Nothing And Everything von -Moonshine- ================================================================================ T e n ----- Ich hatte nicht viel Zeit, meine Gedanken zu ordnen, denn schon kurz nach meiner desaströsen Entdeckung kam Nicky endlich herunter, um mir doch noch, wie versprochen, beim Aufräumen zu helfen. Ich konnte sie kaum angucken. Ob sie wusste, dass Maddy nicht ihre leibliche Schwester war? Und wie konnte so etwas überhaupt passieren? War Maddy adoptiert worden, oder...? Ich wagte es gar nicht erst, den Gedanken zu Ende zu führen, sondern versuchte, all meine Energie darauf zu verwenden, mir vor Nicky nichts anmerken zu lassen. Anscheinend machte ich meine Sache nicht besonders gut, denn schon bald warf sie mir seltsame Blicke zu und fragte schließlich: "Alles okay?" Ich hustete vor Schreck und nickte schnell mit dem Kopf. "Sicher." Nicky zog eine Augenbraue in die Höhe, sagte jedoch nichts und widmete sich wieder dem Aufräumen. Zu zweit schafften wir schnell, die Unordnung zu beseitigen, die sie angerichtet hatte, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass Mr. Cooper einen Herzinfarkt bekommen würde, wenn er das nächste Mal seine Ordner sah. Alles war mehr schlecht als recht sortiert und nicht gerade liebevoll in die Akten gestopft worden, aber alles war besser, als das Chaos auf dem Wohnzimmerteppich. "Hast du... deine Hausaufgaben gemacht?", wollte ich schließlich von Nicky wissen, meine Stimme hörte sich nervös und kratzig an, als hätte ich sie schon Jahre nicht mehr benutzt. Aber ich musste irgendetwas sagen, denn zu schweigen, das hätte sie noch misstrauischer gemacht. Ich würde Nicky ja fragen, was es damit auf sich hatte, aber erstens wusste ich nicht, ob sie überhaupt Bescheid wusste, und zweitens reagierte sie immer höchst empfindlich auf das Thema "Mum". Außerdem ging es mich ja eigentlich gar nichts an... "Jepp", antwortete sie und stopfte die letzten Ordner in den Schrank, die ich ihr reichte. "Und... hat das alles gut geklappt?", hakte ich unsicher nach. Wenn sie es nicht wusste - hatte sie womöglich auch etwas bemerkt? Aber andererseits hatte sie die Ergebnisse ihrer Geschwister kaum beachtet. Sie warf mir einen seltsamen Blick zu und hob ganz leicht die Augenbrauen. "Klar. Ist doch nicht so schwer. Bio ist easy, find ich." Dem konnte ich mich nicht gerade anschließen, aber diese Aussage ließ mich an Jamie denken. "Mein kleiner Bruder studiert auch Bio", sagte ich, froh, ein Gesprächsthema gefunden zu haben, das weder mich, noch Nicky's Familie direkt betraf. Sie neigte neugierig den Kopf. "Echt? Ich wusste gar nicht, dass du einen Bruder hast." Stimmt. Ich hatte ihr noch nie etwas von meiner Familie erzählt... aber ich hatte ja mit ihrer schon genug zu tun. "Das ist bestimmt interessant. Bio", fügte sie hinzu. "Ist er cool, dein Bruder?" Über diese Frage musste ich kurz brüten. "Ich glaube, er würde sagen, ja." Nicky seufzte theatralisch. "Hast du ein Glück. Mein Bruder ist eine Memme." "Das stimmt doch gar nicht", widersprach ich ihr empört. "Sei nicht immer so gemein zu Simon. Ich denke, er könnte ein bisschen Unterstützung gut gebrauchen." Mir kam eine Idee und ich versuchte, an Nicky's Narzissmus zu appellieren. "Du hast doch viele Freunde und bist beliebt..." Sie horchte auf und sah mich interessiert an. "Und Simon hat es schwer in der Schule. Glaube ich..." Nicky fiel mir ins Wort. "Ja. Er weigert sich, am Sportunterricht teilzunehmen, und er wird dauernd gehänselt." Das enthüllte mehr, als Simon mir jemals erzählt hatte. Obwohl es wirklich nicht überraschend kam, schockte es mich doch, und ich sah Nicky niedergeschmettert an. "Aber warum?" Nicky senkte den Kopf und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Sie überlegte anscheinend, was sie mir erzählen durfte und wie sie das anstellen sollte. Dann sah sie mich ernst an. "Es gibt da so ein paar Jungs in seiner Klasse. Sie... na ja, sie sind ziemlich mies, weißt du. Sie sagen ständig Sachen wie 'Kein Wunder, dass deine Mum euch verlassen hat, bei so einem Feigling wie dir' und so was. Ich hab es bis jetzt nur ein paar Mal mitbekommen." Das schockte mich noch viel, viel mehr. Wenn Mr. Cooper das nur wüsste! Was würde er dann tun? Und was sollte ich jetzt machen, bewaffnet mit diesem neuen, erschreckenden Wissen? "Hat er sich deshalb geprügelt?", wagte ich zu fragen. Wieso hatte ich Nicky nicht eigentlich schon viel früher ausgehorcht? Sie nickte. "Ja. Als ich die Jungs einmal deswegen zur Rede gestellt habe, haben sie noch mehr auf ihm rumgehackt und er hat mich danach angeschrieen. Ich misch mich nicht mehr ein, aber... wenigstens hat er sich einmal gewehrt." Sie nickte abermals und ballte die Hand zur Faust. Es schien, als würde ihr es doch etwas ausmachen, wie ihr Bruder in der Schule behandelt wurde. Diese ganze Gleichgültigkeitsmasche war also nur vorgespielt - wie es sich bei Geschwistern eben gehörte. Ich wusste nur allzu gut, wie das funktionierte - immerhin hatte ich auch einen jüngeren Bruder. Wir waren prinzipiell immer gegensätzlicher Meinung, es sei denn, es kam wirklich darauf an. So war es wohl auch hier. "Und dein Dad legt ganz schön viel Wert aus so was, hm?", dachte ich laut nach. Nur passte Nicky viel besser in dieses Teamsportprogramm als Simon, der es wie die Pest hasste. Ich glaube, Simon war eher ein Typ für Bücher und Computer, ein Einsiedler, ein Einzelgänger. "Jepp", sagte Nicky und stand auf. "Aber er legt ja auch viel Wert auf diese Clementia und man sieht ja, dass da nichts Gutes bei rauskommt." Sie verdrehte demonstrativ die Augen. Ich lächelte schwach, mit meinen Gedanken noch ganz woanders. Nicky machte sich wieder auf den Weg nach oben. "Nicks!", rief ich ihr nach. "Macht euch bettfertig und dann könnt ihr noch ein bisschen fernsehen, ja?" "Jaaha!", kam es zurück. Geschafft! Im wahrsten Sinne des Wortes. Vollkommen erledigt ließ ich mich auf mein provisorisches Lager im Gästezimmer - das man eigentlich schon als mein Zimmer bezeichnen konnte -, fallen und atmete durch. Es war ein langer Tag gewesen und ich war so müde wie schon lange nicht mehr. Ich warf einen Blick auf meinen Rucksack, in dem ich meine Schlafsachen verstaut hatte, und überlegte mir, ob ich noch etwas lesen oder lieber direkt schlafen gehen sollte. Nicky und Simon würden bestimmt wieder viel zu früh aufwachen und Krach machen - wobei Simon eher weniger das Problem war, denn er verhielt sich immer leise und wagte es nicht, jemanden zu stören. Nicky war der Krawallmacher in der Familie. Außerdem würde ich am Morgen Maddy von ihrer Pyjamaparty abholen müssen und ich konnte nur hoffen, dass sie ihre Pläne mit Kyle, dem Casanova, fallen gelassen hatte. Ich schloss nur kurz die Augen, und ich weiß nicht mehr, wie lange ich da so im Dunkeln lag, aber plötzlich hörte ich ein leises Klicken - und fuhr wie von der Tarantel gestochen auf. Einen kurzen Moment lang musste ich meine Orientierung wiederfinden, bis mir klar wurde, dass ich mich im Haus der Coopers befand und sich anscheinend gerade jemand zur Haustür hereingeschlichen hatte. Ein Einbrecher - das hatte mir noch gefehlt! Vielleicht, redete ich mich beruhigend ein, war's ja nur eins der Kinder. Aber was sollten die um diese Uhrzeit noch draußen machen? Ich atmete tief ein, um meinen Herzschlag unter Kontrolle zu halten, und stand leise auf, darauf bedacht, das Bett oder die Dielen nicht zum Knarren zu bringen. Vorsichtig, auf Zehenspitzen schleichend, öffnete ich die Tür und wagte es nicht, das Licht anzumachen, um mich nicht zu verraten. Im Wandschrank griff ich nach Nicky's Baseballschläger, der zum Glück dort war, wo er immer stand: in der Ecke unter dem Lichtschalter. Ihn fest mit einer Hand umklammernd, die andere um das Treppengeländer gelegt, um nicht hinzufallen, tastete ich mich langsam vorwärts, einen Fuß vorsichtig vor den anderen setzend und mich langsam am Geländer festhaltend. Im Wohnzimmer brannte Licht und ich hörte ein Rascheln, leise Schritte, ein Seufzen. Ein männliches Seufzen! Es waren also auf keinen Fall Nicky oder Simon, die dort herumstöberten! Panik kroch langsam meine Brust empört und staute sich in meiner Kehle - meine Hände zitterten unkontrolliert und dann... stolperte ich über etwas am Fuße der Treppe. Die schwarze, lederne Aktentasche zu meinen Füßen fiel um und ich versuchte verzweifelt, das Gleichgewicht zu halten. Der Baseballschläger knallte gegen den Türrahmen und in der Stille der Nacht schien dieses Geräusch - dieses Poltern - das ganze Haus erbeben zu lassen. Mit Angstschweiß auf der Stirn und in Angriffshaltung stand ich plötzlich in der Wohnzimmertür Mr. Cooper gegenüber, der interessiert den Kopf geneigt hatte und mich mit hochgezogenen Augenbrauen musterte. Dann fiel sein Blick auf den Baseballschläger. "Anna", sagte er, ganz ruhig und geduldig, als machte es nicht den Anschein, als wollte ich ihn gerade zusammenschlagen. "Alles in Ordnung?" Ich keuchte laut - mehr aus Erleichterung, als vor Schreck -, und dann entschlüpfte mir ein leises, aber sich hysterisch anhörendes Geräusch, das halb Lachen, halb Wimmern war. "Ja, ich... Sie haben mich nur erschreckt. Ich dachte, Sie wären ein Einbrecher..." Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. War das nicht einer furchtbar peinliche Situation? Gott, ich war wirklich ein Fall für die Klapsmühle. Mr. Cooper dachte das sicherlich auch, obwohl er sich absolut nichts anmerken ließ. "Entschuldigung", sagte er und nahm mir behutsam den Baseballschläger aus den Händen, den ich noch immer umklammert hielt, als fürchtete er, ich könnte plötzlich doch noch zuschlagen. "Ich wollte niemanden wecken. Meine Geschäftsreise hat ein jähes Ende gefunden und ich hab mich entschieden, den letzten Flug nach New York zu nehmen", erklärte er. Während die Verwirrung sich langsam in meinem Kopf lichtete, betrachtete ich Mr. Cooper, wie er den Baseballschläger gegen die Wand lehnte und sich aus seinem Jackett schälte. Sein Haar wirkte nicht mehr so tadellos, sondern war durch und durch unordentlich, so, als wäre er schon diverse Male mit den Fingern hindurchgefahren. Sein Blick wirkte auch nicht mehr so streng wie sonst immer, und seine Erklärung war wohl das längste, das er jemals zu mir gesagt hatte. "Verstehe", murmelte ich und rieb meinen Oberarm. "Dann... gehe ich jetzt besser mal nach Hause." Er warf einen Blick auf die Wanduhr und ich folgte diesem. Es war schon nach ein Uhr nachts - ich war also tatsächlich eingenickt, und das nicht nur für ein paar Minuten! "Dafür ist es doch viel zu spät", schüttelte Mr. Cooper stirnrunzelnd den Kopf. "Selbstverständlich können sie die Nacht über hier bleiben." Sein Angebot war nett gemeint, aber ich käme mir seltsam dabei vor, hier zu nächtigen, während er nur ein Zimmer entfernt war - allerdings war die Aussicht, mich nachts noch in der New Yorker U-Bahn herumzutreiben viel weniger verlockend. Er interpretierte mein Zögern anscheinend falsch. "Natürlich bezahle ich Sie dafür, wie vereinbart." Ich errötete. Er dachte, ich würde wegen des Geldes nicht bleiben wollen. Hastig schüttelte ich den Kopf. "Nein, darum... darum geht es gar nicht, Sir", stammelte ich verlegen. "Es ist nur... ich will keine Umstände machen, ehrlich." Mr. Cooper wandte sich mit einem müden Seufzer ab und kniete sich hin, um seine Aktentasche aufzuheben, gegen die ich lautstark gepoltert war. "Anna, Sie erweisen mir tagtägliche große Dienste. Wie kommen Sie auf die Idee, sie würden irgendjemandem hier Umstände machen?" Huch... was war nur mit dem alten Mr. Cooper passiert und woher kam dieser... irgendwie sogar nette Mann her?! Er warf mir über die Schulter einen Blick zu. "Lassen Sie mich wenigstens für ein Taxi bezahlen, das Sie sicher nach Hause bringt." Das war mir noch unangenehmer. Mr. Cooper sollte für gar nichts bezahlen, was nicht unmittelbar während meiner Arbeitszeiten geschah. "Nein, Sir-" "Jack", unterbrach er mich. "Das ist sehr freundlich, aber... die U-Bahn-" Er warf mir einen strengen Blick zu, der mich sofort verstummen ließ. "Kommen Sie, Anna." Er winkte mich zu sich heran, und wie ein artiges Kind stapfte ich verunsichert hinter ihm her. "Setzen Sie sich." Ich setzte mich auf die Couch und fragte mich, was er wohl vor hatte. Kurz verschwand er aus dem Zimmer, und kam gleich darauf mit einer Flasche Rotwein und zwei Weingläsern wieder. So langsam wurde das hier ziemlich kurios. Er entkorkte gekonnt die Flasche und goss uns ein. Als er mir das Glas hinhielt, schüttelte ich den Kopf, ohne die Hand danach auszustrecken. "Heben Sie sich den teuren Wein doch...für besondere Gelegenheiten auf", riet ich ihm verlegen. Er sah mich fragend an. "Teurer Wein? Billiger Fusel aus dem Supermarkt um die Ecke", winkte er müde lächelnd ab. "Probieren Sie. Dafür schmeckt er wirklich gut." Mr. Cooper trank spät nachts mit seinem Kindermädchen billigen Fusel aus dem Supermarkt um die Ecke und redete so viel, wie ich ihn die ganzen Monaten über, die ich schon hier arbeitete, habe nicht reden hören! Mein Weltbild geriet langsam aber sicher ins Wackeln. Zaghaft griff ich nach dem Weinglas, Mr. Cooper nicht aus den Augen lassend. Er ließ sich mir gegenüber im Sessel nieder, streckte die Beine aus und schloss kurz die Augen, während er sein Glas in der Hand hielt. Ich nippe an meinem. Es schmeckte gar nicht so schlecht. Zumindest nicht ganz so eklig wie die sonstigen Rotweine, die ich bisher so probiert hatte - ich verstand nichts davon. Aber wenn Mr. Cooper, der sich da bestimmt gut auskannte, es sagte, dann musste es wohl so sein. Wo ich schon hier war - und es hatte nicht den Anschein, als würde ich heute Nacht noch nach Hause kommen -, konnte ich auch gleich mit ihm über Simon reden. "Mr. Cooper - Jack", korrigierte ich mich selbst, und er schaute mich aufmerksam an, "ich wollte mit Ihnen über Simon reden, er..." Ich suchte nach den passenden Worten, aber Mr. Cooper schien meine Gedanken zu lesen, denn er seufzte bekümmert auf. "Ich weiß. Er ist ein stiller, zurückhaltender Junge. Und ich fürchte, er kommt in der Schule nicht besonders gut zurecht." Ich nickte. "Also... er hat mich gefragt, ob ich nicht anstelle von Ihnen, zum, äh, Elternsprechtag gehen kann", gab ich zu und sah mit an, wie diese Aussage Mr. Cooper doch sehr überraschte. Zunächst weiteten sich seine Augen, aber dann nickte er nur verstehend. "Vielleicht sollten Sie das tun." Nun war es an mir, überrascht zu sein. "Aber ich bin doch nicht... ich meine, es heißt doch Elternsprechtag!", verteidigte ich mich. "Ich glaube nicht, dass ich die Richtige dafür bin..." Er lächelte müde und lehnte sich zurück. "Simon vertraut Ihnen. Das macht Sie automatisch zu der Richtigen. Ich bin froh, dass er Sie hat." Das waren fast zu viele Nettigkeiten an einem einzigen Abend. Misstrauisch beäugte ich Mr. Cooper. Er nahm einen Schluck von seinem Wein und erwiderte ernst meinen Blick. "Ich weiß, Anna, dass das nicht Ihr Traumjob ist. Aber glauben Sie, Sie könnten noch ein bisschen durchhalten? Die Kinder... Sie tun ihnen gut. Sie sind viel lebhafter geworden." Er lachte leise und nahm noch einen Schluck, lockerte seinen Krawattenknoten, öffnete den ersten Hemdknopf und fuhr sich wieder durch die Haare. Es war nicht zu übersehen, wie müde er war - er sah total fertig aus. Zerstrubbelt und unordentlich und irgendwie... war das ganz schön attraktiv. Empört über mich selbst schob ich diesen Gedanken beiseite. Das wäre ja noch schöner! Das hier ist Mr. Cooper, rief ich mir in Erinnerung. Mein immerwährend grimmiger Boss. "Ich hab es sogar gewagt, mich zu verabreden", gestand er mir frei heraus mit einem schiefen, unechten Grinsen. "Ich fürchte, die Kinder mögen Clementia nicht besonders..." Ich schwieg diplomatisch, was diese Sache anging, und wechselte das Thema: "Ich fürchte nur, ich bin wenig geeignet als Kindermädchen... ich hab keinerlei Erfahrung oder Referenzen. Warum..." Ich nahm meinen Mut zusammen und stellte die Frage, die ich mir schon immer gestellt hatte, seit ich hier war. "Warum haben sie mich eingestellt?" Er setzte sich aufrechter hin und betrachtete mich geduldig. Unter seinem Blick wurde ich ein bisschen unruhig, doch endlich sprach er. "Sie sind jung. Und Sie scheinen - Verzeihung, wenn ich das so sage, es soll keineswegs eine Beleidigung sein -, aus einfachen Verhältnissen zu kommen. Dort, wo die Menschen noch solide Grundwerte haben. Ich halte Sie für überaus geeignet. Vor allem, wenn es darum geht, den dreien beizubringen, dass nichts im Leben selbstverständlich ist, schon gar nicht die Privilegiertheit, in der sie aufwachsen. Die Kinder können mit Ihnen über alles reden, worüber sie mit mir nicht reden können... Das betrifft vor allem Nicole, sie ist jetzt... schon ein Teenager. Das bringt..." Er räusperte sich und wurde ein wenig verlegen, "gewisse Tücken mit sich, wie Sie wissen." Dann lächelte er, um seine Augen bildeten sich kleine, kaum merkliche Lachfältchen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass Mr. Cooper so etwas haben konnte. "Außerdem waren Sie mir sympathisch." Ich verschluckte mich fast an meiner eigenen Zunge. Mr. Cooper erschien mir nach und nach menschlicher - und ich merkte, wie auch ich ihn immer besser leiden konnte. Ich wusste nur nicht so recht, ob mir das gefiel oder nicht. "Ähm, danke", sagte ich hastig, da mir das Ganze etwas unangenehm war. "Also wegen Simon... ich hab von Nicky erfahren, dass er in seiner Klasse von Halbstarken herum geschubst wird. Wahrscheinlich hat er sich nur gewehrt, bei diesem Vorfall..." Mr. Cooper spitzte die Ohren. "Ja, sie...", fuhr ich fort, ermutigt über seine Aufmerksamkeit, "sie hänseln ihn wegen seiner... äh, Mutter..." Er lehnte sich wieder zurück und fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. "Wirklich?", fragte er dann nach schier einer kleinen Unendlichkeit. Ich nickte widerwillig. Vor lauter Nervosität kippte ich den ganzen Rest, der sich noch in meinem Glas befand, herunter. Das war auf nüchternen Magen keine gute Idee. Ich hatte seit Stunden nichts mehr gegessen und merkte schon, wie der Alkohol mir direkt zu Kopf stieg. Da er nichts sagte, redete ich einfach weiter. "Und sie wollen, dass er sich in der Schule engagiert... für Sport oder Theater und so was. Aber das ist nicht Simon's Welt. Ich fürchte, er ist nicht so... jemand, der gerne viele Menschen um sich herum hat." Mr. Cooper schaute auf. "Und finden Sie, dieses Einzelgängerverhalten sollte man fördern?", fragte er, aber es klang vielmehr nach einer Bitte um Rat, als nach Zweifel an meiner Aussage. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich finde, man sollte ihn nicht dazu zwingen und ihn da nicht einfach so gegen seinen Willen hineinwerfen. Vielleicht eher... vorsichtig an das Ganze heranführen?", schlug ich vor. "Ich war mit ihm Baseballspielen und ich muss ehrlich zugeben... es war eine einzige Katastrophe." Ich wusste nicht, ob es der Alkohol war, der mich so frei reden ließ und meine Zunge lockerte, oder die entspannte Anwesenheit von Mr. Cooper, der anscheinend ein viel angenehmerer Gesprächspartner war, als ich es vermutet hatte. Mr. Cooper lächelte. Und ich konnte es kaum fassen, dass ich hier saß und mich tatsächlich ganz normal mit ihm unterhielt! "Glauben Sie, dass vielleicht eine öffentliche Schule besser geeignet wäre für ihn?", wollte er wissen und ich sah es hinter seiner Stirn schon kräftig arbeiten. Ich stieß überfordert die Luft aus. Gleichzeitig imponierte es mir, dass er, erfolgreicher Anwalt, der er war, tatsächlich über eine öffentliche Schule nachdachte, wo doch in seiner Welt alle ihre reichen, privilegierten Kinder auf teure Privatschulen schicken – wie er selbst es auch tat. Aber anscheinend kannte er auch die Alternativen, und die machten ihm nichts aus. "Puh. Ich weiß nicht. Andererseits.... wäre dann der ganze Druck weg, oder?" Ratlos zuckte ich mit den Achseln. "Fragen Sie Simon doch, was er davon hält?" Er nickte. "Wahrscheinlich war es ganz gut, dass er für ein paar Tage frei hatte - auch wenn der Grund dafür natürlich weniger beeindruckend ist. Danke, dass Sie sich um ihn gekümmert haben. Obwohl ich glaube, dass er ein bisschen mehr Spaß hatte, als er eigentlich sollte..." Mr. Cooper zog fragend eine Augenbraue hoch und sah mich abwartend an. Oh, oh. Das klang ganz so, als... Ich räusperte mich. "Ich weiß, dass eine Suspendierung eigentlich dazu gedacht ist, zu Hause zu sitzen und den Stoff nachzuholen, aber Simon ist ein kluger Junge und ich finde, er ist irgendwie... viel zu ernst für einen zwölfjährigen Jungen", verteidigte ich mich und fügte etwas trotzig hinzu: "Deshalb... hab ich ihn ins Kino mitgenommen." Mr. Cooper sah mich eine Weile lang schweigend an, dann wandte er sich ab und schenkte uns beiden nach. "Ich weiß", sagte er leise und stellte die Flasche behutsam wieder ab. "Ich frage mich, ob es daran liegt, dass er lange Zeit keine weibliche Bezugsperson hatte." Dazu konnte ich selbstverständlich nicht viel sagen, und er blickte wieder auf. Vielleicht sollte ich ihm doch die Sache mit den Akten erzählen... "Mr. Cooper, Jack, meine ich. Nicky hat heute... Sie musste für ihre Biologiehausaufgaben recherchieren und hat in ihren Akten gestöbert, während ich Maddy zu ihrer Freundin gefahren habe. Na ja, wir haben dann alles natürlich eingeräumt, aber..." Ich suchte nach den richtigen Worten. "Die Hausaufgabe ging um Blutgruppen... und mir ist aufgefallen... Na ja, mein Bruder studiert Bio, wissen Sie, deshalb kam es mir etwas seltsam vor... die Blutgruppen der Kinder sind... ähm." Ich hielt inne. Was war denn, wenn Mr. Cooper gar nicht ahnte, dass Maddy nicht seine leibliche Tochter war?! Ritt ich mich hier gerade in Schwierigkeiten hinein? "Maddy", murmelte er in meinen Gedanken hinein. Ich nahm das als Entwarnung, atmete auf und nickte. Er schwieg, sah sich träge im Raum um und nippe nachdenklich an seinem Glas. Ich wartete. "Ich hab Marie kennen gelernt, als ich siebzehn war", erzählte er dann langsam, "und sie war fünfzehn Jahre alt. Sie war... so bunt. Lebensfroh. Und sie hat immer gelacht. Wir waren unzertrennlich, wie man so schön sagt. Später bin ich studieren gegangen, wie es von mir erwartet wurde, und Marie wurde mit achtzehn schwanger. Obwohl sie das Kind nicht wollte, war sie gegen eine Abtreibung, und wir heirateten, weil das einfach zum guten Ton gehörte. Es machte mir nichts aus - sie war meine erste und einzige Freundin gewesen. Anfangs ging alles gut. Meine Eltern haben uns in dieser Zeit sehr geholfen, sodass ich weiter studieren gehen konnte, aber Marie war immer zu Hause und passte auf die Kleine auf." Er machte eine kurze Pause. "Sie müssen mir das nicht erzählen", sagte ich leise, ein wenig peinlich berührt, denn es war so sehr privat, so sehr intim, dass mir mehr als nur bewusst wurde, wie wenig es mich doch alles anging. Er schüttelte den Kopf. "Die Kinder reden. Sie stellen Fragen. Es ist gut, wenn Sie Bescheid wissen. Immerhin sind Sie so was wie ein Teil dieser Familie. Also... Zwei Jahre später wurde Simon geboren. Ich liebte die drei, aber ich hatte sehr viel zu tun, denn es ging nicht mehr nur darum, das Studium erfolgreich abzuschließen, sondern auch noch darum, eine Familie durchzubringen... Ich merkte nicht, wie Marie immer unzufriedener und ungeduldiger wurde. Das Familienleben bekam ihr nicht..." Er hielt inne. Ich nahm an, jetzt kam der richtig schlimme Teil - denn ganz anscheinend hatte diese Geschichte kein Happy End. Zumindest keins, das alle fünf Beteiligten beinhaltete. "Sie war... sie versuchte, sich ihr Leben wieder zurückzuholen - zumindest waren das ihre Worte", erklärte er niedergeschlagen, während meine Empörung langsam zu wachsen begann ob meiner düsteren Vorahnung. "Sie ging abends aus und blieb die ganze Nacht weg. Immer öfter musste ich die Arbeit schwänzen oder meine Eltern um Hilfe bitten, um auf die Kinder aufzupassen. Sie..." Er schluckte. "Sie wurde wieder schwanger. Und eigentlich hätte ich wissen müssen, dass... aber... Erst im Krankenhaus hat sie es mir gesagt. Kurz vor der Entbindung, im Kreissaal. Es war mitten in der Nacht, und... und sie sagte: 'Das ist nicht dein Kind.'" Ich keuchte leise auf. Obwohl ich es schon geahnt hatte, erschien es mir doch unbegreiflich. Mr. Cooper schwieg erneut. Es fiel ihm sichtlich schwer, darüber zu reden, und ich fragte mich, wie vielen Leuten er diese Geschichte wohl noch anvertraut hatte - bestimmt nicht jedem Dahergelaufenem. Ich empfand Mitleid für ihn. Es war eindeutig herauszuhören, dass er Marie sehr geliebt haben musste. Anscheinend so sehr, dass er ihre nächtlichen Touren toleriert hatte, und wahrscheinlich noch viel mehr... "Was... was haben Sie dann gemacht?", hakte ich leise nach. "Sie sagte... Sie sagte, dass sie das Baby nach der Geburt zur Adoption freigeben würde. Und dass sie sich von mir scheiden lassen will. Aber ich... ich hatte monatelang in dem Glauben gelebt, ein Mädchen zu bekommen. Eine Tochter. Und nach der Geburt..." Er lachte freudlos auf. "Hat die Hebamme sie mir als erstes in die Arme gelegt. Nicht Marie, nein, mir. Und sie sagte: 'Hier ist dein Daddy.'" Ich war kurz davor, laut loszuheulen, also machte ich besser keinen Mucks. "Ich konnte sie nicht einfach wieder hergeben. Ich habe Marie gesagt, ich würde mich um das Kind kümmern. Sie ist gleich nach der Entlassung mit einem Typen auf einem Motorrad - ich vermute mal, dem biologischen, äh, Erzeuger von Maddison -, abgehauen. Hin und wieder", fügte er dann mit einem Achselzucken hinzu, "schickt sie Geburtstagskarten an Nicky und Simon." Ich schniefte und wischte mir hastig mit dem Ärmel über die Augen. Wer hätte das gedacht?! Wer hätte gedacht, dass dieser grimmige, schlechtgelaunte Mann so viel Tiefgang hatte? So eine Vergangenheit hatte? "Maddy ist also gar nicht... ihre leibliche Tochter?", fasste ich mit dünner Stimme zusammen, und hoffte, in diesen Satz so viel Anerkennung hineinlegen zu können, wie es mir nur möglich war. Er fasste es anscheinend falsch auf. "Ich liebe meine Tochter. Sie gehört genauso zu mir, wie die anderen beiden. Die Blutgruppe ist mir egal", verteidigte er sich gekränkt. Ich musste lächeln. "Das verstehe ich", sagte ich langsam. "Das... mit Ihrer Frau tut mir sehr leid." Er sah mich lange an, und wandte sich dann ab. "Ex-Frau. Es ist schon lange her", wich er mir aus. "Maddy, sie... ihr zweiter Name...", begann ich. Er seufzte. "Ja. Ich war ein verliebter Narr. Selbst nach ihrem erschreckenden Geständnis habe ich Maddy nach ihr benannt. Ich dachte, so könnte ich mir immer etwas von ihr bewahren." Er seufzte schicksalsergeben. "Ich verstehe, wenn Sie sich darüber lustig machen wollen." Mir entfuhr ein ungläubiges Lachen. "Das würde ich niemals tun", versicherte ich ihm empört. "Hätte ich auch nicht gedacht." Er massierte sich erschöpft die Schläfen, dann schenkte er die Reste des Rotweins aus. "Simon und Nicole wissen davon. Nicole war zwar erst fünf, aber sie hat damals vieles mitbekommen. Und ich hielt es für besser, ehrlich mit den beiden zu sein. Maddy, sie... sie hat keine Ahnung. Bitte behalten Sie es ihr gegenüber für sich." "Natürlich", nickte ich. "Gar keine Frage." Während ich so darüber nachdachte, was Mr. Cooper mir erzählt hatte, konnte ich nicht umhin, zu bemerken, dass er mir ganz eindeutig dadurch sehr viel sympathischer geworden war. In so kurzer Zeit. Dass er ein so großes Herz hatte, hätte ich niemals gedacht. Es ließ ihn plötzlich viel menschlicher erscheinen. Trauriger. Gar nicht mehr so groß, streng und autoritär. Und seine Ex-Frau - unfassbar. Dafür hatte ich keine Worte. Ich hatte zwar keine eigenen Kinder, aber ich wusste mit Sicherheit, dass ich nie und nimmer in der Lage dazu wäre, meine Kinder einfach so zurückzulassen. Ohne mit der Wimper zu zucken! Das waren einfach Menschen, die ich nicht verstehen konnte. Geistesabwesend griff ich nach meinem Weinglas und spülte es hinunter. Es brannte in der Kehle und ich war schon ein wenig angetrunken, und jetzt, da Mr. Cooper da war, konnte ich nicht so einfach in die Küche gehen, um mir etwas zu essen zu holen. Das war immerhin noch sein Haus. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. "Es ist schon spät. Soll ich Ihnen nun ein Taxi rufen, für das ich bezahle", betonte er, "oder wollen Sie doch lieber hier bleiben?" Seine Mundwinkel zuckten. "Von mir aus auch umsonst, wenn sie darauf bestehen. Wir haben hier übrigens eine Alarmanlage." Er nickte mit dem Kopf Richtung Tür. "Keinen Grund, sich unsicher zu fühlen." Ich ließ mir die Möglichkeiten durch den Kopf gehen. Ich fühlte mich nicht mehr so unwohl, mein Kopf schwirrte angenehm und das Bett war nur wenige Meter die Treppe hoch entfernt... sehr verlockend. "Ich möchte wirklich keine Umstände machen...", begann ich wieder von vorn, nur der Höflichkeit halber, aber er schnitt mir das Wort ab. "Das sind keine Umstände. Sie übernachten hier, wie vereinbart, und dürfen morgen früh Maddison abholen, wenn sie sich dadurch besser fühlen." Ich musste grinsen. Das war ein Vorschlag, mit dem ich schon viel besser leben konnte. "Okay", stimmte ich zu. "Sie ist pünktlich zum Frühstück hier." Er stand auf, nahm mein Weinglas und ging in die Küche, um beide Gläser in die Spüle zu stellen. "Ich räum hier unten noch was auf. Gute Nacht", sagte er zu mir, und ich sah das als Aufforderung, nach oben zu verschwinden und mich bettfertig zu machen, der ich nur allzu gerne nachging. Ich ließ mir besonders viel Zeit, denn noch immer grübelte ich über das gerade erst Gehörte nach. Ob ich heute Nacht überhaupt würde schlafen können? Ich bezweifelte es. Zu aufwühlt war ich und wahrscheinlich würde ich gar nicht erst abschalten können. Andererseits hatte ich Alkohol getrunken und davon wurde ich immer so schläfrig. Vielleicht war das sogar ein guter Ausgleich. Ich öffnete die Tür, um zum Badezimmer zu gehen und merkte, dass Mr. Cooper schon überall das Licht gelöscht hatte. Es war mucksmäuschenstill im Haus - wahrscheinlich schlief er bereits. Also schlich ich mich ins Bad, schloss erst die Tür hinter mir und versuchte, mir dann so leise wie möglich die Zähne zu putzen. Dann schlüpfte ich in mein Top mit Spaghettiträgern, das ich immer zum Schlafen trug, und in meine Boxershorts, die Julie mir zum Geburtstag geschenkt hatte. Hätte ich gewusst, dass Mr. Cooper nach Hause kommen würde, hätte ich mir natürlich etwas Züchtigeres zum Schlafen mitgenommen, aber er würde mich sowieso nicht zu Gesicht bekommen - hoffte ich zumindest. Ich machte das Licht im Bad wieder aus, bevor ich die Tür öffnete. Langsam tastete ich mich vorwärts, das Gästezimmer war nur einige Schritte von hier entfernt, und stieß dann gegen einen Widerstand, der vorher definitiv nicht da gewesen war. Erschrocken und überrumpelt stolperte ich zum zweiten Mal in dieser Nacht über irgendetwas und ein Paar Arme fingen mich auf und zogen zurück mich auf die Beine. "Autsch", fluchte ich leise. "Anna?", fragte Mr. Cooper verwirrt. "Warum schleichen Sie denn in der Dunkelheit herum?" "Das gleiche könnte ich Sie fragen", piepste ich, mir wohl bewusst, dass ich noch immer gegen seine Brust gedrückt dastand. Meine Stirn lehnte fast an seiner Nasenspitze, und seine Hände lagen auf meinen Schultern. Himmel, roch der Mann gut. Ich war ihm vorher noch nie so nah gewesen, als dass ich es hätte merken können. Er schwieg und wir standen eine Weile lang gespannt im Dunkeln, in der Stille dort auf dem Flur, und dann, ganz allmählich, rutschte seine Hand langsam tiefer, glitt meinen Rücken hinab, bis zu den Schulterblättern. "Sie müssen... vorsichtiger sein", sagte er leise, mit heiserer Stimme, und mein Gehirn schien sich anscheinend nur noch auf die lebensnotwendigsten Aufgaben zu konzentrieren: schnelle, flache Atmung, erhöhter Herzschlag. Ich weiß nicht genau, inwiefern weiche Knie zum lebenserhaltenden Repertoire meines Körpers gehörten, aber auch das war eine der Folgen. Einem Impuls folgend - ich weiß gar nicht, wo das herkam, wahrscheinlich war es bloß der Alkohol - stellte ich mich auf die Zehenspitzen und drückte meinen Mund gegen seinen. Er seufzte, doch er schien Nichts dagegen zu haben, und nach dem Bruchteil einer Sekunde erwiderte er den Kuss hungrig, viel leidenschaftlicher, als ich es ihm je zugetraut hätte. Mir fiel ein, was er gesagt hatte... 'Ich habe es sogar gewagt, mich zu verabreden' - damit wollte er doch nicht sagen... das erste Mal seit der Scheidung mit Marie?! Ehe ich mich versah, hatte er mich umgedreht und mich zwischen der Wand und sich eingeklemmt. Mit einer Hand stützte er sich an der Wand hinter mir ab, mit der anderen presste er mich fest an sich. Unter meinen Fingern ertastete ich seine Hemdknöpfe – er hatte sich also noch nicht umgezogen -, und ich fühlte seine warmen Körper an meinem. Langsam, aber sicher dirigierte er mich in Richtung Schlafzimmer, mit den Fingern fuhr er vielversprechend über den Saum des Tops, berührte nur ansatzweise meine Haut, und ich hörte mich selber leise aufseufzen. Nicht nur Mr. Cooper hatte lange Zeit auf so etwas verzichten müssen... Wir landeten auf dem weichen Bett, und ich sank unter seinem Gewicht in der Matratze ein, während er ungeduldig meinen Hals liebkoste. Mein Kopf war wie leergefegt, und ich war kurz davor, mich absolut gehen zu lassen, an gar nichts mehr zu denken und mich dem Moment hinzugeben. Das hier war so verlockend... dieser Mann war so verlockend... dieser Mann, vor dem ich mich so gefürchtet hatte, nur weil er mein Chef war... Mein Chef... Etwas begann wieder zu arbeiten. Ich vermutete, es war ein letztes Fünkchen Verstand in meinem angetrunkenen, hormongesteuerten Gehirn. "Wir...Wir können das... ah... nicht machen...", stammelte ich, während ich ihn bereitwillig mein T-Shirt über den Kopf ziehen ließ. Seine Stimme war erstaunlich weich und ich hörte die Spur eines Lächelnd heraus. "Doch, wir können... Du findest mich attraktiv und begehrenswert, schon vergessen?" Das hatte ich tatsächlich gesagt... irgendwann... aus welchem Grund auch immer. Ich erinnerte mich nicht mehr. Aber das war er auch - ich konnte mir da nicht widersprechen. "Ja... Nein... ich weiß nicht", nuschelte ich gegen seinen Mund, und dann, als seine Hände tiefer glitten: "Mr. Cooper..." "Jack", sagte er sanft, leise. "Jack..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)