All you need is love von blumenpups (All you get is trouble (ZoTa) *Kapitel 20*) ================================================================================ Kapitel 9: Trouble at Shadow Eleven ----------------------------------- Hallo zusammen! Ich dachte, ich stell das neue Kapitel lieber jetzt schon hoch, sozusagen als Entschädigung dafür, dass es das letzte Mal so lange geladen hat ^^° Aber bevor es losgeht: Kommi-Kommis! Das wollt ich schon immer mal machen, und diesmal hab ich sogar Zeit!!! @ Lady_Tashigi: Ach, Zorro muss dir doch nicht Leid tun...XDDDD Jedenfalls noch nicht ^^ Da kommt noch einiges auf die beiden zu, also...versink nicht zu sehr in Mitleid für den Marimo ^.~ @ Monny: Klar schreib ich schnell weiter XD Wenn ich ehrlich bin, war das hier schon fertig, bevor das andere on war, von daher...aber ich muss ja, sonst krieg ich keinen Douji ^.~ @ all: Viel Spaß beim lesen! *kekse hinstell* Chapter 9: Trouble at Shadow Eleven Ruhe bewahren. Einfach nur Ruhe bewahren. Kurz huschte sein Blick durch die schmalen, dunklen Gänge, die sich glücklicherweise wie ausgestorben vor und neben ihm erstreckten. Er zupfte sich die ungewohnte Uniform gerade, verfestigte den Knoten des marineblauen Halstuches an seinem Kragen und zog sich die obligatorische Mütze eines Kadetten tiefer ins Gesicht, damit niemand sein grünes Haar erkennen konnte. Der Besitzer dieses Tuchs lag bewusstlos vor ihm auf den Boden, Hände und Füße gefesselt und einen alten Lappen in den Mund gestopft. Er musste ihn noch irgendwo verstecken, aber momentan war seine Tarnung eindeutig wichtiger. Schnell wickelte er sich sein schwarzes Bandana um das rechte Handgelenk und zurrte es mit Hilfe der Zähne fest. Seine Schwerter legte er sich wieder um die Hüften, während er fieberhaft überlegte, was nun zu tun war. Schwachsinniger Plan, befand er gedanklich und stieß synchron dazu ein schweres Seufzen aus. Vor drei Tagen noch hatte Nami ständig gewettert, dass Ruffys und seine Kopfgelder zu hoch waren, hatte ihn nicht mal den kleinen Zeh an Land setzen lassen, und jetzt verlangte sie von ihm, sich als Marinesoldat zu verkleiden und Ace’s Zelle ausfindig zu machen, wohl wissend, dass die Tarnung allein wegen seiner Schwerter nur allzu rasch auffliegen würde. Als ob irgendjemand darauf reinfallen würde, dass er, Lorenor Zorro, bei der Marine war. Pah. Aber Nami-Mäuschens Plan ist der Einzige, den du momentan hast, also hör auf dich zu beschweren, Kaktusschädel, neckte die Stimme des blonden Smutjes ihn und lachte leise. Zorro verdrehte genervt die Augen, beugte sich herunter und fasste den ohnmächtigen Kadetten unnachsichtig am Handgelenk und schleifte ihn hinter sich her, geradewegs voran zu einer Besenkammer, in die er ihn verfrachtete und seinem Schicksal überließ. Er hätte einiges dafür gegeben, wenn diese dämliche Stimme in seinem Hinterstübchen ausnahmsweise mal die Klappe gehalten hätte – oder wenigstens die Stimme von jemand anderen annehmen würde. War sie zu Anfangs nur recht selten aufgetaucht, um ihm auch noch den letzten Nerv zu rauben, so mischte sich Sanjis Stimme mittlerweile unangenehm oft in seine privaten Angelegenheiten und Gedanken ein. So oft, dass Zorro sich mittlerweile schon öfter dabei erwischt hatte, wie er den leibhaftigen Koch wütend in Grund und Boden starrte, ohne dass der sich auch nur einer Schuld bewusst gewesen wäre. Sanji konnte nichts für seine merkwürdig verdrehte Psyche, das wusste er selbst gut genug, aber es wurmte ihn schon gewaltig, dass sein Unterbewusstsein gerade den blöden Kesselschrubber für diesen Job auserkoren hatte. Wobei… Ein kurzes Grinsen huschte über seine Gesichtszüge. Alle anderen Crewmitglieder wären wohl aus vielerlei Gründen denkbar ungeeignet gewesen. Ihm graute es allein bei der Vorstellung, wie es wäre, wenn Nami die Stimme in seinem Kopf wäre und verwarf den Gedanken ebenso schnell, wie er gekommen war. Außerdem ließ sich daran eh nichts ändern, Punkt, Aus, Ende. Nicht, dass er es nicht schon versucht hätte… Ganz unangenehm war es vor einigen Tagen gewesen, als er sich übelgelaunt und unausgeschlafen mit einer Flasche Sake in der Kombüse niedergelassen hatte. Sanji, der gerade das Abendessen vorbereitet hatte, war zu recht angepisst gewesen, als er grundlos rumgemotzt hatte, er solle endlich mal die Fresse halten – wo er doch gar kein Wort gesagt hatte. Aber er hätte ihm ja nicht unbedingt Messer hinterher werfen müssen… Wenn du deine Gedanken nicht mehr von der Realität unterscheiden kannst, bist du das doch selbst Schuld, Vollidiot, kicherte die Stimme sofort los und Zorro verdrehte mitten auf dem Gang die Augen und versuchte angestrengt, sie bei Seite zu drängen. Erfolglos, wie immer. Aber er hatte jetzt andere Dinge, auf die er sich konzentrieren musste. Ace saß schließlich schon viel zu lange hier drin fest und die Hinrichtung war für heute Nachmittag angesetzt, also wurde es höchste Eisenbahn, ihn zu befreien. Das sie so verhältnismäßig lange gebraucht hatten, einen Eternal Port zu finden und die Strecke bis hierher zu bewältigen, hatte allerdings auch seine Vorteile gehabt. Mittlerweile waren seine Rippen so gut wie vollständig geheilt und lediglich das Handgelenk bereitete ihm noch Probleme – kein Wunder, wo er es nie wirklich ganz ruhig gehalten hatte, wie Chopper es ihm aufgetragen hatte. Warum Nami ausgerechnet ihn damit beauftragt hatte, sich in Shadow Eleven einzuschleichen oder was die anderen in der Zeit machten, hatte er zwar nicht mehr ganz im Kopf, aber er gab immerhin eine bessere Wahl ab als Ruffy, und das stimmte ihn einigermaßen milde. Du bildest dir doch nicht tatsächlich auch noch was drauf ein, nicht ganz so hirnverbrannt wie der Kautschukkasper zu sein, oder? höhnte Sanji gnadenlos weiter und Zorro war zum hundertsten Mal versucht, der Stimme das Maul zu stopfen. Das Vorhaben gestaltete sich allerdings etwas schwierig, solange die Stimme im eigenen Kopf saß, und unter schadenfrohem Gelächter bestritt er den Weg ins Ungewisse. Er war hier falsch, das war klar wie Kloßbrühe, denn wenn Ace hier irgendwo in der Nähe untergebracht wäre, dann würde es wahrscheinlich nur so von Soldaten wimmeln. Genervt fuhr er sich durch das Gesicht und sah sich erneut um. Immer noch keiner in Sichtweite, und er wusste nicht, ob das nun gut oder schlecht war. Als Nami ihm schonungslos eröffnet hatte, dass Smoker mit seiner Truppe auf dieser Insel lagerte, um die Hinrichtung zu überwachen, hatte es ihn beinahe vom Stuhl geworfen. Auch jetzt noch, viele Stunden später, war er sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Okay, Smoker würde kein Problem darstellen, sobald Ace wieder auf freiem Fuß war und von den Seesteinhandschellen befreit, denn Ruffys großer Bruder war einer der wenigen, die gegen den Stinkstiefel ankamen und so würde er sich wahrscheinlich nicht einer erneuten Tortur stellen müssen. Ein weitaus schwerwiegenderes Problem stellte jedoch sein Leutnant dar, der ihm immer noch nicht aus dem Kopf ging. Verliebt, verlobt, verheiratet…geschieden!, krähte Sanji fröhlich. „Halt deine verdammte Schnauze, Kochlöffel“, murmelte Zorro genervt und bog um die nächste Ecke – nur, um zur Salzsäure zu erstarren. Das durfte doch nicht wahr sein. Wenn man vom Teufel denkt, Marimo! Eher ungewollt und unbewusst hatte Tashigi die ganze letzte Woche über Ausschau gehalten. Nach Anzeichen von den Strohhüten, nach wertvollen Schwertern, die sie kannte, nach einem grünen Haarschopf in der Menge der Passanten, die tagtäglich durch die Straßen der kleinen Stadt eilten. Nach einem Schiff mit einer unverkennbaren Galionsfigur, nach einem Strohhut…einfach irgendetwas, das darauf hindeuten könnte, dass Monkey D. Ruffy beschlossen hatte, seinem großen Bruder zur Hilfe zu eilen. Bisher recht erfolglos. Einige Male hatte sie gedacht, den Schwertkämpfer zu sehen, doch es hatte sich immer als einer ihrer vielen Tagträume herausgestellt, und im Nachhinein hatte sie nie wirklich sagen können, ob sie nun erleichtert oder enttäuscht war. Mittlerweile hatte sie die Hoffnung beinahe aufgegeben, noch irgendjemanden von der Strohhutbande zu Gesicht zu bekommen, und sie kam nicht umhin, wirklich enttäuscht darüber zu sein. Sie hatte gedacht, dass der Trupp Puma D. Ace sofort zur Hilfe eilen würde, und es erschütterte sie, dass sie es offensichtlich nicht taten. Sie hätte die Bande anders eingeschätzt. Smoker auch, denn mit jedem Tag, an dem die Piratenbande nicht auftauchte und in die Marinebasis einzudringen versuchte, sank seine Laune weiter unter den Meeresspiegel. Heute hatte seine schlechte Laune ihren Tiefpunkt erreicht und sie ging ihrem Vorgesetzten lieber aus dem Weg, statt sich von ihm anblaffen zu lassen wegen nichts und wieder nichts. Sie hatte wirklich kein einfaches Los mit diesem Käptain gezogen, aber einen anderen konnte sie sich auch nicht vorstellen. Er konnte auch ganz anders sein…aber eben nur, wenn er wollte. Keinen von ihnen beiden heiterte es auch nur im Geringsten auf, dass Whitebeards Vizekapitän heute seinen Tod durch die Hand der Regierung finden würde – im Gegenteil. In den vergangenen Tagen war sie oft unten in dem Zellenblock gewesen, in dem Puma D. Ace untergebracht war und sie hatte die Gelegenheit bekommen, ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Obwohl seine Essensrationen unmenschlicher Weise eher rar gesät waren – sie hatte sich dafür eingesetzt, dass das geändert wurde und ihm in der Zwischenzeit immer wieder etwas mitgebracht – und die Seesteinketten ihn wohl schwächen mussten, war sein sympathisches Grinsen unerschütterlich gewesen und sie kam einfach nicht drum herum, ihn auf ihre ganz eigene Art zu mögen. Ihr wäre es lieber, viel, viel lieber, wenn er heute nicht hingerichtet werden würde. Und das führte ihre Gedanken wieder zurück zu den Strohhutpiraten und der Frage, wo zum Geier die eigentlich abblieben. Sie hatte fest damit gerechnet, dass sie kommen würden, sie hatte dem Treffen regelrecht entgegen gefiebert, und nun kamen sie nicht? Das wollte immer noch nicht in ihren sturen Schädel hinein und es passte auch so gar nicht zu dem Bild, das sie sich von ihnen gemacht hatte. Ihre Gedanken kehrten zurück zu dem sommergesprossten Gefangenen, der mittlerweile an einem ganz anderen Ort untergebracht worden war – auf Smokers Befehl, schließlich wusste man ja nie – und sie spielte mit der Versuchung, ihn noch ein letztes Mal besuchen zu gehen. Von seiner lockeren, spöttischen Art erinnerte er sie ein wenig an einen ganz bestimmten Schwertkämpfer, den sie seit beinahe zwei Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Eigentlich keine lange Zeit, aber lang genug, um sie immer wieder in Zweifel und Widersprüche zu stürzen, nach denen sie nicht mehr wusste, was sie eigentlich über ihn denken sollte. Am besten gar nichts, ermahnte sie sich. Sie schob die Hände in die Jackentaschen und ihre Finger stießen auf den mittlerweile schon arg mitgenommenen Zettel, der ihre trüben Gedanken sofort vertrieb und ihr ein Lächeln auf das Gesicht zauberte. Die Schritte ganz in ihrer Nähe ignorierte sie und blickte weiter verträumt durch die Gegend. Eigentlich wusste sie selbst nicht, warum dieser Wisch sie jedes Mal, wenn sie sich an ihn erinnerte, in Hochstimmung versetzte. Aber eigentlich war sie ja auch Marinesoldatin und sollte nicht so über einen Piraten nachdenken, geschweige denn sich mit einem zum Tode verurteilten gewissermaßen anfreunden. Was konnte sie denn dafür, dass Ace behauptet hatte, sie wäre „gar nicht mal so bescheuert, wie die anderen Marineheinis“? Sie vertrieb diesen Gedanken mit aller Macht und blickte schließlich auf, als die Schritte vor ihr abrupt innehielten – und ihr entgleisten die Gesichtszüge. Vor ihr stand niemand anderes als der Schwertkämpfer, der sie ohnehin schon in jeder freien Sekunde beschäftigte und auf den sie gewissermaßen gewartet hatte. Als sie sich wieder halbwegs gefasst hatte, fiel ihr zunächst einmal ein Stein vom Herzen – wo Lorenor war, konnte der restliche Trupp nicht weit sein und das hieß, dass Ace so gut wie gerettet war. Dann verspürte sie den Impuls, schallend loszulachen, als sie die sich die Verkleidung ansah, in der er sich gehüllt hatte und die so wenig zu ihm passte, wie Feuer zu Wasser. Letztendlich runzelte sie jedoch wieder bloß bedenklich die Stirn und ihre Hand schnellte zu Shigule’s Griff, bereit zuzuschlagen, als sie sich wieder daran erinnerte, dass sie bei der Marine war und ihr ein potenzieller Feind gegenüber stand. Der Grünhaarige vor ihr seufzte jedoch nur resignierend und kratzte sich mit der linken Hand am Hinterkopf. „Muss das sein?“, fragte er sichtlich entnervt, die Augenbrauen dicht zusammengezogen. Sie antwortete nicht. Noch nicht. Zumindest nicht, bevor sie sich wenigstens halbwegs über ihre Gefühle im Klaren war. Bis dahin hielt sie die rechte Hand sicherheitshalber an ihrem Schwert, um im Falle des Falles einen unerwarteten Angriff parieren zu können. Allerdings war sie sich gar nicht mal so sicher, was sie jetzt tun sollte. Rein theoretisch müsste sie jetzt wohl zumindest versuchen, ihn gefangen zu nehmen, aber praktisch war das eine ganz andere Sache. Auch wenn es sie mehr frustrierte, als all ihre widersprüchlichen Gefühle zusammengenommen, sie wusste, dass sie gegen Lorenor keine Chance hatte, dass sie noch nicht stark genug war, um ihn zu besiegen. Erschwerend hinzu kam noch die Tatsache, dass sie den grünhaarigen Kerl eigentlich gar nicht hinter Gittern sehen wollte. Sicher, vor ein paar Wochen wäre das noch eine äußerst angenehme Vorstellung gewesen, aber in der Zwischenzeit hatte sich zwischen ihnen so viel verändert, dass dieser Gedanke vollkommen inakzeptabel war. Allein die Erinnerung daran, wie er sie bei dem letzten Kampf zwischen seiner und ihrer Mannschaft angesehen hatte, jagte ihr kalte Schauer über den Rücken. Noch immer schämte sie sich dafür, nicht zumindest den Versuch unternommen zu haben, in das Geschehen einzugreifen. Aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass er das nicht gewollt hätte. Immerhin war sie drauf und dran gewesen, sich einzumischen und dem Wahnsinn ein Ende zu setzen, doch sein entschlossener, fester Blick hatte sie letztendlich davon abgehalten. Gerade so, als wollte er nicht, dass sie ihre Stellung als Leutnant riskierte, selbst, wenn es sein Leben retten konnte. Für eine Weile hatte sie tatsächlich das Gefühl gehabt, dass sie ihm etwas bedeutete, doch in den letzten Tagen hatte sie sich erfolgreich davon überzeugen können, dass das vollkommener Humbug war – denn ansonsten würde er sich ja wohl zumindest ein bisschen freuen, sie zu sehen. Davon war aber rein gar nichts zu sehen. Im Gegenteil. Eine Weile lang betrachtete Zorro sie aus sicherer Entfernung und versuchte, ihre Mimik einzuschätzen, die so unergründlich war wie das Meer. Ihm entging jedoch nicht, dass sie eine Hand beinahe sofort an ihr Schwert gelegt hatte und das allein war ja eigentlich schon aussagekräftig genug. Bei allen Leuten, denen er hätte in die Arme laufen können, begegnete er gerade ihr. Er versuchte nicht einmal, diese Ironie des Schicksals zu verstehen, denn dafür hatte er ganz eindeutig zu wenig Zeit. Er seufzte lautlos und wartete darauf, dass sie etwas sagte, aber sie schien tief in Gedanken versunken und starrte ihn so merkwürdig an, dass ihm langsam aber sicher unwohl wurde. Das heiße Gefühl, dass bei ihrem Anblick durch seinen Körper gelaufen war, verebbte so schnell, wie es gekommen war, sein Herz pochte langsam aber sicher wieder in einem normalen Rhythmus und gleichzeitig hatte er das unbestimmte Gefühl, seine Eingeweide würden Twister spielen, so energisch, wie sie sich unter ihrem Blick verknoteten. Erde an Marimo: BEEIL DICH!!! Wir haben nicht ewig Zeit, und so süß der Leutnant ja auch sein mag, könntest du die Güte haben, deinen Blick von ihr loszureißen und nach Ace zu suchen, oder muss ich dir erst in deinen fetten Arsch treten?! Der Schwertkämpfer verdrehte genervt die Augen und nahm sich fest vor, Sanji bei der nächsten Gelegenheit zu erwürgen. Wenn der Koch tot war, würde vielleicht auch diese blöde Stimme endlich aufhören, haltlos und ungefragt vor sich her zu quasseln und ihn herumzukommandieren. Zu seinem Leidwesen hatte sie jedoch ausnahmsweise einmal Recht – er sollte sich nicht so lange aufhalten lassen, und wenn Tashigi ihm sowieso nichts zu sagen hatte, dann konnte er auch gehen und sich diesem Problem später widmen. Dazu dürftest du dann allerdings keine Zeit mehr haben, warf Sanji altklug ein. Zorro schenkte ihm keine Beachtung, drehte sich um und stapfte zurück in den Gang, aus dem er gekommen war. Entweder war es Zufall, dass sie genau in diesem Moment aus ihren Gedanken aufschreckte, oder aber, sie hatte seinen Abgang tatsächlich zur Kenntnis genommen, denn kaum, dass er um die Ecke bog (Links, Schwerthenne! LINKS!!! Das ANDERE links, du Volltrottel!), konnte er hinter sich entschlossene Schritte hören. „LORENOR!“, rief sie ihm dann nach und er konnte nicht beurteilen, ob sie wütend, frustriert oder irgendetwas anderes war. Und obwohl gerade das ihn brennend interessierte, ging er einfach weiter, Sanjis meckernde Stimme im Hinterkopf ignorierend. So energisch wie er voranschritt, wurden die Schritte hinter ihm langsam aber sicher immer leiser, bis sie schließlich ganz verebbten. Auch Sanjis wütendes Keifen erstarb schließlich, als er erneut um eine Ecke bog und den Leutnant einfach hinter sich ließ. Knurrend setzte er seinen Weg ins Unbestimmte fort und beschloss, sich gar nicht weiter um Tashigi zu kümmern – und erst recht nicht über sie nachzudenken. War ihm doch egal, dass sie bei seinem Anblick stocksteif wurde und sich anscheinend nicht zwischen den vielen Möglichkeiten, einen Mord zu begehen, entscheiden konnte. Was hatte er auch erwartet? Ein Lächeln? Ein Dankeschön? Ganz bestimmt nicht. Nicht jetzt, nicht hier, nicht von ihr. Und nicht in diesem Leben. Schon damals, als er sie vor einer Bande besoffener Halbstarker gerettet hatte, hatte sie am nächsten Morgen nichts Besseres zu tun gehabt, als ihn für jegliches Scheitern in ihrem Leben verantwortlich zu machen. Mit ihrem gnadenlosen Rumgekeife übertrumpfte die Frau Nami um Längen! Und dann auch noch diese haltlosen Vorwürfe gegen ihn – als ob er ihr auch nur ein Haar gekrümmt hätte. Doch anstatt einfach mal vernünftig nachzufragen, wie ihr Arsch eigentlich von der Straße in ein gemütliches, warmes Bett inklusive Astralkörper gelandet war, ergriff sie lieber ihr Heil in der Flucht, nur um wenige Stunden später mit gezücktem Schwert auf ihn loszugehen! Wo war bloß all die Gerechtigkeit hin, die es angeblich auf dieser Welt geben sollte?! Wir haben Gott gestürzt, schon vergessen? erinnerte Sanjis Stimme ihn, und Zorro bemerkte nicht einmal ansatzweise, dass sie viel vorsichtiger und einfühlender als sonst klang. Es interessierte ihn aber auch nicht. „Was hat das denn mit Gott zu tun?!!“, fauchte er stattdessen wütend in den leeren Gang hinein und trabte weiter. Hatte er ernsthaft erwartet, dass sie ihn freudestrahlend begrüßen würde? Nein, eigentlich nicht. Dass sie ihm zumindest ein wenig dankbar war, dass er ihr und dem gesamten Rest der Marineheinis dieses Tentakel-Vieh vom Leib geschafft hatte? Nicht wirklich. Doch, eigentlich schon. Ein bisschen zumindest. Du bist in sie verliebt. „Bin ich NICHT!“, fuhr Zorro wütend auf und machte mit der unverletzten Hand eine unwirsche Bewegung in der Luft, als würde er versuchen, eine lästige Fliege zu verscheuchen. Aber Sanji blieb auch in diesem Punkt unerbittlich. Bist du doch, stellte er trotzig klar. Oder warum denkst du den lieben langen Tag an sie? Warum hast du dich insgeheim so diebisch darüber gefreut, dass sie dir über den Weg gelaufen ist? „Halt. Deine. Klappe. Ich muss mich konzentrieren, Kesselschrubber!“ Du findest den Weg sowieso nicht, gib’s auf. Und du liebst sie doch. Sonst wärst du nicht annähernd so enttäuscht. Da konnte Zorro ihm nicht widersprechen, also presste er die Lippen fest zusammen und verkniff sich einen weiteren, viel zu lauten Fluch, der ihm auf der Zunge lag, als ihn jemand am Handgelenk packte und herumriss. Ein blendend heißer Schmerz zuckte durch seinen rechten Arm, einen Moment war er versucht, aufzustöhnen und biss sich gerade noch schnell genug auf die Zunge, um es zu unterdrücken. Seine unverletzte Hand legte sich automatisch an seine Schwerter, doch er ließ sie in der Scheide, kaum dass er erkannt hatte, wer vor ihm stand. Gerade war sie zu dem glorreichen Entschluss gekommen, ein letztes Mal gegen den Marinecodex zu verstoßen und für den Anfang nichts zu tun, als der gegnerische Schwertkämpfer ihr den Rücken zuwandte und den Rückzug antrat. Für ein paar Sekunden blieb sie reglos stehen und sah dabei zu, wie sein breiter Rücken in den nächsten Gang verschwand, dann blinzelte sie irritiert und dann…ja, dann setzte sie ihm entschlossen nach und verwarf in sekundenschnelle sämtliche Pläne, die sie sich vielleicht doch irgendwo zurechtgelegt hatte. „LORENOR!!!“, rief sie ihm nach und versuchte angestrengt, mit ihm Schritt zu halten – was gar nicht so einfach war, schließlich war er so ziemlich genau einen Kopf größer als sie. Und so hatte er in kürzester Zeit sieben Meter Abstand zwischen sie gebracht. Sie war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte. Okay, er hatte sie nicht gerade freudestrahlend angegrinst, als er sie erblickt hatte – ja, gut, er war genervt, so gar nicht erfreut – aber trotzdem! War das irgendeine blöde Marotte von ihm oder lag es an ihr, dass er sie andauernd irgendwo stehen ließ?! Entschlossen, sich das so nicht bieten zu lassen, nahm sie die Verfolgung wieder auf, nur um ein paar Meter weiter erneut irritiert stehen zu bleiben, als der Grünhaarige lauthals zu keifen begann. „Kesselschrubber?“, echote sie ungläubig – und konnte erst einmal so gar nichts davon halten. Dann flammten Wut und Enttäuschung gleichermaßen heiß und ungezügelt in ihr auf. Wie hatte sie nur so blöd sein können?! Nichts hatte sich zwischen ihnen verändert, nicht einmal ansatzweise, und allein deshalb würde sie sich seine Beleidigungen auch nicht bieten lassen. Zwar hatte sie keine Ahnung, was in Lorenor’s sturem Kopf jetzt schon wieder vorging, aber ungeschoren würde er ihr nicht davonkommen. Wie kam der denn bitte auf Kesselschrubber?!! Innerhalb von Sekunden hatte sie aufgeholt und riss ihn am Handgelenk zu sich herum, bemerkte nicht, wie er vor Schmerz zusammenfuhr oder wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich. Wütend funkelte sie ihn durch die Brillengläser hinweg an, fest entschlossen, ihm mal ordentlich die Meinung zu geigen – denn anscheinend hatte das zu lange keiner mehr getan. In diesem Moment interessierte sie herzlich wenig, ob der Herr Schwertkämpfer gerade einen Termin für sie frei hatte oder nicht, und als er den Mund öffnete, um ihr irgendetwas entgegenzuschleudern, ließ sie ihn gar nicht erst zu Wort kommen. Um ihn an der Flucht zu hindern umklammerte sie sein Handgelenk nur noch fester. „Jetzt hör mir mal gut zu, du arroganter Mistkerl! Ich bin noch nicht fertig mit dir! Du kannst mich nicht andauernd stehen lassen, wie es dir grade in den Kram passt – auch, wenn du nicht mit mir kämpfen willst! Ich hab da schließlich-“ „Lass-“ „Nein, verdammt, ich lass dich nicht los, Lorenor!“, fuhr sie grob dazwischen und schöpfte kurz Atem, um ihm ihre Wut dann erneut entgegenzuschleudern. Es war lächerlich, aber jetzt war sie sich sicher, dass da irgendwo mehr gewesen war. Sie war doch tatsächlich so dumm gewesen, ihm irgendwo glauben zu schenken, dem Kuss irgendeine höhere Bedeutung beizumessen. Er hatte die Falle gelegt und sie war geradewegs ahnungslos hineingetappt – schon wieder. Die Enttäuschung darüber wollte sie sich noch nicht eingestehen, dafür war später immer noch genug Zeit, aber die Wut, die brauchte dringend ein Ventil. Und was bot sich da besser an, als der personifizierte Sündenbock? „Macht es dir Spaß, mich nach Strich inklusive Faden für dumm zu verkaufen, Arschloch?!“, fuhr sie ungebremst fort und ihr Blick verschwamm unter den Tränen, die ihr nun heiß in die Augen schossen. Aber sie dachte ja gar nicht daran, jetzt schon aufzuhören. „Wenn ich dir so verdammt scheiß egal bin, wie du immer tust, warum hast du mir dann das Leben gerettet?! Ist es, weil ich eine Frau bin, oder-“ „Verdammt noch mal-“ „Jetzt fang nicht schon wieder mit der erbärmlichen Meine-Freundin-ist-tot-und-du-bist-ihr-so-ähnlich-Tour an!!!“, fuhr sie noch ein wenig weiter auf, blinzelte sich wütend die Tränen aus den Augenwinkeln und holte mit der freien Hand aus, nur um ihre geballte Faust auf seine Brust zu schlagen. Er wehrte sich nicht einmal. Beinahe hatte sie den Eindruck, er wäre sogar noch ein wenig näher gekommen… „Ich bin nicht deine Freundin, ist das klar?! Und wenn du sie genauso behandelt hast wie du es bei mir tust, dann ist sie wahrscheinlich froh darüber, von dir weg zu sein! Egal auf welche Weise!!“ Sie hatte die dumpfe Vorahnung, dass sie einen Schritt zu weit ging, doch sie verdrängt dieses Gefühl sofort wieder. Momentan hatte sie beim besten Willen keinen Platz für Mitleid, ganz besonders nicht für ihn. Nicht, wo sie sich schon wieder so hintergangen vorkam und sich eingestehen musste, den Piraten völlig falsch eingeschätzt zu haben. „Lass mich lo-“ „War das ein abgekartetes Spiel?!“, verlangte sie nun brüsk zu wissen und hatte Mühe damit, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. Er sollte nicht sehen, wie sehr es sie verletzte – diese Befriedigung wollte sie ihm nicht geben. Egal, wie schwer es ihr fiel, die Fassung wenigstens ein bisschen zu bewahren. „Hast du das alles so geplant?! Hast du vielleicht gedacht, du hättest dann was gut bei mir, Lorenor?! Ich bin dir rein gar nichts schuldig!“ „Verdammt, lass mich jetzt endlich los!“ Der Schluchzer, der schon sein geraumer Zeit in ihrer Kehle saß, brach hart aus ihr hervor und machte sie unfähig dazu, auch nur ein weiteres Wort zu sprechen, einen klaren Gedanken zu fassen. Stattdessen ließ sie ihn so plötzlich los, als hätte sie sich an seiner Haut verbrannt und wandte sich von ihm ab. Er sollte sie nicht so sehen. Sie musste sich zusammenreißen, irgendwie. Aber wie sollte sie sich zusammenreißen, wo er doch so dicht vor ihr stand? Wo sie wieder seinen unbeschreiblichen Duft riechen konnte und die Stelle an ihrer Hand, mit der sie ihn festgehalten hatte, immer noch warm war? Grob riss sie sich die Brille von der Nase und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, bevor sie schließlich einen Arm um ihren Oberkörper schlang, als würde das die Schmerzen erträglicher machen. Wie hatte sie nur so dumm sein können? So naiv? Der stechende Schmerz in seinem Unterarm hielt auch dann noch hartnäckig an, als sie ihn schon längst losgelassen und sich von ihm abgewandt hatte. Wie betäubt stand er da und wusste nicht, was schlimmer war: die Tatsache, dass sich sein Handgelenk so anfühlte, als wäre es erneut zertrümmert worden oder die Worte, die sie ihm in ihrer Wut an den Kopf geworfen hatte und nun haltlos schluchzend vor ihm stand? Die Antwort hatte er gefunden, noch bevor der pochende Schmerz langsam aber sicher ein wenig verebbte und doch war er unfähig, sich zu bewegen oder auch nur einen Ton von sich zu geben. Seine Gedanken rotierten wild im Kreis, rekapitulierten, was sie ihm alles vorgeworfen und unterstellt hatte, erfassten träge den Faktum, dass sie rein gar nichts verstanden hatte und er spürte eine altbekannte Wut in sich aufflackern. Verdammt noch mal, Zorro, tu ein einziges Mal in deinem Leben das Richtige! Sie ist völlig fertig! Wag es ja nicht, jetzt auch noch auf ihr rumzuhacken!, fuhr Sanjis Stimme ihn scharf an und zähneknirschend musste der Grünhaarige sich eingestehen, dass der Koch Recht hatte. Schon wieder. Trotzdem musste er sich gehörig auf die Zunge beißen, um die Worte nicht auszuspucken, die ihm auf der Zunge lagen. Doch dazu hätte er auch gar keine Gelegenheit mehr gehabt. Tashigi hatte ihn nämlich nicht unbedingt leise angeschrieen und er hätte damit rechnen müssen, dass einige sie gehört haben mussten. Dennoch verfluchte er sich dafür, dass er das heraneilende Geräusch vieler Stiefel nicht vorher bemerkt hatte. Unsicher warf er einen kurzen Blick zu dem Marineleutnant, die mittlerweile beide Arme um ihre Jacke geschlungen hatte und mit ihren Tränen kämpfte. Es versetzte ihm einen kurzen Stich, dass sie ihn wirklich so falsch eingeschätzt hatte, doch er hatte eindeutig keine Zeit, diesen Gedanken zu vertiefen. Die Schritte kamen immer näher und er durfte unter keinen Umständen entdeckt werden, schließlich hing Ace’s Leben davon ab, und er wollte sich gar nicht vorstellen, wie sehr Ruffy sich wohl verändern würde, sollte sein großer Bruder wegen seiner Unfähigkeit sein Leben verlieren. Ohne näher darüber nachzudenken fasste er Tashigi am Unterarm und zerrte sie mit sich, stieß die nächst beste Tür auf und zog sie mit sich hinein, bevor er sie mit einem leichten Stoß seines Stiefels wieder zufallen ließ. Beinahe lautlos fiel sie wieder ins Schloss. Erst, als er bemerkte, wie nah der Leutnant ihm war, als er ihren bebenden Körper an seiner Brust spüren konnte, warf er einen kurzen Blick durch den Raum, in den er mit ihr geflüchtet war und erkannte, dass er kaum mehr als eine kleine Besenkammer war. Er hatte gerade genug Platz, um sich an ein Regal zu pressen, ein Besenstiel bohrte sich penetrant in seine Wirbelsäule und er meinte, den feinen Geruch von Putzmitteln wahrnehmen zu können. Tashigi lehnte gezwungenermaßen an ihm, den Kopf gesenkt und am ganzen Körper bebend. Wenigstens das Schluchzen hatte aufgehört. Zorro beglückwünschte sich selber zu der Geistesabwesenheit, sie einfach mitgezogen zu haben. Erstens, weil er noch ein Wörtchen mit ihr zu reden hatte, sobald der Trupp von Soldaten weiter gezogen war und zweitens, weil sie ihn so wohl kaum verpfeifen konnte. Auch wenn sie nicht danach aussah, als wäre das ihre Absicht gewesen. Er versuchte, ihr ins Gesicht zu sehen, doch ihre Haare waren ihm im Weg. Der Grünhaarige unterdrückte den Impuls zu seufzen. Wenigstens einen Vorteil hatte dieser Abstellraum – sie konnte ihm nicht ausweichen, außer, sie stürzte zurück auf den Gang. Unmittelbar hinter ihr türmte sich ein weiteres Regal mit Putzmitteln und etwaigen anderem Kram auf, und sollte sie auch nur einen Schritt zurückweichen, würde sie es wohl zum Einsturz bringen. Sie hielten beide die Luft an, als die Schritte an der Tür vorbeitrappelten und sie einige Wortfetzen aufschnappen konnten. Dann zogen sie weiter und es war wieder still draußen. Zorro atmete erleichtert aus und wieder ein, Tashigi vor ihm war immer noch unnatürlich still und er wusste beim besten Willen nicht, was er sagen sollte. Er war nie der Wortakrobat gewesen und bisher war es auch noch nicht nötig gewesen, jedenfalls nicht wirklich. Die Crew verstand meist auch ohne große Worte, worauf er hinaus wollte, aber bei einem so dichten Zusammenleben war das wahrscheinlich nicht verwunderlich. Doch jetzt, da Worte ausnahmsweise einmal verflucht wichtig waren, fühlte er sich wie vor den Kopf gestoßen. Sicherlich, ihm fielen einige wüste Beschimpfungen ein, die er ihr wohl nur zu gerne vor den Latz geknallt hätte, aber jedes Mal, wenn er diese Möglichkeit auch nur annähernd in Betracht zog, polterte Sanji in seinem Kopf so energisch und entschlossen drauf los, dass er es lieber bleiben ließ. Außerdem hegte er die stumme Befürchtung, sie könne wieder in Tränen ausbrechen, und das wollte er nun wirklich nicht verantworten. Nicht, wo sie gerade erst damit aufgehört hatte. Sag ihr einfach, was du fühlst, schlug der Koch kompromissbereit vor, nun, da Zorro anscheinend nicht mehr daran dachte, Tashigi zur Schnecke zu machen. Das ist doch das Problem, Spargeltarzan, fuhr es dem Grünhaarigen durch den Kopf und gedanklich verdrehte er die Augen. Also fühlst du doch etwas, triumphierte Sanji, doch er schien das Problem verstanden zu haben und übte sich im Stillschweigen – gerade jetzt, wo der Schwertkämpfer für einen guten Rat dankbar gewesen wäre. Schließlich seufzte er leise, umfasste mit der linken Hand ihr Kinn und drehte ihren Kopf zu sich, sodass sie ihn ansehen musste, ob ihr das passte oder nicht. Unbeholfen biss er sich auf die Unterlippe, als er ihre roten Augen sah, die immer noch in Tränen schwammen. Langsam ließ er die Hand sinken und nahm ihr die Brille aus der zittrigen Hand, bevor er versuchte, sich an das Regal anzulehnen. Es gab ein kurzes Geräusch, als würde irgendetwas gefährlich wackeln, doch alles blieb, wo es war, nur der Besenstiel schien mittlerweile ein fester Bestandteil seines Körpers zu sein. Er ignorierte es geflissentlich. „Jetzt hör du mir mal zu“, begann er nach einer endlosen Minute, in denen sie sich stumm angesehen hatten. Sie lehnte dicht an ihn, ob nun aus Platzmangel oder weil sie keine Kraft mehr hatte, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen, war bedeutungslos. Und dann kamen die Worte von ganz allein. „Ich lasse dich nicht mit Absicht andauernd stehen, aber vielleicht hast du ja mitgekriegt, dass Puma D. Ace heute hingerichtet werden soll. Deshalb bist du ja schließlich hier, oder etwa nicht?!“ Er sah ihr fest in die Augen. Eine Weile lang sah es aus, als würde sie wieder anfangen zu weinen, doch dann biss sie sich fest auf die Lippe und nickte knapp. Zorro atmete erleichtert aus. Immerhin, eine Regung war schon mal besser als gar nichts. Sie kamen voran. „Na also. Und ich für meinen Teil hab nicht vor, den Teufelskerl seinem Schicksal zu überlassen, denn das urteilt meistens falsch. Deshalb steh ich grad ein wenig unter Zeitdruck und habe keine Zeit um mich lange mit dir zu streiten“, fuhr er fort und achtete nicht darauf, dass sie beinahe schuldbewusst zusammenfuhr und die Schultern hochzog, als würde es sie vor seinen Worten schützen. „Ich habe dich nicht verarscht, habe es noch nie getan, und ich habe dich nicht in einem Anflug von Edelmut gerettet, sondern weil du mir eben nicht egal bist. Ich kämpfe nicht gegen dich, weil wir beide wissen, wer stärker ist, nicht, weil du eine Frau bist. Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber ich weiß verflucht gut, dass Frauen gute Kämpfer sein können, einige sogar stärker als Männer. Wenn man nur hart genug an sich arbeitet, kann man alles erreichen. Kuina wusste das, aber dann ist sie wegen einem blöden Unfall nicht mehr dazu gekommen, ihre Ziele zu verwirklichen. Ich hab es nicht auf Mitleid abgesehen, ich weiß, dass ihr nicht ein und dieselbe Person seid, ich bin kein kleines Kind, das an der Vergangenheit festhält. Ihr mögt euch noch so ähnlich sehen, sie hätte mir nie vorgeworfen, dass ich meinen Weg gegangen bin. Und zu deiner Information: ich spiele keine Spielchen. Wenn ich etwas tue oder sage, dann meine ich das auch so und stehe dazu. Ich hab keine Ahnung, warum du so ne schlechte Meinung von mir hast, aber vielleicht solltest du erst mal nachdenken, bevor du über andere urteilst – oder verurteilst. Denn du kennst mich kein bisschen.“ Er atmete tief durch. Sein Mund war ganz trocken und er war sich sicher, noch nie in seinem Leben so viel auf einmal geredet zu haben. Doch jetzt war alles gesagt, die Fronten geklärt, und wenn sie ihm immer noch nicht glaubte und nicht einmal ein klein wenig anfing, ihm zu vertrauen, dann… Zorro blickte auf und musterte ihr Gesicht, das wieder unergründlich war und das Herz sackte ihm noch tiefer in die Hose. Hatte sie es immer noch nicht verstanden? Dachte sie tatsächlich so schlecht von ihm, dass er sie nicht einmal mehr mit einem spontanen Gefühlsausbruch überzeugen konnte? Abwarten, Marimo. Warte ein paar Minuten, lass die Wörter sacken. Sie muss nachdenken. Übrigens: gut gebrüllt, Tiger! Es war alles so schnell gegangen. In der einen Minute hatten sie noch auf dem Gang gestanden, sie schluchzend, er stumm und plötzlich standen sie in dieser dreckigen Abstellkammer, in der man kaum einen Finger rühren konnte, so dicht aneinander, dass es unangenehm war, nur mit ihren Worten, die zwischen ihnen standen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass ihre Stimme sich zum Ende überschlagen hatte; sie hatte nie die Absicht gehabt, andere Soldaten auf den Plan zu rufen oder Lorenor zu verraten, ganz egal, was er getan hatte, denn sie hatte Puma D. Ace nicht vergessen und wusste, dass sein Leben von dieser Piratencrew abhing. Sie hätte es nicht gewagt, dieses Vorhaben zu riskieren, so viel stand fest. Und dann zwang er sie plötzlich, ihm in die Augen zu sehen und sie hatte Mühe, seinen Worten zu folgen. Ihr Schädel pochte unangenehm von dem heftigen Weinen, mit jedem Wort wurde es schlimmer, während er ihr offenbarte, wie falsch sie wirklich gelegen hatte mit ihren Vorwürfen, wie sehr sie sich in ihm verschätzt hatte. Aber vielleicht, und diese Befürchtung ließ sich nun nicht mehr ausblenden, vielleicht war das auch nur ein Spiel, eine Show, um sie zu überzeugen. Er war ein Pirat, Lügen und Verbrechen gehörten zu seinem Alltag, und doch fiel es ihr zunehmend schwerer, an diesem Verdacht festzuhalten. Es hörte sich alles so wahr an, sie wollte es unbedingt glauben, aber was, wenn sie sich dann doch wieder verschätzte? Dann würde sie es bereuen, dass sie ihm Glauben geschenkt hatte, wahrscheinlich würde es sie noch mehr verletzen als dass er vorhin einfach abgehauen war. Wenn sie ihm erst einmal glaubte und er ließ sie dann fallen, würde es noch viel heftiger schmerzen und sie wusste nicht, ob sie das ertragen würde. Was für Möglichkeiten hatten sie außerdem, wenn sie ihrem Verlangen nachgab und ihm glaubte, was er gesagt hatte? Er war ein Pirat, sie bei der Marine. Sie waren Katz und Maus, Räuber und Gendarm – wie sollte eine Beziehung da bloß möglich sein? Falls es überhaupt das war, was sie beide wollten. Selbst ein freundschaftliches Verhältnis wäre zu riskant. Sie biss sich hart auf die Unterlippe, bis sie Blut schmeckte. Aufgrund der Enge blieb ihr gar nichts anderes übrig, als sich an ihn zu lehnen, und sie konnte nicht leugnen, dass sie sich wohl fühlte. Geborgen. Beschützt. Wie konnte sie da gleichzeitig so sehr an seinen Worten zweifeln? Er wartete stumm auf eine Antwort. Eine Antwort, die sie selber nicht wusste. Ihre Gedanken schwirrten, sie wusste, dass sie wahrscheinlich wichtige Zeit vergeudeten. Sie hatte das Zeitgefühl verloren, seit er sie in diese Kammer gezerrt hatte. Vielleicht waren sie seit zehn Minuten hier drinnen, vielleicht schon zwei Stunden. Unsicher linste sie zu ihm hinauf, versuchte in seinem Gesicht nach der Antwort zu suchen. Vielleicht würde sie darin lesen können, ob er seine Worte ernst gemeint hatte oder nicht. Sie schob den Gedanken, dass er seine Gefühle sehr gut verstecken konnte, gewaltsam bei Seite. Sein Blick suchte den ihren. Voller Zweifel begann sie wieder damit, sich die Unterlippe zu zerbeißen. Sie wusste nicht, ob er log oder die Wahrheit sagte, alles, was sie sah, war sein beinahe flehender Blick und die jadegrünen Augen, die ihr den Atem raubten. Sie wollte ihm so gerne glauben. Schließlich hatte er ihr eigentlich nie etwas getan, oder etwa doch? In Logue Town hatte er ihr nicht die Wahrheit gesagt, aber wenn sie sich dazu zwang, sich ihre eigenen Worte ins Gedächtnis zu rufen, dann wunderte sie das auch nicht, so, wie sie damals über ihn geredet hatte. In der Nacht, an die sie sich nicht mehr erinnern konnte, hatte er ihr scheinbar auch nichts getan – im Gegenteil. Wahrscheinlich hatte er ihr sogar aus der Patsche geholfen. Und was hatte sie getan? Ihn vor den Kopf gestoßen. Sie wich seinem Blick aus, der sie zu durchbohren schien. Der Kuss im Regen…er hatte nie Anstalten gemacht, sie zu verletzen. Vor zwei Wochen hatte er den Riesenkraken für sie soweit erledigt, dass sie sich alleine aus ihrer Misere hatten retten können. Andererseits… Tashigi schloss die Augen und versuchte, jetzt bloß nicht den Überblick zu verlieren. Sie musste einen klaren Kopf haben und zu einer Entscheidung kommen. Seinen Worten glauben schenken oder ihn – wohlmöglich für immer – von sich stoßen, wo er ihr doch schon den Kopf so sehr verdreht hatte, dass sie ohnehin nur noch an ihn dachte. Eine Beziehung würde nicht funktionieren, da war sie sich so gut wie sicher. Sie wusste nicht, ob sie eine Beziehung wollte, ob er eine Beziehung wollte oder wie sie eine solche dann führen sollten. Es war zu kompliziert, zu schwer zu ertragen. Zorro zählte in Gedanken bis tausend. Die Stille lastete so schwer auf ihnen, dass er sich kaum darauf konzentrieren konnte, während er angespannt auf ihre Antwort wartete – die nicht kam. Als er sie ansah, schaute sie bald schon wieder weg, bis sich auf die Lippen, bis sie bluteten, scheinbar hin- und her gerissen. Aber er konnte ihr die Entscheidung nicht abnehmen. Sie musste selber wissen, ob sie sich darauf einlassen wollte, einlassen konnte. Er hatte ihr die Wahrheit gesagt, ob sie sie glaubte, war ihre Sache. Wenn nicht einmal sein Vortag von vor einigen Minuten sie überzeugen konnten, dann wusste er auch nicht weiter. Marimo…tut mir Leid für dich, echt, beteuerte Sanjis Stimme schließlich leise, beinahe zögernd. Mir auch, Kochlöffel, gab er gedanklich resignierend zurück und drängte den aufkommenden Schmerz bei Seite. Langsam fuhr er sich über die trockenen Lippen und sah dann ein, dass es keinen Zweck mehr hatte, auf eine Antwort zu warten. Sie hatte sich entschieden. Das Urteil, dass sie sich gebildet hatte, schien anscheinend zu fest verankert, als dass er es noch umändern konnte. Das war bitter, aber er würde es schon überleben. Irgendwie. Behutsam schob er sie ein Stück von sich, als wäre sie zerbrechlich. Sofort zuckte ihr Kopf in die Höhe, doch er wich ihrem überraschten, beinahe ängstlichen Blick aus und griff nach der Türklinke. „Ich...“, setzte er mit rauer Stimme an, überlegte es sich dann jedoch anders. Hilflos zuckte er mit den Schultern und versuchte sich an einem Grinsen, das katastrophal schief saß und wohl nicht im Geringsten überzeugend wirkte. „Ace wartet“, erklärte er dann leise, schob die Tür auf und zwängte sich an ihr vorbei nach draußen auf den Flur, wo sein Herz so heftig gegen den Brustkorb pochte, dass es ihm schwer fiel, zu atmen. Einen Moment hielt er noch inne, doch er unterdrückte den Impuls, über die Schulter zu schauen und ging. „Lorenor?“ Sofort hielt er wieder inne. Ihre Stimme klang dünn, verletzlich, und als er sich umdrehte, sah er gerade noch, wie sie aus dem Raum stolperte und sich entschlossen mit dem Jackenärmel über das Gesicht fuhr. „Ja?“ Seine Stimme klang immer noch viel zu rau für seinen Geschmack. Vielleicht – aber auch nur vielleicht – war sie ja zu einem Entschluss gelangt. Zu welchem, war dann die andere Frage, aber er war sich sicher, diesmal nicht so lange warten zu müssen. Tashigi blickte vorsichtig zu ihm herüber, dann atmete sie tief durch und straffte die Schultern. „Du hast noch meine Brille in der Hand“, begann sie schließlich und war froh, dass ihre Stimme wieder fester war als zu vor. Ihr Herz pochte aufgeregt schnell, obwohl sie eigentlich noch immer keine klare Entscheidung getroffen hatte. Ja, sie würde ihm glauben – aber das hieß nicht, dass sie sich auf ihn einlassen würde. Jedenfalls nicht sofort. Nicht heute. Sie musste erst Vertrauen fassen und sich davon überzeugen, dass er es ernst meinte. Ganz davon abgesehen war es immer noch Fakt, dass sie eigentlich dazu verpflichtet war, ihn zu verhaften. Nicht gerade vorteilhaft für eine Beziehung. Zorro blickte fahrig auf seine Hand hinunter und entdeckte dann auch das feine Gestell, dass er immer noch umklammert hielt. Unsicher räusperte er sich und ging wieder zurück, bis er schließlich vor ihr stand. Langsam setzte er ihr die Brille wieder auf und wusste nicht, ob das nun schon alles gewesen war oder ob sie noch etwas loswerden wollte. Als sie keine Anstalten machte, mit ihm zu reden, wandte er ihr schließlich erneut den Rücken zu. „Kann ich mitkommen?“ Irritiert hielt er inne und blickte über die Schulter zurück zu ihr. Sie sah ihm fest entgegen, er konnte beobachten, wie ihr die Hitze in die Wangen kroch, dann sah sie bei Seite und spielte unsicher mit ihren Händen herum, als wüsste sie nicht, wohin mit ihnen. „Ich will nicht, dass Ace stirbt. Ich zeige dir, wo er ist. Wenn wir entdeckt werden, tust du so, als würdest du mich als Geisel halten und mich zwingen, dir zu helfen. Einverstanden?“ Kurz ließ er sich das Angebot durch den Kopf gehen. Er hatte keine Ahnung, ob sie ihm nun glaubte oder nicht, er wusste nicht, was darüber hinaus noch war oder was er davon halten sollte. Trotzdem nickte er. „Von mir aus.“ Tashigi zögerte kurz, doch als der Schwertkämpfer weiter ging, ohne auf sie zu warten, riss sie sich zusammen und lief hinter ihm her, bis sie schließlich aufgeholt hatte. Bevor sie an ihm vorbeizog, um die Führung zu übernehmen, streckte sie kurz die Hand nach seiner aus und drückte sie leicht. Dann richtete sie ihren Blick stur nach vorne und schenkte ihm keine Beachtung mehr. Und so entging ihr das flüchtige, verblüffte und erleichterte Grinsen, das über Zorros Gesicht huschte, bevor er ihr folgte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)