Bad Boy von Karma (Duke x Ryou) ================================================================================ Phase Zwei, Teil Eins --------------------- "Wo willst du denn hin, Ryou?" Bakura, der halb auf der Couch im Wohnzimmer lag, seinen Kopf in Joeys Schoß gebettet, sah seinen kleinen Bruder von unten herauf fragend an, als dieser gut gelaunt an den beiden Älteren vorbeizuhuschen versuchte. Gerade noch hatte der Dreiundzwanzigjährige aufgrund der Tatsache, dass sein Freund ihm zärtlich durch die langen weißen Haare kraulte, wohlig gebrummelt; jetzt jedoch waren seine dunklen Augen misstrauisch zusammengekniffen. Wenn sein jüngerer Bruder nachmittags tatsächlich die gemeinsame Wohnung verließ – und das auch noch vollkommen freiwillig und ohne jeglichen Zwang –, hatte das ganz sicher nichts Gutes zu bedeuten. Oder vielleicht doch? Wollte der Kleine vielleicht doch endlich mal damit aufhören, sich ständig nur zu Hause zu vergraben? Aber warum ausgerechnet jetzt? "Ich bin mit Yami verabredet. Ich habe ein paar Fragen an ihn wegen des Studiums. Aber eigentlich hatte ich dir das gestern schon erzählt", erinnerte Ryou seinen Bruder und unterdrückte mit allergrößter Mühe ein Seufzen. Nach dem vergangenen Freitagabend, an dem Bakura, Joey und er gemeinsam in diesem Club gewesen waren, war Bakuras Beschützerinstinkt noch wesentlich ausgeprägter – und damit auch wesentlich nerviger für ihn – geworden. Das ganze Wochenende über hatte der Dreiundzwanzigjährige seinen jüngeren Bruder mit Fragen darüber gelöchert, wer dieser Typ gewesen war, der ihn da auf der Tanzfläche so "übel begrabscht" hatte, wie er es genannt hatte. Er hatte sich so in diese Sache verrannt, dass es Joey und Ryou schwer gefallen war, ihn davon zu überzeugen, dass es sich lediglich um einen harmlosen Flirt unter Alkoholeinfluss gehandelt hatte und nicht um die sexuelle Belästigung, die Bakura seinem platinblonden Opfer unterstellt hatte. Nur gut, dass Kura Duke nicht in dem Club gesehen hat. Den hätte er nämlich unter Garantie sofort umgebracht, dachte der Neunzehnjährige und verkniff sich ein Schmunzeln. Die erste Phase des Plans, den Joey und er gemeinsam ausgeheckt hatten, war wirklich mehr als erfolgreich verlaufen. Immerhin, erinnerte Ryou sich, hatte er gleich am Samstagabend eine kurze SMS von Duke bekommen, in der dieser ihm mitgeteilt hatte, dass er die Visitenkarte wie versprochen an Malik weitergeleitet hatte – etwas, das Ryou Joey zwar erzählt, Bakura allerdings wohlweislich verschwiegen hatte. Deshalb hatte er zwar ein schlechtes Gewissen, aber daran konnte er auch nichts mehr ändern. Im Augenblick durfte Bakura einfach noch nichts davon erfahren, was sein Bruder und sein Freund vorhatten, denn das würde ihm ganz und gar nicht gefallen. "Du triffst dich mit Yami? Na, okay. Der kommt wenigstens nicht auf komische Gedanken und betatscht dich", holte Bakuras Stimme Ryou wieder in die Realität zurück und der Neunzehnjährige seufzte nun doch laut. Manchmal war sein großer Bruder einfach unglaublich nervtötend. "Das ist wirklich absolut lächerlich, Kura. Nur weil ich ein einziges Mal mit irgendeinem Typen, den ich vorher nicht kannte, ein bisschen getanzt habe – noch dazu, nachdem ich Alkohol getrunken hatte, den du mir gegeben hast, falls du dich noch daran erinnerst –, heißt das doch nicht gleich, dass ich mit dem auch ..." "Jetzt streitet euch doch nicht wegen so einer Lappalie", ging Joey dazwischen, bevor Bakura aufstehen und seiner Laune, die mit jedem Wort seines Bruders bedenklich schlechter geworden war, Ausdruck verleihen konnte. "Du warst doch verabredet, oder, Ryou? Solltest du dich dann nicht beeilen? Nicht, dass du noch zu spät kommst und Yami unnötig warten lässt", fuhr der Blonde schnell fort und der Angesprochene warf ihm einen dankbaren Blick zu, bevor er hastig nickte. "Stimmt. Ich muss wirklich los. Bis heute Abend dann, ihr Zwei." Nach einem letzten Winken beeilte Ryou sich, aus der gemeinsamen Wohnung zu verschwinden. Streit mit seinem Bruder war im Augenblick so ziemlich das Letzte, was er gebrauchen konnte, deshalb beschloss er, jetzt nichts mehr zu sagen, sondern sich einfach schnell aus dem Staub zu machen. Immerhin wollte er Yami ja auch wirklich nicht länger warten lassen, als es unbedingt nötig war. Sobald die Tür hinter seinem jüngeren Bruder ins Schloss gefallen war, setzte Bakura sich auf und sah seinen Freund durchdringend an. "Glaubst du etwa auch, dass es meine Schuld ist, dass Ryou um ein Haar mitten auf der Tanzfläche mit diesem miesen Grabscher rumgemacht hätte?", wollte er gefährlich leise wissen und Joey schüttelte sofort den Kopf. Dieser Blick, mit dem Bakura ihn gerade bedachte, verhieß nichts Gutes, wenn er jetzt eine falsche Antwort gab, das wusste er aus Erfahrung. "Nein, natürlich nicht", widersprach der Blonde deshalb auch schnell und sah dem Anderen genau in die Augen, damit dieser merkte, dass er das, was er sagte, auch wirklich ernst meinte. "Aber meinst du nicht, dass du der ganzen Sache sehr viel mehr Bedeutung beimisst, als sie eigentlich hatte?", erkundigte er sich dann mit schiefgelegtem Kopf. "Warum freust du dich denn nicht lieber darüber, dass Ryou endlich mal mit uns beiden aus war und einen schönen Abend verbracht hat, an dem er ein bisschen getanzt und sich mal wieder so richtig amüsiert hat? Was ist denn schon dabei?", wagte er schließlich zu fragen und Bakura schnaubte zwar, sagte aber nichts weiter dazu – was Joey als Einladung auffasste, sich auf seinen Schoß zu hocken und dem Älteren einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Das war schon immer die effektivste Methode gewesen, um den Weißhaarigen wieder zu beruhigen, wenn sein Temperament wieder mal mit ihm durchzugehen drohte. "Sieh's doch mal von der positiven Seite, Kura: Ryou hat mit diesem Kerl doch absolut nichts angestellt. Dafür ist der Kleine einfach nicht der Typ. Sicher, sie haben getanzt und vielleicht auch ein bisschen gefummelt – und das auch nur, weil Ryou etwas Alk intus hatte –, aber mehr ist doch nun wirklich nicht passiert", versuchte der Blonde, seinen noch immer schlecht gelaunten Freund aufzuheitern. "One-Night-Stands sind einfach nicht Ryous Ding. Das müsstest du doch wohl am besten wissen", schob er noch hinterher und grinste innerlich, als Bakura ihn einfach nur kommentarlos in einen weiteren Kuss verwickelte, in dessen Verlauf der Weißhaarige ihn unter sich auf die Couch beförderte und sein Shirt aus dem Weg zu schieben begann. Doch, so gefiel ihm das. Sogar außerordentlich gut, wenn er ehrlich war. Bakura war zwar vielleicht nicht groß mit Worten, aber dafür sprachen seine Taten eine sehr, sehr deutliche Sprache. Während sein Bruder und dessen Freund ein paar weitere Seiten des Kamasutra auf der heimischen Wohnzimmercouch durchexerzierten, erreichte Ryou etwas außer Atem das Eiscafé, in dem er sich für den heutigen Nachmittag mit Yami verabredet hatte. Der Zweiundzwanzigjährige, der bereits an einem kleinen Tisch saß und wartete, war wie üblich einfach nicht zu übersehen. Wie beinahe jeden Tag trug er auch heute eine enge schwarze Lederhose und ein ebenso schwarzes, ärmelloses Shirt. Den letzten Akzent aber setzte das schwarze Lederhalsband mit Nieten, das er um seinen Hals geschlungen hatte. Ein paar seiner blonden Ponysträhnen waren ebenso wie sein schwarz-violettes Haupthaar in mehreren hochstehenden Spitzen gebändigt und das Lächeln, das gerade auf seinen Lippen lag, konnte man einfach nur als lasziv bezeichnen. "Da bist du ja", begrüßte er Ryou und bedeutete diesem, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Sobald der Neunzehnjährige seiner Aufforderung gefolgt war, vertiefte sich das Lächeln des Bunthaarigen noch etwas. "Du siehst aus, als wärst du gerannt", stellte er fest und zwinkerte dem Jüngeren zu. "Hattest du es etwa so eilig, mich zu sehen?", erkundigte er sich scherzhaft, fuhr aber gleich fort, ohne Ryou die Möglichkeit zu lassen, eine Antwort zu geben. "Mir scheint, du könntest eine kleine Abkühlung ganz gut gebrauchen." Mit diesen Worten schob er ihm die Eiskarte zu. "Bestell dir, worauf du Lust hast. Und dann können wir auch eigentlich gleich anfangen, wenn du willst." Ryou nickte dem Älteren kurz zu, vertiefte sich einen Moment lang in die Karte und legte diese dann beiseite, sobald er seine Wahl getroffen hatte. "Einen Kirschbecher, bitte", bestellte er bei der brünetten Kellnerin, als diese an ihren Tisch kam. "Und für mich einen Schokobecher", gab Yami auch seine Bestellung auf und zwinkerte der jungen Frau zu – eine Geste, die sie leicht erröten ließ. Sobald sie sich nach der Beteuerung, dass sie sich beeilen würde, entfernt hatte, stützte der Zweiundzwanzigjährige seine Arme auf den Tisch und wandte seine Aufmerksamkeit ganz seinem Gegenüber zu. "Und? Hat bisher alles so geklappt, wie du es wolltest?", erkundigte er sich neugierig und Ryou nickte eifrig. "Bis jetzt ja", bestätigte er. "Und Kura hat auch noch keinen Verdacht geschöpft. Ich hoffe nur, dass diese Glückssträhne auch anhält", fügte er dann noch hinzu und seufzte leise, während ein Schatten über sein Gesicht huschte. Fragt sich nur, wie lange das noch gut geht. Kura riecht bestimmt bald Lunte. Und dann ist auf jeden Fall die Hölle los. Yami, dem der plötzliche Stimmungswechsel des Weißhaarigen nicht entging, legte diesem eine Hand auf den Arm und brachte ihn so dazu, ihn wieder anzusehen. "Das wird schon, Ryou. Ganz bestimmt. Immerhin ist der Plan wirklich gut", sprach er ihm dann Mut zu und schenkte dem Jüngeren ein aufmunterndes Lächeln. "Und du hast ja schließlich auch uns. Wir helfen dir schon, das zu bekommen, was du willst", fuhr er fort und sah zu seiner Zufriedenheit, dass sein Gegenüber auch wieder zu lächeln begann. "Danke, Yami." Wie konnte man bei solch liebevollem, aufbauendem Zuspruch noch weiter den Teufel an die Wand malen oder Trübsal blasen? Nein, das ging nicht. Und außerdem, ermahnte Ryou sich selbst, hing bei dem Plan auch viel davon ab, dass er selbst nicht aufgab oder sich hängen ließ. Aus diesem Grund verdrängte er alle negativen Gedanken und bedankte sich stattdessen ausgesprochen freundlich bei der Kellnerin, als diese die bestellten Eisbecher brachte. "Nicht übel", lobte Yami, als die brünette junge Frau mit einem deutlich sichtbaren Rotschimmer auf den Wangen – wann wurde man an einem einzelnen Tag auch schon mal gleich von zwei so ausnehmend hübschen jungen Männern mit so viel Aufmerksamkeit bedacht? – wieder hinter der Theke verschwand. "Das war für den Anfang wirklich gar nicht schlecht. Du wirst wirklich immer besser, Ryou." Dieses Kompliment trieb dem Weißhaarigen ebenfalls Röte ins Gesicht, was der Ältere mit einem Grinsen quittierte. "Niedlich", kommentierte er den Anblick und Ryou grummelte leise. "Na toll", murrte er und seufzte abgrundtief. "Niedlich aussehen ist so ziemlich das Letzte, was ich will. Wer niedlich ist, kommt nicht weit. Ich wäre lieber ein bisschen sexier", murmelte er und sah den Bunthaarigen über den Tisch hinweg an. "Ich wäre gerne ein bisschen mehr so wie du, Yami. Dann hätte ich sicher größere Chancen, dass mein Plan auch wirklich aufgeht", fügte er hinzu und das Grinsen des Bunthaarigen vertiefte sich noch etwas. "Na, dem kann doch abgeholfen werden. Dafür sind wir ja schließlich heute hier. Was glaubst du denn, warum ich dir vorgeschlagen habe, dass wir uns in einem Eiscafé treffen, hm? Hier ist es ideal zum Üben." Zufrieden lehnte Yami sich in seinem Stuhl zurück und ließ seinen Blick über die anderen Gäste schweifen, bevor er seinen Gegenüber wieder ansah. "Und genügend Publikum haben wir auch. Absolut perfekt, möchte ich behaupten." Der Bunthaarige lächelte lasziv und Ryou errötete abermals, als der Ältere ihm einen auffordernden Blick zuwarf. "Also los, fang an", verlangte Yami, stützte seine Ellbogen auf dem Tisch ab und sah dem Kommilitonen seines jüngeren Bruders Yugi tief in die Augen. "Versuch, mich heiß zu machen, Ryou. Alles, was du dafür brauchst, steht genau vor deiner Nase", erklärte er mit einem Nicken in Richtung des Eisbechers. Ryou besah sich sein Eis und blickte den Älteren dann zweifelnd an. "Mein Eis?", fragte er und reizte Yami damit zum Schmunzeln. "Natürlich dein Eis, Ryou. Was denn sonst?", erwiderte dieser. "Glaub mir, jeder Kerl kriegt schmutzige Gedanken, wenn er eine Frau oder – je nach seinen sexuellen Präferenzen – auch einen anderen Mann beim Eisessen beobachtet. Gut, normalerweise ist Eis am Stiel oder in der Waffel dafür besser geeignet – wegen der Assoziationen, du weißt schon –, aber zum Üben tut's im Notfall auch ein Eisbecher." Yami grinste seinen Gegenüber an, nahm die von Sahne, Eis und Sauce nur so triefende Waffel aus seinem Becher und schob sie sich provokativ zwischen die Lippen. "So ungefähr, verstehst du?", fragte er den Weißhaarigen, leckte sich genießerisch das Eis-Sahne-Sauce-Gemisch von den Lippen und schenkte dem Jüngeren einen auffordernden Blick, nachdem dieser genickt hatte. "Gut, dann bist du jetzt dran." Ryou, der den Bunthaarigen ganz genau beobachtet hatte, wollte dessen Vorlage nacheifern, musste jedoch feststellen, dass sein Eis zwar vor Kirschen, Sahne und Sauce nur so strotzte, die Waffel allerdings unglücklicherweise vermissen ließ. Der Neunzehnjährige wollte sich allerdings keine Blöße geben, also griff er kurz entschlossen nach seinem Löffel, fischte sich damit eine der Kirschen aus seinem Becher und verspeiste diese mit sichtlichem Genuss. "Nicht schlecht für den Anfang", kommentierte Yami diesen Anblick, nahm seinen eigenen Löffel und tunkte ihn ebenfalls in sein Eis. "Aber du solltest auf jeden Fall versuchen, dabei Blickkontakt herzustellen – am besten mit halb geschlossenen Augen. So ungefähr", verbesserte er den Weißhaarigen und machte sich dann daran, das soeben Beschriebene in die Tat umzusetzen, um seinem überaus wissbegierigen Gegenüber zu demonstrieren, wie es aussehen sollte. Wie er nicht anders erwartet hatte, entpuppte sich Ryou als ebenso lernwilliger und ehrgeiziger wie talentierter Schüler, so dass Yami schließlich nach einer Weile seinen leeren Eisbecher von sich schob, sich in seinem Stuhl zurücklehnte und den Weißhaarigen dabei beobachtete, wie dieser die letzten Kirschen aus seinem Becher angelte und aß. Dabei behielt der Zweiundzwanzigjährige aus dem Augenwinkel die anderen Gäste des Eiscafés im Auge und stellte zufrieden fest, dass einige von ihnen – insbesondere zwei ältere Herren und ein pubertierender Jugendlicher von höchstens sechzehn Jahren – Ryou praktisch mit Blicken verschlangen. Gut, das war nicht ganz das erhoffte Zielpublikum, aber man konnte ja leider auch nicht immer Glück haben. Mit dem Ergebnis des Tages bis jetzt dennoch durchaus zufrieden lächelte der Bunthaarige den Jüngeren an, winkte die brünette Kellnerin an ihren Tisch und zahlte für sie beide, wobei er die junge Frau durch intensiven Blickkontakt und ein beiläufig wirkendes Zwinkern vollkommen aus dem Konzept brachte. Danach schob er seinen Stuhl zurück, stand auf und sah seinen Begleiter auffordernd an. "So, und jetzt gehen wir beiden Hübschen ein paar neue Klamotten für dich kaufen", informierte er Ryou und warf einen bezeichnenden Blick auf das blau-weiß geringelte Shirt, das dieser zu seiner einfachen hellblauen Jeans trug. Der Neunzehnjährige folgte dem Blick des Älteren und seufzte abgrundtief, was Yami dazu veranlasste, ihn von seinem Stuhl hochzuziehen und ihm den Arm um die Schultern zu legen. "Hey, niemand verlangt von dir, dass du dich gleich ganz von deinem Lieblingsshirt trennst", versuchte der Bunthaarige, den Jüngeren aufzumuntern. Immerhin wusste er schließlich ganz genau, wie sehr dieser an dem Shirt hing, das sein Bruder ihm vor ein paar Jahren geschenkt hatte. "Aber er soll doch sehen können, was du zu bieten hast, nicht wahr? Schließlich willst du ihn doch beeindrucken, oder?" "Ja, schon", gab Ryou zurück und seufzte erneut. Der Gedanke, auf sein über alles geliebtes Shirt, das schon Bakura gehört hatte und an dem so unheimlich viele Erinnerungen hingen, verzichten zu müssen, war ganz und gar nicht schön, aber wenn sein Plan wirklich aufgehen sollte, dann hatte er wohl wirklich keine andere Wahl. "Na also. Dann werden wir dich jetzt so einkleiden, dass ihm die Spucke wegbleibt, wenn er dich das nächste Mal sieht!", beschloss Yami gut gelaunt und zog Ryou mit sich. Er kannte genau die richtigen Läden, um seinem weißhaarigen Schützling einen vollkommen neuen Look zu verpassen – einen Look, der ihm unter Garantie dabei helfen würde, das zu bekommen, was er wollte. Wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinkriegen würden! Seiner anfänglichen Skepsis zum Trotz ließ Ryou sich schnell von der guten Stimmung seines Begleiters anstecken. Yami war, wie sich schon im Eiscafé gezeigt hatte, genau der richtige Ansprechpartner, wenn es darum ging, sexy zu sein oder vielmehr zu werden. Jemand wie der Bunthaarige, der so viel gebündelte Erotik ausstrahlte, war einfach der perfekte Stilberater, was Kleidung und Auftreten betraf. Aus diesem Grund ließ der Weißhaarige sich auch ohne große Diskussionen über Stunden hinweg immer wieder in verschiedene Geschäfte lotsen und probierte nahezu widerspruchslos alles an, was Yami ihm reichte – egal, wie knapp oder durchsichtig die Sachen auch waren. Der Zweiundzwanzigjährige hatte nicht nur ein Händchen dafür, auf Anhieb die richtigen Größen zu finden, sondern suchte auch zielsicher Kleidung aus, die zwar körperbetont, aber trotzdem nicht zu aufreizend war. Die Hosen, Hemden und Shirts, die er seinem Begleiter reichte, unterstrichen nicht nur Ryous zierliche Figur und seine körperlichen Vorzüge, sondern gaben diesem auch dann, wenn sein Outfit eigentlich nur aus einem Hauch von Nichts bestand, noch das Gefühl, nicht vollkommen nackt zu sein. Gerade trat der Weißhaarige wieder in einem neuen Outfit aus der Umkleidekabine – dieses Mal trug er ein braunes, halb durchsichtiges Hemd mit unauffälliger silberner Stickerei am Kragen und an den Ärmeln zu einer engen, aber schlichten weißen Hose –, drehte sich einmal um seine eigene Achse und nahm Yamis Kompliment – "Das steht dir wirklich super, Ryou. Wenn ich du wäre, würde ich's auf jeden Fall kaufen." – entgegen, als ihn eine Stimme, mit der er nicht gerechnet hatte, vollkommen aus der Bahn warf. "Da kann ich mich nur anschließen." Duke, der den Großteil des Nachmittags eigentlich ziellos durch die Innenstadt geschlendert war, bis er in einiger Entfernung einen mehr als bekannten weißen Schopf erblickt hatte, lächelte den Besitzer ebendieses weißen Schopfes kurz an und ließ seinen Blick dann anerkennend über den Körper des Jüngeren wandern. Diese eindeutige Musterung trieb Ryou das Blut in die Wangen und er wandte schnell das Gesicht ab, um das vor dem Schwarzhaarigen zu verbergen. Damit, Duke so bald schon wieder gegenüberzustehen, hatte er nicht gerechnet. Aus diesem Grund war er mehr als froh, dass Yami bei ihm war und ihm von dem Schwarzhaarigen unbemerkt kurz auf den Fuß trat. Durch diesen leichten Schmerz gewann Ryou zumindest äußerlich seine Fassung wieder. Innerlich trotzdem noch immer vor Aufregung zitternd drehte er sich wieder zu dem Objekt seiner Begierde um und sah den Älteren mit fragend schiefgelegtem Kopf an. "Findest du?", erkundigte er sich und wunderte sich insgeheim darüber, dass seine Stimme fast vollkommen normal klang, obwohl sein Herz mit Rekordgeschwindigkeit schlug – ein Tempo, das sich gleich noch mehr steigerte, als Duke ohne zu zögern nickte. "Auf jeden Fall. Das Braun passt perfekt zu deinen Augen", beantwortete dieser die Frage, bevor sein Blick von Ryou zu dessen Begleiter weiterwanderte. Sofort fand er sich mit violetten Augen konfrontiert, die ihn fragend musterten. "Hi. Ich bin Duke", stellte der Schwarzhaarige sich daraufhin mit seinem üblichen charmanten Lächeln vor und sah, wie eine fein geschwungene Augenbraue des Bunthaarigen – der einen ziemlich extravaganten Frisurengeschmack hatte, das musste der Neid ihm lassen – ein Stück nach oben wanderte. "Yami", erwiderte er die Vorstellung knapp und sandte Ryou, der Dukes interessierte Musterung des Bunthaarigen mit unverhohlener Eifersucht verfolgte, einen warnenden Blick. Obwohl es dem Weißhaarigen nicht leicht fiel, riss er sich zusammen und verbarg seinen inneren Aufruhr hinter einem aufgesetzt fröhlichen Lächeln. "Duke und ich kennen uns noch von früher", erklärte er Yami, als wüsste dieser nicht ganz genau, wer der Schwarzhaarige war. Und der Bunthaarige sprang auch prompt auf die Vorlage an. Er taxierte Ryous "Bekannten" mit einem kurzen Seitenblick und rang sich dann ein "Ach so" ab, das desinteressierter wirklich nicht mehr hätte klingen können. Insgeheim bewunderte Ryou den Älteren dafür. So souverän wie Yami wäre er selbst auch gerne, doch davon war er wohl noch meilenweit entfernt. Leider. Duke entging die versteckte Beleidigung, die hinter den Worten dieses Typen mit der seltsamen Frisur steckte – "Wenn Ryou mir bis jetzt nicht von dir erzählt hast, kannst du ja unmöglich wirklich wichtig sein." – nicht, doch er ließ sich nichts anmerken. Das Lächeln blieb auf seinen Lippen, auch wenn es seine Augen nicht mehr erreichte. "Ryou und ich kennen uns schon eine halbe Ewigkeit", ließ er es sich dennoch nicht nehmen, dem Bunthaarigen seine Spitze heimzuzahlen. Allerdings ging Yami nicht darauf ein, sondern drückte Ryou ungerührt den nächsten Satz Kleidung zum Anprobieren in die Hand und schickte ihn damit wieder in Richtung der Kabine. Dabei machte er keinen Hehl daraus, dass er sich vom Auftauchen des Schwarzhaarigen gestört fühlte – wohl wissend, dass er ihn damit erst recht zum Bleiben bewegen würde. Während Ryou sich erst umzog und sich danach mit klopfendem Herzen seinen inzwischen zwei Kritikern stellte, tippte der Bunthaarige unauffällig und von den beiden Anderen unbemerkt eine SMS mit der Aufforderung, ihn so schnell wie möglich unter irgendeinem Vorwand anzurufen und nach Hause zu bestellen. Diese Nachricht schickte er sowohl an seinen Bruder Yugi wie auch an seinen Freund. Und tatsächlich klingelte kaum eine Minute später sein Handy und ein Blick auf das Display verriet ihm, dass sein kleiner Bruder seiner Bitte gefolgt war. Einen entschuldigenden Blick zu Ryou werfend nahm Yami das Gespräch entgegen, ließ Yugi aber gar nicht erst zu Wort kommen oder eine Frage stellen, sondern begann gleich mit der Showeinlage, für die er sich bei Dukes Auftauchen spontan entschieden hatte. "Yugi? Du störst. Was ist denn los?", fragte er seinen Bruder gereizt, reagierte jedoch nicht auf dessen irritiert gestammelte Erklärung, dass er nur tat, worum der Ältere ihn doch gerade erst per SMS gebeten habe. Stattdessen seufzte Yami theatralisch und fuhr sich mit seiner freien Hand durch die Haare. "Was soll das heißen, ich soll jetzt schon nach Hause kommen? Hör mal, ich freu mich schon seit Tagen auf den Nachmittag mit Ryou und ich ... Was? Wirklich? Oh, dann ... Das ist natürlich was Anderes. Okay, ich bin schon so gut wie unterwegs." Damit legte Yami auf, seufzte erneut und wandte sich dann mit einem zerknirschten Lächeln an Ryou, der ihn fragend ansah. "Sorry, Ryou, aber ich muss los. Bei uns steht die halbe Küche unter Wasser. Irgendwas mit der Spülmaschine, was Yugi nicht alleine geregelt kriegt. Du kennst ihn ja, nicht wahr? Jedenfalls ... Na ja, wir holen das Shoppen ein andermal nach, ja?" Nach dieser Erklärung umarmte der Zweiundzwanzigjährige den betreten dreinblickenden Ryou kurz und brachte seine Lippen so nah an dessen Ohr, dass seine nächsten Worte nur von dem Weißhaarigen gehört werden konnten. "Ich lass dich jetzt mit ihm alleine. Mach was draus, Ryou. Viel Glück! Ich drück dir ganz fest die Daumen", raunte der Bunthaarige dem Jüngeren zu, wartete allerdings keine Reaktion mehr darauf ab, sondern drückte ihn noch einmal an sich und ließ ihn dann los, um nach einem gemurmelten Abschied so schnell wie möglich aus dem Laden in die gerade langsam einsetzende Dämmerung zu hasten. Kaum dass er um die nächste Ecke gebogen war, verlangsamte er seine Schritte wieder und zückte sein Handy, um seinem Bruder erst einmal eine erklärende SMS bezüglich der gerade mit seiner Hilfe aufgeführten Schmierenkomödie zu schicken. Sobald das erledigt war, suchte er die Nummer seines Freundes aus dem Telefonspeicher, wählte sie und wartete ungeduldig darauf, dass am anderen Ende der Leitung abgenommen wurde. Als sich die gewünschte Person endlich meldete, legte sich ein laszives Lächeln auf Yamis Lippen. "Hallo, schöner Mann", begrüßte er seinen Freund und gab seiner Stimme einen extra verführerischen Klang. "Aufgrund gewisser unvorhergesehener Ereignisse, die ich dir später näher erklären werde, wenn du willst, könnte ich schon in spätestens zwanzig Minuten zu Hause sein. Yugi übernachtet heute bei Rebecca, also habe ich praktisch sturmfrei. Was würdest du also davon halten, gleich zu mir zu kommen? Ich hätte nämlich so richtig Lust auf ein schönes Schaumbad, aber alleine ist es mir zu langweilig. Ich hätte dabei gerne Gesellschaft – am liebsten natürlich von dir. Wie klingt das für dich?", unterbreitete er seinen Vorschlag und sein Lächeln vertiefte sich, als vom anderen Ende der Leitung wie erwartet gleich begeisterte Zustimmung kam. Überaus zufrieden beendete Yami das Gespräch, schob sein Handy wieder zurück in die Tasche seiner schwarzen Lederhose und machte sich dann fröhlich pfeifend auf den Heimweg. Wenn man wusste, welche Knöpfe man drücken musste, dann waren Männer ja so unglaublich leicht um den kleinen Finger zu wickeln, dass es schon beinahe an ein Verbrechen grenzte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)