Gnade Oder Fluch? von Kimie_Yashi (Eine zweite Chance? [ContestShipping - OsterSpecial 2oo9]) ================================================================================ Kapitel 3: Ostersonntag - Auferstehung -------------------------------------- Der nächste Morgen verlief um einiges sorgen- und stressfreier als die vorherigen. Eigentlich war er vollkommen ruhig, geradezu langweilig. Die drei saßen gerade in der Küche und genossen in aller Gemütlichkeit ihr Frühstück… oder besser das Mittagessen, denn am gestrigen Abend ist es doch etwas sehr spät geworden und so hatten sie alle etwas länger in ihren Betten gelegen. „Wow, bin beeindruckt, dass du so gut kochen kannst, Shuu“, lobte sie den jungen Mann, der sich daraufhin, mit der Pfanne in der Hand, zu ihr herumdrehte: „Tja, ich bin eben ein Multitalent. Außerdem habe ich dem Personal heute frei gegeben, ergo, bleibt mir auch nichts anderes übrig, als selbst den Kochlöffel zu schwingen.“ „Ich hätte doch genauso gut kochen können. Ich bin eine Meisterköchin… okay, ich hatte auch einhundert Jahre Zeit es zu lernen“, erwiderte das Mädchen lachend, als sie einen weiteren Bissen ihres köstlichen Omeletts zu sich nahm. Dieser Kommentar wischte Shuu jedoch förmlich das Grinsen aus seinem Gesicht. Damit sie es jedoch nicht sah, widmete er sich schnell wieder seinem eigenen Eiergericht und manövrierte es aus der Pfanne auf seinen Teller, bevor er den Herd abschaltete und sich zu ihr an den Tisch gesellte. Vollkommen in Gedanken versunken begann er in seinem Frühstück herumzustochern. Irgendwie war ihm der rechte Appetit darauf vergangen. ‚Ich habe vollkommen vergessen gehabt, dass Haruka nur für drei Tage hier ist und heute schon der letzte Tag mit ihr ist… Es ist irgendwie eigenartig. Obwohl ich sie erst so kurze Zeit kenne, habe ich mich schon so sehr an sie gewöhnt. Wenn ich ehrlich bin, möchte ich nicht, dass sie mich für immer verlässt…’ „Ist alles in Ordnung? Du isst ja überhaupt nicht und… was machst du da eigentlich?“, erkundigte sich der Geist besorgt bei seinem Meister. Auch Pero, der dazu seinen Schnabel jedoch nicht öffnete, schaute Grünschopf perplex an. Ihre Worte holten Shuu allerdings sofort zurück in die Realität und als er auf seinen Teller blickte, bemerkte er, dass er sein Omelett inzwischen zu Rührei verarbeitet hatte. „Ähm…“, kam es von dem 17-Jährigen, „…ich habe doch eher Lust auf Rührei und deswegen habe ich mein Omelett kurzerhand umfunktioniert!“ Erwiderte Shuu gelassen nach Außen hin und fuhr sich, wie immer, durch seine grüne Haarpracht. Skeptisch blickte sein Gegenüber ihn an, doch Haruka beließ es dabei, da sie daraus nicht noch ein wohl mögliches Streitgespräch provozieren wollte. Dennoch wollte sie eine erneut aufkommende Stille vermeiden und so suchte sie verzweifelt nach einem Gesprächsthema. Doch so recht wollte ihr keins einfallen, als sie sich auf einmal wieder an die Geschehnisse vom gestrigen Tag erinnerte, der ihr prompt einen guten Gesprächsstoff lieferte. „Sag mal, wo findet der Ball eigentlich statt und wann beginnt er? Immerhin brauche ich Zeit um mich noch rechtzeitig fertig zu machen!“ „Sag mir nicht, dass du auch wie alle anderen Frauen Stunden im Bad brauchst? Warum schnipst du nicht einfach mit den Fingern, dürfte für dich doch keine Problem sein, oder?“, erwiderte er stattdessen darauf, genervt bei dem Gedanken, dass das Bad mal wieder eine Ewigkeit blockiert werden würde. „Tut mir ja schrecklich Leid, aber ich bin nun einmal eine Frau und brauche eben meine Zeit. Im Gegensatz zur Männerwelt interessiert es uns eben wie wir aussehen. Und falls es dir noch nicht aufgefallen sein mag, ich habe meine magischen Kräfte noch kein einziges Mal für solch einen Unsinn benutzt! Ich mag es nun einmal alles wie ein gewöhnlicher Mensch zu tun, dann habe ich nämlich das Gefühl, als ob ich noch einer wäre“, zickte sie ihn an und drehte sich nach ihrer Standpauke beleidigt von ihm weg. Doch Shuu war ja keinesfalls auf den Mund gefallen: „Wenn du wirklich Stunden brauchst, um dich fertig zu machen, dann bist du in der Tat eine Frau! Und falls es dir entgangen sein sollte, egal ob du deine Kräfte einsetzt oder nicht, du bist so oder so noch ein Mensch, weil du noch nicht vollkommen gestorben bist.“ „Musst du mich ständig daran erinnern?“ „Du hast doch damit angefangen, nicht?“ „Ich habe nur danach gefragt, wann der Ball beginnt, mehr nicht! Du hast doch begonnen von meinen Kräften zu sprechen.“ „Ja, weil du gesagt hast, dass du ne Ewigkeit brauchen wirst, um dich zurecht zu machen.“ „Du gibst es also zu?“ „Ich gebe gar nichts zu!“ Während des gesamten Streitgesprächs, das Haruka ursprünglich mal vermeiden wollte, waren sich ihre Gesichter immer näher gekommen. Nun trennten sie nur noch wenige Zentimeter voneinander, doch keiner der beiden wollte ihr wütendes Anfunkelduell durch einen Lidschlag verlieren. „Ähm… die Frage wann und wo das Ganze stattfinden wird, ist aber noch immer unklar.“, versuchte der Tauberich die Aufmerksamkeit der beiden auf sich zu lenken und damit die Anspannung etwas zu lockern. Sein Plan ging auch zum Teil auf. Zumindest entfernten sich ihre Köpfe wieder voneinander und sie setzten sich zurück auf ihre Stühle. Mit verschränkten Armen und noch immer wütender Stimme meinte die Brünette daraufhin: „Wenn Shuu, statt einfach zu antworten, einen Streit anfängt…“ „Ach ja, jetzt bin ich es wieder. 20 Uhr, Sporthalle meiner Schule! Bist du jetzt zufrieden?“, meckerte Shuu zurück und hoffte, dass nun alles wieder in Ordnung sei… tja, da hatte er nur leider falsch gedacht! Wütend donnerte das Mädchen ihre Handflächen auf den Tisch, stemmte sich durch diese auf und schrie: „Nein, bin ich nicht!“, bevor sie die Küche verließ und hinaus in den Garten ging. Zurück blieben nur die beiden Jungs, die ihr verdattert nachschauten. Als Shuu dann den Vogel fragen ansah, nach dem Motto: ‚Was hat die denn jetzt schon wieder?’, konnte der Tauberich nur unwissend mit den Flügeln zucken. „Man… hätte Mutter nicht den Gärtner anrufen können, damit er am Dienstag oder so den Garten macht? Immer muss ich mich um ihre dämlichen Blumen kümmern, dabei sind sie und Vater ohnehin so gut wie nie hier…“, grummelte der Grünäugige nicht sonderlich begeistert vor sich hin. Gerade hatte es sich der junge Mann auf dem Sessel im Wohnzimmer gemütlich gemacht, nachdem er und Pero ihr Frühstuck verspeist und das Geschirr abgespült hatte. Er wollte sich mal wieder seine Lieblingsfilmreihe anschauen, die aus drei Filmen bestand. Zwar herrschte draußen das schönste Wetter, aber das war ihm gleich. Als er jedoch gerade mitten im ersten Teil war, begann das Telefon zu klingeln und anhand des Tones hatte er auch schon sofort gewusst um wen es sich handelte. Aus diesem Grund hatte er den Hörer auch nicht abgenommen sondern den Anrufer auf Band sprechen lassen. Dies war, wie nicht anders von ihm erwartete, seine Mutter, die ihm ein frohes Fest und viel Spaß auf der Feier wünschte, sich dafür entschuldigte, dass sie und sein Vater über die Feiertage nicht zu ihm kommen konnten und ihn anwies sich doch bitte um die Blumen im Garten zu kümmern. Mit anderen Worten, er sollte die Aufgabe des Gärtners übernehmen, den Tag über im auf der Grünfläche schuften und am Abend vollkommen übermüdet zur Party gehen… typisch seine Eltern und das musste dann auch immer alles sofort erledigt werden… Was blieb Shuu also anderes übrig, als sich in seinem Zimmer entsprechende Kleidung anzuziehen und sich an die Arbeit zu begeben. Mies gelaunt ging er erst einmal in den Gartenschuppen, der sich direkt neben dem Haus befand und bewaffnete sich mit allem was er so brauchte. Spaten, Harke, Insektenschutzmittel, Heckenschere, Gieskanne… ‚Moment, wo ist denn die Gieskanne hin? Die hing doch normalerweise immer dort an der Wand… egal, suche ich die eben nachher, habe ohnehin noch genug zu tun.’ Als der Oberschüler jedoch, beladen mit den ganzen Gerätschaften, auf die grüne Wiese trat, erblickte er zu seiner Verwunderung Haruka, die gerade mit einer ihrer Hände die Blüte einer ziemlich ausgetrockneten Rose anhob. Zwar berührten ihre zarten Finger die Blütenblätter nicht, doch je höher sie ihre Hand anhob, desto mehr richtete sich die Pflanze auf und erhielt Stück für Stück ihre ursprüngliche blutrote Farbe zurück. Grinsend ging der Packesel auf das Mädchen zu und ließ die ganzen Utensilien hinter ihr auf den Rasen fallen. „Ich dachte du benutzt deine Kräfte nicht, um dich wie ein normales Mädchen zu fühlen“, sprach er sie mit einem überlegenen Grinsen auf den Lippen an. Die Blauäugige hatte allerdings wenig Lust erneut mit diesem Thema zu beginnen und zu streiten, weswegen sie einfach mit ruhiger Stimme antwortete: „Bei Rosen mache ich eine Ausnahme! Wenn ich durch meine Kräfte das Leben dieser Blumen verlängern kann, dann setze ich sie auch dazu ein. Generell könntest du die Rosen mal öfters gießen, sie wirkten heute doch ziemlich durstig, deswegen habe ich mir auch die Gießkanne geschnappt und ihnen etwas Wasser gegeben.“ „Ach so, und ich habe mich schon gefragt wo das Ding abgeblieben ist… aber warum kümmerst du dich eigentlich nur um Rosen? Ich meine, ich möchte jetzt nicht, dass du mir bei der Gartenarbeit hilfst, das kann ich schon allein, aber irgendwie scheint alles, was du tust und du magst mit ihnen zu tun zu haben“, erläuterte Shuu seine Frage. Lächelnd wandte sich die Gefragte wieder der Pflanze zu, der sie kurz zuvor neues Leben eingehaucht hatte, als sie ihm antwortete: „So genau kann ich es dir eigentlich auch nicht erklären. Aber so weit ich zurückdenken kann, liebe ich diese Blumen. Immer wenn ich traurig bin oder mich einsam fühle, muntern sie mich wieder auf. Sie sind etwas, das sich zum Glück über die Jahre hin nicht verändert. Egal wo ich wieder auf die Erde komme, es gibt überall Rosen und so lange ich sie und Pero habe, kann ich mich mit meinem Schicksal etwas abfinden und es verkraften.“ Nun blickte sie doch Shuu mit einem strahlenden Lächeln direkt an. „Ich bin über die Jahre an so vielen Orten gewesen, habe so viele Rosen gesehen, aber wenn ich ehrlich sein soll, keine einzige Rose war so schön wie die, die du hier in deinem Garten stehen hast. Du scheinst doch normalerweise sehr gut um sie zu kümmern, auch wenn sie die einzigen Pflanzen sind, wie ich sehe…“, lachte sie, weil die übrigen Blumensträucher und Beete im Gegensatz zu den Rosen doch ziemlich verkümmert aussahen. „Könnte vielleicht daran liegen, dass Rosen die einzigen Blumen sind, die ich mag… ich kümmere mich nämlich gerne um sie, aber um den Rest… sagen wir es mal so, ich könnte meine Mutter jedes Mal erwürgen, wenn sie von mir verlangt den Garten auf Vordermann zu bringen!“, antwortete der Grünäugige seufzend, als ihm plötzlich etwas einfiel, „Moment mal… Ayame sagte, dass dir diese Kette sehr viel bedeutet, was ich natürlich auch schon mitbekommen habe. Aber du hast nie gesagt, warum?“ „Ich glaube, dass ich diese Kette von demjenigen habe, den ich in meinem Leben über alles geliebt habe, aber… inzwischen erinnere ich mich ja leider nicht mehr an sein Gesicht… oder ob diese Kette wirklich von ihm ist. Als du sie mir weggenommen hattest, habe ich nur bemerkt, dass ich mich ohne sie irgendwie leer fühle, so als ob ein Teil von mir fehlen würde… Eine alte Legende besagt, dass Gott die Menschen als Paare geschaffen hat und das wir so lange dazu verdammt sind auf Erden zu weilen, bis wir zusammen in Liebe sterben… Vielleicht ist das ja wahr und ich kann mich deswegen nicht von ihr trennen und bin mit ihr verbunden. Ich glaube nämlich, dass er mein anderes Ich war, die zweite Hälfte von mir. Und irgendwie glaube ich, dass ich, bis ich ihn nicht wiedergefunden habe, nicht wiedergeboren werden kann.“ „Du glaubst also an diese Legende und meinst, dass der Junge von damals wiedergeboren wurde und nur darauf wartet von dir gefunden zu werden? Wie stellst du dir das vor, zumal du ihn nicht einmal mehr erkennen würdest. Du solltest lieber aus deiner Traumwelt erwachen und selbst nach einer Möglichkeit suchen wieder ein Mensch zu werden! Denn so wie es aussieht wird Gott dir auch nicht wirklich dabei helfen, wenn du noch nicht einmal weißt was das für Wünsche sind, die dich befreien sollen…“, äußerte Shuu mit ernstem Gesichtsausdruck seine Meinung dazu. Der Angesprochenen war natürlich klar, dass er damit Recht hatte, dennoch: „Ich weiß… aber es gibt mir Hoffnung, mehr als alles andere…“ Eine unangenehme Stille trat zwischen den beiden ein. Keiner wagte es zu diesem Thema noch etwas zu sagen. Shuu wollte ihre Hoffnungen nicht noch weiter zerstören, schließlich hatte er sich noch nie in solch einer Lage befunden und konnte sich dementsprechend auch nicht wirklich in ihre Gefühlswelt hineindenken. Er hatte lediglich seine Gedanken ausgesprochen und wie er handeln würde, aber ob das so richtig war? Haruka hingegen war es unangenehm, dass Shuu sie so belehrte. Sie wusste dass er mit seiner Meinung vollkommen Recht hatte, sie wusste, dass sie irgendwo eine Träumerin war, aber inzwischen wusste sie auch nicht mehr was sie tun sollte. Schon zu oft schon hatte sie versucht die Dinge zu ihrem Vorteil zu lenken und was war hatte sie davon? Es endete jedes Mal damit, dass ihr Erinnerungsvermögen darunter erheblich zu leiden hatte. Inzwischen waren es schon so viele, dass sie bei jedem weiteren Mal eine wichtigere Erinnerung verlor ging. Die letzten Beiden waren wohl ihr bisher schlimmster Verlust gewesen, denn seltsamerweise wusste sie genau, was sie vergessen hatte. Das Gesicht des Jungen, den sie geliebt hatte und gemeinsame Zeit mit ihm, weswegen sie auch nicht wusste, ob der Anhänger ein Geschenk von ihm gewesen war oder nicht. Und nun hatte sie Angst! Angst wohlmöglich alles zu vergessen, sogar, dass sie einmal ein Mensch gewesen war. Nein, das wollte sie nicht riskieren, immerhin waren dies die letzten Erinnerungen, die ihr noch geblieben waren, etwas dass sie überhaupt noch besaß… „Ähm… ich geh mal aus dem Schuppen den Rasenmäher holen, das geht am Schnellsten und ist auch am Wenigsten anstrengend…“, durchbrach der 17-Jährige irgendwann die Stille und wollte sich gerade zurück zum Holzhäuschen begeben, als das Mädchen ihn mit ihren Worten aufhielt: „Du hast doch noch einen Wunsch frei… wenn du es so sehr hasst, warum wünschst du dir dann nicht, dass der Garten komplett gemacht ist?“ „Für so einen Unsinn verschwende ich den Wunsch doch nicht, das kann ich auch selbst machen!“, erwiderte ihr Meister daraufhin und setzte seinen Weg fort. Lächelnd schaute das Mädchen ihm nach und sag dabei zu wie er im Inneren der Hütte verschwand. Erst als sie sich vollkommen sicher war, dass er nichts mitbekommen würde, drehte sie sich zu der weitern Grünfläche herum. Erst betrachtete sie ihre Umgebung ganz genau, damit sie sich ein Bild davon machen konnte, was noch alles getan werden musste, bevor sie schließlich einmal laut mit den Fingern schnipste und sich anschließend wieder den Rosen widmete. Endlich hatte Shuu das monströse Gerät zum Laufen gebracht und war gerade dabei auf diesem aus dem Schuppen zu fahren, als ihm kurz darauf auffiel, dass plötzlich der Rasen gemäht, die Hecke geschnitten und die Pflanzen begossen waren. „Jetzt sag mir bitte nicht, dass du mit den Fingern geschnipst hast! Ich hatte dir doch gesagt, dass ich das selbst machen wollte“, kam es etwas zornig von dem jungen Mann, der nun befürchtete, dass sein dritter Wunsch damit erfüllt wäre und sie ihn nun verlassen müsste. Doch dem schien, bei ihrem Lächeln, nicht so zu sein. „Ich weiß und du hast es dir ja auch nicht gewünscht. Aber ich wollte das machen, also beschwer doch nicht! Es ist so ein schöner Tag, sei doch Froh, dass du ihn jetzt mit etwas anderem verbringen kannst!“, versuchte sie ihn davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung sei und er mit ihrem Handeln nichts zu tun hatte. Seufzend gab sich der Oberschüler also geschlagen und fuhr den Rasenmäher wieder zurück in seinen Unterstellplatz. ‚Na ja, kann ich zumindest den Film in aller Ruhe weiterschauen…’, versuchte auch er das Positive darin zu sehen und begab sich, nachdem er Haruka bescheid gegeben hatte, zurück ins Haus. Die Zeit verging wie im Flug. Inzwischen war er mitten im zweiten Teil, als das Mädchen und ihr kleiner Freund sich schließlich zu ihm gesellten und diesen mit ihm zu Ende schauten. „Möchtest du den dritten Teil noch mit mir schauen oder lieber etwas anderes machen?“, erkundigte er sich bei ihr, als er die DVD aus dem Spieler herausholte und zurück in die Hülle legte. „Mir ist es egal, ist deine Entscheidung!“, erwiderte sie schulterzuckend darauf. Schnell warf Shuu einen Blick auf die Uhr, der ihm verriet, dass es inzwischen kurz vor vier war. Also hatten sie insgesamt noch etwa vier Stunden Zeit, bevor die Feier begann. „Sollen wir dann noch den 3. Teil gucken und noch etwas essen? Oder möchtest du erst essen? Ich weiß ja nicht wie lange du brauchst um dich fertig zu machen…“ Den Streit vom Mittag wegen dieses Themas hatte er noch immer nicht vergessen, weswegen er seinen Satz auch vorsichtig formulierte, um sie nicht erneut in Rage zu versetzten. Bevor Haruka jedoch in der Lage war ihm zu antworten, übernahm dies ihr Magen, der ihnen mitteilte, dass er für die zweite Variante war. Dem Mädchen war es äußerst peinlich, allerdings konnte ihr das niemand verübeln, immerhin hatte sie ziemlich viel Energie verbraucht, als sie den Garten in seinen perfekten Zustand gebracht hatte. „Nach dem ganzen zaubern bin ich doch etwas hungrig geworden…“ „’Etwas’? Wohl etwas mehr.“, erwiderte der Grünäugige lachend, als er sich von seinem Sessel erhob und in Richtung Küche schritt, „Was hättest du den gerne? Sag einfach was du möchtest und ich zaubere es dir, aber auf meine Art.“ „Irgendetwas mit Nudeln wäre super“, kam es begeistert und voller Vorfreude von ihr. ‚Wenn es um ihre Lieblingsspeise geht, dann benimmt sie sich noch immer wie ein kleines Kind. Aber es ist schön diese kindliche und sorgenfreie Seite an ihr mal wieder zu sehen… es ist schon so lange her, dass sie mal wieder alles vergessen konnte.’, ging es dem Tauberich durch den Kopf, als er das Geschehen zwischen den beiden mit einem Lächeln beobachtete. Und so zauberte Shuu, ganz auf seine eigene Weise, seinem Gast ein atemberaubendes Gericht, das das Mädchen mit Genuss verschlang. Auch Pero schmeckte es vorzüglich. Warum Pero allerdings Menschennahrung zu sich nahm, wagte Shuu schon gar nicht mehr zu fragen, immerhin war es auch nicht gerade typisch, dass eine Taube sprechen konnte… „Das war wirklich köstlich, du bist auch wirklich ein Meisterkoch, Shuu!“ „Dem kann ich nur zustimmen!“, bestätigte der Vogel ihre Aussage mit einem kräftigen Nicken. „Das freut mich. Ist mal etwas anderes für andere Leute zu kochen, statt immer nur für sich selbst. Aber ich glaube du solltest dich mal so langsam fertig machen, nicht? Immerhin hast du ‚nur noch’ zwei Stunden bis wir losgehen!“, neckte er sie erneut etwas, dieses Mal jedoch ging das Mädchen nicht auf die Provokation ein, sondern bestätigte ihn nur in seiner Aussage: „Du hast Recht! Ich versuche auch mich zu beeilen.“ „So lange wir noch rechtzeitig zur Feier kommen, kannst du dir Zeit lassen wie du willst“, erwiderte er darauf mit einem sanften Lächeln und fragte sich wie wohl ihr Kleid aussehen mochte, von dem sie ihm verboten hatte es sich vor diesem Abend anzuschauen. „Danke!“, murmelte die Blauäugige daraufhin und begab sich auf den Weg hinauf ins Gästezimmer, doch da fiel ihr noch etwas ein, das sie zuvor noch von ihm erfahren wollte, „Sag mal… hast du dir schon Gedanken über deinen letzten Wunsch gemacht? Ich mein…“ „Kannst du eigentlich auch an etwas anderes denken?“, unterbrach er sie mit zorniger Stimme und blickte sie mit wütendem Gesicht an, „Musst du jedes Mal danach fragen? Warum begreifst du nicht, dass ich mir jetzt einfach nichts wüschen will. Wenn ich etwas habe, dann werde ich es dir schon sagen, also hör auf zu fragen!“ Entgeistert blickten sie sich an, da sie beide über die Worte des Jungens ziemlich erstaunt waren. Beschämt wandte Shuu allerdings kurz darauf seine Augen dem Boden zu, als er seinen Gegenüber mit flüsternder Stimme noch einmal aufforderte: „Du solltest dich fertig machen…“ Nickend bestätigte sie seine Aufforderung und kam dieser auch gleich nach. Nachdem sie gegangen war, ließ ich Shuu seufzend zurück in seinen Stuhl fallen. „Warum machst du es euch beiden nur so schwer? Nur weil du deinen Wunsch aufschiebst, wird sie dennoch nicht länger bleiben können und das weißt du auch!“, richtete sich Pero, der bei ihm geblieben war, an ihn. Erneut war ein Seufzen von Seiten des jungen Mannes zu vernehmen, als er sich schließlich mit seinen Ellbogen auf der Tischplatte abstütze: „Du hast gut Reden, Pero, immerhin siehst du sie nächstes Jahr wieder… aber im Gegensatz zu dir sind mir nur diese drei Tage mit ihr vergönnt. Mir wäre es am Liebsten, wenn sie für immer bleiben würde. Es ist total ungewohnt für mich, jemanden hier zu haben, der mich versteht, sich in meine Gedankenwelt hineinversetzen kann. Obwohl wir uns erst vorgestern begegnet sind, scheint sie mich fast besser zu kennen als ich mich selbst. Sie hat so viel in dieser kurzen Zeit für mich getan und ich? Ich kann im Prinzip nichts für sie tun, als zu hoffen, dass mir irgendetwas einfällt wie ich ihr vielleicht helfen kann. Aber ich kann ja noch nicht einmal nachempfinden wie sie sich fühlt oder was sie alles erleben musste… ich würde sie so gerne verstehen, wie sie mich versteht…“ „Möchtest du wirklich wissen, was damals geschehen ist, wie Haruka gestorben ist? Willst du wirklich alles wissen?“, fragte Pero ihn auf einmal mit sehr ernster Stimme. Verwundert blickte Shuu sein Gegenüber an, da er nicht verstand wie eine kleine Taube ihm das sagen konnte. Dennoch brachte er ein Nicken zustande, woraufhin der Vogel fortfuhr: „Haruka und Shiro,… sie kannten sich seit der Mittelschule. Und der Grund weshalb Haruka Rosen so sehr liebt, ist, weil er ihr bei ihrer allerersten Begegnung eine geschenkt hatte! Sie saß an einem See und das Gesicht wurde vollkommen von ihren Tränen benetzt, denn die Arme hatte gerade ihre Eltern verloren. Als Shiro gerade dabei war einen Strauß Rosen für das Geschäft seines Vaters auszuliefern, sah er sie dort sitzen. Die beiden wurden sehr schnell unzertrennlich und er half ihr dabei, so gut er konnte, sie immer wieder von ihrem Kummer abzulenken, er wollte sie glücklich sehen. Es dauerte auch nicht lange, da waren sie beiden unsterblich ineinander verliebt, aber Haruka zog es vor ihn etwas zappeln zu lassen und wies ihn deswegen immer wieder zurück, doch das hielt Shiro nicht davon ab es weiterhin zu versuchen, denn er dachte sich, dass sie einfach nur Angst hätte am Ende wieder jemanden zu verlieren… Zu ihrem 16. Geburtstag schenkte er ihr dann diese Kette und lud sie auf den Osterball ein, der wenige Wochen danach stattfand und sie sagte zu. Doch als sie vom Einkaufen zurückkam, geschah etwas Unvorhersehbares! Diebe waren in die Bank eingebrochen, doch die Polizei war ihnen dicht auf den Fersen. Ihre Kutsche erwischte Haruka, als sie gerade die Straße überqueren wollte und das leider so schlimm, dass sie an den Folgen verstorben ist. Das Licht, von dem sie dir erzählt hat und die gehörte Stimme, stammten von der Laterne der Kutsche und Shiro… der Arme musste mir ansehen wie seine Liebe in seinen Armen verstarb und konnte nichts dagegen tun… Im Gegensatz zu ihm konnte mit meinen Augen sehen, wie ich ihre Seele vom Körper löste, jedoch nicht ins Totenreich einkehrte. Stattdessen gab Gott ihr etwas von seiner Kraft und hält sie seit dem am Leben. Damit wurde ich zu Harukas Schutzengel und damit beauftragt ihr dabei zu helfen wiedergeboren zu werden.“ „Aber wenn du ihre ganze Geschichte kennst, warum erzählst du sie ihr dann nicht? Ich bin mir sicher, dass sie sich danach wesentlich besser fühlen würde…“, wollte Shuu von ihm erfahren, auch wenn er noch immer erst einmal das eben gehörte verkraften musste. „Ich kann nicht! Es ist mir strengstens untersagt mich in ihre Erinnerungen einzumischen und auch du wirst es ihr nicht erzählen können, selbst wenn du es möchtest, sie würde deine Worte nicht hören. Somit ist das Einzige, das ich wirklich für sie tun kann, den richtigen Jungen zu, der ihr mit seiner Kraft hilft aufzuerstehen und ihr Mut zusprechen, wenn sie dabei ist sich aufzugeben…“, erläuterte Pero seine Möglichkeiten, als er seinen Blick schließlich auf die Uhr fallen ließ, „Du solltest dich auch langsam fertig machen! Und versuch nicht ihr irgendetwas zu erzählen, es hat ohnehin keinen Sinn. Genieße lieber die verbleibenden Stunden mit ihr und bete weiterhin, dass du ihr am Ende des Tages irgendwie geholfen hast.“ Mit diesen Worten flog das gefiederte Wesen hinauf in Harukas Zimmer, die er schließlich im Bad anfand. Wortlos flatterte er in den Raum und ließ sich auf dem Handtuschschrank hinter ihr nieder. Einige Zeit lang kämpfte er mit sich selbst, ob er wirklich etwas sagen oder lieber doch den Schnabel halten sollte. „Haruka? Darf ich dich etwas fragen?“, begann Pero vorsichtig, als er dem Mädchen dabei zuschaute wie es sich die Haare hochsteckte. „Na klar, frag doch!“, forderte sie ihn auf während sie mit kleinen Klammern versuchte die Frisur zum Halten zu bringen. Sie hatte ihn sofort bemerkt, als er ins Bad geflattert kam, was allerdings zu sehr auf ihr Haar konzentriert, um etwas zu sagen. „Du magst ihn, habe ich Recht?“, kam es direkt aus seinem Schnabel, denn dem Tauberich war das Knistern in der Luft, wenn sie die beiden gegenüberstanden keineswegs entgangen. Erstaunt über seine Worte drehte sich die Gefrage zu ihm herum und schaute ihn mit weit geöffneten Augen an. Doch einige Momente später drehte sie sich wieder zu ihrem Spiegel herum. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht und leicht verlegen betrachtete sie ihr Spiegelbild, bevor sie schließlich antwortete: „Er ist so anders, als die anderen, denen ich in dem letzten Jahrhundert begegnet bin. … Was er für mich getan hat, dass…“ „Du weißt aber noch,… dass du nicht für immer bei ihm bleiben kannst?“, erinnerte sie ihr bester Freund an die Regeln. Seufzend schaute sie den Vogel durch den Spiegel an. „Ich weiß…“, antwortete sie betrübt, „Das erste Mal in meinem Dasein als Geist… spüre ich ein solches Gefühl. Ein Gefühl der Zuneigung, der Liebe… und wenn ich an Shuu denke, dann frage ich mich wie er wohl gewesen sein mag. Was war das für ein Mensch, dem ich damals vielleicht sogar mein Herz geschenkt hatte? War er genauso wie Shuu? Oder war er das genaue Gegenteil? Wie haben wir uns kennen gelernt und wie hat er wohl ausgesehen?… All diese Fragen, die ich mich immer geweigert habe zu stellen, daran zu denken, kommen mir nun in den Sinn. Doch es ist aussichtslos, denn ich werde es ohnehin niemals mehr wissen.“ „Haruka, ich…“, doch Pero brach ab. Er durfte und konnte es ihr nicht sagen, so sehr er es sich auch wünschte, er durfte es einfach nicht. „Es tut mir Leid!“, sprach er schließlich traurig sein Beileid aus und senkte das Köpfchen. Mit einem traurigen Lächeln ging der Geist auf ihn zu und nahm ihn behutsam auf seine Hände: „Das muss es nicht, Pero! Es war ja von Anfang an klar, dass ich nicht bleiben kann. Heute Abend ist alles vorbei! Sobald die Uhr zur Mitternachtsstunde schlägt, verschwinde ich wieder von dieser Welt und kann auch nie wieder zu ihm zurück… und trotzdem möchte ich diese kurze Zeit des Glücks, die ich im Augenblick verspüre, so lange wie möglich festhalten und genießen. Denn wer weiß, wann ich es noch einmal zu spüren bekommen werde…“ „Willst du mir das Kleid etwa noch immer nicht zeigen?“, kam es lachend von dem jungen Mann. Er wartete bereits fertig gekleidet im Eingangsbereich, als Haruka die Treppenstufen hinunter stieg. Sie sah wunderschön aus, wie er fand, auch wenn das Kleid von ihrem langen Mantel verdeckt wurde. „Das hast du richtig erfasst, du wirst wohl bis zum Ball warten müssen, wie ich es dir gesagt hatte!“, erwiderte sie darauf ebenfalls lachend. Grinsend schüttelte der 17-Jährige seinen Kopf, als er ihr schließlich seinen Arm darbot, in den sie sich mit vergnügen einharkte. „Ich denke wir werden spätestens gegen elf Uhr zurück sein, nur damit du bescheid weißt“, informierte der Grünäugige Pero, bevor sich die beiden anschließend auf den Weg zum Schulgebäude machten. „Hallo Shuu, heute ohne Begleitung?“, begrüßte ihn einer der Securityleute, den er schon von den letzten Jahren her kannte. Lachend verneinte der Gefragte und sah sich nach seiner Begleiterin um, die sich noch bei den Garderoben befand, in der sie den Mantel abgeben wollte. „Ah, da ist… sie…“, kam es nur noch brüchig über seine Lippen, als das Mädchen in ihrer vollen Schönheit erblickte und auch sein Gesprächspartner blickte sie fasziniert an, was er Shuu fragte, um ganz sicher zu gehen: „Das ist deine Begleitung? Sie sieht eher aus wie ein Engel!“ Doch der Oberschüler bekam seine Worte schon gar nicht mehr mit. Er konnte nichts anderes tun, als sie mit begeisterten Augen anzuschauen. Shuu fand sie ja vorhin schon umwerfend, dieses Kleid setzte jedoch noch einen drauf. Wie für sie maßgeschneidert legte sich der schwarze Stoff um ihren Körper, wobei die dunkle Farbe die große rote Rosenblüte im unteren Rockteil sehr zur Geltung brachte. Und aufrecht gehalten wurde das Gewand lediglich über zwei Enden, die hinter ihrem Hals zusammengeführt waren. Auch ihre besondere Halskette und etwas längeren Ohrringe, sowie das dezente Make-up unterstrichen ihre Schönheit. Und wie von selbst trugen Shuus Füße ihn ihr entgegen, wobei er nicht fähig war den Blick von ihr zu nehmen. Dies entging Haruka natürlich keinesfalls, weswegen sie etwas verlegen zu Boden schaute, bevor sie ihn fragte, ob es ihm gefallen würde. Der Gefragte antwortete allerdings lediglich mit einem zufriedenen Grinsen und führte in die umfunktionierte Sporthalle, die schon recht gut gefüllt war. Als erstes organisierte Shuu für sie beide einen Becher köstlichen Punsch. Doch die traute Zweisamkeit wurde schnell von den Freunden und Klassenkameraden des Jungen beendet, da sie sich zu den beiden gesellten und sie in Gespräche verwickelten. Immerhin wollten doch alle die ‚Neue’ kennen lernen und wissen wie es dazu kam, dass die beiden heute Abend gemeinsam hierher gekommen waren. Da sie ihnen wohl schlecht die Wahrheit erzählen konnten, also dass Haruka eigentlich ein Ostergeist und kein richtiger Mensch mehr war, erfanden die beiden auf die Schnelle gemeinsam eine Geschichte. Dadurch, dass allerdings immer wieder irgendjemand etwas Neues über sie wissen wollte und wie auch immer weiter nachfragten, weiß Gott warum, kamen die beiden leider nie zum Tanzen. Auch wenn es den Anschein machte, dass sich Haruka auch so ziemlich gut amüsierte, so wollte Shuu viel lieber diese wenigen Stunden mit ihr allein verbringen, weswegen er sich einen Plan ausdachte, um sich von den anderen abzuseilen. Doch ehe er diesen in die Tat umsetzten konnte, fiel sein Blick zufällig auf jemand ganz bestimmten, der sich auf der Tanzfläche befand und beim Anblick diesen begann sein Blut zu kochen. Wutentbrannt donnerte er sein Glas auf den Stehtisch und ging auf die Tanzfläche, auf sein Ziel zu. Mit einer schnellen Handbewegung entzweite er das dort tanzende Paar und ehe sich der junge Mann versah, hatte Shuu ihm auch schon seine Faust ins Gesicht geschlagen, wodurch er zu Boden ging. „Sag mal, spinnst du? Was fällt dir ein? Hast du noch alle Tassen im Schrank?“, fragte der Geschlagene, sich seinen Kiefer haltend. Der Grünäugige ging allerdings nur neben ihm auf die Knie und ergriff ihn wütend am Kragen: „Du selbstsüchtiger Dreckssack hast nichts anderes verdient! Warte nur, bis ich mit dir fertig bin, danach wirst du dich im Krankenhaus wieder finden und dein ach so makelloses Gesicht wird vollkommen entstellt sein.“ Erneut wollte der 17-Jährige auf sein Opfer einschlagen, doch seine vorherige Tat blieb natürlich nicht unbemerkt und so wurde von Kiro aufgehalten, der ihn zurückhielt, bevor es die Securityleute tun konnten: „Alter, beruhig dich doch. Er ist es nicht wert!“ „Was habe ich dir denn getan?“, wollte Toshi unschuldig von ihm wissen, als er sich wieder aufrecht hinstellte. Diese Worte seinerseits versetzten Shuu allerdings noch mehr in Rage. Auch Haruka war inzwischen zu ihnen getreten und versuchte ihren Meister ebenfalls daran zu hindern auf seinen Gegenüber weiterhin einschlagen zu wollen. „Das wagst du noch zu fragen? Wo di ihr letztes Jahr so viel Leid zugefügt hast?“, erwiderte er daraufhin und deutete auf die Brünette, die nun erschrocken dreinblickte. Toshi hingegen schien wirklich keine Ahnung zu haben, wovon Shuu gerade sprach, was er ihm auch sofort mitteilte: „Wovon redest du eigentlich? Ich habe dieses Mädchen noch nie in meinem Leben gesehen!“ - „Lügner! Letztes Jahr um diese Zeit, da hast du…“ Weiter kam der junge Mann jedoch nicht, da das Mädchen neben ihm eine schallende Ohrfeige verpasst hatte, um ihn am Weitersprechen zu hindern. Alle umherstehenden hielten inne, selbst Kiro war so erstaunt, dass er seinen besten Freund losließ und stattdessen die Neue anblickte. Auch Shuu selbst war nicht weniger erschrocken und wollte ihn ihren Augen einen triftigen Grund für ihr Handeln erfahren. Jedoch blickte diese nur betrübt zu Boden und murmelte, so dass es nur Shuu und die Personen in nächster Nähe mitbekamen: „Du hast ihn doch gehört, er kennt mich, Shuu… hör auf und lass uns bitte gehen!“ Widerwillig nickte der Oberschüler zur Bestätigung und begann ihr hinaus zu folgen, allerdings nicht ohne Toshi noch einmal einen gehörigen Schlag zu verpassen, der ihn erneut zu Boden beförderte. Schweigend liefen die beiden mit langsamen Schritten nebeneinander durch die verlassenen Straßen. Shuu sagte kein Wort, weil er noch immer stark mit der aufgekommenen Wut zu kämpfen hatte und nicht verstand, weswegen Haruka ihn und nicht Toshi eine verpasst hatte. Dem Mädchen hingegen tat die Ohrfeige sehr leid, doch sie hatte in diesem Moment keine andere Möglichkeit gesehen, es war mehr eine Art Reflex gewesen… Sie wusste jedoch, dass sie ihm eine Erklärung schuldig war: „Tut mir Leid wegen der Ohrfeige, das wollte ich nicht… aber du hättest in deiner blinden Wut fast mein Geheimnis verraten und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hätte dir schon vorher sagen müssen, dass sich Toshi nicht mehr an mich erinnert, er hat die Wahrheit gesagt. … Meine Meister vergessen mich alle, wenn ich sie verlasse und all die Wünsche, die ich erfüllt habe, fließen in ihren Alltag der drei Tage ein, ihr Gedächtnis wird dementsprechend verändert.“ „Das heißt, dass ich dich auch vergessen werde, wenn du mich heute Nacht gehst?…“ „Ja! Es tut mir leid… aber es wird dir wie ein ganz normales Osterfest vorkommen und auch alle anderen, die mich heute gesehen haben, werde mich vergessen.“ Erneute Stille trat ein, die dieses Mal allerdings nicht lang anhielt, da der aufgekommen Frühlingsschauer Laute mit sich brachte. Haruka genoss sichtlich das Nass auf ihrer Haut, als sie Regentropfen auf sie beide niederprasselten. Shuu hingegen betrachtete sie einfach nur mit traurigem Blick. Er wollte sie unter keinen Umständen vergessen, denn für ihn war die Begegnung mit ihr sehr wichtig, dennoch wusste er, dass er nichts dagegen tun konnte. Ihm tat es nur Leid, dass sie mal wieder die Einzige war, die darunter zu leiden hatte. „Schade, dass der Abend schon vorbei ist, es war wirklich sehr lustig, aber ich hätte sehr gerne wenigstens einmal mit dir getanzt…“, erklang auf einmal ihre zarte Stimme zwischen den Lauten der Wassertropfen. Sie hatte Recht mit ihren Worten, denn auch er hatte unbedingt mir ihr tanzen wollen. Doch der Abend war ja noch keineswegs vorbei. Der Ball vielleicht schon, aber auf keinen Fall der Abend, denn es blieb ihnen noch immer etwas Zeit… Grinsend schnippte sich Shuu eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht, als er daraufhin sanft mit seiner rechten Hand ihr linkes Handgelenk umschloss. Verwirrte blickte sein Gegenüber ihn an, doch ehe sie sich versah, hatte er sie auch schon mit einem leichten Ruck zu sich gezogen und war an Tanzhaltung übergegangen. „Darf ich um diesen Tanz bitten?“, flüsterte er ihr ins Ohr und begann damit sie sicher zu führen. Musik brauchten sie dazu nicht, denn sie fanden sofort ihren eigenen Rhythmus und achteten ohnehin nur auf den jeweils anderen, während sie elegant im Regen auf der menschenleeren Straße tanzten. Gekonnt ließ Shuu sie eine Umdrehung von sich weg vollziehen und ebenso stilvoll holte er sie wieder an sich heran. Dieses Mal hatte Haruka dabei aber zu viel Schwung und so kam sie erst ganz dicht vor ihm zum Stehen. Tief schauten sich die beiden in die Augen, als sie so dicht beieinander weiterhin kleine Schritte vollzogen. Und ohne es zu bemerken wurden sie immer langsamer dabei, bis sie schließlich gänzlich zum Stillstand kamen. Lächelnd schaute Shuu sie an, seinen Blick nie von ihren Augen entfernend, als er langsam seinen Kopf senkte und die wenigen Zentimeter, die ihre Lippen noch voneinander trennten, überbrückte. In den Kuss hineinlächelnd erwiderte Haruka ihn und genoss dieses Gefühl in vollen Zügen. Auch Shuu wünschte sich innerlich, dass es niemals enden würde, doch viel zu schnell fuhren die beiden wieder auseinander, als ein heller Blitz und lautes Donnern durch den Himmel über ihnen zogen. Lachend schauten die beiden sich an, als Shuu ihr vorschlug: „Lass uns lieber schnell zurückgehen!“ Vollkommen durchnässt, aber glücklichen, kamen sie nach wenigen Minuten auch schon in der Villa an. Kaum hatten sie das Gebäude betreten, zog der junge Mann sie wieder zu sich, um mit ihr einen weiteren leidenschaftlichen Kuss zu teilen. „Ich liebe dich!“, flüsterte er ihr irgendwann zu, als sie sich gegenseitig in den Armen lagen. Haruka machten diese Worte unendlich glücklich, denn auch sie empfand dieses Gefühl für ihn. Doch sie wusste genau, dass daraus nichts werden konnte. Dennoch lag ihr sehr viel daran diese Worte endlich einmal auszusprechen: „Ich…“ „Hier! Das möchte ich dir noch schenken, bevor du gehen musst…“, unterbrach er sie allerdings und holte aus seiner Jackentasche eine kleine Schatulle hervor. Mit einer kurzen Handbewegung öffnete er diese und zum Vorschein kam ein wunderschöner, silberfarbener Rosenring. „Dieser Ring hat einmal meiner Großmutter gehört. Sie hat ihn mir gegeben und gesagt, dass ich ihn dem Mädchen schenken soll, das ich von ganzen Herzen liebe!“, erzählte er und steckte ihr den Ring an, als auf einmal die große Wohnzimmeruhr begann das Ende des Tages einzuläuten, „In einer Minute wirst du gehen, ich werde meiner Erinnerungen an dich verlieren und wir werden uns nie wieder sehen… dennoch möchte ich, dass du ihn bekommst. Er soll dir Hoffnung auf deine Wiedergeburt geben. Vielleicht begegnen wir uns ja in deinem neuen Leben einmal und wenn es soweit ist, dann möchte ich, dass du für immer bei mir bleibst!“ Kaum hatten diese Worte seine Lippen verlassen, vereinten sich ihre Lippen erneut. Er hatte gesagt, was er sagen wollte und musste und nun wollte er die letzten verbleibenden Sekunden einfach nur genießen. „Ich liebe dich … ich liebe dich!“, flüsterte er immer wieder zwischen den einzelnen Küssen, während ihm unaufhaltsam Tränen die Wangen hinunter liefen, ebenso wie ihr. „Ich wünschte du könntest für immer bei mir bleiben…“, waren seine letzten Worte, als die Uhr zwölf Schlug und er bemerke wie sich das Mädchen in seinem Armen allmählich auflöste und nach wenigen Sekunden vollkommen verschwunden war. Am Dienstag hieß es wieder: Schule! Die freien Tage waren vorüber und nun mussten sich die Schüler wieder auf den Alltag einstellen, so auch Shuu, obwohl diesem das überhaupt nicht passte. Den ganzen gestrigen Tag hatte er in seinem Bett verbracht und nichts anderes getan, als sich traurig hin und her zu wälzen oder einfach die Decke anzustarren. Seine ganzer Tag, seine ganze Gedankenwelt war erfüllt von: Ihr! Ja, er konnte sich noch an sie erinnern, sein Gedächtnis wurde seltsamerweise nicht verändert. Dennoch änderte dies nichts an der Tatsache, dass er sie schrecklich vermisste und sich immer wieder fragte, ob er sie eines Tages wieder sehen würde. Es war gerade Mittagspause und die gesamte Schülerschaft hatte sich in der Cafeteria zum Essen eingefunden. Zwar saß Shuu wie üblich bei seiner Gruppe, aber er bekam nichts von seinem Umfeld mit… als er plötzlich ein ihm vertrautes Lachen hörte. Erstaunt schaute er sich in Saal um und versuchte verzweifelt den Ursprung zu finden, doch vergeblich, er fand die Besitzerin einfach nicht. Da erklang er erneut und dieses Mal bekam er es wesentlich deutlicher mit, da er seine volle Aufmerksamkeit darauf gelenkt hatte. Dort! Dort sah er etwas! Dort stand eine Gruppe von Mädchen, die sich fröhlich unterhielt und unter diesen ganzen Stimmen, konnte er diese Eine ebenfalls ausfindig machen. Entschlossen herauszufinden wer die Besitzerin war, erhob er sich von seinem Platz und ging auf die Gruppe zu, in der sich auch Ayame befand, die ihn sofort bemerkte. „Hallo, Shuu! Kennst du schon unsere neue Mitschülerin? Ihre Familie ist über Ostern hierher gezogen und heute ist ihr erster Tag an unserer Schule!“, informierte sie ihn. Mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht drehte sich besagtes Mädchen zu ihm herum und streckte ihm ihre Hand entgegen. An dieser fiel ihm sofort ein silberner Ring auf und als er sie direkt anschaute, die Kette, die sie um ihren Hals trug. „Hallo, Shuu! Mein Name ist Haruka Safáia, freut mich dich kennen zu lernen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)