Martel's Life von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Grauen zur Abendstunde --------------------------------- »Wie konnte das geschehen?!? Verdammt!!« Verbissen rammte Martels Vater sein Schwert Flamberge in die Erde Heimdalls. Die an der feuerroten Klinge herunterlaufenden Regentropfen wirkten im Schatten des Heimdall durchziehenden Feuers wie Blut. »Das darf nicht sein!« Die verärgerten Blicke, die er dem Wald zuwarf, galten den Soldaten der tethe’allanischen Armee, die sich Zutritt zu Heimdall und dem Torent-Wald verschafft hatten. Benommen trat sein Vater aus dem Haus. In seiner rechten Brust klaffte eine große Wunde. Mit der einen Hand auf seinen Stock gestützt, versuchte er, mit der anderen die an ihm zehrende Blutung zu stoppen. »Was ist… mit Martel…?« keuchte dieser angestrengt. Vidar sah zu Boden, behielt jedoch seinen ernsten Blick bei. »Ich denke, dass Yuan bei ihr ist. Doch das heißt nicht, dass sie in Sicherheit sind…« Einen Moment lang hielt er inne. Dann traf er einen Entschluss und drehte er sich langsam zu seinem Vater um. »Vater… setz dich hierhin, im Haus findest zu Medizin. Verzeih mir, aber ich muss Martel suchen gehen.« Mit diesen Worten wandte er sich wieder dem Wald zu, zog eilig sein Schwert aus der Erde, steckte es in die Schwertscheide und rannte entschlossen in die Tiefen des Torent-Waldes hinein. »Viel… Glück, Vidar… Mithos und Martel…« keuchte sein Vater und lehnte sich an eine angebrannte Säule des hölzernen Hauses an. Dann schloss er die Augen und erlag seinen Verletzungen. Eine einzelne Sternschnuppe flog am Himmel vorbei… Mehrere Male lief Vidar Gefahr, in der matschigen Erde des verregneten Waldes auszurutschen, doch gab er sich alle Mühe, schnellstmöglich zum Manabaum zu gelangen. Die Hoffnung beibehaltend, dass es noch nicht zu spät sei, folgte er dem zugewucherten Waldpfad, bis er die beiden in güldene Rüstungen gekleideten Männer sah, die keine Stunde zuvor die Soldatentruppe des Heimdall-Überfalls angeführt hatten. Als er sie sah, blieb er blitzartig stehen und hielt sich an einem Baum fest. ‚Das ist die falsche Richtung… Sie gehen am Platz des Baumes vorbei’, stellte er fest, und ein hämisches Grinsen konnte er sich nicht verkneifen, ‚Wahrscheinlich denken sie, dass sie noch tiefer in den Wald müssen… Umso mehr Zeit bleibt mir, meine Tochter zu finden…’ Vorsichtigen Schrittes huschte er hinter den Bäumen entlang, gefährlich nahe an den Soldaten vorbei. Mit bedächtigen Schritten achtete er darauf, keine auffälligen Geräusche zu verursachen, und so sah er schon bald den Manabaum in nicht allzu weiter Ferne. »Da ist er… aber wo ist Martel…?!?« Sein Blick wanderte angespannt über die von Eichen gesäumte Waldlichtung, auf welcher der manaspendende Göttliche Baum stand. Gegen den Kharlanbaum wirkten selbst die bis zu zweitausend Jahre alten Eichen winzig. Ein letztes Mal schaute er sich um, ehe er unter den schützenden Baumkronen auf die Lichtung trat. Ein weiteres Mal wanderte sein Blick über die hunderte Meter weiten Ebenen. ‚Nichts…’ Unbehagen und Angst machte sich in ihm breit und trocknete ihm die Kehle aus. Panisch verstärkte er den Griff an der Halterung seines Schwertes, dessen leicht aus der Scheide hervorstehende Klinge der Vidar benässende Regen vage zum Glänzen brachte. Sich vorsichtshalber noch einmal umschauend, umkreiste er den Kharlan-Baum. »Martel…? Bist du hier…?« fragte er mit gemäßigt lauter Stimme mehrere Male, als er um den Baum herumging. Im dunklen, schwer wahrnehmbaren Schein des Mondes konnte er einen abgebrochenen Ast auf dem Boden erkennen. Er sammelte sein Mana und konzentrierte sich auf das nur schemenhaft erkennbare Holz, das vor ihm auf dem Boden lag. »Photon!« Ein gleißender Blitz erhellte für einen Moment das Gebiet, ein paar Vögel flogen auf. Vorsichtig schaute er sich um, ob er die Soldaten damit nicht hergelockt hatte. Als sich nichts tat, wandte er sich wieder dem am Boden liegenden Ast zu und sah, dass sich an der Spitze eine kleine Flamme gebildet hatte, die den Ast in eine Art Fackel verwandelte. Bedächtig hob er sie auf und schaute sich noch einmal in der Gegend um. Seine Angst wurde immer größer, Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. »Martel!« Erschrocken befreite sich Martel noch immer leicht träumend aus Yuans Armen und stand auf. Verwirrt schaute sie zu Yuan runter. »Hat mich da jemand gerufen…? Hast du das auch gehört?« »Ich hab auch etwas gehört. Es könnte sein, dass jemand nach dir sucht, vielleicht dein Vater oder Mithos. »Mithos…?!?« Ihr Gesicht wurde bleich. Benommen trat sie aus dem schützenden Gestrüpp heraus auf die Lichtung und schaute sich gebannt um. Das Einzige, was sie sah, waren der sterbende Kharlanbaum mit seinen braunen Blättern, und der mittlerweile fast zugewachsene Trampelpfad auf der ehemals saftig grünen Wiese, die zu ihm führte. Mittlerweile war es Mitternacht geworden. Das Einzige, was ein klein wenig Licht spendete, war die sich auf dem Mond spiegelnde Sonne. So konnte sie nur wenig erkennen, doch plötzlich vernahm sie in nicht allzu weiter Ferne ein vages Rufen, und hörte deutlich ihren Namen heraus. Instinktiv ging sie um den Baum herum. Ein Lächeln bildete sich auf ihrem Mund, das jedoch blitzartig wieder verschwand. Vor dem Baum stand ihr Vater, der sein Schwert in der einen und die Fackel in der anderen Hand hielt und sich umschaute. Vorsichtig trat sie an ihn heran. »Vater…!« Augenblicklich drehte sich dieser um und sah sie an. »Martel! Geht’s dir gut? Haben sie dich gefunden?!« »Wie du siehst, bin ich in Ordnung. Beinahe hätten sie mich gehabt, aber… sag mir, wo ist Mithos…?!« fragte sie fast panisch und warf ihm einen ängstlichen Blick zu. »Er ist im Dorf, es geht ihm gut, mach dir keine Sorgen« lächelte er, »Ich bin jedenfalls froh, dass es dir gut geht. Hat Yuan dich gefunden?« war seine Frage, während er sein Schwert erleichtert in die Scheide zurücksteckte. »Ja, Yuan ist auch hier. Was beim Göttlichen Baum ist im Dorf passiert?« »Hier sind wir nicht sicher, sie könnten jeden Moment zurückkommen und uns finden. Lasst uns erst zurück ins Dorf gehen. Dann erzähl ich euch alles«, sprach er und warf dem Dunkel der Wälder einen skeptischen Blick zu, »…bevor sie zurückkommen…« »Okay, aber mach dir keine Sorgen, wenn sie sich hier nicht auskennen, brauchen sie Wochen, um hier wieder rauszukommen. Und dann stellt sich die Frage, ob sie so lange überhaupt durchhalten« lächelte sie, ehe sie sich umdrehte und Yuan holte. Der regnerische Sturm, der sie durchnässt hatte, legte sich allmählich. Einzelne Tropfen fielen noch vom Himmel. Als die Drei den schlammgetränkten Weg zurücklegten, der zurück ins Dorf führte, stieg ihnen allmählich ein verbrannter Geruch in die Nase. »Was riecht ihr so seltsam…?« fragte Martel mit angeekeltem Gesichtsausdruck und hielt sich mit einem Taschentuch die Nase zu. »Das wirst du gleich sehen…« meinte ihr Vater abwesend. Plötzlich kam auf halbem Weg Mithos auf sie zugerannt. »Mithos…?!« Martel bückte sich verwundert zu ihrem Bruder runter. »Was ist denn passiert?« »Hab Angst, alleine im Dorf« meinte dieser nur, während er an ihrem Rock zupfte und verängstigt ein paar Blicke in die Richtung warf, aus der er gekommen war. »Alle Elfen sind weg…« »… Dann… Gib mir deine Hand, Schätzchen«, sprach Martel mit einem gekünstelten Lächeln, ehe auch sie einen skeptischen Blick in die Ferne warf. Ihr Vater hielt wandte sich von den beiden ab und hielt sich stiekum. Langsam folgten die Vier dem seltsamen Geruch, der immer intensiver zu werden schien. Martel hatte böse Vorahnungen… »Wartet einen Moment… ich schaue nach, ob die Luft rein ist.« Vidar trat aus dem Schutz des Forstes heraus und schloss die Augen. Nun verstand Martel, was er durchmachte. Alles hier Geschehene hatte seinen Ursprung in den Worten ihres Vaters. »Es ist sicher… niemand scheint mehr hier zu sein.« Nun traten auch die anderen in das Antlitz des verwüsteten Heimdalls. Ihnen bot sich ein schrecklicher Anblick. Niemals hätte Martel mit etwas so Grausamem gerechnet. Der verbrannte Geruch, der in der Luft lag, war noch schlimmer geworden, und jagte ihr allmählich einen eisigen Schauer über den Rücken. Gebannt stützte sie sich an Yuan, um nicht umzufallen. »Bei den Elementargöttern… was ist hier geschehen?!« brachte sie stotternd heraus. Ein ausdrucksloser Blick erfüllte ihre Augen, die leer in die Reste des zerstörten Dorfes blickten, das schon fast nicht mehr als solches gelten konnte. Betreten rieb sie sich die Augen und sah sich erneut um. Nichts war verschont geblieben. »…« Restlos alles war verwüstet worden. Nicht ein einziges Haus stand noch auf dem Grund, dem sie früher ihre Heimat zugeordnet hatte. Sogar das Haus des Elfenältesten, ihr Haus, hatte dem Angriff nicht standhalten können. Lediglich ein paar einzelne verkokelte Holzpfeiler waren von ihrem Heim übrig geblieben, auf denen sich mühsam die Eichenbretter zusammenhielten, die noch wenige Stunden zuvor ihren Fußboden ausgemacht hatten. Die übrig gebliebenen Schilfstangen, die zuvor als Dächer gedient hatten, waren vom Wind in den Bach geweht worden, dieser hatte sich dunkel verfärbt. In den noch immer wie zur ersten Stunde lodernden Flammen des Feuers erschien das Wasser rot, rot wie das viele Blut, das an diesem Abend vergossen worden war. Das, was ich in dieser Nacht sah, war das Grausamste, was mir in meinem jungen Leben widerfahren war. Der einzige Trost, den ich besaß, lag darin, dass es wenigstens Mithos, Vater und Yuan gut ging. Ab dann sollte mich mein gesamtes Leben lang diese Schuld verfolgen, die Schuld, dass hunderte Elfen ihre Leben verloren hatten, und das nur wegen mir. Nie hatte ich mich erniedrigter gefühlt. In Gedanken dachte ich schon darüber nach, wie ich es wiedergutmachen könnte. Darüber, wie ich später, wenn der Krieg denn hoffentlich endlich ein Ende gefunden hatte, nach Heimdall zurückkehren, es, gemeinsam mit den überlebenden Elfen, wieder aufbauen und ihnen ein schönes Dasein ermöglichen konnte. Doch sollte das eintreten, bei dem ich gedacht hatte, es wäre unmöglich; Es sollte tatsächlich noch schlimmer kommen, und mir meinen Traum, die letzte Hoffnung, an die ich mich klammerte, verwehrt bleiben… An einem dieser teils verkokelten Pfeiler, die mühevoll die nicht den Flammen zum Opfer gefallenen, hölzernen Reste ihres Hauses zusammenhielten, erkannte Martel im Dunkel der Nacht, das durch das vage Licht des Mondes und den Flammen des Feuers ein wenig erhellt wurde, eine nur schemenhaft erkennbare Person, die sich auf einer Treppe sitzend an einen der das Haus stützenden Pfosten lehnte und ihre Arme leblos herabhängen ließ. Erst beim genaueren Hinschauen erkannte sie, wer diese Person war. Es war ihr Großvater. Der weiße Vollbart und das braune Leinengewand hatten ihn verraten. »Großvater!!« rief sie erschrocken und wollte gerade auf den leblosen Körper zu rennen, der auf einem als Treppenstufe dienenden Brett saß und sich nicht rührte, als sie jemand an der Schulter fasste. Verwirrt drehte sie sich um. Vidar, der sie in ihrem Vorhaben gehindert hatte, schüttelte sachte den Kopf. »Bleib hier, Martel«, Gütig ergriff er ihre Hand und schaute sie eindringlich an, »Es ist besser so, glaube mir.« »Vater!!« brachte diese nur weinend heraus und fiel ihm in die Arme. In diesem Moment fing ich an, die wahre Grausamkeit des Krieges zu realisieren. So forderte er also auch in Heimdall erste Opfer. Und das, obwohl mein Vater all die Jahre lang sein Bestes gegeben hatte, dass es verschont blieb, und er mehrmals dafür beinahe mit seinem eigenen Leben hatte bezahlen müssen… Und nicht, dass wir den Feinden zum Opfer gefallen wären, nein… es war weit mehr, denn unsere Freunde waren uns in den Rücken gefallen. Eine Kältewelle überkam mich in diesem Moment, gefolgt von Schweißausbrüchen. Nie hätte ich gedacht, dass ich selbst einmal mit seinen Auswirkungen konfrontiert würde. Mein Gefühl sagte mir, dass ich an diesem Zustand des Leides der Welt etwas ändern musste. Ja, in diesem Moment habe ich realisiert, dass der Frieden das Wichtigste auf Erden war. Ohne ihn laufen alle Rassen Gefahr, auszusterben. Und doch… nein, gerade deshalb konnte ich nicht verstehen, aus welchen Gründen die Menschen Kriege anfingen. Nie waren es die Elfen, immer waren es die Menschen, die aus nichtigen Gründen das Leben der Welt riskierten. Als sie sich etwas beruhigt hatte, befreite sie sich aus der Umarmung und sah ihren Vater an. »Was um der Götter Willen ist hier geschehen?! Ist das der Verdienst der tethe’allanischen Armee?!« Der Angesprochene senkte bekümmert seinen Blick. »Sie hatten mir angedroht, euch beide nach Meltokio holen zu wollen. Ich habe jegliche Hilfe unserer Einheiten verweigert«, Er nahm ihre Hand und blickte sie bekümmert an, »Sie kamen und wollten euch holen, allerdings einen Tag früher, als es angekündigt war. Ich wollte die Truppen versammeln und Heimdall darauf vorbereiten. Es ist meine Schuld, dass all dies passiert ist…« Martel befreite ihre Hand aus der ihres Vaters und rieb sich noch immer leicht benommen die Tränen aus den Augen. »Nein.« Ernsten Blickes drehte sie sich wieder um und sah über das zerstörte Dorf. »All dies, was hier geschehen ist… es ist nicht dein Verdienst. All das hier geschehene Leid, dieses Verderben, der Tod unzähliger Elfen… Es ist meine Schuld, dass all das passiert ist.« sprach sie und entfernte sich von der Gruppe, in Richtung des Baches. Behutsam bückte sie sich und fischte eines der zerbrochenen Bretter aus dem durch ein Hölzersammelsurium angestauten Wasser. Depressiven Blickes begutachtete sie den dem Überfall zum Opfer gefallenen, ehemaligen Teil einer Hauswand. »Und ich werde alles tun, damit dieser grausame Krieg ein Ende findet.« Als sie das letzte Wort über die Lippen gebracht hatte, legte sie das Stück wieder nieder und stand auf. Plötzlich vernahm sie direkt hinter sich eine Kinderstimme. »Und ich werde dir helfen, Schwester!« Lieb lächelnd drehte sie sich um. Ihr Bruder strahlte sie aus seinen großen, türkisblauen Kinderaugen hoffnungsvoll an. »Mithos…« wisperte sie lachend und trat auf ihn zu. Gerade wollte sie sich ihrem Bruder zuwenden, als sich plötzlich etwas im kleinen Waldstück neben der ehemaligen Mühle tat, genau hinter Yuan. Die Augen zu Schlitzen verengt, versuchte sie, das Rascheln und die seltsamen schemenhaften Bewegungen zu identifizieren. Martels Augen weiteten sich vor Schreck, als sie drei mit Schwertern bewaffnete Elfen hinter ihrem Vater und Yuan aus dem Gebüsch treten sah. »Es ist eure Schuld, dass all das passiert ist!« rief einer der Dreien prompt, »Sehr interessant. Wie viele Elfen haben ihre Leben gelassen, und das nur für zwei erbärmliche, wertlose Halbelfen?!« empörte sich ein anderer. Der Eine, scheinbar der Anführer der Dreien, ein schon älterer Elf mit langen, dunkelblauen Haaren, schritt bedrohlich langsam auf Martel zu. An seinem langen Umhang waren ebenfalls ein Dutzend metallene Abzeichen befestigt, wie bei ihrem Vater, die auf einen hohen Stand in Heimdalls Armee hinwiesen. »Es tut mir unendlich leid. Ich weiß, dass es damit nicht wieder gutzumachen ist… aber ich werde alles dafür tun, diesen schrecklichen Krieg aufzuhalten…« flüsterte Martel so, dass es gerade für den Elfen und ihren Bruder hörbar war, und blickte deprimiert zur Seite. Mithos versteckte sich ängstlich hinter seiner Schwester. »Den Krieg aufhalten?! Eine Halbelfe?!« schmunzelte der Langhaarige verächtlich. »Fraglich ist nur, ob du noch dazu kommst! Meine gesamte Familie hat bei diesem Attentat ihr Leben verloren. Schau dich hier um…!« fauchte er und schwenkte das Schwert in seiner rechten Hand. Demonstrativ zeigte mit dem freien Arm über die Reste des ehemaligen Elfendorfes. »Restlos alles ist zerstört. Hunderte Elfen haben ihre Leben gelassen, davon gehörten sechs meiner Familie an. Glaubst du wirklich, noch das Recht zum Leben zu besitzen, wenn du es Hunderten durch deine Torheit genommen hast, dann noch als nichtige Halbelfe!?« »Nein«, sprach Vidar, ging auf seine beiden Kinder zu und stellte sich mit demonstrativ ausgebreiteten Armen schützend vor sie, »Es ist nicht ihre Schuld. Als Bürgermeister Heimdalls habe ich die Schuld zu tragen, meine Naivität hat all das hier verursacht. Es…« fing er an und blickte über die niedergebrannten Häuserreste und die an manchen Stellen noch immer leuchtende Glut des Feuers, während er langsam seine Arme herabsinken ließ, »… ist schrecklich, aber ich kann es leider nicht rückgängig machen. Meine Kinder haben nichts damit zu tun. Es ist meine Schuld, dass der König sie haben wollte, also muss ich dafür büßen.« »Dann sollst eben du dafür bezahlen!!« zischte der Elf und hob die Klinge seines Schwertes, während er auf ihn zutrat. »Ich hätte ja nicht gedacht, mal Heimdalls Bürgermeister unter meiner Klinge spüren zu dürfen.« »Nein, das werdet Ihr auch nicht!!« rief Martel erbost und trat vor ihren Vater. Ihr Gesicht war nur wenige Zentimeter von dem des Elfensoldaten entfernt, und ihre Brust nur wenige von der scheinbar frisch geschärften Klinge seines Schwertes. Mutig blickte sie ihn an. »Was hat das unnütze Etwas, das sich keiner Rasse angehörig fühlen darf, noch zu sagen…?« schmunzelte er höhnisch lächelnd, während er seine Waffe vorerst wieder sinken ließ und sie aus seinen eisblauen Augen abwartend anblickte. Seine Worte trafen mich wirklich hart. Ich spürte, wie mich ein Gefühl des Hasses überkam. Kein Hass auf die Menschen, kein Hass auf die Elfen. Kein Hass auf diesen Elfen, der mir mit seinen Worten unbewusst die Augen öffnete. Es war Hass auf mein Blut, Hass auf meine Herkunft. Hass auf das, dass mir eigentlich aus Liebe gegeben war… mein Leben. Doch anstatt nun aufzugeben, waren es gerade diese Worte, die meine Entscheidung bestärkten. In diesem Augenblick schwor ich mir, jederzeit bereit zu sein, ohne zu zögern mein Leben für den Frieden zu geben und mich von niemandem abhalten zu lassen. So beschloss sie, all ihren Mut zusammenzunehmen und bot ihrem Gegenüber die Stirn. »Wollt Ihr etwa, dass es noch tausenden, Millionen Wesen so ergeht wie Euch?! Wollt Ihr, dass das Leid der Welt niemals ein Ende findet?! Wenn alle Wesen entweder zu dumm oder so feige, wie Ihr es seid, sind, wird das ihren Untergang bedeuten! Ihr Elfen seid genau wie das, dessen Handeln und Denken ihr verabscheut.«, schnaubte sie verächtlich, während der Elf sichtlich überrascht einen Schritt zurücktrat, »Ihr verachtet die Ignoranz und Oberflächlichkeit der Menschen, seid aber, abgesehen von euren spitzen Ohren, kein Stück anders!«, schrie sie weinend, während sie ihre nicht mit dem Stab belegte Hand aufgebracht zur Faust ballte. »Meine Vorfahren haben seit jeher alles Elfenerdenkliche getan, um Heimdall zu schützen! Sie haben gekämpft, gelitten und teilweise ihre Leben gelassen, für die Elfen dieses Dorfes. Wenn der König Tethe’allas diesen Überfall nun durch seine Heimtücke verfrüht, ohne es anzukündigen, dann liegt die Schuld nicht bei meinem Vater! Alles, was er wollte, war, Heimdall und seine Bewohner zu schützen und möglichst aus den Angelegenheiten des Krieges raus zu halten! Wenn nötig, hätte er sein eigenes Leben dafür gegeben! Wie könnt Ihr es wagen, nun ihm die Schuld zu geben?!?« Ihr Gesicht war zum Weinen verzerrt. »Martel…« wisperte Vidar überrascht. »Mädchen, du hast keine Ahnung! Wir Elfen haben eine viel längere Geschichte als ihr Menschen… entschuldige, du bist ja noch nicht mal einer. Wie dem auch sei, unsere Rasse ist viel weiter entwickelt! Wage es nicht, etwas gegen unser Volk zu sagen, sonst wirst du Heimdall nie wieder betreten dürfen, wenn du das hier überhaupt überlebst!« drohte er ernst. Die beiden anderen mit Rapieren bewaffneten Elfen im Hintergrund waren derweil näher gekommen und hatten sich neben den Blauhaarigen gestellt. Nach kurzem Luftholen und Einordnen der Situation sprach Martel weiter. »Ihr werdet nicht Hand an meinen Vater legen. Ich lasse nicht zu, dass er für etwas büßt, für das er nichts kann.« Prüfend schaute ihr der Elf lange in die Augen. Martel schaffte es wider seine Erwartung jedoch, seinem Blick standzuhalten. »Lass mich durch.« »Nein!« Unterdessen bedeutete ihr Vater Mithos, zu Yuan zu gehen. Doch dieser warf den drei groß erscheinenden Elfen nur ängstliche Blicke zu und klammerte sich eingeschüchtert an die Beine seines Vaters. »Geh nur…« Noch immer ein wenig verunsichert, lief Mithos langsamen Schrittes zu Yuan. »Hey, du!« versuchte einer der beiden Soldaten, der sein Schwert vor den Kleinen hielt, ihn aufzuhalten. Als Martel das sah, rutschte ihr das Herz in die Hose. »Lass ihn« sagte der Offizier mit und schüttelte den Kopf. Yuan schaute Mithos einen Moment lang lieb an und nahm ihn schließlich auf den Arm. Als Martel sich wieder gefangen hatte, demonstrierte sie weiter. »Außerdem, was bringt es, ihn zu töten?! Steckt irgendein Sinn dahinter?! Selbst ich…, als Halbelfe, kann beurteilen, dass das definitiv nicht der richtige Weg ist! Hass erzeugt nur wieder Hass, das ist ein endloser Kreislauf. Ein teuflischer Kreislauf, der nur durch Vernunft gebrochen werden kann und andernfalls die Welt zu ihrem Untergang verurteilt!« Vidar, der seine Tochter noch nie so aufgebracht erlebt hatte, mischte sich ein. »Lass gut sein, Martel.« sprach er und drückte sie sanft beiseite. Verwirrt beobachtete sie ihren Vater. Einen Moment lang hatte er die Augen geschlossen, ehe er auf den Elfen zutrat. »Aber mit dir, Mädchen, bin ich trotzdem noch nicht fertig«, redete dieser Martel amüsiert zu, ehe er sich wieder an ihren Vater wandte, »Bist du bereit, deine Bestrafung anzutreten?« Erneut zückte er seine silbern glänzende Klinge. »Ich bin bereit.« Plötzlich zog auch er sein mit feuerroter Klinge hervorstechendes Schwert aus der güldenen Schwertscheide, was den anderen Elfen dazu veranlasste, sein Gegenüber verwirrt anzublicken. »Was wird das…?« »Ich bin bereit für diesen Kampf. Sie hat Recht. Und genau deshalb werde ich nicht zulassen, dass das passiert! Ich werde nicht zulassen, dass meine Kinder schon so früh mit der Schattenseite des Lebens und seiner Grausamkeit konfrontiert werden!« »Wie du willst!« rief sein Gegenüber ihm zu, als die Klingen der beiden Schwerter aneinanderprallten. Doch der Kampf sollte auch nicht lange andauern. Schon im nächsten Moment war der Offizier unaufmerksam, weil er über Vidars Worte nachdachte. Blut floss aus seiner Brust, als Vidar ihm Flamberge in den Leib rammte. Verächtlich zog er sein Schwert zurück und hielt es ihm an die Kehle. »Du hast nicht etwa wirklich erwartet, gegen den Befehlshaber von Heimdalls Armee ankommen zu können…?« schmunzelte er verächtlich, während er ihn von oben herab anschaute. »…!« schnaubte er. »Gut. Und von meiner Tochter hältst du dich fern.« Dann ließ er von ihm ab und steckte im Weggehen gekonnt sein Schwert in die Scheide. »Martel« sagte er lachend und machte eine Kopfbewegung in Richtung seines Opfers. Die Angesprochene nickte und begab sich zu dem Geschlagenen. »Was soll… das…? Warum… helft ihr mir…? Ich hätte… bei… beinahe etwas Falsches getan…«, keuchte er, »Ich habe das… verdient…« »Nein«, sagte Martel sanft und bückte sich zu dem am Boden Liegenden, »Niemand hat so etwas verdient…« flüsterte sie, während sie ihn aus ihren tannengrünen Augen gütig anlächelte. »Damit würde nur unnütz neuer Hass geschürt.« Dann nahm sie ihren Heilstab und richtete ihn auf seine Wunde. »First Aid!« ertönte ihre feminine Stimme, doch die Verletzung verheilte nicht richtig. »Das wird etwas dauern…« meinte sie ernst und begann, es mit allen ihr bekannten Heilzaubern zu versuchen. Vidar, der sich mittlerweile zu Yuan gesellt hatte, war wieder im Ernst der Situation versunken und plante mit verschränkten Armen den weiteren Vorgang. Leeren Blickes starrte er in die Luft. »Was habt Ihr nun vor?« frage Yuan gespannt, der noch immer Mithos auf dem Arm hatte. Dieser klammerte sich angsterfüllt mit beiden Händchen an ihn. »Erst einmal müssen wir Heimdall wieder aufbauen. Das wird eine schwierige Angelegenheit... vor allem, wenn man seinen momentanen Zustand bedenkt…«, Grübelte er, »Die überlebenden Elfen sind in den Torent-Wald geflüchtet. Wenn wir sie alle eingesammelt haben, können wir mit dem Wiederaufbau beginnen.« Für einen Moment schloss er die Augen. Dann wandte er sich an Yuan und schaute diesen eindringlich an. »Yuan. Ich habe eine recht große Bitte an euch Drei... und vor allem an dich.« Gespannt setze Yuan Mithos ab und blickte auf. »Ich höre…?« »Beweist Heimdall, Sylvarant und Tethe’alla, dass Halbelfen den gleichen Wert besitzen wie die beiden Formen, zwischen denen sie stecken.«, Er stockte einen Moment, »Hilf Martel und Mithos, ihren Traum zu realisieren. Beendet den Kharlan-Krieg.« Erschrocken wich Yuan zurück. »Denken Sie, dass Martel das ernst gemeint hat?! Ich kann mir nur sehr schlecht vorstellen, dass wir, drei einfache Halbelfen, das schaffen können. Man wird uns ja wahrscheinlich nicht einmal Gehör schenken… Wir werden für Abschaum gehalten!« Doch dann spürte Yuan ein Kitzeln am Bein. Verwundert blickte er herunter. »Das kriegen wir hin! Meine Schwester, ich und du, wir beenden den Krieg! Dann kehren wir zurück und alle Elfen mögen uns!« Es war Mithos, der am Taschenband seiner Hose gezogen hatte. Lächelnd nahm dieser ihn wieder auf den Arm und schaute ihn an. »Du meinst also auch, dass wir das bewerkstelligen können, Mithos, was?« »Ja!« meinte dieser euphorisch und kuschelte sich in Yuans Arme. Mit einer etwas ernsteren Miene wandte er sich wieder an Vidar. »Das ist alles gut und schön. Aber… wie, bei den Göttern, sollen wir das anstellen? Wenn das so einfach ginge, würde dieser Krieg nicht schon fast tausend Jahre andauern. Und vor allem… denkt Ihr nicht, dass es für die Beiden zu gefährlich ist…? Ich meine, Mithos ist erst sechs Jahre alt, er… ist noch ein kleines Kind! Und Martel ist ein so… zartes Mädchen…« Stotterte er nervös, wobei ihm die letzten Worte nur schwer über die Lippen gingen. »Die Beiden müssen sowieso schnellstmöglich von hier verschwinden. Ich kann mir… so schwer es mir auch fällt, nicht vorstellen, dass die Bürger Heimdalls dazu bereit sind, ihre weitere Anwesenheit in diesem Dorf zu erdulden und damit das Risiko eines erneuten Überfalles einzugehen. Jetzt kann ich dem König erzählen, dass ihr tot seid. Wenn er das glaubt, wird er Ruhe geben und ihr werdet genug Zeit haben, einen geeigneten Weg zu finden, um den Krieg zu beenden und allen zu beweisen, dass ihre Vorurteile dieser Rasse gegenüber völlig unbegründet sind.«, Er seufzte, »Es tut mir leid, Yuan, aber du bist der Einzige, dem ich das Wohl der Überlebenden meiner Familie anvertrauen kann. Ich weiß, dass du dazu fähig bist.« Yuan spürte, wie ihm allmählich heiß wurde. Bevor er Antwort geben konnte, ergänzte Vidar seinen Vortrag. »Oder willst du etwa, dass Martel und Mithos dasselbe Schicksal ereilt wie ihren Großvater? « Yuan schluckte. »Nein…« »Dann beweist ihr Drei ihnen, dass auch Halbelfen etwas schaffen können, und ihr werdet mit Sicherheit alle das Recht haben, nach Heimdall zurückzukehren. Auch du.« Martel, die sich die Zeit über um die mittlerweile geheilte Wunde gekümmert hatte, war derweil zu den Dreien gestoßen und klopfte sich den Staub von ihrem langen, grünen Rock. »Worüber unterhaltet ihr euch?« fragte sie und sah auf. »Über unser weiteres Vorgehen…« fing Vidar an und weihte seine Tochter nach und nach in die Pläne der Gruppe ein. »Und ich werde, insofern mich die Elfen noch immer als ihren Bürgermeister akzeptieren, hier bleiben und auf die gute Nachricht… und auf euch warten. Ich gehe davon aus, dein Vorhaben nicht falsch verstanden zu haben, Martel?« Nickend sah Martel ihren Vater an. »Nein, Vater, genau das hatte ich vor.« »Martel…? Du hast das ernst gemeint?« Yuan warf der Halbelfe verunsicherte Blicke zu. »Ja, ich habe das ernst gemeint«, Sie wandte sich an Yuan, »Es ist letzten Endes meine Schuld, dass all dies passiert ist, und ich will nicht, dass auch nur ein Wesen auf dieser Welt dasselbe Leid spüren muss, ob Mensch, Elf oder Halbelf.« Der Blauhaarige seufzte. »Wie du willst. Dann werde ich bei dir…« fing er an, blickte im nächsten Moment jedoch vage lächelnd zu Mithos, den er noch immer in Armen hielt, »bei euch bleiben und euch begleiten. Gemeinsam werden wir Drei den Krieg beenden und dieses Leid ein für alle mal auslöschen.« Lächelnd legte er den freien Arm um ihre Schulter. Damit fing alles an… Ich träumte davon, irgendwann einmal das Recht zu bekommen, mit Mithos… und Yuan wieder zurückkehren zu können, in das Dorf, aus dem meine elfischen Vorfahren stammten. Und da ich mich auch für die andere Hälfte meines Blutes verantwortlich fühlte, hatte ich dem Plan meines Vaters durchaus nichts entgegenzusetzen. Wie ich es vorher schon verkündet hatte, war ich glücklich darüber, die Chance zu besitzen, allen Halbelfen Aselias das Leben zu vereinfachen. So begaben wir uns also auf die Reise zur Beendigung des Kharlan-Krieges… _________ So, hier endlich die Fortsetzung unseres "Amateur-Projektes" xDDD Wir hoffen, es gefällt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)