Das Erbe des Uchiha-Clans von Linchan (SasuSaku + Kinder + Kindeskinder) ================================================================================ Epilog: Epilog -------------- Drei Jahre und zehn Monate später. –– Mikoto erwachte durch ein eigenartiges Geräusch. Es war eine Mischung aus Kratzen und Quietschen und als sie es nicht einordnen konnte in die Liste der ihr bekannten Geräusche, schlug sie alarmiert die Augen auf und sah sich um. Im Schlafzimmer war es zappenduster; es war Januar und bis die Sonne aufging würden noch einige Stunden vergehen. Sechs Uhr morgens, rief Mikoto sich ungläubig die Uhrzeit vor Augen. Was zum Geier ist das für ein Geräusch vor der Tür?! Sie setzte sich schlaftrunken im Bett auf, da verstummte das Geräusch – und nach etwas Gepolter und noch einem Quietschen ging plötzlich die Tür auf und schwang nach innen; an ihrer Außenseite klebte ein größerer Klumpen, der sich mit einem Husten von der Tür löste, als diese gegen die Wand knallte. Mikoto schaltete das Licht neben ihrem Bett an und seufzte. „Ach du meine Güte,“ sagte sie. Vor der Tür saß jetzt der Klumpen am Boden und entpuppte sich als ihre drei Jahre alte Tochter Kyoko. Die fast schulterlangen, schwarzen Haare standen strubbelig in alle Richtungen ab. Das kleine Mädchen steckte in einem grünen Schlafanzug, auf dessen Brust (welch unbekannter Anblick…) das Emblem des Uchiha-Clans prangte. „Ich kann nicht schlafen, Mama!“ verkündete das Kind sachlich. „Ich bin viel zu aufgeregt! Wann kann ich wieder in den Kindergarten?!“ „Heute ist Sonntag,“ sagte Mikoto, „Heute ist kein Kindergarten, Kyoko-chan! Wir haben heute aber viel anderes vor. Außerdem warst du letzte Woche krank, du solltest nicht nachts hier herumtollen, an meiner Tür kratzen wie eine Katze und dich dann an die Klinke hängen. Wie bist du aus deinem Bettchen gekommen?“ „Geklettert,“ antwortete die Kleine und schmollte verdrießlich, „Und ich bin schon wieder gesund! Hat Oma-Oma auch gesagt!“ Oma-Oma war ihre Urgroßmutter – Sakura. Mikoto seufzte erneut und raufte sich die Haare. Dann rutschte sie ein Stück zur Seite. „Komm hierher und schlaf bei mir weiter,“ bot sie ihrer kleinen Tochter lächelnd an. „Wir kuscheln zusammen ein bisschen, dann wirst du sicher wieder müde. Hmm?“ „Jaa!“ strahlte das Mädchen, rappelte sich auf und kletterte flink zu ihrer Mutter ins Bett, wuselte unter die Decke und kuschelte sich an sie. Mikoto lächelte und deckte sie behutsam zu, bevor sie ihr durch die weichen, schwarzen Haare strich. Sie war froh, dass Kyoko es im Kindergarten nicht so schwer hatte wie sei selbst früher. Nein, sie liebte den Kindergarten. Kyoko hatte ja auch nicht die verschiedenen Augen ihrer Mutter; ihre Augen waren schwarz wie Kohlen. „Jetzt schlaf schön, Süße.“ „Was machen wir noch mal morgen?“ fragte Kyoko, statt zu schlafen, und pulte an dem Pyjama ihrer Mutter herum, bis Mikoto sanft ihre Hände von ihrem Hemd entfernte. „So einiges. Zuerst gehen wir zu Oma und Opa.“ Das waren ihre eigenen Eltern – logischerweise. „Oh ja, oh ja, oh ja!“ grölte Kyoko aufgeregt und wollte sich aufsetzen, und ihre Mutter musste sie lachend zurück ins Kissen drücken. Dieses Kind war kaum zu bändigen. Aber leider oft krank, deswegen waren alle etwas vorsichtig mit ihr. Mikoto fragte sich, ob ihre Anfälligkeit für Krankheiten damit zu tun hatte, dass ihre Eltern Cousin und Cousine waren. Aber offenbar wusste es niemand besser. „Jetzt leg dich endlich hin und schlaf!“ –– Als es dann Zeit war, aufzustehen, und der Wecker klingelte, war das dumme Kind dann müde und nicht aus den Federn zu kriegen; zumindest so lange nicht, bis Mikoto ihr damit drohte, sie morgen nicht in den Kindergarten zu bringen. Dann war das Mädchen plötzlich hellwach (zumindest halbwegs), ratzfatz angezogen (das konnte sie schon ganz alleine, abgesehen vom Schuhe zubinden – aber das brauchte sie auch erst mal gar nicht) und blitzschnell für ihre Verhältnisse die Treppe herunter getapst, in die Stube gerannt und schrie laut: „Oma-Oma, Oma-Oma, ich bin wach!“ „Was denn, du bist wach?!“ hörte Mikoto die Stimme ihrer Großmutter von unten und musste über den theatralischen Ton grinsen, den Sakura anschlug, wenn sie mit Kyoko redete; Kyoko liebte es, wenn die Leute so redeten und so taten, als wären sie völlig erstaunt oder entsetzt. Mikoto zog sich selbst an und kämmte schnell ihre Haare, bevor auch sie herunter eilte. Nach Kyokos Geburt war sie aus ihrem Elternhaus ins Haus ihrer Großeltern gezogen. Sie wollte ihren eigenen Eltern den Stress mit dem Baby ersparen, die hatten ja noch all ihre kleinen Geschwister, um die sie sich kümmern mussten. Und Sakura und Sasuke hatten etwa drei Monate vor Kyokos Geburt ihre letzten Mitbewohner verloren, denn Shiemi und Kuma hatten sich wegen Shiemis Schwangerschaft auch eine eigene Wohnung zugelegt. Deshalb hatte vor allem Sakura es sehr begrüßt, Mikoto und die kleine Kyoko bei sich aufzunehmen. Wie sie das Babygeschrei und die Anwesenheit eines kleinen Kindes in ihrem Haus vermisst hatte! Sasuke sagte zwar nie etwas, aber alle waren sich darüber einig, dass auch er sehr froh war, dass noch jemand im Haus wohnte. Das Haus war einfach viel zu groß für zwei Leute und würde still und unwirklich wirken. Mikoto besuchte ihre Eltern aber regelmäßig; und heute war einer dieser Tage, an denen sie mit der Kleinen mal vorbeischaute, auch, um zu sehen, was ihre blöden Brüder so trieben. „Hier ist ja der Bär los,“ bemerkte Sasuke, als die ganze Familie in der Stube war, „Was ist mit dir denn los, Kyoko, du bist ja völlig aus dem Häuschen!“ „Wir gehen zu Oma und Opa!“ verkündete sie stolz und klammerte sich quiekend an Sasukes Bein. „Darf ich auf deinen Füßen laufen, Opa-Opa?“ Sasuke seufzte, nahm ihre kleinen Hände in seine und ließ zu, dass sie sich mit jedem ihrer Füße auf einen von seinen Stellte. So ging er ein Stück vorwärts mit ihr oben drauf, und sie johlte ausgelassen, weil sie mit seinen Füßen hochgehoben wurde und nicht selbst gehen musste. „Und vorhin war sie noch müde, ey,“ machte Mikoto bedröppelt und schmierte sich in Ruhe ein Brot, „Ja, heute ist viel los. Heute ist der Zwanzigste, Oma.“ Sakura, die gerade Tee eingeschenkt hatte, hielt inne und sah erst Mikoto, dann ihren Mann staunend an. Mikoto sah auf Kyoko und grinste sie an. „Nicht wahr, Süße? Heute… lernst du deinen Papa kennen!“ –– Es war ein ziemlicher Umstand gewesen, aber Mikoto hatte es geschafft, einen Besuchstermin durchzukriegen, obwohl die Menschen in der Anstalt nicht so auf Besuche aus waren und gerne so taten, als wäre es nicht möglich, nur, weil es viele Umstände machte. Mit einem kleinen Kind in ein Irrenhaus zu gehen, war vielleicht gefährlich für alle Beteiligten… aber Mikoto wollte unbedingt, dass die Kleine wenigstens wusste, wie ihr Vater aussah, und nicht nur von Fotos. Ihr Vater war schließlich nicht tot… er war nur irre. Sie hatte sich selbst drei Jahre lang überwinden müssen, diesen Entschluss zu fassen. Sie wusste auch jetzt noch nicht, ob sie bereit war, Masami wieder vor die Augen zu treten, wieder in seiner Nähe zu sein… aber sie hatte den Schmerz über seinen Verlust überwunden. Es gab zu viel Schönes in ihrem Leben, um lange traurig zu sein. Sie hatte eine wundervolle, niedliche Tochter, die sie liebte, sie hatte ein wunderbares Zuhause bei ihren Großeltern, die sie auch liebte… und genug zu tun war immer. Sakura verabschiedete sich winkend von ihrer Urenkelin, als diese und ihre Mutter das Haus verließen. Dass Oma-Oma sich winkend verabschiedete, war ein Ritual. Wenn Oma-Oma nicht winkte, war es kein richtiges Weggehen, das ging nicht. Es hatte geschneit. Nur ein wenig, aber genug, dass Kyoko fröhlich in der weißen Masse herum stampfen konnte und sich tierisch über ihre eigenen Fußabdrücke amüsierte. „Deine Füße sind viel größer als meine, Mama!“ sagte sie wahrheitsgemäß, und Mikoto lachte, sie an der Hand haltend und darauf achtend, dass sie nicht zu viel trödelten. Es war schon neun und sie mussten ihren Termin bei Masami unbedingt pünktlich einhalten – und sie wollte auf dem Weg dorthin ja noch bei ihrer Familie vorbeischauen. Als sie ihr Elternhaus erreichte, war mehr von der Familie wach, als sie um neun Uhr morgens am Sonntag angenommen hätte. Ihre Eltern saßen beide in der Küche und tranken Tee, ihr Vater las dabei offenbar höchst interessiert irgendeine Zeitung. Namie und Yashiru waren beide auf Mission und nicht im Dorf – überdies wohnten sie auch inzwischen nicht mehr bei ihren Eltern, sondern in eigenen Wohnungen in der Nähe. Aber erstaunlicherweise fand Mikoto drei ihrer Brüder in der Stube vor – Kansuke und die Zwillinge. „Was seid ihr denn schon auf?“ wunderte sie sich verwundert, „Vor allem Kansuke, du pennst doch sonst immer bis zwölf?!“ „Diese blöden Ärsche haben mich ja geweckt und mir ihren doofen Kassettenrekorder ans Bett gestellt, den volle Kanne aufgedreht und irgendeine Scheißmusik laufen lassen!“ nölte Kansuke verzweifelt und wild gestikulierend. Mit seinen inzwischen achtzehn Jahren (vor kurzem geworden) sah er zwar aus wie ein Erwachsener – hatte sich aber eigentlich kaum verändert und war derselbe Trottel wie immer. Mikoto zog die Augenbrauen hoch, während sie der kleinen Kyoko die Jacke und die Schuhe auszog. „Wirklich, Nii-san, solche Wörter vor der kleinen Kyoko-chan!“ sagte Shigeru empört und verschränkte die Arme, „Willst du, dass sie mal so vertrottelt wird wie du, huh?“ „Hey, ihr Idioten – ihr seid doch diejenigen, die mit Schimpfwörtern so um sich werfen!“ jammerte Kansuke, als die Zwillinge, die jetzt schon vierzehn waren, ihn angrinsten und ihm klar wurde, dass er keine Chance hatte, egal, was er sagte. Susumu wandte sich an Kyoko. „Na, Pupsi?!“ grüßte er sie lachend, „Hey, haben wir je Schimpfwörter gesagt, Kyoko-chan? Haben wir nicht, oder lügt Onkel Susumu etwa?“ Mikoto verdrehte die Augen, als Kyoko verschmitzt lächelnd und sich an Mamas Bein drückend den Kopf schüttelte und Onkel Susumu dabei nicht aus den Augen ließ. Sie mochte die Zwillinge – und das machte Mikoto Sorgen, denn hinter seiner überfürsorglichen Onkel-Susumu-ist-der-liebste-Onkel-der-Welt-Nummer war Susumu ein verdammtes Schlitzohr, nach dem, was sie so hörte, und neuerdings auch mal ohne Shigeru, wie es schien. „Aber ich bin kein Pupsi!“ beschwerte Kyoko sich tapfer, und Susumu grinste sie an, hockte sich vor sie und wuschelte ihr lachend über den Kopf. „Wer sagt das, wer sagt das, hääh?!“ „Iiiich!“ grölte sie und fing auch laut an zu lachen, als ihr Onkel anfing, sie durchzukitzeln, bevor Shigeru auch dazukam und mitmachte. Kansuke verzog sich maulend in die Küche zu seinen Eltern, wo auch Mikoto jetzt hinging, die Kleine getrost ihren dämlichen Brüdern überlassend. Sie würden sie schon nicht umbringen. „Mama, die Zwillinge ärgern mich,“ maulte Kansuke. Haruka tätschelte ihm nur bedingt interessiert den Kopf. „Schon gut, reg dich nicht auf. Hau sie einfach, das vertragen die beiden Mal, vor allem Susumu, diese Rotznase.“ „Aber dann hauen sie mich zurück, d-diese Monster haben Sharingan!“ jammerte der Junge, und die Eltern seufzten. Mikoto nahm dankend eine Tasse Tee von ihrer Mutter an und brummte. „Gott, bist du ´ne Memme.“ „Du ziehst das heute also durch?“ fragte ihr Vater Mikoto besorgt, und sie sah ihn an und lächelte dann. „Ja, auf jeden Fall. Kyoko-chan ist drei, sie sollte ihren Vater wenigstens mal kennengelernt haben. Vielleicht schaffe ich es ja öfter, mich bei diesen Irrenhaus-Aufpassern durchzusetzen, die sind echt nervig, hab ich den Eindruck.“ Sie nippte an ihrem Tee. „Wo ist Souya, ist der nicht sonst der Frühaufsteher?“ Jetzt wurde sie von allen in der Küche groß angeguckt – und auch die Zwillinge schienen das Thema mitbekommen zu haben, denn sie fingen an zu lachen und ließen die arme Kyoko plötzlich in Ruhe, die sich aber energisch an Shigerus Bein festbiss und so zur Küche gezogen wurde, als die Zwillinge dazukamen. „Ooooh,“ machte dann die ganze Familie mit einem mehr als eindeutigen Unterton, worauf Mikoto verwirrt eine Braue hob. „Wie konntest du das vergessen?!“ scherzte Susumu, „Taki-chan ist doch für ´ne Woche zu Besuch, sie ist aus Kiri gekommen!“ „Gekommen, ja, muahaha,“ lachte Shigeru dazwischen, und die Zwillinge prusteten erst mal unverschämt los, bis sie von ihrer Mutter einen Klaps bekamen und sich zusammenrissen. „Ja, und sie ist gestern angekommen!“ addierte Susumu da grinsend, „Also was glaubst du, warum die noch pennen, wenn sie die erste Nacht seit ´nem halben Jahr oder so da ist…?!“ Wieder fingen die Zwillinge blöd an zu lachen und trollten sich dann verschwörerisch grinsend aus der Küche. „Lasst Souya und Taki ja in Ruhe!“ rief Haruka ihnen mahnend hinterher, „Ihr seid echt alt genug, um das zu verstehen, also stört sie nicht wieder wie letztes Mal, als Taki hier war!“ „Kyoko-chan, bleib bei uns,“ riet Mikoto ihrer Tochter, „Onkel Susumu und Onkel Shigeru haben jetzt zu tun.“ „Ich warne euch, hört ihr?!“ rief Haruka noch lauter, aber die Zwillinge schienen sie nicht zu hören und rannten schon wieder gackernd im Haus herum. Mikoto nahm die Kleine auf den Schoß. „Was genau… haben sie denn gemacht letztes Mal, als Taki da war?“ wagte sie zu fragen, „Oh – keine Details, die Kleine ist da-…“ „Na ja, du kennst diese beiden Rambos,“ machte Sanosuke, „Letztes Mal, als Taki hier war für ´ne Woche, sind sie wohl irgendwann morgens mal rein zufällig in Souyas Zimmer geplatzt und haben… na ja… sagen wir, es war wohl der absolut falscheste Augenblick, Haruka und ich sind jedenfalls von lautem Gezeter und ‚RAUS, IHR SCHWEINE!‘ geweckt worden. Und, na ja, du kannst dir ja denken, was Susumu und Shigeru dann den Rest des Tages durch das Dorf gebrüllt haben, was Souya so mit seiner Freundin macht… meine Güte, bin ich froh, dass meine Brüder nicht so grauenhaft waren.“ „Unverbesserlich,“ machte Mikoto perplex und schielte in Richtung Flur. Von den Zwillingen war nichts zu sehen. „He, wo sind die beiden Deppen hin?“ –– Souya und Taki hatten den Lärm der Verwandtschaft natürlich gehört, hatten sich aber nicht überwinden können, aus dem Bett zu kriechen. „Ganz schöner Radau da draußen, hmm…?“ nuschelte Taki verschlafen, zog die Bettdecke über sich zurecht und kuschelte sich liebevoll an ihren Freund, neben dem sie in seinem Bett lag, den Kopf auf seiner Brust. „Wie spät ist es, Souya-kun?“ „Hmm… gleich viertel nach neun,“ meinte er verpennt, „Ich glaube, meine Schwester ist mit ihrer Tochter gekommen…“ „Ehrlich?!“ Taki war plötzlich wach und hob strahlend den Kopf. „Oh, wie süß, lass uns aufstehen! Als ich letztes Mal hier war, hab ich die kleine Kyoko gar nicht gesehen, weil sie krank war! Die ist sicher voll süß und groß geworden – äh, süß war sie auch letztes Mal schon, als ich sie gesehen habe… wie alt ist sie jetzt?“ „Drei und zwei Monate,“ antwortete er nach einigem Rechnen im Kopf. Taki quiekte und setzte sich auf, sodass die Decke von ihr rutschte und Souya errötend die Augen weitete, als er sie ansah, wie sie nackt neben ihm im Bett saß und völlig fröhlich darüber redete, wie sehr sie kleine Kinder mochte. Aber vor anderen nackt sein hatte Taki ja noch nie etwas ausgemacht, fiel ihm ein… er kam sich vor ihr immer noch etwas dumm vor, wenn er nackt war, obwohl sie beide schon so lange zusammen waren, bemühte sich aber ihr zuliebe, nicht so sehr zu zeigen, dass es ihm irgendwie immer noch unangenehm war. „Komm schon, aufstehen, Schlafmütze!“ riss Taki ihn da grinsend aus seinen Gedanken und zog ihm frech seine Decke weg, „Ich will deine Schwester auch mal wieder sehen, und die kleine Kyoko-chan!“ „Aber ich bin müde…“ nölte Souya und rollte sich verlegen auf die Seite, so ganz ohne seine Decke – aber es half nicht, denn sie zog ihn am Arm wieder herum auf den Rücken und setzte sich auf ihn, um ihn festzuhalten. Er erstarrte und sah sie nach Luft schnappend an. „T-…T-Taki-chan…?!“ „Du bist müde…?“ fragte sie leise und lächelte lieb, bevor sie sich über ihn beugte und mit einer Hand nach seinem rot glühenden Gesicht fasste. Sie küsste ihn zärtlich auf den Mundwinkel und er keuchte verzweifelt. „Dann mach ich dich wach, pass auf.“ „Oh nein… n-nein, doch nicht jetzt…“ stöhnte er und sog scharf die Luft ein, als sie begann, seinen Hals zu küssen, und sich ihre Hand über seinen bebenden Bauch weiter nach unten aalte. Er versuchte, zu zappeln. „Taki, d-die anderen sind alle wach, was, wenn uns jemand hört-…?“ „Schnapp dir ´n Kissen.“ „A-aber wer sagt, dass ich von sowas wach werde und nicht eher noch mü-… uwaahh!“ Er schrie plötzlich auf und schnappte sich reflexartig Takis Kopfkissen, das neben ihm lag, um es sich auf das Gesicht zu pressen und die Lautstärke seines Schreis zu dämpfen. Er keuchte, als er ihre Finger ihn berühren spürte, erst wie zufällig oder aus Versehen, dann intensiver. „Wolltest du was sagen, Souya-kun…?“ fragte sie schelmisch grinsend, als sie ein Stück auf seinem Körper hinunter rutschte, nun auf seinen Beinen sitzend, und mit einer Hand nach der Bettdecke angelte, die sie über sich selbst und seine untere Hälfte warf. Sie wusste ja, dass er sich ganz ohne Decke blöd fühlte, deshalb tat sie ihm den Gefallen. „Oh mein Gooott…“ war alles, was Souya in das Kissen stöhnte, worauf sie fast hätte lachen müssen, was aber die Stimmung versaut hätte. „Entspann dich einfach, Süßer,“ lächelte sie dann, beugte sich vor und küsste sanft seinen Bauchnabel, worauf er nur stärker erzitterte und ein undefinierbares Geräusch von sich gab, das Gesicht im Kissen vergraben. Aber auch, wenn er zitterte, wirklich unangenehm war es wirklich nicht, was sie machte… was sie schon öfter gemacht hatte… er seufzte leise und hob kurz das Kissen hoch, um nach Luft zu schnappen – dann klatschte er es sich wieder auf den Mund und unterdrückte einen neuen Schrei, als er plötzlich nicht nur ihre Hände spüren konnte, die ihn berührten, und ein Schauer aus Hitze überrannte ihn und entlockte seiner Kehle ein erregtes Stöhnen – In dem Moment ging die Zimmertür auf und (wie sollte es anders sein) die Zwillinge platzten lauthals lachend herein. „Aufstehen, ihr Ficker!“ grölten sie und kriegten sich vor Lachen kaum noch ein, „Ficker, Ficker, Ficker…!“ „RAUS!“ brüllte Souya vor Wut und Scham fassungslos und mehr als nur dunkelrot angelaufen, warf wütend das Kissen nach den beiden und zeigte wild fuchtelnd zur Tür. „HABT IHR SIE NOCH ALLE?! VERPISST EUCH, ABER PLÖTZLICH!“ „Oh mein Gott!“ murmelte Taki unter der Decke, die von den Zwillingen nicht gesehen wurde – die sahen nur den Haufen Decke über Souyas Unterkörper und hörten die Stimme von dem Ende des Haufens, an dem Takis Kopf war. „Ach du meine Fresse!“ machte Susumu und zeigte auf die Decke, „Was macht sie da unten mit ihrem Kopf?!“ „RAUS HIER!“ bellte Souya wutentbrannt, schnappte noch ein paar Bücher und Schriftrollen vom Nachttisch neben sich, die er nach den beiden warf, „RAUS!!“ „Los Baby, blas mir einen!“ grölte Susumu theatralisch und lachte sich halb tot, bevor er von seinem ebenfalls hoffnungslos lachenden Bruder aus dem Zimmer gezerrt wurde, bevor Souya eine Chance hatte, noch etwas Tödlicheres nach ihnen zu werfen als Bücher und Schriftrollen. Kaum waren die beiden weg und die Tür zu, schob Taki den Kopf unter der Decke hervor und hüstelte gekünstelt. „Diese unsensiblen Säcke,“ seufzte sie, „Sie versauen immer alles!“ „Diese…! Wenn ich aufgestanden bin, werde ich die sowas von… boah…!“ schimpfte Souya immer noch stinksauer, schob seine Freundin sanft von sich runter und setzte sich wütend auf. „Wieso kann meine bescheuerte Mutter mir nicht einfach den Zimmerschlüssel geben, die mit ihrer blöden Paranoia, es könnte ja was passieren und deshalb muss das Zimmer offen sein, boah! Diese beschissenen, kleinen…!“ „Du liebe Güte…“ lachte Taki versöhnlich, kroch zu ihm herüber und umarmte ihn zärtlich von hinten. „Hey… alles ist gut. Reg dich nicht auf, du Choleriker.“ „ICH REGE MICH NICHT AUF!“ bellte er, „Verdammt, jedes Mal, wenn du hier bist, versauen diese beiden blöden Wichser uns mindestens einmal den Sex, das ist doch Arschficken!“ „Meine Güte, Souya, ich wusste ja nicht, dass du auf sowas stehst…“ machte sie perplex, und er starrte sie fassungslos an. „Was?!“ „Na ja, Arschficken…“ Er starrte sie weiterhin an, dann fing sie leise zu lachen an. „Dein Gesicht… d-du solltest dein Gesicht sehen…“ Er blinzelte und kapierte relativ langsam, dass sie nur scherzte – dann musste er auch gegen seinen Willen schmunzeln, das wurde bald zu einem verwirrten Lachen. „Und ich hab geglaubt, du meinst das ernst…“ lachte er, und sie lächelte und umarmte ihn wieder, beugte den Kopf vor und küsste sanft seine Wange. „Siehst du, jetzt ist der Zorn weg,“ erklärte sie ihr Tun, „Du bist viel süßer, wenn du lachst.“ „Womit hab ich das verdient?“ seufzte er kopfschüttelnd, und sie lachte, als er sie auch umarmte und sie beide zusammen wieder ins Bett sanken, einander fest umklammernd. „Okay…“ murmelte er dann, „Wollen wir aufstehen…? Oder noch ´n bisschen liegen bleiben…?“ „Küss mich noch mal,“ verlangte sie und strahlte ihn glücklich an – und er wollte es gerade tun, da hörten sie unten das wütende Geschrei von Haruka und das grölende Lachen der Zwillinge. „Los Baby, blas mir einen! Muahaha!“ „Ihr seid doch furchtbar, lasst die beiden einfach in Ruhe!“ zeterte Haruka unten herum, „Souya ist sechzehn, natürlich hat er verdammt noch mal Sex mit seiner Freundin, ihr dämlichen Kichererbsen! Werdet endlich erwachsen und hört mit dem Scheiß auf! – Und wehe, ich hör noch einmal was von Blas mir einen, Susumu!“ „Blas mir einen!“ grölten die Zwillinge erneut und lachten sich tot. Souya und Taki hielten kurz inne und sahen sich konfus an. „Die haben ja keine Ahnung,“ behauptete Taki, „Scheint so, als wären die zwei erst mal mit beschimpft werden beschäftigt… hmm, was meinst du? Vielleicht machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben…?“ Sie kicherte, und er wurde rot und sah erst verlegen herunter, bevor er auch lächeln musste, sich ohne zu antworten vorbeugte und sie liebevoll küsste. Und der Kuss wurde tiefer, als sie ihre Hände bereits wieder spielerisch in Richtung Süden wandern ließ. –– Mikoto sah dann doch zügig zu, von ihrer chaotischen Familie wegzukommen, als ihre Mutter und ihre jüngsten Brüder sich durchgehend weiter beschimpften und Souya und Taki es nicht nötig zu haben schienen, herunter zu kommen. Aber sie nahm es ihnen nicht übel; sie beneidete die beiden und ihre rundum glückliche Beziehung und dass sie es so gut durchhielten, den größten Teil des Jahres weit voneinander entfernt zu leben und trotzdem zusammen zu bleiben. Und Taki würde ja noch ein paar Tage bleiben, da würde Mikoto sie sicher noch zu sehen bekommen. Jetzt würde sie erst mal seit Jahren zum ersten Mal wieder ihren Freund und Vater ihrer Tochter zu sehen bekommen – obwohl sie dem mit gemischten Gefühlen entgegen ging. Einerseits freute sie sich und war aufgeregt, Masami zu sehen… andererseits hatte sie Angst. Was, wenn sich all ihre Mühe, die Gedanken an ihn und die Sehnsucht nach seiner Nähe zu verdrängen, als umsonst erwiesen? Was, wenn sie nach dem heutigen Tag wieder darüber traurig sein müsste, Masami verloren zu haben und dass alles so gekommen war, wie es gekommen war? Nein, sagte sie sich tapfer, als sie mit Kyoko auf dem Weg zum Irrenhaus war, Es ist für unser Kind. Denk nicht an dich, dumme Frau. –– Die Anstalt war nicht sehr groß, aber offenbar gab es genug zu tun mit den Psychopathen, die sie beherbergte. Mikoto dachte sich, dass sie froh war, hier nicht arbeiten zu müssen. Sie wurden vom Leiter des Hauses begrüßt und nach einigem Gerede über diverse Vorschriften durch mehrere Korridore in einen Raum gebracht, in dem ein Tisch stand und einige Stühle. Für Kyoko gab es einen bunten Kinderstuhl, auf den sie sich johlend stürzte. „Meiner, meiner!“ grölte sie vergnügt, als ihre Mutter mit dem Leiter noch in der Tür stand. „Hören Sie,“ sagte er gedämpft zu Mikoto, „Wenn er ein bisschen bekifft aussieht, liegt das an den Spritzen, die er kriegt, die verhindern, dass er Chakra schmieden kann – das ist leider nötig, nachdem er kurz nach seiner Ankunft vor einigen Jahren mit Sharingan auf einen der Wärter losgegangen ist und ihn beinahe zu Hackfleisch gemacht hätte, ohne ihn anzurühren – und ich meine das wörtlich, Uchiha-san. Aber mit den Medikamenten ist er ungefährlich, keine Angst.“ „M-hm,“ machte sie nur und nickte, als sie ein unangenehm aufgeregtes Gefühl überkam. Sie fragte sich, wie Masami sich verhalten würde… ob er sich verändert hatte… „Setzen Sie sich, es wird ihn gleich jemand reinbringen. Bleiben Sie bitte auf den Stühlen sitzen und gehen Sie auf keinen Fall näher an ihn heran, der Tisch längs dazwischen ist hoffentlich genug Abstand. Zuerst wollte ich gar nicht, dass er aus seiner Zelle kommt, aber ich dachte, dass das Kind seinen Vater vielleicht nicht… ähm, durch eine Panzerglasscheibe kennenlernen sollte.“ „Vielen Dank,“ machte Mikoto und verneigte sich murmelnd, als der Leiter mit dem Kopf nickte und ihr bedeutete, sich zu setzen, was sie tat. Sie schärfte Kyoko gerade ein, auf jeden Fall auf dem Stuhl sitzen zu bleiben, da öffnete sich die Tür dem Tisch gegenüber und sie beide schraken hoch. Durch die Tür kam Masami, an seinen beiden Seiten ging ein uniformierter Wachmann, die ihn an den Oberarmen festhielten, als hätten sie Angst, er könnte davonrennen. Mikoto versteifte sich, als sie zum ersten Mal seit langem wieder einen Blick in Masamis Gesicht werfen konnte… als sie ihn zum ersten Mal seit Jahren wiedersah. Masamis Gesicht hatte sich überhaupt nicht verändert. Und er sah sie an aus seinen blauen Augen – aber die Nuance in seinem Blick war ihr fremd, sie war anders als das, was sie von ihm kannte. Seine Augen hatten eine bittere Schärfe und noch immer den Schliff von Bosheit, den sie beim letzten Mal bemerkt hatte, als sie seine Augen gesehen hatte. Er sah sie an ohne die geringste Gefühlsregung, so schien es, als die Männer ihn zu seinem Stuhl am anderen Ende des langen Tisches brachten. Seine Hände waren vor seinem Körper zusammengekettet. Was er trug war eine Art blauer Baumwollanzug. „Ihr habt dreißig Minuten,“ sagte der eine Wachmann streng zu Masami, bevor er am Stuhl befestigte Eisenketten mit den Ketten an seinen Händen verband und ihn so an den Stuhl fesselte. „Ich danke Ihnen, Yamada-san,“ sagte Masami zu dem Wärter und zeigte das Lächeln, dass Mikoto vermisst und gefürchtet hatte. Wie sehr sah er doch noch nach dem Masami aus, den sie kannte? Und wie anders war er doch geworden… Sie nahm sich ein Herz und ergriff das Wort, als die Wächter vor die Tür gegangen waren und sie geschlossen hatten. Sie beobachteten aber alles durch das Glasfenster darin. „Hallo… Masami.“ „Ich kann gar nicht sagen, wie erfreut ich bin, dich zu sehen, meine liebe Mikoto,“ entgegnete er und lächelte. Er nickte ihr höflich wie immer mit dem Kopf zu, und sie blickte erst zu Boden, bevor sie es wagte, weiterzusprechen. „Kyoko-chan… das da drüben… ist dein Vater. Sein Name ist Masami.“ Sie sah zu Masami. „Dies… ist deine Tochter Kyoko. Ich wollte, dass sie dich kennenlernt, wenn du… schon nie ein Vater für sie sein wirst.“ Masami und Kyoko sahen einander lange Zeit stumm an. Dann wandte Kyoko sich eingeschüchtert ab und griff nach der Hose ihrer Mutter, den Kopf gegen ihre Seite pressend. „Was ist, Süße?“ flüsterte Mikoto, „Hast du Angst? Das ist dein Papa. Der tut dir nichts.“ „Mh-mh,“ machte die Kleine und schüttelte den Kopf. Wozu sie jetzt Nein sagte, wusste Mikoto auch nicht. „Ich wünsche dir auch einen guten Morgen, Kyoko,“ sagte Masami zu ihr und sah ihr dabei zu, wie sie unbehaglich auf Mamas Schoß kletterte und festgehalten werden wollte. „Ich glaube, die Anstalt ist kein Ort für sie, Mikoto. Wirkt irgendwie böse hier, würde mir auch Angst machen, wäre ich ein Kind.“ „Hmm,“ machte Mikoto nur apathisch nickend. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte… sie wusste nicht, worüber sie reden sollten. Sie wippte das Kind sachte auf und ab auf ihrem Schoß. Nach einer Weile begann Kyoko, vorsichtig wieder zu Masami zu schielen, neugierig wie sie war – aber wenn sie dachte, er würde sie ansehen, sah sie rasch wieder weg und vergrub das Gesicht in Mamas Brüsten. „Sie ist… ein hübsches Kind,“ meinte Masami dann und betrachtete seine Tochter von hinten und wie ihre schwarzen Haarspitzen auf und ab wippten. „Ich habe deine Karte mit dem Foto bekommen, als sie geboren wurde – allerdings erst ein halbes Jahr nach ihrer Geburt, diese Leute hier halten nicht so viel von Post, glaube ich.“ „Oh, das wusste ich nicht,“ machte Mikoto beklommen. Kyoko linste wieder zu Masami, sah aber schnell wieder weg, als er wieder sprach. „Du bist… nach wie vor wunderschön, Mikoto. Vielleicht willst du das jetzt nicht hören, aber ich musste meine Gefühle ausdrücken, was hier im Übrigen auch nicht so einfach ist. Du siehst gut aus. Bist du okay?“ „Ja,“ sagte sie leise. „Ich wohne bei Oma und Opa, weil mir meine Familie auf den Wecker gegangen ist. Wir beide haben es gut da, Kyoko und ich.“ Sie sah ihn stumm an. „Du… s-siehst auch gut aus. Na ja, etwas dünn bist du geworden.“ „Das Essen hier ist nicht unbedingt mein Stil,“ versetzte er seufzend, „Aber man nimmt, was man kriegt.“ Er legte den Kopf schief. „Manchmal bekomme ich ein richtig teures Dinner im Gegenzug dafür, dass ich manche dieser Vögel meine… verkorkste Psyche, wie sie es nennen würden, erforschen lasse. Es ist amüsant, was für dumme Fragen einem Menschen stellen können. Sie versuchen, einen zu bewerten und herauszufinden, was man für ein Problem hat. Die denken, ich wäre schizophren, das tut einem richtig in der Seele weh, sowas zu hören.“ „Dann denkst du, du wärst es nicht?“ meinte Mikoto. Masami grinste. „Ich? Ich bitte dich – mein Vater hat Schizophrenie, aber ganz gewaltig, er hat es nur selbst nicht im Griff. Schizophrenie ist sehr viel breiter gefächert als nur der Kram mit den ‚gespaltenen Persönlichkeiten ‘. – Einer dieser… Forscher hat geglaubt, ich hätte eine anankastische Persönlichkeitsstörung, ich hatte große Lust, ihm mit einer Runde Tsukuyomi zu zeigen, was Anankasmus ist, diesem Trottel.“ Mikoto zog nur eine Augenbraue hoch und nickte dann stumm. Sie verstand nichts von Psychologie – jedenfalls nicht genug, um etwas dazu sagen zu können. Aber das war auch nicht nötig – denn in dem Moment schien Kyoko den Drang zu haben, auf sich aufmerksam zu machen. „Ich gehe in den Kindergarten!“ erzählte sie plötzlich, ihren Vater dabei anstarrend, als müsste sie ihm befehlen, ihr zuzuhören. Masami sah zu ihr hin und wartete, dass sie sich wieder wegdrehte – aber dieses Mal zuckte sie nur etwas zurück. „Wirklich?“ machte er und lächelte. „Du hast Angst vor den Ketten, hmm?“ Er hob so weit er konnte seine Hände, wobei die Ketten klirrten, und Kyoko vergrub das Gesicht wieder in ihrer Mutter. „D-die sind wie bei Gespenstern,“ nuschelte sie, „D-die haben auch Ketten! Vor allem die Roten!“ „Die Roten?“ machte Masami. „Die roten Gespenster?“ „Ja,“ antwortete Kyoko verdrossen. „Die kommen nachts, und sie haben einen Hammer, mit dem hauen sie.“ „Und die haben Ketten?“ „Ja. Und die rasseln immer.“ Masami blickte Mikoto an, die nur leise seufzte. „Ich weiß nicht, woher sie das hat – ich hab das Gefühl, Susumu oder so ein Depp hat ihr sowas eingetrichtert, wer auch immer es war, ich bin ihm wirklich dankbar,“ stöhnte sie. „Und da dachtest du wegen der Ketten, ich sei ein Gespenst, Kyoko?“ fragte Masami erkennend, und sie sah ihn wieder an, als er die Hände sinken gelassen hatte. „Nein,“ murmelte sie dann nach einer Pause. „Warum hast du denn die Ketten?“ „Das kann ich dir auch nicht sagen. Ich weiß es auch nicht, Kyoko.“ „Hast du schon mal ein Gespenst gesehen?“ „Nein.“ „Auch kein rotes?“ „Nein, auch kein rotes. Ich glaube, hier drinnen gibt es keine Gespenster. Hier sind nur komische Leute.“ Kyoko begann, am Saum ihres Pullovers zu pulen. „Haben die alle Ketten?“ „Nicht alle. Aber manche.“ „Warum… wohnst du nicht bei Mama? Von Kazuko-chan und Mika-chan die Papas wohnen auch bei den Mamas von denen…“ Masami sah sie groß an und Mikoto erstarrte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Kyoko so etwas fragen würde… was sollte sie jetzt antworten? Sie konnten ihr doch nicht erzählen, warum Masami hier war… sie entschied sich für eine Halbwahrheit. „Dein Papa ist krank,“ verkündete sie, und Masami zeigte ein diabolisches Lächeln. „Deshalb muss er hier bleiben. Wenn er bei uns wohnen würde, würdest du dich vielleicht anstecken, du weißt doch, wie schnell du krank wirst. Und dann müsstest du auch hier wohnen bei den Leuten mit den Ketten.“ „Und wann ist Papa gesund?“ kam es von dem Mädchen. Masami seufzte, als Mikoto langsam den Kopf senkte und die Augen schloss. Es war schwer für sie, das zu sagen, das wussten sie beide. „Papa wird… nie wieder gesund werden. Es ist eine Krankheit, die nicht heilbar ist.“ „Oh,“ sagte Kyoko nach einer weiteren Pause. Mikoto war sich nicht sicher, ob sie den Sinn dieser Aussage wirklich verstand, sie war erst drei. „Deswegen…“ machte Masami und gab mit dem Kopf ein Zeichen in Richtung seiner Wächter, „Ist die Zeit jetzt auch leider abgelaufen. Ich habe mich gefreut, dich kennengelernt zu haben, Kyoko.“ Er lächelte sie an und sie lächelte scheu zurück, sich immer noch an ihre Mutter klammernd, als diese sich langsam und bedächtig erhob mit dem Kind auf dem Arm. „Aber die dreißig Minuten sind noch gar nicht um…“ machte sie perplex, als die Wachmänner wieder hereinkamen, die Ketten zwischen dem Stuhl und Masamis Armen lösten und ihn wieder an den Armen ergriffen. Er blickte jetzt sie an und sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten, obwohl sie das Bedürfnis verspürte, sofort zu Boden zu blicken – ihn anzusehen nach allem, was gewesen war, war schwer. Vor allem auf diese Weise. „Ich habe mich auch sehr gefreut, dich wiederzusehen, Mikoto,“ sagte er und lächelte bitter. „Aber es ist besser, wenn du jetzt gehst. Die Wirkung der Anti-Chakra-Drogen beginnt nämlich, nachzulassen. Ich merke es immer, weil es einem bei der vollen Dröhnung ziemlich schwer fällt, die Zunge normal zu bewegen, und jetzt wird es einfacher. – Meinst du, wir sehen uns wieder, Mikoto?“ Sie stand da und sah ihm erst nach, während sie versuchte, zu begreifen, was er sagte. Die Wachmänner schoben ihn schon behutsam zur Tür, weg von Mikoto. Weg von seiner Familie. Aber noch immer sah er über die Schulter und wartete auf ihre Antwort – er bekam sie, kurz bevor er den Raum verlassen hatte. „Ich weiß es nicht, Masami.“ Er zeigte ein ehrliches Lächeln, verneigte sich höflich zum Abschied und wurde weggeschoben; da rief Kyoko noch aus vollem Hals: „Tschüß, Papa!“ –– Mikoto verfluchte ihre Idee, Masami zu besuchen, als sie etwa zwei Stunden später wieder zu Hause auf der Couch saß und aus ganzem Herzen unglücklich war. Die kleine Kyoko hatte sie heute etwas früher zum Mittagsschlaf geschickt – sie würde am Nachmittag noch mal mit ihr losgehen, Kyoko war nämlich noch verabredet. „Ich werde wahnsinnig!“ heulte die Frau verzweifelt und vergrub das Gesicht zitternd in den Händen, „I-ich hätte nie mit ihr hingehen dürfen! Oh mein Gott, was bin ich für eine Rabenmutter, Sakura?! Ich habe mein Kind in eine Irrenanstalt gebracht…“ „Jetzt beruhige dich doch…“ versuchte Sakura ratlos, sie zu trösten. Sie saß neben ihr auf der Couch und nahm sie behutsam in die Arme, als sie heftiger zu weinen begann. „Mikoto, du hast das Richtige getan! Du hast dafür gesorgt, dass Kyoko ihren Vater kennt!“ „Du hättest sie hören sollen,“ heulte sie weiter, „S-sie hat Tschüß, Papa! gesagt! Und in dem Moment dachte ich, wie grauenhaft ist es, dass… s-sie ihren Vater vielleicht nie wieder sieht, u-und wie furchtbar muss nachher für sie der Gedanke sein, wenn sie älter ist, dass ihr Vater ein Psychopath ist…?!“ „Das ist nicht deine Schuld,“ sagte die Oma verwirrt, „Dass Masami… eine… sehr schwierige Persönlichkeit ist, ist doch nicht deine Schuld! Natürlich ist es kein schönes Schicksal für Kyoko ohne Vater; es sei denn, du findest einen neuen Mann, der für sie der Ersatz-Va-…“ „Nein, auf keinen Fall!“ unterbrach Mikoto sie scharf, riss den Kopf hoch und sah sie ernst an – dann schniefte sie wieder unglücklich. „Ich werde niemals einen… anderen Mann lieben können, das weiß ich! Das ist einfach unmöglich, allein bei dem Gedanken krempeln sich mir die Zehennägel um… Kyoko wird nie einen Vater haben! Ich bin wirklich eine grauenhafte Mutter… oh mein Gott…“ „Wer sagt denn, dass sie Masami nie wieder sehen wird?“ seufzte Sakura, „Ihr könntet ihn ja wieder besuchen. Muss ja nicht morgen sein, aber eben ab und zu. Du hast gesagt, er und Kyoko hätten ganz normal miteinander sprechen können, das ist doch schön! Es ist schön, dass sie normal Kontakt aufbauen können, dann kann es nächstes Mal so weitergehen.“ „Sakura, nein…“ stammelte die jüngere Frau und senkte den Kopf. Sie holte sich ein Taschentuch und putzte sich schluchzend die Nase. „Ich… w-weiß nicht, ob ich die Kraft habe, da noch mal hinzugehen. Heute… Masami wiederzusehen war… ich hatte das Gefühl, ich müsste zerbröseln wie ein altes Kuchenstück. Ich hatte das Gefühl, ich müsste sterben, a-allein der Gedanke, in dreißig Minuten wieder gehen zu müssen, hat wehgetan… ich wollte nicht fort, ich wollte so gerne näher heran, ich hätte so gerne mehr Zeit gehabt-…“ Sie brach ab, als sie merkte, dass sie immer enthusiastischer wurde, während sie sprach. Verlegen keuchte sie und sah bedröppelt zu Boden. Sakura sah sie ungläubig an. „Aber ich hatte auch panische Angst,“ addierte Mikoto dann murmelnd. „Panische Angst, dass er irgendein Mittel gefunden hat, sich gegen diese Anti-Chakra-Droge zu wappnen und sich loszureißen oder so, um Kyoko-chan umzubringen oder sowas… es war so… es hat mich zerrissen, ich habe nicht geglaubt, dass man zwei so verschiedene Gefühle wie Panik und-… Liebe im selben Moment beim Anblick einer Person spüren kann! Wenn ich Masami noch mal sehe, dann breche ich zusammen…“ Sie stutzte, als sie Sakuras Hand sanft auf ihrer Schulter spürte. Verwirrt hob sie den Kopf. Ihre Großmutter lächelte liebevoll. „Dann geht jemand anderes von uns mit Kyoko hin,“ schlug sie vor, „Ich kann es tun, wenn du möchtest. Ich kann verstehen, wie du dich fühlst… ich würde es für Kyoko tun, damit sie Kontakt hat zu ihrem Vater, wenn auch unregelmäßig. Von der Anstalt her werden längere Besuche sicher nicht möglich sein, fürchte ich – und für Masamis seelischen Zustand ist es auch vielleicht nicht so gut, zu oft Besuch zu haben. Aber wenigstens ein paar Mal im Jahr wäre es doch schön für die Kleine. Was meinst du?“ „Das würdest du wirklich für mich tun?“ machte Mikoto mit dem dankbarsten Gesicht der Welt, bevor sie Sakura schniefend um den Hals fiel. „Ich… hab dich lieb, Oma!“ „Ich hab dich doch auch lieb, mein Schatz. Natürlich mache ich das für dich und Kyoko-chan. Wir sind… eine Familie. Wir halten zusammen, oder nicht?“ Mikoto war so glücklich über diese Antwort, dass sie erneut zu weinen begann. –– Sie fragte sich ab und zu, ob ihre Familie es wirklich stumm akzeptierte, dass Kyoko das Kind von ihr und ihrem Cousin war. Damals, als alle erfahren hatten, dass sie von Masami ein Kind erwartete, war die Aufregung ob der vorangegangenen Ereignisse noch zu stark gewesen, deswegen hatte nie jemand etwas zu diesem Thema gesagt. Niemand hatte sie entsetzt angesehen, niemand war angewidert gewesen von der Vorstellung, dass sie mit ihrem Cousin, einem Blutsverwandten, Sex gehabt hatte. Oder sie hielten sich zurück aus Rücksicht auf sie, weil sie es nicht leicht hatte. Dabei hasste sie es, es nicht leicht zu haben. Weil sie oft das Gefühl hatte, immer noch von allen wie ein rohes Ei behandelt zu werden – was sie nicht verdient hatte. Sie war ja dumm gewesen! Sie hatte Masami durch ihre rosarote Brille gesehen und hatte nicht bemerkt, was für eine Finsternis hinter seiner perfekten Fassade steckte. Sie hätte es wissen müssen. Sie hätte es sehen und alles verhindern müssen. Aber jetzt war es zu spät dafür. Jetzt hatte sie Kyoko… und sie war froh darüber. Das alles dachte sie melancholisch vor sich hin, während sie am Nachmittag mit der Kleinen wieder durch das halbe Dorf latschte in Richtung Zentrum. Kyoko hatte einen bunten Mini-Rucksack auf dem Rücken, in dem alles steckte, was sie hatte mitnehmen sollen. Und jetzt lief sie brav an der Hand ihrer Mutter durch die Straßen und plapperte dabei unermüdlich irgendwelchen Quatsch vor sich hin. „Sind wir bald bei Kazuko-chan?“ kam irgendwann, und Mikoto schrak hoch. „Was? – Äh, ja, gleich, Liebling.“ Sie lachte, als Kyoko seufzte und wieder von vorne zu quasseln begann – und sie hörte erst auf, als sie das Mehrfamilienhaus erreichten, in dem Kazuko-chan wohnte. Kyoko hatte zwei beste Freundinnen, von denen sie kaum zu trennen war und die mit ihr in den Kindergarten gingen. Eine davon war Kazuko – die eine Woche älter als Kyoko und ihre Tante zweiten Grades war. Mikoto brauchte gar nicht zu klingeln, denn Kazuko kam mit ihrer Mutter bereits aus der Haustür, die langen, schwarzen Haare zu einem Zopf geflochten und in einem dunkelblauen Mantel steckend, auf dem vorne zwei Blumen aufgedruckt waren. Und natürlich das Uchiha-Emblem auf dem Rücken. „Ich bin dir so dankbar, dass du die Mädchen rumbringst, Mikoto,“ meldete sich Kazukos Mutter keuchend zu Wort, „Dieser Papierkrempel ist grauenhaft. Wie bin ich auf die dumme Idee gekommen, Hokage zu werden?!“ „Ich weiß nicht, Tante Shiemi,“ gluckste Mikoto erheitert über ihre dauergenervte Tante, die ihre süße Tochter gerade zu Kyoko schob. Die Mädchen begrüßten sich fröhlich und begannen ausgeflippt im Schnee zu toben. „Weißt du, was Naruto gemacht hat, als ich das erste Mal gemeckert habe über den Papierkram? Der Spinner hat mich lauthals ausgelacht… na ja, also, wie gesagt, danke… ich muss sofort weg und zum Büro und noch so diverses machen, nachdem ich neulich die Woche auf Mission war, bin ich echt im Rückstand. Ich revanchiere mich bei dir, irgendwie… vielleicht schenke ich dir mal ´ne Woche Urlaub, huh?“ Die Frauen lachten. „Ist doch kein Problem, ich hab ja Zeit,“ sagte Mikoto dann. „Wir waren heute Masami besuchen. Es war komisch, ihn wieder zu sehen… aber ich glaube, er mag Kyoko-chan; oder sie zumindest ihn. Sie hat ihn Papa genannt… ich hätte fast geheult, ey.“ „Oh mein Gott…“ seufzte Shiemi bedrückt, „Das ist echt süß.“ „Was macht Kuma eigentlich?“ „Mit dem Staubsauger kämpfen,“ sagte Shiemi, „Da ich ja Hokage bin und keine Zeit habe, muss der Spinner die Wohnung in Schuss halten. Und kochen! Er kocht übrigens echt prima, komm mal vorbei mit Kyoko und meinen Eltern, wenn du magst.“ „Ich helf Papa beim Putzen!“ verkündete Kazuko stolz, und alle sahen sie an. Shiemi lachte, hockte sich zu ihr herunter und streichelte ihre vom Toben roten Bäckchen. „Ja, meine Süße, das machst du, was? Du hast so toll staubgewischt und dein Zimmer ist tiptop ordentlich!“ „Jaah!“ strahlte Kazuko glücklich über das große Lob. Mikoto lächelte. Kazuko war ein totaler Ordnungsfanatiker – sie räumte gerne auf, ein seltenes Phänomen bei Kindern, wie Mikoto fand. Sie hatte Shiemi mal gefragt, ob sie die Kleine mal mieten könnte zum Aufräumen. Und Kazuko war ein bildhübsches Mädchen; Mikoto grinste in Gedanken bei der Überlegung, ob ihr wohl später mal alle Jungs nachstellen würden. „Dann gib Mami noch ein Küsschen und dann muss ich los,“ sagte Shiemi dann, „Viel Spaß bei Mika-chan und sei artig!“ Kazuko strahlte und gab Mami ein Küsschen, bevor diese sich erhob und winkend davon eilte. Mikoto machte sich mit je einem Mädchen an der Hand auch auf den Weg weiter zu Mika-chan – das war Kyokos andere beste Freundin, ebenfalls ihre Tante zweiten Grades, Kazukos Cousine und einen Monat jünger als Kyoko. Mit den komplizierten Familienverhältnissen nervte Mikoto Fuuya gerne, den sie manchmal bei Missionen dabei hatte oder so im Dorf traf. Er regte sich immer tierisch darüber auf, dass irgendwie jeder mit jedem verwandt wäre auf entfernte Weisen – sogar sie und Fuuya waren entfernt verwandt. Aber sie amüsierte sich immer köstlich darüber, wie er sich aufregte, wenn sie mal zusammen mit seiner Freundin Murasaki (ja, tatsächlich!) bei Ichiraku waren. Murasaki amüsierte sich übrigens auch sehr darüber. Und Sasuke amüsierte sich, sobald Mikoto von Fuuya zu reden begann, darüber, dass dieser Kerl und seine Freundin auch noch dieselbe Haarfarbe (lila) hatten und damit wirklich zum Schießen aussahen… Als sie das Haus von Mika erreichten, brannte drinnen viel Licht. „Das ist aber hell da drinnen!“ bemerkte Mikoto, „Machen die da ´ne Party drinnen?!“ Die Mädchen lachten sich kugelig, während die Frau klingelte und wartete, bis die Tür aufging. Mikoto erschrak sich zu Tode und blinzelte verwirrt – wie lange war sie bitte nicht hier gewesen? Das konnte doch gar nicht sein! „Yunosuke?!“ keuchte sie beim Anblick ihres Cousins, „Du… bist riesengroß geworden! Das kann doch nicht sein, dass wir uns so lange nicht gesehen haben…? Du bist ja größer als ich…!“ Yunosuke grinste und ließ die kleinen Mädchen an sich vorbei wuseln, ehe er seine Cousine auch herein ließ und nach seiner Mutter und seiner Schwester Mika rief. „Na ja, Weihnachten war ich nicht da… ´n halbes Jahr ist es sicher her, dass wir uns gesehen haben! Vielleicht gab’s ´nen Wachstumsschub… Junya fühlt sich verarscht, weil er immer noch kleiner ist als Takuma und ich, haha…“ „Was ist denn das für ´ne grelle Beleuchtung in der Küche? Ich hab mich von außen gewundert… – hey, Kyoko-chan, Kazuko-chan, zieht eure Schuhe aus! Warte, ich helf dir, Spatzi.“ Sie zog ihrer Tochter Schuhe und Mantel aus, während Moe schon Kazuko auszog und Yunosuke berichtete: „Papa übt mit Junya irgendwelche grün leuchtenden Medizinjutsus, das ist voll gruselig, geh lieber nicht in die Küche, wenn du nicht geblendet werden willst.“ „Okay…“ machte Mikoto, die zuletzt sich selbst auszog, bevor sie Moe begrüßte und zusammen mit ihr und Yunosuke den kleinen Mädchen nach in die Stube ging. In der Stube war eine Modelleisenbahn aufgebaut. Auf den Schienen fuhr in rasanter Geschwindigkeit ein Zug im Kreis herum, in dessen Mitte Mika stand, sich im Kreis drehte und johlend den Zug beim Fahren beobachtete. „Mika-chan!“ rief Moe ihre kleine Tochter, „Kyoko-chan und Kazuko-chan sind da!“ „Sie liebt diese Eisenbahn,“ erklärte Yunosuke Mikoto, „Ich hab sie ihr geschenkt, nachdem wir drei sie früher von Papa bekommen haben, und der hat sie von Tante Chidori bekommen, sogar die hat damit als Kind gespielt! Siehste mal, wie alt die ist. Aber noch voll fit, und Mika dreht sich den ganzen Tag im Kreis und guckt diesem blöden Zug zu, es sieht wirklich witzig aus, wenn man sie länger beobachtet.“ Mikoto musste lachen über diese Geschichte. Mika löste sich jetzt von ihrem Lieblingsspielzeug und sie und die beiden anderen Mädchen begannen, johlend durch die Stube und den Flur zur Treppe zu toben, die sie herauf stampften. Moes und Satoyas jüngstes Kind und Mikotos jüngste Cousine hatte die grünen Haare ihrer Mutter geerbt. Sie waren ein bisschen kürzer als Kyokos und meistens zu irgendwelchen Zöpfen gebunden – heute trug sie auf jeder Seite einen Zopf, und wie kleine Pinsel standen die Haare von ihrem Kopf ab und wippten beim Laufen. „Apropos Chidori, was macht die eigentlich?“ fiel Mikoto ein, „Neulich hab ich Sae mit June auf der Straße gesehen, du liebe Zeit, hab ich mich erschrocken, nur schwarz an, ist Sae auf Lack und Leder umgestiegen?!“ Moe fing lauthals an zu lachen bei Mikotos Worten und Yunosuke, der offenbar total die Peilung hatte, was den Rest der Familie anging, lachte sich auch halb tot. „Nee, nicht Lack und Leder, nur Totenköpfe, auf die steht sie irgendwie, glaub ich – sieht jedenfalls so aus, so wie sie rumläuft.“ „Das Kleidchen, das sie anhatte, war verdammt kurz…“ machte Mikoto skeptisch, „Wie alt ist die jetzt? Siebzehn?“ „Achtzehn,“ korrigierte Yunosuke, „Ja, stimmt, Takuma und ich beölen uns auch immer, wenn wir über sie reden, bei uns ist sie die Höher-als-Arsch-Kleid-Frau. “ „Wo steckt der eigentlich?“ machte Mikoto perplex, während Moe ihr einen Tee und Kekse anbot. „Irgendwo mit Tsumu unterwegs, die wollten auf irgendein Konzert von ihren bunten Visu-Freaks, die irgendwie alle wie Frauen aussehen, obwohl es Männer sind.“ Er gluckste und nahm sich auch einen Keks. „Wir wollen nachher mit den Mädchen schwimmen gehen! Jetzt, wo der Pool überdacht ist, geht das auch im Winter, deshalb solltet ihr ja Badezeug und Schwimmflügel mitnehmen. Mika freut sich schon seit ´ner Woche darauf und fragt jeden Tag ‚Wann geh ich mit Kazuko und Kyoko swimmen?!‘ … – das mit dem sch hat sie immer noch nicht so raus.“ Alle lachten. „Was ist hier denn für eine Gackerstunde?“ ertönte da eine verwirrte Stimme aus dem Flur, und als alle hochsahen, guckten Junya und Satoya um die Ecke in die Stube. Junya war auch gewachsen, aber er war dennoch noch ein ziemlich großes Stück kleiner als Yunosuke – kleiner als Souya, stellte Mikoto fest, hütete sich aber, das zu sagen, denn Junya regte sich tierisch auf, wenn man es wagte, ihn klein zu nennen. Vor zwei Jahren hatte er Chidoris Rat befolgt und war seiner Affinität zu Giften nachgegangen, seitdem unterrichtete sein Vater ihn in Medizinjutsus, was vor allem Sakura sehr stolz gemacht hatte. „Setzt euch zu uns,“ lud Moe die beiden winkend ein, „Bevor wir uns gleich die Mädels schnappen und schwimmen gehen, damit Mika aufhört, uns mit ihrer Frage zu nerven.“ „Oh nein, DIE Frage,“ beteuerte Junya, und Satoya gluckste, als die zwei auch in die Stube kamen. „Ich hab jetzt aber keinen Badeanzug mit…“ meinte Mikoto, „Ist es okay, wenn ich draußen bleibe? Also, ich setz mich gerne an den Rand, oder so.“ „Klar, mach das, Satoya geht ja auch nie rein,“ grinste Moe, und ihr Mann räusperte sich verlegen. „Das war ja auch nicht meine Idee mit dem dummen Pool,“ stöhnte er, „Ich hab glaube ich nicht mal ´ne Badehose, oder je eine gehabt außer bis ich zehn war oder so…“ „Auch kein Problem, dann springst du halt nackt rein,“ feixte Yunosuke, und Satoya zeigte ihm stumm den Vogel, worauf wieder alle lachen mussten. –– Als dann die große Stunde gekommen war und alle kleinen Mädchen in bunten Badeanzügen und die übrigen (außer Mikoto und Satoya) auch in Badesachen steckten, war Mika die Erste, die in den Pool sprang und dabei laut grölte. „Mika, spritz nicht alles nass!“ mahnte Satoya sie empört, als eine kleine Welle über den Rand auf seine Schuhe schwappte. Alle kleinen Mädchen hatten Schwimmflügel um die Arme gebunden bekommen. So ganz schwimmen konnten sie natürlich noch nicht, deswegen war immer jemand bei ihnen, der sie beobachtete, wie sie prustend im Wasser herum spaddelten. Das war meistens Moe, die auch im Wasser war, während Yunosuke und Junya sich lieber im Wasser kloppten. „Passt auf, dass ihr die Kleinen nicht so bespritzt!“ rief Moe irgendwann, „Die erschrecken sich, Kyoko-chan hängt schon ganz ängstlich am Rand!“ Die Kleine klammerte sich wirklich leicht panisch an den Rand und schluchzte verwirrt. „I-ich hab Wasser in die Augen gekriegt…“ „ACHTUNG, MIKA!“ brüllte Satoya plötzlich, als er sah, wie seiner Tochter ein Schwimmflügel abrutschte und sie gluckernd unterging wie ein Stein. Er sprang von seinem Hocker auf und angelte sofort nach ihr, als Moe erschrocken herumfuhr – da sie sich um Kyoko gekümmert hatte, war ihr das mit Mika völlig entgangen. „Oh mein Gott!“ schrie sie jetzt, „W-was ist passiert?!“ „Der ist abgeflutscht…“ keuchte Mika erstaunlich wacker, hustete ein paar Mal und war dann aber wieder völlig fit. „Der Schwimmflügel ist abgeflutscht!“ wiederholte sie und hustete erneut. „Das ist Yunosukes Schuld,“ petzte Junya, „Als Akira neulich da war, haben die hier voll den Scheiß im Pool gemacht mit Nii-san, sie haben sich Mikas Schwimmflügel um die Füße gemacht und haben versucht, so zu schwimmen…“ „W-was?!“ machte Satoya entsetzt, der der armen Mika den Rücken klopfte. Yunosuke lachte blöd. „Und wir haben Wettrennen auf dem Wasser gemacht, aber auf den Händen laufend, das war witzig… Akira hat sich fast voll auf die Fresse gepackt, aber er war voll cool, er wäre fast umgefallen und hat sich dann total posermäßig mit einer Hand und ´nem Chakrastoß weggestoßen und ist wie ´ne Kerze im Wasser gelandet.“ „Und Mikas Schwimmflügel leiern aus, wenn du Depp dir die an die Füße machst, kein Wunder, dass sie abrutschen! Komm, Mika, hau deinen Bruder mal!“ „Ja, böse böse!“ grölte Mika, als Satoya sie zu ihm hinhielt, und Yunosuke hielt ihr schuldbewusst eine Hand hin, die sie sanft schlug. „Aaaaua, Mika-chan… oh nein, meine Hand…“ Die drei Mädchen lachten sich tot über seine theatralische Stimme, bevor Satoya Mika wieder ins Wasser setzte. „So ein Schlamassel,“ seufzte er dann, als er sich zurück neben Mikoto setzte und den Kindern weiter beim Planschen zusah. Mikoto lächelte, als sie ihre kleine Tochter beobachtete, die fröhlich prustend im Wasser herum spaddelte und langsam müde wurde. „Was ich dich als Chefarzt mal so fragen wollte,“ fiel ihr ein, „Ich komm viel zu selten dazu, mich darum zu kümmern… was machen Seiji und Kanae? Wir haben heute Masami besucht, Kyoko-chan und ich… da hab ich mich gefragt, ob die zwei das auch schon mal gemacht haben…“ „Wieso fragst du mich das als Chefarzt?“ lachte er, „Nein, ich glaube, sie waren nie da. Verständlich, denke ich, es ist sicher schwer für sie beide.“ „Na ja, du bist ja derjenige, der sich um Onkel Seijis Tablettenkram kümmert, denke ich.“ „Das steht unter ärztlicher Schweigepflicht, Mikoto, drüber darf ich mit dir nicht sprechen. – Aber na ja, sie fangen sich beide ziemlich gut, habe ich das Gefühl. Man merkt Kanae zwar schon immer noch an, dass sie echt ´nen Einbruch in ihrer Art hatte, aber eigentlich ist sie wieder völlig die Alte, das beruhigt mich total. Seiji hat mal zu mir gesagt, er wolle einfach noch etwas Abstand vom Clan, weil der ganze Druck und das mit Masami ihn echt fertig gemacht hat… deswegen waren sie ja Weihnachten bei Kanaes Eltern und nicht bei meinen. Ich denke, sie sollten es langsam angehen; wenn sie nur einmal im Jahr zum Familienessen kommen, reicht ihnen das vielleicht erst mal. Wobei Kanae neulich, als sie mal mit her kam, gesagt hat, sie fühlte sich scheußlich, weil sie eine schlechte Oma wäre für die kleine Kyoko. Ich dachte, sie hätte sich inzwischen mal bei euch gemeldet.“ „Nö, bis jetzt nicht,“ kam von Mikoto, „Da bin ich ja beruhigt, dass die beiden okay sind. – Na ja, für sie beide dürfte es sicher nicht leichter sein, Masami zu sehen, als es für mich war, ich wäre fast gestorben heute Mittag. Aber Kyoko-chan scheint ihn zu mögen.“ „Hat er sich verändert?“ fragte Satoya sie leise, und sie senkte den Kopf. „Eigentlich… nicht. Doch, er ist distanzierter und kühler geworden, hatte ich das Gefühl. Also irgendwie war die ganze Atmosphäre ganz schön verklemmt… bei uns beiden. Aber ansonsten sieht er aus wie immer, redet wie immer und ist höflich wie immer, sogar zu den Wachmännern in der Anstalt. Aber das Essen passt ihm nicht, hat er gesagt.“ „Ach Gott,“ machte Satoya und musste kurz lachen, „Ja, Kanae hat früher irgendwann mal gemeckert, dass er beim Essen so irre wählerisch sei. Hat er von Seiji, der ist von unserer Mutter zu sehr mit gutem Essen verwöhnt worden… und meine Mutter hat gesagt, früher wäre kochen gar nicht ihr Ding gewesen, jetzt macht sie es aber ziemlich gut.“ „Davon überzeuge ich mich jeden Tag auf‘s Neue,“ bestätigte Mikoto lachend. Dann seufzte sie und streckte sich ein wenig auf dem Hocker, auf dem sie saß. Kyoko kam aus dem Wasser gekrabbelt und tapste zu ihrer Mutter, bei der sie sich auf den Boden setzte, nass wie sie war. Sie verschnaufte. „Na, bist du müde, Süße?“ „Ich mach nur ´ne Pause,“ verkündete Kyoko tapfer und verschnaufte weiter. „Kann ich was trinken?“ „Das hab ich vergessen,“ stöhnte Satoya, „Trinken. Das vergesse ich jedes Mal… ich hol dann mal Wasser für alle…“ „Ich sag‘s ja,“ machte Junya feixend, „Baut eine Minibar in den Pool, Papa!“ „Vergiss deine Minibar!“ schnaubte Satoya, „Verdien viel Geld und kauf sie dir selber.“ „Aber wenn wir ´ne Minibar hätten, müsstest du jetzt nicht ins Haus laufen und Wasser holen,“ gluckste der Sohn, „Bringst du mir ´ne Limo mit?“ „Wie heißt das?!“ „Bitte bitte?“ Satoya ging schnaubend davon und Yunosuke und Junya konnten sich weiter kloppen. Mikoto betrachtete das idyllische Zusammensein der halben Familie hier im Pool und fragte sich, wieso Masami den Clan so hasste. Sie dachte an Sakuras Worte: Wir sind… eine Familie. Wir halten zusammen, oder nicht?“ Ja, sagte sie sich innerlich, Das tun wir. Und wir werden verhindern, dass jemals wieder so eine Finsternis und so ein Desaster unsere Familie zu zerstören droht. Und ironischerweise hatten sie diese Einsicht irgendwie Masami zu verdanken. Denn allein durch sein makaberes Projekt waren sie zusammengewachsen und hatten danach aufgehört, gegeneinander zu kämpfen, sondern würden ab jetzt alle am selben Strang in dieselbe Richtung ziehen. Sogar ihre Mutter und Onkel Seiji vertrugen sich, seit Masami in der Klapse war, sie sahen sich nicht mal mehr giftig an. Nie waren die Familienessen so idyllisch und friedlich gewesen wie in den letzten drei Jahren. Vielleicht hatte Masami irgendwo tief im Inneren geahnt, dass es dazu führen würde – vielleicht hatte er gar nicht wirklich vorgehabt, sie alle einzusperren, sondern hatte sie alle nur gereizt, auf dass sie sich zusammenrissen und zu dem zusammenwuchsen, was selbst er Familie nennen würde. Mikoto erschrak – von dieser Seite hatte sie es noch nie betrachtet. Für welchen Zweck auch immer es sein mochte, Naoyas Tod war und blieb grauenhaft und in den Augen aller Beteiligten unnötig, aber was, wenn Masamis ganzes Projekt mit der Parallelwelt eigentlich nur dazu gedient hatte, sie zu einer Familie zu machen? Auch, wenn er dafür seine Freiheit und alles, was er je besessen hatte, geopfert hatte… Für einen besseren Zweck – Konohagakures Ruf und die Bänder der Familie? Er würde nie vorhaben, seine Tochter zu töten. Oder irgendwen. Mikoto erhob sich unwillkürlich und atmete heftig ein und aus, als ein eigenartig erleichtertes, glückliches und auch freies Gefühl sie erfasste. Plötzlich hatte sie keine Angst mehr, wenn sie an Masami dachte… oder daran, ihm vielleicht wieder zu begegnen in naher oder ferner Zukunft. In diesem Moment hatte Mikoto das Gefühl, diese Zukunft wäre gerade ein wenig näher gerutscht. Und sie lächelte sie an und winkte. fin -- Zu ENDE!! o___o omg, es ist echt zu Ende! ... zuerst: Anankasmus: http://de.wikipedia.org/wiki/Zwanghafte_Pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rung Schizophrenie: http://de.wikipedia.org/wiki/Schizophrenie An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Lesern und Schwarzlesern herzlich bedanken!^^ Vor allem natürlich bei meinen fleißigen Kommischreibern, es freut mich, dass nach drei Storys zu naruto immer noch so viel Aufmerksamkeit da ist ^////^ DANKE! ^o^ An die Admins: Häh? XDD wo sind denn bitte Kommentare von mir im Fließtext?! XD Habt ihr wohl verwechselt... da sind definitiv keine, sowas mache ich nie... o_O' Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)