Hoffnung zu Asche von matvo (Schatten und Licht, Band 2) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Bund für die Ewigkeit ------------------------------------ Die grellen Strahlen stachen selbst durch seine Lider in die Netzhaut und rüttelten ihn aus dem erholsamsten Schlaf seit seiner Krönung. Plötzlich jedoch kam ein Schatten über sein Gesicht und statt der Sonne streichelten zierliche Fingerkuppen seine Wange. Genüsslich schmiegte Van sich in die warme Handfläche. Diese Geborgenheit... „Öffne deine Augen, Liebling. Die Sonne lacht.“, sprach eine fürsorgliche Stimme zu ihm. Sie war wie aus einem Traum, einer alten Erinnerung, so überirdisch schön. „Mutter?“, fragte er und folgte ihrer Aufforderung. Einen Moment sah er ihr Antlitz so deutlich, dass sie es sein musste. Doch als sich sein Blick an das Licht gewöhnt hatte, erkannte er Hitomi umgeben von einer gleißend gelben Aura. „Ach, du bist es!“ Van war fast enttäuscht, aber nur fast. „Was für ein Morgengruß!“, erwiderte sie sarkastisch. „Uns steht echt ein lange Ehe bevor.“ Auf ihren Ellbogen gestützt, betrachtete sie ihn mit Funkeln in ihren Augen. „Hast du je daran gezweifelt?“, entgegnete Van todernst und rieb sich die Augen. „Wie lange hab ich geschlafen?“ „Fast einen ganzen Tag lang.“, antwortete Hitomi dankbar über den Themenwechsel und zog die Decke über seine Schultern. Die Gefahr eines Streits war real gewesen, wie ihr gerade klar geworden war. „Wie ein Baby!“ Van betrachtete sie liebevoll, wurde dann aber nachdenklich. Sie wirkte matt, längst nicht so lebendig wie am Vortag. „Was ist mit dir?“, fragte er besorgt und brachte seinen Kopf auf eine Höhe mit ihren. Hitomi lächelte geschmeichelt. Sanft küsste sie ihn. „Ich habe Wache gehalten. Diese Gegend ist nicht die sicherste.“ „Einen ganzen Tag lang?“ Van konnte nicht glauben, was er da hörte. „Wie es sich für eine Mutter gehört.“, antwortete sie schelmisch. „Das wirst du mir ewig vorhalten.“, klagte er sie vergnügt an. „Klar.“, bestätigte sie und drückte ihre Lippen auf seine Stirn. „Lass uns aufstehen! Ich möchte dir etwas zeigen.“ „Wieso denn?“, beschwerte er sich. „Es ist gerade so gemütlich.“ Ohne auf seine Einwände einzugehen, krabbelte sie aus dem gemeinsamen Lager und streckte sich. Zu ihn hinunter gebeugt bot sie ihn eine Hand an. Eine Göttin hätte keinen überwältigenden Anblick bieten können, ging es Van durch den Kopf. Verzaubert ließ er sich von ihr hoch ziehen und die wenigen Meter zum flachen See führen. Die Berührung des kühlen Wassers an seinen Füßen erinnerte ihn an den gestrigen Tag. „Was ist mit unserer Kleidung?“, fragte er verlegen. „Sie sind bestimmt längst trocken.“, versicherte Hitomi und führte ihn immer weiter in das Gewässer hinein. Plötzlich blieb sie stehen und umarmte ihn innig. Er erwiderte diese Geste der Einigkeit. Dabei hob er sie leicht an. Auf ihren Zehenspitzen stehend ruhte ihr Kinn auf seiner Schulter, ihre Schläfe war gegen seine gepresst. Die Berührung ihrer Brüste auf seiner Brust entfachte ein Glühen in seinen Lenden. „Breite deine Flügel aus!“, flüsterte sie. Es dauerte, bis Van ihre Bitte vernommen und verarbeitet hatte, doch dann folgte er ihr ohne zu zögern. Mit einem Schwung trat das blendend weiße Gefieder aus seinen Schulterblättern und verteilte ein Dutzend Federn in der Luft. „Lass dich gehen.“, forderte sie ihn auf. Er wollte sich das nicht zwei Mal sagen lassen, doch bevor er sie küssen konnte, strichen ihre Hände über seine Flügel und ein Strudel zog an seinem ungeschützten Bewusstsein. Ohne zu wissen, wie ihm geschehen war, fand er sich schwebend umgeben von einen grünen Schimmer über einem See wieder, der verdächtig dem ähnelte, in dem sein materieller Körper gerade stand. Der einzige Unterschied war der Mond der Illusionen, der majestätisch über die Nacht wachte. Neben ihn war seine Gefährtin. Sie hielt seine Hand und das selbe rätselhafte Licht umgab sie. Im Gegensatz zu ihn war sie jedoch nicht im Geringsten überrascht. „Hitomi, was ist mit uns passiert? Ist dies eine deiner Welten?“, erkundigte er sich verwirrt, woraufhin sie einen Finger auf seinen Lippen legte. „Nein, dies ist eine Erinnerung. Sieh hin, dann wirst du verstehen.“, erklärte sie gespannt. Van wollte sie gerade fragen, worauf er achten sollte, da entdeckte er eine Frau, die mitten im See stand. Sie trug ein elegantes, fremdartiges Kleid, das ihren oberen Rücken und ihre Schultern unbedeckt ließ. „Ist sie meine Mutter?“ staunte er. „Aber...“ „Ist das so schwer zu glauben?“, erwiderte Hitomi lächelnd. „Du selbst trägst diese Erinnerung. Ich habe dich nur zu ihr geführt.“ Van hörte ihre Worte, doch er verstand sie nicht und setzte zur nächsten Frage an, als ein helles Leuchten seine Gedanken unterbrach. Das Licht des blauen Mondes spiegelte sich plötzlich um ein vielfaches im Wasser wieder. „Was passiert hier? Warum zeigst du mir das?“ Van rang um seine Fassung. Er hatte gehofft sich nie wieder an diese Zeit des schmerzhaften Abschiede erinnern zu müssen. Eine Bewegung am Ufer des Sees erlangte seine Aufmerksamkeit. Halb im Schatten der Bäume verborgen, standen Vargas und sein Vater, beide in voller Rüstung und beobachteten das Profil seiner Mutter. „Warum?“, wiederholte er verzweifelt. Hitomi drückte seine Hand fester und sandte ein Gefühl der Zuversicht. Er konnte das Gefühl jedoch unmöglich teilen. „Das ist...“, staunte Vans Vater. Das schwarze Haar der Frau schwang im Wind gegen ihren Rücken und darüber hinaus. Ihre Hände schienen dieser Bewegung zu folgen, bis sie diese zur Seite ausstreckte, ihren Kopf in den Nacken legte und zwei mächtige Schwingen ihr langes Haar teilten. Vargas reagierte geschockt. „Eine vom Drachenvolk. Nachfahren von Atlantis, dem dämonischen Volk aus der Sage...“ Schützend stellte er sich vor seinem Herrn und legte die Hand an sein Schwert. „Geht zurück, Herr! Es ist zu gefährlich.“, verlangte er, doch der König packte mit einer Hand seine Schulter. „Hör auf, Vargas! Das soll ein Dämon sein? Sie ist so schön...“, entgegnete er fasziniert. „An so einem Dämon könnte ich mein Herz verlieren.“ „Herr...“, protestierte sein Gefolgsmann, doch er ließ sich nicht beirren. Ohne Vargas Beachtung zu schenken trat er in den See und schreckte dabei einen Vogelschwarm auf, der sich lautstark erhob. Vans Mutter wandte sich ihm zu und nahm ihre Flügel dabei in einer schwungvollen Bewegung mit. Der König blieb erst stehen, als er nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt war. „Ihr seid Goou von Farnelia, oder?“, fragte die Frau mit lieblicher Stimme. Ihr Blick war klar und ganz auf ihn gerichtet. „Woher kennt ihr meinen Namen?“, erkundigte er sich verwirrt. Dass eine Fremde so direkt und ohne Ehrfucht mit ihm sprach, war er nicht gewohnt. „Heute Nacht, wenn der Phantom-Mond über den westlichen Bergen steht, wird der Mann des Schicksals kommen.“, sagte sie auf. „Das wurde mir bei meiner Geburt prophezeit.“ „Schicksal?“, wunderte sich Goou. „Ja,“, bekräftigte sie. „dies ist eine schicksalhafte Begegnung.“ „Schicksal...Wie ist euer Name?“ „Varie.“ Van standen Tränen in den Augen. Ohne etwas zu sagen verfolgte er die Unterhaltung seiner Eltern. Sein Vater trat noch näher an seine Mutter heran und bot ihr seine starke Hand an. Sie legte ihre in seine und er umschloss sie sanft mit seinen Fingern. „Varie,“, sprach sie an. „würdet ihr mit mir kommen?“ „Ja, König Goou.“ Kurz nachdem sie dies seinem Vater versprochen hatte, riss das Bild ab und Van fand auf dem See wieder, genau an der Stelle, an der sich seine Eltern zum ersten Mal berührt hatten. Er hielt Hitomi inzwischen nicht mehr, sondern sie stand auf ihren eigenen Füßen. Von seinen Armen eng umschlungen lauschte sie an seine Brust gepresst dem gehetzten Herzschlag. „Vielen Dank, Hitomi.“, flüsterte er tief berührt. „Ich habe fast vergessen, wie meine Mutter aussah, wenn sie lächelte.“ „Du hast den Verlust deiner Eltern noch nicht überwunden.“, stellte sie fest. „Jedenfalls nicht ganz.“ „Nein,“, gab er zu. „obwohl Merle und auch Vargas seiner Zeit alles dafür getan haben.“ „Sie war nicht immer traurig. Sie teilt viele glückliche Erinnerungen mit dir, Falken und Goou.“ „Ja, ich wünschte nur ihr Glück hätte länger gedauert. Du hättest sie sehen sollen, wie sie am Bett meines Vaters weinte...“ „Es hat dir das Herz gebrochen.“, erwiderte sie voller Verständnis. „Ich habe es gesehen und glaube mir, dein Anblick hat mir fast das Herz gebrochen.“ Ihre Augen wandten sich ihm wieder zu. „Lass mich dir versichern, dass deine Mutter in keinem Augenblick irgendetwas bereut hat. In der kurzen Zeit, in der deine Eltern zusammen waren, liebten sie sich für ein ganzes Leben.“ „Ich glaube, ich verstehe.“, meinte er bedächtig. „Du möchtest mir damit sagen, dass bei uns genauso sein könnte. Schließlich brichst du bald nach Astoria auf und ich kann mir unmöglich sicher sein, dass du wiederkommst.“ „Nein, so ist es nicht. Ich komme zurück.“, versicherte sie entschlossen. „Vertrau mir!“ „Und wenn nicht?“, zweifelte Van. „Wenn du wirklich denkst, es könnte soweit kommen, dann liebe mich, hier und jetzt, für ein ganzes Leben, aber sperr mich nicht ein!“, forderte sie ihn auf. „Einverstanden.“, seufzte er. „Aber wir sollten dafür zurück zum Lager gehen.“ „Du hast recht.“, stimmte Hitomi grinsend zu. „Ich weiß auch schon, wie wir uns wärmen können.“ „Schön.“, neckte er sie verspielt. „Ich wollte schon immer wissen, ob du kochen kannst.“ „Ich brat dir gleich eine.“, erwiderte sie ebenso scherzhaft. Van küsste sie um seiner Freude Ausdruck zu verleihen, dann ließ er sie los. Das Wasser rauschte, während er ein paar Schritte zurück trat. Er nahm die gleiche Haltung ein, mit der sein Vater seine Mutter eingeladen hatte. „Hitomi, würdet ihr mit mir kommen?“ Daraufhin lächelte sie so warmherzig, dass er das Gefühl hatte, die Sonne würde an diesem Tag ein zweites Mal aufgehen. Mit der Gewissheit, dass dies ein Schwur für die Ewigkeit sein würde, vereinten sich ihre Hände. „Ja, König Van.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)