Russians In The House von Minerva_Noctua (Die Blitzkrieg-WG) ================================================================================ Kapitel 2: Alles normal, oder? ------------------------------ 2. KAPITEL: ALLES NORMAL, ODER? Hallo erstmal! Da habe ich am Wochenende dieses Kapitel weiter geschrieben und wollte jetzt eigentlich damit weitermachen. Allerdings habe ich einen kleinen Hänger, was mich die Entscheidung fällen ließ, einen Cut zu machen (es passt auch gerade so schön^^). Es handelt sich hierbei leider über ein Labberkapitel. Ich wollte mal das Rundherum aus Yuriys Sicht ins Spiel bringen. Aber nu' genug der Präambel^^. Enjoy reading! „Woran denkst du?“ Langsam drehte Yuriy seinen Kopf zur Seite und blickte in blaugraue Augen. Er lag in einem großen Bett, dessen edle schwarze Bettwäsche vollkommen durchwühlt war. Die Augen seines Gegenübers sahen ihn durchdringend an. Einen Blick dieser Art fand man nur bei Frauen wie ihr. Ende 30, reif, erfahren und unglücklich verheiratet. Man mochte meinen, Frauen diesen Alters seien nur begehrenswert für so junge Männer wie ihn, weil sie im Bett wussten was sie wollten und wie sie es bekommen konnten, was partiell wohl auch zutraf. Es wäre gelogen, wenn Yuriy sagen würde, er profitiere nicht auch davon, aber bei ihnen lief es anders als bei den meisten anderen Verhältnissen dieser Konstellation. Er floh nicht gleich mit niedergeschlagenen Augen nach dem Akt und die Gespräche in ihrer Liebesbeziehung bestanden nicht nur aus Ahs, Uhs und Ouhs. Er sprach gerne mit ihr und sah sie ebenso gerne an. Natürlich war ihre Haut nicht mehr so straff wie bei einer 20 – jährigen und die Cellolitis konnte man nicht mehr übersehen. Und das obwohl sie recht sportlich war. Das war nun mal das Schicksal der Frauen und es störte ihn nicht. Er fand diesen allgemeinen Schönheitswahn ohnehin lächerlich. Natürlich wollte man keine Tonnen auf dem Catwalk entlang stampfen sehen oder in Magazinen betrachten, aber Hungertücher waren mindestens genauso unansehnlich. Gutaussehend und normal schlank waren doch ausreichende Maßstäbe. Wenn die Models, welche für ihren Job zwangsweise körperlich fit sein mussten, etwas Orangenhaut hätten, wäre es doch okay. Es würde ihm besser gefallen, wenn die Frauen natürlicher aussehen würden und nicht jede Unebenheit und jedes Gramm wegretuschiert werden würde. Er wollte auch gar nicht erst wissen wie viele Mädchen gesünder leben würden, wären die Models natürlicher dargestellt. „Dies und das“, antwortete Yuriy nach einer Weile und schon zogen sich die feinen Striche ihrer Augenbrauen nach oben. Ein Anblick, der ihm schon aus den Seminaren bekannt war und immer dann zustande kam, sobald sich jemand etwas bei einer essentiellen Frage aus der Nase zog, die sich ihrer Meinung nach von selbst erklärte. Ja, ja, er lag mit seiner Professorin Svetlana Romanov im Bett... „Wenn ich dich frage, was du denkst, gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder du sagst es mir oder du gibst zu, dass es mich nichts angeht.“ Geradezu analytisch bohrten sich ihre Augen in seine. Er musste innerlich seufzen: „Wir haben Besuch in der WG.“ „Was veranlasst dich so darüber nachzudenken. Magst den Besucher nicht?“ Bei allen bisherigen Frauen, Svetlana war die Neugierigste: „Er ist mir egal. Nervt nur, dass er dauernd herumschleicht.“ „Wenn er dir egal ist, kann er dich nicht nerven.“ Das stimmte. Aber obwohl Rei eigentlich ganz in Ordnung und ein unkomplizierter Gast war – im Gegensatz zu gewissen Weltmeistern – regte es ihn schon nach einem Tag auf, dass es ihn gab. Ungerecht, vielleicht, aber eben nicht zu ändern. „Was ...“, aber Svetlana konnte nicht ausreden. Das Telefon auf dem Nachtisch schellte unangenehm laut auf. Genervt die Augen verdrehend drehte sie sich um und nahm ab: „Romanov?“ „ ...“ „So?“ „ ...“ „Ich dich auch. Bis dann.“ „Dein Mann?“ Sie seufzte genervt auf und nickte. „Er kommt heute Abend schon wieder zurück. Das Meeting morgen ist ausgefallen.“ „Na, dann geh’ ich mal.“ Gemächlich wühlte sich Yuriy aus dem Deckenwirrwarr und begann seine Kleidung aufzulesen. „Ja, solltest du. Bis später.“ „Ja, Tschüs.“ Unauffällig schlich sich der Rothaarige aus dem hauseigenen Garten der Romanovs und verschwand wie ein Geist im scheinbaren Nichts. Wer hätte gedacht, dass der Drill der Abtei mal bei dem aus dem Haus schleichen seiner verheirateten Liebhaberinnen nützlich sein könnte... Auf einer der Hauptstraßen Moskaus angekommen, verlangsamte Yuriy sein Tempo und ließ sich im lebhaften Gewirr der Menschen treiben. Gestern hatte er die Klausur geschrieben und nun wieder mehr Luft und Zeit für sich. Und eigentlich hatte er sich darauf gefreut einfach zu Hause rumzuhängen und mit seinen Freunden das Nachtleben unsicher zu machen, Tätigkeiten, die in den letzten zwei Monaten auf der Strecke geblieben waren. Aber nun wurde ihm die Aussicht auf seine Highlife-Zeit genommen. Nun musste ja der Gast, der jetzt, den Ankunftstag mit eingerechnet, den dritten Tag da war und da war und da war, einfach da sein. Der junge Chinese hatte ihm noch nie was getan oder ihm auch nur im Entferntesten einen vertretbaren Grund gegeben, so auf ihn zu reagieren, bis auf die Tatsache, dass er eben da war. Doch konnte man Rei noch nicht einmal als störend oder gar unfreundlich bezeichnen. Er schaffte es sogar ganz natürlich freundlich und anspruchslos zu wirken, dabei aber 3-Gänge Menüs aus dem Ärmel zu schütteln, einzukaufen und bei der Hausarbeit zu helfen ohne das es nach Schleimerei - auch nur im weitesten Sinne - aussah. Er war einfach so. Und man konnte es auch, wie man es drehte und wendete, nicht in einen negativen Bereich lenken. Ihn als Hausmütterchen bezeichnen oder so. Der Chinese hatte so unverschämt viele gute Eigenschaften und Charakterzüge, dass es einem einfach nur den Wind aus den Segeln nehmen konnte. Ein rundum guter Kerl, der einfach mal sein ehemaliges Teammitglied besuchen wollte und zur Entschädigung für seinen spontanen Aufenthalt etwas zur Hand ging. Yuriy ballte seine Hände zur Faust und stieß verächtlich den Atem aus. Es war albern, aber ihn störte genau dieses „guter Kerl“ sein von Rei. Konnte er sich nicht auch wie jeder andere Gast einfach bekochen lassen und zu Sachen wie einkaufen zumindest bitten lassen? Von Abwaschen und Staubsaugen ganz zu schweigen. Darum würde man keinen Gast wirklich bitten. So viel Benehmen besaß sogar er! Der Rothaarige murrte innerlich bei diesen Gedankengängen. Er konnte nur hoffen, dass Rei nicht länger als maximal zwei Wochen bleiben würde. Dieser Zeitraum schien ihm zwar fürchterlich lange, wenn er da an die letzten drei Tage dachte, in denen er keine Zeit gehabt hatte den Jungen öfter als bei den Mahlzeiten zu sehen, aber er konnte schließlich nicht mit der Frage nach seiner Aufenthaltsdauer den Anschein erwecken lassen, Rei nicht früh genug loswerden zu können. Ehe sich Yuriy versah, stand er vor dem Gebäude, in dem sie ihr Apartment hatten. Nachdem er die Schlüssel aus seiner Jackentasche gezogen hatte, die Treppen hinaufgeeilt war, stand er nun vor der Wohnungstür im dritten und obersten Geschoss und sperrte auf. Sogleich empfing ihn die angenehme Ruhe der Wohnung. Ein Blick auf den Kleidungsständer links neben der Tür reichte, um sich zu vergewissern, dass alle da waren, auch Rei. Es war Nachmittag, was bedeutete, dass Yuriy das Mittagessen verpasst hatte, was seinem Magen so gar nicht gefallen wollte und ihn konsequenterweise in die Küche lockte. Der Rotschopf musste feststellen, dass der Kühlschrank seinem Zweck wieder nachkam und sinnvoll gefüllt war – nicht mit alkoholischen Getränken, Fertiggerichten und Wurst in Plastikverpackungen oder nichts wie üblich. Glücklicherweise befand sich darin auch ein Rest Gulaschsuppe in einem Topf, die er sich sogleich unter den Nagel riss. Sogar frisches Brot war da mit dem er sie essen konnte. Normalerweise war schon altes, nicht bereits weglaufendes Brot Mangelware in diesem Haushalt. Genüsslich fing er dann auch an die aufgewärmte Suppe in sich hinein zu schlürfen, als er Schritte bemerkte. Kurz darauf trat auch schon Boris in den Raum. „Auch schon wieder da.“, grüßte der Lilahaarige und begann sich Tee aufzusetzen. „Was war heute so?“ Diese Momente waren selten. Momente, in denen sie reden konnten. So lächerlich es sich auch anhörte, diese Augenblicke waren nicht häufig, obwohl es nicht an Zeit oder Möglichkeiten mangelte. Seit sie zusammen in der Abtei – nach Kais verschwinden - in einem Zimmer gelebt hatten, hatte sich eine Art seltsame Freundschaft aufgebaut. Sie war mit einem Draht zu vergleichen: Immer da, aber nur hin und wieder unter Strom stehend. Die meiste Zeit über lebten sie in stiller Übereinkunft und in Frieden nebeneinander her. „Heute Vormittag Uni. Ich darf mich jetzt durch die Freud’schen Theorien ackern und dann darüber ein Referat halten.“ Boris zog bei diesem Gedanken die Auenbrauen zusammen, während er das heiße Wasser in seine Tasse goss und einen Teebeutel mit Kamille hineingab. „So etwas interessiert dich doch. Du hast doch gesagt, dass du den Stoff so faszinierend findest und deshalb Psychologie studieren willst.“ „Sicher. Aber ich habe trotzdem keinen Bock den anderen Schwachmatten ein Referat zu kreieren, das so auf unterstem Niveau ist, damit sie auch verstehen können von was ich denn da bitteschön spreche.“ Seufzend setzte sich der Lilahaarige gegenüber Yuriy. „So dumm werden die nicht sein können.“ „Sie lernen alles nur auswendig und kratzen nur an der Oberfläche, anstatt wirklich zu begreifen, was sich die Leute gedacht haben, als sie diese Thesen ect. aufstellten.“ „Aha.“ Genervt trank der Falke einen Schluck: „Du warst wieder bei deiner Professorin.“ „Mhm.“ „Was gefällt dir so an ihr, dass du sogar mit ihr ins Bett hüpfst?“ Sie war hübsch, ja, aber das reichte Boris als Begründung nicht. Yuriy überlegte, ehe er antwortete: „Ihre blaugrauen Augen. Sie strahlen Wissen, Dominanz, Stolz und Einsamkeit aus. Zumindest hauptsächlich. Außerdem ist es nicht von der Hand zu weisen, dass ich den Sex wirklich sehr genieße.“ „Du springst wohl immer auf denselben Typen an.“ „Wie meinst du das?“ Er hatte schon viele Frauen, ja, dass auch ein Schema zu erkennen war, war verständlich, aber Boris würde so etwas Unnötiges nicht erwähnen, wäre da nicht mehr im Busch. „All deine Frauen haben den gleichen Ausdruck in den Augen.“ „Booo!“ Jetzt begann es Yuriy zu nerven. Dieses hinterm Berg halten von Informationen, dieses Versteckspiel darum herum machte ihn sauer. „Ich finde nur, dass es interessant wäre, herauszukriegen woher diese Neigung kommt. Wo der Ursprung liegt.“ „Worauf willst du hinaus? Sag’ jetzt endlich!“ Er verlor die Geduld. „Yuriy“, tadelte Boris leise, „achte einfach nur mal darauf.“ „Humpf.“ Mürrisch verschränkte er seine Arme vor der Brust. „Wenn ich du wäre, würde ich das Wohnzimmer meiden.“, wechselte der Lilahaarige das Thema. „Sind Kai und Rei dort?“ „Ja. Aber sie nerven. Die reden über naturwissenschaftliche Themen und über die Studienwahl und das Leben der Anderen. Das ist so ermüdend.“ Fast gequält rieb sich Boris an den Schläfen. „Aha.“ „Okay, dann werde ich mich mal wieder dem guten Freud zuwenden“ Mit diesen Worten stand er auf und spülte die Tasse ab, ehe sich der Lilahaarige mit einem viel sagenden Lächeln zu Yuriy umschaute und die Küche verließ. Eine Weile lang saß der Wolf noch da und ließ sich Boris’ Worte durch den Kopf gehen. Seine Eroberungen waren tatsächlich alle starke Frauen, die eine gewisse Trauer, beziehungsweise Einsamkeit in sich trugen. Klar, sonst wären sie ja nicht mit ihm fremdgegangen. Aber warum sollte dies so auffällig sein, damit Boris auf die Idee kam, dass er den Ursprung suchen sollte. //Was soll’s! Das werde ich schon noch herausfinden//, dachte sich Yuriy, als er anfing das Geschirr abzuspülen und aufzuräumen. Als er aus der Dusche kam, hörte er Ivan auf seinem Klavier irgendein Stück von Mozart – mittlerweile konnte er die Komponisten sogar unterscheiden – klimpern. Aufseufzend ging Yuriy sich anziehen, wobei ihm auffiel, dass es schon halb sechs Uhr abends war. Zum Ausgehen viel zu früh. Zu irgendeiner sinnvollen Tätigkeit wie lernen oder lesen konnte er sich beim besten Willen nicht aufraffen. Da blieb außer Musik hören und herumgammeln oder fernsehen nicht viel übrig. So wie er momentan drauf war, hätte er auch wieder gut zu Svetlana gehen können und sie... nun, aber das fiel flach. Ihr egomanischer Mann kam wieder von seiner Geschäftsreise zurück und wollte bemuttert werden. Er kannte ihn zwar nicht persönlich und Gott bewahre, dass sie sich mal begegnen, aber Svetlana hatte Yuriy ihre Beweggründe mal erläutert. Normalerweise sprach er mit seinen Bettgenossinnen nicht über deren Ehemänner. Sie wollten um alles in der Welt nicht an solcherlei denken, wenn sie mit ihm zusammen waren. Allein schon der versteckten Schuldgefühle wegen. Aber Svetlana war von Anfang an anders gewesen. Sie wusste genau was sie tat und vor allem wollte. Und neugierig war sie seit ihrem ersten Mal gewesen. Schon bevor ihre Affäre begonnen hatte, war sie interessiert an ihrem rothaarigen Studenten gewesen. Damals natürlich aus ganz sachbezogenen Gründen. Er war einfach gut und das hatte sie sofort erkannt. Auf jeden Fall hatte er es sich bei ihr geleistet, sie zu fragen, warum sie ihren Mann betrog. Kurz gesagt, der Typ schien ein egoistisches Arschloch wie aus dem Bilderbuche zu sein. Warum sie ihn nicht verließ, verriet Svetlana allerdings nicht. Die meisten Frauen hatten Angst vor einer Trennung, den Konsequenzen. Yuriy fragte sich nur was da auf Dauer wirklich schlimmer war. Innerlich seufzend wagte sich der Rothaarige ins Wohnzimmer. Kai und Rei saßen auf der blauen Couch im hinteren Bereich des Wohnzimmers und unterhielten sich über die ethische Problematik betreffend Wachkomapatienten... //Häh?// Yuriy zog nur die Augenbrauen hoch und dachte an Boris’ Worte. Aber ER würde sich nicht verscheuchen lassen. Wohin auch? Fies grinsend holte er eine DVD aus dem Regal und schob sie in den Rekorder. Einige Sekunden später erklang die laute Stimme des Erzählers, als der Film begann. Durch den Krach wurden die beiden Anderen auf ihn aufmerksam. „Oh, hallo Yuriy! Du warst aber lange weg. Hast du den Rest Gulaschsuppe gefunden?“, begrüßte ihn Rei sogleich freundlich lächelnd. „Ja, vielen Dank dafür. War gut.“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Wo warst du denn so lange.“, wollte Kai nun wissen. Ohne Grußwort ans Eingemachte. Das war typisch Kai. Na dann, wenn er es so wollte: „Ficken.“ Mit einem breiten, fiesen Grinsen blickte er in die roten Rubine, die empört aufblitzten. „Noten aufbessern, oder was?“ „Nein, Mama. Nur ficken. Den Rest besorge ich ihr mit anderen Qualitäten.“ „Du bist das Letzte, Ivanow.“ Kais Stimme klang tatsächlich abfällig. Das passte Yuriy gar nicht. „Du tust ja gerade wie die Jungfrau Maria. Bist ja nur neidisch, dass ich Frauen rum kriege, die mehr im Hirn haben als Make up und Haare.“ Der Blauäugige erkannte deutlich die lodernde Wut in Kais Augen und bereitete sich innerlich für ein Donnerwetter sondergleichen vor, doch da hatte er seine Rechnung ohne Rei gemacht, der sich als Diplomat versuchte: „Was schaust du da eigentlich?“ „300.“, ging Yuriy auch darauf ein, Kai ignorierend. „Das mit Sparta?“ „Genau. Etwas ethisch auch sehr lehrreiches.“ Er konnte es halt einfach nicht lassen. Mit einem Schnauben stand Kai nichts sagend auf und stürmte aus dem Zimmer. Natürlich nicht ohne Yuriy zuvor mit seinen Blicken zu erdolchen. Der ließ sich davon nicht mehr beeindrucken. Diskussionen solcher Art hatten sie schon hunderte. Der Graublauhaarige konnte seine Liebeleien mit Verheirateten einfach nicht akzeptieren. Dahinter steckte Kais ethisch-moralische Vorstellung von dem heiligen Bund der Ehe. Wieso er das so sah, wusste der Wolf nicht, aber er sah es eben anders. Die Ehe war für ihn nicht mehr als ein Zweckbündnis, gemacht nur der steuerlichen Vorteile wegen. Wenn man sich liebte, brauchte man das nicht. Und wenn man sich nicht mehr liebte, hatte der Bund der Ehe auch keine Bedeutung mehr. Er erschwerte höchstens die Trennung und machte diese schweineteuer. „Sag’ mal, wie machst du das immer?“, wurde der Blauäugige plötzlich aus seinen Gedanken gerissen. Rei war dageblieben und setzte sich jetzt neben Yuriy, betrachtete ihn neugierig. „Was mache ich wie?“ Verwirrt blickte er in die goldenen Augen. „Zweierlei: Wie bringst du Kai so auf die Palme ohne zu sterben und zweitens, wie kommst du zu diesen Frauen?“ „Erstes ist ganz einfach“, lachte Yuriy, „wir haben uns seit wir klein waren gegenseitig um den Verstand gebracht und es beide überlebt. Das ein oder andere Mal war allerdings auch eine Portion Glück mit dabei. Und das mit den Frauen ergibt sich immer so.“ „Wie?“ Der schwarzhaarige Chinese sah ihn fragend an. Es schien ihm ein Mysterium. „Das ist so: Am Anfang ist da ein Mann und eine Frau. Die ziehen sich dann aus und legen sich aufeinander. Dann muss...“ „Das weiß ich auch.“, unterbrach Rei ihn bei seiner Interpretation des „wie“, „Die verheirateten Frauen werden sich wohl kaum auf dich stürzen und dich anbetteln mit ihnen in die Kiste zu steigen, oder?“ „Oder?“ Yuriy ließ es sich nicht nehmen den Asiaten aufzuziehen, obgleich er über dessen Offenheit überrascht war. Sie kannten sich schließlich kaum und waren sich in ihrer ganzen Art und Lebensvorstellung fremd, was nicht zuletzt an Yuriys Vergangenheit in der Abtei lag. Und Themen wie diese fielen eindeutig nicht unter Small Talk. Aber dem Russen sollte es recht sein. Er hatte kein Problem über solche Dinge zu sprechen. Rei zog eine Grimasse und wollte schon aufgeben, doch der Rothaarige lenkte ein: „Bei meiner Professorin war es zum Beispiel so, dass ich sie mal zufällig in einem Café getroffen habe und mit ihr über irgendwelche juristischen Themen gesprochen habe. Am Ende unterhielten wir uns zwar auch oberflächlich über private Dinge, aber es war nichts von Bedeutung. Sie schätzte mich von Anfang an als guten Studenten und seitdem halt noch mehr.“ Yuriy begann zu grinsen, was den Chinesen seinen Kopf schief legen ließ. „Später, bei einer mündlichen Prüfung bemerkte ich dann jedoch wie sie mich ansah und das da mehr im Busch war als Wertschätzung.“ „Und dann?“ Der Rothaarige grinste überlegen, als er fortfuhr: „Dann habe ich sie geküsst.“ „Einfach so?“ Rei konnte sich eine derartige Dreistigkeit sogar bei dem Rothaarigen nicht vorstellen. Schließlich hätte das böse nach hinten losgehen können. „Wenn man die Frauen gut beobachtet erkennt man leicht an ihren Augen was sie wollen.“ Natürlich war es nicht ganz so einfach, wie er es darstellte. In Wahrheit war ihm schon ganz schön die Muffe gegangen, als er auf sie zugegangen war und seine Lippen forsch auf die Ihren legte. „Auf jeden Fall“, fuhr er fort, „hat sie erwidert und mich gleich auf dem Pult flachgelegt.“ Der Schwarzhaarige kam nicht umhin zu stutzen. Das musste vielleicht eine Marke von Frau sein... „Und empfindest du auch etwas für sie oder ist das einfach nur Sex?“ „Das geht dich nichts an.“, fiel nun der Vorhang. Themen wie diese lagen bei Yuriy in einer anderen Schublade, aber in einer ganz anderen. „Gut, okay. Das akzeptiere ich.“, sinnierte der Goldäugige und schaute nachdenklich zur Tür. Yuriy wollte schon einen Kommentar, dass ihm auch nichts anderes übrig bliebe, als es zu akzeptieren, zum Besten geben, als Rei fragte: „Was hältst du von Abendessen?“ „Viel.“, gab der Rothaarige etwas überrumpelt von sich. „Gut. Ich ruf’ dich dann.“ Freundlich lächelte Rei seinen zwangsläufigen Mit-Gastgeber an und verschwand. Der Blauäugige schüttelte seinen Kopf über diesen Jungen. Der Kerl war auf eine Art und Weise furchtbar, die selbst ihn teilweise entwaffnete. Kein Wunder, dass Kai mit ihm am Besten von den Bladebreakers auskam und ihn sogar auch noch gerne mochte. //Schlimm!// Ungefähr eine viertel Stunde später saßen tatsächlich alle WG-Bewohner an ein und demselben Tisch und genossen ein nahrhaftes Mahl mit frischem - merke frischem – Brot, allerlei Gemüse wie Tomaten, Radieschen und Gurken, sowie Schinken, Salami, Lachs und Streichwurst. Man wollte sich gar nicht vorstellen wie so ein Abendessen bei ihnen sonst aussah... Klare, nicht ganz unalkoholische Flüssigkeiten nahmen da die Hauptrolle ein, dicht gefolgt von Chips und Schokolade in der Zweitbesetzung. Also nicht unbedingt das Non plus ultra. Wohlwollend schob Yuriy ein Lachsbrot in seinen Mund, als er die düsteren Augen seines Gegenübers auf sich ruhen spürte: „Auch mal beißen?“ Freundlich lächelnd hielt er diesem das angeknabberte Brot hin. „Nein, danke.“, spuckte Kai schon fast aus und sah ihn bitterböse an. „Dann eben nicht.“ Mit diesen Worten verschlang der Rothaarige den Rest des Brotes und lächelte dabei selig. „Du bist ja so ein Idiot.“, gab Kai auf russisch von sich, als er diese Albernheit beobachtete. „Was denn?“ Yuriy sah es nicht ein die Sprache zu wechseln, nur damit der Chinese nichts von den Scharmützeln mitbekam. Als Kai ihn dann jedoch ignorierte und sich wieder dem Essen widmete, stellte Yuriy die alles entscheidende Frage in den Raum: „Wer geht heute mit mir aus?“ „Ganz sicher nicht.“, stieß Sergej sofort abschätzend aus. „Es ist Donnerstag.“, gab Boris abfällig von sich und bestrich sein Brot weiter mit Butter. „Im NC ist donnerstags auch immer die Hölle los!“, versuchte der Rothaarige seine Freunde zu gewinnen. „Ich begleite dich.“, meinte Ivan gelangweilt, während seine Augen über den Tisch huschten, sein nächstes Opfer suchend. „Klasse!“ Yuriy strahlte nun zu Kai hinüber, der ihn gekonnt ignorierte. „Ich würde auch gerne mitkommen, wenn es euch nichts ausmacht?“, stellte Rei die überraschende Frage. „Sicher! Das Moskauer Nachtleben musst du mal mitmachen.“ Die eisblauen Augen blickten kurz zu dem Chinesen, ehe er wieder Kai fixierte. Jetzt musste der Phönix fast mitkommen. Er konnte Rei schließlich nicht mit dem verruchten Yuriy allein losziehen lassen. „Mhm.“ Kai schien seinem Gedankengang zu folgen. Gut. Dann brauchte es nicht mehr viel. „Ach, komm schon. Das wird bestimmt lustig.“ Mit einem Welpenblick sondergleichen zog Yuriy eine Schnute und blickte in die rubinfarbenen Augen, die nur Missfallen für ihn übrig hatten. Erwartungsvoll beobachtete der Schwarzhaarige die Szenerie bis Kai schlussendlich unter einem tonlosen Seufzen nickte: „Meinetwegen.“ „Hervorragend. Dann gehen wir um halb neun.“ Unter diesen Worten stand der Rothaarige auf und legte seinen Teller in die Spüle, ehe er davon stob. ____________________________________________________________________________________________________________________ Ich hoffe das Kapitel gefällt^^. Über positive und negative Kommentare freue ich mich auf jeden Fall! Ohne euch, meine lieben Kommischreiber, wäre das Kapitel bis Weihnachten nicht fertig geworden. Aber durch die vielen Anfeuerungsversuche habe ich mich letztendlich aufgerafft (das letzte Kapitel hat mehr Kommis als meine anderen FF's)! Vielen Dank dafür^^! Ich habe mir überlegt, ob ihr mir nicht drei Stichworte sagen könntet - die ich mir dann von jemandem aussuche - und die ich dann in das jeweils nächste Kapitel einbringen könnte. Ist nur so eine Idee^^°. Merci beaucoup pour tout^^! Bye Minerva Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)