Die Supermietzen auf der Jagd von tifi ================================================================================ Kapitel 1: ----------- ‚Bin ich hier wirklich richtig?’, Selene sah auf den abgerissenen Zettel. ‚Kirschblütenweg 777. Es muss also hier sein.’ Verunsichert und mit leiser Stimme rief sie: "Charlotte? Wo bist du..?" Doch niemand antwortet ihr. Auf einmal stieß eine Krähe einen Schrei aus, der ihr das Blut in den Adern gefrieren lies. "Charlotte?!" Panik stieg in ihr auf. Es begann in dem Baum hinter ihr zurascheln. Starr vor Schauder drehte sie sich langsam um und ein dunkler Schatten fiel herunter. Ein Schreckensschrei entfuhr ihr. Der Schatten kam näher. Immer noch starr, vermochte sie sich nicht von der Stelle zu bewegen. Doch was war das da? Langsam nahm der Schatten Farbe an und sie staunte nicht schlecht als sie ihre Freundin erkannte. "Verdammt…", fluchte sie, "..verdammt!!! Weißt du was du mir für nen Schrecken eingejagt hast?" Sie zitterte am ganzen Körper. Charlotte trat amüsiert aus der Dunkelheit und kicherte in sich hinein "Wai, sei doch kein Jammerlappen, Selene!", ein freches Grinsen umspielte ihre Lippen, "selber Schuld, wenn du zu spät kommst! Wir wollten uns doch vor Sonnenuntergang treffen, erinnerst du dich?" Das Mädchen verdrehte ihrer Freundin leicht die Nase, wobei diese einen kleinen Aufschrei vor Schmerz von sich gab. Selene massierte mit den Fingerspitzen leicht ihre Nase "Meine – bekommst du nicht", streckte ihrem Lottchen die Zunge raus und, trotz dessen, dass sie ihr einen großen Schrecken eingejagt hatte, begrüßte sie ihr Freundin erst mal so wie es sich gehört: Mit dickem Knutscher, einer Umarmung und dem üblichem Herumgewackel. "Tut mir leid, aber nun bin ich ja da", lächelte sie ihrer Freundin entgegen. "Aber was willst du nun hier?" Charlotte holte ihre monströse Taschenlampe aus dem Rucksack und fuchtelte damit wild in der Luft herum, bis ihr das richtige Wort für ihr Vorhaben einfiel: "Friedhof!" Sie schaute Selenchen grinsend an und versuchte mit sanfter Gewalt einen kleinen Rosenbusch, der an einem schmalen Pfad wuchs aus dem Weg zu ziehen. Da sich aber das verfluchte Mistding anscheinend wehrte, holte sie sich einpaar unschöne Kratzspuren an den Unterarmen zu, bis sie endlich ein kleines Schild ans fahle Laternenlicht befreien konnte. - SANT. MAURIZIUS FRIEDHOF -"Kannst du dich noch an den einen Zeitungsartikel erinnern? Den mit den Grabschändungen auf dem verlassenen Friedhof? Ist zwar schon etwas her.. aber solange du nicht an Alzheimer leidest, kannst du es gar nicht vergessen haben. Die ganze Stadt war in Aufregung!", Lottchen fing wieder an energisch mit den Händen rumzufuchteln, "aber irgendwie haben die es vertuscht. Anscheinend kümmern sich die Leute nur um ihren eigenen Kram! Ist doch alles schwachsinnig!" Sie stemmte die Hände in die schmale Taille und schaute skeptisch in die Finsternis, in der sich der lange Pfad zu ihrer linken verlor. "Also, ich habe mir gedacht, dass wir vielleicht der Sache nachgehen. Ist doch ganz amüsant! Sieh es einfach als einen nächtlichen Spaziergang zum Friedhof!" Sie leuchtete mit ihrer überdimensionalen Taschenlampe abwechselnd auf ihre Freundin und dann auf den Pfad. Dabei schreckte sie ein paar Krähen hoch, die sich unter großem Gemecker aufplusterten und davonflogen. "Weißt du wie lang das her ist? Warum kommst du gerade jetzt auf die Idee, dem auf den Grund zu gehen?", eine kurze Pause, dann sagte sie leise: "Mir wird schlecht…" Doch Charlotte war so überdreht und aufgeregt, dass sie die leisen Worte nicht vernahm. Selene blickte sich um, um nicht an die Übelkeit denken zu müssen, doch als sie das Grab direkt neben sich erblickte stockte ihr der Atmen. Das Grab war halb geöffnet und es lugten Gebeine hervor, jedoch sah sie nicht was sich unter ihm verbarg. Sie schwankte leicht nach hinten und viel auf ihr Hinterteil, den Schmerz der sich ausbreitet, fühlte sie nicht. "Ist es vielleicht dieses Grab hier?" Charlotte kniete neben ihrer Freundin nieder und beleuchtete zuerst flüchtig den Grabstein und verharrte dann mit ihrer überdimensionalen Taschenlampe auf den Knochen. "Also wenn es hier nicht noch mehr offene Gräber gibt, dann ist es das hier, meine Süße." Ihr Blick wanderte zu Selene, und bedeutet ihr dass ihr die Entdeckung noch nicht reichte. Selene blickt sich nur kurz um und als sie ihre Freundin wieder anschaute, hatte diese eine Lupe, die, wie auch die Taschenlampe, überdimensional groß war und mit der sie sich über das Skelett beugte. "Was macht du denn da jetzt? Tot ist er auf jeden Fall oder auch sie?" In ihr breitet sich die Neugierde aus, zu wissen wer das war. "Leuchte doch noch einmal auf den Grabstein, und diesmal bitte nicht so kurz…" "Plötzlich auch interessiert?", grinste sie und leuchtet hoch. Der Blick der beiden Mädchen wanderte hoch und erstarrte als sie den Namen lasen. -- Hier ruht in Frieden, der einst geliebte Sohn und Graf, VINCENT DRACUL, 1633-1653 -- Charlotte schaute ihre Freundin leicht irritiert an "Du.. irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht..", sie hörten aus der Ferne eine Eule heulend aufkrähen und zuckten gleichzeitig zusammen, "..ich glaube kaum, dass der da", Lottchen deutete auf die skelettierten Überreste des menschlichen Leichnams, "Vincent Dracula, oder wie auch immer, ist.. schon allein seine Lebensdaten lassen daran zweifeln, der müsste doch schon längst zerfallen sein.." Die beiden beugten sich über das geöffnete Grab und Lottchen versuchte mit aller Kraft die massive Steinplatte wegzuschieben, die ihnen die Hälfte der Sicht raubte. Dabei glitt ihr die überdimensionalgroße Taschenlampe aus der Hand und fiel mit einem dumpfen Laut zu Boden, der sich langsam aber sicher mit Nebel zu bedecken schien. Selene, dicht gedrängt an ihre Freundin, murmelte etwas von Mitternacht und Geisterstunde und strapazierte die schon sowieso angespannten Nerven der beiden Mädchen bis zum Äußersten. "Psssccchht, hör mir damit bloß auf!", Charlotte ergriff die schmale, zarte Hand ihrer Gefährtin und drückte leicht zu. "Hey, wir sind hier bloß auf einem ollen Friedhof.. naja, mit ein paar alten Gebeinen eines unbekannten Grafen, oder wie auch immer.. das ist noch kein Grund in Panik zu geraten!", versuchte Charlotte die Situation unter Kontrolle zu bringen. "Du hast sicherlich recht. Es kann uns nichts passieren..", erwiderte Selenchen unentschlossen und sarkastisch. Sie wollte sich gerade nach der überdimensionalen Taschenlampe bücken, als die beiden ein undefinierbares Geräusch aus dem Grab vernahmen. Kapitel 2: ----------- Vor Schreck verlor sie den Halt und rutschte mit der Hand in das Grab. Ein lautes Kreischen entfleuchte ihr als sich die knochige Hand des Skelettes um ihr Handgelenk legte. "Oh – mein – Gott… Wie kann das nur sein?" "Selene – hey! Alles okay, es ist alles okay, außer das halt das Ding da dein Handgelenk hält", versuchte sie den Schrecken ein wenig zu mildern. Selene blickte auf ihr Handgelenk und starrte dann auf diese Hand. "Ob ich ihn mal fragen sollte, ob er meine Hand nicht loslassen könne?" Fragte sie mit einem ganz schiefen Grinsen, als plötzlich Schritte zu vernehmen waren. Ganz im Gegensatz zu Selene, die starr auf den Boden blickte und der Schweißperlen über den Körper liefen, wurde Charlotte sehr, sehr hektisch und blickte wüst um sich herum. "Wer ist da?!" Eine tiefe Männerstimme erklang: "Victor, wie oft soll ich dir den noch sagen das du so unsere wehrten Gäste verschreckst?" Ein Lichtschein kam unter dem Nebel aus der Gruft näher. Er wurde immer stärker und stärker. Die Steinplatte ruckelte. "Charlotte..?", fragte sie ängstlich nach ihrer Freundin fuchtelnd. Der Lichtschein war ganz nah und dann schob sich die Steinplatte zur Seite. Ein schwarzer Umhang mit einem weißen Gesicht auf den Schultern wurde sichtbar. Er blickte Selene direkt in die Augen, doch diese nahm den Blick sofort zur Seite. Stattdessen starrte Charlotte den schwarz Gekleideten an, der wand sich ihr zu. "Guten Abend, die verehrten Damen." Er verneigte sich geschickt. Wie angewurzelt standen die zwei Mädchen da und beobachteten die eleganten und geschmeidigen Bewegungen des ganz in schwarz Gekleideten, der sie ebenfalls forschend aus den Augenwinkeln her anblickte. "Charlotte..?", wiederholte Selene leise und mit ängstlicher Stimme, wobei sie sich aus den Fängen "Viktors", der widerstrebend und unter großem Gezappel nachgab, befreite und ganz nah an ihre Freundin trat. Charlotte war immer noch wie versteinernd und konnte kaum den Blick von dem Unbekannten abwenden. "Ich muss Sie wahrlichst für das Benehmen meines Dieners entschuldigen. Er ist nicht mehr der Alte, seitdem ihm dieser grässliche Werwolf seine Hand abriss..", erklärte der Schwarzhaarige gelassen, jedoch voller Bestürzung. Plötzlich hob Charlotte ihren Zeigefinger gegen diesen und fing an wild zu gestikulieren: "Selenchen, der Kerl ist ein Vampir!", sie nahm ihre überdimensionale Taschenlampe wieder zur Hand und leuchtete dem vermeintlichen Vampir ins schneeweiße Gesicht, "Da! Da haste es! Schau dir doch diese Eckzähne an und die blutroten Augen erst!" Der Vampir machte noch einmal eine anmutige Verbeugung und entblößte durch ein freches Grinsen seine allzu spitzen Eckzähne. "Vielleicht sollte ich mich erst einmal Vorstellen. Mein Name ist Vincent Dracul, geboren 1633, gestorben 1653. Ich bin höchst erfreut, Sie kennen zu lernen, meine verehrten Damen.", wieder setzte er sein freches Grinsen an und betrachtete die zwei enganeinander gedrängten Mädchen mit seinen dunklen Augen, die wie zwei glühende Kohlen im Dämmerlicht leuchteten. "Darf ich so dreist sein und fragen, mit wem ich die Ehre habe?" Selene drehte ihr Gesicht zu Charlottes Schulter, nach einer Weile begann sie den schwarz Gekleideten aus dem Augenwinkel zu beobachten. Ihr Gesicht wanderte immer mehr zurück, um ihn besser mustern zu können. Als sie mit ihrem Blick den Seinigen streifte, zuckt ein Blitz hinter den beiden Mädchen über den Himmel, der einen lauten und lang anhaltenden Donner nach sich zog. Beider Mädchen Augen weiteten sich, doch die des Schwarzhaarigen bewegten sich nicht, sie wurden lediglich durch den Blitz in einen blauen Schimmer getaucht. Plötzlich fiel es Selene wie Schuppen von den Augen woher er ihr bekannt vorkam. "Das kann nicht sein… Charlotte, erinnerst du dich an die Bilder meiner Ahnen? Kommt er dir nicht auch bekannt vor?" Sie zitterte am ganzen Körper. "Beruhig dich Kleines. Er wird uns schon nichts tun – nicht Wahr Herr Dracul?", doch er erwiderte darauf nichts, stattdessen fixierte er nur Selene, bis er sich von ihr abwandte und Charlotten fixierte. "Ich werde mich zu beherrschen wissen", verneigte sich und sprach gedämpft weiter: "Ich hatte schon lange keinen Besuch mehr, es ist einsam hier unten, wenn jeder vor einem Angst hat und vor allem die Leute glauben an diese grauenhaften, geschmacklosen und fantasielosen Horrorgeschichten, in denen wir alles und jeden aussaugen und das auf grauenhafte Art und Weise. Über so was kann ein Vampir nur herzhaft lachen, da er ja weiß wie es wirklich ist…" Er lächelte bedrückt. Charlotte schaute Selene ernst und völlig entgeistert an. "Du hast recht!", rief sie laut aus und machte dem Bild von Edvard Munch, das "den Schrei" ausdrückte, alle Ehre, "wir hätten gleich darauf kommen müssen! ...Liebes, trotzdem sollten wir vorsichtig sein.. er ist immerhin ein Vampir, wer weiß, was er im Schilde führt..", flüsterte sie ihrer Freundin zu. Daraufhin fasste Lottchen erneut neuen Mut und leuchtete ein zweites Mal dem gefürchteten Vampir ins edle Antlitz. Mir fordernder Stimme verlangte sie: "Wie habt ihr zu Tode gefunden?", zugleich kicherte sie in sich hinein und drückte die zarte Hand ihrer Mitstreiterin, "ich wollte immer schon mal eine ganz besondere Unterhaltung mit einem "deiner Ahnen" führen!" Noch bevor der Graf zum Gespräch ansetzen konnte, ertönte ein grässlich unangenehmer Laut, vergleichbar mit dem, den eine quietschende Tür und ein überfahrener Schwamm zusammen fabrizieren und versetze die Anwesenden in leichtes Entsetzen.. naja, eigentlich nur die beiden Mädchen. Victor, der sich aus seinem Grab erhoben hatte, versuchte mit ein paar undefinierbar glucksenden Lauten seinem Hausherrn etwas klar zu machen. Dieser wiederum hob ihm seine blase, kalte Hand entgegen und begutachtete seine beiden Gäste. "Wenn Ihr erlaubt, mein treuer Diener brachte gerade den Vorschlag nach "unten" zu gehen und die Unterhaltung dort weiterzuführen. Oder wollt Ihr mich jetzt schon verlassen?", er lächelte Selene zu und machte eine einladende Geste. "Also.. so quietschen, kann ich auch", flüsterte Charlotte Selenchen zu und kicherte vergnügt, "na komm schon, was kann schon passieren? Ich an deiner Stelle hätte großes Interesse daran, meinen Ahnen mal "persönlich" kennen zu lernen!", sprach sie im gedämpften Ton und zog Selenchen dem Vampir entgegen. Diese fasst mit der einen Hand die ihrer Freundin und streckte die andere geistesabwesend Graf Dracul, mit einem verträumten Blick entgegen und machte dann einen leichten Knicks: "Monsieur, ich würde sie gern näher kennen lernen und vielleicht können sie mir ja auch etwas über unsere Familie erzählen und über das Familiengeheimnis, worüber keiner zu sprechen vermag..." Er schritt ihr entgegen, nahm ihre Hand und hauchte ihr einen leichten Kuss auf diese. "Ich werde mein bestes geben, Mamsell". An Charlotte gewandt, weiter die Augen ihrer Freundin erforschend, sagte er: "Darf ich auch dir versuchen ein Geheimnis zu enthüllen", schwenkte dann mit seinem Blick zu seiner Gesprächspartnerin, "oder dir einen Wunsch zu erfüllen?", und erforschte nun ihre Augen tiefer. Auch Charlotte war bemüht in seinen Augen zu forschen, doch es gelang ihr nicht, da sein Blick offen, aber dennoch verschlossen war, doch er hingegen drang frei in ihr vor. Doch als er Etwas tief in ihr streifte wand sie verlegen den Blick ab, Selene entging dies nicht. Charlotte bekam plötzlich Herzrasen. ‚Woher kommt dass? Soll er der sein mit dem ich mein Leben fristen soll? Meine Mutter meinte doch, ich werde nur von einem Mann tief berührt werden und mit dem werde ich alt werden, sagte sie. Sollte sie gelogen haben? Ich kann doch nicht mit einem Vampir…’ Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen als Selene ihr leicht in Rippen stieß. "Es geht runter du kleines Träumerle", lächelte sie. Und sei nicht so unhöfflich die Hand unseres Gastgebers auszuschlagen.", grinste sie jetzt. "Ich bin nicht unhöfflich!", beschwerte sie sich, "ich war lediglich mit meinen Gedanken wo anders, sonst nichts.", und ergriff die Hand des Grafens. "Meine Damen – ist es mir vergönnt euch eine Bitte abzuringen?" Die Mädchen sahen sich in an und nickte dann dem Grafen entgegen. "Es wäre mir angenehmer, wenn ihr mich einfach Vincent nennt. Ich würde mich dazugehöriger und, ja auch, ein wenig "lebendiger" fühlen. Es ist nur ein kleiner Gefallen, doch für mich von großer Bedeutung…" Kapitel 3: ----------- Der Graf geleitete die Mädchen leichten Schrittes eine lange Marmortreppe hinunter, die von Kerzenschimmer erleuchtet wurde. Je tiefer sie die steile Wendeltreppe hinabstiegen desto kälter wurde es und desto enger drängten sich die Mädchen aneinander. Charlotte, die immer zu nach hinten blickte, um den "Türsteher", der ihnen mühselig hinterher trottete, im Auge zu behalten, flüsterte ihrer Freundin leise ins Ohr: "Mädel, der Kerl dahinten ist mir nicht geheuer.. wenn der stolpert, reißt der uns beide in den Tod.. und schau doch mal, wie betrunken der da rumtorkelt?!" Selene, die sich dessen erst jetzt bewusst wurde, umklammerte nun fester das Treppengelände und fing ebenfalls an, sich abermals umzudrehen. Vincent, der allen voraus anmutig dahinschritt, ließ ein kurzes, jedoch herzhaftes Gelächter los, bei dem die beiden Mädchen, wegen seiner Plötzlichkeit leicht erschraken. Charlotte konnte sich förmlich sein freches Grinsen, das ihr nicht mehr aus dem Kopf ging, auf seinen kalten Lippen ausmalen. "Sag mal, kommt es dir auch so vor, dass der alles mithört?", hauchte Lottchen Selene von hinten ins Ohr, "ich hab so ein blödes Gefühl.." "Ja? Vielleicht auch noch so ein leichtes Kribbeln im Bauch?", kicherte diese und drehte ihr Gesicht ihrer Freundin zu, "wer wird denn hier ganz rot?" Wieder herzhaftes Gelächter von Selenchen und noch dazu aus der Richtung des Grafen. Charlotte, kochend vor Wut und Scham, wollte sich gerade aufplustern und zu einer aufbrausenden und hiebfertigen Antwort ansetzen, als Selene unerwartet ins Schwanken kam und die nächste Treppenstufe nicht mehr erwischte, was sie zum Fallen brachte. Charlotte sah mit an, wie ihre Freundin in Zeitlupe zu fallen schien, kaum den Schatten, der aus dem Nichts auftauchte, bemerkend. Alles war so schnell vorbei, wie es angefangen hatte. Wie aus einer Trance erwachend rieb sich Lottchen die Augen mit den Händen, um den Grafen auf der Treppe kniend und Selenchen im Arm haltend zu erblicken. "Ooooh- meeeein- Gooott!", Charlotte hoppelte den beiden entgegen und kniete sich ebenfalls hin, "Selene?! Biste in Ordnung, haste dir was getan????" Selenchen öffnete die Augen und betrachtete ihre hysterische Freundin: "Hast du Edvard Munch bei seinem Bild "der Schrei" Model gestanden?" Sie kicherte vergnügt, nicht darauf achtend in den Armen des Grafen zu liegen. "Na, ich bin ja nicht diejenige, die von einem Vampir auf Händen getragen wird!", erwiderte Lottchen ihr zynisch entgegen, stand auf und grinste sie hämisch an. "Wie, was? Wo denn?" Jetzt erst bemerkt und realisierte Selenchen was passiert war - sie lag in den Armen ihres Ahnen. Ihr zartes Gesicht färbte sich Feuerrot. "Oh, tu - tut mir leid...", stammelte sie daher und sprang auf. Sie griff nach der Hand ihrer Freundin, welche ihr von ihrem Lottchen geboten wurde. Beide drückten sich eng aneinander. Der Graf sah die Mädchen forschend an. "Meine Damen?", fragte er nicht recht verstehend. Sie sahen einander an und Charlotte sprach: "Also, wie soll ich sagen.. Man trifft nicht allzu oft einen Ahnen seiner Freundin und schon gar nicht einen der so ein gutaussehender Vampir ist!" "Sie will sagen", mischte sich Selene ein, "das wir beide noch recht verwirrt über dich sind und..." Doch sie wurde von Graf Dracul unterbrochen: "Ich verstehe euch, meine Damen, doch ich sage euch: ihr könnt gehen wann es euch beleibt, ich zwinge euch nicht. Und meine Tür steht euch auch offen. Doch ich werde euch weder zu dem einem noch zu dem anderem zwingen." Victor gab auf einmal ein paar glucksende Geräusche von sich. "Was sagst du da?", fragte Der Graf stutzend da er zu sehr mit seiner Gesellschaft beschäftigt war und keiner der drei dass Rufen des Werwolfes vernommen hatte. "Was meint er denn so?", verlangte Lotte zu wissen. "Er habe unseren werten "Nachbar" gehört und ihm scheine es wohl gar nicht zu bekommen dass ich zwei menschliche Wesen bei mir zu Besuch habe." Man merkte ihm seine Angespanntheit an. Selene wollte etwas fragen, doch sie wollte ihrer Freundin den Vortritt lassen, denn ihr war das flammende Interesse an ihrem Ahnen nicht entgangen. Alle Anwesenden verstummten mit einem Male, als das Wolfsgeheul wieder von Neuem zu hören war. Den beiden Mädchen lief ein kalter Schauder über den Rücken und ging durch Mark und Bein. "Victor!", knurrte der Graf mit zusammengebissenen Zähnen, was sein plötzlich verschlechtertes Gemüt zum Ausdruck brachte, "bring doch bitte die wehrten Damen nach unten in den Salon. Derweil werde ich mich um den ungebetenen Besuch kümmern.." Er schaute wie ausgewechselt die verwunderten Mädchen mit einem sanften Lächeln an und küsste jeder zärtlich die Hand. "Macht Euch keine Sorgen, es ist ein Abschied von kurzer Dauer. Victor wird euch schon zu unterhalten wissen." Zuerst ruhte sein Blick auf Selene, die die Hände gefalten hatte und eine sorgenvolle Miene aufsetze, danach schweifte er zu Charlotte über, die sofort errötete und schnell zur Seite auswich, was ihm jedoch höchsten Gefallen bereitete, wie man deutlich an seinem frechen Grinsen, dass seine spitzen Reißzähne entblößte, erkannte. Danach zog er sich in die Dunkelheit zurück, von der er anschließend leise verschlugen wurde. Durch das Wolfsgeheul, das sich immerfort verstärkte, angetrieben, drängte sich das magere Skelett mit dem Namen Victor an den Mädchen vorbei und gab schon wieder einpaar undefinierbar schlaksige Töne von sich. "Ich glaube.. der will, dass wir dem folgen.", meinte Selenchen verwirrt. "Hmmmm??? Weißt du, deinem Grafen folg ich überall hin.. aber dem da?? Mich treiben keine zehn Pferde mit dem Ding da, " Lottchen zeigte auf das sich langsam in den Schatten verlierende Skelett, " daaa runter!", jetzt deutete sie über das Treppengelände in die Tiefe. "Hrm.. das wollen wir ja sehen!", schnaufte Selene vergnügt und schob ihre Freundin die Treppenstufen hinunter, "na komm schon! Oder willst du etwa nicht mal den Sarg von deinem Lieblingsvampir zu Gesicht bekommen?" "Ai, das ist fies, Selene... das nennt man Erpressung!", protestierte Lotte störrisch. "Ist mir egal! Hauptsache ich krieg dich irgendwie nach unten!", kicherte diese amüsiert und schubste ihre Freundin ein paar weitere Stufen runter. "Jaaahaaaa.. ich watschel schon dem dämlichen Skelett nach.. Määänsch!", murmelte Lottchen grimmig vor sich hin und stieg die marmorne lange Wendeltreppe hinab, bis die beiden sich in einem weiten Raum, das durch warmes Licht der großen Silberkronleuchten überfluten zu sein schien, wiederfanden. Kapitel 4: ----------- Während sich die Mädchen neugierig umsahen schritt der Graf leichten Fußes durch den immer dichter werdenden Nebel fort. Von der Freundlichkeit, wie er sie unseren mutigen Freundinnen entgegenbrachte, war nichts mehr zu spüren. "Zeig dich!" "Wie oft soll ich dir noch sagen dass mir egal ist was du mir befiehlst?", zischte eine tiefe Männerstimme von der linken Seite. Dracul fuhr zu ihm herum: "und weißt du wie egal mir dass wiederum ist? Du kannst nicht einmal mir diesen einen winz'gen Gefallen tun, dein Gejaule zu unterlassen, wenn ich Besuche habe; was nun wirklich äußerst selten vorkommt! Wann war es das letzte Mal?" Die tiefe Männerstimme fiel ihm ins Wort: "1787 war es – oh dieses blutjunge Ding!" Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. "Jetzt hör mir genau zu du Möchtegern Werwolf: Die eine da unten ist eine Nachkommin meines Geschlechts und die andere Dame, von der ich sagen muss dass sie mich zutiefst erregt, ist vermutlich eine deiner Nachkommen! Du zeigtest mir einst das Bild deiner Frau, und dieses eine Mädchen gleicht ihr bis aufs Haar – also wenn du diesen beiden etwas antust...", drohte unser werter Herr Graf, "dann hast du hier die längste zeit in Frieden mit mir gelebt!" Er war kaum noch zu bremsen, so sehr regte er sich auf und war besorgt um die Damen. "Clayton... bitte nur diesen einen Gefallen, denn sie sind auch ohne dein zutun sehr, sehr ängstlich..." Der Werwolf, dessen Name Clayton war, spürte wie ernst er es meinte. "Aber komm nie wieder zu mir und bitte mich um etwas was so schwer ist!" Mit diesen Worten rannte er in die Nacht und den Nebel hinein und verschwand nach ein paar Sekunden. Vincent blickte ihm lange nach, er hatte Tränen, blutige Tränen, in den Augen: "Danke, mein Freund. Danke vielmals", und wandte sich zum gehen an. Währenddessen hatten unsere zwei Tapferen den weiten Raum ausgiebig erkundigt und wurde von Victor, wie nur irgend möglich, belustigt. "Sag mal.. wie lange müssen wir diese Tortur eigentlich noch ertragen?", fragte Charlotte mit müder Stimme, zusammen mit Selene auf einem samtweichen, roten Divan sitzend und Victor bei seinen Verrenkungen und Turnübungen zuschauend. "Was fragst du mich das, bin ich dir die Waldfee?", gähnte Selenchen, ebenfalls mit müder Stimme. Auf einmal verharrte der Kammerdiener in seiner jeweiligen Position, was ein wenig seltsam und auch irgendwie "verkrüppelt" aussah, und blickte direkt zur Decke empor. "Uuuuurghhhlaaaa?" kreischte er plötzlich aus voller Kehle. Die Mädchen fuhren gleichzeitig in die Höhe und konnten beide einen Angstschrei nicht unterdrücken. "Ahhrg, was soll das denn jetzt?! Biste denn völlig irre???!!! Selene, der Kerl ist ein Psychopath!", gab Lottchen ihrem Entsetzen Freiraum, "ich weiß nicht, was dich dazu bewegt hat, mit dem halbverrotteten Kerl hier alleine bleiben zu wollen!!" Bei diesen Worten sprang Lottchen so arg auf, dass sie mit ihrem Pullover am Divan hängen blieb und diesen samt Selenchen umstürzte. BAAADÄÄÄÄMM hörte man durch die weiten Flure und Katakomben des Grafen schallen! Victor, der sich aus seiner Versteinerung gelöst hatte, hoppelte sofort hilfsbereit an die Seite der Mädchen und hob flott das Sofa des edlen Meisters auf. Selenchen, das immer noch am Boden saß und sich den Kopf rieb, schaute bös zu ihrer Freundin rüber:" Lotte.. benimm dich! Schau doch, was du angerichtet hast! Der ganze Staub da.. den hast nur du aufgewirbelt!" Sie nickte zu der riesigen Staubwolke hinüber, die sich anscheinend durch das Chaos gebildet hatte. Unerwartet schritt jedoch der edle Meister selbst, Graf Vincent, aus dieser heraus und eilte schnellen Fußes zu seinen jungen Gästen, denen er sofort zu helfen vermochte. Geschmeidig hob er zuerst Selenchen und schenkte ihr sein bezauberndes Lächeln und anschließend auch Chalotte auf, der er zärtlich die Hand streichelte. Von der plötzlichen Anwesendheit des Grafen so geschockt, blickten sich die Mädchen kurz an, wobei ihnen die Schamesröte in die Wangen stieg. Daraufhin meldete sich Selene zu Wort: "Verzeih uns bitte unsere Albernheiten.. wir wussten bloß nicht, wie wir uns vor unserer Neugierde ablenken konnten.." Charlotte trat an die Seite ihrer Freundin und machte einen kleinen Hofknicks: "Wir hatten ja keine Ahnung, wohin Ihr seid." Vincent betrachtete die Mädchen mit einem verschmitz-zufriedenen Grinsen und sagte dann voller Begeisterung: "Nun, das kann ich euch gleich mal beim Essen erzählen.. Wir haben ja Zeit.. Denn nur Zeit braucht guter Wein!" Charlottchen und Selenchen blickten einander verunsichert einander an und dann dem Grafen entgegen. "Keine Sorge", lachte er, "ich werde euch weder Blut servieren noch euch zu meinem Dinner machen." Ein herzhaftes Lachen erfüllte den Raum. "Ihr seid mir ein paar Süße!", er konnte gar nicht mehr aufhören zu Lachen. "Verzeiht mir meine Ungehobeltheit", sagte er entschuldigend mit einer Verbeugung, bei der er die beiden Freundinnen fixierte. Selene sträubten sich die Nackenhaare und Charlotte schlug das Herz, so laut das sie Angst hatte jemand könnte es hören, bis zum Hals. Charlotte schüttelte kurz den Kopf und zog dann ihre Selene hinter sich her. "wie, wa..", Selenes Fragen wurde vom Lottchen unterbrochen. "Lass uns doch mal schaun", zwinkerte Charlotte über die Schulter. Selene fragte nicht weiter, denn wenn Charlotte einmal was will, zieht sie das auch durch. "Meine Damen", strahlte der Graf sie an und bot jeder jeweils eine Hand, "wenn ich Sie zum Bankett geleiten darf." Daraufhin legte Selene ihre schmale Hand etwas verunsichert in die seine, woraufhin Vincent ihr dankend in die smaragdgrünen Augen schaute und ihr abermals ein bezauberndes Lächeln schenkte. "Du hast die selbe zarte Hand meiner verstorbenen Schwester, Liebes. Ich glaube, ich bin dein Ururur", er hob die Augen zur Decke hin, "..urur..ach, lassen wir das besser. Auf jeden Fall darfst du mich so was, wie deinen Onkel nennen." Selenchen schmunzelte leicht und ließ sich ein schiefes Lächeln entlocken. Charlotte stand etwas abseits von ihnen und beobachtete das Geschehen mit Interesse. Ihr Onkel? Ein Vampir als Onkel? Onkel?? ..Hrm, wann ist der noch mal gestorben? 1653? Sie zählte in Gedanken nach. Dann ist er genau mit 20 gestorben! Naja, sind ja nur drei Jahre Unterschied.. warte mal, 1653?! Argh, das heißt ja, dass der schon an die 350 Jahre alt ist! Schwuppdiwupp die Waldfee, Holla! Sie betrachtete ihn neugierig von Kopf bis Fuß und dachte weiter. Aber für sein Alter sieht er ziemlich gut aus! Als hätte sie die letzen Worte laut ausgesprochen, drehte sich der Graf in diesem Moment zu ihr um und feixte sie an. Völlig überrascht aus der Bahn geworfen errötete Lottchen sofort, als sich ihre Blicke trafen. "Gestatten Sie mir auch die Ehre?", fragte Vincent, weiterhin ihre Augen erforschend. "Na..natürlich, werter Graf..", stammelte Lotte und legte ebenfalls ihre Hand in die schneeweißen Handschuhe des Grafen. Er umfasste diese zärtlich und küsste sie anschließend, ohne den Blickkontakt mit Charlotte zu verlieren. Als seine kalten Lippen ihre junge Haut berührten, spürte das Mädchen eine plötzliche Kälte, die sich rasendschnell zu verbreiten schien, gefolgt von einer Hitzewallung, die ihr umso mehr die Röte in die Wangen trieb. Total geistesabwesend stand sie da, bis sie ein leises Kichern aus der Richtung ihrer besten Freundin vernahm, was sie auch schließlich wieder in die Realität zurückbrachte. Sie fing sich wieder, raffte all ihre Würde zusammen und erwiderte den Blick des Grafen voller Stolz, was ihn jedoch noch mehr belustigte, wie sich unschwer an seinem unverschämten Grinsen erkennen ließ. Vincent ruhte noch etwas mit seinem Blick auf Charlotte bis er endlich die beiden Mädchen durch einen langen Flur zu einem großen Türbogen geleitete, der Eintritt in den Esssaal bot. Ein gutes Stückchen vor der massiven Holztür verharrte der Graf kurz, worauf auch sogleich die beiden Türen aufschwangen. Die beiden Mädchen staunten nicht schlecht, doch des Grafen Gesicht zeigte keine Regung. Leicht zog er an ihren Händen, woraufhin sie aus ihrer Starre erwachten. "Oh!", entwich es den Mädchen gleichzeitig. Der Graf schmunzelte in sich hinein. ‚Welch Glück so reizenden Besuch zu haben’, dachte er sich. So schritten alle drei leichten Fußes durch die Tür, welche von den Mädchen mit großen Augen begutachtet wurde. Ihr staunen erfüllte die ganze Umgebung und als sie den Raum nun betraten wussten sie gar nicht wohin sie zuerst ihren Blick wenden sollten. Der Blick der beiden traf zuerst den pompösen Deckenleuchter, der wohl das Herzstück dieses Saals war. Dann schlugen ihre Blick verschiedene Richtungen ein, doch am Ende sahen sie doch das selbige. Neben ihnen standen wunderschön verschnörkelte Leuchter die sie um zwei Köpfe überragten, aber dennoch erst einmal die Mitte der Deckenhöhe zeichneten. An den Seiten hingen Gemälde. Selene ging als erstes zu der rechten Seite und betrachtete die Gemälde, währenddessen Charlotte noch weiter den Raum untersuchte. Was ihr noch besonderes auffiel war die hinterer Wand, die mit rotem Stoff, sie schätzte Samt, bei Vincents Geschmack, ausgekleidet waren. Leicht auf der linken Hälfte war eine Tür zu stehen, doch sie fragte nicht was sich dahinter verbarg. Dann schweifte ihr Blick auch zu den Gemälden, allerdings zu denen auf der linken Seite. Selene war von Gemälde zu Gemälde getapst und am Ende des Saals, der größer als so manch beachtlicher Saal war, angelangt und schaute sich an. "Oh mein Gott...", ihr verschlug es den Atem und sie fing an zu schwanken. Ihr wurde schwarz vor Augen und sank in die Knie. Wie Selene ihren Vorfahren gegenüber steht, steht auch sie ihren Vorfahren gegenüber. ‚Was wollen die den hier? Ich bin doch net mit ihm verwandt!’ Sie verstand es nicht und sie bekam auch nichts um sich herum mit. Kapitel 5: ----------- Vincent, der die Mädchen bei ihrer Erkundungstour nicht aus den Augen ließ, bemerkte sogleich, dass Selenes Herzschlag unregelmäßig schlug und sie einer Ohnmacht nahe war, seitdem sie vor dem Portrait ihrer Ahnen stehen geblieben war. Er war auch sofort zu Stelle, als Selenchen plötzlich einen Schwächeanfall erlitt und zu Boden sank. Vorsichtig und mit sachter Gewalt hob er das Mädchen hoch und trug sie auf den nächstbesten Divan, auf den er sie sanft niederließ. "Charlie!", rief er mit lauter Stimme, die im ganzen Saal ertönte, "hole schnell ein Glas Wasser!" Charlotte, die bis dahin, verblüft über ihren Fund, ganz in ihren Überlegungen vertieft war, wachte auf, als die befehlende Stimme des Grafen den Nebel ihrer Gedanken zerriss und sie in die Wirklichkeit zurückholte. Noch bevor sie sich umdrehen konnte, sah sie, dass etwas Schwarzes an ihr vorbeihuschte und im nächsten Moment auch wieder verschwand. Völlig perplex und gleichzeitig irritiert blieb sie noch einen kurzen Augenblick stehen, um sich gewahr zu sein, dass sie auch nicht träume, als sie schon wieder den selben Schatten von vorhin erfasste. Diesmal waren die Umrisse schon viel deutlicher und Lottchen konnte ein sehr junges Mädchen mit langem, kohlrabenschwarzem Haar, den Raum durchschreitend und ein Silbertablett mit einem Glas Wasser haltend, erkennen. Nachdem diese dann beim Grafen, der in der Zwischenzeit beruhigend auf Selenchen eingeredet und deren Hand liebkost hatte, angelangt war, setze sich auch Lotte in Bewegung, voller Sorge um ihre Freundin, weil sie diese daliegend erblickt hatte. Selene die sich mühevoll aufrichtete, um einen Schluck Wasser zu nehmen, starrte dann voller Überraschung das junge Mädchen, das einen katzenähnlichen Blick aufwies, langanhaltend an. Es waren nicht ihre Augen, obgleich sie auch ihrer Verwunderung würdig wären, sondern ihre Katzenohren und ihr schwarzer, buschiger Schwanz, die Selenchens Aufmerksamkeit auf sich zogen. Lottchen, die sich der Gemeinschaft angeschlossen hatte, stierte ebenfalls den Neuankömmling mit großen grauen Augen an. Das blieb Vincent nicht verborgen "Darf ich euch vorstellen, meine Damen, meine Katze Charlie." Das Mädchen, das nicht älter, als zehn wirkte, grinste frech und machte einen leichten Ansatz zu einem Hofknicks. ‚SEINE KATZE?!?!?’, ging es den beiden Mädchen gleichzeitig durch den Kopf geschossen, ‚KATZE?!?’ "Nun, ihr werdet euch sicherlich über ihr Äußeres wundern. Wie soll ich es bloß erklären.. sie verwandelt sich nur nachts in einen Menschen..nun, oder fast in einen.", er lächelte milde und streichelte Charlie liebevoll über die Ohren, wobei diese das Schnurren anfing. "Eigentlich ist sie noch ein kleines dummes Kätzchen, sie kann nur Miauen. Zudem ist sie noch eine Waise. Wenn ihr wollt.. sie ist so etwas, wie eine Werkatze!" Nun schnurrte das "Kätzchen" noch lauter und schmuste sich in Vincents kalten Handschuh. Dabei lächelte er noch einmal so sanft, wie ein Vater nur lächelt, wenn sein Kind ihm voller Begeisterung einen zermatschten Käfer präsentiert. Lottchen konnte nicht anders als dem Kätzchen an die Ohren zufassen, und als sie auch noch anfing zu schnurren, musste sie ihr das Ohr kraulen. "Ist die süüüüüüß!" Vincent wirkt redlich stolz, was der stillen Beobachterin Selene nicht entging, denn sie schaute ihm die ganze Zeit ins Gesicht, da sie irgendetwas fesselte, sie wusste nur nicht was. Sie wandte allerdings kurz den Blick ab um nach dem Glas zugreifen was auf dem Beistelltisch neben dem Divan stand, zugreifen und sich kurz zu erfrischen. Selene blickte sich noch ein bisschen um, während sich Lottchen immer mehr und mehr in Charlie vernarrte. "ich kann gar nicht mehr aufhören sie zu knuffeln, kraulen, streicheln und.. ach, du bist soooo süß", und drückte die kleine erst einmal ganz vorsichtig damit sie ihr nicht wehtat. Der Graf belächelte das Geschehen und freute sich darüber das sie sich so gut verstanden. Jedoch schielte er auch die ganze Zeit zu seiner Ahnin hinüber. Die Gedanken von Selene schweiften ab: ‚Wie kann das hier alles sein? Das Ganze fühlte sich wie ein Traum an und ich habe das Gefühl ihn schon einmal geträumt zu haben bzw. ihn schon einmal gelebt zu haben. Ich vesteh die Welt nicht mehr. Fehlt nur noch dass dann jetzt wieder so nen durchgedrehter Wermensch hier herein platzt wie in dem einem Traum.’ Ein Schmunzeln breitete sich über ihr Gesicht aus, denn der Gedanken an dieses Schnuckelchen bereitet ihr äußerstes Wohlgefallen. ‚Wenn er nur halb so verrückt wäre würde es mir schon reichen’, lächelte sie in sich hinein. Victor kam den Gang entlang gehüpft, man kann es bei ihm so nennen, und war ganz aufgeregt. Plötzlich war ganz nah ein Aufheulen zu vernehmen, welches wiederhalte und somit bedeutet das sich etwas heulendes hier unten befand. "Dieser verdammte Narr!", entwisch es dem Graf wütend und verstummte. Selene war schlagartig wieder bei klarem Verstand. "Das war doch nur ein Traum, oder etwa nicht?", fröstelte sie es, während sie sich aufsetzte. "Was hast du gesagt?", fragte Lotte und Vincent zeitgleich. "Ähhhhm, ich hatte einmal so einen komischen Traum..." Auf einmal schlugen die Türen zu Boden und alle drehten sich in die Richtung, während der Graf dem ungebetenen Gast entgegen stob, versteckte sich das Kätzchen hinter ihrer liebgewonnen Charlotte. Als die großen Türflügel mit lautem Beben zu Boden fielen und die Mädchen vor Schreck leicht zusammenzuckten, wehte ein kalter Wind herein, der einen nassen Geruch von Laub und Moos, aber auch Rosenblüten im ganzen Raum verbreitete. Charlie, die klein an der Seite ihres neuerworbenen Frauchens kauerte, wimmerte leise auf und zog noch mehr an dessen Pullover. Zur gleichen Zeit sprang Selene auf und blickte mit großem Unbehagen dem Grafen hinterher. Unter dem salopp geschwungenen Türbogen konnten die drei Mädchen einen hochgewachsenen jungen Mann erkennen, der den Kopf herrisch erhoben hatte, um den Grafen mit einem frechen Grinsen auf den Lippen zu begrüßen. Dieser schritt eilend dem Unbekannten entgegen, packte ihn, ohne abzuwarten, am Kragen seines dunklen Mantels und zog ihn mit einem Ruck näher zu sich heran. "Du elender Mistkerl! Du hast mir dein Wort gegeben!", knurrte Vincent gereizt und funkelte seinen Ansprechpartner mit rot glühenden Augen an, "wie kannst du es nur wagen hier einzudringen?!" - "Tja.. ich konnte einfach nicht anders, weil du mich so neugierig gemacht hast." - "Neigierig?! Leg dich nicht mit mir an, Clayton! Wenn du den beiden nur ein Haar krümmst, bekommst du es mit mir zu tun!", Vincent verstärkte seinen Griff. "Ah.. sie sind also immer noch hier?.. Wie könnte ich auch den süßlichen Duft der beiden verleugnen, du riechst ihn doch ebenso gut, wie ich. Hab ich recht?" - "Treib es nicht zu weit, mein Guter! Du bist hier in meinem Revier, eine falsche Bewegung von dir und vergesse alles, was du jemals für mich getan hast!" Der andere spähte zu den beiden Freundinnen rüber und leckte sich genüsslich über die Lippen. "Wie könnte ich meiner Nachfahrin Böses wollen.. DU bist doch derjenige, der hier Hintergedanken hegt, nicht wahr?", feixte Clayton den Grafen an, "oder irrt sich da mein Gemüt?" Kaum für die sterblichen Ohren vernehmbar, flüsterte der Fremde Vincent leise ins Ohr: "Du bist ebenfalls ein Monster. Vergiss das nicht.." Bei diesen Worte ließ der Graf Clayton mit einem Male los und sah ihm in die feuriggelben Augen, die vor Heiterkeit Funken sprühten. "Ich warne dich sicherlich kein zweites Mal." Damit entfernte sich der Graf und ließ sich auf einen verschnörkelten Stuhl in der Nähe seiner jungen Gäste nieder. Kapitel 6: ----------- Charlottes Blick hing an Vincent und an dessen blutroten Augen, als er an ihr vorbei schreitete und ihr freundlich, jedoch traurig entgegennickte. Charlie, die ihrem Herren sofort folgte, setze sich neben ihn hin und legte ihr Köpfchen in seinen Schoß, um anschließend seinen Liebkosungen mit einem stillen Schnurren zu danken. Selenchen, die bis dahin das Geschehen total fasziniert beobachtet hatte, zupfte nun ungeduldig an Lottes Ärmel, sodass diese ihren Blick vom Grafen unwillig abwenden musste. "Was ist denn los, verdammt noch mal?!", schnaufte Lottchen mit einem grimmigen Ausdruck ihre Freundin an. "Na.. das ist los!", Selenchen deutete mit einem Kopfnicken in die Richtung des Fremden hinüber, der behaglich zu ihnen herüberschlenderte. Je näher er kam umso mehr lies sie den Ärmel der Freundin los, als er vor ihnen stand sank der Arm ganz nach unten. Während er da so entlang kam hatten er und Selene sich in die Augen geschaut - sie war ganz gebannt von ihm. Geistesabwesend und ihn immer noch anschauend macht sie einen tiefen Knicks. Charlotte und den Anderen entging dies nicht. Weshalb Charlotte anfing ihrer lieben Freundin vorm Gesicht rumzufuchteln. "Hey!!! Wach auf!!!", doch dies hörte ihr Selenechen nicht und schob einfach die Hand weg. Daraufhin trennte sich der Graf von seiner Charlie, drängte zu Selene, drückte ihre Schultern und schüttelte sie leicht. Er sagte zu ihr: "Wach auf!!!!" Doch auch ihn beachtet sie nicht und lugte seitlich an ihm vorbei. Sein Blick resignierte und zog sich zurück. "Vi-vincent! Du kannst doch jetzt nicht einfach zur Seite gehn!" Charlotte war verzweifelt, doch sie war nicht in der Lage etwas zu ändern. Selene tat die letzten Schritte und stand nur noch einen Körper entfernt von ihm entfernt. Sie legte den Kopf leicht schräg und blickte ihn aus verträumten Augen an. "Wir sind uns schon einmal begegnet, nicht wahr?" Mit einer tiefen Stimme antwortet er: "Ich habe auch das Gefühle, doch ich muss dich enttäuschen: Wir stehn uns das erste mal gegenüber. Denn so jemanden wie dich könnte ich nie vergessen!" Er zwinkerte ihr zu, woraufhin sich eine leichten Schamesröte über ihren Wangen ausbreitet. "Du scheinst mir aber so bekannt...", überlegte sie laut. Sein Blick zeigte eine leichte Verwunderung. Die Versuchung sie an sich zu drücken war zu groß, doch da er wusste dass sie womöglich zurückschrecken würde vor seiner bestienhaften Gestalt, tat er diesem Verlangen nicht gleich sondern berührte lediglich sachte ihre Wange. Selbst hierfür hatte er Panik erwartet oder irgendetwas der gleichen - doch sie blieb ruhig stehen und schaute ihn an. Doch dann beendetet sie den Blickkontakt, schielte zu der Hand auf. Sie warf einen seitlichen Blick zu ihm und schmiegte ihre Wange in Claytons Pranke und legte einer ihrer Hände an die Seinige. Er lächelte sanft, soweit es seine momentane wolfsähnliche Gestalt zuließ, und trat näher an Selene heran, um ihren lieblichen Duft noch besser genießen zu können. Als er ihr gerade mit der anderen Pfote zärtlich durch die Haare gleiten wollte, spürte er, wie ihn jemand am Arm packte und von dem verträumten Mädchen unsanft fortriss. Hätte Charlotte nicht ins Geschehen eingegriffen, so wären sie noch eine ganze Weile benebelt dagestanden. "Sag mal, was fällt dir eigentlich ein?!", drängte sich Lottchen zwischen die beiden, um sich anschließend vor dem Wolf aufzuplustern, "was hast du mit Selene gemacht, duu.. duuu... du Köter!!!" quoll es aus Lotte wütend hervor. "Mein Gott, Charlotte! Es ist doch nichts! Mir geht es doch gut, Liebes!", versuchte Selenchen ihre aufgescheuchte Freundin in Zaum zu halten, indem sie diese an der Hand nahm, "so beruhig dich doch!" "Arrgh.. lass mich los!! Du sollst mich auf der Stelle loslassen, habe ich gesagt!!", wehrte sich Lottchen und schüttelte Selene ab, "was soll das ganze überhaupt??!" Sie ging flotten Schrittes auf Clayton zu und hielt ihm ihren Zeigefinger vor die schwarze Wolfsschnauze. "Was soll das?! Kommst hier angetappelt und hypnotisierst salopp meine Freundin!?", sie fuchtelte weiterhin vor seiner Nase rum, um ihren Emotionen freien Lauf zu lassen, "und überhaupt, wer zum Teufel bist du??!" Er schaute sie grinsend an und entblößte somit seine spitzen Reißzähne, was Charlotte keineswegs einschüchterte, sondern sie dazu aufforderte, ihm bösfunkelnd in die Augen zu sehen und noch einmal den Finger zu erheben. Daraufhin konnte der Werwolf das Lachen nicht mehr unterdrücken und brüllte lauthals los. Der Vampir, der sich wieder auf seinem Stuhl niedergelassen hatte, kicherte ebenfalls genüsslich vor sich hin. Charlotte verlor langsam die Selbstbeherrschung. Selenchen wusste von ihren Wutausbrüchen und dessen Ausgängen. ‚Oh Gott, nein! Warum habe ich diesen Teil nicht in meinen Träumen gesehen.. oder vielleicht doch? Ai, wieso erinnere ich mich nicht mehr daran?!’, ging es dem verzweifelndem Mädchen rasch durch den Kopf. Währenddessen stand Charlotte wie angewurzelt da und kochte förmlich vor Wut. Sie war ein sehr stolzes Mädchen und geriet leicht außer Rand und Band, wenn es zu einer Auseinandersetzung kam. Sie schaute sich nach Vincent um, der sie amüsiert beobachtete und immer noch kicherte. ‚Oh nein.. nicht mit mir!’, dachte sich Lottchen, die Zähne zusammenbeißend. Keiner der Anwesenden bemerkte auch nur, wie sie zu dem kleinen Tischchen am Divan eilte und das Wasserglas, das Charlie zuvor Selene gebracht hatte, ergriff. Mit einem Ruck schleuderte sie das Glas auf den Boden. Das Glas zersprang in Sekundenbruchteilen und übersäte die roten Fließen mit einem Male mit feinen Glassplittern und Scherben. Danach trat völlige Stille ein. Alle Beteiligten schauten irritiert zu Charlotte rüber. Diese schnaufte leicht, bevor sie das Wort ergriff: "Kann mir mal irgend jemand das ganze Fiasko hier erklären?! Ich verstehe nämlich absolut gar nichts!!", sie zeigte auf Vincent, der jeden ihrer Bewegungen voller Interesse folgte. "Der eine ist ein VAMPIR!! Der andere", nun deutete sie auf Clayton, "ist ein VERDAMMTER WERWOLF! Und meine Freundin hat irgendwelche WAHNVORSTELLUNGEN und warum in Gottes Namen hängen an den blöden Wänden die Bilder MEINER FAMILIE???!! Kann mir das Ganze mal jemand erklären??! AARRGHH!!!" Sie raufte sich die Haare und hoppelte von einer Seite auf die andere. "Nun beruhig dich doch endlich, Charlotte!", rief Selenchen aufgeregt ihrer Freundin zu, "ich bitte dich!" Clayton, der mit dem Lachen aufgehört hatte, setze ein freches Grinsen auf und schielte zu dem Grafen hin. "Hey, Vincent! Es ist ziemlich lange her, dass ich jemanden mit so einem feurigen Temperament erleben durfte!" "Was erwartest du denn bitte? Sie hat eben dein Gemüt!", antwortete der Graf erquickt. "So, das reicht jetzt!", gellte Lottchen bös und stampfte mit einem Fuß laut auf, wobei sie jedoch das Gleichgewicht verlor und hinfiel. Sie spürte einen pulsierenden Schmerz, als sie mit dem Kopf aufschlug und sich die scharfen Glasscherben in ihre Hand schnitten. Kapitel 7: ----------- Alle hasteten zu ihr hin und Selene fielen die Gemälde auf der linken Seite auf. ‚Lottchens Vorfahren?’, schoss es ihr durch den Kopf und es fügt sich ein Bild zusammen zu Claytons und Vincents Worten, doch sie hatte keine Zeit und war mit dem nächsten Satz bei ihre liebsten Freundin. Sie schob ihr den Arm unter den Nacken, legte ihr die Hand auf den Bauch und hob sie so leicht hoch. "VERDAMMT, Lotte!!!! Was machst du den fürn Mist?!". Mit diesen Worten liefen ihr Tränen übers Gesicht. "Red mit mir meine liebe Lotte... Bitte..." Selene konnte ihre Sorgen nicht verbergen. Vincent wartet neben ihr auf Charlie, die so eben auch angeeilt kam mit einem Tablett, auf dem sich ein Schälchen mit Wasser befand und daneben ein paar blütenweiße Tücher. "Danke, Kleines", und streichelte ihr kurz das süße Köpfchen, woraufhin sie auch so eben wieder auf den Weg machte um noch Etwas zu holen. Währenddessen machte sich Vincent daran mit den in Wasser getauchte Tüchern, die Wunde zu säubern. "Sieht gar nicht so schlimm aus...", murmelte er vor sich hin, worauf man deutlich merkte wie erleichtert Selene war. Clayton stand nur besorgt daneben und verspürte leichte Vorwürfe. "Tut mir Leid, liebe Charlotte, wo ich doch deiner Großmutter versprochen hatte dich nie zu verletzten!" Selene wandte den Blick von Lotte ab und sah Clayton ins Gesicht. Dabei fiel ihr auf wie das Fell um seine feuriggelben Augen benetzt wurde von seinen Tränen. Ihr Blick schweifte in die Ferne und sprach leise: "Mach dir keine Sorgen... Es ist ja nicht deine Schuld, wenn sie einmal aufgebracht ist, dann ist sie das aber richtig! Und wenn wir’s ganz genau machen, dann bin ich ja wohl ich Schuld – denn wäre ich nicht so in deinem Blick versunken... Mach dir keine Sorgen." Sie lächelte bedrückt, aber nicht weil sie dies nicht ernst meinte, sondern weil sie die Stimmung bedrückte und sie sich Sorgen machte und sie nicht wollte das sich dieser noch so Unbekannte für etwas verantwortlich fühlte, was ja doch keiner voraus sehen konnte. Stumme Tränen liefen über ihr Gesicht. Im Hintergrund hörte sie leise Tapser hinter sich: Charlie war wieder da, dieses mal gab sie ihrem Herren einen kleinen Koffer. Kurz setzte er ihr einen Kuss auf die Stirn: "Nochmals Danke, Liebes" Sie setzte sich neben ihn und schnurrte leise neben ihm. Vincent tupfte noch einmal die Wunde an Charlottes Kopf ab und desinfizierte sie dann. Durch diesen stechenden Schmerz gelangte sie wieder zu Bewusstsein. "Aua! Mein Kopf!!!", mit diesen Worten griff sie sich an den Kopf und ihre Augen weiteten sich. Schieres Erstaunen spiegelte sich auf ihrem Gesicht. "Wi-Wie? Wann ist das passiert?", kaum hatte sie geendet, fielen ihr die Antworten von allein ein – sie sprang auf und suchte hektisch den Raum nach Clayton ab. "Duuuuuuuuuuuuuuu...", fauchte sie. Selene war ebenfalls aufgestanden, berührte ihre Freundin an den Schultern und drückte diese sanft. "Hey...", begann sie, "es ist alles in Ordnung." Charlotte drehte den Kopf zu ihrer Selene und warf ihr eine etwas entsetzen Blick zu. Der Graf warf ein: "Beruhig dich und wir werden versuchen dir alles zu erklären." Er reichte ihr seine Hand: "Er wird niemanden etwas tun. Glaub mir teuerste Charlotte." Einen Moment zweifelte sie, doch dann legte sie vorsichtig ihre Hand in die seinige und fixierte seinen Blick. Als sie sich langsam wieder in seinen Augen, die ihre Farbe auf einmal in ein dunkles Rot geändert haben, zu verlieren drohte, zog er sie mit einem Ruck zu sich hin und schwang sie auf seine Arme. "Was..?!", wollte Lotte protestieren, doch er schnitt ihr das Wort ab. "Wir sollten vielleicht in die Bibliothek gehen. Dort können Clayton und ich euch alles erklären. Außerdem kannst du dich dann auch hinlegen und ein wenig ausruhen.", schaute der Vampir sie liebevoll an. "Aber..aber..aber.. mir geht es doch guut!", fing Lottchen von neuem an, in der Hoffnung Vincent doch noch davon überzeugen zu können. "Charlotte Clarson!", brummte Selene plötzlich herrisch, "du wirst gefälligst das tun, was der Herr dir sagt! Oder du bekommst es mit mir zu tun!" - "Ja.. aber..?" - "Keine Widerrede, habe ich gesagt!" - "Aber..?" - "NEIN! AUS!!" - "..." Die kleine Charlie blickte immer wieder zu ihrer liebgewonnenen Charlotte auf, als sie den Schritten ihres Herrn und den anderen in die Bibliothek hüpfend folgte. Dort angekommen, legte Vincent das Mädchen zärtlich auf ein paar samtweiche Kissen, die überall im Raum verteilt waren. Selene staunte, als sie die große Anzahl an Büchern und Regalen sah. Der Raum war in ein sanftes Dämmerlicht getaucht, dass von den Kerzen an den Wänden ausging. Über den Köpfen der Anwesenden türmten sich die meterhohen Regale auf, vollgestopft mit Büchern und Schriften aller Themen. Charlotte setze sich auf und betrachtete neugierig ihre neue Umgebung. Kapitel 8: ----------- Selenchen nahm neben ihrer Freundin Platz und hielt ihr die Hand, die von den Glasscherben ganz zerkratzt war. Clayton setze sich ihnen gegenüber hin, währenddessen Vincent ein altes verstaubtes Buch, das so etwas wie ein Familienalbum darstellte, aus einer Truhe zu ihrer Rechten herausholte. Er blieb zur rechten Seite und pustet einmal, dafür sehr kräftig, den Staub herunter. Allerdings verhielt sich der Staub widerspenstig und wirbelte nach allen Richtungen, woraufhin der menschliche Besuch kräftig husten musste. Claytons Miene blieb ausdruckslos auf Selene ruhen. Er war besorgt, den er fühlte etwas in ihrer Aura, was ihn beunruhigte. Der Blick der Mädchen schweifte, wie in dem Saal zuvor umher. Charlottes Blick fiel auf die uralte Standuhr, die kurz vor 6 Uhr zeigte. "Bald ist der Spuck vorbei...", wisperte sie leise. Selene fühlte sich nicht gestört, doch die zwei Herren vernahmen Lottchens leichte Worte. "Alles Okay bei dir?", sagte Clayton in normalem Ton, doch sie nahm es als Gebrummtes wahr. Ihr Gesichtchen verfinsterte so weit es ihrer Haut möglich war und noch tiefer – so brachte sie ihrem Missmut zum Ausdruck, den sie sonst in lautem Gekreische und wilden Gestikulationen freien Lauf gelassen hätte. Stille trat ein. Der Graf zeriss diese Stille nach einer Weile mit einem Räuspern, welches bedeuteten sollte das alle zuhören sollten. "Auch wenn es dir als erste zustünde, liebe Selene, so will ich doch mit deiner teuersten Freundin anfangen. Ich bitte um Verzeihung...", sprach der Graf, woraufhin Selene nur nickte, da sie wollte das ihre Freundin alles erführe – doch das war nicht der einzigste Grund, da sie sehr an Familienhistoriken interessiert war und über die Geschichte ihrer Lotte nicht viel bekannt war. Charlotte schaute nur gebannt zu Vincent und wollte das er weiter sprach, denn sie platzte vor Neugierde, von daher bemerkte sie nicht wie Clayton näher zu Selene rutschte und nach ihrer zarten Hand fühlte. Vincent schlug das altertümliche Buch auf: "Nun ja..." – während diesen Worten fand er ihre Hand, drückte sie sanft, dabei aufpassend dass er sie nicht mit seinem, noch ein wenig hervorlugenden Krallen, ihre Hand verletzte. Sie drehte sich zu ihm und blickte ihm direkt in die alles durchdringenden Augen. Ihr Gedanken schlichen langsam dahin: ‚Warum hab ich eigentlich keine Angst vor ihm? Er hat doch nichts menschliches an sich und sieht doch so furchteinflößend aus...’ Ein Körper rückte dem seinem entgegen und lehnte sich an seine Schulter während sie Händchen, bzw. Pfötchen hielten. So verharrend lauschten sie weiterhin den Worten Vincents der bereits begonnen hatte und Charlotte weiter und weiter in seinen Bann zog: "Die Familie Clarson kam erst nach Viviar, als unsere Familie bereits seid einigen Jahrhunderten zu der herrschenden Schicht gehörte – das war etwa kurz bevor ich das Licht der Welt erblickte... Man sagte mir dieses Dorf war schon immer, wie ich in eurem Alter auch wirklich zu glauben begann, von etwas mystischem umgeben. Ich erkundete den Bloodriverwood und - nein das gehört hier nicht her... das erzähl ich ein anders Mal...", lächelte er entschuldigend und fuhr fort, "jedenfalls tauchte die Familie Clarson auf und wurde von allen mit kalten Blicken verflucht – sie sollen verschwinden, sie seien hier nicht willkommen, sie bräuchten sich nichts auf ihren Adel einzubilden, denn sie wären hier nichts – doch sie blieben!“ Er machte eine kurze Pause und kniete sich anmutig mit dem Buch vor Selene und Charlotte hin. "Das ist das erste Bild, das überhaupt von eurer Familie entstanden ist", er deutete auf eine kleine Skizzenzeichnung, die in der Mitte des Albums auf einem schon vergilbten Blatt aufgeklebt worden war, "Wenn du näher hinsiehst, wirst du eine gewisse Ähnlichkeit mit diesem Möchtegern Werwolf erkennen. Denn hier ist er noch menschlich." Der Graf grinste fies und schaute zu seinem lieben Kameraden hin. "Nimm’s mir nicht übel, Clayton, aber bei Vollmond solltest du wirklich nicht deine Gruft verlassen, außerdem ist dein Gejaule unerträglich.. es klingt so, als wäre eine Katze gerade rollig." Clayton erwiderte seinen Blick voller Missgunst und knurrte leicht auf, wobei seine scharfen Reißzähne deutlich zum Vorschein kamen. "Aber fahren wir doch fort.. Soweit ich mich erinnern kann, waren die Clarsons auf den ersten Blick eine sehr aufgebrachte und zerstreute Familie. Es kam auch nicht selten zu Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Angehörigen im Hause. Aber das erzählt euch Clayton lieber selbst." Der Graf übergab das Wort an den Werwolf, der sich mit der einen Pfote durch die buschige, dunkle Mähne strich, mit der anderen jedoch immer noch die zarte Hand Selenes sanft umschlossen hielt. "Er hat recht. Wir waren nicht immer der selben Meinung. Unsere Ansichten waren meistens vollkommen verschieden. Meine Eltern selbst waren strenge Christen. Gottesgläubig wie keine anderen mehr im Dorf. Es war nicht leicht mit ihnen unter einem Dach zu leben. Am Anfang hatten wir große Schwierigkeiten uns in die neue Gesellschaft zu integrieren. Die Leute waren misstrauisch... Kein Wunder, über uns wurde in der ganzen Provinz berichtet, weil wir auf der Flucht waren." Er schweifte mit seinem Blick durch den Raum und blieb bei Charlotte haften, "du musst nämlich wissen, dass deine Vorfahren alle eine sehr gute Beziehung zur Kirche hatten. Mein Vater selbst war Pfarrer, ja, wenn nicht schon sogar ein fanatischer Vampirjäger. Er ließ ein gesamtes Dorf dem Erdboden gleich machen, weil er dort ein Nest von Blutsaugern befürchtete. Und somit entstand auch der Hass gegen uns. Uns hassten praktisch alle.. damals war ich 19. Als wir uns langsam an das neue Leben im Dorf gewohnt hatten, habe ich Viktoria getroffen. Sie war etwas jünger, ungefähr in eurem Alter.", er lächelte die beiden Mädchen an und streichelte Selene zärtlich den Handrücken, "du siehst ihr überaus ähnlich, Charlotte. Sie war die Ruhe in Person, das sanfteste Wesen, dass ich je gesehen habe. Kein anderes vergleichbar mit ihr ist mir bis jetzt über den Weg gelaufen.. bis jetzt", er schaute Selene tief in ihre grünen Augen, die im gedämpften Licht fast golden schimmerten, und berührte sie vorsichtig mit einer Pfote an ihrer erröteten Wange. Vincent lachte leise auf " Ja, gewiss. Du hast ihre Schönheit geerbt, aber nicht ihren sanftmütigen Charakter, von dem wir ja schon eine kleine Kostprobe bekommen konnten.. den hast du eher von ihm!" Bestürzt über diese Aussage, blähte sich Lottchen auf und stemmte ihre Hände in ihre Hüften, nicht bemerkend, dass der Werwolf ihre Freundin näher an sich zog, um von neuem ihren lieblichen Duft einzuatmen und in Nostalgie zu verfallen. Kapitel 9: ----------- "Ich bin nicht mit ihm verwandt!", blähte sie sich weiter auf, "nicht mit IHM!!!", wobei sie das letzte Wort seltsam betonte und als ihr Blick auf die kleine Liebelei fiel wurde sie feuerrot als wenn sie kurz davor stünde zu platzen. Der Rest der Truppe musste schmunzeln. Selbst Victor, wobei es sich bei ihm in einem sanftem Glucksen äußerte. "Selenchen... Was findest du an ihm..?", fragte sie leise – Charlotte verstand die Welt nicht mehr. ‚Hätte sie sich in ihren eigenen Ahnen verguggt’ , dachte sie sich, ‚dann hätte ich es ja verstanden, denn er sieht ja noch menschlich aus, aber Clayton?’ Also ob Selene ihre Gedanken gelauscht hätte, versuchte sie mit ihrem atmensberaubendsten Lächeln ihre Freundin Milde zustimmen. Augenblicklich wurde Lottchens Gesicht von Verwunderung überzogen. Die jetzige Augenblick der Kommunikation spielte sich nur zwischen Charlotte und Selene über ihre Blicke ab. Letztendlich liefen den Mädchen Tränen über die Wange, als sie sich in den Armen lagen. "Was haltet ihr davon wenn wir die Familienkunde für heute beenden? Ich glaub die Gemüter sollten sich erst einmal beruhigen und ihr seht auch nicht mehr, verzeiht mir bitte, allzu frisch aus. Und ich spüre das meine Zeit langsam naht...", sagte Graf Dracul. Alle sahen zu ihm. Die beiden Mädchen die Wangen an einander geschmiegt und Clayton wartend hinter Selene das er wieder ihr Hand, ihren Duft, ihre Nähe spüren konnte. Charlie tippselte zu ihrem Frauchen und schmiegte sich an sie, was ihr sagen sollte geh nicht, ich hab dich lieb, ich möchte das du bleibst! Daraufhin lächelte Lottchen ihre Kleine an, strich ihr liebevoll über den Kopf und liebkoste mit ihren Fingern ihre ach so süßen Öhrchen. Abschließend setzte sie ihr einen Kuss auf das Nässchen und sagt ihr das sie heute Abend ja schon wieder hier sein werde. Clayton nutze währenddessen natürlich die Gelegenheit um seiner Geliebten nahe zu sein. Er schlang seine, mit Fell übersäten Arme, um sie, woraufhin sie ihre Hände auf seine Arme legte und anfing liebevoll mit dem Fell zu spielen. Sie war unheimlich fasziniert von ihm – nicht nur aufgrund seiner Gestalt, sondern auch weil er etwas ausstrahlte, was noch nie einer getan hatte und es sie einfach ganz im Innersten berührte. Selene war bis jetzt nicht die große Männeraufreißerin gewesen, aber der eine oder andere Schönling wagte sich an sie heran und wenn sich etwas entwickelte hielt es meist nicht lang – wobei sie nicht vermochte zu sagen woran und an wem es lag. Sie legte zum Abschied ihre Hände auf seine Unterarme, stellte sich auf die Zehnspitzen, um ihm bis zur Wange zu reichen, und ihm dort einen Kuss auf die Wange zu hauchen. Seine Gegenreaktion erstaunte sie zu tiefst, woraufhin sie ihn mit einem erstaunten Blick beobachtet, denn er kniete vor ihr nieder, nahm ihre beiden Hände, drehte sie nach innen, wieder nach außen und wieder nach innen. Charlotte beobachtete diese Szene still schweigend, was jedoch nicht hieß dass sie diese Liaison duldete. Plötzlich spürte sie eine Hand an ihrer Taille, die, als sie keine Widerstand spürte, weiter nach vorn zum Bauch geschoben wurde. Sie stand reglos da, bis sie realisierte was da vor sich ging und sie sich deshalb ein wenige nach hinten drehte. Vincent beugte seinen Kopf zu ihrem herunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr, jedoch so leise dass sie es nicht verstand und wispernd fragte ob er es nicht noch einmal einwenig lauter wiederholen könne. Währenddessen hatte sich Clay und Selene tief in die Augen geschaut und dann hatte er ihre beiden Handinnenflächen zärtlich geküsst. Um sich den Abschied nicht allzu schwer zu machen, verkrümelte sich der Werwolf in eine Ecke die geschützte hinter mehreren Stapel von Büchern lag und Selene drehte sich zu ihrer Freundin. Selene sah wie sie sich in die Augen schauten und Vincents Hand nach wie vor auf Lottchens Bauch ruhte. Sie räusperte sich leicht. Vincent grinste vor Verzückung und entblößte abermals seine spitzen Eckzähne, die, Charlottes Meinung nach, mit der Zeit länger geworden waren. ‚Warum...?’, ging es ihr durch den Kopf, als der Graf sachte ihre Hand nahm, sich elegant verbeugte und somit ihren Gedankengang unterbrach. "Ihr sollten für die Zukunft etwas vorsichtiger sein, denn ich möchte keineswegs, dass euch etwas zustößt, meine Liebste.", flüsterte der Vampir in süßlichem Ton und küsste ihr die, von den Scherben etwas leicht zerkratze Hand. Als er sie dann wieder mit behutsamen Blick anschaute, überkam sie das Gefühl, als hätten seine Augen einen noch tieferen Rotstrich angenommen. ‚Wie kann..?’, fing Lotte von neuem das Denken an, als Selene an ihre Seite sprang und sich an ihren Arm festklammerte "Mäuschen, wir müssen los, in einer halben Stunde geht die Sonne auf! Und wenn meinem Mum merkt, dass ich nicht zu Hause bin, dann bringt sie mich um.. und dich auch, weil du Schuld daran bist!" sprudelte es aus Selenchen heiter hervor. Sie war nämlich immer noch von den Geschehnissen dieser Nacht fasziniert und beinahe betrunken. "Oh ja! Verdammt, deine Mum?!", erinnerte sich Lottchen mit Schaudern, denn die Vorstellung an Selenchens kreischende Mum versetzte sie in Angst, "Und wie kommen wir so schnell wieder hoch? Bei meinem heutigen Glück brech ich mir noch irgendwas, wenn ich versuche die steile Treppe von vorhin im Galopp hochzulaufen?!" "Meine Damen, macht euch doch nicht so viele Sorgen." setze der Graf an, trat näher an die beiden quietschenden Mädchen heran und breitete mit einem Schwung seinen mit roten Samt gefütterten Umhang über ihren Köpfen hinweg aus. Mit einem Mal waren sie umhüllt von sanfter Dunkelheit, die ihnen vollkommen die Sicht raubte. Lottchen drehte sich abermals im Kreis, um sich zu vergewissern, wo oben, unten, rechts und links ist. Ihre Freundin strecke neugierig die Hände aus, um zu ertasten, was vor ihr liegen könnte. Überrascht vernahm Charlotte plötzlich leise flüsternde Stimmen von überall her. Ein undeutliches Gemurmel von Leuten, das mit der Zeit an Lautstärke zunahm. Nur Wortfetzen drangen an ihre Ohren "Blut.. Blut, Kratzer, rot.. Scherben.. Blut..Blut..rot..Kratzer..Hände.. Blut.. ROT.. BLUTROT.. BLUT BLUUT, BLUTE!!!" Das Mädchen nahm die Hände an den Kopf und presste sich stöhnend die Ohren zu, um diesem widerlichen Geschrei zu entfliehen, doch ohne jeglichen Erfolg. Sie sank bebend auf die Knie und war kurz davor wieder in Ohnmacht zu fallen, als sie von Selenchen wach geschüttelt wurde. "Mädel, ist alles mit dir in Ordnung?!" rief Selene voller Besorgnis, "geht es dir nicht gut??" Charlotte stand unsicher auf und blickte sich wirr um. Sie standen wieder an Victors Grab, welches sie einige Stunden zuvor unfreiwillig entweiht hatten. "Mir.. ich hörte..nein.. mir geht gut, mach dir keine Sorgen, Kleines, du weißt doch, ich habe bloß Angst im Dunkeln.", lächelte Lotte ihre Freundin schief an. "Ihr solltet euch lieber beeilen, wenn ihr noch vor Sonnenaufgang ankommen wollt..", unterbrach der Graf die beiden Mädchen. Charlotte, die ihn erst jetzt bemerkte, schaute verwirrt in seine tiefrot glühenden Augen und suchte verzweifelt nach einer Erklärung für das gerade Erlebte. Dann nahm sie den Kopf zur Seite und verlor sich wieder in Gedanken, bis sie schließlich mit Selene den kleinen schmalen Pfad zur Stadt zurückging und den Vampir hinter sich ließ. Lottchen betrachtete bei den ersten Sonnenstrahlen ihre rechte Hand, die Vincent so zährlich geküsst hatte. Die Kratzspuren des kleinen Rosenbusches, an dem sie nun eilend vorbeischritten, und die Schnittwunden der Scherben waren nicht mehr zu sehen... Selene nahm Lottchens rechte Hand, weil sie das brauchte. Sie tat das äußerst selten – einhaken ja – aber nicht Hand in Hand. Lotte schaute verwirrt zu ihrer liebsten Freundin, grade weil sie um das wusste. Diese bekam ein sanftes und zugleich tief entschuldigendes Lächeln geschenkt. Lenchen strich mit ihrem Daumen, so weit es ihr so möglich war, über ihre Hand: "komm, wir müssen echt los, sonst waren wir die längste zeit zu Besuch hier.", und blickte ein letztes Mal auf das Grab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)