Novemberwind von abgemeldet (...auf der Suche nach der wahren Liebe) ================================================================================ Kapitel 12: Die Zeit soll stehen bleiben! ----------------------------------------- „Oh man!“ seufzte Simon und schlurfte träge zur Schule. Eigentlich hätte er sich lieber wieder in sein Bett verkrochen und die nächsten Jahrzehnte verschlafen. Doch leider hatte er da kein Widerspruchsrecht. Es wäre ja alles so schön gewesen, so perfekt. Gerade jetzt, wo er sich seiner Gefühle so bewusst war, musste alles zusammenbrechen! ‚Unfair!’ dachte er und seufzte noch einmal. „Simon!!!“ rief jemand lauthals. Er sah sich um. Fly kam von der Bahnstation winkend auf ihn zu gerannt. Strahlend bremste er, schnappte sich Simons freien Arm und schmiegte sich an ihn. „Einen wunderschönen guten Morgen,“ sagte Fly gut gelaunt; was Simon im Moment gehörig auf die Nerven ging, „Hmmm“, muffelte er und ging weiter. „Simon??“ Fly blinzelte verwirrt. „Hey, bleib stehen! Begrüßt man etwa so seinen Freund?!“ Der Kleine stellte sich ihm in den Weg und sah enttäuscht - trotzig zu Simon auf. ‚Oh mein Gott!’ Simon seufzte innerlich, als er diesen aufmüpfigen und doch so liebenswerten Gesichtsausdruck sah. Unmöglich sich da zurückzuhalten! Simon ging auf Fly zu, zog ihn an sich und verwickelte ihn in einen äußerst intensiven Kuss. Der Kleinere war dermaßen überrumpelt, dass er zu keiner Gegenwehr fähig war. Berauscht seufzte er leise und genoss die sanfte Zuwendung einfach. Diese Lippen… die Zunge… Simon löste sich und blickte Fly verliebt an. „Wow…“ keuchte er von roten Flecken geradezu übersäht. Sein kleines Herz schlug wild gegen seinen Brustkorb und er brauchte etwas bis sich sein Atem normalisiert hatte. „Begrüßung genug?“ fragte Simon etwas schelmisch grinsend. Seine trüben Gedanken waren wie weggefegt. Fly nickte träumerisch. „… daran könnte ich mich glatt gewöhnen.“ „Kein Problem,“ Simon nahm Fly bei der Hand. ‚Der Kleine ist aber auch zu süß!’ dachte er und verwarf seine eigentlichen Pläne. Er genoss es einfach mit Fly zusammen zu sein und zeigt ihm das immer wieder mit liebvollen Umarmungen und dem einen oder anderen Kuss. Ihm war völlig egal, ob man sie dabei anstarrte. So ernst wie es Simon war, wollte er jede Minute mit Fly auskosten. Doch seine hartnäckigen Gedanken konnte er doch nicht ganz aus seinem Kopf verbannen. In der freien Stunde holten sie ihn wieder ein. Er saß mit Fly im Gemeinschaftsraum auf dem Fensterbrett und lies die Zeit einfach vor sich hingehen. Fly hatte sich an ihn gekuschelt und die Augen geschlossen. Innerlich seufzte Simon, als er an den Morgen zurückdachte… ~ Gähnend betrat Simon die Küche. Er hatte schlecht geschlafen, da er am Abend zuvor noch lange mit seine Eltern diskutiert hatte. „Guten Morgen, Schatz“, sagte die Mutter und drückte ihrem Sohn einen Kuss auf die Stirn. „Hm…“, von gut konnte absolut nicht die Rede sein. „Ach Simon, jetzt nimm es doch nicht so schwer.“ „Dann sag mir wie das gehen soll! Gerade jetzt wo alles so gut läuft, da müsst ihr euch versetzen lassen!“ schimpft Simon ohne sich zurückzuhalten. Missmutig stocherte er in seiner Müslischüssel herum. „Simon, die Arbeit ist sehr wichtig“, begann sein Stiefvater, doch Simon hielt es nicht mehr aus. Er knallte den Löffel auf den Tisch und stand auf. „Alles klar! Und was mit mir ist, das ist wohl Nebensache? Ich bin wohl völlig unwichtig?!“ er stapfte aus dem Raum in sein Zimmer und warf sich ins noch zerwühlte Bett. Leika öffnete die Augen. Sie trottete heran, legte den Kopf auf die Matratze und begann Simon die Finger zu lecken. Sie mochte es nicht, wenn ihr Herrchen traurig war. Einige stille Minuten verstrichen. Dann kam die Mutter herein und setzte sich zu ihrem Sohn auf das Bett. „Simon, … ich kann verstehen, was in dir vorgeht, aber es ist leider nicht zu ändern“, begann sie ruhig. „Nicht zu ändern??? Es ist einfach unfair!!!“ rief Simon in sein Kissen. Erschocken schnaubte Leika. „Ja Schatz, aber sieh mal: wir sind doch nicht so weit weg. Du kannst jederzeit herfahren und ihn besuchen…“ „Nein!“ Simon hob gereizt den Kopf. „Genau das ist es! Ich will nicht einfach mal herfahren und Fly besuchen! Ich will ganz hier bleiben!“ Die Mutter sah ihn mitleidig an. „Dann hatte ich also Recht? Du magst Florian doch mehr, als du anfangs zugeben wolltest.“ Simon lies seinen Kopf wieder auf das Kissen fallen. „Ach Simon“, sie wuschelte ihm durchs Haar. „Vielleicht redest du erstmal mit ihm. Florian wird das sicher verstehen. Außerdem sollst du ihn doch nicht für immer aufgeben.“ ~ Pah! Das war doch das Letzte! Wie sollte er Fly bloß klar machen, dass er bereits nächste Woche in eine andere Stadt umziehen musste? Das konnte er nicht, er war sicher, das Fly das nicht ohne weiteres verkraften würde. Simon schlang die Arme um seinen Freund. Fly blinzelte und sah ihn an. Irgendetwas stimmte nicht. „Was ist denn los Simon? Du bist heute irgendwie so anders…“ Simon lächelte. „Tja, ich weiß auch nicht so genau. Mir ist eben heute so danach…. Aber wie könnte ich auch nicht….“ Fly blickte skeptisch. „… wo du doch sooo süß bist.“ Fly wurde schlagartig rot. „Ach Simon…“ ein wenig verlegen kuschelte er sich wieder in seine Arme. Zu Hause herrschte Unordnung. Überall standen Kisten herum und Zeitungspapier folg durch die Räume. Simons Muter war eifrig am Einpacken „Hallo Schatz“, lächelte sie. Simon ging in sein Zimmer und warf den Rucksack auf das Bett. Allein hier war den Umzugstrubel noch nicht angekommen. Simon weigerte sich auch strickt seine Sachen einzupacken. „Simon? Was hat er gesagt?“ seine Mutter stand hinter ihm. Er zog nur sie Schultern hoch. „Hast du überhaupt mit Florian darüber geredet? Simon stand eine Weile regungslos da. Dann schüttelte er den Kopf. „Ach Simon“, die Mutter wollte ihn umarmen, doch er entzog sich. „Ich kann das nicht! Auch wenn Fly es verstehen sollte, weiß ich nicht, ob er damit umgehen kann. Er ist noch immer nicht stabil und will nicht, dass er sich wieder etwas antut… wegen mir….“ „Vielleicht traust du Florian zu wenig zu. Ich denke schon, dass er es verarbeiten kann. Außerdem, je länger du es herauszögerst desto schwerer wird es. Ich kann dir sehr gut nachempfinden, was du durchmachst. Aber meinst du es wird besser, wenn du es verheimlichst? Versuch es doch wenigstens, rede mit Florian. Komm schon Schatz“, redete die Mutter auf ihn ein. Es behagte ihm zwar immer noch nicht, doch am Ende gab Simon nach. Es brachte nichts, die Nachricht noch weiter aufzuschieben. Für Fly würde es ein Rückschlag sein, das wusste Simon. Doch er selbst konnte schließlich dem selbst aufgebauten Druck nicht mehr standhalten. So hoffte er wenigstens die noch verbleibenden Tage mit Fly genießen zu können. „Meinst du nicht auch?“ fragte Simon selbst sehr unsicher. Fly saß zusammengekauert neben ihm auf der Bank. Den Kopf auf die angezogenen Knie gelegt blickte er trübsinnig geradeaus. Die Zweige der alten Weide bewegten sich sachte im Wind. Was er da von Simon erfahren hatte, waren alles andere als gute Nachrichten. Er fühlte sich von der Neuigkeit wie erschlagen. Sein Herz schlug unruhig und hektisch in seiner Brust. Simon würde also in ein paar Tagen wegziehen: das war der Fakt. Fly Verstand und seine Gefühle waren darauf nicht vorbereitet und so konnte er es im Moment auch nicht rational verstehen. Im Augenblick war ihm einfach nur zum Heuen zumute. Simon, seine geliebter Simon würde gehen, einfach so gehen und ihn allein zurück lassen. Ein sehr schmerzlicher Gedanke. „Fly, glaub mir“, Simon nahm ihn in die Arme. „Mich macht das genauso traurig wie dich. Ich wünschte auch ich könnte es irgendwie ändern…“ Fly klammerte sich an ihn und vergrub den Kopf an seiner Brust. Warum war das Leben nur so ungerecht zu ihm? Hatte er nicht wenigstens einmal etwas Glück verdient? Glück, was war das schon? Ein launisches Etwas, das immer nur bei denen zu Hause war, die es sowieso schon in Säcken horteten. Es was einfach unfair! „Du kommst mich doch aber bestimmt ganz oft besuchen?“ fragte Fly leise. Simon nickte und küsste ihn aufs Haar. „Versprochen! Sooft und wann immer du willst. Und ich komme einfach zu dir, wenn ich es nicht mehr aushalte….“ Es war Simons voller Ernst. Egal was seine Eltern dazu sagen mochten, wenn sie ihm schon von hier fortrissen, dann wollte er sich wenigstens dieses kleine Privileg herausnehmen. Koste es was es wolle! Vor Simons Wohnung verabschiedete sich Fly und nahm die Bahn. Am Fenster stehend hatte Simons Mutter die Szene zufällig beobachtet. Auch wenn sie nichts hören konnte, diese Umarmung sagte ihr viel mehr, als es mit Worten überhaupt möglich war. Sie steckte voller tiefer und inniger Zuneigung und Liebe, zeugte aber auch von unendlichem Schmerz. Seufzend wandte sie sich ab und überlegte. ‚Es ist nicht richtig Simon mitzunehmen’, dachte sie. Im Nebenraum hörte sie ihren Mann die Kisten packen. Was konnten sie tun? Die letzen Tage verdingen viel zu schnell. Simon und Fly verbrachten jede freie Minute miteinander. Das Packen überließ Simon seinen Eltern. Beide zählten die Stunden bis zum Abschied. Heute Abend… Fly hatte riesige Angst davor und auch Simon dachte unruhig an den Moment. Er nahte unaufhaltsam. Schweigend standen sie schließlich voreinander und sahen sich einfach nur an. So, als wollten sie sich das Gesicht des Anderen für immer detailgetreu, Millimeter für Millimeter, einprägen und als Erinnerung bewahren. Fly hielt es irgendwann nicht mehr aus und fing an zu weinen. Haltlos strömten die Tränen sein Gesicht herunter. Der Anblick zerriss Simon fasst das Herz. Auch er hasste Abschiede, doch dieser war bei weitem der Schlimmste; er leiß ihn an seine Grenzen gehen. Noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt. Selbst noch immer unfähig zu sprechen umarmte er Fly. ‚Simon darf nicht gehen! Ich will dass er hier bleibt!’ dachte Fly verzweifelt und klammerte sich an Simon. „Es tut mir so leid“, sagte dieser. Denn schon wieder war er der Grund für Flys Tränen. Er hatte sich geschworen ihn nie wieder zum Weinen zu bringen, doch heute war das wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Ihm selbst viel es schwer seine eigenen Tränen zurückzuhalten. In diesem so schmerzlichen Augenblick wurde Simon bewusst, wie sehr er Fly eigentlich liebte… „Fly … ich muss los…“ Zitternd ließ der Kleine ihn los. Noch immer liefen die Tränen sein Gesicht herunter. Simon nahm es in seine Hände und sah Fly an. „Auch wenn es schwer ist Fly, aber bitte gib nicht auf! Ich verspreche dir, so schnell ich kann bin ich wieder bei dir!“ Ein letzter Kuss, die letzte Umarmung. Der geräuschvoll heranrollenden Bus zum Bahnhof trennte beide. Er fuhr ab und nahm für Fly alles mit, was er hatte; alle Hoffung, alles was er liebte… „W-was??!“ Simon starrte seine Mutter ungläubig an und konnte es nicht fassen. Doch sie lächelte einfach nur und legte ihm den Wohnungsschlüssel in die Hand. „Aber…!“ „Simon, wir haben es so entschieden, denn auch wenn unserer Arbeit sehr wichtig ist, vor allem hast doch immer du Vorrang. Was nützt uns der Job, wenn du unglücklich bist? Deshalb, bleib du hier und wir fahren der Arbeit nach. Bleib hier am Ort deines Herzens.“ „Kannst du das bitte noch mal sagen?“ Simons Gedanken raßten. „Du darfst hier bleiben“, lachte die Mutter. Stürmisch umarmte Simon seine Eltern. „Danke, danke, danke! Ihr wisst gar nicht, was mir das bedeutet! Ich… wow…!“ er konnte seine Freude kaum in Worte fassen. „Ich weiß Schatz“, sagte die Mutter lächelnd. „Aber jetzt geh, ein weinendes Herz lässt man nicht allein!“ Das lies Simon sich nicht zweimal sagen und rannte los. Am Geländer der Brück lehnend blickte Fly trübsinnig ins graue Wasser des Flusses. Die Fluten suchten sich ihren Weg, fort von ihm und nahmen mit, was am ihnen gab. Seufzend betrachtete er das Bild in seinen Händen. Darauf waren sie beide, Simon und er. Und Leika, die treue Hündin, nicht zu vergessen. Wenn er doch die Zeit zurückdrehen könnte. Noch immer hörte er ihr Lachen und Leikas fröhliches Bellen, als sie über die Parkwiesen rannten. Doch das ist vorbei… „Hm?“ Fly hob etwas den Kopf. Das war doch ein Hund, der da bellte. Als er sich umsehen wollte, wurde er auch schon angesprungen. Freudig mit dem Schwanz wedelnd, wollte der Hund ihm das Gesicht lecken. Er sah aus wie Leika…. Moment! „Leika??? Was machst du denn hier?“ die Hündin bellte einmal zur Bestätigung und wollte Fly erneut bestürmen. Doch der war vollkommen abwesend. Sein Blick hing gefesselt an einer Person, die am anderen Ende der Bücke stand. Die Brille hing ihm etwas schief auf der Nase, das Haar war zerzaust und er versuchte erst einmal wieder zu Atem zu kommen. „Simon??“ Der Angesprochene überwand die letzten trennenden Meter und schloss Fly in die Arme. Der ließ das Bild aus seinen Händen fallen. Der Fluss nahm es auf und trug es mit sich – nahm die Vergangenheit mit, denn Simon war keinen Erinnerung mehr, sondern Realität. „Ich kann doch nicht einfach gehen und dich hier allein lassen“, sagte Simon. „Aber wie…?“ Fly war überwältigt. „Was auch immer bewirkt hat, dass meine Eltern es sich anders überlegt haben…“ vielleicht fand er später noch Gelegenheit alles genauer zu erklären. In Moment zählte nur eins: Fly und seine eigene übergroße Liebe zu ihm. Jetzt sah er sich auch endlich im Stande auszudrücken, was er fühlte. „Du glaubst nicht, wie ich dich vermisst habe. Auch wenn wir nur für so kurze Zeit getrennt waren…. Nie wieder werde ich dich allein lassen! Dafür liebe ich dich viel zu sehr!“ Mit diesen Worten zog er Fly noch enger an sich und küsste ihn, wie er es noch nie getan hatte. Fly war gefallen, doch wieder hatte Simon ihn aufgefangen. Und es war gut so, alles war gut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)