the collapse of sun and moon von SecondHandGefuehl (In Zusammenarbeit von GwYnPlAiNe und Autumncorpse) ================================================================================ Kapitel 2: frevelnd (Saphaelas Sicht) ------------------------------------- Ich spüre nur, wie immer weiter die Kraft aus meinem Körper weicht, die Energie, während das Brennen in meiner Kehle zunimmt, stärker wird, kratzt, anschwillt und seinen Hals noch verführerischer wirken lässt. Sein berauschender, etwas herber Duft umweht meine Nase und mir bleibt keine andere Wahl, als los zu lassen, von seinem Rücken zu rutschen, bevor es mich übermannt. Seine weiche Seite legt sich sofort unter mich, bereit mich vor dem Aufprall, wie vor jedem Schmerz, zu beschützen. Wir automatisiert schleppe ich mich vorsichtig von seinem Körper weg, muss einfach ein wenig Raum zwischen uns bringen, um klarer zu werden, den Durst zu unterdrücken, dass Verlangen nach Blut nicht übermächtig werden zu lassen. Immer wieder schießt dieser Gedanke durch meinen Kopf. Er würde es mir geben. Mein Bruder würde mir bereitwillig seine Kehle hin halten, seinen Lebenssaft wie auf einem Silbertablett servieren, dieses leicht bittere, so angenehm schmeckende Blut, das meine Zunge benetzen, meine Speiseröhre hinab laufen.. Nein, ich darf nicht daran denken. Ich bin kein blutdürstiges Monster, darf mich nicht von dem Verlangen beherrschen lassen, wie ein Tier nur für die Befriedigung meiner Begierden leben. Ich muss für ihn leben. Vorsichtig richte ich mich auf, suche nach meinem Bruder und entdecke seinen massigen Körper, seine Augen, wie er sich über mich beugt, so besorgt, wie eh und je. Sein Blick spricht Bände, als er mir seinen Hals hin hält. Ich schüttle nur schwach den Kopf. Mit einemal taucht ein großer rostbrauner Wolf vor mir auf, tritt zwischen ihn und mich, reißt mich aus Sevs Blickfeld und zieht damit seine Wut auf sich. Er knurrt, fletscht die Zähne und blickt mich aus diesen dunklen, fast schwarzen Augen heraus an, als hasse er mich. Ich fühle die Angst deutlich, wie sie in mir aufsteigt. Weg, ich muss weg. Stolpernd, strauchelnd versuche ich aufzustehen, kriche halb vor ihm davon, und bemerke zu spät den schwarzen Wolf, der vor mir auftaucht und mir den Weg versperrt. Die beiden Fremden wechseln einen Blick und scheinen sich abzusprechen, was mit mir geschehen soll, als plötzlich mein Bruder wieder neben mir auftaucht, in seiner menschlichen Gestalt. „Rührt sie nicht an!“ Noch immer dringt etwas, das einem drohenden Knurren nahe kommt aus seiner Kehle. Anscheinend versprechen sie sich vorerst nicht zu rühren, denn langsam dreht Sev sich zu mir um, während er noch versucht alle im Blick zu behalten. „Du musst trinken Ela! Wer weiß was sonst mit dir geschieht?“ „Ich kann nicht.“ Ich erkenne meine eigene Stimme kaum. War sie schon immer so rau und kratzig gewesen? „Ich will das nie wieder tun!“ „Aber du musst, verdammt!“ Plötzlich greift er nach irgendetwas und reißt sich die Kehle gefährlich nahe an der Halsschlagader auf. „TRINK!“ Er schreit es mir entgegen, doch ich nehme es kaum wahr, sehe nur das Blut seinen Hals hinab laufen, rotes, schmackhaftes Blut. Wie von selbst schießt mein Körper hoch, meine Fänge, pressen sich tief in seine Halsbeuge, saugen gierig jeden zu ergatternden Tropfen auf und entfesseln ein wahres Spektakel meiner Geschmacksnerven. Etwas bitter, aber angenehm, wundervoll, genau wie ich es in Erinnerung hatte. Mit jedem Sog fühle ich mehr Kraft in meinen Körper zurück kehren, Energie, die mich am Leben hält, Energie die ich meinem Bruder.. Urplötzlich dringt es wieder in mein Gedächtnis, Sev, mein Bruder, ihm entziehe ich seine Kraft. Vor Schreck stocke ich und werde auch schon von ihm weg gerissen. Ich hatte nicht bemerkt, wie die vier fremden Wölfe uns gepackt, wie Sev mich mit seinen Armen umschlungen, mich an seinen Hals gepresst hatte. Schmerzlich krache ich gegen den Baumstamm, rutsche daran herab und bin noch wie betäubt von dem Geruch, der mir weiter um die Nase weht. Erst als ich ihn sehe, wie er auf die Knie gefallen, da hockt, nach Luft schnappend, die blutende Wunde haltend, wird mir wirklich bewusst was ich getan hatte, schon wieder getan habe.. „Nein.“ Ein Schluchzen entringt sich meiner Kehle und lässt die Wölfe zu mir herum fahren, allen voran der rostbraune. Sev hebt ebenfalls langsam seinen Blick. Ich erkenne die Entschlossenheit und die leise Entschuldigung, die mir die Notwendigkeit vor Augen führen sollen, doch alles was ich sehe ist seine gebeugte Haltung, seine Schwäche. Immer wieder schüttle ich den Kopf und sinke nur noch weiter in mir zusammen. Nein, ich hatte es wieder getan, sein Blut getrunken, ihn verletzt und ausgenutzt. Sev will sich auf mich zu bewegen, doch die anderen Wölfe halten ihn zurück, wollen ihn von dem Monstern fernhalten, das ich bin, doch trotzdem zwängt er sich wutentbrannt an ihnen vorbei, auf mich zu und schließt mich schlussendlich erneut in seine warmen, schützenden Arme. Ich kann mich immer auf ihn verlassen, auf seinen Schutz, die Geborgenheit, den Teil Familie, der mir geblieben ist, so wie ich ihm geblieben bin. Er rutscht nicht einen Zentimeter von mir weg, als er sich wieder in den großen bronzefarbenen Wolf verwandelt, schirmt mich weiter von den anderen Wölfen ab, deren Beschluss ungewiss bleibt. Freund, oder Feind? Würden sie uns am Leben lassen, oder töten?.. Meine Hand wandert ganz selbstverständlich, während ich versuche diese Gedanken zu verdrängen, an seine fellüberzogene Wange und ich kraule ihn hinter dem Ohr. Wir müssen wohl ein seltsames Bild abgeben, ein Vampir, an einen Baum gelehnt, über ihr ein Wolf, den sie krault und leise wimmernd immer wieder um Vergebung bittet. „Es tut mir so leid Sev, so leid. Ich wollte das nicht, wollte es nie wieder tun und nun habe ich doch. Wenn ich nur nicht so schwach wäre, wenn ich mich gegen den Durst doch wehren könnte…“ Er unterbricht mich, indem er mit seiner großen feuchten Zunge einmal schwach über mein Gesicht leckt. Ich kuschle mich an ihn, nicht im geringsten beruhigt, nicht im geringsten überzeugt. Doch ich kenne meinen Bruder und es bleibt nichts mehr zu sagen, was er nicht schon von mir gehört hatte. Unzählige Male haben wir darüber diskutiert und immer war es abgelaufen wie jetzt. Er zwang mich zu trinken und wird es immer wieder tun, aber nächstes mal würde ich stark sein, das schwöre ich mir. „Ich liebe dich Sev.“ Und ohne das er etwas erwidert, weiß ich, das es ihm nicht anders geht. Wir klammern uns in dieser Welt an einander, wissend, das es nichts gibt, was je so viel bedeuten kann. Wieder leckt er mir quer übers Gesicht und ich muss fast ein wenig kichern, während er mir auch noch mit seiner Nase in die Seite stupst, doch als ich über seinen Kopf hinweg die ernsten Gesichter der anderen Werwölfe sehe halte ich abrupt inne. Sie sind so anders als er, so viel wütender, kaltherziger und so sehr voller Hass auf mich? Auf Vampire im Allgemeinen? Nicht zum ersten Mal keimt dieser Gedanke in mir auf, dass wohl viele Vampire so sein mussten wie.. jene.. Der Gedanke schmerzt, die Erinnerung und ich versuche sie schnell wieder im Schatten zu begraben. Ich zittere leicht, als ich meinen Bruder von mir weg schiebe und auf die Fremden deute. „Wir sollten ihnen folgen, oder?“ Sev blickt sich schnell zu allen Vieren um und will mich wieder auf seinen Rücken ziehen, als der rotbraune Wolf plötzlich, etwas unwillig vortritt. Anscheinend redet er wieder mit meinem Bruder, der lauter werdend knurrt und uneinsichtig seinen Kopf hin und her wirft. „Was sagen sie?“, frage ich vorsichtig und stupse den bronzefarbenen von der Seite an. Sein Kopf schnellt zu mir herüber und er schaut mich aus großen Augen an, als plötzlich der rotbraune einen weiteren Schritt nach vorn macht und nun direkt neben mich tritt. Unschlüssig, wie ich das auffassen soll starre ich ihn ein wenig erschrocken an. Diese großen fremden Werwölfe machten mir schon ein wenig Angst, seit ich das erste Mal direkt in ihre Augen gesehen hatte und auch eben dieses Gefühl breitet sich jetzt in mir aus. „Was willst du von mir?“ Meine Stimme zittert leicht und bricht sobald das tiefe Grummeln aus dem Rachen des Roten erklingt. Er beugt sich ein wenig herunter und versucht mir anscheinend zu verstehen zu geben, dass ich aufsitzen soll, doch Sev macht ihnen einen Strich durch die Rechnung, stößt mich von den Füßen, sodass ich auf seinen Rücken falle und mich vor Schreck sofort in seinem Fell festkralle. Was haben sie bezweckt? Sollte der andere mich etwa tragen? Aber warum? Mein Bruder setzt sich ungewohnt langsam unter mir in Bewegung und ich erkenne sofort was los ist und springe wieder von seinem Rücken, was alle Werwölfe in Angriffsstellung gehen lässt. „Ich kann allein laufen. Du musst deine Kräfte schonen.“ Er murrt kurz, lässt mich dann aber doch meine eigenen Beine gebrauchen, obwohl er nicht einen Moment von meiner Seite weicht und ich nun von fünf Wölfen flankiert werde, bis wir eine einsame Hütte im Wald erreichen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)