Blütentanz von Alma (Die Stille nach dem Sturm) ================================================================================ Kapitel 2: Überreste -------------------- Kapitel 2: Überreste Sakura wurde durch den stechenden und rußigen Geruch geweckt, der durch das Haus bis oben in ihr Zimmer stieg. Sie wusste ihn zu deuten, doch noch malten ihre Erinnerungen keine Bilder. Müde blinzelte sie und drehte sich auf ihren Rücken. Lag Gefahr in der Luft? Selbst wenn – sie war viel zu müde um sich Gegnern zu stellen. Ihre Ninjareflexe waren eher ein Relikt aus alter Zeit als ihr wirklicher Wille zum Kampf. Da sie noch immer Tsunade unterstand, wurde sie nicht mehr auf Mission geschickt und hatte so seit einiger Zeit keine Erfahrung im Kampf mehr. Sie wollte das auch nicht mehr, ihr reichte es wenn sie mit Shizune tagtäglich nach Medizin suchte und seltene Kräuter mischte um die Gesundheit ihrer Mentorin zu bessern. Sakura wusste ja selbst dass es töricht war. Tsunade konnte nicht mehr geholfen werden. Keine materielle Medizin der Welt konnte ihr helfen, der Grund für ihre Krankheit lag in ihrem Kopf – ihrer Seele. Sie hatte darüber mal ein Buch gelesen, es handelte mit dem Zusammenwirken der inneren Organe mit dem Gehirn – mit dem Stressempfinden des Menschen. Wenn der seelische Stress sich noch in Grenzen hält wird normales Adrenalin ausgeschickt, später – bei langanhaltendem Stress – kommen andere Hormone wie Cortisol hinzu, die den Körper versuchen leistungsfähig zu halten. Wenn sich dieser Zustand jedoch nicht ändert, kann der Körper keine den Stoffwechsel anregenden Hormone mehr produzieren – der Körper erkrankt, bricht zusammen, laugt aus. Gefäßschäden, Magenschmerzen, Übelkeit, Depressionen, Herzinfarkt. Sakura wusste, dass Tsunade nicht mit Medizin zu helfen war, sie litt wohl am meisten durch die Verluste vor einem Jahr. Und obwohl sie es wusste, forschte sie jeden Tag nach einem Mittel – wahrscheinlich um ein gutes Gewissen zu bewahren. Natürlich war es erbärmlich. Wieder drang ihr dieser seltsame Geruch in die Nase und ein unheilvolles Klirren mischte sich hinzu. Wurde Konoha wirklich angegriffen? Sie wische sich über die Stirn und richtete sich langsam auf. Ihre Augen brauchten ein wenig um sich an die Helligkeit zu gewöhnen und erst nach einigen Minuten bemerkte sie, dass sie in Kakashis Zimmer war. Langsam kehrten ihre Erinnerungen zurück. Sie hatte geweint, sie war schon wieder neben ihm eingeschlafen. Schweigend verinnerlichte sie diese Fakten, es warf keine Gefühle in ihr auf. Keine Scham, keine Wut, keine Enttäuschung, keine Dankbarkeit. Es war eben passiert. Erst jetzt bemerkte sie, dass Kakashi nicht hier war. War er etwa unten bei dem Kampf? Stumm stand sie auf – noch immer in ihrem grünen Pyjama mit den gelben Fröschen darauf. Sie würde unten einmal nachsehen und wenn es wirklich ein Angriff war würde sie halt kämpfen. Oder auch nicht – kam ganz auf ihre Lust an. Widerwillig schlurfte sie aus dem Zimmer die Treppe herunter, das Klirren wurde dabei lauter und der Geruch intensiver. Es roch beinahe so als würde das ganze Haus in Flammen stehen – traurigerweise waren ihre Ninjakenntnisse jedoch so ausgefeilt, dass sie das mit Sicherheit ausschließen konnte. Zu wenig Rauch, der Geruch zu fad und keine Wärme im Haus. Es interessierte sie schon gar nicht mehr was überhaupt los war, nur ihre Gewohnheit trieb sie noch voran bis auf die letzte Stufe. Hier schaute sie sich stumm um und erkannte was vorgefallen war. Kakashi stand am anderen Ende des Zimmers in der Küche und hantierte hastig mit den Kochutensilien herum. Als er bemerkte, dass sie ihn ansah, kratzte er sich verlegen am Kopf und lächelte entschuldigend. »...Ich hab versucht Frühstück zu machen...« Emotionslos kam sie auf ihn zu und betrachtete das Chaos, das er angestellt hatte. Die Spiegeleier waren schwarz wie Kohle, der Fisch war in der Pfanne angebacken und der Reis lag überall verstreut. Unsicher sah sie ihn an. Warum hatte er überhaupt gekocht – sie wussten doch beide, dass er in der Küche eine Niete war. »...Ich wollte dich nicht wecken, du hast noch immer geschlafen...« brachte er leise heraus. Sie stahl sich seufzend an ihm vorbei und begann Ordnung zu machen »...Du hättest mich wecken sollen.« »Tut mir leid.« »...« Unruhig bemerkte er ihr hartes Schweigen, dass seinem Ego einen tiefen Stich verpasste. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, begann er ihr zu helfen und die Überreste seines Chaos zu beseitigen. Er hätte wirklich gern ein halbwegs essbares Frühstück gemacht, denn sonst übernahm sie diese Rolle immer. Er wollte ihr wirklich gern etwas zurückgeben von dem was sie für ihn tat, doch er wusste nicht was. Enttäuscht schielte er zur Seite auf die große Uhr, die an seiner Wand hing. 09:01Uhr zeigte sie unter dem leisen Ticken des Sekundenzeigers an. Er seufzte innerlich, mit Frühstück würde es wohl eh nichts mehr werden. Es dauerte etwa 10 Minuten bis die Küche wieder so aussah, wie sonst – unbenutzt. Kakashi hatte sich inzwischen angezogen und in seine Stiefel gezwängt, als ein junges Mädchen in den Vorraum trat. Er schielte zu ihr zurück, sie trug noch immer diesen bunten Pyjama. »Ich muss heute auf eine Mission, ich weiß nicht wie lange ich weg sein werde.« »Hmhm...« nickte sie ihm zu. Mit einem leicht mutlosen Lächeln winkte er ihr zum Abschied »...Pass auf dich auf...« »...« sie gab keine Antwort. Leicht seufzend blickte er sie noch einmal an und schloss dann die Tür hinter sich. Zurück blieb Sakura, stumm und reglos. Noch einige Minuten lang stand sie so da, erst dann drehte sie sich um und ging die Treppe hinauf um sich umzuziehen. Auch ihr Tag hatte einiges zu bieten. ~ ~ ~ Es war nicht lange her seit sie Kakashis Wohnung verlassen hatte und sich auf dem Weg zu ihrer ersten Station befand. Sie begann auch diesen Tag wie jeden Tag ihres Lebens apathisch. Egal was sie zu erledigen hatte, sie tat es ohne den geringsten Deut an Leidenschaft. Es war halt ihre Arbeit. Sie konnte sich noch nicht einmal für die Rettung ihre Mentorin begeistern, Sakura hatte Tsunade sowieso längst aufgegeben – so wie sich selbst. Es machte also keinen Unterschied. Mit halb geschlossenen Augen taumelte sie durch die Stadt zu ihrem ersten Ziel. Es lag nahe ihrer eigentlichen Wohnung. Als sie in die Straße einbog, konnte sie bereits in der Ferne den bunten Laden sehen, an dem frische Blumen zum Verkauf nach draußen gestellt waren. Stumm ging sie auf das Geschäft zu und betrat es begleitet von dem leisen Klirren des Windspiels, das am Rahmen festgemacht war. Eine hübsche Blondine neigte ihren Kopf zu ihr und lächelte. »Guten Tag... ach du bist´s Sakura. Das ist aber eine Überraschung!« »Hallo Ino...« erwiderte Sakura tonlos und nahm an dem kleinen Tisch in der Ecke Platz. Ino lächelte freundlich und kam zu ihr »Möchtest du einen Tee?« »Nein, danke.« »Ok.« nun setzte sie sich endlich zu ihr an den Tisch und musterte sie neugierig. »Und? Was führt dich zu mir?« Ohne ihr einen Blick zu schenken breitete sie Karten und Papiere auf dem Tisch aus und fuhr mit den Fingern Kurven und Linien »Tsunade-sama braucht dich für eine Mission. Morgen früh wirst du mit einer Ge-ningruppe zusammenstoßen und ihr bei ihrer Mission Geleit verschaffen. Ziel ist das Flussland westlich von hier. Ihr müsst eine Person beschützen, die dort hinreisen möchte. 09:45Uhr am Westtor.« Ino lächelte unter einem verzagten Seufzen »Ich hatte gehofft, dass du wenigstens ein einziges Mal zum Reden gekommen wärst.« »...Im Gegensatz zu dir muss ich arbeiten.« gab Sakura trocken zurück. »Ich lasse mich nicht mehr von dir provozieren,... außerdem musst du deine schlechte Laune nicht an mir auslassen!« etwas aufgebracht stand Ino auf und ging auf die andere Seite des Zimmers. Dort blieb sie kurz stehen, atmete tief durch und griff nach einer einzelnen Margarite. Ihre Stimme war nun wieder ruhiger »Du gehst heut Sai besuchen, nicht wahr?« »...Ja...« Sie drehte sich wieder um und lächelte unglücklich »Gibst du ihm die von mir?« »...In Ordnung...« Sakuras Blick war ausdruckslos. Ino kam mit geschlossenen Augen wieder auf sie zu und legte die Blume behutsam auf den Tisch »Ich wünschte du würdest noch etwas bleiben und mit mir reden. Wir sehen uns kaum noch und... ich bin sehr einsam.« »Du hast doch Shikamaru.« hakte sie sofort ein. Ihre alte Freundin errötete und winkte schüchtern ab »Das ist etwas anderes!« Seufzend legte das junge Mädchen mit den rosafarbenen Haaren ihren Kopf in ihre Hand und sah zur Seite »...Wie läuft es so bei euch?« »Gut-gut,... wie immer.« gab sie schüchtern zurück. Kurz schwiegen beide. Sakura war in Gedanken versunken. Sie musste an die beiden denken. Nachdem Chouji damals umgekommen war, waren Ino und Shikamaru immer näher zusammengewachsen. Vielleicht versuchten sie so seinen Tod zu verarbeiten. Es war nicht lange her, seit sie ein Paar wurden. Es störte sie ungemein, dass die beiden glücklich waren. Es führte ihr wieder einmal vor Augen, dass sie es nicht war. Was hatten diese beiden getan, dass sie es verdienten gemeinsam glücklich zu sein?! Das war nicht fair. Warum war es Sakura die am meisten litt? Naruto, Sasuke, Sai, Yamato, Tsunade. Hatte sie das verdient? Ihrer Meinung nach nicht. Zorn brodelte in ihrem Herzen auf, doch sie riss sich zusammen. Sie stellte ihr Gehirn auf Apathie um. Sakura wollte sich nicht immer von ihren dummen Gefühlen beherrschen lassen. Mit leerem Blick sah sie in Inos Richtung. »Und, habt ihrs schon gemacht?« »Bitte?« Ino war sichtlich verwirrt. »Also nein.« stellte sie fest. »Wie kommst du denn jetzt darauf?« man merkte ihr an, dass sie völlig aus dem Konzept gebracht worden war. Sakura sah sie ruhig an »Nahja, ihr seid jetzt doch schon ne Weile zusammen. Wollt halt wissen ob ihrs schon gemacht habt.« »...« Ino starrte zu Boden und scharrte mit dem Fuß etwas auf dem Boden herum. Ihr Kopf wurde plötzlich rot »...Nun ja,... wir habens schon ein zwei Mal getan...« »Wie wars?« »Sakura!« Ino sah sie pikiert und peinlich berührt an »Seit wann interessieren dich denn solche Sachen?« Ihr Blick war gelangweilt »...Du bist ganz schön bieder, Ino. Erst sagst du, du willst reden und nun willst du doch nicht.« »Das... sind zwei verschiedene Schuhe. ...Du gehst ein bisschen weit in meine Privatsphäre hinein.« sie schielte unsicher zur Seite. Ihr Gegenüber seufzte »Erzählst du es mir nun, oder nicht?« »...« Ino musterte sie stumm, dann verknoteten sich ihre Finger und ihr Blick trieb in die Ferne »...Wenn es dich interessiert.« »Ja!« das „Nun mach schon“ konnte sie sich gerade noch verkneifen. »Also, ok. Ja,... es war schön...« »Hat es weh getan?« »Nur am Anfang ein bisschen.« »...Und danach...?« Sie lachte »...danach war es einfach unbeschreiblich!« Sakura sah ernüchtert zur Seite. Sie wollte gar nichts mehr davon erfahren. Ihr hing es schon jetzt zum Halse heraus. Plötzlich stand sie auf und warf sich ihre Tasche um die Schulter. »Sorry, Ino. Ich muss gehen. Hab vergessen, dass ich noch was erledigen muss.« »Was? Schon?« sie stand ebenfalls auf. »Ja, tut mir leid.« Inos Herz schlug sehr schnell, denn sie wusste nicht was plötzlich los war »Aber aber... wir waren doch mitten im Gespräch!« Sakura schenkte ihr einen kalten Blick »...Ich habe Dinge zu erledigen, das hat Priorität!« Ernüchtert seufzte sie und ging dann wortlos hinter den Tresen. Nachdem sie einen Brief hervorgeholt hatte, ging sie wieder auf ihre alte Freundin zu »...Dann habe ich hier etwas, dass du erledigen sollst. Es ist ein Schreiben von Tsunade an Team Kurenai. Ich habe es heut früh bekommen, aber noch nicht die Zeit gehabt es zu überliefern. Es dürfte kein Umweg für dich sein, oder?« »Leider nein...« ruppig griff sie nach dem Stück Papier und wandte sich um. »...Bis bald...« Inos Stimme war leise, aber dennoch gut zu hören, für eine gewisse Frau die stürmisch aus dem Laden trat. Draußen angelangt verlangsamte sich ihr Schritt wieder – ihre Hand, die das kleine Stück Papier gnadenlos zerknüllte, verlor jedoch nicht an Stärke. Mit einem tiefen Atemzug versuchte sich die junge Frau zu beruhigen. Wann hatte sie das letzte Mal so einen „Anfall“ gehabt? Sakura konnte es nicht sicher sagen, aber eine Weile war es wohl schon her. Angespannt wich ihr Blick zur Seite und beobachtete das Geschehen in den Seitengassen der Straße. Aber was sollte sie denn dagegen tun? Sie hasste es nunmal wenn irgendwer in ihrer Nähe so glücklich tat. Niemand war mehr glücklich, sie sollten sich endlich daran gewöhnen! Entweder waren alle glücklich oder keiner. So sah sie die ganze Sache. Ernüchtert seufzte sie sich ihre Wut aus dem Kopf und versuchte sich wieder auf den Tagesablauf zu konzentrieren. Als nächstes musste sie also zum Hyuuga-Dojo – er war nicht weit entfernt, wie sie an der großen Kaufhalle rechts von sich bemerkte. Vielleicht noch eine Meile, jedoch hatte Sakura sowieso ein anderes Entfernungsempfinden als andere. Für sie war eine Meile nicht weit. So schlurfte sie halb apathisch, halb gedankenverloren durch Konoha. Und je weiter sie lief umso mehr drängte sich ein Gedanke in ihr Herz. Wie war es wohl mit einem Mann zu schlafen? Zum Glück war sie so abgehärtet, dass ihr jede Art von Scham erspart blieb – deswegen konnte sie sich die nächsten Minuten auch ausführlich ausmalen wie es wohl war. Ino hatte gesagt es würde weh tun – anfangs. Was war das wohl für ein Schmerz? So eine Art Schmerz, den man verspürt, wenn man ein Schwert in die Brust bekommt? Oder das Empfinden, wenn man durch Feuer verbrannt wird? Oder vielleicht etwa so wie wenn man traurig ist? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Das männliche Glied hatte sie nun schon des öfteren gesehen – vor einem Jahr gab es viele die dort Verbrennungen erlitten hatten, oder denen in Beckennähe Waffen eingehämmert worden waren. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass so etwas seltsames eine Frau glücklich machen konnte. Es war doch nur ein Stück Haut. Ihr Blick ging kurz zur Seite, um sich zu vergewissern wo sie war, dann wandte sie sich wieder ihren Gedanken zu. Ob Sex nur schön war, wenn man mit einem Mann schlief, den man auch liebte? Oder konnte man es auch mit jedem beliebigen tun? Bei diesem Einfall musste sie an ihre Kollegen denken. Wie wäre es wenn sie es mit Kiba treiben würde? Oder mit Neji? Oder... wie wäre es mit Sasuke gewesen? Ein leises Zischen entfloh ihr. Sie wollte nicht mehr an Tote denken, das hatte sie sich geschworen – vor allem nicht an Sasuke. Er hatte ihr sowieso nichts als Leid eingebracht. Kurz verstummte sie innerlich, dann fingen ihre Gedanken wieder an zu spinnen. Sie wollte sich vorstellen, wie sie es mit Neji tat. Er war ein toller Mann: muskulös, gut aussehend, intelligent – was wollte eine Frau mehr. Also orientierte Sakura sich daran, an dem was andere Frauen anziehend finden würden. Ob Neji zärtlich war? Oder würde er einfach loslegen würde ohne sie zu beachten? Sakura lachte trocken – es konnte ihr doch egal sein was von beiden passieren würde, sie erhoffte sich sowieso nicht allzuviel von Sex. Sie wusste nicht so recht, ob sie überhaupt einmal Sex haben wollte. Immerhin hatte sie ihn bisher auch nicht gebraucht, so wichtig und toll konnte er also nicht sein. Seufzend entschloss sie sich dieses Thema sein zu lassen, sie war sowieso kurz vor dem Hyuuga-Dojo. Es lenkte sie nur von ihren eigentlichen Aufgaben ab. So stellte sie ihr Gehirn abermals auf „stumm“ und betrat den Garten der Hyuuga. »Oh, Sakura. Was machst du denn hier?« klang es leise von einer noch immer schüchtern geblieben Kunoichi am anderen Ende es Hofs. Das Mädchen mit den rosafarbigen Haaren kam unbeeindruckt auf sie zu »Erledigungen.« Lächelnd nickte Hinata »Oh, also wie immer.« Sakura gab ihr das Stück Papier, das sichtbare Spuren von ihrer Wut hinterlassen hatte »Ein Schreiben von Tsunade an Team Kurenai – mehr weiß ich auch nicht.« »Oh...« wisperte die Schwarzhaarige, während sie den Brief vorsichtig öffnete und danach sorgfältig las. Ihre Miene blieb unverändert »Vielen Dank.« »Ist mein Job.« gab sie trocken zurück. »Wer ist dort, Hinata?« Sakura drehte sich stumm um. Sie sah einen großen Mann im Rahmen des Hauses stehen, mit einem langen Stock in der Hand und einem Verband um die Augen. Hinata lächelte mutlos und sah ihren Bruder lange an. »Sakura – sie hat ein Schreiben von Tsunade-sama an mich überbracht.« »...Aha...« erklang es müde von der anderen Seite. Sakura seufzte und stemmte ihre Hand in ihre Taille »Hast du wieder versucht deine Augen zu öffnen, Neji? Sicherlich, sonst würdest du diese Binde nicht tragen, was? Wie oft muss man dir noch sagen, dass du nie wieder sehen kannst? Akzeptier das endlich!« Hinata schenkte ihr einen verunsicherten und verängstigten Blick, Neji stand nur stumm an der Wand und umklammerte den Griff seines Stocks. Seine Stimme war erschreckend kühl und ruhig. »Behalt deine Weisheiten für dich, Sakura. Im Gegensatz zu dir haben noch nicht alle hier aufgegeben. Denk daran, dass wegen deiner Inkompetenz einige unserer Kameraden sterben mussten. Also zieh Leine, wenn du hier nichts zu tun hast!« Sie hätte gern süffisant gegrinst, doch etwas tief in ihrem Inneren hielt sie davon ab. Es war klar auf was er anspielte: Lee, bei dessen Anblick sie damals den Verstand verloren und falsche Operationen durchgeführt hatte. Dennoch, ihr Kommentar dazu konnte sie sich nicht verkneifen. »...Sicher, sicher, Neji-kun. Aber dafür haben einige gelernt nicht mehr Vergangenem nachzuhängen. Täte dir vielleicht auch einmal gut!« »Verschwinde!« zischte er bedrohlich leise. »...« Sakura starrte ihn verachtend an, obwohl sie sich bewusst war, dass er es nicht sehen konnte. Tonlos setzte sie sich in Bewegung und verließ den Dojo gen Norden. Fast wäre ihr der Kragen dann gänzlich geplatzt,als sie auch noch Kiba, Shino und Kurenai in ihre Richtung kommen sah. Auf das freundlich „Hey Sakura“ der drei entgegnete sie nur einen bösen Blick, bevor sie davonrauschte. Warum fing ihr Tag nur so grandios schlecht an? Erst diese selbstgefällige dumme Ziege Ino, dann dieses arrogante Arschloch Neji und jetzt auch noch dieses beschissen glückliche Team Kurenai. Natürlich hatten sie einen Grund zu lachen – immerhin bestand dieses Team noch aus allen Mitgliedern. Sakura raste vor Wut und hätte am liebsten laut losgeschrieen oder jemanden verprügelt. Sie hasste sie alle, diese Nichtskönner, diese Versager, diese hoffnungslosen Optimisten. Was hatte man schon davon, wenn man das Beste aus seiner Situation zu machen versuchte? Es brachte einem gar nichts! Niemand hatte ihr zu sagen, was sie tun sollte! Sie war die einzige von all diesen Idioten, die etwas auf den Kasten hatte! Also sollten sie nicht so anfangen! Wutschnaubend lief sie durch die Straßen und ließ den ungewohnten Sturm hinter ihrer Stirn weiter tobten. Schon seit Monaten hatte sie sich nicht mehr so sehr aufgeregt, doch es tat gut. Es tat wirklich gut. Es dauerte ungefähr zehn Minuten bis sie sich wieder beruhigt hatte. Nüchtern ließ sie die Leere wieder in sich eindringen. Sie egalisierte das ganze schnell auf eine Kleinigkeit, die man vergessen sollte. Morgen würde sie wieder in der gleichen Lethargie vor ihre „Freunde“ treten wie immer, so tun als ob nichts der gleichen geschehen wäre. Ganz langsam atmete sie aus und schloss die Augen. Aus den Tiefen ihres Gehirns schlich sich ein Gedanke, der für längere Zeit ihr Denken verstummen lassen sollte. Also konnte sie es sich erstmal abschminken, dass sie mit Neji schlafen würde. ~ ~ ~ Etwa eine halbe Stunde später war sie an der nächsten Station ihres Tages angelangt, was vor allem daran lag, dass sie seit dem Besuch bei den Hyuugas langsamer gelaufen war. Fast schon ehrfürchtig glitt ihr Blick nach oben und sie blieb für einen Moment stehen. Sie kam etwa einmal in der Woche hierher um nach ihm zu sehen. Früher war sie öfter hier, doch sie hatte sich dazu gezwungen es zu verkürzen. Seitdem ging es ihr besser, weil sie nicht immer drauf hoffte, dass er aufwachen würde. Mit gesenkten Blick betrat sie die weißen Hallen des Krankenhauses. Sai lag im ersten Stock, ganz hinten am Gang. Die anderen Komapatienten hatten sie bereits abgeschaltet, warum er hier noch liegen musste konnte sich Sakura nicht erklären. Wie groß war schon die Chance, dass ein Komapatient nach einem Jahr aufwachte? Ihr wäre es ehrlich gesagt lieber, wenn sie ihm endlich die Geräte abstellen würden. Dann wäre endlich auch das letzte Fünkchen Hoffnung in ihr gestorben. Es war anstrengend immernoch zu hoffen, obwohl das Gehirn schon lange „Nein“ befahl. Mutlos lächelte sie und betrat das leere Zimmer. Der junge, schwarzhaarige Mann lag in einem weißen Bett, mit einer Infusionsnadel am rechten Arm und einer Atemmaske auf dem Mund. Sein Gesicht war fahl und unter seinen Augen hatten sich leichte, graue Ringe abgezeichnet. Sakura war sich sicher, dass er litt. Sai war ihr mit der Zeit sehr ans Herz gewachsen. Er hatte sie oft gemalt, er meinte sie sähe hübsch aus. Die junge Frau lächelte und setzte sich auf einen Stuhl neben sein Bett. Ja, er hatte sich sehr bemüht mit den Menschen umzugehen. Er war ein toller Mann gewesen. Ruckartig hielt sie inne, denn sie spürte wie Tränen in ihr aufkamen. Störrisch schluckte sie sie herunter und schloss ihre Augen für einen Moment. Sie würde nicht mehr weinen, nein nie mehr. Einige Augenblicke lang schwelgte sie in der Vergangenheit, dann öffneten sich ihre Lider einen Spalt und sie musste sich abermals eingestehen, dass das hier die Realität war. Ernüchtert glitt ihr Blick zurück auf die Gestalt ihres ehemaligen Teammitglieds. Er war ganz und gar nicht so, wie sie sich einen Komapatienten früher immer vorgestellt hatte. Sie hatte immer gedacht sie würden so aussehen, als würde sie schlafen - nicht als würden sie sterben. Sie dachte immer sie würden einfach so daliegen, ohne diese ganzen Gerätschaften und so. Ein trockenes Lächeln benetzte ihre Lippen. Vielleicht lag es auch nur an Sai, immerhin war er auch nie so gewesen wie die anderen ihn haben wollten. Reflexartig strich ihr Blick durch das Zimmer und verharrte jäh auf einer Vase, welche auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Bett stand. In ihr ruhte eine weiße Lilie, halb verwelkt mit braunen Rändern und einem schwammigen Stiel. Sakura musste lächeln – es war die Blume, die Ino ihr letzte Woche für ihn mitgegeben hatte. Bei diesem Gedanken öffnete sie erschrocken ihre Tasche, hatte sie die Margerite denn mitgenommen, die Ino ihr vorhin gegeben hatte? Zu ihrer Überraschung befand sich die Blume wirklich in ihrer Tasche, schon etwas zerquetscht aber immer noch gut erhalten. Stumm seufzte sie darüber und stand auf um die Blumen auszutauschen. Ino hatte wohl an alles gedacht, sie musste sie ihr wohl unbemerkt zugesteckt haben, bevor sie aus dem Laden gestürmt war. Ein kaltes Kichern entfloh ihren Lippen. War Sakura denn wirklich so berechenbar? Ihre Augen wurden traurig und leer. Sie hoffte nicht. Noch eine Weile blieb die junge Shinobi bei ihrem alten Freund, saß stumm neben ihm und starrte ihn an. Sie wusste nicht ganz ob sie ihn schon aufgegeben hatte oder nicht. Sie wusste auch nicht was sie tun würde, wenn er wirklich aufwachen würde. Diese Möglichkeit war einfach so weit in die Ferne gerückt, dass sie unvorstellbar geworden war. Damals hatte es noch geschmerzt, wenn sie hergekommen war – heute war es ein Teil der Pflichten geworden. Bis auf diese seltenen Momente waren Gefühle aus ihrem Leben verbannt worden. Es lebte sich nunmal viel einfacher wenn man alles gleichgültig begann und beendete. Es war der Weg, den Sakura gewählt hatte. Und sie war in der Tat zufrieden damit. Der Weg des geringsten Widerstands. Wie immer ging Sakura nach einer viertel Stunde aus dem Krankenhaus – auch diese Zeit hatte sie sich zurechtgelegt, damit sie ihre Hoffnung zügelte. Lustlos ging sie nun ihren Weg zu Ende, zu den großen Steinköpfen hin. Manchmal hasste sie es, dass jeder Tag gleich war, dass jeder Tag nur Pflichten hatte. Meistens aber war es ihr egal – wie so vieles in ihrem Leben. Es war fast Mittag als sie das Haus der Hokage erreichte. Ihr Kopf schwankte müde nach oben und vor ihr bot sich das Panorama der gemeißelten Steinwand. Einige Sekunden lang betrachtete sie es, starr und ohne die Lider zu schließen. Erst als ihre Augen zu brennen anfingen, senkte sie ihr Haupt wieder. Sie atmete kurz flach, dann begann sie gedankenleer wie jedes Mal ihre Arbeit. ~ ~ ~ Kakashi wartete schon eine Weile auf dem Vorplatz des Hauptgebäudes, der Himmel über ihm färbte sich bereits rot – es wurde Abend. Es war lange her seit er das letzte Mal nach der Arbeit auf sie gewartet hatte. Er wusste selbst nicht was ihn dazu getrieben hatte – vielleicht hatte er sich nach ihr gesehnt. Vielleicht hatte er sich aber auch nur Sorgen gemacht. Aber ganz egal warum er es tat, er hätte sowieso nicht anders gekonnt. Seit den Geschehnissen gestern Abend hatte er sich etwas vorgenommen: er wollte Sakura beschützen, mit allem was er besaß. Er wollte ihr helfen, sie wieder fröhlich stimmen und ihr beiseite stehen. Vielleicht würde es auch ihm dann wieder besser gehen. Kakashi verstummte innerlich und legte seinen Kopf für einen Moment in seine rechte Hand. Zumindest hoffte er es. Plötzlich verdunkelte eine Silhouette den Boden neben ihm und erregte seine Aufmerksamkeit. Ein Mädchen stand da, mit smaragdgrünen Augen und rosafarbenen Haaren. Ihr Ton war sarkastisch angehaucht. »Wartest du etwa auf mich?« Kakashis grinste schief »Auf wen denn sonst? Hast du Hunger? Wollen wir Süßigkeiten essen gehen?« Sakura seufzte zufrieden »...Von mir aus.« Hastig stand der Ninja auf und legte sein Hand auf die Schulter der kleinen Frau »Na dann lass uns gehen! Sonst hat er schon zu, wenn wir kommen!« Innerlich musste Sakura lächeln. Es stimmte, jeder Tag ihres Lebens war langweilig und öd – anstrengend und lästig. Doch wenn sie bei Kakashi war, fing es an besser zu werden. --- Hallöchen! Es tut mir, leid dass das alles so lange gedauert hat :( Irgendwie hab ich eine permanente Schreibunlust. Ich fang vieles an und hab nie wirklich Lust es zu beenden. Aber jetzt ist erstmal das Kapitel fertig. Wie versprochen benimmt sich Sakura auch ziemlich exzentrisch. Richtig „lustig“ wird es dann jedoch erst, wenn Kakashi wieder ins Spiel kommt. Das nächste Kapitel könnte schon adult sein (nicht, was ihr jetzt denkt ;x). Aber mal sehen. Ich bin übrigens kein InoxShika-fan. Mir sind diese beiden sogar ehrlich gesagt egal ;) also bitte hasst/liebt mich jetzt nicht für das Pairing. Hat halt gepasst. Ok, das wars erstmal. Hoffe, ich hab jetzt nicht alle verschreckt weil Sakura so komisch ist. Nahja, danke trotzdem fürs lesen :) Alma --- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)