Xont, der Ladenhüter von Papenstiehl ================================================================================ Kapitel 5: Xont denkt nach (über Puppen und Präsidenten) -------------------------------------------------------- „Kuno, noch ein Bier, aber dalli, ich hab Durst!“, rief Xont dem Wirt zu. „Und diesmal nicht so viel Schaum, ich will was zum trinken, nicht nur zum anschauen!“ Es war Abend, und das Gasthaus von Nibelheim genauso prall gefüllt wie Xonts Magen. Die Tische waren voll besetzt, die Stimmung feuchtfröhlich, und ein lautes Stimmengewirr lag in der Luft. Vor einigen Stunden war der Ladenbesitzer Xont angekommen (diesmal ausnahmsweise unbeschadet), aber offensichtlich waren die Abenteurer die er suchte hier durchgereist ohne zu rasten. Egal, er wollte sowieso auf das Paket von seiner Frau warten. Nun saß er alleine an einem Tisch und trank ein Bier nach dem Anderen. JarJar schlief ruhig in einer Ecke. Der Wirt brachte das nächste Bier, aber Xont wurde vom weiter trinken abgelenkt, denn jemand drehte den Fernseher über der Theke lauter, so dass man ihn auch über das Gerede der vielen Kneipengäste noch hören konnte. Es lief eine von diesen spätabendlichen Sendungen, deren Moderator Xont schon einmal gesehen hatte. Ein sehr junger, nervöser und aufgedrehter Mann war auf dem Bildschirm zu sehen und kritisierte ShinRa. Seine Stimme klang blechern durch das Stimmengewirr im Gastraum: „Mein Name ist Leo Lecter und ich möchte Ihnen heute von einem wichtigen Ereignis erzählen, über das wir von ShinRa belogen…“. „ShinRa belügt uns?“, dacht Xont, hörte nur halb hin und beschloss sich doch lieber dem schmackhaften Bier zu widmen. Was konnte der Kerl im Fernseher schon von ShinRa wissen? Der Moderator derweil redete ernst, und berichtete über den Vorfall, bei dem vor einiger Zeit Präsident ShinRa und eine nicht unerhebliche Menge seines Personals direkt in der ShinRa-Zentrale ermordet wurden. Eine junge Frau kam an Xonts Tisch und fragte: „Entschuldigung. Ist hier noch ein Platz frei? Ich störe Sie auch sicher nicht.“ Es war offensichtlich der einzige noch freie Platz in der ganzen Kneipe. „Jaja setz dich nur“, brummte Xont. „Danke. Sehr nett von Ihnen.“ „Immer doch“, lächelte Xont sie an. Sie war jung und außerordentlich hübsch, trug lange braune Haare und ein langes Kleid. Xont beschloss, doch lieber wieder den Fernseher anzusehen anstatt die junge Dame, damit ihm keine unanständigen Gedanken kamen, für die er sich vor seiner Frau Hilde schämen müsste. Der Moderator im Fernseher redete immer noch. Doch mittlerweile hielt er zwei - Xont musste genauer hinsehen - Stoffpuppen in seinen Händen. Eine davon war sehr dick, sah dem verstorbenen Präsidenten ShinRa ähnlich, und die andere hatte einen komplett schwarzen Umhang, Hose auch. „Ich glaube, es ist eher so abgelaufen…“, sagte der Moderator und klang dabei gar nicht mehr so ernst wie noch zuvor. Dann verstellte er seine Stimme zu einem lächerlichen Piepston und bewegte die füllige Präsident-ShinRa-Puppe, der eine dicke und lange Zigarre aus dem Maul ragte, die größer war als die Puppe selbst: „Seht mich an, ich bin Präsident ShinRa und ich bin ein dermaßen schlaues Genie wie es kein Zweites gibt. Die Armut des Volkes da unten kotzt mich an, deswegen bleib ich lieber in meinem Luxus hier oben. Die Penner da unten können mich alle Mal, ich will nur ihr Geld, der Rest ist mir scheißegal!“ Die Puppe hielt kurz inne. „Hab ich schon erwähnt, dass ich unfehlbar bin?! Und verdammt gut aussehend bin ich dabei auch noch!“ Die Puppe drehte sich hin und her. „Jaja, seht mich nur an wie toll ich bin.“ Natürlich war die Puppe grottenhässlich und so schlecht zusammengenäht, das selbst ein Schulkind es besser hätte machen können. Viele in der Kneipe, die den Fernseher beobachteten, lachten lautstark über die Puppe, denn Präsident ShinRa war nie sonderlich beliebt gewesen. Xont war ebenfalls sehr amüsiert, was sicher auch mit den vier Bier zusammenhing die er intus hatte. Die junge Frau an seinem Tisch zeigte sich dagegen unberührt und beobachtete den Bildschirm ohne dabei eine Miene zu verziehen. *KlopfKlopf* machte es, und die Präsidenten-Puppe wandte sich um. „Potzblitz! Wer wagt es, den mächtigsten, schlausten und tollsten Mann der Welt zu stören?!“ „ICH!“, polterte die komplett schwarze Puppe mit übertrieben tiefer Stimme und kam auf die Präsidenten-Puppe zugewackelt. „Ich, der legendäre Soldat Sephiroth!“ „Oh Nein“, fiepte der Präsident erschrocken und wich zurück, „der legendäre Soldat Sephiroth! Wer hätte gedacht das unsere Genexperimente dermaßen schief gehen! Das konnte nun wirklich keiner ahnen! Besonders ich nicht, obwohl ich so ein schlaues Genie bin – und überaus gut aussehend übrigens auch.“ Wieder drehte sich die hässliche Puppe hin und her, damit man sie von allen Seiten sehen konnte. Xont musste herzhaft lachen. Die junge Frau sah weiterhin unbewegt zu. „Nun bekommst du was du verdienst!“, raunte die schwarze Sephiroth-Puppe und zog unvermittelt ein Pappschwert in ihren Händen hervor, das mindestens fünfmal so lang war wie sie selbst, und sogar noch länger als die überlange Zigarre des Präsidenten, die dem im selben Moment aus dem Mund fiel. „Wachen!“ fiepte Präsident ShinRa, „Waaaaaaaaachäään!“ Einige blaue Stoffpuppen wurden ins Bild geworfen, um sofort alle von der schwarzen Puppe mit einem „Huah!“ weggeboxt zu werden. „Oh Nein!“, fiepte Präsident ShinRa, „Halte ein oh legendärer Soldat Sephiroth, ich Schlaues und Gutaussehendes Genie habe dich äh… klonen lassen weil mein Sohn Rufus so ein äh… gnadenloser Versager ist. Und nun willst du mich, den unnachahmlichen, einzigartigen, großartigen, begabten, gut aussehenden und wirklich ganz ganz sehr tollen Präsidenten ShinRa töten?“ „Ja“, sagte die andere Puppe trocken. Dann holte der kleine Sephiroth mit seinem großen Schwert aus: „Nun bekommst du was du verdienst!“ Wild mit dem Pappschwert hin und her schlenkernd begann er auf die Präsidenten-Puppe einzuschlagen: „Das ist dafür was ihr mir angetan habt; das ist für die Mako-Reaktoren die den Planeten zerstören; das ist für Sektor 7; das für deinen missratenen Sohn; das ist für das hässliche ShinRa-Logo; und das dafür das du so unsäglich dumm bist…“ mit jedem Punkt der Aufzählung knüppelte der kleine Sephiroth einmal mehr auf den Präsidenten ein. Xont brach in schallendes Gelächter aus und stieß fast sein Bier um, während er begeistert auf den Tisch klopfte: „Geschieht ihm Recht dem aufgeblasenen Sack!“ Die junge Frau rang sich derweil ein Lächeln ab und sprach zum ersten Mal, seit sie sich hergesetzt hatte. Ihre Stimme war sanft, kaum hörbar im Getöse der Kneipe: „Nun, es ist etwas… drastisch dargestellt… aber es steckt auch Wahrheit dahinter.“ Sie nickte abwesend, als dachte sie gerade an Etwas weit entferntes. „Glaubst du das ist wirklich so passiert?“, fragte Xont ungläubig zwischen seinem Lachen. „Ich…“, sie überlegte kurz und sagte abwesend: „…weiß es.“ Xont verstummte einen Moment lang verblüfft: „du… weißt es? Warst du etwa dabei?“ Sie entgegnete nichts und wirkte als hätte er sie aus einem Tagtraum gerissen. Dann sagte sie leise: „Bitte verzeih mir, aber das kann ich nicht erzählen.“ Sie blickte entschuldigend erst zu ihm, dann zu dem Fernsehschirm. Der Moderator verabschiedete sich inzwischen aufgeregt: „Das war es für heute, wir müssen unsere Position wechseln. Denkt daran Leute: haltet eure Augen und Ohren offen, ShinRa belügt euch überall! Nächste Woche sind wir wieder da. Und ihr lieben ShinRa-Leute die ihr uns seht: gebt es auf uns zu suchen, ihr könnt uns nicht finden!“ Der Bildschirm wurde Schwarz. Nun überlegte Xont. Hatte dieser Kerl etwa Recht? Und was hatte das Mädchen an seinem Tisch damit zu tun? Sie sah nicht aus wie eine dieser dahergelaufenen Abenteurerrinnen, die nur aufs Geld machen aus waren und sich um jeden Preis hoch levelten. Zudem wirkte sie aus irgendeinem Grund vertrauenswürdig. Er könnte ihr seine Geschichte erzählen, sicher wäre sie dann aufgeschlossener. Die vier Biere in Xonts Bauch stimmten seinem Gedankengang voll und ganz zu. Also erzählte Xont dem Mädchen – die bereitwillig zuhörte – seine Geschichte, wie er gleich zweimal von fiesen Rumtreibern ausgeraubt wurde. Aufgrund des Alkohols übertrieb er hier und da ein bisschen. Die junge Frau zeigte sich betroffen von seiner Lage und kommentierte (vor allem aufgrund seiner Übertreibungen) vieles höflich mit „das tut mir aber Leid für Sie“ oder „Oh wie schlimm“. Xont spendierte ihr schließlich ein Bier – das sie nur sehr zögernd annahm – und trotz ihrer sehr zurückhaltenden Art konnte er der jungen Frau ein paar Informationen entlocken. Und beim Garuda, die junge Frau hatte so einiges zu erzählen bei dem selbst dem alten Xont die Spucke wegblieb. Sie befand sich mit ihren Freunden auf der Flucht vor ShinRa und auf der Jagd nach diesem schwarzen Kerl, Sephiroth, der wohl auch so einige Ticks und Macken hatte. Xont verstand nicht alles was sie erzählte so genau (hier kam wieder das Bier in seinem Magen und vor Allem seinem Kopf ins Spiel), aber verdammt noch Mal, dieses Mädchen schien wahrlich ehrenhafte Ziele zu verfolgen, anders als diese umherstreunenden Abenteurer die täglich in seinen Laden kamen! Interessant war auch, warum sie so spät abends alleine in dieser Kneipe war. Denn nachdem Xont ihr von seiner Frau erzählt hatte (das er sie einerseits vermisste, aber andererseits auch sehr froh war endlich einmal seine Ruhe zu haben), klärte sie ihn höchst zögerlich über die komplizierte Dreiecksbeziehung auf, die zwischen ihr und einem ihrer Begleiter, so wie dessen alter Jugendfreundin bestand. Der alte Xont konnte leicht zwischen den Zeilen lesen: dieses Mädchen vor ihm war verliebt in den Kerl, so viel war klar. Und weil ihr diese Gedanken auch im Schlaf keine Ruhe gelassen hatten, war sie hinunter in den Gastraum gegangen um sich ein wenig abzulenken, während ihre Begleiter oben schliefen. Hier war sie jetzt mit Xont. „Nun, ich glaube es ist Zeit für mich ebenfalls ins Bett zu gehen“, gähnte sie mit halb zugefallenen Augen und entschuldigte sich gleich darauf wieder mit der gewohnt weichen Stimme: „Ich habe viel hinter mir die letzten Tage. Vielen Dank für das… Bier.“ „Aber gerne“, brummte Xont, „lass es mich wissen wenn ich dir helfen kann, ich bin noch bis Morgen Mittag hier, dann kommt ein Paket für mich.“ „Danke, wir kommen schon zu Recht.“ „Ach ja, wie heißt du eigentlich?“ Die Antwort des Mädchens kam wieder zögerlich und mit einer Stimme, die dünner zu sein schein als die Luft die sie umgab: „Aeris.“ Dann stand Aeris auf und mit einem leisen „Gute Nacht“ war sie aus dem inzwischen fast leer gewordenen Gastraum verschwunden. Xont zuzelte nachdenklich die Reste seines Bieres aus dem Glas. Diese junge Frau hatte es wirklich schwer: Abenteuer, Kämpfe, und dann auch noch die gute alte Liebe. Er dachte an seine eigenen Jugendtage zurück, als sie gegen den Bau des Reaktors demonstriert und den damals noch nicht so mächtigen ShinRa-Leuten Streiche gespielt hatten. „Jaja, die Jugend, das waren noch Zeiten...“. Dann stand Xont auf und stupste seinen Hund sanft an: „Komm Jar-Jar, Zeit zum schlafen. Morgen werden wir endlich die Abenteurer einholen und ordentlich vermöbeln!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)