Together we're never alone von Crimson_Butterfly (Dein Herz weiß es schon lange ...) ================================================================================ Kapitel 9: Pain and emotional distress -------------------------------------- Die Rosen wiegten sich in der leichten Brise und eine Wolke schob sich vor den fast vollen Mond. Das Anwesen der Familie Cornwell schien den Atem anzuhalten – zu erschauern. Leise, und doch nicht vollkommen lautlos, lagen die hohen Mauern, dessen Steine so kalt wirkten, als hätte kein Sonnenstrahl sie je berührt, in tiefem Schlaf, gefangen in einer ruhelosen Stille. Mondlicht berührte den Rand der offenen Terrassentüren und mein Schatten fiel über die Schwelle. Er ist so … wunderschön, anmutig und … Seine Haut war blass, und ähnelte feinstem Porzellan, seine Wimpern lagen fächergleich auf seinen blutleeren Wangen und sein markantes Gesicht wurde noch immer von der Erschöpfung des Tages gezeichnet. Und dieses schwarze, seidene Haar … Vollkommen geräuschlos, um diese nächtliche Stunde, trat ich näher und ließ mich vorsichtig auf der Bettkante nieder. Genau wie zuvor fühlte ich tiefe Traurigkeit und Verzweiflung, die mich wie eine düstere, schwarze Wolke einhüllten. Wieso unternahm niemand etwas? Wenn er seinen dummen Stolz aufgeben, sich an den Familienrat wenden und diesem erzählen würde, was Avalon tat, dann würde man ihm diesen vornehmen Drecksack vom Hals schaffen. Da war ich mir ganz sicher. Ahnte Ryan denn wirklich überhaupt nichts? War ihm nicht bewusst, wie wichtig er mir war und welche Qual es für mich bedeutete, zu wissen, dass ich ihm nicht helfen konnte, obwohl ich mir nichts sehnlicher wünschte? Die schneeweißen Vorhänge am Fenster bauschten sich leicht im Wind und die die Luft duftete nach Geißblattranken und Rosen. Ein melancholisches Lächeln umspielte meine Lippen und meine schlanken Finger fuhren Ryan durch die Strähnen, die ihm im Schlaf in die Stirn gefallen waren. Behutsam hauchte ich einen kaum fühlbaren Kuss auf seinen Mund, während ich tief betroffen die dunklen Ringe unter seinen Augen betrachtete. *** Flashback Sein Blick war leer. Nachdem ich Ryan ins Badezimmer geholfen hatte, war er unter die Dusche geflohen, als wenn heißes Wasser die einzige Möglichkeit wäre, um diesen Albtraum zu vergessen. Ich hatte gehofft, dass ihm ein Augenblick der Ruhe gut tun würde. Ich dachte, es wäre besser, wenn ich ihn erst Mal allein ließ und hatte mich deshalb zwischenzeitlich damit beschäftigt, das Bett frisch zu beziehen und die Spuren menschlicher Grausamkeit zu beseitigen. Doch als ich wieder zu ihm gegangen war, hatte er noch immer reglos auf dem Boden der Duschkabine gehockt und den Sprühregen auf seine Gestalt niederprasseln lassen. Der Person, der ich jetzt ins Gesicht guckte, war nur ein Schatten des Jungen, den ich seit Kindertagen kannte. Und während ich still im Raum stand und darauf wartete, dass er zumindest auf meine Stimme reagieren würde, als ich leise seinen Namen nannte, erinnerte ich mich an die Ermahnung von Mrs. Cornwell und wünschte meine verfluchte Neugier zum Teufel. Hätte ich dieses eine Mal gehört und wäre dem Gästezimmer ferngeblieben, das Adrian bewohnte, dann … Ein Schluchzen suchte sich einen Weg durch meine geschlossenen Lippen. Ich konnte die Verzweiflung nicht unterdrücken und die Tränen nicht zurückdrängen. Ich wollte Ryan fragen, wie oft er diese Folter schon hatte ertragen müssen, behielt diese Worte jedoch für mich und verbannte sie auch aus meinen Gedanken. Mit angewinkelten Beinen lehnte er noch immer an der Wand der Marmorkabine, wobei er die Augen geschlossen hielt und den Kopf in den Nacken gelegt hatte. Er flüsterte irgendetwas unverständliches, das meine Ohren unmöglich erreichen konnte, weil seine Stimme kaum mehr als ein hauchen war. Ich wusste nicht, welche Erfahrung das größere Loch in mein Herz riss. Dass ich miterlebt hatte, wie er von Adrian gequält worden war, oder, dass ich das entsetzliche Fehlen jeglichen Gefühls mit ansehen musste, das seine gesamte Haltung ausdrückte. Mir schnürte sich die Kehle zu und ich legte die Finger an den Hals, als hätte mir jemand den Strick des Henkers bereits umgelegt. Meine eigenen Emotionen drohten mich zu überwältigen und mit zitternden Fingern öffnete ich die gläserne Duschkabine. Ich war blind, nichts hatte eine Bedeutung. Nur der Mensch, vor dem ich niederkniete und den ich an meine Brust zog. Dass meine Kleidung durchnässt wurde, getränkt von Wasser und besudelt mit seinem Blut, interessierte mich nicht. Nur das Gefühl, das er seine Arme um meine Taille legte und sich an meinen Körper schmiegte, war mir wichtig. Als wäre ich das einzige, was er wirklich wollte und brauchte. Ryan klammerte sich an mich, als wenn er mir diese Frage beantworten wollte. Ich biss mir auf die Unterlippe, streichelte ihm durch die Haare und legte die Hände an seine Wangen, um ihn sanft dazu zu bewegen, mir seine Aufmerksamkeit zu schenken. Ich musste mich zur Ruhe zwingen, um mein Entsetzen nicht offen zu zeigen. Der unendlich einsame Ausdruck, der sich in seiner Miene widerspiegelte, schürte gnadenlos den Hass, den ich für Avalon empfand. Flashback Ende *** Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als sich Ryan zu bewegen begann. Er kämpfte sich unter der Bettdecke hervor, sah mich kurz an und drehte sich um, wobei er mit dem Kopf auf meinem Schoß lag und die Knie anzog. Zunächst war ich verunsichert und ich saß stocksteif auf der Bettkante. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Sein Pony verdeckte sein Gesicht und ich konnte nur die Mund und Kinnpartie erkennen. Er atmete ruhig, aber flach und nur das leichte zittern, das seine Muskeln befiel, legte Zeugnis darüber ab, das er noch immer in den grausamen Erinnerungen des Tages gefangen zu sein schien. Ich seufzte leise auf. Seit dem Augenblick, als er unter der Dusche gesessen und sich an mich geklammert hatte, war kein Wort zwischen uns gefallen. "Fiona", erklang seine Stimme und ich runzelte die Stirn. Ryan durchbrach schließlich das Schweigen, welches sich über uns gelegt hatte, wie ein unsichtbarer Schleier. "Liebst du mich?" Meine Finger, die über seinen Hals, die Schulter und Seite nach unten gewandert waren und sein T-Shirt höher geschoben hatten, verharrten reglos auf seiner Haut. Ich blinzelte überrascht, verstand im ersten Augenblick kein Wort und hob hilflos die Schultern. Ich brauchte mehrere Sekunden, um zu begreifen, was er mich gefragt hatte. Und als mir die Bedeutung dessen, wonach er sich erkundigt hatte, in meinen Geist vordrang, lief mir die Schamesröte heiß in die Wangen. Allerdings hatte ich keine Gelegenheit mehr, um über eine Antwort nachzudenken. Im nächsten Moment wurde ich schon in die Kissen gedrückt, meine Handgelenke neben mir auf der Matratze. Ryan beugte sich über mich und verschloss meine Lippen mit seinen. Er küsste mich, wild und ungeduldig. Diese Liebkosung war beinahe strafend in ihrer Heftigkeit und doch konnte ich den Schmerz und die Qual schmecken, die seine Seele zu Asche zu verbrennen schienen, die Sehnsucht nach meiner Nähe, als würde diese ihn beruhigen. Als ginge es ihm nur darum zu vergessen… die Folter zu beenden... Liebte ich ihn? Ja, ich liebe dich … *** "Das ist wirklich der reine Wahnsinn", flüsterte ich mit großen Augen und warf einen Blick in den Motorraum des silbernen Honda Civic Coupé EJ2. "Nicht nur, das er einen JR Performance-Luftfilter hat, er besitzt auch ein NoS fogger System, einen T04 Lader und einen AIC Controller." Kai, in einen Blaumann gekleidet, kam auf mich zu, wischte sich die ölbeschmierten Hände an einem dreckigen Tuch ab und lächelte mich an. "Und ein elektronisch kontrolliertes Brennstoffsystem", führte er meine Aufzählung weiter. "Aber ich wollte einige Teile auswechseln. Mir ist die Karre nicht mehr schnell genug." Stirnrunzelnd richtete ich mich auf und sah mein Gegenüber an, der die Brille auf seiner Nase zu Recht schob und ein Schluck aus der Bierflasche trank, die er sich mit in die Werkstatt genommen hatte. Entgegen seiner üblichen Gewohnheit, hatte er sich an diesem sonnenreichen Nachmittag nicht hinter seinem Computer verkrochen, sondern war in die Garage gegangen, um an seinem Auto zu basteln. Soweit er mir erzählt hatte, wollte er einen neuen Motor einbauen, obwohl ich den alten auch nicht schlecht fand. Aber ein Laie hatte sowieso weder Ahnung von der Autorennszene noch von den richtigen Tuningteilen, zumindest nahm ich das an. Er wollte einen aufgerüsteten TR7 mit kugelgelagerten Turbolader einbauen. Mein Gesprächspartner hatte bei der Erklärung folgende Ausdrucksweise benutzt. Er saugt den Sprit und schraubte sich so richtig auf Touren. Blieb die Frage offen, was er mir damit sagen wollte. Ich vermutete, dass er damit gemeint hatte, dass der Wagen binnen weniger Augenblicke seine Höchstleistung erreichen konnte. Vielleicht sollte ich doch noch Mal googlen gehen? In einem Forum hatte ich gelesen, dass ein Turbolader die Luft ansaugte, verdichtete und zusammen mit dem Sprit unter Hochdruck in den Motor pumpte. Peinlich, für jemanden, der selbst einen Führerschein hatte. Eigentlich sollte man doch wissen, was ein Turbolader für eine Aufgabe hatte. Karoserie-Kits, ein Heck und Dachspolier, Scheibenfolie, Vinyls und Felgen standen in einer Ecke und warteten darauf, angebracht zu werden. Kai hatte mir erzählt, dass er diesen PKW komplett neu aufgebaut hatte. Etwas eiskaltes berührte meine Haut und ich schlug intuitiv danach. Kai hatte mich aus meinen Überlegungen gerissen, indem er mir eine Dose Cola an die Wange gehalten hatte. Er lächelte mich schüchtern an und drückte mir das Getränk in die Finger. Ich blinzelte überrascht und beobachtete, wie der Ältere rot zu werden begann. Verwirrt neigte ich den Kopf zur Seite. Hatte ich ihn in Verlegenheit gebracht oder fühlte er sich in der Nähe einer Frau einfach nur unwohl? Wahrscheinlich fand er mich attraktiv, herkömmlich betrachtet, immerhin stand er auf Männer. Er legte mir eine Hand auf die Schulter, setzte eine Schutzmaske auf und verschwand auf einem Rollbrett wieder unter der Karoserie seines Wagens. Im nächsten Moment hörte ich schon das Geräusch, wenn Stahl auf Stahl traf. "Das ist nicht die schlechteste Art, um zehn Tausend Dollar anzulegen", sagte ich tonlos und strich mir mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. "Wirst du dieses Jahr wieder zum Rennkrieg fahren?" Seufzend setzte mich auf einen Stapel Reifen, Marke Mashamoto ZX, und sah dabei zu, wie das zweitälteste Mitglied der Familie Cornwell den Boden abtastete. Wahrscheinlich suchte er den Schraubenschlüssel, der außerhalb seiner Reichweite lag. Grinsend sprang ich auf die Füße und gab ihm das gesuchte Werkzeug, das er mit einem gemurmelten 'Dankeschön' entgegen nahm, bevor er sich wieder seinem Fahrzeug zuwandte. "Ja, wahrscheinlich", erwiderte Kai und klang dabei sehr nachdenklich. Ich runzelte die Stirn und wusste nicht, was ich von seiner Antwort halten sollte. Die US-amerikanischen Race Wars fand alljährlich auf einem ausrangierten Flugplatz der US Air Force in der Wüste von Arizona statt und bisher hatte er immer daran teilgenommen. In Gedanken ging ich noch einmal durch, was ich darüber im Internet nachgelesen hatte. Die traditionellen Renndistanzen sind die Viertelmeile und die Achtelmeile. Die Rennen der Profiklassen sowie der oberen Amateurklassen werden mit speziell zu diesem Zweck konstruierten Dragstern bestritten, die bis zu einigen tausend PS beziehungsweise kW leisten. Die Reaktionsschnelligkeit der Fahrer sowie ihre Fähigkeit, die enorme Leistung der Dragster auf den dafür präparierten Drag Strip zu bringen, entscheiden über Sieg oder Niederlage. "Gottverdammte Scheiße!", fluchte Kai und riss mich erneut aus meinen Gedanken. Er kam unter seinem Auto hervor und holte hustend nach Luft. Ich starrte ihn an, blinzelte ein paar Mal, um sicherzugehen, ob ich auch wirklich richtig sah und mir meine Fantasie keinen Streich spielte und erlag ihm nächsten Augenblick einen Lachanfall, den ihn scheinbar dazu brachte, aufzustehen, meine Hände zu ergreifen und mich auf den schmutzigen Boden zu drücken. Er lehnte sich über mich und grinste diabolisch, bevor er, wie ein nasser Hund, den Kopf schüttelte. Er hatte wohl seinen Tank geschrotet und die ganze Suppe ins Gesicht bekommen. Ich schrie auf und versuchte den herumfliegenden Öltropfen auszuweichen, die sich unaufhaltsam auf mich zu verteilen begannen und mich dazu brachten, um Gnade zu betteln. Ich hatte bereits Seitenstiche und sog den Sauerstoff gierig in meine Lungen. Kai ließ mich los, reichte mir ein Tuch und ich strich mir mit dem Stoff über mein besudeltes Gesicht. "Wie ich sehe, ist Ryan nicht der einzige, für den du die Beine breit machst", hörte ich eine höhnische Stimme, die ich nur zu gut kannte. "Von wem lässt du dich noch ficken? Shion vielleicht und auch von Alister … vermute ich Mal." Ich drehte mich zum Garagentor und runzelte die Stirn. Adrian lehnte an der Wand, die Hände in den Hosentaschen und das Hemd bis zur Taille offen. Ich schnitt eine Grimasse und stand auf. "Leon ist Verlobt und wird sich wohl kaum mit so einem Dreckstück wie dir abgeben", fügte dieses Arschloch hinzu. Genervt massierte ich mir die Schläfen und schloss die Augen. "Ich wünschte, du würdest deine Minderwertigkeitskomplexe nicht immer an mir ausleben", sagte ich ruhig und hatte die Schnauze gestrichen voll davon, diesem Mistkerl gegenüber höflich zu sein. "Ich sag dir was", fuhr mich Avalon ungehalten an, scheinbar in seinem Stolz gekrängt und trat auf mich zu. "Immer, wenn du deinen Mund öffnest, kotzt es mich an!" Ich seufzte leise auf und blieb unbeweglich stehen, obwohl mir sein Geruch deutlich in die Nase stieg und mir dieser süßliche, aufdringliche Duft auf den Magen schlug. "Und jedes Mal, wenn du deinen öffnest, klingst du wie ein Idiot." Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schultern und ich wurde zurückgezogen. Scheinbar gerade noch rechtzeitig, denn wie es aussah, hatte mich Kai gerade beschützt. Bevor Adrian mich hätte erneut ohrfeigen können, was eindeutig seine Absicht gewesen war, hatte der Sohn der Familie Cornwell wohl seinen freien Arm in die Höhe gerissen und Avalon's Finger verfehlten somit ihr offensichtlich angesteuertes Ziel. "Sie sollten jetzt besser gehen", flüsterte Kai dem Anderen gefährlich leise zu und ich konnte eindeutig die Drohung dahinter erkennen. Adrian trat einen Schritt zurück und warf mir einen vernichtenden Blick zu, bevor er sich wortlos umdrehte und die Flucht ergriff, als wenn ihm alle Dämonen der Hölle auf den Fersen wären. Nachdenklich zog ich die Unterlippe zwischen meine Zähne, bekam allerdings keine Gelegenheit dazu, mich darüber zu wundern, warum dieser Kotzbrocken Kai angeguckt hatte, als wenn er der Teufel persönlich wäre, den sie Stimme meines Retters erhob sich erneut. "Und du solltest aufhören, andere zu provozieren", fügte er an mich gewandt hinzu. Ich wollte schon protestieren, das ich doch gar nicht angefangen hatte, doch mir blieben die Worte im Hals stecken, als ich in genau diesem Augenblick Ryan sah, der über den Hof ging und seinen Blick zufällig mit meinem kreuzte. Die Erinnerungen der vergangenen Nacht stürmten in Sekundenschnelle auf mich ein und ich fühlte, wie ich errötete. Nachdem er mich grob geküsst hatte, waren seine Lippen weicher geworden und das Herz hatte mir hart gegen die Rippen geschlagen. Ich hatte nicht anders gekonnt, als ihn in eine gefühlvolle Umarmung zu ziehen, in der Worte überflüssig gewesen waren. Wie eine liebende Mutter hatte ich ihm durch die Haare gestreichelt und stillschweigend darauf gewartet, dass er es zuließ, sich von Morpheus in die Traumwelt entführen zu lassen. Ryan war schließlich eingeschlafen, erst nach Stunde, wie es schien. Ich liebte ihn und wusste nicht, wie ich ihm das zeigen sollte. Er misstraute jedem und selbst wenn ich seine Frage beantwortet hätte, hätte er mich wahrscheinlich mit Schweigen gestraft. Seit jenem Vorfall, im Sommer vor sechs Jahren, hatte er es nie wieder gewagt, mir weh zu tun. Sei es Psychisch oder Physisch … Fortsetzung folgt ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)