Sam von Henry_Morgan (Mein Schicksal ist der Tod) ================================================================================ Kapitel 5: Er? Er ist meine Hilfe? ---------------------------------- „Serenity, es tut mir Leid. Wir wissen doch, wie viel dir Papa bedeutet. Ich hätte dich nicht darum beten sollen, Stefan Papas Sachen zu geben“, entschuldigte sich auch Mama. „Du verstehst das nicht!“, zickte ich sie sauer an, „Du hast ihn doch schon vergessen! Jetzt hast du ja ihn, was willst du da mit Papa?! Er ist ja nit mehr da! Du hast ihn doch schon lange vergessen. Du gehst nie zu Papas Grab! Das mache immer ich! Wenn du ihn schon vergessen hast, dann darf ich es wenigstens nicht auch noch tun! Das bin ich ihm schuldig. Er war doch mein Vater! Er ist mein Vater und er wird es immer sein und kein anderer!“ „Ty, ich habe Papa nicht vergessen“, versuchte Mama mich zu überzeugen, „ich…es tut einfach zu weh, dort hinzugehen“ „Glaubst du mir tut es nicht weh? Er ist mein Vater verdammte Scheiße! Natürlich tut mir das auch weh, aber ich bin immerhin für ihn da. Ich lass ihn nicht allein…ich lass ihn nicht im Stich. Ich bin nicht so feige wie du…ich stelle mich dem“, schrie ich, stand auf, zog meine Jacke und meine Schuhe an und lief aus der Wohnung. Ich lief die Straße entlang. Irgendwo hin, hauptsache weg von Mama und dem Mann, der Papas Platz langsam einnahm. Als ich mich an eine Hauswand anlehnte, hörte ich die Glocken der St. Josef Kirche läuten. Ich drückte mich von der Wand weg und ging in Richtung Kirche. Immer wenn es mir schlecht ging, ging ich dorthin. Nur wenn ich sie ansah, ging es mir schon besser. Papa war früher oft mit mir dort gewesen. Drinnen war ich erst zweimal gewesen. Wir hatten immer nur davor gestanden und sie angesehen. Stundenlang. Ich stand vor der Kirche, auf der anderen Straßenseite und sah sie an. Warum verstand Mama mich denn nicht? Warum nicht? „Ach Papa, hilf mir doch bitte“, flüsterte ich leise, während mir Tränen übers Gesicht liefen, „Wie soll ich denn verhindern, dass er deinen Platz einnimmt?“ Ein kalter Wind wehte durch die Straße. Ich drückte meine Jacke an mich und ging langsam in die Knie. „Was soll ich nur machen? Papa hilf mir doch bitte“, schniefte ich, als ich auf den Boden sank, das Gesicht in meinen Händen verborgen. „Serenity? Hey Serenity, was machst du denn hier?“, fragte eine mir bekannte Stimme, doch ich konnte sie nicht zuordnen. Wer ist das? Ich schaute langsam hoch. Von der verwaschenen Jeans, über die khaki-farbene Jacke sah ich in das Gesicht von Herrn Richter. Herr Richter? Was macht der denn hier? „Serenity? Hallo? Was machst du hier? Ist alles in Ordnung?“, fragte er wiederum. „Ich…em…ich…“, stammelte ich vor mich hin, um mir eine Ausrede einfallen zu lassen, „Ich…wollte…Ich wollte mir mal die Kirche anschauen. Früher war ich oft hier gewesen“ „Und warum sitzt du dann auf dem kalten Boden? Komm steh auf, bevor du dich erkältest“, forderte er mich auf und hielt mir seine Hand hin. „Em…ich war müde und da hier keine Bank is…hab ich mich halt auf den Boden gesetzt“, erklärte ich während er mir hoch half. Ich hatte Papa zwar um eine Hilfe gebeten, aber warum denn gerade Herr Richter? Warum er? „Das glaub ich dir aber nicht“, entgegnete dieser und sah mich vertrauensvoll an, „Was ist denn passiert? Hat es was mit Herrn Fraszczak zu tun?“ „Ich möchte nicht darüber reden“, wehrte ich ab und drehte mich weg. „Hey, du kannst mir vertrauen Serenity. Ich möchte dir doch nur helfen. Es muss doch einen Grund haben, warum du hier in der Kälte vor der Kirche stehst und weinst“, meinte er und drehte meinen Kopf zu sich, „Also, was ist passiert?“ „Ich weine nicht! Und warum sollte ich es Ihnen erzählen?“, entgegnete ich zickig und drehte meinen Kopf weg. „Okay, du musst nicht mit mir reden, aber dich bedrückt etwas und ich würde dir gerne helfen. Außerdem hast du geweint, ich habs doch gesehen. Also lüg mich nicht an!“, erklärte er, „Ich will dir doch wirklich nur helfen. Immerhin passiert es nicht jeden Tag, dass eine meiner Schülerinnen vor meinem Haus sitzt und weint“ „Sie wohnen hier?“, fragte ich überrascht. „Ja, hier direkt gegenüber. Also, komm erzähl was los ist. Ich sags ja auch keinem“, bat er mich wiederum und lächelte mich vertrauensvoll an. „Ich hab mich mit Mama gestritten“, gab ich nach und schaute auf den Boden. „Ach, dass wird bestimmt wieder. Du redest einfach nachher nochmal mit ihr“, baute mich Herr Richter auf. „Ich will aber nicht mit ihr reden und ich will auch nit zu ihr“, zickte ich leicht sauer. „Em…Serenity, weiß deine Mutter das du hier bist?“, erkundigte sich Herr Richter und lehnte sich gegen die Hauswand. „…Nein“, antwortete ich zögernd. „Also, bist du abgehauen?“, fragte er ein wenig überrascht nach. „Ja bin ich. Wollen Sie sonst noch irgendwas wissen?“, antwortete ich sauer und sah ihn sauer an. Warum fragte er mich denn aus? Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich wollte einfach nur allein sein! „Hey tut mir Leid, ich hab ja nur mal gefragt. Du solltest nach Hause gehen. Deine Mutter macht sich sicher Sorgen“, schlug er vor. „Ich hab gesagt ich will nicht! Hören Sie mir nicht zu? Außerdem geht Sie das gar nichts an. Halten Sie sich doch einfach daraus!“, zickte ich ihn sauer an. Er sollte sich gefälligst daraus halten! Das war ganz allein meine Sache! Er sah mich geschockt an, drückte sich dann aber von der Wand ab und lächelte mich an. „Hey Serenity, ich will dir nur helfen. Du bist sauer auf deine Mutter und Herrn Fraszczak, richtig? Ich kann dir doch helfen. Immerhin bin ich ja mit ihm befreundet. Wenn du nicht nach Hause willst, dann solltest du zu einem deiner Freunde gehen“, meinte er und steckte seine Hände in seine Jackentasche. „Da werden Mama und Stefan ja sofort suchen…ich bin doch nicht doof“, entgegnete ich und schaute ihn kurz aus den Augenwinkel an. Als ich „Stefan“ sagte, schaute er kurz komisch. „Und was willst du dann machen? Wo willst du hin? Es wird heute Nacht kalt und du willst ja nicht zu deiner Mutter. Hm…oder hast du etwa vor hier auf der Straße zu schlafen?“, wollte er nachdenken wissen. „Warum nicht? Andere schlafen auch auf der Straße. Aber hier werd ich nicht schlafen. Mama weiß, dass ich oft hier bin und hier wird sie mich wahrscheinlich auch suchen kommen…hm…ich sollte hier weg, bevor sie kommt“, überlegte ich. „Serenity, glaubst du nicht das ist ein wenig unfair deiner Mutter gegenüber?“, fragte Herr Richter und schaute mich durchdringend an. „Herr Richter, das Leben ist nicht fair“, antwortete ich traurig, mit den Gedanken bei Papa. „Ich weiß, aber du musst es für sie ja nicht noch unfairer machen, oder? Außerdem willst du denn, dass sie sich Sorgen um dich macht? Das muss doch nicht sein. Und wenn du hier schläfst, dann wirst du bestimmt krank“, versuchte er mich zu überreden. „Nein! Sie kann sich ruhig mal Sorgen machen. Kann ja nix schaden. Außerdem was soll mir schon passieren? Ich kann mich verteidigen und so ne Grippe wird mich schon nicht umbringen“, wehrte ich bitter ab. „Hm…okay, du hast gewonnen, ich geb auf. Gegen dich kann man nicht gewinnen…schade eigentlich. Aber du kannst trotzdem nit hier draußen bleiben, ob du nun willst oder nicht“, gestand er sich ein und schaute mich besorgt an. „Warum interessiert Sie eigentlich, was mit mir ist? Können Sie nicht einfach Heim gehen und so tun, als hätten Sie mich nicht gesehen?“, wollte ich von ihm wissen. „Hm…könnte ich, mach ich aber nicht. Warum willst du denn keine Hilfe? Was ist so schlimm daran, dass ich dir helfen will?“, fragte er, „Du wolltest doch Hilfe oder? Jetzt bin ich da“ „Hey! Haben Sie mir etwa zugehört? Das geht Sie gar nichts an! Wie taktlos sind Sie eigentlich?“, schrie ich enttäuscht von ihm. „Tut mir ja Leid, aber weghören konnte ich nicht. Und bist du schon mal auf die Idee gekommen, dass dein Vater dir mich als Hilfe geschickt hat?“, beruhigte er mich lächelnd. „Hören Sie auf! Als wenn Sie wüssten, was mein Vater tun würde! Sie wären der Letzte, den er mir schicken würde“, entgegnete ich sauer. Was fiel dem ein, so was zu sagen? „Wer weiß? Auf jeden Fall bin ich jetzt da und ich lass dich nicht hier draußen in der Kälte stehen“, sagte er, „Hm…willst du mit kommen?“ „Wohin?“, wollte ich verwirrt wissen. „In meine Wohnung…oh wie sich das anhört“, meinte er und lachte kurz auf, „Also ich meine, da ist es warm und da wird dich deine Mutter bestimmt nicht suchen“ „Em…ich weiß…nicht“, stammelte ich schüchtern. „Ich tu dir schon nichts. Was glaubst du denn was ich mit dir mache?“, versicherte er mir lächelnd. „Em…ich weiß nicht“, sagte ich wieder. „Komm schon. Ich will dir wirklich nur helfen. Du kannst ja jederzeit gehen…vorausgesetzt es ist nicht gerade mitten in der Nacht und im strömenden Regen“, erklärte er. „Okay…“, stimmte ich schließlich ein. Er lächelte mich an und ich folgte ihm über die Straße zu einem Haus. „Warum haben Sie gesagt Sie tun mir nix? Glauben Sie etwa, ich glaube, dass Sie mir was tun?“, fragte ich ihn, als er die Tür aufschloss. Er drehte sich um und meinte:„Ich weiß nicht was du denkst und bevor du was falsches denkst, sag ich lieber was!“ „Sollte ich denn so was denken?“, entgegnete ich lächelnd. „Hm…weiß nicht…“, sagte er ebenfalls lächelnd, „Aber ich denke mal eher nicht. Sonst krieg ich noch schrecklichen Ärger…außerdem hab ich keinen Grund dazu“ „Beruhigend“, meinte ich nicht wirklich überzeugt. „Das war ein Witz. Ich tu dir nichts…aber ich bin ein wenig verletzt, dass du so was von mir denkst! Was glaubst du denn was ich in meiner Freizeit mache?“, stöhnte er und öffnete die Haustür. „Ich hab nie gesagt, dass ich so was von Ihnen denke! Das haben Sie gesagt“, stellte ich richtig und folgte ihm eine Treppe hoch. „Also vertraust du mir?“, wollte er wissen, als er vor einer Wohnungstür stoppte. „Sollte ich?“, entgegnete ich lächelnd. „Also vertraust du mir nicht?“, fragte er, als er den Wohnungsschlüssel ins Schloss steckte. „Das hab ich nicht gesagt“, meinte ich. „Du verwirrst mich…ich versteh dich irgendwie nicht“, stöhnte er und öffnete die Tür. „Nicht schlimm…niemand versteht“, erklärte ich und folgte ihm in die Wohnung, „Ich selbst versteh mich ja manchmal nicht“ „Kein Wunder bei dem was du da redest“, sagte er und hing seine Jacke an der Garderobe im Flur auf, „Kannst deine Jacke ruhig hier aufhängen“ „Danke, aber ich rede nicht immer so! Nur wenn ich Leute verwirren oder ärgern will“, entgegnete ich und hing meine Jacke auf. „Also willst du mich ärgern?“, fragte er, während ich ihm ins Wohnzimmer folgte. „Em…eigentlich nicht…“, antwortete ich, als ich mich umsah. „Aber verwirren?“, hakte er nach. „Ja…vielleicht ein bisschen“, sagte ich lächelnd. „Und welchen Sinn soll das haben?“, wollte er wissen und setzte sich auf die blaue Couch. „Keine Ahnung…ich machs einfach“, entgegnete ich. „Setz dich ruhig“, meinte er, „Du willst mich verwirren, weil du mir nicht vertraust…oder?“ „Häh? Ne…irgendwie nit…“, antwortete ich, während ich mich auf den Sessel gegenüber der Couch setzte. „Hm…na gut…wechseln wir mal das Thema“, sagte er und sah mir in die Augen, „Also, was genau ist denn bei dir daheim passiert?“ „Ich will nicht darüber reden, das hab ich Ihnen eben schon gesagt“, wehrte ich ab und sah beiseite. „Hm…gut, ich kann dich zu nichts zwingen, aber wenn du reden willst…“, fing er an, wurde aber vom Aufklingen meines Handys unterbrochen. „Oh…ich habe eine SMS bekommen“, verkündete ich überrascht und nahm mein Handy raus. Sie haben eine Kurzmitteilung von Kai Hey Ty, wo bist du? Deine Mutter hat grad hier angerufen und nach dir gefragt. Sie war total durch den Wind. Was ist passiert? Warum hast du dich nicht gemeldet? Kai „Von Kai…“, sagte ich, nachdem ich die SMS durchgelesen hatte. „Dann antworte ihm…nicht das er sich Sorgen macht“, schlug Herr Richter lächelnd vor, „Hast du Durst? Willst du was trinken? Wasser, Saft, Tee, Bier?“ „Ja mach ich“, stimmte ich ein, „Hm…ja…em Wasser, bitte“ Herr Richter nickte und ging in Richtung Küche, während ich Kai antwortete. Hey Kai, mach dir keine Sorgen, mir geht’s gut. Bin bei…hört sich jetzt komisch an…bin aber beim Richter. Hat ne schöne Wohnung der Mann ^^ Ach Mama und ich haben uns gestritten…das wird bestimmt wieder, aber sag ihr nicht wo ich bin. Die kann sich ruhig mal Sorgen machen. Ty Gerade als ich die SMS abgeschickt hatte, kam eine Neue. Diesmal von Kim. Sie haben eine Kurzmitteilung von Kim Ty, wo um Gottes Willen bist du??? Deine Mutter ist voll durch den Wind. Die wollte mir nicht glauben, dass du nicht bei mir bist! Und Herr Fr. war auch total fertig. -.- Man, ich hasse es mit Lehrern zu telen. Sam ich bin sauer auf dich! Also wo bist du? Kim Hey Kim, mir geht’s gut. Sry das du mit Stefan telen musstest. Ich bin bei Hrn. Richter. Hört sich komisch an, ist aber so. Red mit Kai, dem hab ich auch ne SMS geschickt. Will nit alles doppelt schicken, is mir zu teuer! Ty „Und? Alles in Ordnung?“, fragte Herr Richter, als er wieder ins Wohnzimmer kam und ein Glas mit Wasser vor mich auf den Tisch stellte. „Danke“, bedankte ich mich, „Ja alles in Ordnung“ „Was willst du jetzt machen? Irgendwann musst du ja wieder Heim“, fragte Herr Richter und setzte sich wieder auf die Couch. „Irgendwann…“, antwortete ich und nahm einen Schluck aus dem Wasserglas. „Al…“, fing Herr Richter an, wurde aber von dem Klingeln seines Telefons unterbrochen, „Wer isn das jetzt?“, stöhnte er und stieg auf, „Oh Stefan..“ „Was?“, fragte ich geschockt. Herr Richter nahm den Hörer ab und schaltete auf Lautsprecher, sodass ich mithören konnte. Hr. Richter: Richter Hr. Fraszczak: Jan, ich bins Stefan. Hr. Richter: Hey Stefan, was ist? Hr. Fraszczak: Ich hab Scheiße gebaut. Hr. Richter: Ist ja nix neues oder? Hr. Fraszczak: Jan, ich meins Ernst. Hr. Richter: Was ist denn passiert? Hr. Fraszczak: Serenity ist abgehauen. Hr. Richter: Ach… Hr. Fraszczak: Sie war stinksauer. Hr. Richter: Sie ist ein Teenager, das ist normal. Die kommt schon wieder. Hr. Fraszczak: Nein. Jan, Joana wollte, dass ich Klamotten von Serenitys Vater anziehe, weil meine dreckig waren. Hr. Richter: Ja und? Was ist so schlimm daran? Hr. Fraszczak: Serenity wollte das nicht und hat mir Sachen von ihrem Bruder gegeben. Hab ich ja auch verstanden, aber Joana wollte das ich die Sachen von ihrem Mann anziehe. Hr. Richter: Dann ist es doch ihre Schuld und nicht deine. Hr. Fraszczak: Nein. Serenity hat das Gefühl ich würde die Rolle ihres Vaters einnehmen wollen, aber das will ich ja gar nicht. Ich weiß doch, dass ich das niemals kann und er war ihr Vater und ist es auch für immer. Hr. Richter: Dann red mit ihr, wenn sie wieder auftaucht. Hr. Fraszczak: Sie will mir bestimmt nicht zuhören. Was soll ich denn machen? Hr. Richter: Warum fragst du mich das? Frag lieber Marie, die ist doch Psychologin. Hr. Fraszczak: Ich frage dich, weil du am besten nachvollziehen kannst, was in Serenity vorgeht. Hr. Richter: Danke, musstest du mich daran erinnern? Hr. Fraszczak: Tut mir Leid, aber ich brauch deine Hilfe Jan!!! Es ist wichtig. Ich mach mir Sorgen um sie. Was wenn ihr was passiert? Hr. Richter: Ihr geht es bestimmt gut, mach dir keine Sorgen. Sie ist bestimmt zu jemandem gegangen, dem sie vertraut. Hr. Fraszczak: Zu wem denn? Bei ihren Freunden ist sie ja nicht. Hr. Richter: Manchmal sind es nicht nur die Freunde denen man vertraut, sondern auch Menschen mit denen man täglich zu tun hat. Hr. Fraszczak: Achso…okay…ich geh dann mal wieder zu Joana…danke für deine Hilfe. Hr. Richter: Immer wieder gern. Hr. Fraszczak: Und Jan, tut mir wirklich Leid, dass ich dich dran erinnert hab. Hr. Richter: Schon okay, langsam hab ich mich dran gewöhnt. Ist ja auch schon lange her. Ich kann mich schon fast nicht mehr an die Zeit davor erinnern. Hr. Fraszczak: Das wird schon. Na ja, ich geh dann mal. Ciao. Hr. Richter: Ja bye. Herr Richter legte auf und setzte sich wieder auf die Couch. „Warum hast du mir das nicht erzählt? Was wäre denn so schlimm daran gewesen?“, fragte Herr Richter, „Das kann doch nun wirklich jeder nachvollziehen.“ „Ich wollte einfach nicht“, antwortete ich traurig. „Hey Serenity, hör zu. Stefan will den Platz von deinem Vater nicht einnehmen, dass hast du ja gehört. Vielleicht kommt es dir so vor, aber er will es nicht. Ich weiß es ist nicht leicht, wenn plötzlich wieder ein anderer Mann mit deiner Mutter zusammen ist“, erklärte er. „Sie wissen gar nix! Woher wollen Sie denn wissen, wie es sich anfühlt? Woher?“, schrie ich, während mir Tränen übers Gesicht liefen, „Sie haben keine Ahnung wie das ist!“ „Oh doch Serenity, dass hab ich. Du bist nicht die Einzige, die ihren Vater verloren hat“, meinte er und senkte den Blick. „Was?“, fragte ich traurig überrascht. „Mein Vater ist gestorben, als ich in etwa so alt war wie du. Damals fiel ich in ein tiefes Loch. Meine Mutter war damals noch sehr jung und für sie war es nicht leicht mich allein großzuziehen. Und sie hatte natürlich auch einige neue Freunde. Solche Vollidioten!“, antwortete Herr Richter und biss sich auf die Unterlippe. „Herr Richter, Sie müssen mir das nicht erzählen, wenn Sie nicht wollen“, unterbrach ich ihn traurig. Er hatte auch seinen Vater verloren? Das wusste ich gar nicht. Gut, es ging mich ja auch nichts an. „Nein…wenn du nichts dagegen hast, würde ich es dir gern erzählen…“, entgegnete er und sah mich fragend an. „Okay…“, sagte ich und schaute ihn traurig an. „Also…meine Mutter hatte nach Papas Tod viele Freunde. Am Anfang ging es noch. Da war Gustav, Peter, Viktor, Mario. Aber dann kamen diese…andern Typen wie Rene und Pietro. Rene, war einigermaßen in Ordnung. Er konnte mich nicht ausstehen, aber er machte Mama glücklich, also sagte ich ihr nicht, dass ich ihn nicht mochte. Aber nach zwei Monaten war es zwischen den Beiden aus. Na ja…er war Dealer…und landete im Knast“, erzählte Herr Richter, „Aber Pietro war der schlimmste von Mamas Freunden. Mama liebte ihn wirklich und ich hatte sie schon lange nicht mehr so glücklich gesehen. Aber er veränderte sie…und nicht gerade ins Positive. Pietro mochte mich nicht…gut eigentlich hasste er mich. Er schlug mich auch öfter…und irgendwann tat es auch Mama…damals wusste ich nicht wie ich reagieren sollte. Auch wenn sie mich immer mehr vernachlässigte und schlecht behandelte, war sie immer noch meine Mutter und ich wollte das es ihr gut geht, also hab ich es über mich ergehen lassen“, sein Blick wurde trauriger und er atmete tief durch, „Vorallem auch, weil ich Papa versprochen hatte, auf Mama aufzupassen. Aber irgendwann konnte ich nicht mehr, da bin ich dann einfach abgehauen. Ich wollte nur weg. Damals hab ich dann ein paar Nebenjobs angenommen, um mein Studium zu finanzieren. Gewohnt hab ich bei nem Kumpel. Seine Mutter hat mich wie ihren eigenen Sohn behandelt und sie wurde so was wie meine zweite Mutter. Natürlich hab ich oft an Mama gedacht und wie es ihr wohl ginge, aber ich hatte nie den Mut sie anzurufen oder gar vorbei zu gehen. Seit über zehn Jahren, hatte ich jetzt keinen Kontakt mehr mit ihr. Serenity, ich will nicht, dass du den gleichen Fehler machst wie ich. Wenn ich die Chance hätte, das gleiche nochmal zu erleben, würde ich es anders machen. Ich frage mich jeden Tag, wie es ihr geht, ob sie wohl noch mit diesem Pietro zusammen ist, oder schon nen andern Freund hat. Aber ich hab keine Ahnung wo sie wohnt und selbst wenn, dann hätte ich wohl kaum den Mut sie anzurufen oder sie zu besuchen“ „Oh…“, war alles was ich raus bekam, nachdem Herr Richter geendet hatte. Er saß auf der Couch, die Ellenbogen auf die Knie gestützt und das Gesicht in den Händen verborgen. Der Arme! Was sollte ich nur machen? Ich wollte ihm helfen! „Herr Richter…“, sagte ich leise, als ich aufstieg und mich neben ihn setzte, „Alles in Ordnung?“ Er schüttelte den Kopf. Nein. Was sollte ich denn jetzt machen? Zögernd legte ich die Arme um ihn. „Hey…alles wird wieder gut“, versuchte ich ihn zu tröstend, obwohl ich nicht wirklich an meine Worte glaubte. Er lehnte sich leicht gegen mich. „Das glaubst du doch selbst nicht“, entgegnete er. In seiner Stimme war deutlich zu hören, dass er weinte. Okay, das wurde mir jetzt leicht zu viel. Was sollte ich denn machen? Ich saß grad neben meinem Lehrer auf der Couch, in seiner Wohnung, während er heulte. Wie war ich da nur rein geraten? „Da haben Sie Recht. Es wird nicht wieder gut. Der Schmerz wird auch nicht nachlassen…und Sie werden sich wahrscheinlich Ihr ganzes Leben lang Vorwürfe machen“, sagte ich. „Sag ma, willst du mich fertig machen?“, fragte er und sah auf. Tränen liefen ihm übers Gesicht. „Nein, aber das ist doch die Wahrheit. Wenn ich Sie jetzt anlüge, hilft das Ihnen dann? Wenn Sie sich Hoffnungen machen, die nicht wahr werden, hilft das Ihnen dann? Ich könnte Sie jetzt anlügen, aber ich tu es nicht. Denn Sie wissen genauso gut wie ich, dass der Schmerz niemals nachlassen wird“, antwortete ich traurig und zwang mir ein aufbauendes Lächeln auf. „Stimmt schon…“, meinte er traurig und wusch sich die Tränen weg, „Tut mir Leid…ich hätte mich nicht so gehen lassen dürfen“ „Nein…schon okay…“, entgegnete ich. „Weißt du, du bist die Erste, der ich davon erzähle…“, gestand er und atmete tief ein, „Na ja, vielleicht verstehst du mich ja“ „Ja, ich versteh Sie…“, meinte ich, „Und Sie haben Recht…ich sollte zurück zu Mama gehen…“ Eigentlich wollte ich nicht zurück, aber ich hatte das Gefühl er wollte allein sein und außerdem wollte ich ihm helfen und dazu musste ich nach Hause. „Wirklich? Hab ich dich doch überzeugt!“, strahlte er glücklich, „Dann bring ich dich aber Heim, nicht das du es dir nochmal anders überlegst.“ „Okay“, stimmte ich ein. „Ty!“, rief meine Mutter aus, als ich die Wohnung betrat, Herr Richter hinter mir. „Tach“, entgegnete ich nur und legte den Schlüssel auf den Tisch im Flur. „Ty…Jan?“, meinte Stefan, als er in den Flur kam. „Hey Stefan, ich hab sie sicher abgeliefert. Wie gesagt, sie war sicher aufgehoben“, sagte Herr Richter lächelnd. „Ich weiß…“, entgegnete Stefan. „Ich geh in mein Zimmer, muss noch Hausaufgaben machen und lernen…also ciao“, verkündete ich und ging in mein Zimmer. Ich schaltete den PC an und setzte mich davor. „Okay, es kann ja nicht so schwer sein, Herrn Richters Mutter zu finden…“, sagte ich leise zu mir selbst, als es an der Tür klopfte. „Kann ich reinkommen?“, fragte Stefans Stimme. „Was ist?“, entgegnete ich angenervt. „Ich wollte mich entschuldigen. Sam, ich will wirklich nicht den Platz deines Vaters einnehmen“, erklärte Stefan. „Schon gut…“, sagte ich, „Em…weißt du, wie Herrn Richters Mutter mit Vornamen heißt?“ „Ja, sie heißt Elena, warum?“, fragte Stefan überrascht. „Ach nur so…kannst du mich jetzt bitte wieder allein lassen?“, versuchte ich ihn loszuwerden und er schloss die Tür hinter sich. Ich suchte im Internet nach ihrer Adresse und fand sie auch. Auf Ihre Anfrage wurde ein Treffer gefunden: Elena Richter Bischofstr. 15 56322 Spay Tel.: 1225 Na geht doch! „Sie wohnt ja hier in der Nähe!“, sagte ich glücklich, „Jetzt muss ich es nur noch hinbekommen, dass sie und ihr Sohn sich treffen…aber vorher geh ich erst nochmal in den Chat!“ -FallenAngel hat den Raum betreten- Lovely: Sam!!! Spinnst du???? Ich hab mir Sorgen um dich gemacht!!! =*( sweetheart: genau! hast du einen an der waffel? FallenAngel: hi leute, schön euch zu sehen o.O Lovely: nix schön! wir sind vor sorge fast gestorben! FallenAngel: übertreibst du da nicht ein wenig? ihr wusstet doch wo ich bin! sweetheart: na eben drum! FallenAngel: häh? der richter ist harmlos…außerdem was glaubt ihr denn, was der mit mir macht? Lovely: das was jeder mann mit so nem süßen mädchen wie dir machen würde ô.ô FallenAngel: kai! sweetheart: kai! Lovely: was denn? -BlackDragon betritt den Raum- FallenAngel: JAN! hi ^^ BlackDragon: hey Ty…und kai und kim Lovely: bloß nicht solche begeisterung jan! sweetheart: hai di ho ^^ BlackDragon: was denn? – wie geht’s dir ty? FallenAngel: gut und dir? sweetheart: jaaaaan? magst du ty? ^^ Lovely: -.- BlackDragon: klar, wäre ich sonst mit ihr befreundet? FallenAngel: was soll die frage kim? Sweetheart: nein, das mein ich nicht. ich meinte magst du sie im sinne von…ô.o öh…du weißt schon Lovely: was wohl ty…manchmal bist du bisschen hohl FallenAngel: ey! das war gemein kai!!!! >.< *sauer bin* BlackDragon: ach ja…mir auch ty ;) – im sinne von…notgeil oder…? o.O Lovely: nicht sauer sein…sorry…=( Sweetheart: nein, doch nicht im sinne von notgeil!!! oder doch? ^^ hm…im sinne von…na ja…sehr mögen BlackDragon: ? O.o *kurzschluss* FallenAngel: *voll auf schlauch steh* Lovely: lieben!!! im sinne von lieben!!! seid ihr schwer von begriff -.- Sweetheart: danke kai!!! du warst meine rettung *fast nervenzusammenbruch hatte* BlackDragon: was soll die frage? FallenAngel: öh…ich bin verwirrt o.o BlackDragon: willkommen im club! Lovely: also…ja oder nein jan? FallenAngel: ich geh jetzt besser…das wird mir zu…doof^^ außerdem muss ich noch ein bisschen schicksalsengel spielen;) Sweetheart: warte wenigstens auf seine antwort! -FallenAngel hat uns verlassen- Was war das denn gewesen? Wie kam Kim auf so einen Mist? Jan und mich lieben…dass ich nicht lachte! Er kannte mich doch gar nicht richtig, wie sollte er mich da lieben? Mögen ja, aber lieben? Lieben bedeutete mehr, als das Wort sagte…Eine Liebe übers Internet? Ohne das man sich vorher sah? Konnte man sich wirklich in jemanden verlieben, den man noch nie vorher gesehen hatte? Okay, ich versuchte mich abzulenken. Einfach nicht mehr dran denken, dachte ich und wandte mich wieder Herrn Richters Problem zu…nun musste ich Frau Richter anrufen. Ich nahm das Telefon und wählte die Nummer. Es läutete einige Zeit, bis sich eine leise Frauenstimme meldete:„Richter“ „Spreche ich da mit Elena Richter?“, fragte ich die Frauenstimme im Hörer und setzte mich auf mein Bett. „Ja“, antwortete die Stimme und nach einer kurzen Pause fragte sie:„Wer ist denn da bitte?“ „Also…em…mein Name ist Serenity de la Tortue“, antwortete ich ein wenig nervös. „Wie? Wie heißen Sie?“, erkundigte sich Frau Richter erneut. „Serenity…Serenity de la Tortue“, wiederholte ich mit einem leichten Zittern in der Stimme. Es war doch völlig egal wer ich war! Es ging doch um was ganz anderes! „Was möchten Sie denn von mir?“, erklang Frau Richters Stimme wieder. „Sie können mich ruhig duzen. Ich bin erst fünfzehn. Aber weshalb ich Sie anrufe…also…“, stammelte ich ein wenig vor mich hin, da ich nicht wusste, wie ich es ihr sagen sollte, „Es geht um Ihren Sohn…Jan Richter…“ „Jan? Du kennst meinen Sohn?“, wollte sie mit heller Stimme wissen, „Wie geht es ihm? Ihm ist doch hoffentlich nichts Schlimmes zugestoßen? Hatte er einen Unfall?“ „Nein, nein, keine Sorgen. Ihrem Sohn geht es…na ja…es ging ihm schon einmal besser, aber es geht ihm gut.“, fing ich an, „Also…er hat mir erzählt was vor zehn Jahren zwischen Ihnen beiden vorgefallen war und er…hm…na ja, er leidet sehr unter…na ja, dass Sie sich halt nicht mehr sehen“ Es war einige Zeit Ruhe…kein Laut…keine Reaktion, bis ich entschloss fortzufahren:„Na ja, was ich eigentlich sagen will ist, dass Ihr Sohn Sie gerne wieder sehen möchte, aber weder Ihre Adresse noch Telefonnummer hat und er, selbst wenn er sie hätte, sich nicht trauen würde sich mit Ihnen zu treffen. Herr Richter weiß nicht dass ich Sie anrufe und er weiß auch nicht, dass ich Ihre Telefonnummer herausgefunden habe“ „Er hat Angst mich zu treffen?“, fragte Ihre Stimme, die nun etwas leiser und bitterer klang. „Ja, er hat Angst davor. Ich meine, er hat Sie jetzt seit über zehn Jahren nicht gesehen oder gesprochen…wer weiß wie Sie inzwischen zu ihm stehen. Er hat einfach Angst abgewiesen zu werden“, erklärte ich, als sie mir ins Wort fiel:„Ich ihn abweisen? Er ist doch mein Sohn…nie im Leben würde ich ihn abweisen. Ich liebe ihn doch!“ „Das weiß ich…Sie sind seine Mutter…aber er weiß es nicht und vielleicht sollten Sie sich mal in seine Lage versetzen…es war nicht leicht für ihn damals…“, fuhr ich fort, „Also…da er sich nicht traut den ersten Schritt zu machen…wie wärs wenn Sie in täten? Kommen Sie einfach Morgen in meine Schule. Vor dem Unterricht…so…gegen 7.15Uhr, in den Klassenraum der 10a“ „Ich weiß nicht…was hat das denn mit meinem Sohn zu tun?“, erkundigte sie sich unsicher. „Ihr Sohn ist Lehrer an meiner Schule…“, antwortete ich. „Du bist seine Schülerin? Aber wie…wieso tust du das Alles?“, fragte sie mich mit tiefer Verwunderung in der Stimme. „Weil er mir geholfen…und weil er genauso gelitten hat wie ich. Er hat auch seinen Vater verloren und…es muss nicht sein…dass er seine Mutter auch noch verliert…wenn er sie doch wieder finden kann“, erklärte ich ihr mit leichter Trauer in der Stimme, „Also kommen Sie morgen? Bitte, es wäre sehr wichtig…wir können auch noch einmal reden…wenn Sie Fragen haben, deshalb sollen Sie ja vor dem Unterricht kommen. Außerdem haben wir Ihren Sohn in der zweiten Stunde…also…“ Ich atmete tief durch und beendete dann:„…wir können ja mal sehen, wie wir es dann machen. Aber es wäre für Ihren Sohn sehr wichtig, wenn Sie kämen“ „Ich…ich…ich weiß nicht…“, überlegte sie. „Lieben Sie Ihren Sohn?“, entgegnete ich, „Denn wenn Sie ihn wirklich lieben, dann kommen Sie morgen. Er hat schon seinen Vater verloren, nehmen Sie ihm nicht noch die Mutter weg. Er braucht Sie. Klar, er ist erwachsen, aber er ist immer noch Ihr Sohn…und er wird es immer bleiben und er wird auch immer seine Mutter brauchen. Er musste schon früh ohne Sie auskommen…ohne seine Mutter und davor musste er so viel Leid ertragen…glauben Sie nicht Sie haben was gut zu machen? Sie denken vielleicht, er hat sich daran gewöhnt ohne Sie zu leben, und vielleicht stimmt es auch, aber es tut immer wieder weh…auch heute noch, da bin ich mir sicher. Denn ich hab ihn weinen sehen…“ Wieder war eine erdrücken Stille zwischen Herrn Richters Mutter und mir, doch dann sagte sie überraschend:„Okay…ich komme…“ „Danke“, rief ich erleichtert durch den Hörer, „Dann bis Morgen in der Schule“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)