gefühl der Erleichterung durchfuhr mich, zeigte mir, dass ich nicht allein war, obgleich mir bei seiner Anwesenheit bewusst wurde, dass das letzte Nacht kein Traum war. Und da waren sie wieder. Die Tränen, die ich nicht zurückhalten konnte. Ich konnte es noch immer nicht fassen. Schnell wischte ich mir allerdings über die Augen, wollte aufstehen. Jedoch hinderte mich etwas daran. Es war nicht Yuu, sondern jemand, der hinter mir lag. Ich sah nach unten und konnte erkennen, dass dieser jemand einen Arm und sogar ein Bein um mich gelegt hatte. Kurz zuckte mein Mundwinkel. Ich brauchte mich nicht einmal umdrehen, um zu wissen wer es war. Kouyou. Ihn hatte Yuu also angerufen und im Nachhinein dachte ich mir, wen sonst? Die beiden waren meine besten Freunde und waren immer für mich da. Wir waren überhaupt immer füreinander da. Ich blickte wieder in Yuus schlafendes Gesicht und je weiter höher mein Blick wanderte, umso mehr Tränen flossen wieder, umso mehr schmerzte es in meiner Brust, in meinem Herzen. Ihre beiden Hände, mit denen sie mich nicht diese Nacht gehalten hatten, lagen über meinem Kopf und ihre Finger waren miteinander verschränkt. Ja, so gaben sie sich gegenseitig Kraft, um diese wohl dann wiederum mir geben zu können. Diesmal huschte kurz ein ehrliches Lächeln über mein Gesicht. Die beiden waren wirklich wie geschaffen füreinander. Sie ergänzten sich perfekt und das schon seit mehr als vier Jahren. Ein leises Schniefen überkam mich. Ich musste aufstehen. So schnell es eben ging, wand ich mich unter den beiden hervor und schlich leise aus dem Zimmer um sie nicht zu wecken. Ich zog die Tür hinter mir zu und lehnte mich an die Wand neben mir, starrte ihn den leeren Gang hinein. Nichts. Kein einziges Geräusch konnte ich hören. Komplette Stille. Normalerweise würde um diese Uhrzeit – ich hatte kurz auf meinen Wecker gesehen, als ich raus ging und es war kurz nach sieben Uhr - entweder meine Mutter oder eben mein Vater im Haus herum wuseln, weil sie zur Arbeit mussten. Ein weiteres Schniefen entwich mir und meine Sicht wurde verschwommener. Es würde nie wieder so sein. Nie wieder würde ich irgendetwas hören, für dessen Laut sie verantwortlich waren. Nie wieder. Schwermütig raffte ich mich auf und ging langsam den Flur entlang, blieb vor ihrer Schlafzimmertür stehen. Ich traute mich kaum hineinzugehen, doch schließlich überwand ich mich und betrat das Zimmer. Schon an der Tür wollten mir wieder meine Beine wegknicken, doch ich schaffte es noch die Tür zu schließen, mich zum Bett zu schleppen und mich hineinfallen zu lassen, nur um kurz darauf wieder in bittere Tränen auszubrechen. Verzweifelt krallte ich mich in ihre Decke, erstickte meine klagenden Schreie im Kissen meiner Mutter, fragte nach dem warum. Warum ausgerechnet sie? Sie hatten doch nichts verbrochen in ihrem Leben. Und das sie oft arbeiten mussten. So war das nun mal in der heutigen Welt. Das war doch nichts Falsches. Warum hatte man sie mir also genommen? Wieso? Das war nicht fair. Oder.. oder vielleicht war es eine Bestrafung für mich? Weil ich sie angeschrien hatte. Ihnen gesagt hatte, dass ich sie hasse. Und das wegen ungerechtfertigten Gründen? Und da fiel es mir auf. Das letzte, was ich zu ihnen gesagt habe war, dass ich sie hasse. Sie sind in dem Glauben gestorben, ich würde sie hassen. Wahrscheinlich wussten sie, dass ich das nicht tue, sondern nur aus meiner Wut heraus gesagt habe, aber dennoch, ich hatte es ihnen an den Kopf geworfen. Wir sind im Streit auseinandergegangen. Und nun konnte ich mich nicht einmal mehr dafür entschuldigen. Ich würde ihnen nicht mehr sagen können wie leid es mir tut an so etwas überhaupt gedacht zu haben. Ich.. Ich stockte, musste husten, doch geschockt hob ich meinen Kopf. Ich war so dumm. Nicht umsonst gab es doch den Spruch, man solle jeden Tag so leben, als wenn es der letzte wäre. Man sollte am Ende eines Tages nicht im Streit auseinandergehen, denn wer wusste schon, was am nächsten Morgen war. „Mama… Papa…“ Es war als hätte man mir ein unsichtbares Band um mein Herz gelegt und zog es nun fest. So sehr schmerzte es. Ich krallte mich wieder fest in die Decke, vergrub mein Gesicht darin, ich hatte das Bedürfnis mir weh zu tun. Wie konnte ich nur so dumm sein? Ab und an schlug ich neben mich auf die Decke und musste wohl wieder begonnen haben zu schreien, denn auf einmal hielt jemand meine Hand fest, zog mich fest an sich. „Yu hör auf. Beruhige dich bitte.“ „Ich hab ihnen gesagt, dass ich sie hasse.“, schrie ich ihn an. „Shh. Ganz ruhig Yu. Nicht schreien.“ „Ich… bin so dumm! Ich bin so… dumm!!“, ich weinte bitterer denn je, hatte die Augen fest zusammengepresst und schlug mit der anderen Hand auf ihn ein. „Ich hab… ihnen , gesagt, ich… hasse sie.“, stockend schnappte ich nach Luft, neben meinen Schluchzern, die ich verlauten lies und lief dabei immer röter an. „Yu bitte! Beruhige dich! Hol Luft!! Yu!“ Er hielt auch meine andere Hand fest und ich bekam wegen meines Heulanfalls kaum noch Luft und begann zudem noch stark zu husten. „Yu… ganz ruhig... bitte“, begann er nun über meinen Rücken zu streicheln. Ich konnte an seiner Stimme hören, dass er langsam verzweifelt wurde, nicht wusste, was er noch machen sollte. Doch allmählich beruhigte ich mich wieder. Es kam wieder mehr Luft in meine Lunge und auch die Tränen wurden weniger, ehe ich einfach nur so, weiter tief die Luft einatmend, in seinen Armen lag. „Geht’s wieder?“ Ich nickte nur. „Es tut mir so leid Yu. Ich.. ich glaub das immer noch nicht, dass sie… tot sein sollen. Ich war euch doch vorgestern erst besuchen. Hab mit euch zu Abend gegessen und..“ Er stoppte, hatte wohl an meinen leisen Schniefern erkannt, dass es kein guter Zeitpunkt war um jetzt so etwas zu sagen, was mir nur wieder Erinnerungen ins Gedächtnis rief. „Entschuldige.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Schon okay.“ Eine kleine Weile schwiegen wir, bevor er wieder das Wort ergriff, mir aber dennoch weiter über den Rücken strich. „Sie haben gesagt, du sollst morgen noch einmal bei der Polizei vorbeikommen. Sie hätten noch ein paar Fragen an dich und meinten, du wolltest sicher wissen, wie es passiert ist. Außerdem sagten sie, sie würden natürlich deine Tante anrufen und ich denke, dass sie wohl bald hier anrufen und dann vorbeikommen wird.“, erzählte er mir. Zwar hörte ich es, jedoch konnte ich die Bedeutung und Sinn der Worte nicht wirklich erfassen. Mein Kopf war einfach zu leer und doch nickte ich wieder. „Ich bleib bei dir Yu, ja? Und Kou auch. Ich hab meinen Eltern noch Bescheid gesagt und ich denke, Kouyou ruft seine gerade an. Du bist also nicht allein.“ Wieder nur ein Nicken und ich wusste nicht, ob mich das freuen sollte oder nicht. Auf der einen Seite sollte ich vielleicht froh sein, dass sie mich nicht allein ließen. Wer weiß, was ich sonst machen würde. Doch auf der anderen Seite wäre ich jetzt gern allein. Würde gern allein um sie trauern. Und schon nachdem Yuu seine und Kous Eltern erwähnt hatte, hatte ich schon wieder Tränen in den Augenwinkeln. Doch wollte ich nicht nur um sie trauern. Es war ja noch jemand Drittes im Auto gewesen. Etwas, was ich überhaupt nicht verstand. Warum war er dort? Was hatten sie mit ihm vor? Shinji… „Ich hab ihn so geliebt“, entkam es plötzlich meinen Lippen und Yuu sah ein wenig auf, nahm mich schließlich fester in den Arm. „Ich weiß.“ „Warum war er in dem Wagen meiner Eltern? Warum lag er nicht wie ich im Bett und hat geschlafen? Warum waren sie mit ihm unterwegs?“ „Das kann ich dir nicht sagen.“ Nein, du sicher nicht Yuu. Vielleicht würde ich es morgen erfahren? Yuu hatte doch gesagt, morgen wollten sie mich sehen, oder? Oder doch an einem anderen Tag? Oder doch nur meine Tante? Ich wusste es nicht. „Wir hatten so viele Pläne. Wir wollten verreisen, nachdem wir unseren Abschluss gemacht hätten. Danach wäre er auf die Uni gegangen, ich hätte meine Ausbildung zum Koch absolviert und wir hätten uns zusammen eine Wohnung gesucht. Wir wären erfolgreich im Job gewesen, hätten uns später ein eigenes Haus mit Pool geleistet. Wer weiß, vielleicht hätten wir sogar ein Kind adoptiert. Oder mehrere. Darüber hatten wir noch nie gesprochen. Warum auch? Wir hatten ja schließlich noch jede Menge Zeit zusammen. Dachten wir. Und nun?“ Zu meinem Erstaunen, liefen nur ein paar Tränen meine Wangen hinab. Müsste ich nicht eigentlich bei ihm noch mehr weinen als bei meinen Eltern? Er war, nein ist, schließlich meine erste große Liebe. Doch wahrscheinlich würde das noch kommen, sagte ich mir. Jetzt hatte ich wohl erst einmal meinen Vorrat aufgebraucht, war zu erschöpft. Ja, ich fühlte mich schon wieder müde und schlaff. Ich wollte am liebsten liegen bleiben und vor mich hinstarren. Weiterhin in Ruhe diese Leere in mir fühlen und wenn es mich überkam, weinen. „Kommst du mit runter? Kou hat Frühstück gemacht. Du musst auch nichts essen, nur sei bei uns, ja?“ Nein, essen würde ich sicher nichts. Eher war mir danach mich zu übergeben und mit nach unten wollte ich auch nicht. Ich wollte nicht noch mehr sehen, was mich an sie erinnerte, also schwieg ich. „Willst du dann vielleicht duschen oder soll ich dir ein Bad einlassen?“ Wirklich rührend wie er sich um mich kümmerte doch ich konnte ihm nicht antworten. Ich wollte nicht denken. Nicht darüber nachdenken, ob ich dies oder jenes wollte oder nicht. Ich wollte nicht über so belanglose Dinge nachdenken müssen. Ich hörte wie er seufzte. Es tut mir leid Yuu, aber ich kann nicht. Bitte versteh das. Kurz darauf klopfte es an der Tür. „Wie geht es ihm?“ „Er will nicht aufstehen.“ Ich sah nicht wie Kouyou nur nickte, als habe er sich das schon gedacht und auf uns zu kam, spürte nur wie sich die Matratze neben mir senkte und mir über den Rücken gestreichelt wurde. „Ich hab Tee für dich gemacht, Yu. Trink etwas. Der wird dir sicher gut tun.“, sagte er zu mir und ich hörte schon an seiner Stimme, dass er wohl eines seiner warmherzigen Lächeln auf den Lippen hatte. Langsam und etwas schwerfällig drehte ich mich in Yuus Umarmung zu ihm um und sah ihn ausdruckslos an, nickte schließlich nur und setzte mich vorsichtig auf. Ich griff mit an den Kopf. Mir war so schwindlig. „Mach langsam“, kam es auch sogleich von Yuu und ich spürte eine stützende Hand im Rücken. „Danke.“ Ich nahm Kou die Tasse Tee ab und starrte hinein, während er Yuu ebenfalls eine Tasse reichte. Am Geruch konnte ich erkennen, dass es Kaffee war. Kou stellte das Tablett, mit welchem er die drei Tassen, für ihn war schließlich auch eine dabei, hochgebracht hatte, auf dem Boden und und setzte sich neben mich aufs Bett. Schweigend saßen wir nebeneinander. Ich sah weiterhin nur in die Tasse als würde ich dort die Antworten auf die Fragen, die mich quälten, finden. Doch hing ich einfach nur meinen Gedanken nach. Obwohl.. eigentlich dachte ich nichts. Zwar rasten tausende von Gedanken durch meinen Kopf, doch erfassen konnte ich keinen davon. „Yu du musst ihn trinken bevor er kalt wird.“, kam es plötzlich neben mir und ich sah zu Kou, der mich wieder so anlächelte. Ich nickte und trank endlich einen Schluck des inzwischen lauwarmen Getränks. Doch plötzlich wurde unsere Stille durch das Türklingeln unterbrochen. Ich machte keine Anstalten aufzustehen. Sollten sie doch klingeln. Wer immer es auch sein mochte, es interessierte mich nicht. „Ich geh schon“, meinte Kou schließlich und stand auf. Wenige Augenblicke später, war er wieder bei uns. „Yu deine Tante ist da.“, verkündete er, aber ich zeigte keine Reaktion. „Sie wartet unten im Wohnzimmer auf dich.“ Sollte sie doch warten. Ich wollte sie nicht sehen. Nicht nachdem mir bewusst geworden war, dass… „Yutaka.“ … sie die Zwillingsschwester meiner Mutter war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)