Unvergessenes Lied von ArtyFowly (Leave out all the rest...) ================================================================================ Prolog: Intro - Missed ---------------------- Heute Nacht träumte ich. Träumte ich, dass ich mich selbst verlor. Ich renne und renne. Und renne – Aber ich komme nirgendwo an. Menschen, überall. Gesichter. Ein Stück Leben nach dem anderen. Stahl, Plastik, Linoleum. Dazwischen ich. Die Szenerie wechselt. Plötzlich. Ein Wald. Ich habe Angst. Angst, dass etwas Schlimmes passiert. Dass ich die Kontrolle verliere und versinke, irgendwo. Dass ich nicht mehr auftauchen kann. Keine Luft, kein Licht – Nichts mehr. Nur ich. „Wo bin ich?“ Grün, die Blätter der Bäume. Der Waldboden. Sogar das Licht, das matt durch die Zweige fällt. Muster malt, aufs Laub. Grün. Die Leute reden mit mir, sie fragen mich Dinge, die ich nicht weiß, und ich frage sie Dinge, die sie nicht wissen. Ich weiß, dass ich noch nicht lange hier bin. Sie lachen, ich lache. Die Sonne scheint, am Himmel. Direkt hinter dem Blättermeer. Sie gehen, ich bleibe. „Wer bin ich?“ Ich renne ihnen hinterher. „Kennen wir uns?“, frage ich – Sie halten nicht an. „Kennt ihr mich?“, rufe ich. Das Rauschen der Blätter wird lauter. Woher kommt plötzlich dieser Wind? Sie laufen schneller. Immer schneller. Ich auch. „Kenne ich euch?“, schreie ich. Laut. Sehr laut. Kreische ich. Ich weiß nicht, wer ich bin. Ich weiß nur, dass ich hier falsch bin. Verkehrt. Die falsche Richtung. Ich kehre um. Leute. „Hallo!“, rufe ich. Sie antworten nicht. Aber mir fällt ein, dass ich sie kenne. Ja, ich weiß, dass ich sie kenne! – Erleichterung. Stumpfe Gesten, matte Stimmen, leere Blicke. Ich kenne sie, aber niemand erkennt mich. Nicht einmal ich selbst. Irgendwann wachte ich auf. Leave Out All The Rest ---------------------- Verse 1 – Scared Frage. In meinem Kopf. Hin und her. Eckt an. An Gedanken. Spekulationen. „Wenn… wenn ich verschwinden würde – würde mich dann irgendjemand vermissen?“ Es fühlt sich komisch an, auf einmal festzustellen, dass man alleine ist. Sonntagmorgen. Ich gehe in die Küche, koche mir einen Kaffee und blättere in irgendwelchen Uni-Zeitschriften herum. Nichts Wichtiges. Ich studiere Medizin. Um den Menschen zu helfen, bei denen es nicht egal ist, wenn sie verschwinden. Plötzlich fällt mir auf: Es ist so still. Musik, ich brauche Musik! Schwanke zu meinem selbst zusammen gebastelten CD-Player und schalte das Radio ein. Irgendwas läuft. Unwichtig – Eigentlich bin ich nicht depressiv veranlagt. Aber: Alles so steril. Auf einmal. Wie fühlt es sich an, tief durchzuatmen? Dann: Oh. Ich löse mich auf. Vollkommen neutral. Nüchtern. Unwichtig Es wird mich niemand vermissen. Fällt mir nämlich ein, als meine Hand plötzlich durch die Kaffeetasse hindurch gleitet. Jetzt ist es auch egal, denke ich. Stehe auf, greife nach einer Jacke und mache einen Spaziergang. Ich bin nicht depressiv veranlagt – wirklich nicht! Ich mag mein Leben. Menschen, überall. Drücken sich die Nasen an den Schaufenstern platt. Mit großen Augen und weit geöffneten Mündern, Mäulern. Als wollten sie alles verschlingen. Mich verschlingen. Fehlanzeige: Ich verschlinge mich selbst. Unsicher schiebe ich meine Hand in die Jackentasche. Schäme mich? Ich habe das Gefühl, etwas vergessen zu haben. Etwas, an das ich mich erinnern sollte. Aber ich finde es nicht. In meinem Kopf. Nichts. Hier ist es zu kühl. Zu steril. Zu nüchtern. Alles. Ich will weg hier. Raus aus der Stadt. Ich laufe. Laufe. Menschen, überall. Wie in meinem Traum. Laufe. Halte nicht an. Bis ich weg bin. Ich hole meine Hand wieder aus der Tasche. Alles verschwimmt vor meinen Augen. Es ist so weit. Ich spüre es. Es ist vorbei. Chorus (Part 1) – Done Ein See. Das Licht der Sonne spiegelt sich auf der Wasseroberfläche, wunderschön. Um mich herum ein funkelndes, leuchtendes Grün, Schattenmuster auf dem Waldboden. Ich sitze da und tue nichts, denke nichts. Fühle nichts. Mein Leben ist vorbei. Das weiß ich. Sonst weiß ich nichts. Sonst will ich nichts wissen. Es ist, als hätte ich alles getan, was es zu tun gibt. Und so sitze ich nur da und tue nichts und lasse meine Gedanken davonfliegen. Weit weg. Frei. Verse 2 (Part 1) – Through Plötzlich ein Gedanke: Habe ich alles gesehen, was ich sehen wollte? Habe ich alles erlebt, was ich erleben wollte? Habe ich alles gefühlt, was ich fühlen wollte? Den Dingen auf den Grund gehen. Habe ich es getan? Nein. Nie. Alles dreht sich. Die Welt, das Universum. Ich auch. Ich auch. Bewege mich im Kreis, ohne Voranzukommen. Ein Schock. Der See. Meine letzte Rettung. Die Dinge durchschauen, die da sind, die da sein müssen. Von denen ich will, dass sie da sind. Die Welt durchschauen. Ich stehe auf, ziehe meine Jacke aus, betrachte meine Hand, die sich immer mehr auflöst, immer mehr und mehr, atme tief ein, sehr tief, atme, atme – halte die Luft an und springe. Durchdringe die Oberfläche. Frage: Ist da etwas? Irgendetwas? Für das es sich zu leben lohnt? Zu sterben? Zu verschwinden. Strömung. Richtung Zentrum. Reißt mich fort. Zerreißt mich. Luft. Luft. Keine Luft. Schwärze. Verse 2 (Part 2) – Perfect Niemals. Perfektion. Vollendung. Nie. Wirklich nie. Wie sollte es zu Ende gehen dürfen, ohne dass es wirklich vollendet ist? Ich habe verloren: Meine Ziele, Ideale, Wünsche, Träume, Hoffnungen. Meine Zukunft. Deshalb löse ich mich auf. Stille Erkenntnis, jetzt, da alles verloren ist. Ich versinke. Aber es ist nicht schlimm, ich bin schon vorher versunken. Irgendwo. Chorus (Part 2) – Empty Ich öffne die Augen und sehe sie, diese Augen. So wunderschön, so blau. Strahlend. Aber so leer. Wo bin ich? Was mache ich hier? „Du wärest fast ertrunken.“ – Antwort auf eine unausgesprochene Frage. Wer ist sie? „Ich kenne dich.“ Sie hält ein Buch in den Händen. „Wir werden verschwinden – alles wird verschwinden. Bald.“ Ich starre sie nur an. „Du wurdest von deiner Freundin verlassen, hast dich zurückgezogen und hattest seit damals zu keinem einzigen Menschen mehr Kontakt. Findest du das richtig?“ Ich werde wütend. „Lüg doch nicht!“ „Aber es stimmt.“ Leer. Ich fühle mich so leer. Verdrängen. Sie hält mir das Buch hin. Es ist ein Drehbuch. Ich weiß, dass meine Geschichte darin steht. Ich weiß es. Aber mein Verstand streitet es ab. Alles zu verwirrend, und doch so banal. Mir fällt etwas auf: „Wo ist das Ende?“ Schweigen. Ich schreie: „Wo ist das Ende?!“ Sie schaut weg. Aber immer noch so wunderschön. Ihr Gesicht, ihre Haare. „Das ist doch egal. Wir werden sowieso gleich verschwinden. Wen interessiert ein nie eintreffendes Ende?“ „Gib es mir. Sofort.“ „Nein.“ Ein kurzer Kampf, den ich nur gewinnen kann. Eine Seite. Schwarz auf weiß – Eigentlich hätte ich ertrinken müssen. „Ich wollte mit dir zusammen verschwinden.“ Chorus (Part 3) - Left Ein Blick. Ein Kuss. Wind. Wasser. Wogend. Alles unglaublich süß. Einfach so. Ich packe sie bei der Hand und ziehe sie in Richtung See. „Das hier darf nicht verschwinden, hörst du? Irgendetwas müssen wir zurücklassen!“ Würden wir warten, bis wir verschwinden, wäre alles verloren. Umsonst. Verblasst. Verblasste Erinnerungen. Verblasste Gefühle. Umsonst. Nichtig. Das Leben umsonst. Unsere Chance. Etwas zurückzulassen. Wir lassen unser Glück zurück, um etwas erreicht zu haben. Und springen. Alles nass, so nass, durchweicht. Zwei durchweichte Herzen. Mein Atem wird schwächer. Aber ich lächle. Das bleibt übrig. Bridge (Part 1) – Pretended Ich wache auf. Hatte einen Traum. Einen interessanten Traum. Da war ein Junge, der verschwand – und ein Mädchen. Ohne Hoffnung, weil ihre ganze Welt verblasste. Immer mehr. Aber sie warteten nicht auf ihr Ende, sondern wählten es selbst. Um sich nicht selbst zu verlieren, sondern einen Teil von sich zurückzulassen. Ich bin verwirrt. Ich liege im Wald auf einer Lichtung. Schon wieder Wald. Grünes Licht. Mattes Licht. Es wird Abend. Ich frage mich, was ich zurücklassen sollte. Was ich bereit wäre zurückzulassen. Ein Stück Perfektion vielleicht? Ein Stich ins Herz. Plötzlich. Ich habe etwas vergessen, so vergessen, ich hasse mich dafür, wie kann man so etwas Wichtiges nur vergessen? Mein Herz schlägt schneller, scheint zu zerspringen, pocht, auf und ab, hin und her, alles, die Welt, dreht sich, verschwimmt. Ich habe es doch in der Hand. Ich selbst. Ihn nicht verschwinden zu lassen. Hastig springe ich auf. Eile ins Haus. Autoschlüssel. Wo? Ah, da. Schnell. Schneller. Renne ich. Die Zeit verrinnt, verrinnt. Ich kann sie nicht anhalten. Niemals. Aber ich kann sie nutzen, das Beste aus ihr machen. Hoffentlich ist es nicht zu spät. Bridge (Part 2) – Saved Am Bahnhof. Da steht er. Ein Zug kommt angefahren. Ich höre es. Sein Zug. Ich rufe seinen Namen. Schreie ihn. Dreh dich um! Sofort! Bitte! Er ignoriert mich, oder hört mich nicht. Der Zug kommt an, die Türen öffnen sich. Er läuft los, die Tasche über die Schulter geworfen. Fährt heim. Wo er hingehört. Gehört nicht zu mir. Falsch hier. Verkehrt. Bin kurz davor, mich umzudrehen, wieder zu gehen. Will ihn nicht noch einmal verletzen. Auf keinen Fall. Niemanden verletzen. Keinen Fehler mehr machen. Aber: Will nichts wagen? Nichts zurücklassen? – Wenn alles vorbei ist? Genau wissen, dass nichts von mir bleibt, außer Erinnerungen, die nach und nach verblassen und keinerlei Beständigkeit haben? Ich renne schneller, auf einmal sicher, dass ich es noch schaffen kann. Wenn man sich einmal entschieden hat, wirklich entschieden hat, dann erreicht man sein Ziel auch. Mit einem Fuß im Wagon, die Hand an der Tür, den Blick leer. Er. Ich liebe ihn. Das weiß ich auf einmal mit Sicherheit. Endlich hört er mein Rufen, dreht sich um. Verwunderung. Steigt wieder aus. Dann wütend: „Was willst du?“ – Ich falle ihm um den Hals. Einfach so. Gedanke: Gerettet. Gerettet! Endlich in Sicherheit. Wirklich in Sicherheit. Vollkommenheit des Augenblicks – unvergänglich, ewig, unzerstörbar. Epilog: Outro - Being --------------------- Eine Träne. Ein Blick in seine Augen. Ein Kuss. „Es ist okay, wie du bist. Verlass mich nicht. Wirklich nicht. Es tut mir leid.“ Das sind die Momente, für die wir leben, die auch noch da sein werden, getragen vom Wind, Sonnenstrahlen, dem Regen, wenn wir selbst einmal nicht mehr sind. Die Momente, in denen wir alles andere vergessen, einfach nur leben, einfach da sind – pur, unverfälscht, real. Ein Augenblick wie ein ganzes Leben. Ein einziger Augenblick, für den es sich zu leben lohnt. Und zu sterben. Ein Augenblick. Der uns am Leben hält. Ein Stück Zeit. Das uns alleine gehört – Ein unvergessenes Lied. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)