Bad Boy von Karma (Duke x Ryou) ================================================================================ Phase Zwei, Teil Zwei --------------------- Während Yami sich voller Vorfreude auf den Rest des Abends und die vor ihm liegende Nacht beeilte, nach Hause zu kommen, stand Ryou noch etwas perplex und überrumpelt in dem Geschäft, in dem der Bunthaarige ihn gemeinsam mit Duke zurückgelassen hatte. So ganz genau wusste der Neunzehnjährige nicht, wie er jetzt weiter vorgehen sollte, aber dennoch konnte er nicht umhin, sich zumindest schon mal darüber zu freuen, dass der Schwarzhaarige noch immer da war und auch keine Anstalten machte, gehen zu wollen. Vielleicht konnte er den Rest des Tages ja doch noch nutzen – wenn auch ganz anders, als er es eigentlich geplant hatte. "Sieht ganz so aus, als hätten sich deine Pläne für den Rest des Tages gerade in Luft aufgelöst." Duke gab sich keine allzu große Mühe, Bedauern vorzutäuschen. Bis er Ryou durch Zufall begegnet war, hatte er selbst eigentlich nichts Bestimmtes vorgehabt, sondern einfach nur ein bisschen bummeln und vielleicht mal wieder etwas Geld ausgeben wollen. Jetzt allerdings, wo der Begleiter des Weißhaarigen gegangen war und ihn alleine zurückgelassen hatte, beglückwünschte er sich insgeheim zu der Entscheidung, Ryou zu folgen und ihn anzusprechen. Malik hatte, das wusste er nur zu gut, es bisher noch nicht geschafft, den Weißhaarigen anzurufen. Und wenn er selbst es geschickt genug anstellte, dann sollte es eigentlich kein großes Problem sein, dem Ägypter zuvorzukommen. "Aber wenn es dich nicht stört, könnte ich dir ja beim Einkaufen Gesellschaft leisten. Wie es der Zufall so will, hab ich heute nämlich jede Menge Zeit und nichts weiter vor." Bei diesen Worten machte Ryous Herz einen Hüpfer, doch er bemühte sich, sich davon nichts anmerken zu lassen. Stattdessen legte er nachdenklich seine Stirn in Falten, bevor er nach kurzem "Überlegen" schließlich nickte. "Klar. Warum auch nicht?", stimmte er zu und lächelte den Schwarzhaarigen an. "Ich bin sicher, du kannst mich genauso gut wie Yami beraten, was mir steht und was nicht", schob er noch hinterher und nun war es an Duke zu nicken. "Das sollte ich gerade noch so hinkriegen", witzelte er und zwinkerte dem Jüngeren zu, was dessen Pulsfrequenz gleich noch einmal verdoppelte. Jetzt, wo der – zugegebenermaßen durchaus gutaussehende – Störfaktor mit dem Namen Yami weg war, war Dukes Laune gleich wieder ein ganzes Stück besser geworden. Es war wesentlich einfacher, jemanden rumzukriegen und abzuschleppen, wenn man nicht erst noch einen Anderen ausstechen musste. Hin und wieder machte ein bisschen Konkurrenz die ganze Sache zwar erst wirklich interessant, aber manchmal war es auch gar nicht so schlecht, wenn es einfach und schnell ging. Ryou entging Dukes Stimmungsumschwung nicht, doch er verbot sich selbst, sich zu sehr darüber zu freuen. Sicher, der Schwarzhaarige hatte in Yami einen Konkurrenten gesehen, aber im Augenblick ging es – zumindest für den Einundzwanzigjährigen – nur um Sex. An etwas Anderem hatte Duke zumindest bis jetzt noch kein Interesse. Und das würde sich wohl auch nicht so schnell ändern. Wenn er wüsste, worum es hier wirklich geht! Ryou verkniff sich ein Seufzen und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Stapel Kleidung, den er mit Yamis Hilfe bereits vor Dukes Auftauchen ausgesucht hatte. "Ich glaube, hier bin ich erst mal fertig", teilte er seinem neuen Begleiter mit und begann, die nicht zu seiner Auswahl gehörenden Sachen wieder wegzuhängen. Dann wollte er die zu kaufenden Teile nehmen und damit zur Kasse gehen, doch Duke kam ihm zuvor. Durchaus geschmeichelt ließ Ryou zu, dass der Schwarzhaarige die Sachen schon mal zur Kasse brachte und nach dem Bezahlen auch, ganz Gentleman, die Tüten für ihn trug. "So, und wohin soll's jetzt gehen? Was brauchst du noch?", erkundigte Duke sich auf dem Weg nach draußen. Diese Frage beantwortete der Weißhaarige allerdings nur mit einem Schulterzucken. "Das weiß ich gar nicht so genau. Das mit dem Shoppen war Yamis Idee. Er meinte, er wollte heute dafür sorgen, dass ich absolut umwerfend aussehe", erzählte er so leichthin wie möglich und sah den Größeren von unten herauf fragend an. "Aber das schaffst du doch bestimmt auch, oder? Ich meine, Geschmack hast du ja schließlich. Darüber lässt sich wirklich nicht streiten", schmeichelte er dem Schwarzhaarigen, ließ seine Augen bezeichnend über dessen komplett schwarze Garderobe wandern und hakte sich bei Duke ein, nachdem dieser ihm seinen Arm angeboten hatte. Dessen grüne Augen funkelten unternehmungslustig, sobald der Jüngere an seinem Arm hing. "Im Shoppen bin ich Profi", versicherte er dem Weißhaarigen glaubhaft und führte diesen dann zielsicher zu einem seiner persönlichen Lieblingsläden. "In Leder siehst du bestimmt unglaublich heiß aus", begründete er die Wahl des Geschäfts, stellte die Tüten mit Ryous bisherigen Einkäufen nahe der Kasse ab und begann dann gleich eifrig damit, nach passenden Outfits für seinen weißhaarigen Begleiter zu suchen. "Sag mal, woher kennst du diesen Yami eigentlich?", erkundigte er sich dabei irgendwann betont beiläufig. Ryou, der gerade in einer der Umkleidekabinen stand und damit beschäftigt war, die zu der schwarzen Lederhose, die er bereits trug, gehörende Weste zuzuknöpfen, grinste sein Spiegelbild triumphierend an. Am liebsten hätte er laut gejubelt, aber als er antwortete, klang seine Stimme vollkommen normal – eine Tatsache, die wohl niemanden mehr wunderte als ihn selbst. "Von der Uni. Yami ist der ältere Bruder eines meiner Kommilitonen und mir als Tutor zugewiesen worden. Er hat mir auch schon eine Menge beigebracht, wenn du verstehst, was ich meine." Der Weißhaarige machte sich nicht die Mühe, die Zweideutigkeit seines letzten Satzes zu korrigieren. Stattdessen schob er den Vorhang der Umkleide zur Seite, trat ein paar Schritte heraus und drehte sich einmal um seine eigene Achse, um sich seinem Begleiter zu präsentieren. Sollte der Schwarzhaarige ruhig einen falschen Eindruck von seinem Verhältnis zu Yami gewinnen. Der Bunthaarige würde sicher nicht böse sein, wenn er davon erfuhr. Und Tristan, Yamis Freund, hatte auch genügend Sinn für Humor, um das Ganze nicht falsch zu verstehen. "Und? Was meinst du dazu?", wollte Ryou wissen und lächelte zufrieden, als Duke nach einer kurzen Musterung seines Outfits – und, dessen war der Neunzehnjährige sich absolut sicher, darüber hinaus auch seines Körpers – anerkennend nickte. "Okay, gekau–", begann er, kam jedoch nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden. Ehe er so recht wusste, wie ihm geschah, fand er sich auch schon in der Umkleide wieder, Duke direkt vor sich und von dessen Körper praktisch an der Wand festgepinnt. "Ich hatte Recht mit meiner Vermutung. Du siehst wirklich zum Anbeissen aus in Leder, Ryou", murmelte der Schwarzhaarige und sein Tonfall jagte einen Schauer über den gesamten Körper des Angesprochenen. "Was dagegen, wenn ich mal ein bisschen von dir koste?", erkundigte Duke sich weiter, ließ seinem "Opfer" aber keine Zeit zum Antworten, sondern machte sich gleich über den überaus appetitlich aussehenden Hals des Weißhaarigen her – eine Aktion, die diesem ein überraschtes Stöhnen entlockte und ihn dazu brachte, sich mit beiden Händen im schwarzen Shirt des Älteren festzukrallen. Ryou wusste kaum, wie ihm geschah, als er Dukes Lippen und Zähne an seinem Hals spürte. Binnen Sekunden hatte er das Gefühl, sein Blut wäre gegen flüssiges Feuer ausgetauscht worden, das ihn von innen heraus zu verbrennen drohte. Er hatte zwar gewusst, dass er – unter anderem – auch den Sex mit Duke vermisst hatte, aber er hatte definitiv nicht erwartet, dass sein Verlangen so übermächtig sein würde. "Scheint, als wäre ... mein Plan für heute ... nur etwas ... abgeändert worden", brachte Ryou irgendwie heraus und schnappte keuchend nach Luft, als der Schwarzhaarige wieder von ihm abließ. "Zumindest was denjenigen angeht, mit dem ich den Rest des Tages verbringe", setzte er noch hinterher. Dabei, das erkannte er mit einem Seitenblick in den großen Wandspiegel der Umkleide, legte sich ein durch und durch verruchtes Lächeln auf seine Lippen, von dem er gar nicht gewusst hatte, dass er dazu fähig war. Die Tatsache jedoch, dass es ihm ganz natürlich und keinesfalls aufgesetzt vorkam, fegte zumindest einen Teil seiner Nervosität beiseite. "Was für ein Glück für dich, dass ich da flexibel bin." Diese Aussage ließ eine von Dukes Brauen in die Höhe schnellen. Überrascht musterte er den Jüngeren. Solche Töne ausgerechnet von Ryou? Von dem Ryou, der sich vor zwei Jahren schon beim Händchenhalten und Küssen geschämt hatte, vom Fummeln oder gar vom Sex ganz zu schweigen? "Im Vergleich zu früher hast du dich wirklich ganz schön verändert", gab Duke halb staunend, halb anerkennend zurück und erntete dafür ein ausgesprochen zweideutiges Zwinkern des Jüngeren. "Ich hab dir doch letzten Freitag schon gesagt, dass ich inzwischen erwachsen geworden bin. Ich will eben auch meinen Spaß haben. Und Yami läuft mir schließlich nicht weg. Ich sehe ihn ja so gut wie jeden Tag an der Uni. Wir können also jederzeit was Neues ausmachen. Aber dich sehe ich nicht so oft. Ich müsste doch schön dumm sein, so eine Gelegenheit zu verschenken, meinst du nicht auch?", argumentierte Ryou und schmunzelte, als der Schwarzhaarige einfach nur zustimmend nickte. Duke kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der süße, kleine, naive, unschuldige Ryou hatte sich wirklich sehr verändert – eindeutig zum Positiven, so viel stand auf jeden Fall schon mal fest. Und die Tatsache, dass der Weißhaarige nicht nur eine gute Gelegenheit auf den ersten Blick erkannte, sondern auch noch bereit war, sie umgehend zu nutzen, brachte ihm gleich noch mehr Pluspunkte ein. Ehe Duke allerdings seinen bereits am letzten Freitag gefassten Vorsatz, Ryou bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu verführen, in die Tat umsetzen konnte, kam ihm das plötzliche Klingeln eines Handys dazwischen. Ryou, der seinen Klingelton erkannte, zuckte erschrocken zusammen und befreite sich aus Dukes Armen, um nach seinem Telefon kramen zu können. Dabei zitterte er innerlich, doch seine Befürchtung, der Anrufer könnte Bakura sein, der Wind von dem Plan bekommen hatte und ihn für eine Standpauke nach Hause beordern wollte, bestätigte sich glücklicherweise nicht. Die Nummer, die auf seinem Display stand, war Ryou zwar unbekannt, aber als er den Anruf entgegennahm, erkannte er die Stimme des Anrufers beinahe sofort. "Hi, Ryou", wurde er gut gelaunt begrüßt. "Ich bin's, Malik. Tut mir leid, dass ich jetzt erst anrufe, aber eher ging's nicht. Die letzten Tage waren ziemlich stressig bei mir, aber ich hab dich weder vergessen noch hab ich die Karte verloren, die Duke mir von dir gegeben hat." Der Schwarzhaarige, der die Stimme des Ägypters ebenso erkannt hatte wie Ryou, fluchte innerlich. Musste Malik ausgerechnet jetzt anrufen, wo alles gerade so gut für ihn lief? Hätte er damit nicht noch wenigstens bis zum nächsten Tag warten können? Hoffentlich wollte der Ägypter sich nicht jetzt gleich mit Ryou treffen und vermasselte ihm dadurch die Tour! Wenn er das macht, dann kann er aber was erleben, wenn ich ihn das nächste Mal sehe! Ryou hingegen, dem die Unterbrechung gerade recht kam – so hatte er die Gelegenheit, seine Erregung wieder ein bisschen in den Griff zu kriegen und sein weiteres Vorgehen zu planen –, lächelte strahlend. Zum Einen freute er sich wirklich über den Anruf des Platinblonden und zum Anderen verschaffte das Gespräch ihm auch die Zeit, die er jetzt mehr als dringend zum Nachdenken brauchte. "Hi, Malik!", grüßte er seinen Gesprächspartner daher geradezu enthusiastisch und strich sich ein paar störende weiße Strähnen aus dem Gesicht. "Freut mich, dass du dich doch noch meldest. Ich hatte schon befürchtet, du hättest kein Interesse mehr an mir, nachdem mein Bruder sich am Freitag so unglaublich peinlich und affig aufgeführt hat." "So was kenn ich nur zu gut." Malik lachte leise und Ryou kam nicht umhin festzustellen, dass das ein mehr als angenehmes Geräusch war. Unter anderen Umständen hätte er das Kribbeln, das durch seinen Körper fuhr, sicher sehr genossen, aber das Einzige, woran er im Augenblick denken konnte, war der Plan, den Joey und er ausgeheckt hatten und für dessen Gelingen seine eigene Reaktion auf Maliks Stimme mehr als hilfreich war. Immerhin stand Duke schließlich noch immer neben ihm, hörte jedes Wort, das gesprochen wurde, und sah auch ganz genau, wie er reagierte. "Ich hab selbst auch zwei ältere Geschwister, musst du wissen. Mein Bruder Rishid ist eigentlich ganz okay, aber Ishizu – meine Schwester – glaubt, sie müsste sich als meine Mutter aufspielen." Maliks Stimme klang halb amüsiert, halb genervt. "Sie übertreibt ständig und glaubt, ich könnte auch mit zwanzig immer noch nicht selbst auf mich aufpassen. Das nervt zwar, aber ich hab mich daran gewöhnt. Und eigentlich meint sie es ja auch nicht wirklich böse. Sie macht sich eben nur Sorgen und fühlt sich für mich verantwortlich." "Genau wie Bakura – auch wenn der eine mehr als komische Art hat, seine Besorgnis um mich zu zeigen." Ryou grummelte leise, lächelte aber gleich darauf wieder. "Aber du rufst doch sicher nicht an, um Dich mit mir über ältere Geschwister und ihre Macken zu unterhalten, oder?", erkundigte er sich und Malik lachte erneut. "Das nicht, nein. Eigentlich wollte ich dich fragen, ob Du am Samstag schon was vorhast. Falls nicht, würde ich mich gerne mal mit dir treffen", schlug er dann vor und der Weißhaarige nickte, obwohl sein Gesprächspartner das nicht sehen konnte. "Samstag passt mir gut. Aber bei mir können wir uns nicht treffen, sonst dreht mein Bruder wieder durch. Ich müsste also zu dir kommen, wenn dir das recht ist", sagte Ryou zu. Dabei meinte er, das Lächeln des Platinblonden fast durch die Leitung sehen zu können. "Sehr sogar", erwiderte dieser. "Am Samstag arbeite ich nur bis Mittags. Den Nachmittag hab ich frei. Meine Geschwister werden allerdings in unserem Restaurant sein, also haben wir unsere Ruhe. Sturmfreie Bude, sozusagen. Wie klingt das für dich?" "Das klingt perfekt für mich." Ryou lächelte zufrieden, obwohl ihm bei dem Gedanken, sich ganz alleine mit Malik zu treffen und vielleicht sogar Sex mit ihm haben zu müssen, schon etwas mulmig wurde. Aber was tat man nicht alles dafür, dass der einmal gefasste Plan auch wirklich aufging? Manchmal, erinnerte der Weißhaarige sich selbst, musste man eben Opfer bringen, damit sich am Ende alles wie gewünscht fügte. Vor allem aber musste man Geduld haben, denn Zeit war ein ganz entscheidender Faktor für das Gelingen des Plans. Von heute auf morgen ging da nichts, also immer Eile mit Weile. "Super. Dann sehen wir uns also am Samstag. Ich schick dir meine Adresse vorher noch per SMS, damit du auch weißt, wo du hinmusst, okay?", holte Maliks Stimme Ryou wieder aus seinen Grübeleien und in die Realität zurück. Der Weißhaarige nickte, verabschiedete sich noch kurz von dem Ägypter und schob sein Handy dann wieder zurück in die Tasche seiner Jeans, nachdem er aufgelegt hatte. "Sieht ganz so aus, als wäre dein Samstag jetzt schon verplant. Schade eigentlich." Diese Bemerkung Dukes und vor allem sein bedauernder Tonfall brachten Ryous Herzschlag vollkommen aus dem Takt, doch er zwang sich, ruhig zu bleiben. "Wieso findest du das schade?", erkundigte er sich stattdessen und sah den Älteren neugierig an, obwohl er sich den Grund dafür gut vorstellen konnte. Immerhin hatte Duke es noch nie besonders geschätzt, wenn ihm ein Anderer bei irgendetwas zuvorgekommen war. Scheinbar hatte sich an dieser Eigenart des Schwarzhaarigen nicht viel geändert. Einerseits war das schade, aber andererseits auch von Vorteil, denn es erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass der Plan gelingen würde, deutlich. "Weil das ja wohl im Klartext bedeutet, dass du dann am Samstag schon mal keine Zeit für mich hast, wenn du dich mit Malik triffst", antwortete Duke auf die Frage des Weißhaarigen. Dafür erntete er ein strahlendes Lächeln, bevor die Fingerspitzen des Jüngeren äußerst provokant über seine Brust und seinen Bauch strichen. Erst am Hosenbund stoppte Ryou die Reise seiner Finger und nahm erfreut zur Kenntnis, dass der Schwarzhaarige scharf die Luft einzog. Das Wissen, dass eine derart kleine Berührung seinerseits dafür verantwortlich war, dass die grünen Augen des Älteren sich um ein paar Nuancen verdunkelten, verschafften dem Weißhaarigen ein unglaubliches Hochgefühl. Wann hatte er das letzte Mal so sehr das Gefühl von Macht gehabt? Ryou wusste es nicht, aber er beschloss, es bis zur Neige auszukosten. Immerhin wusste er ja nicht, wann er das nächste Mal die Gelegenheit bekommen würde, Duke ein wenig zu necken und herauszufordern. "Dafür haben wir doch heute noch den Rest des Abends. Vor neun erwartet Bakura mich auf keinen Fall zurück. Und vielleicht könnte ich sogar bis zehn bleiben, wenn du mich nachher dann eben nach Hause fährst." Diese Worte begleitete Ryou mit einem vielsagenden Zwinkern und sah zu seiner Zufriedenheit, dass die grünen Augen seines Begleiters vorfreudig zu funkeln begannen. Kurz fragte der Weißhaarige sich, ob diese Entscheidung vielleicht ein Fehler war – was, wenn Duke das Interesse an ihm verlor, sobald er ihn erst einmal gehabt hatte; es wäre schließlich nicht das erste Mal –, doch diese Zweifel verdrängte er schnell wieder. Duke konnte nicht anders als zu grinsen. Wenn das kein Angebot war, was war es dann? Ganz offenbar wusste Ryou nicht nur ganz genau, was er wollte, sondern traute sich inzwischen auch, das deutlich zu machen. Was für ein überaus erfreulicher Fortschritt! "Ich schätze, damit wär die Shoppingtour dann wohl für heute zu Ende", kommentierte der Schwarzhaarige den Entschluss des Jüngeren und stahl sich einen kurzen Kuss, bevor er die Kabine verließ. Eigentlich hätte er zwar liebend gerne noch dabei geholfen, Ryou aus dem Lederensemble zu pellen, aber er kannte die Besitzerin des Ladens schon eine ganze Weile und wusste aus Erfahrung, dass sie solche Techtelmechtel in ihren Umkleiden ganz und gar nicht schätzte. Aus diesem Grund – immerhin wollte er kein zweites Mal zum Putzen verdonnert werden – ging der Einundzwanzigjährige schon mal zur Kasse, um vielleicht noch ein bisschen mit Mai plaudern zu können, während er auf den Weißhaarigen wartete. Ryou schwebte nach dem fast schon beiläufigen Kuss förmlich auf Wolke Sieben und musste sich regelrecht dazu zwingen, sich nicht in irgendwelche unsinnigen Hoffnungen oder Träumereien zu versteigen. Dafür war es eindeutig noch viel, viel zu früh. Eigentlich ist es auch noch viel zu früh, um schon mit ihm zu gehen. Der Weißhaarige wusste, dass es möglicherweise ein Fehler war, sich jetzt schon wieder auf seinen Exfreund einzulassen, aber er wollte einfach nicht mehr warten. Wie sähe das denn auch aus, wenn ich jetzt einen Rückzieher machen würde? Dann wäre der ganze Plan auf jeden Fall total im Eimer. Nein, überzeugte Ryou sich selbst, während er wieder in seine eigene Kleidung schlüpfte, wenn er jetzt zurückruderte, würde er dem Plan mit Sicherheit mehr schaden als nützen. Dass seine Entscheidung zu einem nicht geringen Teil davon beeinflusst wurde, dass er nach dem Kuss gar keinen Rückzieher mehr machen wollte, ignorierte er dabei gekonnt. Während Ryou sich umzog, hatte Duke sich rücklings an die Kasse gelehnt, so dass er die Umkleide im Auge behalten konnte. "Na, hast du schon wieder ein neues Opfer im Visier, Duke?", erkundigte sich eine spöttische Stimme von schräg hinter ihm und die dazugehörige Sprecherin – eine rassige Blondine in äußerst knapper Kleidung, die ihre üppigen Kurven vorteilhaft betonte und in Szene setzte – schob sich eine störende Locke aus der Stirn, um ihren langjährigen Stammkunden gleichermaßen fragend wie missbilligend mustern zu können. "Ich weiß, es geht mich eigentlich absolut nichts an, aber der Kleine, denn du da vorhin mitgebracht hast, ist viel zu gut für dich. So ein Unschuldsengelchen wie der hat's echt nicht verdient, dass ausgerechnet du deine Krallen in ihn schlägst, mein Kater. Du verdirbst den armen Jungen nur", fügte sie kopfschüttelnd hinzu und seufzte, als der Schwarzhaarige sich halb zu ihr umdrehte und sie schelmisch angrinste. Dieses Grinsen verhieß eindeutig nichts Gutes. "Deine Sorge in allen Ehren, meine Süße, aber das kommt ein bisschen zu spät. Verdorben hab ich ihn schon vor zwei Jahren. Der Kleine, wie du ihn nennst, ist mein Ex", klärte Duke die blonde junge Frau auf und diese schüttelte erneut den Kopf. "Dein Ex? Das heißt, er kennt dich und weiß ganz genau, wie du bist? Und dann lässt er sich noch mal auf dich ein? Mir scheint, dem armen Kerl ist echt nicht mehr zu helfen. Schade eigentlich", murmelte sie. Bevor sie allerdings noch etwas sagen und den Schwarzhaarigen damit noch mehr verärgern konnte – also so schlimm, wie Mai ihn gerade darstellte, war er ja wohl ganz bestimmt nicht! –, verließ Ryou die Umkleide, hängte das Lederoutfit weg und gesellte sich dann zu den beiden Älteren an die Kasse. "Von mir aus können wir gehen", wandte er sich an Duke und lächelte dann die Blondine, die hinter dem Tresen stand, freundlich an. "Sie haben hier eine wirklich tolle Auswahl. Ich komme bestimmt noch mal vorbei", versprach er ihr und sie lächelte zurück, wurde allerdings gleich wieder ernst, als sie sah, wie die braunen Augen des Jungen zu dem Schwarzhaarigen zurückwanderten und ihn praktisch anhimmelten. "Sag Mai zu mir, sonst fühl ich mich so alt. Und wenn ich dir einen kleinen Tipp geben darf: Fall bloß nicht auf den Casanova hier rein! Duke hat keine Ahnung davon, was Liebe ist. Den interessiert nur Sex, sonst nichts. Dafür solltest du dir eigentlich zu schade sein", warnte sie und blinzelte überrascht, als das Lächeln des Weißhaarigen sich ob ihrer Worte nur noch vertiefte. Ryou war die Blondine, die sich hier so offen auf seine Seite stellte, obwohl – oder vielleicht gerade weil – sie Duke offenbar schon eine ganze Weile kannte, auf Anhieb sympathisch. "Das weiß ich doch", beruhigte er sie daher und warf einen kurzen Seitenblick zu dem Schwarzhaarigen, dem die Richtung, in die das Gespräch sich gerade entwickelte, scheinbar ganz und gar nicht gefiel. "Aber ich will von ihm ja auch nicht mehr als bloß Sex. Den Fehler, mich in ihn zu verlieben, mache ich ganz bestimmt kein zweites Mal. Ich weiß ja schließlich aus Erfahrung, dass er nicht der Typ für eine feste Beziehung ist. Aber das stört mich ganz und gar nicht. Im Moment will ich schließlich auch keine Beziehung, sondern einfach nur meinen Spaß. Und dafür ist Duke genau der Richtige. Das bist du doch, oder?" Ryou zwinkerte dem Älteren zu, nahm die Tüten mit seinen Einkäufen und sah den Schwarzhaarigen dann auffordernd an. "Gehen wir dann jetzt zu dir?", fragte er und der Angesprochene nickte sofort. "Siehst du, Mai, du musst dir um Ryou wirklich keine Sorgen mehr machen. Er weiß ganz genau, was er will", ließ er es sich nicht nehmen, die blonde Ladenbesitzerin zu belehren. Danach stieß er sich von der Kasse ab, ging voraus und hielt Ryou galant die Tür auf. Mai blickte den beiden jungen Männern kurz nach und schüttelte dann amüsiert den Kopf. "Das glaub ich allerdings auch", murmelte sie und grinste still in sich hinein. Irgendwie konnte sie sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das weißhaarige Engelchen in der Tat ganz genau wusste, was es wollte – und dass Duke bis jetzt nicht einmal die Spur einer Ahnung hatte, was das wirklich war. Na, das verspricht doch mal, spannend zu werden. Leise lachend machte Mai sich daran, die neuen Waren, die am Vormittag eingetroffen waren, auszupacken und sie in die Regale einzusortieren. Dabei hoffte sie, dass der Kleine sein Versprechen tatsächlich wahr machte und wirklich noch mal in ihren Laden kam. Vielleicht ergab sich dann ja die Gelegenheit zu einem netten kleinen Plausch unter vier Augen. Ich wäre wirklich zu gerne dabei, wenn Duke begreift, worum es dem Engelchen wirklich geht. Sein Gesichtsausdruck ist bestimmt Gold wert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)