Abenteuer an der Pokémon Akademie von Taja ================================================================================ Kapitel 2: Glu Glu Glumanda? ---------------------------- Vom ersten aufregenden Tag an der Pokémon Superior Akademie völlig geschafft lag die junge Schülerin Paula in ihrem Bett und hatte einen wunderschönen Traum. Sie spazierte auf einer in verschiedensten Farben strahlenden Blumenwiese. Doch nicht das Grünzeug war das, was ihr so ein unheimliches Glücksgefühl bescherte, sondern das kleine rote Feuerpokémon das mit freudigen Glumanda-Rufen um sie herum tanzte. Nach einer Weile ließ sie sich fallen und beobachtete die feinen Wölkchen in Form von Glumandas, die sich am sonst strahlend blauen Himmel tummelten. Ihr Glumanda kam zu ihr und kuschelte sich mit seinem warmen Körper an ihre Seite. Während sie dieses wundervoll friedliche Gefühl einfach nur genoss, kraulte sie gedankenverloren Glumandas Fell, das sich so unendlich schön weich anfühlte. So warm und flauschig, fast schon wie echt. Dann stand Glumanda plötzlich auf und schleckte ihr mit seiner nassen Zunge einmal quer übers Gesicht, was sie zum Lachen brachte. Doch dann störte plötzlich ein unsagbar blöder lauter Ton die Idylle. Ihr unbarmherziger Wecker riss sie bedauerlicherweise aus diesem schönen Traum. Leicht grummelnd tastete sie nach dem Quälgeist und stellte ihn ab. Zwar war sie nun fast munter, doch ärgerlich darüber, dass das Traumbild nun verschwunden war, drehte sie sich einfach noch mal rum und versuchte sich die Wiese mit Glumanda noch einmal vorzustellen. Doch so richtig kam es nicht wieder. Nur das Gefühl der angenehm warmen, aber nassen Zunge die über ihr Gesicht schleckte und sie kitzelte, kam wieder. Sie musste lächeln und murmelte noch im Halbschlaf zu ihrem Traum-Glumanda: „Hey, hör auf.“ Doch das kümmerte sich nicht darum und ließ seinen Waschlappen noch einmal über ihr Gesicht fahren. Kaum das es ihr bewusst war, machte sie schmunzelnd eine Abwehrbewegung und fasste dabei in etwas Weiches. Es war so seidig und warm, das sie automatisch anfing es zu streicheln. Ein genüssliches „Glu Glumanda“ ertönte scheinbar nahe an ihrem Ohr. Ach es war so ein herrliches Gefühl und sie wünschte ich nichts sehnlicheres als bald auch ein Glumanda zu besitzen, das genauso herrlich weich und warm war wie dieses, das genauso süß seinen Namen sagte wie dieses und das genauso wunderbar nach Glumanda roch wie dieses. Doch dann meldete sich langsam aber sicher ihr Bewusstsein zum Dienst und sie stutzte innerlich. ‚Moment mal, es fühlt sich an wie Glumanda, es hört sich an wie Glumanda, es riecht wie Glumanda. Das heißt...’ Von einem plötzlichen Gedankenblitz elektrisiert riss sie die Augen auf und blickte direkt in zwei große meergrüne Scheinwerfer. „Ah!“ Mit einem verdutzten Aufschrei federte sie hoch. Damit kippte das kleine Wesen, das soeben noch auf ihrer Brust gesessen hatte, nach hinten und verschwand mit einer Rolle rückwärts über die Bettkante. „Glumanda!“, schrie sie panisch auf und sprang aus dem Bett, was sich jedoch als Fehler herausstellte, denn ihr Kreislauf war noch nicht der Meinung, dass es Zeit zum Aufstehen war. So sah sie statt rot plötzlich nur noch schwarz und kippte wieder zurück ins Bett. Das nächste was sie wieder erkennen konnte, waren wieder diese wunderschönen Augen, die sie besorgt anschauten. Mit einem fragenden „Glu Glumanda?“ erkundigte es sich nach ihrem Befinden. Doch Paula wusste nicht so richtig, wie sie sich fühlte. War das wirklich real? Saß da wirklich ein richtiges Glumanda neben ihr auf dem Bett und starrte sie an? Oder war es nur einer ihrer vielen Wunschträume? Doch die Nase, die sie nun liebevoll anstubste, fühlte sich so verdammt echt an. Das musste real sein. Es musste, musste, musste. Vorsichtig richtete sie sich wieder auf und streichelte sanft über Glumandas Fell, das sich daraufhin zufrieden an ihre Seite kuschelte. Ja, nun war sie sich wirklich sicher. Das da war ein richtig echtes Glumanda. Und dann wurde ihr noch etwas bewusst. Das da war nicht nur irgendein Glumanda, dieses unglaublich süße Feuerwesen war IHR Glumanda. Und da gab es kein Halten mehr. Mit einem Freudenschrei, der sicher die halbe Etage aus dem Bett hätte holen können, brachte sie ihr aufgestautes Gefühl zum Ausdruck. Endlich, nach so vielen Jahren war der größte Wunsch ihres Lebens in Erfüllung gegangen. Sie hätte vor Glück fast platzen können. Sie schnappte sich Glumanda und drückte es so fest es ging an sich. Erst als es einen erstickten Laut von sich gab, ließ sie es los, doch nur, um es im nächsten Moment mit etwas weniger Kraft wieder an sich zu drücken. Doch auch Glumanda schien die Kuschelstunde zu gefallen, denn es schmiegte sich ganz fest an seine neue Trainerin. Paula hätte am liebsten auch stundenlang gekuschelt, aber die maßlose Freude verlieh ihrem Körper solch unbändige Energie, das sie es nicht mehr länger im Bett aushielt, sondern aufsprang und mit Glumanda an den Händen durch das ganze Zimmer tanzen musste. Beide sangen dabei im Chor „Glu Glu Glumanda“. Dann nahm sie es hoch, warf es unter freudigen Quietschen des roten Pokémons, in die Luft, fing es auf, wirbelte mit ihm herum, kugelte sich mit ihm auf dem Boden oder machte Freudensprünge durch die Gegend. Sie hatte sich noch nie in ihrem Leben glücklicher gefühlt. Ihr strahlendes Gesicht ließ selbst die funkelnde Sonne an diesem morgen verblassen. Irgendwie konnte sie es immer noch nicht richtig fassen. Sie hatte ein Glumanda, ein richtiges kleines Glumanda. Von nun an würden sie unzertrennlich sein. Diese Gewissheit erfüllte sie gleich wieder mit so viel Dynamik, dass sie Glumanda an den Pfoten fasste, mit ihm durch das Zimmer Ringelrein tanzte und fröhlich dazu sang. Nach einer guten halben Stunde jedoch, ließ sich Paula, von der Toberei völlig erschöpft, wieder aufs Bett sinken, nahm Glumanda zu sich hoch und setzte es sich auf den Schoß. Sie wollte ihren kleinen Liebling doch einmal genau unter die Lupe nehmen. Und kleiner Liebling war auch genau der richtige Ausdruck, denn irgendwie erschien es ihr ein bisschen winziger als die Glumandas, die sie bei anderen Trainern gesehen hatte. Und es hatte auch irgendwie eine etwas andere Augenfarbe. Sie waren nicht ganz so grün, wie normalerweise, sondern gingen schon leicht ins bläuliche. Doch das war ihr im Grunde auch egal. Es hätte auch nur 10 cm groß, schwarz-weiß kariert mit neongelben Augen sein können, Hauptsache es war ein Glumanda und zwar einzig und allein ihrs! Und bis auf diese Kleinigkeiten fand sie auch keine Unterschiede. Es war einfach nur total knuffig und sie konnte gar nicht genug davon bekommen es zu streicheln und zu knuddeln. „Ach Glumanda, du bist wirklich das tollste Pokémon, das es gibt.“, wandte sich das überglückliche Mädchen mit einem strahlenden Lächeln an ihren neuen Gefährten. Dieser antwortete indem er seine Trainerin mit einem freudigen „Glu“ liebevoll ins Gesicht knuffte. Paula musste lachen, ließ sich nach hinten fallen und kugelte sich mit dem kleinen Wesen fröhlich im Bett herum. Doch das Spielchen fand nach einem lauten Knall erst mal ein Ende, denn die beiden hatten den Wecker vom Nachttisch geholt. Immer noch kichernd hob sie ihn auf. Als sie jedoch einen Blick darauf warf verging ihr das fröhliche Lachen, denn es war bereits 8 Uhr 10. Vor 10 Minuten hätte sie im Unterricht sein sollen! Doch über dem ausgelassenen Herumtollen mit ihre Pokémon hatte sie völlig die Zeit vergessen. Leichte Panik überkam sie als sie aus dem Bett sprang und sich hastig die weiß-pinke Schuluniform überwürgte. ‚Asche! Na das fängt ja wieder gut an.’, fluchte sie in Gedanken. Sie mochte es weder am Morgen hetzten zu müssen, noch zu spät zu kommen. Schon gar nicht nach der gestrigen Verspätung. Doch sie hatte gar keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen, was das bei ihrer Lehrerin oder Mitschülern für einen Eindruck hinterlassen würde. Sie schmiss nur alles was ihr gerade in den Weg kam und nützlich aussah in ihren Rucksack. Als sie ihren Hefter vom Schreibtisch nahm, fiel ihr auf, dass dort etwas lag, was gestern noch nicht da gewesen war. Es war ein Pokéball. Sicherlich Glumandas, doch irgendwie sah er seltsam aus, denn er war neben der normalen roten Farbe mit einem blauen Flammenkranz verziert. Doch auch um darüber nachzugrübeln war keine Zeit. Als sie ihn in die Hand nahm, segelte ein schmales Stück Papier herunter. Paula hob es eiligst vom Boden auf und überfolg die Zeile, die in einer sehr schönen Handschrift darauf geschrieben stand. „Pass gut auf Glumanda auf.“, las sie vor. Sie musste lächeln: „Na und wie ich das werde.“ Sie würde ihr wunderschönes Feuerpokémon wie einen Diamanten hüten. Doch nun hatte sie erst mal andere Sorgen, denn der Zeiger des Weckers bewegte sich unaufhaltsam immer weiter vorwärts. Sie würde wohl rennen müssen, um nicht die ganze Stunde zu verpassen. Damit ergab sich allerdings ein weiteres Problem, denn Glumanda mit seinen kurzen Beinen würde auf keinen Fall mit ihr mithalten können und tragen konnte sie es auch nicht. Es war zwar nicht so groß, doch seine 7 Kilo brachte es bestimmt auf die Waage und das wäre beim angebrachten Eilschritt eine zu große Belastung. So wenig es ihr auch gefiel, sie musste Glumanda wohl oder übel in seinen Pokéball verstauen. Seufzend und mit einem missbilligenden Blick betrachtete sie den Ball in ihrer Hand. Dann wandte sie sich an das kleine Feuerwesen, dass immer noch auf dem Bett saß und sie neugierig ansah: „Tut mir leid, Glumanda, es muss sein. Aber ich lass dich so schnell es geht wieder raus.“ Damit drückte sie auch schon den weißen Knopf und ihr neuer Freund löste sich in einem roten Strahl auf, der in den Ball gesogen wurde. Sie hätte Glumanda viel lieber bei sich gehabt, doch momentan half es nichts. Mit dem Pokéball in der Hand machte sie sich nun schleunigst auf den Weg zum Unterrichtsgebäude. Als Paula dort 10 Minuten später vor der Tür ihres Klassenzimmers stand, war sie völlig außer Atem und hatte schlimme Seitenstechen. Doch sie biss die Zähne zusammen und klopfte an. Nachdem sie von drinnen ein leises „Herein“ vernommen hatte, öffnete sie zaghaft die Tür und trat mit einem „Entschuldigung, das ich zu spät bin“ ein. Prof. Amber war gerade dabei dem Mädchen mit den feuerroten Haaren, die sie schon im Bus gesehen hatte, einen Pokéball zu überreichen. „Ach Paula, ich dachte schon du wärst krank.“ „Nein, entschuldigen sie, ich hab die Zeit verpasst.“, gab sie als Begründung an. „Na dann stell wenigstens morgen deinen Wecker richtig. Es macht nämlich keinen guten Eindruck, wenn man als Trainer ständig zu spät kommt. Schon gar nicht an dem Tag, wenn man sein erstes Pokémon abholen soll.“, ermahnte sie die Lehrerin. Doch nicht daran störte sich Paula. „Wie jetzt, abholen?“, fragte sie erstaunt. Prof. Amber sah sie fast schon leicht belustigt an: „Na ihr bekommt doch in dieser Stunde euer erstes Pokémon von mir, dass hatte ich gestern Abend ausführlich erklärt.“ Paula verstand die Welt nicht mehr: „Von ihnen?“ „Ja, von wem denn sonst?“ Nun war es an der Lehrerin erstaunt zu fragen. „Aber ich hab mein Glumanda doch schon.“, gab die junge Schülerin zurück. „Das ist nicht möglich.“ „Doch!,“ erwiderte Paula in einem leicht trotzigen Ton. Sie wusste doch wohl was sie heut morgen bekommen hatte. Zum Beweis, das sie Recht hatte, hob sie den Pokéball in ihrer Hand hoch und warf ihn. Als sich aus dem roten Licht die Silhouette eines Glumandas formte, ging durch die Klasse ein Raunen. Auch Prof. Amber sah sie leicht verwirrt an: „Aber Paula, wenn du bereits ein Pokémon hast, hättest du das anmelden müssen.“ „Aber ich hab Glumanda doch heut morgen erst bekommen!“, versuchte sie zu erklären. „Und vom wem?“, hakte die Lehrein nach. „Das weiß ich nicht. Als ich die Augen aufmachte, saß es auf meinem Bett. Und dieser Pokéball lag auf meinem Schreibtisch.“ Sie gab den Ball mit dem seltsamen Muster der Professorin, die ihn eingehend musterte: „Das kann überhaupt nicht sein. Alle Starter sind in ganz normalen Pokébällen. Und so einen hab ich auch überhaupt noch nicht gesehen. Das ist merkwürdig.“ „Aber es war so!“, verteidigte sie sich. Sie fühlte sich durch das Zweifeln der Lehrerin an den Pranger gestellt und das mochte sie überhaupt nicht. Sie war doch keine Lügnerin! Prof. Amber besah sich kopfschüttelnd das kleine rote Pokémon, das vor ihr stand. „Ich versteh das nicht. Die Starterpokémon werden immer von den Lehrern verteilt und nicht einfach in die Zimmer gegeben.“ Dann besah sie ihre Liste und schüttelte so heftig den Kopf, dass einige dunkelbraune Locken aus ihrer Hochsteckfrisur fielen: „Für dich war auch gar kein Glumanda vorgesehen.“ „WAAAAAS?“, entfuhr es Paula. Nun war sie es die ihre Lehrein ungläubig anstarrte: „Das kann überhaupt nicht sein!“ Prof. Amber musste über das entsetzte Gesicht ihrer Schülerin schmunzeln: „Doch, so ist es. Tja, aber das hat sich ja nun anscheinend erledigt. Nur bin ich mir noch nicht schlüssig, was jetzt geschehen soll, denn so einen Fall gab es noch nie.“ Paula rückte argwöhnisch ein Stück näher an ihr Glumanda. Die Lehrerin grübelte einen Moment , dann schien ihr eine Idee zu kommen: „Nun das wird wohl am besten der Vizedirektor entscheiden. Ich werde dich nach der Stunde zu ihm bringen. Nun setz dich erst mal, damit wir mit der Vergabe weiter machen können.“ Paula wusste nicht so richtig, ob das nun gut oder schlecht war, doch auch sie hatte keine Lust noch weiter vor der Klasse wie auf dem Präsentierteller zu stehen und folgte deshalb der Anweisung. Glumanda lief ihr ganz brav zu ihrem Platz nach. Prof. Amber beobachtete die Szene mit hochgezogener Augenbraue: „Ehm, Paula, würdest du Glumanda bitte wieder in seinen Pokéball zurück holen.“ „Muss das sein?“ „Ja, das muss sein!“, erwiderte die Lehrerin in einem etwas strengeren Ton. Es gefiel ihr zwar nicht Glumanda schon wieder der Freiheit berauben zu müssen, doch sie wollte sich nicht noch weiter mit der Professorin anlegen. Als verschwand ihr geliebtes Pokémon wieder in seinem Ball. Nun konnte die Pokémonzuteilung weiter gehen. Einige ihrer Klassenkameraden hatten bereits Pokébälle vor sich liegen. Doch die meisten mussten noch aufgerufen werden. Allerdings interessierte es Paula herzlich wenig, was die anderen so hatten, Hauptsache sie hatte ihr Glumanda. Nur als Tifi nach vorn gerufen wurde, sah Paula kurz zu, wie sie freudestrahlend ein kleines ebenso fröhliches Plinfa entgegen nahm. Nach einiger Zeit kam Prof. Amber dann endlich zum Schluss: „So, damit wären wir durch. Und die Stunde ist auch gleich um. Ich hoffe ihr seid zufrieden und werdet euch gut mit euren Pokémon verstehen. Ihr werdet im Anschluss zur großen Eröffnungsveranstaltung geleitet. Also dann viel Spaß.“ Während alle diese Nachricht recht wohlwollend aufnahmen und ihre Sachen zusammen packten, bereitete sie einer Schülerin ziemliches Unbehagen. Taja hätte ja kein Problem damit gehabt die letzte zu sein, die ein Pokémon erhielt, doch völlig übergangen zu werden, konnte selbst sie nicht tatenlos hinnehmen. „Entschuldigung, Prof. Amber?“, machte sie sich zaghaft bemerkbar. „Ja, was ist denn?“ „Ich hab noch kein Pokémon bekommen.“, erklärte sie. „Oh, Moment.“, die Lehrerin suchte hastig noch einmal die Liste durch, „Ach ja, Taja, richtig?“ Die Angesprochene nickte. „Ja, das hätte ich beinahe vergessen. Bei dir gab es ebenfalls ein kleines Problem. Ich würde dich bitten auch mit zum Direktor zu kommen.“ Diese Aussage veranlasste einige Mitschüler sich neugierig nach ihr umzudrehen, was Taja wiederum dazu veranlasste, ein wenig tiefer in ihre Sitzbank zu versinken. „Ist gut.“, gab sie leise zurück. Nachdem die anderen ihr Interesse verloren hatten, machte sich auch Taja mit einem sehr unbehaglichen Gefühl im Bauch daran, ihre Sachen zusammen zu packen. Dann ging sie nach vorn zum Lehrertisch, wo das Mädchen mit dem seltsamen Glumanda bereits wartete. „Geht doch schon mal raus, ich komm gleich.“, schickte sie ihre Lehrerin aus dem Zimmer. Prof. Amber sah ihren Schülern hinterher. Sie hatte schon so einige Klassen gehabt und wusste das die C-Schüler öfter für eine Überraschung gut waren. Auch dieses Jahr hatten sich wieder einige interessante Persönlichkeiten zusammen gefunden. Doch, sie sah auf die beiden Blätter in ihrer Hand, solche Persönlichkeitstests hatte sie noch nie gesehen. „Paula und Taja, ich glaub ich werd euch im Auge behalten.“, murmelte sie vor sich hin, während auch sie ihre Tasche einpackte. Dann ging sie, um ihre Klasse einzuholen. Auf dem Flur traf sie auf den Lehrer der B-Klasse und übertrug ihm die Verantwortung für ihre Schüler. Nur das Mädchen, das bereits ein Pokémon hatte, was es überhaupt nicht haben sollte, und das Mädchen, das noch kein Pokémon sein Eigen nennen durfte, blieben auf dem langen Korridor mit der Lehrerin allein zurück. „So, dann bring ich euch mal zum Vizedirektor.“ Beide Mädchen folgten der Lehrerin zögerlich und mit leichten Unbehagen, denn sie führte sie in eine ungewisse Zukunft. Mit jedem Schritt den die beiden Mädchen weiter durch die zahlreichen Gängen liefen, wurde ihnen mulmiger zu Mute. Sie fühlten sich irgendwie wie auf dem Weg zum Galgen. Taja war das Ganze gar nicht geheuer. Was hatte die Lehrerin nur damit gemeint, dass es bei ihr ein Problem gab? Sie hatte doch gar nichts angestellt. In Grübeleien versunken, was sie denn hätte schlimmes geschrieben haben können, dass man ihr kein Pokémon gab, folgte sie der Professorin schweigend. Auch Paula hatte keinen Blick für ihre Mitschülerin. Sie hatte ihren Pokéball ganz fest an sich geklammert. In ihren Gedanken wirbelte es nur so von Fragen. Warum war Glumanda bei ihr im Zimmer gewesen? Warum zum Teufel hatte sie überhaupt kein Glumanda bekommen sollen? Was war mit dem seltsamen Pokéball? Doch die Frage die sie am meisten beschäftigte war, was nun mit Glumanda geschehen würde. Nachdem sie den Weg bis ins Hauptgebäude geschafft hatten, führte Prof. Amber die beiden nervösen Mädchen in die oberste Etage, wo die beiden Direktoren ihre Amtszimmer hatten. Am Zimmer des Vizedirektors angelangt, wies sie die beiden an einen Moment auf der gegenüberliegenden Bank Platz zu nehmen und verschwand in dem Raum. Eine bedrückende Stille legte sich um die beiden Mädchen. Der Gang sah ziemlich düster aus, was nicht zu letzt an den alten Gemälden, Ritterrüstungen und dicken dunklen Vorhängen an den Fenstern lag. Paula hatte vor lauter Nervosität angefangen an ihren Fingernägeln zu nagen und Taja kämmte sich gedankenverloren durch eine lange Haarsträhne. Dann ging plötzlich die schwere Tür auf. „Paula, komm bitte herein.“, forderte Prof. Amber sie auf. Die Angesprochene schreckte aus ihren Gedanken auf und ging zögerlich in das geräumige Zimmer. Für Taja hieß es also noch weiter angespanntes Warten. Doch auch Paula fühlte sich alles andere als entspannt, als sie auf den großen dunklen Schreibtisch zu ging. Sie hatte ein verdammt ungutes Gefühl. „Hallo Paula, bitte nimm Platz.“ Der Stuhl hinter dem Schreibtisch wurde umgedreht und zum Vorschein kam ein schätzungsweise 40-jähriger hochgewachsener Mann im schicken Nadelstreifenanzug. Insgesamt sah er sehr gepflegt aus. Sein scharf geschnittenes, spitz zulaufendes Gesicht und die beiden ziemlich langen schmalen Bartstreifen, erinnerten Paula irgendwie an ein Kadabra. Wenn sie nicht solche Angst um ihr Glumanda gehabt hätte, hätte sie vielleicht über diesen Vergleich schmunzeln müssen. Doch so sagte sie gar nichts, sondern nahm nur auf dem zugewiesenen Stuhl Platz. Dafür begann der Vizedirektor das Gespräch: „Prof. Amber hat mir berichtet, dass du auf etwas ungewöhnlichem Wege zu deinem ersten Pokémon gekommen bist.“ „Ja, es saß einfach heut morgen auf meinem Bett. Und der Pokéball lag auf dem Schreibtisch. Ich dachte, man wird eben so mit seinem ersten Pokémon überrascht.“, erzählte sie von den Ereignissen. „Und du bist dir ganz sicher, dass du es nicht einfach nur vergessen hast anzumelden?“, hakte der Direktor etwas misstrauisch nach. „Nein! Ich hätte doch gar nicht erst herkommen müssen, wenn ich schon ein Glumanda gehabt hätte.“, gab sie empört zurück. Der Mann räusperte sich, zog eine Augenbraue hoch und sprach dann: „Nun gut, ich würde mir Glumanda gern einmal ansehen. Lässt du es bitte mal raus.“ Das ließ sich Paula natürlich nicht zwei mal sagen, denn sie mochte es nicht, dass ihr geliebtes Pokémon in so einem engen Ball eingesperrt sein musste. Sofort ließ sie es frei. Glumanda schien die fremde Umgebung nicht ganz geheuer zu sein, denn es drückte sich gleich an seine Trainerin. Der Direktor erhob sich und begutachtete das kleine Feuerpokémon genau. Dann inspizierte er auch den seltsam gemusterten Pokéball. Als er sich wieder setzte war seine hohe Stirn mit tiefen Denkfalten durchfurcht. Nach einer künstlerischen Pause, brach er dann endlich sein Schweigen: „Nun, wie es den Anschein hat, ist dieses Glumanda normal.“ Paula atmete erleichtert aus, doch nur um ihm im nächsten Moment wieder anzuhalten, als er fortfuhr. „Allerdings kann ich es nicht tolerieren, dass ein Pokémon das unter so mysteriösen Umständen an der Akademie auftaucht, hier bleibt. Noch dazu in den Händen einer völlig unerfahrenen Trainerin. Das ist zu riskant. Also wirst du sicher verstehen, dass du Glumanda abgeben musst.“ „NEIN!“ Paula fuhr mit einem lauten entsetzten Schrei von ihrem Stuhl auf, hob ihr Pokémon auf und drückte es an sich. Der gute Mann war wohl zu Scherzen aufgelegt. Verstehen? Wie sollte sie das bitte verstehen? Das einzige was sie verstand, war das man ihr Glumanda wegnehmen wollte und das würde sie auf keinen Fall zulassen. In einem sehr harschen Ton fuhr sie den Direktor an: „Sie können mich mal! Ich werde Glumanda nicht hergeben! Niemals! Was fällt ihnen ein! Glumanda ist anscheinend nicht von der Akademie, also haben sie gar kein Recht es mir wegzunehmen!“ „Paula! Beruhige dich!“, versuchte Prof. Amber ihre Schülerin zur Vernunft zubringen. Doch die hörte sie gar nicht. „Sie können machen was sie wollen, Glumanda gehört zu mir. Und wenn sie mich rausschmeißen, das ist mir scheißegal. Ich behalte Glumanda!“ Zwar war der Vizedirektor von dem ziemlich respektlosem Verhalten, das die junge Schülerin ihm gegenüber an den Tag legte, etwas empört, doch er bewunderte auch den Feuereifer den sie bei der Verteidigung ihres Pokémons aufbrachte. Als er in ihre entschlossenen Augen sah, wusste er, dass es so einfach wohl nicht getan sein würde. „Also nun beruhige dich. Ich werde mich kurz mit Prof. Amber beraten und wir werden sehen ob wir eine Lösung finden.“, versuchte er sie zu beschwichtigen. Zwar war Paula damit noch nicht zufrieden, doch sie hörte zumindest auf den Direktor anzuschreien. „Warte bitte kurz hier.“ Er und ihre Lehrerin verschwanden in ein Nebenzimmer. Doch Paula konnte sich nicht einfach hinsetzen und Tee trinken. Die innere Anspannung ließ sie wie eine hungrige Raubkatze im Käfig ruhelos mit Glumanda im Arm hin und hertigern. In ihren Gedanken herrschte ein wirres Durcheinander und zwei Worte hatten sich mit flammenden Buchstaben vor ihrem inneren Auge eingebrannt: „Glumanda abgeben“ Sie schüttelte den Kopf. Man wollte ihr ihr über alles geliebtes Glumanda wegnehmen. Nein! Das durfte sie einfach nicht zulassen. Sie musste etwas unternehmen. Doch die Mischung aus Angst, Wut und Verzweiflung, die sie beherrschte, ließ sie keinen klaren Gedanken fassen. Doch dann schoss ihr plötzlich ein Gedankenblitz durch den Kopf. Abrupt blieb sie stehen und murmelte: „Weglaufen!“ Ja, genau das war die rettende Idee. Sie würde einfach aus dem Zimmer rennen, sich schnell ihre Sachen schnappen und mit Glumanda von der Akademie flüchten. Die Insel war groß genug, da fand sich bestimmt ein Versteck. Versorgen würde sie Glumanda schon irgendwie und sie selbst brauchte nicht viel. Nach ein paar Tagen war sicher Gras über die Sache gewachsen und wenn keiner sie mehr suchte, würde sie einfach nach Hause laufen. Was ihre Eltern dazu sagen würden, war ihr völlig egal. Sowieso war ihr alles egal, auch wenn ihre Mutter sie vielleicht rausschmiss, Hauptsache sie konnte Glumanda behalten. Gerade als sie ihren Plan in die Tat umsetzen wollte, öffnete sich die Tür des Nebenzimmers und die beiden Erwachsenen traten wieder ein. Beide zogen ein ernstes Gesicht, sodass Paula sofort wusste was Sache war. Plötzlich wallte wieder unbändige Wut in ihr auf. „Mir ist völlig egal, was sie entscheiden. Das ist mein Glumanda und ich werd mich nicht davon trennen!“, ging sie ihn an. „Du darfst Glumanda behalten.“, erwiderte der Mann ruhig. „Ich liebe Glumanda und es mich auch und deshalb können sie uns gar nicht trennen!“, ereiferte sie sich weiter. „Deshalb darfst du es auch behalten.“, wiederholte er gelassen. Doch Paula hatte sich so in Rage geredet, dass sie das überhaupt nicht mitbekam. Stattdessen schrie sie weiter: „Und sie können sich auch ihre blöde Akademie sonst wo hin stecken. Wenn sie mir mein Glumanda wegnehmen wollen, dann will ich gar nicht mehr hier zur Schule gehen. Ich gehe!“ Mit einem dramatischen Aufstampfen drehte sie sich um und wollte mit Glumanda aus dem Zimmer stürmen, als es Prof. Amber nicht mehr aushielt. Sie fing plötzlich an laut loszulachen. Ausgelacht zu werden konnte Paula in ihren Zustand überhaupt nicht vertragen. Wutentbrannt fauchte sie ihre Lehrerin an: „Was ist daran so lustig?“ Die brachte halb kopfschüttelnd, halb lachend, langsam und betont hervor: „Paula, du darfst Glumanda behalten!“ „WAS?“ Das Mädchen erstarrte. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Erst als auch der Direktor es noch einmal bestätigte, begriff sie was sie ihr sagen wollten. „Ich darf Glumanda also wirklich behalten?“, hakte sie immer noch zweifelnd nach. Beide nickten lächelnd. Da fiel ihr der ganze Kraterberg vom Herzen. Die Anspannung fiel schlagartig von ihr ab. Erleichterung und Glück überfluteten sie gleichzeitig und ließen ihr die Freudentränen in die Augen schießen. In Glumandas Fell weinend ließ sie sich auf den Stuhl sinken. Prof. Amber fuhr ihr tröstend sacht über das Haar: „Ist doch gut.“ Paula nickte, doch so einfach ließen sich die Tränen nicht aufhalten. Doch das war auch gut so, denn sie wuschen die ganze Wut und Angst aus ihren Herzen. Als sie sich ein kleines bisschen beruhigt hatte, wandte sich der Direktor wieder an sie. „Du darfst Glumanda aber nur unter einer Bedingung behalten. Du musst es heute Nachmittag zu einer gründlichen Untersuchung in die Krankenstation bringen und es dort auch aller zwei Wochen einer Kontrolle unterziehen lassen. Außerdem werden alle Lehrer euch ganz genau beobachten.“ Doch das schien Paula ein so geringer Preis zu sein, dass sie liebend gern auf diese Bedingung einging. „Gut, dann darfst du jetzt gehen. Bitte begib dich unverzüglich in die große Halle. Die Einführungsveranstaltung läuft noch. Und von dem kleinen Zwischenfall bitte kein Wort zu jemanden.“, wies sie Prof. Amber zwinkernd an. Das war Paula auch ganz recht und so nickte sie nur. Als sie sich zum Gehen aufmachte, fiel ihr jedoch etwas ein. Sie wandte sich um, fiel dem Direktor, den sie keine fünf Minuten zuvor noch fürchterlich angeschrieen hatte, kurz um den Hals und murmelte „Dankeschön“. Nach einer kleinen Verbeugung, ging sie hüpfend und mit einem strahlenden Gesicht mit Glumanda an der Hand heraus. Der Vizedirektor holte tief Luft und lehnte sich zurück. „Na, da haben sie ja mal wieder einen interessanten Jahrgang erwischt.“ Die Professorin musste schmunzeln: „Ja, das kann man wohl sagen. Und der andere schwierige Fall kommt gleich noch.“ Seufzend warf der Mann im Anzug einen Blick auf die beiden Tests, die auf seinem Schreibtisch lagen. Der eine ungeklärte Fall hatte sich gerade, zwar mit viel Aufregung, aber von allein erledigt. Ihm war nicht ganz wohl zu mute, wenn er an dieses mysteriöse Pokémon und seine impulsive Trainerin dachte, doch er wollte ihnen zumindest eine Chance geben. Auf jeden Fall würde er einige Dinge in die Wege leiten müssen, um dieses Duo im Auge zu behalten. Doch nun wartete noch eine weitere Entscheidung auf ihn und er war schon gespannt, wie die nächste reagieren würde. „Also dann, holen sie sie rein.“ Als die Tür aufflog und Paula fröhlich herausgesprungen kam, schreckte Taja auf. Doch ihre Mitschülerin übersah sie und lief mit ihrem Pokémon an der Hand lachend den Gang herunter. Taja sah ihr fragend nach. Offensichtlich war es trotz des ganzen Geschreis, das sie vernommen hatte, für das Mädchen und ihr Glumanda gut ausgegangen. Doch was würde sie wohl nun erwarten? Als Prof. Amber sie ins Zimmer rief, musste Taja schlucken. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Zögerlich und auf leisen Sohlen schritt sie in das Büro des Vizedirektors. Dieser stand hinter seinen Schreibtisch und schaute aus dem großen Fenster. Erst als sie schon nah heran war, drehte er sich um und sagte freundlich: „Bitte nimm Platz.“ Vorsichtig zog sich Taja den Stuhl zurecht und setzte sich behutsam. Der Direktor warf erst schweigend einen Blick auf das Papier in seiner Hand, bevor er die zweite neue Schülerin genaustens musterte. Das Mädchen saß vor Anspannung kerzengerade und sah ihn mit leicht scheuen Blick an. Um sie nicht länger im Ungewissen zu lassen, begann der Direktor sie über den Grund ihres Besuches aufzuklären. „So, Taja, du fragst dich sicherlich wieso du hier bist.“ Das Mädchen nickte zaghaft und mit einem Blick, als erwarte sie jeden Moment, dass er ihr eine apokalyptische Nachricht überbrachte. Er musste schmunzeln. „Keine Angst, es ist nichts schlimmes. Es ist nur so, dass es nicht möglich war deinen Persönlichkeitstest auszuwerten. Deshalb waren wir auch nicht in der Lage dir ein Pokémon zu geben.“ ‚Na toll, warum kann es nicht ein einziges Mal ohne Probleme gehen.’, seufzte sie innerlich. Zwar war sie froh, dass er ihr nicht mitgeteilt hatte, dass sie die Akademie verlassen musste oder etwas ähnlich schlimmes, doch, dass es mal wieder bei ihr nicht auf dem üblichen Weg funktioniert hatte, frustrierte sie ziemlich. Doch das zeigte sie ihrem Gegenüber nicht, während sie aufmerksam seinen Erklärungen folgte. „Es lag nicht nur daran, dass man einen Teil nicht lesen konnte.“, er sah sie mit leicht kritisierendem Blick an, woraufhin sie schuldbewusst etwas tiefer in den Stuhl rutschte, „Sondern vor allem daran, dass deine Antworten keinem Typenschema zugeordnet werden konnten. Also konnten wir auch nicht entscheiden, was für ein Pokémon zu dir passt.“ Das deprimierte Seufzen in ihrem Innern wurde größer und sie verfluchte sich, das sie die Fragen wahrheitsgemäß beantwortet hatte. „Und jetzt?“, getraute sie sich zu fragen. „Nun, da du Schülerin an unserer Akademie bist und wir dich schlecht ohne erstes Pokémon in die Ausbildung schicken können, mache ich dir den einmaligen Vorschlag dir dein Pokémon selber auszuwählen.“ Taja horchte auf. Das hatte sie nun nicht erwartet. „Meinen sie das ernst?“, hakte sie zweifelnd nach. Der Direktor nickte bestätigend: „Natürlich nur wenn du möchtest.“ „Ja, sehr gern.“ Taja war sich um die Großartigkeit dieser Chance bewusst und nahm natürlich dankend an. „Gut, dann werde ich den Mitarbeiter in der Zuchtstation verständigen. Doch nun denke ich, solltest auch du den Rest der Einführungsveranstaltung nicht verpassen. Ihr habt danach eine recht ausgedehnte Mittagspause bevor der eigentliche Unterricht beginnt. Für diese Zeit werde ich dich ankündigen.“ „Ja gut, vielen Dank.“ Nachdem ihr der Direktor einen Brief und einen Lageplan, der mit einem dicken roten Kreuz versehen war, übergeben hatte, bedankte sich Taja noch einmal mit einem zurückhaltenden Lächeln und folgte dann Prof. Amber aus dem Büro. Als sie heraustrat war sie mehr als erleichtert. Sie hatte schon sonst was befürchtet und nun hatte sich das ganze als sogar recht positiv herausgestellt. Sich ein Pokémon selber auszusuchen zu dürfen, war schon ein ziemliches Glück. Allerdings auch eine große Verantwortung, denn nun hatte sie mit der eigenständigen Wahl ihres Gefährten selber ihr Schicksal als Trainer in der Hand. Prof. Amber schien ihre Gedanken zu erraten: „Mach dir keine Sorgen, du wirst schon ein passendes Pokémon finden. Allerdings solltest du es dir wirklich gut überlegen. Wenn ich das so grob einschätze, würde ich dir vielleicht ein Pflanzenpokémon empfehlen. Damit kommt man als Anfänger immer gut zurecht.“ ‚War ja klar.’ Taja musste schmunzeln. Das sie einen ganz anderen Typ im Sinne hatte, verriet sie jedoch nicht, sondern antwortete: „Ja, ich werd es mir überlegen.“ Während sich Taja und die Professorin noch auf dem Weg zur Einführungsveranstaltung befanden, hatte Paula die große Halle schon erreicht. Und sie war wirklich riesig. Eine weite, halbtransparente Kuppel war über ein großes Feld in der Mitte und eine umlaufene Tribüne gespannt. Auf der einen Seite hatten alle Schüler der Akademie Platz genommen und verfolgten gespannt den Pokémonkampf der gerade auf dem Feld ausgetragen wurde. Doch als Paula eintrat, hatte sie erst einmal damit zu tun ihre Klasse wieder zufinden. Nach etwas Suchen erspähte sie schließlich Tifis hellblaue Schuluniform in der Menge. Da sie und Gonni allerdings etwas weiter innen saßen und dort schon alles besetzt war, blieb ihr nichts anderes übrig, als am Rand neben einem anderem Mädchen aus ihrer Klasse Platz zu nehmen. Erst als sie es sich mit Glumanda auf dem Schoß bequem gemacht hatte, warf sie einen Blick auf das Kampffeld. Dort machte sich gerade ein Pikachu eine Attacke auf ein ziemlich flinkes Snibunna loszulassen. Als der gewaltige Donnerblitz durch die Luft krachte, erstarrte Paula. Doch nicht etwa vor Angst oder Spannung, sondern weil sie einen Blick auf die Plätze der Trainer geworfen hatte. Und sie konnte es nicht fassen. Ein leiser Aufschrei entfuhr ihr. Da unten auf dem Feld stand er! Sie rieb sich die Augen und sah noch mal genauer hin. Doch es bestand kein Zweifel. Er war es ganz sicher! Der mysteriöse Typ der sie gestern Vormittag bei ihrem Sturz aufgefangen hatte. Und in der dunklen Schuluniform der höheren Semester sah er gleich noch besser aus. Allerdings lächelte er nicht so charmant wie bei ihrem Zusammenstoß. Mit verschlossener Mine sah er aufs Kampffeld und gab seinem Pikachu nur knappe Anweisungen. Auch seine Gegnerin, ein etwas älteres Mädchen, das aussah als hätte sie gleich in einen ganzen Korb voll Zitronen gebissen, warf ihrem Snibunna nur lustlos ein paar Befehle zu. Beide machten den Eindruck, als könnten sie sich tausend bessere Sachen vorstellen, als hier in der Arena zu stehen und den jüngeren Schülern einen Showkampf vorzuführen. Doch genau denen gefiel die Demonstration super und so ging ein lautes Jubeln durch die Reihen als Pikachu und Snibunna wieder aufeinander prallten. Und auch Paula kam nicht umhin, kräftig Beifall zu klatschen, als die gelbe Elektromaus schließlich ihren Gegner mit einem monströsen Donner lahm legte. Auf dem großen Bildschirm, auf dem auch die Schüler in den hinteren Reihen die Geschehnisse hatten verfolgen können, erschien ein Bild des Siegers mit seinem Pokémon. „Wow, er ist wirklich toll.“, entfuhr es Paula. „Oh ja, er ist verdammt cool.“, kam es von ihrer Nachbarin. „Er kann super kämpfen.“, zählte Paula weiter auf. „Und er sieht verdammt gut aus.“, ergänzte das andere Mädchen gedankenverloren. „Das ist wahr. Und nett ist er auch.“ Paula dachte an seine Hilfe bei ihrem Sturz. „Bestimmt. Und...“ Wahrscheinlich hätten beide in ihrer abwechselnden Schwärmerei noch eine Weile weiter gemacht, wenn ihnen nicht plötzlich bewusst geworden wäre, dass sie sich gerade für den selben Typen interessierten. Sofort kehrte eine eisige Stille zwischen den beiden ein. Während Paula mit dem einen Auge verfolgte, wie sich das Kampffeld in den Boden einsenkte und den Platz mit einer kleinen Bühne tauschte, behielt sie mit dem anderen ihre vermeintliche Konkurrentin im Blick. Und auch das Mädchen mit den vielen Sommersprossen im Gesicht, schielte immer wieder misstrauisch zu Paula herüber. Doch da er nun verschwunden war, hatten sie sich nichts mehr zu sagen und so verfolgten sie nun, mehr oder weniger interessiert, den Show-Wettbewerb vierer Schüler aus den höheren Klassen. Die Attacken sahen zwar ganz toll aus, doch Koordinator zu sein, hatte Paula nie so besonders fasziniert. Dafür interessierte es sie berennend mehr über ihre mysteriösen Retter herauszufinden. Wenn sie doch nur von Anfang an da gewesen wäre. Dann hätte sie sicherlich auch seinen Namen gewusst. Sie hätte ja ihre Nachbarin fragen können, aber.... Sie verwarf diesen Gedanken schnell wieder. Aber zumindest wusste sie nun, dass er, sehr zu ihrer Freude, ebenfalls an der Akademie zur Schule ging. Also würde sich sicherlich etwas herausfinden lassen. Und wer weiß, vielleicht würde sie ihm ja auch mal zufällig über den Weg laufen. Als der Schönheitswettbewerb in seine heiße Phase ging, betraten auch Prof. Amber und Taja die große Halle. Sie suchten sich einen Platz ein paar Reihen hinter der restlichen Klasse und beobachteten das Geschehen. Taja bedauerte es, dass sie nicht schon eher eingetroffen war, denn die Vorführungen waren äußerst interessant. Mit einer kraftvollen Eisstrahlattacke eines Glaziolas, die die Kuppel der Halle für einen Moment in eine riesige glitzernde Eistropfsteinhöhle verwandelte, wurde der Gegner außer Gefecht gesetzt und der Kampf beendet. Die Bühne wurde geräumt und es erschien ein Mikrofon, gefolgt von einem recht jung wirkenden Mann, der seine, anscheinend vor den Demonstrationen begonnene, Rede fortführte. Er erklärte alles Wichtige für die neuen Schüler, erläuterte verschiedene Systeme, wies auf Neurungen hin und ermahnte zur Einhaltung der Schulordnung. Obwohl Taja das alles schon in den Unterlagen des Willkommensschreibens gelesen hatte, hörte sie sich alles aufmerksam an. Schließlich hätte es ja sein können, dass sie etwas übersehen hatte. Ihr Umfeld war dagegen weniger interessiert. Gerade die älteren Schüler schalteten schon nach einigen Sätzen ab. Sie mussten sich schließlich jedes Jahr wieder das Selbe anhören. Und nicht mal die Neulinge, für die es wichtig war, konnten sich diese Fülle an Informationen merken. Als der Lehrer nach guten zwei Stunden endlich fertig war, ging ein erleichtertes Raunen durch die Menge. Jeder war froh, endlich wieder seiner Wege gehen zu können und der führte so ziemlich alle in die große Mensa, denn inzwischen verkündeten die Uhren halb eins. Auch Taja nahm dies zur Kenntnis und überlegte sich ihr Vorgehen. Der eigentliche Unterricht sollte erst um 2 Uhr beginnen. Eigentlich genügend Zeit, doch sie sollte ja ihr Pokémon abholen und da sie keine Ahnung hatte, wie viel Zeit das in Anspruch nehmen würde, beschloss sie die leise Meldung ihres Magens zu ignorieren und sich gleich auf den Weg zu machen. 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