Die Tochter des Phönix von Priska ================================================================================ Kapitel 27: der Fluch erfüllt sich ---------------------------------- Ich weiß nicht wie lange wir hier unten hockten aber nach spätestens vier Stunden hatte ich meinen Platz bei den Gitterstäben aufgegeben und mich zu Kai an die gegenüberliegende Mauer gesellt. Da saßen wir nun, schweigend und gerade so nah beieinander das sich unsere Schultern ganz leicht berührten. Mir war kalt und ein seltsames Gefühl der Leere hatte begonnen sich in mir auszubreiten. Vielleicht war es auch schon die ganze Zeit da und ich hatte es nur bis jetzt nicht gemerkt. Auf jedenfall hatte ich irgendwann die Beine ganz nah an meinen Körper gezogen, die Arme um sie geschlungen und meinen Kopf auf die Knie gelegt wobei meine Haare mir so ins Gesicht vielen das sie mir die Sicht versperrten. Was Kai tat wusste ich nicht, schon seit einiger Zeit herrschte eine Stille. Vielleicht war er wieder bewusstlos! Ich sollte den Kopf heben und nachsehen, aber ich hatte keine Lust. Wenn man es genau betrachtete fühlte ich mich wie eine Depressive vor dem Sprung und genau so benahm ich mich auch, launisch und unberechenbar. Ich öffnete seufzend die Augen und warf nun doch einen Blick auf den neben mir sitzenden. Kai hatte die Augen geschlossen und atmete tief durch den leicht geöffneten Mund, er schlief also nur, ein Glück. Vorsichtig stand ich auf und ging zu der Tür mit den Gitterstäben. Ich wusste das sie uns erst herauslassen würden wenn Boris zurückkam, das heißt, nicht vor Morgen Abend. Auch wenn ich oft genug hier war würde ich das Schloss diesmal nicht so einfach knacken können, immerhin hatte ich ja auch nicht sonderlich viel dabei, von dem T-Shirt und dem dreckigen Morgenmantel mal abgesehen. Minutenlang starrte ich also auf das Schloss und hoffte vergeblich das es sich öffnen würde, dann kam mir eine Idee. Dranzer hatte es zwar verboten aber wenn ich meine Fähigkeiten einmal einsetze kann das ja nicht schaden. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf streckte ich die Hand nach dem Metall der Stäbe aus. Das Schloss war eingebaut, also nützte es nichts wenn ich das schmelze aber bei den Gitterstäben dürfte es in jedem Fall Wirkung zeigen. Konzentriert schloss ich die Augen, suchte in meinem inneren nach der Kraft und der Wärme die ich jetzt brauchte. Ich fand sie schneller als erwartet, wie ein Licht in der Dunkelheit war sie immer da und wartete darauf das ich sie rief. Wieso sollte ich sie eigentlich nicht öfters benutzen? Immerhin war es doch meine besondere Gabe, Dranzer übertrieb eindeutig. Ich lächelte zufrieden als das Metall unter meinen Fingern zu kleben begann, es funktionierte also. Plötzlich griff jemand nach meiner Hand, ich schrie erschocken auf, wurde mit dem Rücken auf den ziemlich unbequem, harten Boden geworfen und mit einer eisigen Stärke festgehalten. Als ich die Augen öffnete sah ich in Kais Gesicht, wütend funkelte er mich an und in seinen Augen schien ein Sturm loszubrechen als er anfing mich anzuschreien. „Was zum Teufel glaubst du was du da tust!“ Ein wenig zu perplex um zu antworten starrte ich in sein trotz der Verletzungen noch relativ hübsches Gesicht und blinzelte erstaunt, wieso regte er sich denn so auf? „Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen? Was du dir dabei gedacht hast will ich wissen!“ Seine Stimme wurde immer unwirscher und meine Laune sank mit jeden Wort das er mir entgegenschleuderte. „Ich hab mir gedacht das ich uns hier raushole aber wenn du unbedingt hier drin versauern möchtest kannst du natürlich auch gern bleiben.“ Knurrte ich leise und reckte Stolz das Kinn vor. „Von wegen! Du wolltest deine Kräfte einsetzen, man kann ja sogar deine Fingerabdrücke auf den Stäben sehen!“ „Ja und? Warum soll ich sie nicht nutzen wenn ich sie hab?“ „Weil es gefährlich ist! Am Ende bekommst du nur wieder einen Anfall!“ „Und wenn schon das ist mir so was von scheiß egal!“ Wir sahen uns an, schweigend und atemlos vom schreien. Nach ein paar Sekunden ließ er meine Hände, die er immer noch am Boden festgehalten hatte, los. Er seufzte, fuhr sich durchs Haar und ließ sich nach hinten fallen sodass er mit dem Rücken wieder an der Wand lehnte. Ich bewegte mich nicht. Warum kann ich gar nicht wirklich sagen, vielleicht war ich zu stur, zu erschöpft oder wollte einfach den Moment der ruhe genießen, ich weiß es nicht. „Warum?“ Seine Stimme war wie Watte in meinem Kopf, weich und einschläfernd, ich wollte so gern schlafen, einfach nur sicher sein und mich nicht mit irgendwelchen Problemen rumschlagen aber das ging nicht. Nicht jetzt. „Was warum?“ „Warum führst du dich so auf?“ Ich starrte weiter an die Decke als würde ich mit ihr reden und nicht mit Kai. „Ich weiß nicht was du meinst.“ „Gut, ein Beispiel...“ Er streckte die Beine soweit aus wie es in der Zelle ging und dachte kurz nach. „Die Wächter.“ „Ich wollte dich vor ihnen retten.“ „Kann ja sein aber du hättest sie damals nie rumkommandiert oder getreten und gebissen.“ „Ich wehre mich eben.“ „Kannst du ja aber ich hab auch mit Dranzer und Tala gesprochen...“ „Tala?“ Ich konnte es nicht glauben, wollten sich die beiden jetzt etwa gegen mich verbünden? Nach all den Jahren wo sie sich gehasst haben und ständig nur übereinander hergefallen sind? „Ja. Und die haben beide erzählst das du zu einer richtigen Tyrannin wirst. Du wechselst deine Launen schneller als man reagieren kann, du bist brutal, schlägst sogar Mitschülerinnen nur weil dir nicht passt was sie sagen und außerdem tust du so als hättest du die Kontrolle über die Abtei.“ Ich schwieg. Was sollte ich auch groß sagen, er hatte ja recht. „Tala meinte auch das du niemandem mehr etwas erzählst und dich den größten Teil des Tages allein im Wald herumtreibst, niemand weiß wo du bist oder was du machst.“ Jetzt drehte ich den Kopf, sah Kai ins Gesicht. Er sah nicht wirklich besorgt aus, auch nicht vorwurfsvoll oder genervt, er wollte einfach nur wissen warum. „Sag schon Fe, was ist los mit dir?“ Langsam setzte ich mich auf, mein Kopf war wie leergefegt. Die ganze Zeit über war ich mir sicher zu wissen was ich tat aber nun da er mir so genau vor Augen geführt hatte wie ich mich benahm kam es mir plötzlich nicht mehr so richtig vor. „Ich...ich weiß nicht...“ Murmelte ich leise und starrte auf den Boden. „Klar weißt du es, wenn nicht du, wer dann?“ Im ersten Moment wusste ich es wirklich nicht, doch es wurde mir ziemlich schnell klar und als ich es dann endlich wirklich wusste war ich so schockiert, so sauer auf mich selbst das ich mir aus Gewohnheit auf die Unterlippe biss, leider ein wenig zu doll. Erschrocken zuckte ich zusammen und schmeckte auch gleich Blut. Mist! Trotzdem starrte ich weiter die dunklen Bodenplatten an und meinte nach einer gefühlten Ewigkeit endlich: „Weil...ich solche Angst habe.“ Es war so leise wie eine Feder die zu Boden fällt, ich war mir nicht sicher ob er es mitbekommen hatte, doch natürlich hatte er das. Ich hörte wie er sich bewegte und sah auf. Er hatte mir eine Hand entgegengestreckt. „Komm her.“ Ich zögerte, unsicher ob ich in seiner Nähe nicht gleich anfangen würde zu heulen aber dann rutschte ich doch auf den Knien zu ihm herüber. Es war ein ziemlich ungewohntes Gefühl als der sonst so coole und perfekte Kai die Arme um mich legte und mir sanft über den Kopf strich, irgendwie ein verwirrendes Gefühl. „Warum hast du plötzlich solche Angst? Es war doch alles ok.“ Ich nickte und drückte meinen Kopf schniefend gegen seine Brust, verdammt, jetzt heulte ich doch. „Ja, alles war perfekt. Ich dachte ich komm vielleicht um den Fluch herum, mir ging es doch so gut. Aber dann tauchte Blacky auf und hat gesagt das er mich nicht mehr lange beschützen kann. Alle sagen das ich es schaffen kann aber was soll ich denn bitte gegen einen Fluch ausrichten? Der trifft entweder ein oder er wird zurückgenommen, das heißt wenn Black keine Kraft mehr hat wird er wie ein Blitz einschlagen und mich treffen, so einfach ist das.“ Kai sagte nichts dazu, entweder überlegte er was er darauf antworten soll oder er hielt es für unangemessen mich in meinem Geheule zu stören. „Aber...aber ich will nicht sterben, ich hab Angst davor und das macht mich total wahnsinnig und aggressiv.“ Er strich mir nochmals beruhigend durchs Haar, griff nach meinem Kinn und zwang mich ihm ins Gesicht zu sehen. „Jetzt hör mir mal zu. Du darfst dich verhalten wie du willst, meinetwegen prügel die Wächter zu Tode, geh Wölfe jagen oder färb dir die Haare Pink, das ist allein deine Sache und die Anderen müssen sich damit abfinden.“ Ich nickte und schaffte es sogar wieder ein bisschen zu grinsen. „Aber du darfst dich niemals von deiner Angst so sehr beherrschen lassen.“ „Und wenn ich das Gefühl hab das ich es nicht mehr aushalte? Wenn ich mich am liebsten im Wald verstecken und nie mehr zurückkommen will?“ Er lächelte finster und zuckte mit den Schultern. „Du meinst wenn du das Gefühl hast nur noch leer zu sein? Wenn einfach keine echten Gefühle mehr da sind?“ Ich nickte mit großen Augen, genau was er beschrieb fühlte ich.“ Langsam griff er nach meiner Hand, hob sie zu seiner Wange und ließ zu das ich mit den Fingerspitzen die blauen Streifen berührte. „Dann erinnerst du dich an denjenigen der daran Schuld ist das du soviel Ärger hast und klammerst dich mit allem was du hast an die Wut, alles andere ist unwichtig.“ Plötzlich verstand ich. Ich konnte endlich nachvollziehen warum Kai so war wie er eben war. Blaue Streifen, wie auf dem Familienwappen der Hiwataris, er erinnerte sich damit jeden Tag daran wie sehr er seinen Großvater hasste. Plötzlich fing Kai an zu grinsen und ließ meine hand los. „Was ist?“ “Sei ruhig. Ich hab eine Idee.“ Zu müde um zu wiedersprechen tat ich was er sagte und blieb stumm an meinem Platz sitzen während er anfing sich mit einem Finger über die Wanger zu reiben bis die Fingerspitze ganz blau war. „Stillhalten.“ Ich nickte verwirrt. Er malte mir genau so einen Streifen auf die Wange wie er selbst auch hatte, nur das er eher wie ein Blitz aussah, er ging erst schräg nach oben und fiel dann wieder nach unten ab, natürlich war es bei mir nur einer und man konnte ihn aufgrund des Farbmangels auch kaum erkennen. „So.“ Zufrieden betrachtete er sein Werk und wischte sich die dreckigen Finger an der Hose ab. „Immer wenn du nicht weiter weißt schaust du dir das an und erinnerst dich wer an allem Schuld ist.“ Schweigend fuhr ich mir mit den Fingerspitzen über die Wange, sah dann mit immer noch nassen Augen zu ihm auf und nickte. Nachdem Kai mich eine Weile gemustert hatte schüttelte er langsam den Kopf ohne den Blick von mir zu lassen. „Tala hat echt keine Ahnung wie er mit dir umgehen muss oder?“ Ich kicherte leise, es stimmte, Tala war wirklich ein wenig überfordert mit mir. „Ach, das musst du gerade sagen. Du warst ja den größten Teil meines Lebens gar nicht da.“ Als keine wütende Antwort kam machte ich mir doch etwas Sorgen, war das zu gemein gewesen? Doch anstatt irgendwie in der Ecke zu sitzen und zu schmollen starrte er nur auf meinen Mund, was mich nun doch ziemlich verwirrte. „Was...ist denn los?“ Ich wollte mir gerade mit den Fingern über die Lippen fahren als er meine Hand zurückhielt und mich schief grinsend ansah. „Nicht, du blutest.“ Ach ja, ich hatte mir ja auf die Lippe gebissen, aber das war doch kein Grund so ein Drama zu machen. „Ich wette dein kleines Wolfilein kann dich nicht mehr aus der Fassung bringen oder?“ Jetzt wurde ich doch ein bisschen misstrauisch, er wollte mich doch nicht in so einer Situation ärgern oder doch? „Nicht wirklich, wir sehen uns ja kaum noch.“ „So so... dann hat er dich bestimmt auch nicht in dem Ding gesehen oder?“ Belustigt sah er an mir hinunter und mir wurde schlagartig klar das ich ja halb nackt war. Knallrot machte ich einen Satz zurück, schlang mir den ziemlich dünnen Morgenmantel um den Körper und funkelte ihn wütend an. „Nein hat er nicht und er wird es auch nie zu sehen bekommen!“ Er lachte. „Ohhh, armes Talaleinchen, wenn ich ihm das erzähle platzt er bestimmt vor Eifersucht.“ So war das also... er wollte Tala eins auswischen. Ich seufzte. Mit diesen beiden Kleinkindern war es wirklich nicht einfach. „Wird er nicht, wir sind ja eigentlich gar nicht richtig zusammen.“ Jetzt hatte ich wieder seine volle Aufmerksamkeit. „Seid ihr nicht?“ „Naja...schon irgendwie. Wir gehen zusammen zum Training, gehen zusammen zu unseren Räumen, ab und zu gibt es auch mal einen Kuss, aber sonst machen wir ja gar nichts zusammen.“ Wenn ich richtig darüber nachdachte redeten wir nicht mal besonders viel miteinander und trotzdem bestand Boris darauf das wir alles zusammen taten und Tala selbst hing auch wie eine Klette an mir. „Hm...“ Kai sah plötzlich wieder sehr ernst aus und betrachtete mich während er nachdachte. Als er zu einem Schluss kam verdunkelten sich seine Augen und er verschränkte die Arme vor der Brust. „Was ist?“ Ohne es zu wollen rutschte meine Stimmlage ins ängstliche ab. „Nichts...“ Antwortete er dagegen völlig gleichgültig. Wie konnte er nur so schnell wieder zu diesem kalten, fiesen Etwas umschalten, ich verstand es nicht. „Komm schon Kai, du schaust als hättest du gerade herausgefunden das die Welt morgen untergeht...“ Er schüttelte nur den Kopf. Also gut, das Spiel konnte man auch zu zweit spielen. Ich stand auf, kniete mich vor ihm hin und lächelte ihn so liebreizend an wie ich es nur zustande brachte. „Komm schon, ich bin auch ganz brav wenn du mir sagst was du denkst.“ Etwas funkelte in seinem Blick, etwas dunkles, unberechenbares und im nächsten Moment fühlte ich seine hand im Nacken und seinen warmen Mund auf meinem. Blinzelnd versuchte ich die Fassung wiederzufinden was mir allerdings kaum gelang denn er fuhr genau in dem Moment zärtlich mit der Hand meine Wirbelsäule entlang. Dann spürte ich wie seine Zunge kurz über Stelle strich wo ich mich gebissen hatte und im nächsten Moment zog er sich auch schon wieder zurück. Tausend Dinge stürmten durch meinen Kopf, Tala, Black, der Fluch und eine Ohrfeige die ich Kai gerade sehr gern verpassen würde. Leider verging mir dieses Bedürfnis bei dem Blick mit dem er mich ansah, so ernst und traurig. Noch immer konnte ich die angenehme schwere seiner Hände auf meinem Rücken spüren und seufzte leise, unsere Gesichter waren so nah beieinander das ich die Wärme von seinem auf meinem spüren konnte und auch sein Atem streifte in regelmäßigen Abständen meine Wange. „Hast du schon jemals daran gedacht...“ Er zögerte, anscheinend unsicher ob er mir das was er dachte zumuten konnte. „ja?“ Krächzte ich aufgeregt und sah mit dunkelrot gefärbten Wangen zu ihm auf. Er seufzte zwar, sprach dann aber mit tiefer, rauer Stimme weiter. Vorher war mir das noch nie passiert aber wenn ich jetzt nur auf seine Stimme lauschte rasten mir tausend Schauer über den Körper und ich wurde ganz hibbelig. „Hast du jemals daran gedacht das Tala dich vielleicht überhaupt nicht so sehr liebt wie du denkst?“ Die Schauer waren verschwunden, ebenso wie die Glücksgefühle die eben noch meinen Magen völlig durcheinander gebracht hatten. „Wie...meinst du das?“ Und warum fragte ich eigentlich? Ich wollte es gar nicht wissen, am liebsten würde ich mir im Moment die Ohren zuhalten und ganz laut rufen das ich nichts höre. „Naja...ich finde es ziemlich seltsam das Boris eure Beziehung so gut heißt und davon mal abgesehen benehmt ihr euch nicht wirklich wie ein Paar.“ Schweigend starrte ich ihn an. Musste ich mir wirklich von einem sturen Einzelgänger wie Kai sagen lassen wie ich meine Beziehung zu führen habe? Und überhaupt! Wie konnte er mich im einen Moment küssen und im nächsten schon wieder so absolut... kaltschnäuzig sein? Manchmal hatte ich wirklich das Gefühl das er das nur tut um mich zu ärgern. Trotzdem hatte er irgendwie Recht... wir waren anders und Boris schien sich wirklich darüber zu freuen das wir zusammen sind. Nachdenklich lehnte ich mich wieder gegen die kalte Wand und starrte auf die glänzenden Gitterstäbe vor mir. Kai erwartete auf seine Ausführungen ganz augenscheinlich sowieso keine Antwort denn er hatte sich ebenfalls wieder im Schneidersitz hingesetzt und beobachtete mich mit völlig gleichgültigem Blick. Stunden vergingen, ich schlief immer wieder ein, allerdings nur um im nächsten Moment wieder erschrocken hochzufahren und zu merken das ich noch immer wie eine Ratte im Käfig festsaß. Kai saß neben mir, die Augen hatte er fast die ganze Zeit über geschlossen. „Kai?“ Schwerfällig richtete ich mich auf und schüttelte ihn kurz an der Schulter. „Hm?“ Als wäre er die ganze Zeit hellwach gewesen öffnete er die Augen und sah mich fragend an. „Was ist?“ „Mir ist schlecht...“ Augenblicklich verspannte er sich und stand ebenfalls nervös auf. „Wie schlecht? Erkältungsschlecht oder Fluchschlecht?“ Auf ein unsichtbares Kommando hin drehte sich mir der Magen um und ich hielt mir würgend eine Hand vor den Mund. Schwarze Punkte tanzten mir in einem unendlichen Sturm vor den Augen. „Ich weiß nicht genau, es fühlt sich an wie damals in deinem Haus!“ Er fluchte und hielt mich besorgt an den Schultern fest damit ich nicht umfiel, gleichzeitig machte sich ein seltsames Pochen in meiner Schläfe breit und Hitze strömte durch meinen Körper. Irgendwas passierte mit mir, ich wusste nur nicht genau was es war. „Ok, ok, ganz ruhig.“ Er sprach mehr mit sich selbst als zu mir deshalb antwortete ich nicht sondern konzentrierte mich mehr darauf nicht zusammenzuklappen, irgendwie hatte ich das dumme Gefühl das der super coole, immer perfekte Kai sonst mit der Situation doch ein bisschen überfordert wäre. Er atmete tief durch, sah mich ernst an und bemühte sich um einen festen Befehlston. „Ich habs mir überlegt. Wenn das wirklich der Fluch ist zählt jetzt nur noch das du hier raus und zu Dranzer kommst. Er wird schon wissen was zu tun ist... hoffe ich zumindest.“ Mit diesen Worten zerrte er mich zu den Gitterstäben, legte meine Hände auf das kühle Metall und sah mich hilfesuchend an. „So, los jetzt! Setz deine Kräfte ein!“ Völlig apathisch starrte ich auf meine Hände, sie zitterten inzwischen heftig und ich konnte sehen wie die Fingerknöchel vor Anstrengung weiß hervortraten. Kühle Schweißtropfen bahnten sich ihren Weg von der Stirn an meinem Ohr vorbei bis sie sich an meinem Kinn sammelten und zu Boden tropften. Es war so heiß und trotzdem schmolz die Stange unter meinen glitschigen Fingern nicht. Immer wieder verschwamm mir die Sicht vor den Augen, ich schwankte und drohte zu fallen doch Kai hielt mich fest. „Was ist?“ Irgendwo in weiter Ferne hörte ich seine Stimme, samtig und besorgt sorgte sie dafür das ich mich fühlte als würde ich auf einer Wolke schweben. Wie konnte mich jemand den ich gerade so sehr hasste nur so glücklich machen? Ich seufzte und lauschte auf seine nervösen Atemzüge. Fast hätte ich gelacht, denn etwa genauso hilflos wie er wirkten die Männer in den kitschigen, amerikanischen Filmen immer wenn ihre schwangeren Frauen plötzlich die ersten Wehen bekamen. Ach Mama....du hattest gar keine Zeit mehr mir zu erzählen wie es war als ich geboren wurde, ich weiß nicht mal zu welcher Uhrzeit und an welchem Wochentag es war. Irgendwas zerrte in meinem Inneren an mir, versuchte mich wachzurütteln. Wann hatte ich eigentlich die Augen geschlossen? Dann ein Schmerz, es durchzuckte mich wie ein Blitz und ich hatte das Gefühl etwas wichtiges verloren zu haben. Ich fühlte mich mit einem mal so kalt, leer und verloren. „Das wird aber auch Zeit...“ Das war Kais Stimme, wieso klang er plötzlich so distanziert? „Ja, ja...wo ist denn dein dämlicher Phönix wenn man ihn mal braucht? Er sollte eigentlich auf meine Kleine aufpassen!“ „Erstens ist sie mit Sicherheit nicht deine kleine und zweitens ist das heute der erste Tag an dem er nicht da ist, wer kann denn bitteschön ahnen das es gerade heute passiert?“ Ich stöhnte, einmal vor Schmerz und dann weil ich es nicht ertragen konnte wenn sie sich stritten. Inzwischen konnte ich die zweite Stimme eindeutig Black zuordnen, das machte mich einerseits glücklich weil das hieß das ich meinen Lieblingsphönix wiederhatte, andererseits machte es mir aber auch Angst, immerhin bedeutete es auch das mein Ende näher rückte und ich hatte immer noch keine Ahnung wie ich es aufhalten sollte. Eine eiskalte Hand strich mir sanft über die Stirn, oder kam sie mir nur so kalt vor weil meine Körpertemperatur so sehr stieg? Ich wusste es nicht, eigentlich wusste ich in diesem Moment gar nichts mehr. Das einzige was ich spürte waren meine Arme und Beine, die ich allerdings nicht bewegen konnte, sie waren wie gelähmt, nur ab und zu verkrampften sie sich und ließen mich erschrocken zusammenzucken. „Was machen wir jetzt?“ Ich hörte die Verzweiflung in Kais Stimme, er war vollkommen hilflos und ich wusste nur zu gut wie sehr er das hasste. „Keine Sorge, ich erledige das!“ Etwas zischte, dann wurde ich hochgehoben und hinaus getragen. Ich spürte mein Herz das auf schmerzhafte Weise gegen meine Rippen pochte und mir die Luft zum atmen nahm, dann entglitt mir das Bewusstsein. Dieses Mal fiel ich nicht in die angenehme Schwärze sonder schwebte in einer Art Tunnel. Wie ein Baby hatte ich die Knie angezogen und den Kopf auf sie gelegt. Rechts von mir strahlte ein helles Licht und mitten in diesem Lichtkegel konnte ich meine Mutter sehen, sie lächelte und hatte die Arme ausgebreitet. Auf der anderen Seite war alles finster und trotzdem verspürte ich das Bedürfnis mich dorthin zu bewegen denn soweit ich das überblicken konnte waren alle meine Freunde dort. Black streckte gerade Dranzer die Zunge raus, der ihn mit soviel Würde wie möglich zu ignorieren versuchte. Auch Kai war dort, ich konnte sehen das er auf seinen Blade starrte der vor ihm seine Runden drehte und seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war er hoch konzentriert. Das störte Tala allerdings recht wenig. Er lachte und klopfte dem Grauhaarigen auf die Schulter der ihm daraufhin einen ziemlich finsteren Blick zuwarf. „Tu es nicht...“ Was für eine sanfte Stimme. Sie umschmeichelte alle meine Sinne, lenkte meine Aufmerksamkeit von dem bunten Treiben ab und ließ mich wieder zu meiner Mutter sehen. Sie war näher gekommen, bis an den Rand des Lichts und hatte eine blütenweiße Hand nach mir ausgestreckt. Sie wirkte so rein, wie ein Engel und ihre Haut schien fast durchsichtig zu sein. „Komm mit mir...“ Ich konnte nicht antworten, meine Zunge war gelähmt und ich fühlte mich wie ein kleines Kind das noch nicht dazu in der Lage war mehr als Geräusche von sich zu geben. So gern wollte ich mit ihr gehen, immerhin war sie meine Mutter. All die Jahre hatte ich sie vermisst und sie mir zurückgewünscht, jetzt stand sie stumm und wartend vor mir. Ich sollte ihr meine Hand geben, mich von ihr ins Licht ziehen lassen, aber ich konnte mich nicht rühren. Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter. Alle die eben noch in der Dunkelheit gelacht und sich bewegt hatten starrten nun mit ernsten Gesichtsausdrücken zu mir herüber und neben mir stand Kai. Er sah von mir zu meiner Mutter, die mir so ähnlich sah. Wir hatten dasselbe goldblonde, glänzende Haar, dieselbe schlanke Figur und dieselbe helle Hautfarbe. Jetzt wandte Kai seinen durchdringenden Blick wieder mir zu. „Fe...wenn das wirklich deine Mutter ist, warum hat sie dann kein Gesicht?“ Verwirrt sah ich zu der vor mir stehenden Frau und riss erschrocken die Augen auf. Kai hatte Recht! Das Gesicht war wie ausradiert, stattdessen war da nur eine weiße Fläche, ohne ein Lächeln, ohne jede Gefühlsregung. „Aber...wieso?“ Ich schluckte schwer und dann erkannte ich es. Diese Frau konnte gar kein Gesicht haben, denn das hier war nur ein Traum und auch wenn ich mir noch so sehr wünschte meine Mutter zu sehen konnte ich nur auf das zurückgreifen was ich in meinen Erinnerungen fand. Ich zitterte und schlug schluchzend die Hände vor das Gesicht. Nach all den Jahren konnte ich mich nicht mal mehr an die sanften, weichen Züge meiner Mutter erinnern, sie war nur noch ein Geist, ein Schatten in meiner Seele und ich würde sie nie mehr wiedersehen. Hatte sie genauso volle Lippen wie ich gehabt? Dieselben grünen Augen und die kleine Stupsnase? Ich wusste es nicht und das machte mich fertig. Erst der sanfte Druck einer Umarmung zog mich aus der Verzweiflung zurück und ich sah auf. Kai hatte die Arme fest um meinen zitternden Körper geschlungen, seine Nase berührte ganz leicht meine Wange und sein Atem fühlte sich wunderbar arm auf meiner plötzlich eiskalten Haut an. Dieser ständige Wechsel von Hitze zu Kälte schwächte mich fast noch mehr als diese verdammte Übelkeit. „Du machst dir zu viele Sorgen.“ Gebannt lauschte ich seinen Worten, hing an seinen Lippen und fühlte mich gleich ein wenig besser als seine Stimme die Stille erfüllte. „Erst einmal musst du aufwachen und dann wirst du schon eine Lösung finden, wir werden dir alle helfen.“ Ich nickte und schloss die Augen. Es war so angenehm sich an seine Brust anlehnen zu können, sie hob und senkte sich so wunderbar regelmäßig wenn er ein und wieder aus atmete, ich liebte dieses Gefühl. Seine Hand strich mir sanft durchs Haar. „Du musst aufwachen!“ Seine Stimme war jetzt eindringlicher und irgendwie...realer. Langsam zwang ich mich die Augen zu öffnen. Mir war noch immer übel und ich hatte Seitenstechen aber es wurde langsam wieder erträglich. Kais Geruch stieg mir in die Nase und seine wohlige Wärme schlug mir entgegen wie ein Feuer an dem man sich wärmen konnte. Erst jetzt bemerkte ich das es gar kein Traum mehr war und setzte mich blitzschnell auf. „Kai! Wa...was machst du denn noch hier?“ Ein Traum war eine Sache aber in der Realität war mir das Ganze irgendwie unangenehm, vor allem weil Tala jederzeit durch die Tür kommen konnte. „Ich habe dich in dein Zimmer getragen...“ Schnell sah ich an mir herunter, ich trug mein Lieblings Nachthemd, es war weiß mit einer rosa Schleife auf Brusthöhe. „D...du hast mich...ähm...“ Hilflos deutete ich auf meinen Aufzug. „Woher wusstest du...“ Das, dass hier meine Lieblings Nachtwäsche war? Ich brachte es nicht fertig den Satz zu beenden denn ich wurde bei dem Gedanken daran das er mich ausgezogen hatte rot wie eine Tomate. Kai, kalt und cool wie immer, hob nur eine Augenbraue und schüttelte den Kopf. „Keine Sorge, Tala hat dich umgezogen.“ Erklärte er sachlich. „WAS?“ Irgendwie schockierte mich das nur noch mehr. „T...tala?“ „Was ist? Wäre es dir lieber ich hätte es gemacht?“ Er grinste überheblich während ich mir auf die Unterlippe biss und versuchte seinen unverschämten Kommentar zu ignorieren. Nach einer kurzen Pause hob Kai eine Hand und strich mir besorgt über die Wange. „Du bist sehr blass, wie geht es dir?“ Ich seufzte. „Ganz gut...glaube ich zumindest.“ Er nickte und stand auf. „Dranzer ist auch wieder hier, er hat gespürt das der Fluch überhand genommen hat und ist sofort hergekommen. Soll ich ihn zu dir schicken?“ Ich nickte nur und ließ den Kopf wieder in die weichen Kissen sinken. Es dauerte kaum eine Minute bis Dranzer am Fußende meines Bettes stand und mich besorgt musterte. „Es geht mir gut!“ Beteuerte ich nun schon zum wiederholten Male und versuchte fröhlich zu wirken, was mir allerdings nicht sonderlich gut gelang. „Fe...“ Ich seufzte und starrte an die Decke. „Also gut...mir geht es schrecklich und mir ist furchtbar schlecht, was meinst du wie viel Zeit ich noch habe?“ „Ich schätze bis heute Abend, bei deiner Mutter war es so.“ „Meinst du bei mir wird es genauso wie bei Mum?“ Die grausige Vorstellung machte mir mehr Angst als ich mir selbst eingestehen wollte. „Nein, nicht ganz, denke ich. Deine Mutter ist Jahrelang vor ihrem Schicksal geflohen und hat versucht euch so zu beschützen, du dagegen stellst dich ihm.“ Das stimmte allerdings. Nur muss ich zugeben das mir eine Flucht im Moment äußert verlockend erschien, vielleicht konnte ich so auch noch ein paar Jahre rausschlagen. Nein. Das würde keinen Sinn machen und ich wusste es genau. Früher oder später wird jeder von seinem Schicksal eingeholt, man kann es nicht austricksen. Ängstlich sah ich zu dem Dranzer auf. „Was schlägst du vor?“ „Nun ja...“ Er zögerte, fuhr sich dann durchs dunkelrote Haar und sprach langsam weiter. „Der Fluch wird denjenigen der dich am meisten liebt dazu bringen dich umzubringen, also schlage ich vor das wir ihn einsperren und irgendwie solange wie möglich festhalten. Wenn wir glück haben lässt der Fluch dann irgendwann nach.“ Ich wusste nicht recht ob ich über diesen Plan entsetzt oder erleichtert sein sollte. Er klang plausibel und vielleicht funktionierte er sogar, aber das sie den armen Tala einsperren und anscheinend sogar irgendwo anketten wollten machte mir doch etwas sorgen, immerhin konnte er doch nichts dafür. „Das ist der einzige Weg, richtig?“ Dranzer nickte und griff mitfühlend nach meiner Hand. „Es wird alles gut! Die Bit Beast haben sich schon versammelt und warten auf dich, sie alle stehen auf deiner Seite!“ Ja...solang ich nicht starb zumindest, dachte ich trocken. „Was ist mit Drakon?“ Der Phönix senkte betroffen den Blick. „Galeon hat mit ihm geredet aber er weigert sich zu kommen...“ Nicht das ich ihn wirklich kennen lernen wollte aber über ein wenig Unterstützung vom Anführer der Bit Beast hätte ich mich schon gefreut und sicherer würde ich mich dann bestimmt auch fühlen. Andererseits versuchte ich vielleicht auch nur eine Rechtfertigung dafür zu finden das ich solche Angst hatte, wie dumm von mir. Dranzer stand auf und ging zu dem Schreibtisch der in einer Ecke des Zimmers stand. „Hier, besser du nimmst das.“ Mit zwei schnellen Handgriffen hatte er mir die Kette mit dem Medaillon, auf dem er in Phönix und Menschengestalt abgebildet war, umgelegt. „Auch wenn sie alt ist kann sie dich noch immer schützen, im Ernstfall wird sie zwar auch nicht viel bringen aber...ein kleiner Schutz ist besser als gar nichts.“ Ich nickte lächelnd und strich über die Gravur. Sofort spürte ich die verschieden Mächte die dieses Schmuckstück beherbergte, es war unglaublich stark. „Ich danke dir, ich denke...ich kann es schaffen!“ Entschlossen sah ich auf. Wie hatte ich bloß so negativ denken können? Immerhin ging es hier um mein Leben und nicht irgendeine Unwichtigkeit! Jetzt war nicht die Zeit um den Kopf in den Sand zu stecken, alle kämpften und ich musste es auch tun, ich durfte einfach nicht aufgeben. Dranzer lächelte und war sichtlich erfreut über meinen aufflammenden Kampfgeist. „Ja! Natürlich schaffst du es.“ So schnell ich konnte schwang ich die Beine aus dem Bett, stand auf und zog mich um. Eine Jeans und ein Pullover mussten heute reichen. Dranzer drehte sich während meiner Umzieh Aktion taktvoll um und erst als ich mir den dicken Mantel überzog wandte er sich mir wieder zu. „Was soll ich jetzt machen?“ „Du gehst am besten nach draußen zu Black und Galeon, Kai bringt gerade Tala weg.“ Das erschreckte mich jetzt doch. „Doch nicht Kai! Er wird Tala bestimmt irgendwas gemeines antun, du weißt doch wie sehr sie sich hassen! Jede Gelegenheit Tala leiden zu sehen wird Kai genießen...“ Der Phönix lachte wissend und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. „Keine Sorge, ich glaube nicht das Kai im Moment auch nur einen Gedanken daran verschwendet deinen Freund zu ärgern.“ Er klang so sicher aber ich selbst hatte da so meine Zweifel. Die beiden hassten sich so sehr das es nur schwer vorstellbar war das sie so was wie einen Waffenstillstand haben sollten. Trotzdem stand ich einige Minuten später vor der Tür der Abtei. Dranzer hatte nicht übertrieben, alle Bit Beast waren gekommen. Ganz vorne erkannte ich Drigger, Dragoon und Daciel aber es dauerte nicht lang bis sich auch Galeon durch die Massen geschlagen hatte und auf mich zurannte. „FEEEEEEE!“ Sie fiel mir um den Hals und bedeckte mein Gesicht mit Küssen. Ich war so verwirrt das ich einen Schritt zurückmachte und beinahe von ihrem Gewicht umgeworfen wurde. „Ähm...hi Gal.“ “Meine Güte, es tut mir so leid! Dir geht es doch bestimmt ganz schrecklich oder? Aber mach dir keine Sorgen, wir alle sind gekommen um dich zu beschützen!“ Sie machte eine Ausgreifende Bewegung mit den Armen und erntete sofort zustimmendes Gemurmel. „Danke...“ Mehr brachte ich nicht hervor denn sie drückte mir mit ihrer festen Umarmung völlig die Luft ab. „Gal...eon!“ Würgte ich und versuchte mich von der schluchzenden Raubkatze in Menschenform zu befreien. „Galeon!“ „Huh?“ Augenblicklich ließ sie von mir ab und sah sich um. „Pass auf, du erdrückst sie sonst noch und dann war das alles völlig sinnlos.“ Galeon kicherte entschuldigend und bekam von Black augenblicklich eine Kopfnuss verpasst. „Aua! Hey Blacky, sei doch nicht immer so gemein! Du willst Fe ja bloß nicht teilen...“ „Red keinen Mist! Ich versuch nur sie vor deinen Würgeattacken zu beschützen.“ Gal schmollte und Black wuschelte mir mit einer Hand durchs Haar. „Na Prinesschen? Wie fühlt man sich wenn man die Unterstützung von fast allen Geistern dieser Erde hat?“ Ehrlich gesagt fühlte ich mich total unwohl und das ganze war mir ein bisschen peinlich, ich hatte so viel Aufmerksamkeit doch gar nicht verdient. „Gut...wie hast du es geschafft sie alle zusammenzutrommeln?“ Er lachte mit seiner tiefen Stimme und drehte sich zu den wartenden Geistern um. „Das musste ich gar nicht. Sie alle haben dich getroffen und festgestellt das du ihnen ans Herz gewachsen bist. Sie bewundern alle deine Stärke und dein großes Herz.“ Er drehte sich wieder zu mir. „Deswegen sind sie freiwillig hergekommen um dich zu unterstützen...egal wie das hier ausgeht.“ Ich sah mich ebenfalls um. Überall bemerkte ich bekannte Gesichter die ich in den letzten Wochen kennen und lieben gelernt hatte, trotzdem war es kaum zu glauben das sie extra wegen mir hier waren. „Erledigt. Tala ist außer Gefecht gesetzt.“ Kai war hinter mich getreten und sah mich ausdruckslos an. „Wie hast du ihn denn ... außer Gefecht gesetzt?“ Hakte ich misstrauisch nach und erntete dafür ein spöttisches Lächeln. „Ich hab ihn so lange zusammengeschlagen bis er sich nicht mehr bewegt hat, was denkst du denn.“ „WAS?“ Augenblicklich lachte er los und schüttelte den Kopf. „Wenn du dein Gesicht sehen könntest!“ Er hörte auch nicht auf zu lachen als ich wütend die Arme in die Hüfte stemmte und ihn anfunkelte. „Was hast du mit ihm gemacht Kai Hiwatari?“ Endlich wurde er wieder ernst und hob abwehrend die Hände. „Keine Panik, er lebt noch. Ich hab ihn an ein Wasserrohr angebunden.“ Sofort begann mein schlechtes Gewissen wieder zu protestieren, der arme Tala saß da unten allein im Dunkeln und war gefesselt, wie schrecklich. Wusste er überhaupt um was es ging? Ich seufzte. Darüber nachzudenken würde mir jetzt nicht weiterhelfen, ich würde das durchziehen und wenn alles gut ging konnte ich ihm danach erklären warum wir alle so einen Aufstand gemacht hatten. Wir warteten eine Stunde, dann zwei, ich spürte das die Bit Beast unruhig wurden. Hatten wir es geschafft den Fluch zu besiegen? Es schien so...und trotzdem ließ mich dieses seltsame Gefühl nicht los. Irgendetwas stimmte nicht. Schnell warf ich einen Blick in die Runde. Die meisten waren zu nervös um auf mich zu achten, sie redeten miteinander und versuchten sich abzulenken. Galeon stand nur ein kleines Stück von mir entfernt, war aber in ein Gespräch mit Black vertieft der ihr Anweisungen zu geben schien denen sie heftig nickend zustimmte. Dranzer starrte unruhig in die Ferne und versuchte sich wohl selbst zu beruhigen. Als ich an der Mauer der Abtei hochsah konnte ich an einem großen Fenster eine Silhouette erkennen. Es war Boris, das erkannte ich sofort, er war also zurück. Ich war mir ziemlich sicher das er wusste was hier geschah und nur darauf wartete die vielen Bit Beast einfangen zu können sobald ich tot war. Sein dreckiges Grinsen traf mich mitten ins Herz und ich spürte Hass in mir aufsteigen, wie ein sich stetig ausbreitendes Gift. Ich musste hier einfach weg. Unbemerkt von allen anderen schaffte ich es mich in den Wald davonzuschleichen. Es gab nur einen Ort an dem ich jetzt sein wollte, ein ort der mich schon immer beruhigt und gestärkt hatte. Ich brauchte zwar eine Weile aber dann lag der See ruhig und mit glatter, glänzender Oberfläche vor mir. Er war zugefroren und wurde von den dichten Schneemassen eingerahmt. Wirklich ein schönes Bild, ich fühlte mich sofort besser. Egal was auch mit mir geschah, hier änderte sich nie etwas, das hatte irgendwie etwas beruhigendes. Ich weiß nicht wie lang ich so am Rand des Sees stand und zum Himmel sah aber plötzlich knackte etwas hinter mir und ich drehte mich um. Kai stand vor mir. Seine violetten Augen waren kalt und seltsam leer aber das war bei ihm ja nicht ungewöhnlich. „Kai? Was machst du denn hier?“ Er schwieg, stand einfach nur da und starrte mich an. „Tut mir leid wenn du dir Sorgen gemacht hast aber diese ganze Aufregung hat mich so nervös gemacht das ich etwas Abstand brauchte. Ich komme aber gleich zurück, anscheinend bleibe ich ja vom Fluch verschont, oder was meinst du?“ Fröhlich ging ich auf ihn zu doch er schwieg noch immer. „Kai?“ Misstrauisch blieb ich stehen. Da stimmte doch etwas nicht. „Was ist los mit dir?“ Endlich regte er sich, kam auf mich zu und umarmte mich. Überrascht erwiderte ich die Umarmung und lachte nervös. „H...hey Kai, was soll denn das? Du wirst doch nicht plötzlich Gefühle zeigen oder?“ Da er noch immer nicht antwortete beschloss ich ebenfalls den Mund zu halten und es einfach zu genießen. Es wäre das perfekte Bild für eine Postkarte gewesen. Im Hintergrund konnte man die weiße Schneelandschaft und den glitzernden See sehen während wir uns im Vordergrund schweigend und im stillen Einverständnis einfach nur im Arm hielten. Sehr romantisch. Plötzlich spürte ich wie er sich bewegte, erhaschte einen weiteren Blick auf seine Augen. So kalt und leer. Mir wurde schwindelig, ich kannte diesen Blick. Ich hatte ihn schon einmal bei jemandem gesehen aber es war schon so lang her. Damals verstand ich es nicht. Ich konnte nicht verstehen wie meine Mutter jemanden der sie so anschaute noch liebevoll ins Gesicht sehen konnte, ich hatte es nicht verstanden, aber jetzt wusste ich es. „Kai?“ Er hörte mich nicht, wie denn auch, er stand unter dem Einfluss des Fluches. Ohne zu zögern zog er ein Messer hervor und holte aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)