I'm no longer a replica von Bito (Beyond Birthday ist nun am Zug) ================================================================================ Prolog: Promise --------------- Unaufhörlich prasselte der Regen aus der dichten Wolkendecke herab und hüllte die Stadt in einen tristen, grauen Schleier, der jegliche Sicht verhinderte. Die sonst so belebten Straßen lagen beinahe menschenleer da, vom plötzlichen Regenschauer leicht überschwemmt, da die Kanaldeckel nicht schnell genug den Weg in die Kanalisation frei geben konnten. Passanten, die ihren Einkaufsbummel oder Spaziergang verrichtet hatten, hatten die nahe liegenden Geschäfte und Gastronomien angesteuert, um dem ganzen Ausmaß des Regens zu entgehen und nicht triefnass nach Hause zurück zu kehren. Nur eine einzelne Zeitung wurde über die nasse Straße geweht und auseinander gerissen. Hilflos den Wetterlaunen ausgesetzt, ohne Chance dem Spiel des Windes und Regens zu entkommen. Die schwarzen, gedruckten Buchstaben waren kaum noch zu erkennen und ließen nur noch erahnen, dass dort einmal etwas über einen Verbreche geschrieben stand, der an Herzversagen gestorben war. Der Regen schien nicht aufhören zu wollen und die meisten Spaziergänger fanden sich damit ab erst einmal eine Weile zu warten und dabei gemütlich einen Kaffee zu schlürfen. Nicht einmal seinem ärgsten Feind wünschte man es bei diesem Wetter vor die Tür zu treten. Niemand wagte es jetzt noch auch nur einen Schritt aus der Haustür zu machen. Doch eine schemenhafte Gestalt suchte sich ihren Weg durch die Straßen. Getragen von durchweichten Turnschuhen in einem Grauton, der zuvor einmal ein reines Weiß gewesen war, die ihre besten Tage wohl schon seit einiger Zeit hinter sich hatten. Auch die viel zu lange, blaue Jeans schlurfte über den nassen Boden und sog sich nach und nach mit immer mehr Regenwasser voll. Der Mann war dürr, was man durch das weiße, vollkommen durchnässte Sweatshirt erkennen konnte und relativ groß, was jedoch nicht auffiel, da er eine gebeugte Haltung eingenommen hatte. Seine schwarzen Haare lagen ihm nass auf der Stirn. Gemütlich schlenderte er weiter, als würde der Regen ihm gar nicht weiter auffallen, genauso wenig wie die Tatsache, dass all seine Kleidungsstücke voll gesogen waren wie ein Schwamm und schwer an seinem Körper hingen. Endlich, nach einiger Zeit, hatte er sein Ziel erreicht und stoppte seine Schritte auf einem Friedhof, vor einem Kreuz aus weißem Marmor. Mit seinen dunkel umrandeten Augen, die davon zeugten, dass er seit Tagen, wenn nicht seit Wochen keinen richtigen Schlaf gefunden hatte, waren fest auf den blanken Stein gerichtet. „Du hast also doch verloren…L…“, murmelte der Mann und hob seinen Zeigefinger an die Lippen. Immer noch waren seine leicht rot glänzenden Augen auf den Gedenkstein gerichtet, der dem größten Detektiv des Jahrhunderts zu Ehren erbaut worden war, doch nur die wenigsten hatten von seinem Tod erfahren. Die Bevölkerung wurde in dem Glauben gelassen, dass L noch immer munter Fälle löste, jedoch sah die Wahrheit vollkommen anders aus. L war ersetzt worden. So wie es schon immer geplant worden war, wenn es zum Äußersten kommen sollte. Und er war eine dieser L Kopien gewesen, bis er sich anders entwickelt hatte, als es von ihm erwartet worden war. Er, Beyond Birthday, war lediglich ein Prototyp gewesen, doch hatte er in gewissem Sinne das Original geschlagen, da er noch lebte. Doch zu seiner Verwunderung verspürte er keine Genugtuung, noch reichte es nicht aus. Es war nicht sein Sieg über L gewesen, sondern Kiras und das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Wenn er den Kira-Fall lösen würde, würde ihm etwas gelingen, was L nicht hatte vollbringen können und damit wäre ein für alle mal bewiesen, dass er, B, ewiger Zweiter, besser war als das Original. Dann wäre sein Sieg vollkommen und unanfechtbar. Langsam ließ er sich in die Hocke sinken, achtete dabei aber darauf das Grab nicht aus den Augen zu lassen. „L…ich werde dich übertrumpfen…“, murmelte Beyond Birthday und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Endlich war seine Chance gekommen, endlich würde er sich beweisen können. Nicht länger eine Kopie ohne eigenes Leben sein. Nicht länger bloßer Ersatz für jemanden, der sich sein ganzes Leben lang feige versteckt hatte. Wie viele Stunden hatte B sich abgemüht um den Anforderungen gerecht zu werden. Stunden voller Arbeit, Schmerz und Einsamkeit. Schon immer war er allein gewesen. Die anderen Kinder im Wammyhaus hatten ihn stets gemieden, da etwas Unheimliches von Beyond ausging. Eine Aura des Todes, die ihn schon sein ganzes Leben über begleitete. Überall, wo er hinkam sah er nur den Tod. Wusste genau, wann sein gegenüber sterben würde, wie viel Zeit diesem noch blieb. Manche würden die Augen eines Todesgottes als Gabe bezeichnen. Immer zu wissen wer einem gegenüber stand oder über den Weg lief, doch sollten ihre diese Augen eher als Fluch bezeichnet werden, da ihr Träger eine furchtbare Last mit ihnen zu tragen hatte. Doch störte Beyond seine Fähigkeit nicht im Geringsten, denn er war bereits mit dieser zur Welt gebracht worden. Vorsichtig legte er seine Hände auf den nassen Erdboden des Grabes. Ein diabolisches Lächeln legte sich auf seine Lippen, das nicht einmal bei dem nun einsetzenden Donner verschwand. Blitze zuckten über den Himmel und tauchten den Friedhof für kurze Zeit in helles Licht. „Ich werde Kira überführen.“, lachte der Schwarzhaarige: „Das schwöre ich. Und dann… dann bin ich besser als du L. Hast di das verstanden?“ Seine Stimme war nun beinahe ein Schreien. „Du wirst schon sehen, dass ich besser bin als das Original! Meine Fähigkeiten übersteigen deine bei weitem! Warts nur ab! Ich werde siegen.“ Hämisches Lachen drang aus seiner Kehle, während er seine Hand abdrücke in der Erde hinterließ. Behutsam, beinahe schon liebevoll zog er ein Taschenmesser aus seiner Tasche und klappte es mit einer beiläufigen Handbewegung auf. Einige Herzschläge lang betrachtete er die Klinge, an der das Regenwasser abperlte, bevor er sie einmal quer über seine Handfläche zog. Blut sickerte aus der Wunde und tropfte auf das Grab. Damit war es beschlossen. Bei seinem eigenen Blute hatte er einen Schwur abgelegt und er würde nicht eher ruhen, bis er Kira das Handwerk gelegt hatte. Beyond richtete sich wieder auf und leckte sich das restliche Blut, das an seiner Hand klebte, ab. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht machte er sich auf den Weg seine Mission zu beginnen. Das leise Kichern, das er dabei von sich gab wurde jedoch vom drohenden Donnerschlag verschluckt. „Hahahaha…Ich werde der Sieger sein…harharhar.“ Kapitel 1: The Return --------------------- Die ganze Nacht lang war noch Regen gefallen. Erst in den frühen Morgenstunden hatte die Wolkendecke sich geteilt und den sachten Sonnenstrahlen einen Durchweg offenbart. Nun hatte sich ein Nebelschleier über die Stadt gelegt. Noch waren kaum Passanten auf den Straßen aus zu machen. Nur die wenigen, die zur Arbeit hasteten oder einen wichtigen Termin hatten, lenkten ihre Schritte früh morgens über die Straßen. Auch ein junger, schwarzhaariger Mann, war unter den wenigen Passanten und eilte über den feuchten Boden, der hier und da von Pfützen gezeichnet war. In einer Hand hielt er eine bepackte Plastiktüte, während er mit der noch freien Hand hin und wieder seinen blauen Anzug zu Recht zupfte. Da er zu sehr darauf achtete nicht in die Ansammlungen von Regenwasser zu treten, bemerkte er die Gestalt nicht, die sich in einer dunklen Gasse versteckte. Die Mundwinkel zu einem hämischen Lächeln verzogen, beobachtete Beyond Birthday sein Opfer, das ihn unwissend an sein Ziel führen würde. Matsuda Tota, schwebte der Name über den Kopf des jungen Polizisten, der laut seinen Informanten der Sonderkommission angehörte, die L ins Leben gerufen hatte, um Kira zu überführen. Was für ein Glück B doch hatte. Nur wenige Stunden hatte er nach Mitgliedern der Kommission suchen müssen, bis ihm dieser Naivling über den Weg gelaufen war. Doch dann würde der schwierige Teil seiner Mission beginnen. Er musste ihnen weiß machen, dass er L war. Nicht, dass Beyond Probleme gehabt hätte in die Rolle des Jahrhundertdetektivs zu schlüpfen, es war eher die Tatsache, dass die Mitglieder der Sonderkommission bei L’s Tod zugegen gewesen waren, wenn die Aussagen seiner Informanten zu trafen. Als Matsuda um die Ecke gebogen war, machte auch Beyond sich wieder auf den Weg. Sich stets im Schatten umliegender Häuser oder Fahrzeuge haltend, um nicht entdeckt zu werden. Nach wenigen Minuten, erreichten sie beide einen großen Wohnkomplex, der sich bei näherem Hinsehen als altes Hotel- oder Bürogebäude herausstellte. Sicherlich war es ein teurer, wohleingerichteter Wohnsitz, den L mit den Gagen, die er für die Lösung seiner Fälle einheimste, wohl locker bezahlen hatte können. Beyond schüttelte den Kopf. So etwas hatte er nicht nötig gehabt. Er hatte sich auch mit einer einfachen alten Lagerhalle zufrieden gegeben. Hauptsache der Schlafplatz war einiger Maßen trocken und geschützt. Aber was brachte es sich jetzt aufzuregen. L war tot und damit hatte B ein Problem weniger. Der junge Polizist hatte die Eingangstür nun hinter sich gebracht und machte sich auf den Aufstieg, der Treppe. Einen kurzen Augenblick zögerte Beyond, bevor er dem Schwarzhaarigen folgte. Seine Schritte führten ihn zur Treppe, die er langsam begann zu erklimmen. Heimlich schlich er Matsuda nach, bis dieser langsamer wurde. Nervös schaute er sich nach allen Seiten um und Beyond brachte sich mit einem mehr oder weniger eleganten Hechtsprung hinter der nächsten Ecke in Sicherheit. Als der Polizist sich sicher war, dass niemand auf seiner Spur war, klopfte er an die Tür mit der Nummer 129. Wieder schlich sich ein diabolisches Grinsen auf Beyonds Lippen. Nun musste er nur noch seiner Rolle gerecht werden. Nach einigem Suchen fand er eine Toilette, wo er die nötigen Vorkehrungen treffen konnte. Sein Blick fiel auf den Spiegel, in dem er sein Spiegelbild sehen konnte. Er war immer noch mager, magerer als seit seinem letzten Blick in dem Spiegel, auch seine Haare waren ein kleines Stückchen gewachsen, was jedoch momentan nicht sonderlich auffiel, da sie noch strähnig, vom nächtlichen Regen, an seinem Gesicht klebten. Beiläufig griff er in seine Hosentasche, in der auch das Taschenmesser verstaut war und zog den Überrest eines Kayals hervor. Schnell schminkte er seine Augenringe ein wenig nach, um sie dunkler und realistischer wirken zu lassen. Dann fuhr er sich einmal durch die Haare, damit auch sie in der richtigen Stellung blieben. Seine Kleidung war ebenfalls noch feucht und dreckig, was jedoch nicht stören sollte. Ihm würde schon eine passende Ausrede einfallen. Ein letztes Mal schaute er in den Spiegel und verließ die Toilette dann wieder. Schließlich erreichte er Zimmer 129 und blieb vor der Tür stehen. Langsam hob er die Hand und klopfte an das dunkle Holz. Im Inneren des Zimmers wurden Stimmen laut. Hektisch, eine auch etwas drohend. „Wer ist da?“, schallte schließlich eine junge, höfliche Stimme herüber. Eine Weile lang schwieg B. „Wer ist da?“, fragte die Stimme noch einmal nachdrücklicher. „…Ryuzaki…“, war das Einzige was der Schwarzhaarige darauf erwiderte. Mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen und ein blonder, junger Mann stand B nun gegenüber. Raito saß gerade an den Monitoren, um erneut ein paar Videos zu überprüfen, als ihn das Klopfen an der Zimmertür aufschrecken ließ. Auch die anderen waren mehr als verwirrt, dass jemand an ihre Basis klopfe, obwohl doch niemand außer den Insassen davon wissen konnte. Besonders da dieses Gebäude ihnen gehörte. „Matsuda! Ist dir etwa jemand gefolgt?“, fuhr ein recht großer Mann namens Aizawa, den jungen Polizisten an, welcher versuchte sich mit Händen und Füßen zu rechtfertigen, da er gerade einen Bissen der Reisbällchen in seinem Mund hatte, welche er mitgebracht hatte. „Jetzt regt euch nicht so auf. Vielleicht ist es nur…Misa.“, meinte der Student mit den blonden Haaren beschwichtigend und richtete seine Schritte gen Tür. Die anderen schienen wenig überzeugt, genauso wenig wie er selbst. Trotzdem versuchte er die Ruhe zu bewahren und sich ganz natürlich zu geben. „Wer ist da?“, fragte er und platzierte sich vor der Tür, den Griff mit der Hand umschlossen. Er wartete geduldig, erhielt aber keine Antwort. Wieder stellte er die gleiche Frage, dieses Mal jedoch etwas nachdrücklicher. Dann drang eine wohl vertraut klingende Stimme an sein Ohr: „Ryuzaki.“ Sein Herz schien stehen bleiben zu wollen, als Raito die Tür aufriss, ohne weiter zu überlegen, ob seine Handlung klug war oder nicht. Schwarze, Pandabären ähnliche Augen starten den Studenten an. Augen, die er eigentlich nie wieder in seinem Leben hatte sehen wollen. Augen, die dem Mann gehörten, der seinem Geheimnis gefährlich nahe gekommen war. Äußerlich blieb er die Ruhe in Person, doch innerlich brodelte ein Feuer des Hasses in ihm, das kein Wasser der Welt jemals löschen konnte. „Ryuzaki…Sie…das ist unmöglich.“, platzte es aus Matsuda hervor, der ein kleines Stück hinter Raito stand: „Sie… ich meine wir haben Sie sterben sehen.“ Der Angesprochen hob einen Finger an die Lippen und blickte die illustre Runde an. „Ihr seht doch, dass ich nicht tot bin. Aber ihr solltet es denken. Ich dachte so würde ich endlich herausfinden, ob Raito Kira ist oder nicht. Man hat euch falsche Auskunft über meinen Tod gegeben.“ „Ryuzaki…das ist…wunderbar…Ich dachte wir hätten dich für immer verloren, mein Freund.“, sagte Raito strahlend, auch wenn ihm eigentlich nicht dazu zu Mute gewesen war. Raito schluckte kaum merklich. Das war einfach nicht möglich. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wie L, der weltbeste Detektiv, einer Herzattacke erlag und starb. Er wusste genau, das der Todesgott Rem ihn in sein Death Note geschrieben hatte. Oder vielleicht auch nicht? Zumindest sah Ryuzaki noch relativ lebendig aus, wie er so vor ihm stand. Ziemlich war sein äußeres Erscheinungsbild sehr mitgenommen, doch er hatte den Weg hier her zurück gefunden. „Komm doch rein Ryuzaki.“, bot Raito dem Schwarzhaarigen an und machte einen schritt zur Seite, so dass dieser leicht an ihm vorbei schreiten konnte. Wie immer hatte Ryuzaki eine gebeugte Haltung und wirkte als hätte er selten oder sogar nie in seinem Leben Schlaf gefunden. Aizawa und Ide blickten mit weit aufgerissenen Augen auf die abgemagerte Gestalt. „Ryuzaki! Du…erklär uns bitte wie Sie das geschafft haben. Wir dachten Sie seien tot.“, brachte Die heraus, bevor Matsuda etwas sagen konnte, der zwischen Verwunderung und Freude hin und her gerissen war. „Setz dich… du siehst vollkommen erschöpft aus.“, riet Raito ihm, achtete jedoch auf jede Bewegung des Schwarzhaarigen. Zweifel beschlichen ihn, ob er es hier wirklich mit L zu tun hatte. Aber wer sollte dieser Mann sonst sein? Langsam stieg Ryuzaki auf das Sofa un hockte sich auf dieses. Die Beine angewinkelt und die Arme um diese geschlungen. Der Student setzte sich neben den Hockenden und blickte in erwartungsvoll und fragend zu gleich an. Auch die Augen der Anderen waren auf ihn gerichtet. „Nun sagen Sie schon…wie haben Sie das geschafft. Wir dachten Kira hätte Sie erwischt.“, drängte Matsuda, worauf Aizawa nur die Augen verdrehte, obwohl er ebenso gespannt war. Ryuzaki jedoch schaute sich erst kurz um und fragte dann: „Haben wir noch Kaffee?“ Raito nickte und bedeutete Matsuda den gewünschten Kaffee für den Schwarzhaarigen aus der kleinen Küche zu holen, die auf der Etage zu finden war. Wenige Minuten später kam der junge Polizist zurück in den Wohnraum, in dem die anderen schon ungeduldig warteten. In der Hand hielt er eine Kanne, aus der ein wohliger Geruch nach frisch gebrühtem Kaffee emporstieg und den Raum erfüllte. Diese stellte er zusammen mit einem neu befüllten Pöttchen Zucker auf den kleinen Tisch. Aizawa war währenddessen aufgestanden und holte ein paar weiße Porzellantassen aus dem Schrank, um sie zu dem warmen Getränk zu stellen. Ryuzaki beugte sich nach vorne und streckte seine Hand nach der Kanne aus. Vorsichtig füllte er sich eine Tasse voll Kaffe und begann diese zusätzlich mit Zucker zu bestücken. Ein… zwei…drei…Würfel Zucker fanden ihren Weg in die braune Flüssigkeit und wurden ordentlich mit einem silbernen Löffel verrührt. Nachdem L einen Schluck genommen hatte stellte er die Tasse jedoch wieder auf die Tischfläche zurück und begann erneut einige Würfel Zucker hinein fallen zu lassen. Die Mitglieder der Sonderkommission wurden immer ungeduldiger. Matsuda klopfte nervös mit den Fingern auf die Tischplatte, während Raito einfach ruhig da saß und Ryuzaki beobachtete. Imme noch war er misstrauisch, doch welche andere Erklärung sollte es geben, außer dass das nicht Ryuzaki sein konnte oder Rem es wirklich nicht geschafft hatte L aufzuschreiben. Das einzige Geräusch, das im Raum zu hören war das leise Atemgeräusch der Insassen, zwischendurch von einem leisen Schlürfen Ryuzakis unterbrochen. „Also…?“, begann Matsuda noch einmal, wurde jedoch von einem leicht warnenden Blick seitens Raitos zum Schweigen gebracht. Ryuzaki setzte seine Tasse mit einem leisen klackern zurück auf den Tisch und blickte die anderen mit seinen dunklen Augen an. „Na gut.. ich bin euch wohl eine Erklärung schuldig.“, begann er dann und legte seine Hände auf die angewinkelten Knie: „Beginnen wir an dem Zeitpunkt, zu dem Watari einer Herzattacke erlag. Ich wusste sofort, dass es sich dabei um Kiras Werk handelte und ich hatte Watari beauftragt alle Daten zu löschen, falls es zum Äußersten kommen sollte. Genau in diesem Moment kam mir dann eine Idee, wie ich herausfinden könnte, ob Yagami-kun wirklich Kira ist.“ „Sie haben ihn immer noch unter Verdacht gehabt? Aber warum?“, stieß Matsuda empört aus. Ohne sofort auf die Fragen zu reagieren griff Ryuzaki erneut nach seiner Tasse um einen Schluck des nun recht dickflüssigen Getränkes zu nehmen. Erst als die Tasse wieder gesenkt war fuhr ryuzaki fort: „Ja. Es bestand immer noch eine 4% Chance darauf, dass er Kira war. Also beschloss ich meinen eigenen Tod zu inszenieren. Es war der passende Moment. Watari war durch Kira verstorben, also warum sollte er nicht auch meinen Namen in Erfahrung gebracht haben? Wäre Yagami-kun wirklich Kira, hätte es ihn wohl kaum überrascht, dass ich auch einer Herzattacke erlag. So würde man wohl denken. Aber gerade deswegen könnte er sich verdächtig gemacht haben. Denn der echte Kira hätte wissen müssen, dass ich nicht in das Death Note geschrieben wurde. Da er erschrak blieb diese Möglichkeit offen, aber auch die einfache Erklärung, dass er erschrocken war, dass Kira auch bei mir zu geschlagen hatte. Seine weiteren Reaktionen sollten mir Gewissheit verschaffen.“ Raito schluckte erneut. Sollte er wirklich so gewesen sein musste das diabolische Lächeln, das kurz nach der Herzattacke auf sein Gesicht geschlichen war, ihn verraten haben. Aber sollte er nichts von dieser Tatsache wissen, war Raito sich etwas sicherer, dass es sich bei seinem Gegenüber nicht um L handeln konnte, sondern um jemand anderen. „Dann haben Sie den Krankenwagen gerufen und später von meinem Tod erfahren. Natürlich war dies alles mit ihnen abgeklärt, als ich bei ihnen im Wagen war.“ „Aber warum sind Sie nicht sofort zurück gekehrt?“, wollte Matsuda wissen. „Das war nicht möglich. Ich musste etwas Zeit verstreichen lassen um Yagami-kun in Sicherheit zu wiegen. Aber jetzt wo ich mir fast sicher bin, dass er nicht Kira ist, habe ich beschlossen mich den weiteren Ermittlungen zu widmen.“ Nun erhob sich der Student und stand mit dem Rücken zu den anderen. Er wusste es also nicht. Entweder er hatte das Lächeln wirklich nicht mehr ganz gesehen oder deuten können, oder es war definitiv nicht L. Aber das würde er schon noch herausfinden. Schon einmal hatte er L schlagen könne, warum sollte ihm das nicht ein zweites Mal gelingen? Kapitel 2: Orphan ----------------- Der kleine schwarzhaarige Junge hielt die Hand seiner Mutter fest gedrückt, während sie über den verschneiten Bahnhof schritten. Immer wieder blickte er hinauf zu ihrem freundlichen Gesicht, über dem seltsame Zahlen flackerten. Eine vierstellige Zahl, die sich mit jeder verstrichenen Stunde veränderte. Sie bewegten sich, verschwommen, flackerten, bildeten Kreise und wurden somit zu einer völlig neuen Zahl. Beyond war vollkommen fasziniert von diesem Schauspiel und war stehend geblieben, um dem Szenario mit weit geöffneten Augen zu folgen. „Na los, Beyond.“, sagte seine Mutter lächelnd und setzte ihren Weg fort, der zum 6. Bahngleis führte und sie nach einem langen Einkaufsbummel nach Hause bringen sollte. Im kalten Winterwind wehte Beyonds dunkelroter Mantel, während kleine Schneeflocken sich in dem Stoff verfingen und zu Wasser schmolzen. Doch den Jungen störte es nicht, dass er mit jeder Minute etwas nasser wurde, denn er hatte einen kleinen Vogel entdeckt, der sich an einer alten Kekstüte zu schaffen machte, die aus einem der vielen Bahnhofsmülleimer gefallen war. Lachend entwand sich Beyond dem Griff seiner Mutter und trippelte auf den nahe liegenden Abfallbehälter zu. Eine seiner behandschuhten Hände fest um die Einkaufstüte geschlossen, in der eine Wara Ningyo verstaut war, die er von seiner Mutter geschenkt bekommen hatte, da sie an einem asiatischen Laden vorbei gekommen waren. Mit der anderen Hand versuchte er den Spatz zu erwischen, der aber immer wieder in die Luft empor flog, eine Runde drehte, um dann einen halben Meter weiter wieder zu landen. Auf die Durchsage, die in der Zwischenzeit ertönte achtete der Schwarzhaarige nicht, ebenso wenig wie auf die Rufe seiner Mutter. „Bitte vorsichtig an Gleis 6. Der Zug wird in wenigen Minuten einfahren.“ „Beyond. Komm jetzt!“, rief seiner Mutter erneut, über die Lautsprecherdurchsage hinweg. Gerade als Beyond seiner Mutter seine neueste Entdeckung, die aus den weißen Wölkchen bestand, die bei jedem Atemzug seine Lippen verließen, bestand, präsentieren wollte und er sich zu der Frau umgewandt hatte, stieß diese einen markerschütternden Schrei aus. Das Lächeln auf Beyonds Lippen verschwand. Die junge Frau hatte ihren Sohn gerade holen wollen, um den Zug nicht zu verpassen, als ein Passant an ihr vorbei eilte und sie ihren Halt verlieren ließ Mit dem Schrei auf den Lippen stürzte sie. Beyond rannte auf die zu: „Mama!“ In seiner Stimme schwang Verzweiflung mit. Gerade erreichte er den Rand des Gleises, als seine Mutter von dem anfahrenden Zug erwischt wurde. Umstehende Passanten schrieen auf, der Zugfahrer betätigte quietschend die Bremse, doch für Beyond Mutter war es bereits zu spät. Blut spritzte auf die umliegenden Steine und benetzte auch den kleinen Jungen, der auf dem gepflasterten Boden kniete. Mit leerem Blick starrte er auf die Stelle, an der seine Mutter hilflos gelegen hatte, ohne Hoffnung allein wieder aus dieser Situation zu kommen. Das letzte was sie gesehen hatte, die blutroten Augen ihres Sohnes, von denen sie immer gesagt hatte, dass sie ein Zeichen von Gottes Liebe gewesen waren und nicht das Werk eines Dämons. Und doch hatten genau diese Augen den Tod gebracht. Ein Bahnhofsangestellter kam auf den jungen zu gelaufen, versuchte mit ihm zu reden, doch ein einziger Blick genügte, um den Mann zurück schrecken zu lassen. Der Sechsjährige regte keinen Muskel. Minuten vergingen, in denen er sein Augenmerk nicht von den Gleisen reißen konnte. Stumme Tränen rannen seine Wangen hinab. Keine Worte drangen an sein Ohr, konnten den Schleier der Trauer nicht durchbrechen und zu ihm gelangen, um ihm Trost zu spenden. Keine Berührungen spürte er, nicht einmal die stechende Kälte des Schnees und des Windes. Bilder verschwammen vor seinen Augen, hinderten ihn an klarer Sicht. Er hörte nichts, sah nichts, fühlte nichts. Fühlte nichts außer stechendem Schmerz, den nichts in der Welt zu heilen vermochte, weil niemand ihm das zurückgeben konnte, was er gerade verloren hatte. Alles erschien ihm unwirklich. Um ihn herum herrschte Chaos, Polizisten sperrten das Gebiet, befragten Augenzeugen und begannen damit die Leiche zu bergen, oder das, was von dieser noch übrig war. Ein junger Polizist kniete sich neben Beyond, redete auf ihn ein, doch erhielt keine Antwort. Seufzend hob er den Jungen auf seine Arme und setzte ihn in einen der Streifenwagen. Kurze Zeit verschwand er, um darauf mit einem braunen Becher gefüllt mit warmen Kakao zurück zu kehren. „Hey Junge.“, begann der Polizist: „Wie ist dein Name?“ Wieder keine Reaktion von seitens Beyond. „So kann ich dir nicht helfen, Junge. Ist dein Vater auch hier in der Nähe?“, versuchte er es erneut. Beyond schaute auf und schüttelte den Kopf- Der Kakao wurde ihm gereicht, den er allerdings nur ihn der Hand hielt, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden ihn zu trinken. Aber die davon ausgehende Wärme gab Beyond ein Lebensfünkchen zurück, ließ ihn merken, dass er noch da, noch am Leben war. „Also…wie ist dein Name und wie alt bist du?“, fragte der blonde Mann. „Beyond.“, hauchte er als Antwort und seine Stimme war kaum mehr als ein Rauschen im Wind: „Beyond Birthday. Ich bin gerade sechs geworden.“ „Und wo ist dein Vater?“ „Papa ist auf der Arbeit.“ „Und weißt du auch wo dein Papa arbeitet?“ „Ja. In einer großen Redaktion, nahe dem alten Fabrikgebäude.“ Ein wehleidiges Lächeln trat auf die Lippen des Polizisten, als er den Jungen im Wagen allein ließ und mit einem seiner Kollegen sprach. Beyond konnte die Worte durch die geschlossene Tür nicht verstehen und beschloss sich dann seinem Kakao zu widmen, der sich schon recht weit abgekühlt hatte. Vorsichtig nippte er an dem süßlichen Getränk, doch ein stechender Schmerz in seiner Magengegend ließ es ihn bei einem Schluck belassen. Bei der Erinnerung an seine Mutter krampfte sich sein Magen zusammen und seine Augen begannen fürchterlich zu brennen, als er versuchte die drohenden Tränen nieder zu kämpfen. Die Zeit floss zäh dahin und es kam dem Jungen vor als verginge eine Ewigkeit, bis eine vertraute Stimme an sein Ohr drang. „Wo ist mein Sohn? Ich will ihn sehen? Ist ihm auch nichts passiert?“ Sofort rüttelte Beyond an dem Griff der Autotür. Abgeschlossen. Erst nachdem ein weiterer Polizeibeamter die Tür entriegelte konnte Beyond in die Arme seines Vaters sinken. Die Tränen, die er zuvor mühvoll zurück gehalten hatte, rannen nun über seine Wangen und benetzten die Schultern seines Vater, der seinen Sohn auf den Arm gehoben hatte und ihn tröstend an sich drückte. An die restlichen Ereignisse konnte Beyond sich nicht mehr erinnern, da er ihn einen unruhigen, traumlosen Schlaf fiel, nachdem er die schützende Wärme seines Vaters verspürt hatte. Stunden verstrichen, aus diesen wurden Tage und schließlich Wochen. Noch immer war der Schmerz, der mit dem Tod seiner Mutter in ihm entbrannt war nicht gemildert, doch wusste Beyond, dass er stark sein musste. Für seinen Vater war es ebenso schwer, wie für ihn selbst und nun war es an der Zeit, dass beide stark blieben und für einander da waren. Am frühen Morgen kroch Beyond aus seinem Bett, das mit einem blauen Laken bedeckt war. Die Decke, die mit Figuren aus dem Manga Akazukin Chacha verziert war, dem ersten Buch, das Beyond gelesen hatte, wurde achtlos zur Seite geschoben. Barfüßig schlich er über den leeren Korridor, bis er die Küche erreichte. Dort angekommen warf er einen kurzen Blick auf das Kalenderblatt. Dezember, 22 prangte die Schrift auf dem Papier, doch in Beyond kam keine weihnachtliche Vorfreude auf. Immer wieder erschienen die Bilder seiner sterbenden Mutter vor seinen Augen. Immer wieder flackerten die Zahlen durch seine Gedanken. Schon immer hatte er diese Zahlen bei den Menschen sehen können, genauso wie ihre Namen. Es war etwas besonderes, doch hatte er nie jemandem davon erzählt. Oft genug war er von den Nachbarn als Dämon oder Ausgeburt der Hölle bezeichnet worden. Also wollte er ihnen nicht noch einen Grund für solche wahnwitzigen Behauptungen geben. Nur weil er eine außergewöhnliche Augenfarbe besaß war er doch nicht gleich ein Monster. Beyond dachte an die Zahlen. Sie hatten sich verändert, hatten immer niedrigere Werte ergeben. Schließlich waren sie bei Null angekommen. Der Junge schreckte auf, als er seinen Blick auf die Küchenuhr richtete. Das war es. Endlich hatte er verstanden, was die Zahlen über den Köpfen der anderen aussagten. Sie funktionierten nach dem gleichen Prinzip wie eine Eieruhr. Eine gewisse Zeit war jedem lebenden Individuum auf Erden gegönnt, doch war diese Zeit begrenzt und er, Beyond Birthday, hatte die Fähigkeit genau diese Zeit zu sehen. Die Zeit, die den Menschen noch blieb um ihr jämmerliches Dasein auf der Erde zu fristen. Nach ungefähr einer Stunde, erhob sich auch sein Vater aus dem Bett und begrüßte seinen Sohn mit einen Kuss auf die Stirn. „Morgen Papa.“, gähnte Beyond und drückte ihn einmal fest. Augenblicklich viel sein Augenmerk auf die Zahlen die über dem Kopf seines Vaters schwebten. Am liebsten hätte der Junge aufgeschrieen, als die Zahlen erneut begannen sich zu formen und zu wandeln, aber die Stimme des Jungen versagte. Langsam schüttelte er den Kopf. Gleich einer Trance, saß er regungslos da und starrte ihn an. In diesem Moment ertönte das Geräusch einer zerberstenden Glasscheibe. „Was war das?“, fragte sein Vater und schaut sich kurz um, bevor er laut rief: „Wer ist da?“ Doch statt einer Antwort ertönte nur ein ohrenbetäubender Knall. Beyond zuckte zusammen. Sein Vater riss seine dunkelbraunen Augen weit auf und riss Beyond von dem Küchenstuhl und drängte ihn weiter zur neuen, vor wenigen Monaten eingebauten Küche, die in Cremefarben gehalten war. Unsanft gruben sich die Finger des Vaters in die Schulter des Schwarzhaarigen, doch dieser gab keinen laut des Schmerzes von sich, da er die panische Angst in den Augen seines Vaters gesehen hatte. „Los du mieses Journalistenschwein! Komm raus. Es wird Zeit abzurechnen! Du hast unsere ganze Firma ruiniert!“, brüllte der Fremde und schoss dabei eine teuere Porzellanvase zu Bruch. Beyond starrte seinen Vater nur angsterfüllt an, während dieser sich zu ihm kniete. „Hör mir jetzt gut zu, Beyond. Bleib in deinem Versteck, egal was passiert. Gib keinen Mucks von dir und komm erst dann raus, wenn du dir ganz sicher bist, dass niemand mehr hier ist, oder ich dich daraus hole. Hast du verstanden?“, flüsterte sein Vater heiser und schnell, dennoch deutlich. Dann drückte er ihn in einen kleinen Schrank unter der Spüle und bedeute ihm still zu sein. Die nächsten Minuten flossen zäh dahin. Stimmen wurden laut, Poltern, Scheppern, dann wurde alles still. Beyond wagte es nicht sich zu bewegen. Wagte es nicht nach seinem Vater zu sehen, da er bereits eine gewisse Vorstellung davon hatte, was ihn erwarte würde. Wie auch bei seiner Mutter hatten die Zahlen sich verändert, sich immer mehr ihrem Ende zu geneigt. Erst nachdem mehrere Stunden vergangen waren, traute der Junge sich den Schrank zu verlassen. Seine Beine zitterten, ob vom langen Hocken, oder vor Angst, dass wusste er nicht. Langsam tapste der Schwarzhaarige in das neben liegende Zimmer, in dem das reinste Chaos herrschte. Das Bücherregal war umgerissen worden und die Bücher lagen überall verstreut. Scherben von Vasen, Lampen und Fernseher vermischten sich mit den Bruchstücken der Stühle, die um einen kleinen Tisch herum gestanden hatten, der ebenfalls von einem heftigen Schlag getroffen worden war. „Papa?“, fragte er heiser und seine Stimme glich mehr einem Krächzen. Als er seinen Vater dann schließlich entdeckte, begann er unweigerlich zu zittern. Der ältere Mann, mit den dunkelbraunen Haaren lag rücklings auf dem Teppich. Um ihn herum breitete sich eine Blutlache aus. Seine Augen waren weit aufgerissen, ebenso sein Mund, ein letzter stummer Schrei auf seinen Lippen, den niemals ein Mensch mehr vernehmen würde. Beyond konnte nicht weinen, zwar spürte er den Schmerz in seinem inneren, doch keine Träne rollte seine Wange hinunter. Stattdessen lenkte er seine wackeligen Schritte dem Telefon entgegen und wählte eine Nummer. „Hallo… spreche ich mit der Polizei?“, fragte Beyond immer noch heiser und wartete auf eine Antwort. Nachdem der Sprecher am anderen Ende der Leitung bejahte sagte Beyond: „Hier spricht Beyond Birthday. Bei uns wurde eingebrochen. Papa ist tot.“ Dann legte er auf und wartete. Wartete, dass die Polizisten wieder alles in Ordnung bringen würden. Bevor er sich still auf einen Stuhl in der Küche setzt, fischte er ein Glas Erdbeermarmelade aus dem Kühlschrank, schraubte dieses auf und tauchte seine Hand in die klebrige Masse. Er leckte sich die süße Konfitüre von den Fingern. Etwas was seine Eltern ihm immer verboten hatten. Kapitel 3: Broken Heart ----------------------- Aufgeregte Rufe hallten über das Gelände des großen Gebäudes, das ihn Winchester als “The Wammy’s House“ bekannt war und von Quillish Wammy, auch bekannt unter dem Namen Watari. Kinder rannten über den an einigen Stellen vergilbten Rasen. Eines von ihnen einen Ball in der Hand und sich mit der anderen den Kopf haltend. „Mello, du warst das!“, schrie der Latzhosenträger und rannte einem blonden Jungen hinter her. Dieser jedoch lachte nur und setzte seinen Weg fort. Nachdem sie den Jungen eine Runde über das Gelände gejagt hatten, reichte es dem Latzhosenträger und er gab mit einem verächtlichen Schnauben die Verfolgung auf. „Hehe… das nächste Mal lasst es gleich bleiben.“, meinte der Blonde, der seine Haare zu einem Pagenkopfschnitt geschnitten trug. Aus seinen blauen Augen sprach Hinterlist und Schalk. Immer noch grinsend machte er sich daran den anderen nachzugehen, die immer noch den Fußball vor sich herkickten. Seine schwarze Hose war bereits ausgefranst und zeugte davon dass der Junge des Öfteren draußen herum tollte. Gerade rannten sie durch einen Korridor des Waisenhauses, als der schwarz gekleidete Junge von einem älteren Mann in einem grauen Anzug zur Seite gezogen wurde. „Mello und Near, kommt bitte in mein Zimmer!“, wies Roger, der Leiter des Hauses an und warf dabei einen kurzen Blick auf einen zierlichen, blassen Jungen, der zu diesem Zeitpunkt ein Puzzle löste. Der als Near Titulierte gab ein leises „Ja“ von sich und folgte den beiden älteren, jedoch nicht ohne zuvor sein Puzzle mit sich zu nehmen. Schweigend gingen sie in den Büroraum, in dessen Mitte ein Eichenholz Schreibtisch seinen Platz gefunden hatte. Ein seltsamer Geruch stieg Mello in die Nase. Doch um einiges schlimmer fand er das Gefühl, welches dumpf in seinem Magen rebellierte. Roger setzte sich hinter seinen Schreibtisch, stützte die Ellbogen auf das dunkle Holz und verschränkte die Hände. Mello wurde ungeduldig. „Was gibt’s, Roger?“, fragte er und stand regungslos vor dem Schreibtisch, während der weißhaarige Junge auf dem Boden hockte. Den Blick leicht senkend antwortete Roger auf Mellos Frage: „L ist tot!“ In diesem Moment schien Mellos Welt in abertausend Splitter zu zerbersten. Seine Augen weiteten sich und sein Atem ging Stoßweise. Er knallte seine Hände auf die Oberfläche des Schreibtisches. „Er ist gestorben?! W…wieso? Hat K…Kira ihn etwa umgebracht? … ist das wahr?“, brachte er mit zitternder Stimme heraus und packte Roger beim Kragen: „Obwohl er gesagt hat, er würde Kira zum Schafott geleiten, wurde er umgebracht? Sprich es ruhig aus!“ „Mello…“, begann Roger, doch die Aufmerksamkeit der beiden wurde vom Klappern der Puzzleteile auf sich gezogen, die Near nun auf dem Boden verteilte, um sein Puzzle von vorn zu beginnen. „Wer das Puzzle nicht lösen kann…ist ein Verlierer.“, gab der Pyjamatragende von sich und fing sich dadurch einen vernichtenden Blick seitens Mello ein. Doch sofort darauf wandte der Blonde sich wieder Roger zu: „Wen hat L nun ausgewählt? Near oder mich?“ „Er hatte leider keine Gelegenheit mehr einen von euch zu bestimmen. Aber…“, er unterbrach sich kurz um die beiden Jungen zu mustern: „Wie wäre es wenn ihr zusammenarbeitet.“ Mello schnappte nach Luft. Das war unmöglich. Niemals konnte er mit diesem Jungen arbeiten. Erstaunlich schnell fand Mello seine ruhige und gefasste Stimme wieder und antwortete anders als Near mit einem Nein. „Roger, das ist nicht möglich. Near und ich waren immer Rivalen. Ich kann nicht mit ihm zusammenarbeiten. Lieber überlasse ich ihm ganz den Platz, als immer wieder damit konfrontiert zu werden, dass ich es nicht allein geschafft habe. Er wird alles kaltblütiger angehen, als wäre alles nur ein Spiel. Es wird besser so sein. Ich werde mich zurückziehen und Wammy’s House verlassen. Von nun an werde ich mein Leben selbst gestalten, schließlich bin ich fast 15 Jahre alt.“, meinte Mello und wandte sich mit diesen Worten der dunkelbraunen Tür zu, die er hinter sich ins schloss fallen ließ. Rogers Rufe, die hinter ihm herhallten, ignorierte er gekonnte. Jetzt gab es nichts mehr, was ihn hier hielt. L, der größte Detektiv, sein Vorbild und Idol war tot. Ermordet von dem feigen Hund Kira, der nicht in der Lage war seine Opfer von Angesicht zu Angesicht zu töten. Seine hastigen Schritte schallten von den Korridorwänden wieder. Sonst war alles still. Die anderen Kinder waren gerade draußen und spielten immer noch Fußball. Genau der richtige Zeitpunkt um das Waisenhaus zu verlassen. Niemand könnte ihm stupide Fragen stellen, oder ihn aufhalten. Ohne seine Schritte zu verlangsamen, eilte der Blonde die Treppe hoch, riss eine Tür auf und ließ sich auf ein nicht gemachtes Bett fallen. Tränen, die er zuvor mühsam zurück gehalten hatte, fanden nun ihren Weg nach draußen und tropften auf das weiße Kissen. Warum nur musste L sterben? Es war einfach nur ungerecht. Natürlich war es ihnen allen bewusst gewesen, dass dieser Tag irgendwann kommen würde, doch nicht so früh und nicht auf diese Weise. L war eines ehrenvolleren Todes würdig gewesen. Nicht den, den tausende Verbrecher verstarben. „Verdammt!“, schluchzte er in sein Kissen und stieß seine Faust mit aller Kraft in das Kissen. Er wollte diese Bewegung gerade wiederholen, als eine Stimme ihn innehalten ließ. „Hey Mello. Was ist denn los?“ Der Blonde schreckte auf und wischte sich augenblicklich die Tränen aus den Augen. „Was machst du denn hier?“, fauchte er den Jungen an, der gelassen auf dem Boden saß und an der Wand lehnte. „Ähm…das ist auch mein Zimmer Mello.“, meinte er ohne von seiner Konsole auf zu schauen, die er in seinen schwarzbehandschuhten Händen hielt. „Verschwinde Matt!“, fuhr Mello seinen Zimmernachbarn an und stand von seinem Bett auf. Zielstrebig zog er einen veralteten Rucksack aus seinem Schrank und stopfte ein paar Kleidungsstücke hinein. Der Rothaarige blickte Mello an, sagte aber nichts weiter. „Ich hab gesagt du sollst verschwinden! Verzieh dich!“, schrie Mello ihn nun fast an. Nun legte der Junge, der ein schwarz-weiß gestreiftes Sweatshirt trug, seine Spielkonsole zur Seite und hob beschwichtigend die Hände. „Mello… was ist denn los? Mir kannst du es doch erzählen.“, begann er, wurde aber von einer harschen Bewegung des Blonden zum Schweigen gebracht. „Ach…Fick dich! Und jetzt hau ab!“, schrie er nun, erneut die Tränen unterdrückend. Matt erhob sich langsam, zupfte seine dunkelblaue Jeans zu Recht und ging auf den Blonden zu. Ohne ein weiteres Wort schloss er ihn in die Arme und versuchte ihm durch die körperlich Nähe zu vermitteln, dass er nicht allein war, aber Mello stieß den kleineren nur unsanft zur Seite, so dass dieser gegen das Bett prallte. „Fass mich nicht an, Matt! Ich gehe und du wirst mich nicht aufhalten!“, brauste Mello auf und stopfte einen kleinen Stapel von Schokoladentafeln in seinen Rucksack. „Warum willst du gehen?“ Matt wirkte erschrocken, aber auch ein wenig betroffen. „L ist tot! Und ich weigere mich mit Near zusammen zu arbeiten! Ich werde Kira zur Rechenschaft ziehen und ihn für L’s Tod sühnen lassen!“ Vorsichtig rappelte Matt sich wieder auf und zog einen zweiten Rucksack aus dem Schrank. „Dann werde ich dich begleiten.“, sagte er bestimmt und wollte gerade nach einem weiteren Sweatshirt greifen, als Mello ihn am Handgelenk packte. „Nein, Matt! Du bleibst hier! Ich werde allein gehen. Versteh das doch. Da draußen wirst du mir keine Hilfe sein!“, schnaubte Mello und riss Matt den Rucksack aus der Hand. „Aber… Mello.“, Matt schluckte und sah ihn nur mit traurigen Augen an. „Nichts aber! Du bleibst und lass mich endlich in Ruhe! Verdammt, merkst du nicht, dass du störst?!“ Resigniert senkte Matt den Kopf und nuschelte etwas vor sich hin. „Mello…bitte geh nicht dahin, wohin ich dir nicht folgen kann. Es gibt nur wenige für die ich mich aufraffe und nach draußen gehe. Es gibt noch weniger für die ich meine Konsolen liegen lassen würde. Und es gibt nur einen für den ich alles geben würde. Mello…dieser jemand bist du. Ich weiß das klingt total schnulzig, besonders von mir, aber du bist der einzige Freund, den ich je hatte. Bitte lass mich nicht hier zurück. Lass mich dich begleiten.“ Mello lauschte den Worten seines Freundes, während er seinen Rucksack verschnürte und schulterte. Langsam ging er auf die Tür zu und wandte sich noch einmal zu Matt um. „Lass mich einfach in Ruhe Matt. Ich brauch dich nicht!“ Mit diesen Worten auf den Lippen verließ Mello das Zimmer und ließ den Rothaarigen einfach stehen. Natürlich wusste Mello, dass er sich wie ein totales Arschloch verhalten hatte, aber Matt konnte das einfach nicht verstehen. Er hatte den Menschen verloren, der ihm in seinen ganzen Leben am wichtigsten gewesen war. Jetzt musste er allein für dessen Rache sorgen, bevor dieser Trottel Near etwas tat. Gerade hatte er das Tor des „Wammy’s House“ hinter sich gelassen, als die ersten Regentropfen vom Himmel fielen. Ein Zeichen der Trauer, ob um L oder um die Freundschaft seines besten Freundes. Er hatte alles verloren. Die Stiefelsohlen schlurften über den nassen Boden und zogen Spuren hinter sich, als er plötzlich hastige Schritte vernahm. Sofort dreht Mello sich um und erblickte Matt hinter sich, der eilig die Stufen des Waisenhauses hinunter sprang. „Mello! Warte!“, brüllte er mit Leibeskräften und setzte seinem Freund hinter her. Statt zu warten ging Mello einfach weiter, bis Matt ihn an der Schulter packte und herum riss. Einen Herzschlag später lag Matt bereits am Boden, getroffen von einem schweren Faustschlag des Blonden. Matt rieb sich das Blut vom Mundwinkel und schaute Mello nach, der sich schon wieder auf den Weg gemacht hatte. Jedoch gab Matt nicht auf. Das Schauspiel wiederholte sich einige Male, bevor Mello ihn einfach ignorierte. Aber Matt blieb standhaft und folgte seinem Freund durch den Regen, obwohl er weder einen Rucksack bei sich trug, noch eine Jacke übergezogen hatte. Mello wollte es sich zwar nicht eingestehen, aber in seinem Innersten war er dankbar. Dankbar, dass er einen loyalen Freund hatte, der immer zu ihm hielt, selbst wenn er ihn verletzte und wie den letzten Dreck behandelte. Trotz der Trauer musste der Blonde leicht schmunzeln. Matt erinnerte ihn irgendwie an einen Hund. Egal, wie oft er ihn abwies, wie oft er ihn schlug und verletzte, jedes Mal lief er ihm wieder nach und wedelte freudig mit dem Schwanz, nur weil sein Freund einfach da war. Die frische Regenluft tat gut. All die Sorgen wurden von ihnen gewaschen und nun war er bereit, waren sie bereit, ihr neues Leben zu beginnen und auf eigenen Beinen zu stehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)