Mondrose von SesshomaruFluffy ((Kago&Sess)) ================================================================================ Kapitel 4: ~Gefangen in der Dunkelheit~ --------------------------------------- Er konnte es nicht glauben. Das war eine Halluzination! Um sich auch ganz sicher zu sein, schloss er die Augen und öffnete sie kurz darauf wieder. Doch an dem Anblick, der sich ihm bot, änderte sich nichts. Sein Herr, sein Meister, sein Sesshomaru-sama hielt Händchen mit einem Menschenweib! Jaken zog zischend die Luft ein. Dann stürmte er zu den beiden, die gerade ins Lager zurückgekehrt waren. "Sesshomaru-sama, wo seid Ihr gewesen und was macht das Weib da? Das ist doch-!" Der Kröterich hielt abrupt inne. Der Blick des Lords war eisig und hatte ihn problemlos zum Schweigen gebracht. "Hallo Jaken, ich freue mich auch dich zu sehen." sagte Kagome trocken. Innerlich freute sie sich natürlich wie ein Honigkuchenpferd, weil dieser elende Frosch gerade mit offenem Mund und wutverzerrtem Gesicht vor ihnen stand. Ein Bild für die Götter, ohne Frage. "Jaken, wecke Rin auf. Wir gehen weiter." Sesshomaru sprach so emotionslos, dass selbst die Miko an seiner Seite schlucken musste. "Ja, Meister!" Hastig eilte der Diener zu Ah-Uh rüber, bei dem das kleine Menschenmädchen diese Nacht geschlafen hatte. Kagome konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Plötzlich räusperte sich jemand. Verwundert blickte sie zu dem Silberhaarigen auf. "Ich hätte ganz gerne meine Hand wieder." meinte er und seine linke Augenbraue hob sich amüsiert. "Oh!" Äußerst widerwillig ließ sie ihn los. Aber er hatte leider Recht. Sie konnten nicht Händchen haltend durch eine Gegend voller Dämonen laufen. Wobei er auch nur noch die eine Hand hatte. Der linke Arm war ihm ja von Inuyasha... Kagome verzog das Gesicht. Ein unglaublich schlechtes Gewissen machte sich in ihr breit. "Miko?" Seine Stimme riss sie aus ihren trüben Gedanken. "J-Ja?" hauchte sie schwach. "Was ist?" Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie seinen leeren linken Ärmel die ganze Zeit angestarrt hatte. Verlegen wandte sie den Blick ab. "Es tut mir Leid." flüsterte sie. Sesshomaru hätte beinahe mit den Augen gerollt. Was hatte diese Göre denn jetzt schon wieder? Hatte er ihr nicht vor wenigen Minuten erst gesagt, dass sie sich nicht für jede Kleinigkeit entschuldigen soll? "Und was tut dir dieses Mal Leid?" "Dein Arm. Wenn ich damals nicht..." Damit hatte er nicht gerechnet. DAS war keine Kleinigkeit. Dennoch sagte er: "Du warst es nicht, der mir den Arm abgeschnitten hat." In seiner Stimme hatte sich etwas Grundlegendes verändert. Er hatte eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen gespannt und seine Maske der Gleichgültigkeit wieder aufgesetzt. "Aber...!" "Lass es gut sein." Er schaute zu Rin herüber, die gerade herzhaft gähnte. Doch Kagome wollte sich damit nicht zufrieden geben. "Was heißt hier 'lass es gut sein'? Dir fehlt ein Arm!" "Es hat mich nur noch stärker gemacht. Und jetzt sei still." Schnaubend sah sie ihn an. Aber in diesem Moment kam Rin angerannt. "Kagome-sama! Sesshomaru-sama! Guten Morgen!" strahlte das kleine Mädchen. "Hast du gut geschlafen?" Kagome ließ sich nichts anmerken und lächelte zurück. "Unglaublich gut sogar! Ich habe geträumt, dass ihr zwei geheiratet habt." Eine peinliche Stille trat ein, die erst von einem lauten Rumsen unterbrochen wurde. Jaken war in Ohnmacht gefallen. "Ähm, Rin-chan?", stotterte Kagome leise, sie traute sich im Augenblick nicht Sesshomaru anzusehen, "Das war nur ein Traum." "Ich weiß, aber es war ein schöner Traum! Was gibt es zu essen?" Kagome lächelte schief, dann beschloss sie ein paar Ramen warm zu machen. Der Tag verging wie im Flug. Die kleine Gruppe war schon ein ordentliches Stück gegangen und hatte gerade ihr Lager für eine Pause aufgeschlagen, als Sesshomaru ruckartig den Kopf hob. Er schaute starr Richtung Himmel, während seine Hand zu Tokijin wanderte. "Sesshomaru?" Kagome war verwirrt. Sie spürte keine böse Aura oder ähnliches, noch nicht mal einen Splitter. Doch da hörte sie plötzlich eine vertraute Stimme. Im Normalfall hätte sie sich darüber gefreut, doch jetzt bekam sie eher Panik. "Sango-chan?! Die Dämonenjägerin landete soeben mit Kiara im Lager. Sie stieg hastig ab und rannte zu Kagome. Dabei ließ sie Sesshomaru jedoch nicht aus den Augen. Der Inu-Youkai musterte den Neuankömmling gelangweilt und ließ schließlich Tokijins Griff los. "Was machst du hier?" fragte Kagome derweil. "Ich... du... Hilfe!" brachte ihre Freundin keuchend raus. "Ist etwas passiert? Wo sind die Anderen?" "Naraku." Es war nur ein Wort, beziehunsweise ein Name, doch er reichte aus, um Kagomes Laune auf den Tiefpunkt zu bringen. Sesshomaru spitzte dagegen die Ohren. Das könnte doch interessant werden. "Was ist mit Naraku?" Kagome sprach mit unterdrückter Wut. "Inuyasha hat gegen einen Kerl gekämpft, der von ihm geschickt wurde. Makoto oder so..." Sango bekam endlich wieder Luft. "Ist er verletzt worden?" fragte die Miko jetzt sehr leise, sodass Sango sie verwundert anschaute. "Ja." erwiderte sie automatisch genauso leise. Doch Sesshomaru verstand trotzdem jedes Wort. Dieses Mal war er froh darüber so gute Ohren zu haben. "Geh." Verdutzt starrte Kagome ihn an. Was hatte er da gerade gesagt? "I-Ich soll gehen?" Sie verstand gar nichts mehr. War er wütend? Seine Miene war monoton. "Inuyasha ist verletzt, du willst ihm doch helfen?" Er zischte den Namen seines Halbbruders förmlich aus. "Nun, ich, also, ja." stammelte sie und kam sich dabei vor, als hätte sie Sprachstörungen. "Worauf wartest du dann noch? Inuyasha ist schwach. Er stirbt vielleicht ohne deine Hilfe." Sesshomaru beleidigte das jämmerliche Halbblut mit Absicht und er genoss es, dass Sango sich verkrampfte. "Gut, dann, äh, gehen wir, Sango-chan." Kagome packte ihre Sachen so schnell es ging in den Rucksack, schnallte ihn sich um und stieg gemeinsam mit der Taiji (-Dämonenjägerin) auf Kiaras Rücken. Ein letzter, sehnsüchtiger Blick in Sesshomarus Richtung, dann flogen sie davon. "Sie kommt doch wieder?" fragte Rin traurig, während sie an dem rechten Hosenbein des Silberhaarigen zupfte. Aber er schwieg, sah den zwei Frauen stumm hinterher, bis sie nicht mehr in Sichtweite waren. "So ein Unsinn! Das Weibsbild sind wir endlich los!" Jaken schien bester Laune zu sein, was sich schlagartig änderte. Eine Beule später (mal wieder, er ist eben das arme Opfer), lag der Kröterich bewusstlos auf dem Boden. Sesshomaru beachtete ihn nicht weiter, sondern lehnte sich mit geschlossenen Augen an einen Baum, um in Ruhe nachzudenken. Warum hatte er sich gerade so komisch gefühlt? Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass er eben eifersüchtig gewesen war. Nein, er doch nicht! Nicht er, der Herrscher des Westens oder doch? War er etwa in diese Menschenfrau...? Miroku atmete erleichtert aus, als er Sango und Kagome erblickte, die wenige Sekunden später vor ihm landeten. Er gab es offen zu: Ohne die Miko war es viel schwieriger die Splitter zu sammeln. Nur sie konnte die kostbaren Gegenstände spüren, mit Ausnahme von Kikyo. Doch die hatte sich bisher nicht dazu bereit erklärt, sich ihnen anzuschließen. Und Inuyasha ging es wirklich schlecht. "Kagome-sama, schön dich wiederzusehen. Wie geht es dir?" Sie winkte ab, lächelte ihn aber an. "Gut soweit. Was ist mit Inuyasha?" Der Mönch führte sie in die kleine Hütte, wo Shippo der Schwarzhaarigen um den Hals fiel. "Kagome! Ich hab dich so vermisst!" "Ich dich auch." Sie wuschelte dem Fuchs durch das Haar. "Ka...gome?" Die Angesprochene zuckte zusammen und blickte zu Boden. "Oh mein Gott..." Sie kniete sich vor den Halbdämon, der mit freiem Oberkörper auf einer Art Nachtlager aus Stroh lag. Tiefe Striemen befanden sich quer und längst auf seiner Brust, es roch nach getrocknetem Blut, seine Augen waren nur halbgeöffnet und er atmete bereits sehr flach. "Du meine Güte!" brachte sie nach langem Schweigen heraus. Hastig kramte sie in ihrem Rucksack herum. Er brauchte definitiv ein Schmerzmittel, Wundsalbe und einen Verband. Mit geübten Handgriffen machte sie sich an die Arbeit. Es dauerte gut eine Stunde, bis sie sich erschöpft zurücklehnte. Inuyasha war inzwischen eingeschlafen. Ruhig und gleichmäßig hob und senkte sich seine Brust, was die Miko aufseufzen ließ. "Und?" fragte Sango vorsichtig. Sie hatte sich nicht getraut etwas zu sagen. Auch Miroku und Shippo hatten eisern geschwiegen, schauten Kagome nun erwartungsvoll an. "Er hat viel Blut verloren. Hier, ihr müsst jeden Tag den Verband wechseln und diese Salbe auf die Wunden schmieren. Fürs Erste habe ich ihm auch ein Schmerzmittel gegeben. Ich bezweilfe aber, dass er das bei vollem Bewusstsein noch einmal nimmt." Sie reichte Sango ihren Verbandskasten, während sie dies alles erklärte. "Dann wird er nicht sterben?" fragte Shippo. Kagome schüttelte heftig den Kopf. "Nein, er braucht nur viel Ruhe und Schlaf. Ihr müsst dafür sorgen, dass er liegen bleibt. Egal wie..." "Und jetzt gehst du wieder zu diesem kalten Bastard." stellte Sango knallhart fest. "Kalter Bastard? Das geht zu weit!" erwiderte Kagome ohne nachzudenken. Ihre Freundin seufzte. "Du nimmst ihn in Schutz, merkst du das überhaupt?" Daraufhin schwieg die Miko. "Es ist nicht so, dass wir dir nicht vertrauen. Verstehe uns bitte nicht falsch.", meinte Miroku sachlich, "Aber Sesshomaru ist und bleibt ein Dämon, ein sehr grausamer noch dazu. Ihm vertrauen wir nicht." "Aber Inuyasha ist auch kein Mensch!" warf Kagome verzweifelt ein. "Wir wissen alle, dass er zur Hälfte ein Mensch ist, Kagome-sama. Einmal im Monat wird er zu einem von uns. Da besteht ein großer Unterschied." "Miroku-sama hat Recht! Hat er dich nicht immer beschützt? War es nicht Sesshomaru, der dich nur allzu oft umbringen wollte?" rief Sango dazwischen. "Ihr versteht überhaupt nichts! Schön und gut, Inuyasha hat mir sehr oft das Leben gerettet. Dafür hat er mir aber auch sehr oft das Herz gebrochen. Er war es, der sich für Kikyo entschieden hat und er war es, der mir so verdammt weh getan hat!! Körperlicher Schmerz ist nichts dagegen. Ist das denn so schwer zu kapieren? Ich liebe Sesshomaru! Es ist eben dieser kalte Bastard, der mich aus der Hölle der Einsamkeit geholt hat!" Zum Schluss hin war Kagome immer lauter geworden, bis sie die angestaute Wut einfach heraus geschrieen hatte. Mit geballten Fäusten und funkelnden Augen sah sie ihre so genannten Freunde an. Ihr war nun klar geworden, warum Sesshomaru die Menschen so verabscheute: Sie waren misstrauisch bis aufs Blut und schenkten nur ausgewählten Leuten ihr Vertrauen. "Kümmert euch um Inuyasha. Den Verbandskasten lasse ich hier." Mit diesen Worten hastete sie an ihren alten Gefährten vorbei und verließ die Hütte. Zuerst rechnete sie damit, dass sie ihr nachlaufen würden, doch nichts geschah. Ohne ein weiteres Hindernis oder gar Gespräch ging sie in den Wald. Sesshomaru öffnete erst jetzt wieder die Augen. Er hatte lange nachgedacht, war aber zu keiner logischen Erklärung gekommen. Liebe spielte im Leben eines Dämons keine Rolle. Zumindest in seinem Leben nicht. Von seinem Vater wusste er, dass dieser seine Mutter, wie auch Inuyashas Mutter von ganzem Herzen geliebt hatte. Doch war das mit den Gefühlen gegenüber dieser Miko vergleichbar? Liebte er sie, nur weil er einmal etwas eifersüchtig gewesen war? Gut, er ließ viel bei ihr durchgehen, wofür er jeden anderen schon gevierteilt hätte. Innerlich seufzte er tief. Sein Blick glitt zu Rin herüber, die mit Jaken die gefangenen Fische über dem Lagerfeuer aufspießte. Es würde bald dunkel werden und Kagome war noch nicht zurück. Wie vom Blitz getroffen erstarrte er. Hatte er diese Frau gerade gedanklich beim Namen genannt? War er völlig verrückt geworden? Das lief in eine Richtung, in der er nur den selben Weg gehen konnte, wie einst sein Vater. Der Tod wartete am Ziel dieser Reise, nicht mehr und nicht weniger. Allerdings... Hatte sein Vater je eine Entscheidung bereut? War er sich je unsicher gewesen? Nein, Inu no Taishou hatte immer zu dem gestanden, was er gesagt und gefühlt hatte. Selbst dann, als er von seinem ältesten Sohn als dummer Egoist beschimpft worden war. Und genau dieser Sohn musste sich nun eingestehen, dass er sich geirrt hatte. Eifersucht bedeutete Zuneigung. Das war der erste Schritt in eine Welt, von der er keine Ahnung und durchaus auch Angst hatte. Er, Sesshomaru, hatte vor etwas Angst, was er nicht verstehen konnte. Andererseits stellten Gefühle immer eine Schwäche dar und er hatte sich nach dem Tod seines Vaters geschworen nie so schwach zu werden. Er hasste Schwäche! Genauso wie er es hasste Angst zu haben. Wenn er jetzt klein bei gab, dann war er nicht viel besser als Inuyasha, der Kagome dermaßen verletzt hatte. Erstaunt stellte er fest, dass es irgendwie gut tat, ihren Namen zu nennen. Bald wäre er sicher auch bereit ihn auszusprechen. Entschlossen stieß er sich vom Baum ab. Mittlerweile war es dunkel und Menschen konnten ja bekanntlich schlechter sehen als Dämonen. Sollte sie alleine im Wald herum irren, dann war sie für jeden eine leichte Beute. Jaken und Rin schauten verwundert auf, als Sesshomaru mit einem eleganten Sprung in den Wipfeln der Bäume verschwand. Letztere grinste dann plötzlich. Sie konnte es sich denken. Kagome war selten in ihren Leben so wütend gewesen. Oft hatte sie geweint, eigentlich viel zu oft. Aber diese Wut, die sie jetzt im Bauch hatte, ließ sie einfach nicht mehr los. Sie wusste nicht, wie lange sie schon im Wald herum stolperte. Aber eins war sicher, sie hatte sich unwiderruflich und hoffnungslos verlaufen. Sie hatte echt tolle Freunde, die sie hier alleine und vollkommen hilflos zurück ließen! Ob sich Sesshomaru Sorgen um sie machte? Klar doch! Der große Sesshomaru, Lord des Westens, Objekt ihrer Begierde und nebenbei auch als kalter Bastard bekannt, lief bestimmt ihren Namen rufend durch die Gegend. Bei diesem Gedanken musste sie schmunzeln. Ihre schlechte Laune war wie weggeblasen. Sie brauchte sich nur vorzustellen seine Stimme zu hören und schon ging es ihr besser. Es stimmte wirklich. Er war es, der ihr Leben wieder lebenswert gemacht hatte. Ohne ihn wollte sie nicht mehr leben. Wenn er sie abweisen würde, dann würde sie daran zerbrechen. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals und sie blieb mitten im Wald stehen. Es war dunkel um sie herum, eine kühle Brise wehte durch ihr Haar und ließ sie frösteln. Sie trug ihre Schuluniform mit dem kurzen Rock, da war es kein Wunder, dass ihr kalt war. Ein leises Knacken, als wäre jemand auf einen Ast getreten, weckte ihre Aufmerksamkeit. Ihr Alarmsystem sprang von Grün auf Rot, als sie einen - oder waren es fünf? - Splitter spürte. Sie machte einen Satz nach vorne und entkam damit nur hauchdünn den Klauen ihres Angreifers. Ein frustiertes Knurren war zu hören, dann trat ein Schatten aus dem Gebüsch vor ihr. "Makoto!" sagte sie so hasserfüllt wie es ihr möglich war. Sie war bei der Aktion vorhin dumm mit dem Fuß aufgekommen. Ein pochender Schmerz durchströmte jetzt ihren rechten Knöchel. "Miko, so ganz alleine? Warst wohl bei dem anderen Köter?" "Du Mistkerl hast Inuyasha fast umgebracht!" fauchte sie ihm entgegen. "Nur fast? Dann muss ich da wohl noch mal hin." Kagome erschrak. Sie hatte ihre Freunde gerade verraten. Unabsichtlich oder etwa aus Rache? Nein, so niederträchtig war sie nicht! "Wie kommt es, dass du plötzlich so viele Splitter besitzt? Naraku ist doch sonst nicht so spendabel." Ihr Gegenüber zog überrascht eine Augenbraue hoch. Ha! Er wusste also nicht, dass sie die Splitter sowohl sehen, als auch spüren konnte! Gut so, sie musste ihn möglichst lange hin halten. Leider war sie ohne Pfeile und ihren Bogen aufgebrochen. Daran hatte sie in der Eile nicht gedacht. Typisch für sie. "Er hat es dir nicht gesagt? Dann weißt du auch nicht, dass Naraku seine Gefolgsleute regelmäßig entsorgt?" Makoto ließ seine Hand sinken, deren Klauen sie gerade verfehlt hatten. Er musterte sie interessiert, sagte aber nichts. Dieses Verhalten kannte sie von Sesshomaru. Sie hatte seine Aufmerksamkeit! "Glaube mir, du bist nicht der Erste, den er einfach so abschießt. Er ist hinterhältig und unfair! Überleg es dir lieber, ob du nicht besser..." "Schweig!" Kagome biss sich feste auf die Unterlippe. Verdammt, auf diese Nummer fiel er wohl doch nicht rein. "Du redest viel für einen Menschen. Aber gut. Die Informationen waren recht nützlich. Ich werde dich leben lassen." Erleichtert stieß sie die angehaltene Luft aus. Er ließ sie am Leben... "Aber deine Fähigkeit, die Splittler zu spüren, ist nervend. Ich werde dein Talent etwas einschränken." Er hob wieder seine Hand. Ein gebündelter Lichtstrahl schoss kerzengerade auf die Schwarzhaarige zu. Geschockt und außer Stande sich zu bewegen, sah sie ihrem Schicksal entgegen. Was meinte er mit einschränken? Angsterfüllt starrte sie auf den Lichtstrahl. Selbst, wenn ihr Körper ihr gehorcht hätte, mit diesem Fuß wäre sie nicht weit gekommen. >Scheiße!< schoss es ihr durch den Kopf. Und dann geschah es. Wie aus dem Nichts tauchte er auf. Sein Körper bebte, als er sich vor Kagome stellte und somit die Wucht des Angriffes abbekam. Es ging alles so furchtbar schnell. Binnen Sekunden war er zu Boden gesunken und rührte sich nicht mehr. Es dauerte mindestens eine Minute, bis sie verstand, was passiert war. "S-Sesshomaru!" Kagome schlang aus Reflex ihre Arme um seinen Hals. Tränen stiegen ihr in die Augen. Natürlich dachte sie zuerst, dass er tot sei. Doch der warme Atem, den sie nun in ihrem Gesicht spüren konnte, bewies das Gegenteil. Er lebte! Und damit war der Schockmoment vorbei. Ihre Wut kehrte stärker denn je zurück und sie schaute Makoto mit einem undefinierbaren Blick an. Allerdings hielt sie inne, als sie dessen Gesichtsausdruck bemerkte. War da etwa Mitleid oder gar Schuld zu erkennen? Glücklich sah er jedenfalls nicht aus. Makoto kam dieses Bild sehr bekannt vor. Er hatte diese Pose schon einmal gesehen. Damals war er es jedoch gewesen, der auf dem Boden gelegen hatte und eine aufgebrachte Reika hatte auf den Drachenyoukai eingeredet, der vor ihnen stand. Er hatte seine große Liebe beschützen wollen und musste dafür einen hohen Preis bezahlen. Wiederholte sich die Geschichte etwa? "Merk dir eins, Miko. Liebe ist überflüssig. Sie verletzt einen nur. Das betrifft besonders Menschen und Dämonen. Wenn du ihn wirklich liebst, dann lässt du ihn ziehen. Verlasse ihn, solange es noch geht!" Er machte auf dem Absatz kehrt. Obwohl er beide mit einem Schlag hätte vernichten können, tat er es nicht. Sie würden bald genug leiden, dafür hatte er gesorgt. Kagome blickte Makoto fassungslos hinterher. Das wars? Er ging einfach? "Komischer Kauz." murmelte sie. Ein kaum hörbares Stöhnen ließ sie nach unten gucken. Sesshomaru kam wieder zu sich. Er schlug die Augen auf. "Geht es dir gut? Du scheinst keine äußeren Verletzungen zu haben. Tut dir irgendwas weh? Sag doch was! Was hast du dir überhaupt dabei gedacht? Das war..." "Kagome." Sie zuckte, als er ihren Namen aussprach. "J-Ja?" "Du erdrückst mich." "Ach herrje! Entschuldigung!" Hastig ging sie etwas auf Abstand, um ihn wieder zu Atem kommen zu lassen. Er sagte nichts weiter zu ihrem Redeschwall, sondern richtete sich langsam und äußerst vorsichtig auf. Schmerzen hatte er keine, dafür aber ein viel größeres Problem. "Und?" fragte sie leise. "..." "Sesshomaru?" "..." "Was hast du, verdammt noch mal?!" "Ich sehe nichts." Kagome verkrampfte sich. Ihr Gehirn ratterte. Verzweifelt versuchte sie seine Worte zu begreifen. War er etwa...? "Ich bin blind, so wie es aussieht." sagte er ruhig und sachlich. "Siehst du gar nichts mehr? Nicht mal mehr Umrisse?" "Gar nichts. Alles ist dunkel." Stille. Beide schwiegen. Beide dachten etwas völlig Anderes. Während Sesshomaru damit zu kämpfen hatte, möglichst in Kagomes Gesicht zu schauen, was ja nicht so einfach war, kämpfte die Miko schon wieder gegen ihre Tränen. Nach endlosen Minuten des schweigens, fragte der Inu-Youkai: "Weinst du?" "Nein, ich doch nicht! Es ist ja auch mal wieder überhaupt nicht meine Schuld gewesen! Immer leiden die Leute, die sich wegen mir in Gefahr bringen. Du bist BLIND!!! Und wir wissen nicht, ob das für immer so bleiben wird. Mich sollte das treffen, nicht dich. Ich müsste jetzt wie ein blindes Huhn durch den Wald laufen, nicht du!" Platsch. Die erste Träne fand ihren Weg über ihre Wange auf den Waldboden. Sie war mit ihren Nerven am Ende. Es wäre wirklich besser, wenn sie tot wäre. Dann hätte zumindest Sesshomaru seine Ruhe. Die Idee mit der Brücke war gar nicht mal so schlecht... "Besser ich als du." meinte er leise. "Was? Wie kannst du so was sagen?" "Wenn es dich getroffen hätte, dann könntest du die Splitter nur noch spüren, aber nicht mehr sehen." "Das ist doch nicht wichtig!" "Doch, ist es." Er stand auf, was ziemlich wackelig und alles andere als elegant wirkte. Es war einfach erbärmlich und sorgte für einen neuen Tränenschwung. "Hör auf zu heulen! Du bist schlimmer als Inuyasha!" "Du wirst anders reden, wenn du zum ersten Mal gegen einen Baum gerannt bist." konterte sie und musste gegen ihren Willen schmunzeln. Auch Sesshomarus Mundwickel zuckten gefährlich weit nach oben. "Dann musst du dafür sorgen, dass das nicht passiert." "Wie denn?" Er hob seine rechte Hand ein Stück nach oben. Sie verstand sofort. Behutsam verschränkte sie ihre Finger ineinander. Seine Hand war angenehm warm. Ein Gefühl von Geborgenheit umgab Kagome, trotzdem konnte sie nicht aufhören zu weinen. Es ging nicht. "Werde zu meinen Augen." flüsterte Sesshomaru ihr ins Ohr. "Ich passe ab heute auf dich auf, dass verspreche ich hoch und heilig." wisperte sie zurück. "Und ich werde ganz bestimmt nicht gegen einen Baum rennen." "Das werden wir sehen." "Allerdings." "Sesshomaru?" "Hm?" "Sollen wir zurückgehen?" "Ja." Doch bevor sie losgingen, umarmte sie ihren Retter noch einmal so feste es seine Rüstung zu ließ. Sesshomaru hob seinerseits seinen Arm und umfasste ganz sachte ihre Taille, um sie nicht mit seinen Krallen zu verletzen. Er war zwar körperlich eingeschränkt, aber sein Herz wusste ganz genau, was er wollte. ******************************************************************************************** Und so geht es weiter: Ich denke, es ist klar, was Makoto mit "leiden" meinte. Jetzt müssen die Zwei zusammenhalten. Sie werden praktisch dazu gezwungen. Das hat seine guten, wie auch schlechten Seiten. Wir werden sehen, ob das Band zwischen Menschen und Dämonen wirklich nur oberflächlich funktioniert oder ob eine tiefere Verknüpfung möglich ist... ******************************************************************************************** Ihr werdet mich doch am Leben lassen? *sich vorsichtig umguck* Es hat nämlich mal wieder viel zu lange gedauert. Aber wenn man fast jeden Tag erst um halb sechs zu Hause ist, dann bleibt wenig Zeit zum Schreiben<.< Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat! LG SessFluff Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)