Akira - Das Erwachen von Konricia von Akira_Hidaka (Black Sword of Souls) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Disclaimer: Mit dieser Geschichte will ich kein Geld verdienen. Ich schreibe sie ausschließlich aus Spaß und ohne böse Hintergedanken. Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und realen Handlungen sind rein zufällig! Claimer: Die Charaktere, die Handlung und der Text stammen ausschließlich von mir Kurzbeschreibung: Akira lebt sein leben einsam und allein. Als er eines Tages ein anscheinend verletztes Mädchen auf der Straße auffindet, die auch noch seiner verstorbenen kleinen Schwester zum Verwechseln ähnlich sieht, sie in seiner Wohnung pflegt und dabei von dunklen Schatten beobachtet wird, hat er das Gefühl, dass etwas ganz Großes auf ihn zukommt. Aber mit dieser Größe hat er nicht gerechnet. Er ist der Auserwählte ... Aber warum... und wofür zum Teufel?! A/N: Für Fragen, Anregungen und Verbesserungswünsche bin ich immer offen und über mein Profil erreichbar. Da meine Zeit zum Schreiben sehr begrenzt ist, erscheinen Updates nur mit einiger Verzögerung. Akira - Das Erwachen von Konricia ~Black Sword of Souls~ Kapitel 1 Der Wecker klingelte um acht Uhr, doch er wurde nicht von einem genervten, verschlafenen Teenie mit Kissen beworfen, sondern schaltete sich nach zehn Signaltönen von allein aus. Sein Besitzer war schon einige Zeit vorher aufgestanden um genug Zeit zu haben, sich für die Schule fertigzumachen. In der karg eingerichteten Zweizimmerwohnung duftete es nach frischen Brötchen. Akira war bereits mit seiner morgendlichen Dusche fertig und stand nun in der Küche, um seine Schulmahlzeit vorzubereiten. Wie jeden Tag kontrollierte er seine Hefter, die er für den heutigen Tag brauchte, auf Vollständigkeit, packte ein Getränk und seine Leckereien ein und verließ mit Musik aus seinem Mp3-Player in den Ohren seine Wohnung in der fünften Etage. Das Treppenhaus war ziemlich eng und schon seit längerem nicht mehr saniert worden und Akira war froh, als hinter ihm die Tür des dreizehnstöckigen Gebäudes ins Schloss fiel. Mit gesenktem Kopf lief er die Seitenstraße, in der er wohnte, entlang. Er war von seiner Umgebung völlig abgeschottet und mit der melancholischen Musik, die er hörte, wie in einer anderen Welt. Die anderen Jugendlichen und Kinder, die zum Teil in dieselbe Schule gingen, registrierten ihn gar nicht und liefen mit lachenden Gesichtern, sich gegenseitig spielerisch boxend und neckend, an ihm vorbei – vorbei an einem einsamen 17 jährigen Jungen namens Akira Akamichi. Die Schule war nicht so weit von seiner Wohnung entfernt, dass er sich beeilen musste. Er machte sich trotzdem immer sehr zeitig fertig, falls doch etwas dazwischen kommen sollte. Nachdem er eine Kreuzung überquerte konnte er das hohe Gebäude schon sehen. Es unterschied sich nicht sonderlich von den vielen Anderen. – Groß, grau und mit schäbigem Olivgrün umrahmte Fenster. Akira schob sich an dem Ein-Gangster vorbei und blieb vor dem Schulgebäude stehen, welches wie ein riesiger Wächter aus grauem Beton vor ihm emporragte. Er sah an ihm hoch und fror innerlich, als er daran dachte, gleich von diesem Giganten verschluckt zu werden. Doch dann schüttelte er den Gedanken ab und betrat das Gebäude. Sein Klassenzimmer lag im dritten Stockwerk im linken Flügel des Hauses. Als er die Treppe hochgehen wollte, konnte er sich grade so am Geländer festhalten, da die sich an ihm vorbeiquetschenden Schüler ihn fast zum Stolpern brachten. Die Flure der Schule waren ebenfalls in einem dreckigen Olivgrün gehalten und hier und da hing ein Bild eines bedeutenden Wissenschaftlers oder einer wichtigen Person aus der Wirtschaft an der Wand. Akira erreichte seinen Klassenraum und begab sich zu seinem Platz. Die Räume des Schulgebäudes waren riesig im Verhältnis zu anderen Schulgebäuden in Osaka. Akira war der Außenseiter in der Klasse, was wohl etwas mit seinem Einzelgängerverhalten zu tun hatte. Er war stets lieber allein, als mit den anderen über typische Jugendthemen zu diskutieren. Allerdings taten sich viele seiner Mitschüler auch mit seiner roten Haarfarbe schwer und hänselten ihn darauf hin sehr gerne. Es war ihm gleich. Er blendete sie einfach aus. Akira war immer gut in der Schule gewesen, intelligent, ordentlich, zuverlässig. Doch seit einiger Zeit war er nicht mehr wirklich bei der Sache. Seine Gedanken kreisten wirr umher und er konnte dem Unterricht nur noch selten folgen. Grund dafür war der frühe Tod seiner kleinen, über alles geliebten Schwester. Seit dem Dahinscheiden seiner Eltern hatte er sich um sie gekümmert. Beide wussten lang im Voraus, dass auch seine kleine Schwester nicht mehr lange leben würde, da sie eine schlimme unheilbare Krankheit hatte, die sie langsam aber sicher immer tiefer mit sich in die ewige Dunkelheit riss. Trotz dieses Wissens hatte es Akira nie geschafft, damit umzugehen. Und nun war er allein. Er gab seinen Eltern an allem die Schuld, die bei einem schrecklichen Autounfall ums Leben kamen. Es wurden Gerüchte um Akira laut, er habe seine Eltern auf dem Gewissen. Er sei Schuld und von Dämonen besessen, was selbstverständlich Unsinn war. »Da ist ja schon unser Freund Akira, die kleine Tucke. Guten Morgen. «, sprach einer der drei Jungen, die vor der Tür des Klassenraumes Stellung nahmen. Akira ignorierte sie. »Seht mal...Die Tunte hat jetzt keine Lust... kommen wir später wieder, um mit ihm ein bisschen zu plaudern. «, riet ein anderer der Jungen. Nicht nur seine Haarfarbe reizte manche seiner Mitschüler. Auch seine langen Strähnen vor den Ohren regten viele auf. Trotzdem viele Schüler eine starke Abneigung gegen ihn hatten wagte es doch keiner ihn zu berühren, gar zu schupsen oder zu treten. Akira hing seine Schultasche an den Haken unterm Schreibtisch und setzte sich sogleich an diesen. Da noch ein wenig Zeit bis zum Gong blieb, wartete er noch mit dem Auspacken seiner Hefter und vergrub sein Gesicht in den Händen. Kurz darauf hatte er sich seinen Gedanken vollends hingegeben und dachte über die vergangenen Jahre nach: »Komiko… Es tut mir so leid. Ich tu wirklich was ich kann, aber es ist schwer so kühl zu bleiben, wenn sie ständig auf mich mit Worten einprügeln. Es tut wirklich weh…« Er war wie in Trance als plötzlich eine Hand heftig an seiner Schulter zu rütteln begann. »Mr. Akamichi?« Akira wachte aus seinen Tagträumen und sah seinem Englischlehrer ins Gesicht, der plötzlich vor ihm stand. »Something wrong, Mr. Akamichi? « Akira hatte nicht bemerkt, dass bereits sein Lehrer den Raum betreten hatte. Er versuchte sich seinen Gedanken zu entziehen, um dem folgenden Unterricht folgen zu können. Doch spätestens bei dem Satz: »Und heute besprechen wir die Lektion …« war er wieder völlig abwesend. Zum Ende der Stunde wurde er durch das Anstoßen des Lehrers, Herrn Itou, wieder geweckt. »Akira, Akira! « langsam sah der Junge auf. »Was ist mit dir? Du bist Heute so still... Du hast überhaupt keine Konzentration… Du scheinst in letzter Zeit wenig zu schlafen. Hast du Probleme? Kann ich dir irgendwie helfen? « Akira hörte nicht richtig zu. aber er schüttelte nur den Kopf. »Es ist nichts...«, antwortete er. In nächsten letzten Stunden versuchte er nicht einzunicken und halbwegs mitzuarbeiten. Beim Schulessen blieb er allein und in Gedanken und auch die restlichen Stunden konnten ihn dann doch nicht in die reale Welt zurückrufen. Es machte keinen wirklichen Sinn. Die ersten Worte die er wieder registrierte waren: »Zu morgen macht ihr bitte das hier fertig. Dann könnt ihr jetzt auch gehen. Einen schönen Resttag wünsche ich euch allen. «, und: »Akira, du wartest bitte… Ich möchte mit dir noch etwas besprechen. « Akira spürte, wie plötzlich hämische, gaffende Blicke auf ihm ruhten. Er konnte die Mädchen kichern und die Jungen lästern hören. Er hörte auch, dass sie Herr Itou, welcher diese Stunde wieder Unterricht gegeben hatte, ganz schnell in die Schranken und sie dann des Raumes verwies. Als es um sie still wurde kam sein Lehrer auf ihn zu und hockte sich vor seinen Tisch. Er legte seinen Kopf auf die Handrücken. »Was ist mit dir los? Du brauchst dich doch nicht schämen und kannst mit mir darüber sprechen. «, sagte er mitfühlend. Akira antwortete nur kühl, »Es ist wirklich nichts. Das ist heute wohl einfach nicht mein Tag. « Herr Itou runzelte die Stirn, »Bist du dir da sicher? Mir scheint, das kommt in letzter Zeit häufiger Vor. Frau Mori berichtete mir auch schon von deiner häufigen Geistesabwesenheit. « Der Junge zuckte nur mit den Schultern. Her Itou richtete sich wieder auf. »Gut. «, sagte er starr, »Eine Chance gebe ich ihnen noch, Akamichi-san. Ich gebe mich mit ihrer Entschuldigung zufrieden. Aber das war das letzte Mal! Verstanden?« Akira verstand den unausgesprochenen Zuspruch und nickte stumm. »Dann kannst du jetzt gehen, Junge. « Akira tat, wie ihm gesagt und räumte seine spärlichen Sachen wieder in seine Tasche. Danach verließ er, noch immer stumm, den Raum. Die Flure der Schule waren still und leer geworden. Die grünen Flure wirkten nicht mehr annähernd so erdrückend wie am Morgen, sondern verwundernder Weise sogar etwas erleichternd. Doch dann hörte er leise Stimmen und hielt noch einmal inne. Ein anderer Lehrer seiner Klasse war zu Itou gegangen und unterhielt sich mit ihm. »Was ist nur los mit ihm? « »Es geht ihm bestimmt um seine verstorbene Schwester. Heute wiederholt sich zum ersten Mal ihr Todestag. Es ist wie, als hätte er sich schon mental auf diesen Tag vorbereitet. « Akira blendete das Gespräch aus und beeilte sich, das Gebäude zu verlassen. Er musste seine Tränen unbedingt noch etwas zurückhalten. Anscheinend hatte man ihm doch mehr angesehen als ihm lieb war und das war nicht gut. Ja, vor einem Jahr starb Komiko, Akiras einzige Schwester. Aber er zählte es nicht in Jahren, sondern in Wochen, in Stunden. Und in dieser Zeit stellte er sich immer und immer wieder dieselbe Frage: Warum? Warum musste sie sterben? Warum ausgerechnet sie? – Er konnte sich darauf einfach nichts zusammenreimen, so oft er sich diese Fragen auch stellte. Niemand konnte ihm darauf Antworten. Nicht einmal die Ärzte, die sie behandelten, hatten den leisesten Verdacht. Sie ließen sie einfach so sterben. Seit dem hasste Akira diese Ärzte. Auf dem Weg nach Hause beherrschte er sich nicht mehr darum zu weinen. Nicht, weil er von Fremden Mitleid ernten wollte, nein. Weil er sich klar machte, nichts mehr ändern zu können. Es war ihm egal, ob ihn jetzt jemand weinen sah. Um ihn wurde es wieder ganz still. Die Kinder verschwanden hinter den Ecken der Häuser. Niemand sagte mehr etwas. Akira war nun wieder ganz allein. Er wollte aber auch mit niemandem über seine aufgewühlten Gefühle sprechen. Nach kurzem Weg wurde die Geräuschkulisse wieder lauter und er wagte unter dem Tumult ein leises, klagendes Schluchzen zu hören. Es klang wie das Wimmern einer Frau. Der Junge sah sich um und entdeckte auf der anderen Straßenseite eine Anzahl von Menschen in einer großen Traube. Er konnte sich nicht erklären, was dort wohl geschehen sein mochte, dass Menschen zu so gespannten Beobachtern machte. Er wusste nur, er konnte Gaffer nicht ausstehen und dann, als ein Mann ein Stück auf Seite ging und ihm dadurch einen Blick auf das Geschehen gewährte, traf es ihn wie einen Blitz. Er rannte über die Straße und schlug die Leute unsanft zur Seite. Mit Mühe bahnte er sich einen Weg durch die Menge. Das Klagen war plötzlich ganz leise. nur Akira schien es zu realisieren, als sollte nur er es hören. Er sah ein schwarzhaariges Mädchen verwundet am Boden liegen. Sie hatte schrammen an den Beinen und an den Handgelenken und blutete aus vielen Stellen. Warum holte denn keiner Hilfe? Das Mädchen sah zu Akira auf und ein kalter Schauer wanderte über seinen Rücken, als würde sie durch seine rotbraunen Augen in die dunkelsten Winkel seiner Seele schauen können. Niemand schien sich die Mühe machen zu wollen einen Krankenwagen zu rufen. Mit dieser Erkenntnis kämpfte er sich weiter zu dem Mädchen vor. Er hatte sich entschlossen selbst auch keinen Arzt zu benachrichtigen, sondern sie stattdessen zu sich nach Hause zu tragen. Aber als er näher an sie trat ließ etwas an ihr just in diesem Moment sein Herz zum Stillstand bringen. »Ko- Komiko?!« Akira wagte es kaum sie zu berühren und zuckte sogleich zurück, als sie wieder zu weinen anfing. Sich schließlich überwindend, packte er sie und hob sie vorsichtig hoch. Er wollte nur noch weg von den gaffenden Leuten. Es war gar nicht so einfach, sich durch die Menschentraube zu kämpfen, ohne dem Mädchen wehzutun. Allerdings machte auch immer noch niemand Anstallten ihn aufzuhalten, die Polizei oder den Krankenwagen zu rufen. Eines wunderte ihn auch, was sein Interesse mehr und mehr weckte während er sich vorantrieb. Sie war so leicht wie eine Feder. Er trug das Mädchen zurück auf die andere Straßenseite, bog in die Seitenstraße ein und ging schnellen Schrittes zu seinem Wohnhaus. Dort angekommen konnte er, wenn auch umständlich, seine Wohnungstür öffnen und sie vorsichtig im Schlafzimmer auf sein duftendes, frischbezogenes Futon-Bett legen. Leise klagend lag sie da. »Hast du große Schmerzen? «, fragte er sie in einem fast sorgenden Tonfall, als er in derselben Zeit ein anderes Kissen ausschüttelte und ihr vorsichtig unter die zerschundenen Knie schob. Doch er bekam zunächst keine Antwort. Er besorgte sich einen kleinen Hocker aus der Küche und stellte ihn neben das Bett, um sich darauf etwas auszuruhen, ohne das Mädchen aus den Augen lassen zu müssen. Allmählich wurde das Wimmern des jungen Mädchens leiser und das schmerzverzerrte Gesicht nahm einen ruhigeren Ausdruck an. Sie schlief ein. Auch Akira wurde plötzlich unendlich müde, doch er hielt sich zwanghaft noch ein paar Momente wach. Er konnte seinen Blick nicht von ihr losreißen und fragte sich was mit diesem Mädchen war, warum sie dort lag, warum sie so schwer verletzt war. In dieser Gegend kam es nur sehr selten zu gewaltsamen Übergriffen und noch seltener zu einer solchen Tageszeit. Außerdem konnte er sich nicht dem Gefühl erwähren, dass sie ein unheimliches Geheimnis barg. Warum sollte sie sonst direkt in seiner Nähe aufgetaucht sein und warum – warum um Himmels Willen – sah sie Komiko sonst wie aus dem Gesicht geschnitten aus? Nach wenigen Augenblicken wurden seine Augenlieder schwer. Diese ganzen Vorfälle, diese ganzen wirren Gedanken in seinem Kopf ließen seinen Körper schwer wie Zement erscheinen. Er kam gegen die Müdigkeit nicht mehr länger an. Schließlich überwand sie ihn und er gab ihr dankend nach. Er versank in seinen Träumen. – Es wurde dunkel um ihn herum. Schrecklich dunkel. Dann erschienen vor ihm zwei verschwommene Gestalten - seine Schwester Komiko und dieses geheimnisvolle Mädchen. Hinter den bekannten Gesichtern tauchten weitere Gestallten auf. Langsam aber widerwillig bewegte sich Akira auf diese schwarzen, bizarren Figuren zu. Umrisse - er konnte lediglich die Umrisse erkennen. Die eine Person, er kniff die Augen zusammen, sie schien ihm vertraut. Doch es gelang ihm nicht sie zuzuordnen. Zu verschwommen flimmerte sie vor seinen Augen und ihm wurde ganz bange. Er wollte das hier nicht sehen. Er wollte nicht wissen, was als nächstes auf ihn zukam. Akira bemühte sich auf unglaubliche Weise irgendwie selbst aufzuwecken und die Figuren verblassten tatsächlich kurz darauf. Er fühlte sich auf schaurige Weise plötzlich un-heimlich leicht, als könne er alles erreichen, so weit entfernt und hoch es auch liegen möge. Er öffnete langsam schwach und verschlafen die Augen. Er saß immer noch auf dem Hocker neben dem Bett. Das Mädchen regte sich leicht. Akira machte sich über seinen Traum, der irgendetwas Unwirkliches und Beunruhigendes an sich hatte, Gedanken. Wer waren diese dunklen Personen und warum träumte er ausgerechnet jetzt so einen Unsinn? Dann betrachtete er wieder das Gesicht des schlafenden Mädchens. Da war plötzlich eine Veränderung zu sehen, aber Akira konnte sie nicht deuten. Sie wirkte irgendwie reifer und nicht mehr so verletzlich wie noch vor wenigen Augenblicken. Er merkte nicht, dass auch sie langsam wieder zu sich kam und ihn leicht verschlafen anblinzelte. Sie lächelte und erst dann reagierte Akira mit einem verschämten Blick zu seinen Füßen. Das Mädchen wollte sich rühren und zuckte zusammen, als hätte sie ihre Schmerzen bis jetzt völlig vergessen. Außerdem war sie noch immer völlig verschmutzt mit Dreck und eingetrocknetem Blut und ihre Wunden mussten bald versorgt werden, bevor sie sich entzünden konnten. Er schlug ihr kurzerhand ein warmes, entspannendes Bad vor, welches sie stumm aber dankend annahm. Er half ihr behutsam aus dem Bett und geleitete sie zum Badezimmer, damit sie nicht stürzte. Er setzte sie auf den Toilettendeckel während Akira warmes Wasser in die Badewanne einließ. Beide sagten in dieser Zeit nichts und Akira fragte sich ernsthaft, ob das Mädchen vielleicht stumm wäre, oder seiner Sprache gar nicht mächtig war. Als die Wanne halbvollgelaufen war gab er noch ein wenig wohlriechenden Badeschaum mit Kirschblütenaroma dazu und rührte mit den Fingern im Wasser hin und her, bis sich die zähe Flüssigkeit in weichen rosa Schaum verwandelte. Es war nach nur kurzer Zeit ausreichend Wasser im Becken, um das Mädchen ganz zu bedecken und nun stellte sich die frage, ob sie genug kraft aufbringen konnte sich ihrer zerschlissenen Kleidung zu entledigen. Akira zeigte keine Scheu mehr und bot ihr an, ihr zu helfen. Plötzlich machte ihm der Kontakt nichts mehr aus. Kasumi errötete leicht und wunderte sich über diesen hilfsbereiten Jungen, der wohl keine Spur von Scham zu haben schien, obwohl er am Anfang noch leicht Abweisend wirkte. Aber es gefiel ihr. Es würde noch fehlen, dass ein Mann diese Situation auch noch schamlos ausnutzte. In Akiras Augen bot des Mädchens nackter Körper doch nur schmerzhafte Erinnerungen an seine Schwester. Nie könnte er eine andere Frau so lieben wie sie, dachte er bei sich und versuchte diesen Gedanken schnell wieder abzuschütteln, bevor er ersichtlich wurde. Die zarten Brüste, die schmale Taille und die zierlichen Füße ähnelten der seiner Schwester so sehr, dass es ihm schwerfiel sich zu beherrschen. Nackt und wieder sehr zerbrechlich wirkend setzte sie einen Fuß nach dem anderen ins Wasser und ein wohliger Schauer machte sich in ihr breit. Nachdem sie sich gesetzt hatte, träufelte Akira noch fürsorglich Badeschaum mit einem vollgesogenen Schwamm über Ihren Rücken und legte ihr eine große Haarspange für ihre langen, pechschwarzen Haare, einen Lappen und ein Handtuch auf den Wannenrand. Akira machte Anstalten das Zimmer zu verlassen als das Mädchen plötzlich doch das Wort ergriff. »Ich bin Kasumi. «, sagte sie und Akira drehte sich langsam wieder zu ihr um. »Ich weiß. In eurem Land stellt man sich gern mit seinem Namen, seinem Alter und auch seiner Blutgruppe vor. «, sprach sie weiter, »Aber ich bin mir sicher, dass dich das gar nicht interessiert und es ist auch völlig belanglos. « Sie legte eine kleine Pause ein um ihn stärker mit ihren Blicken zu fixieren. Akira stand immer noch regungslos da, als würden ihn ihre violetten Augen tatsächlich in ihren Bann reißen. »Bevor du fragst, «, begann sie erneut, »Ich komme von einem weit entfernten Ort und bin auf der Suche nach jemandem. Ich bin mir sicher, dass Du mir bei der Suche helfen kannst. Vielleicht bin ich dieser Person auch schon sehr nahe. Du kannst mir doch helfen? « Akira antwortete nicht, sondern stellte eine Gegenfrage, die dieses Thema erstmal beenden sollte. »Möchtest du neue Klamotten anziehen? «, fragte er völlig zusammenhangslos. »Ich habe noch ein paar schöne Sachen bei mir im Schrank. Für die Nacht brauchst du ja auch noch was. « Kasumi wurde hellhörig und stieg ins neue Thema mit ein. »Für die Nacht? Heißt das, du gewährst mir wirklich Asyl in deinem bescheidenen Heim? « Sie sah sich um und staunte nicht schlecht. Akira nickte und lächelte sie an. »Vielleicht ist ein bisschen Gesellschaft nach all der Zeit gar nicht schlecht. In letzter Zeit war ich oft einsam. « Als Kasumi ihn darauf ansprechen wollte, winkte er ab und sie hielt sich zurück. »Ich kann mich doch glücklich schätzen, ein so schönes Mädchen bei mir zu haben. « In seinen Worten lag irgendetwas Verstohlenes und Falsches. Diese Ironie bemerkte das junge Mädchen schnell. Aber sie tat so, als wäre es an ihr vorbeigegangen. Akira freute sich nicht. Jedenfalls sah man es ihm nicht an. Er wollte nur seine Schwester zurück. Niemand anderen. Niemand könnte Komiko ersetzen. Er machte Anstallten den Raum zu verlassen, doch Kasumi hielt ihn zurück. »Wo willst du denn hin? «, fragte sie leicht besorgt. Akira hatte wieder an kühle in seiner Stimme gewonnen und antwortete tonlos: »Ich werde das Mittagessen zubereiten und neue Sachen für Dich werde ich ebenfalls schon mal herauslegen. « Er dachte dabei an Komikos Kleider die er noch als Erinnerung aufbewahrte. Sie waren ihm sehr wichtig, doch sie zu verleihen machte ihm bei Kasumi merkwürdiger Weise nichts aus. Sie schienen ihm so gut aufgehoben. Er lächelte nun wieder. »Baden kannst du ja jetzt erstmal allein. « Damit verließ er dann auch den Raum, ohne eine Antwort abzuwarten. Das junge Mädchen sah ihm verwundert hinterher. Sie hatte ihn anders eingeschätzt, war ihm für seine Hilfe aber auch unheimlich dankbar. Die Wanne war kurz vor dem Überlaufen als sie es registrierte und stellte das Wasser ab. Sie zog die Beine dicht an ihren Körper und kam ins Grübeln. Das Wasser um sie herum färbte sich langsam dunkel. Wenn es stimmte, was sie vermutete, dann könnte sogar Akira derjenige sein, nachdem sie so dringend suchte, aber sie konnte sich jetzt noch nicht festlegen. Dafür war ihre Aufgabe einfach zu wichtig und sie konnte sich keine Fehler mehr erlauben. Sie musste auf dieses Signal warten, welches ihre Zielperson verraten würde. Egal wer es wohl sein mochte. Kasumi biss sich auf die Lippe und mahnte sich zur Geduld. Sie ließ ihre Knie los und entspannte sich endlich. Akira war derweil in der Küche und bereitete das Mittagessen vor. Er war eigentlich ein ausgesprochen guter Koch. An diesem Tag gab es allerdings nur einen einfachen Nudeleintopf mit Hähnchenstücken. Dieser sollte Kasumi wieder schnell zu Kräften kommen lassen. Während der Eintopf vor sich hin brodelte legte Akira im Schlafzimmer Komikos Sachen zurecht, damit Kasumi nur noch hineinzuschlüpfen brauchte. Er schreckte auf, als er ein Kreischen aus dem Bad vernahm auf welches ein dumpfes Rumsen folgte. Alles liegen und fallen lassend machte er sich auf, um nach Kasumi zu sehen. Sie war am Wannenrand ausgerutscht und lag zusammengekauert und erneut blutend auf dem Boden. »Mädchen! Warum hast du mich nicht gerufen. Ich hätte dir doch geholfen! «, fragte er verärgert. »Ich möchte nicht dass du dich die ganze Zeit um mich kümmern musst. «, japste sie mit unruhigem Blick. »Dummes Ding! «, mahnte er und half ihr auf, ohne Rücksicht auf ihre Verletzungen zu nehmen. Sie wollte vor Schmerz aufkeuchen, doch beherrschte sich im letzten Moment. »Ich begleite dich zum Bett und bringe dir dann etwas zu Essen. Danach kümmere ich mich um deine Wunden. Keine Widerrede, verstanden? « Er umfasste ihre Hüfte und zog sie mit sich, um seinen Worten direkt Taten sprechen zu lassen »Ist in Ordnung. « Antwortete sie. Widerwillig ließ sie sich zum Bett geleiten. »Und bleib ja liegen! « Er verließ wieder das Zimmer. Sie schmunzelte und dachte daran, wie sich ein Bruder wohl um seine Schwester sorgen würde. Sie wusste ja nicht, wie nah sie mit diesem Gedanken der Realität war. Kurz darauf kam Akira mit den Worten: »Vorsicht. Heiß und Fettig! Hier, dein Teller.«, schon wieder. Er stellte Das Tablett mit dem Essen auf den Hocker und wollte abermals den Raum verlassen. »Warte! Wo willst du hin? «, wollte sie wissen. »Ich esse draußen. «, antwortete er ohne in seiner Bewegung zu stoppen. »Warum? Iss doch bei mir. « sie richtete sich etwas auf. Akira antwortete etwas widerwillig: »Wenn du willst. « Kasumi war sich nicht sicher, ob sie ihm vielleicht zu sehr auf die Nerven ginge. Akira holte sich seinen Teller und setzte sich zu ihr. Sie kostete und fand es unheimlich gut. »Das schmeckt ja wunderbar! Wo hast du kochen gelernt? «, fragte sie. »Das habe ich mir selbst beigebracht. «, antwortete er in einem traurigem Ton. Kasumi versuchte ihn aufzuheitern. »Wirklich? Nicht schlecht«, grinste sie. Doch sie wusste nicht, was Akira in Gefühlssachen für ein harter Brocken war »Danke. « Auch sie begriff, dass es bei ihm schwer würde auch nur ein paar Gefühlsregungen auf sein Äußeres zu zaubern. Ihr brannte es richtig auf der Seele, ihm ihr Geheimnis anzuvertrauen, aber sie wollte noch damit warten. »Was hast du denn? «, fragte sie stattdessen. »Nichts. schon gut.« Um nicht weiter auf dieses Thema eingehen zu müssen, räumte er die Teller weg, obwohl er noch nicht einmal fertig war. Kasumi hatte in der Zeit bereits die Portion mit Eintopf gierig hinuntergeschlungen. Akira kam mit Einem Erste-Hilfe-Köfferchen wieder und Kasumi schaute ihn neugierig an. »Das kann etwas wehtun, aber da musst du jetzt durch. Deine Wunden müssen un-bedingt versorgt werden. « Er nahm das Desinfektionsfläschchen und ließ ein paar Tropfen auf einen weichen Tupfer fallen. Er berührte damit Kasumis verwundeten Oberarm. Sie wollte aufstöhnen, aber biss tapfer die Zähne zusammen. Nach einer gefühlten Ewigkeit unerträglichen Schmerzes an allen verletzten Körperstellen konnte sie sich wieder entspannen. Und Kasumi lächelte Akira dankbar an. Die Beiden ahnten es nicht, aber sie wurden seit geraumer Zeit von einem dunklen Schatten am Fenster beobachtet. Akira legte die Utensilien sorgfältig wieder in den Koffer zurück schloss ihn zu. »So. «, sagte er. Sie schaute ihn verwundert an. »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mich jetzt gerne etwas hinlegen. ist das ok für dich? Wenn was ist, ruf mich einfach. « »okay...« sie nickte nur zögernd. Die Figur am Fenster verschwand plötzlich und Kasumi schreckte auf. Sie hielt es aber letztendlich nur für einen Vogel den sie im Augenwinkel bemerkt hatte und legte sich wieder hin. Es wurde Nacht und Akira wälzte sich auf seiner Couch hin und her während Kasumi bewegungslos im Bett verharrte. Sie trug ein seidiges weißes Nachthemd. Es duftete sehr angenehm und sie fühlte sich sehr wohl darin. Sie hatte sich auch etwas im Zimmer umgesehen und ihr fielen die vielen niedlichen Porzellanfigürchen auf, die auf den Schränken und Vitrinen standen. Die Wohnung war sehr schmackhaft eingerichtet. Sie beinhaltete nicht viele Möbel, aber alles war sehr stilvoll und das gefiel ihr. Es dauerte nicht lange, bis auch sie selig einschlummerte. Am nächsten Morgen wurde sie sanft von dem rothaarigen Jungen geweckt und im ersten Augenblick erschreckte sie sich vor dem fremden Gesicht, erinnerte sich aber dann wieder an den Vortag und lächelte verträumt. »Guten Morgen. «, sagte Akira knapp. »Ich werde uns ein paar Brötchen aufbacken, wenn du möchtest. Zieh dir in der Zwischenzeit doch etwas Vernünftiges an. « Damit verließ er das Schlafzimmer und bereitete das Frühstück vor. Kasumi war verblüfft von Akiras täglicher Organisation und entdeckte die sorgfältig zusammengelegten Kleider, die er für sie bereitgelegt hatte. Ihre Wunden taten, dank der schnellen Behandlung kaum noch weh. Er hatte ihr schlichte Unterbekleidung und ein knielanges hellblaues Sommerkleid mit feinen Rüschen und zarter hellgrüner Blumenmusterung zurechtgelegt. Daneben standen passende blaue Flipflops die sie dazu tragen sollte. Sie schlüpfte voller Vorfreude auf das Endbild in die Kleider und bewunderte sich anschließend im Wandspiegel. Sie war positiv überrascht, wie gut ihr die Sachen passten. Es duftete schon herrlich nach warmen Brötchen und Kasumi ließ es sich nicht nehmen Akira in der Küche zu überraschen. Die Küche war klein aber effektiv. Eine, in den Schrank eingebaute Mikrowelle, ein kleiner Kühlschrank, ein Backofen und eine ebenso kleine aber feine Waschmaschine unter der Arbeitsplatte, die Akira in einem hellen Kiefernholzton hielt. Auch der Vorratsschrank mit der gleichen Holzmaserung, der sich auch in den restlichen Küchenmöbeln wiederfand, war nicht allzu groß, aber er wohnte ja auch allein und mehr wäre einfach nur verschwenderisch gewesen. Kasumi gefielen besonders die eigelben Fliesen über der Herdplatte. Sie stellte sich auf Zehnspitzen und schaute Akira über die Schulter, der grade ein wenig Aufstrich zurechtlegte. Akira war zu erst etwas verdutzt erklärte sich ihre Neugier aber mit dem aufsteigenden Hungergefühl, das auch ihn plagte. Als die Brötchen goldbraun und knusprig auf dem Esstisch landeten lief beiden das Wasser im Mund zusammen und sie konnten gemeinsam frühstücken. »Gut siehst du aus«, sagte er, als er den ersten Biss heruntergeschluckt hatte. »ich habe mir schon gedacht, dass es dir gut steht. « Kasumi sah an sich herab und lächelte dankbar. »Das mit der Größe muss aber auch wirklich ein glücklicher Zufall sein«, stimmte sie zu. Akira sah sie nach diesen Worten prüfend an und fügte in Gedanken hinzu, dass nicht nur die Kleidergröße ein Zufall zu sein schien. Da es Wochenende war und Akira noch Lebensmittel einkaufen musste, fragte er, ob Kasumi nicht mitkommen wolle. Sie schien ja nicht von hier zu sein und könnte es interessant finden, etwas von der Stadt zu sehen. Kasumi nahm dies natürlich begeistert an. Akira fing an ihre Gesellschaft zu genießen, was wohl auf die starke Ähnlichkeit zu seiner Schwester zurückzuführen war. Als wäre sie zu ihm zurückgekommen. Den Tag verbrachten sie die meiste Zeit im Freien. Akira zeigte ihr schöne Parks, traditionelle Tempel und moderne Spielhallen und Restaurants. Zu vielen konnte er eine kleine Geschichte erzählen, weil er gern und viel beobachtete, wenn er die Zeit dafür hatte. Sie besuchten auch kurz einen kleinen Vergnügungspark in der Nähe, aber nachdem Kasumi eine kleine Kinder-Achterbahn gefahren war, zog sie ihn von dort weg. Akira schmunzelte über viele freche Antworten und Reaktionen von Kasumi und fühlte sich wie vor einem Jahr, als er noch ein ganz normaler Junge sein durfte. Am Abend, als beide erschöpft zu hause ankamen legte sich Akira sogar seine dünne Zweitmattratze im Schlafzimmer neben sein kleines Bett. Kasumi freute sich, nicht wieder allein in dem Zimmer schlafen zu müssen. Dieser Tag verging unglaublich schnell, war aber für beide eine willkommene Abwechslung gewesen. In der Nacht schrie Kasumi plötzlich auf und saß senkrecht im Bett. Erschrocken zuckte Akira zusammen. »Was ist? «, fragte er sie angespannt. »Sie sind da! «, flüsterte sie ängstlich und klammerte sich schlagartig um ihre angezogenen Beine. »Sie wollen mich zurückholen! Ich bin mir ganz sicher. «, piepste sie. Ihre Augen waren weit aufgerissen. »Du muss mir helfen. « Sie presste ihre Beine noch enger an die Brust. Akira verstand nicht, was plötzlich in sie gefahren war. Vielleicht war es auch nur ein Albtraum der sie aufschrecken ließ. »Du musst mir helfen. «, schluchzte sie. »Wobei muss ich dir helfen? Bist Du sicher, dass du nicht einfach nur schlecht geträumt hast? Hier ist doch alles in Ordnung. «, fragte er verschlafen. Kasumi sah ihn verblüfft mit großen Augen an. »Nein, das war kein Traum. Ich spüre die Anwesenheit der anderen. Sie wollen mich zurückholen. Schon bald.« Akira verstand noch immer nicht, aber er wartete mit ihr eine geraume Weile darauf, dass irgendetwas geschah, aber dieser Moment blieb aus. Akira saß neben Kasumi auf dem Bett und sie lehnte sich an seiner Schulter an bis sie wieder einschlief. Das nannte man wohl einen falschen Alarm. Der nächste Morgen verlief ähnlich wie der vorherige Tag und die beiden frühstückten genüsslich am kleinen Esstisch im Wohnzimmer, bis es plötzlich an der Tür läutete. Akira sah mit erschrockenem Blick auf, da er schon gar nicht mehr wusste, wie die Klingel sich anhörte. Auch Kasumi hielt inne und hatte wieder diesen glasigen Blick, den sie auch schon nach ihrem Aufschrecken in der Nacht bekam. Zögernd bewegte sich Akira auf die Tür zu und öffnete. Es stand ein ordentlich gekleideter, blauhaariger junger Mann davor. »Darf ich bitte mal Kasumi-san sprechen? «, fragte er schüchtern. Akira sah ihn sprachlos an bevor Kasumi sich vor ihn drängte. »Du bist doch...«, stotterte sie. »Kann ich sie mir kurz mal ausleihen? «, zwinkerte der Junge Akira lächelnd zu. »ich bin mir nicht sicher ob Sie das überhaupt was angeht. », antwortete Akira patzig und wollte die Tür schließen. Kasumi sah ihn panisch an, hielt aber die Tür offen bevor sie gänzlich ins Schloss viel. »Ich befürchte, es war kein Albtraum. Aber ich werde ganz sicher wiederkommen, Akira-san. « Mit diesen Worten schob sie sich durch die Tür und verließ mit dem jungen Mann den Wohnblock. Gemeinsam gingen abseits der Straßen in einen kleinen, nahen Park. Akira stand noch immer verwirrt an der Tür und hatte ihr noch nachgesehen, bis sie hinter der Häuserfront verschwunden waren und hielt in der Zwischenzeit alles für seinen eigenen sehr langen, qualvollen Albtraum. Der Junge hatte dort an einer Bank im Gebüsch ein Schwert und eine Ausrüstung die irgendwie nicht in diese Zeit passte versteckt. »Ihr seid es, oder? Prinz Saîsha…«, fragte sie auffordernd. »Ja. Schön, dass du dich, nach der langen Zeit in dieser Welt noch an meinen Namen erinnerst. «, antwortete er beiläufig und legte seine Rüstung an. »Du weißt wer dieser Akira ist, Maila? «, sprach er weiter. »Warum benutzt Ihr hier meinen richtigen Namen? Ja.. ich denke, ich weiß mit wem ich es zu tun habe...«, musste sie zugeben. Sie hatte sich die Frage in den letzten Tagen immer und immer wieder gestellt und hatte gehofft, auf der falschen Spur zu sein. »Wenn wir Pech haben ist es bereits zu spät. «, er schnallte sich zornig nun auch seine Schwertscheide um die Hüften. »Das glaube ich nicht. Er hat es noch nicht erfahren...«, sagte Kasumi beruhigt. »Trotzdem mache ich mir Sorgen...« Saîsha lächelte nun wieder: »Deswegen bin ich hier. « Sie versuchte ebenfalls zu lächeln aber es wirkte aufgesetzt. »Ich soll aufpassen, auf ihn und auch auf dich. « Erklärte Saîsha. »Auf mich?« Kasumi war wirklich verdutzt. »Ja, du weißt doch selbst, was vor eurer Begegnung passierte und dass du zwischen den Fronten von Zarkunda und Konricias stehst. « »Ja...«, traurig ließ sie den Kopf sinken. »Keine Sorge.. ich achte schon auf dich. «, klopfte er ihr aufmuntert auf die Schulter. »Du willst bei ihm wohnen? «, er sah sie misstrauisch an. »Ja...Er muss Kontakt und Bindungen zu mir finden sonst kann ich nicht mit ihm arbeiten. « Saîshas Blick verdüsterte sich und er mochte es sich nicht ausmalen, wenn sie Akira verfiele. »Ihr glaubt doch nicht etwa - Ihr braucht nicht eifersüchtig zu sein. Ich finde nichts an ihm und selbst wenn, er ist nicht im Stande Jemanden zu lieben. «, versuchte sie sich heraus zu reden und schüttelte stärker den Kopf als nötig. »Schon gut, kleine Dämonin, schon gut. Ich geh nun wieder. «, antwortete er um die Stimmung vor dem Kippen zu bewahren. »Wollt Ihr nicht bleiben und uns Gesellschaft leisten? « Kasumi hoffte, dass er dies als rhetorische Frage verstand und ablehnte. »Nein. ich mag diesen Kerl nicht. Ich traue ihm nicht. «, wandte er sich ab und steckte sich nun auch das prächtige Schwert in die ledernde Scheide an seiner Linken. Traurig aber irgendwie auch erleichtert sah sie ihn an. »Ich verstehe. Kommt bald zurück. « »Keine Sorge, das werde ich früher als dir lieb ist. « er lächelte sanft. Sie ging einen Schritt auf ihn zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Ich liebe Euch und nur Euch. « Das waren die Worte die er hören wollte, dann drehte er sich um. Er und Maila, wie er sie nannte, waren eng miteinander verbunden. Doch seit sie in dieser Welt war, schien sie sich an diese Verbundenheit nur noch selten zu erinnern. Bedrückt ging er von dannen. Er selbst wusste nicht, wie lange er schon die Bürde eines Ritters tragen musste, aber es waren schon sehr viele Jahre. Kasumi wendete sich traurig ab und ging zurück in Richtung der Straße in der Akira wohnte. Der Junge Rotschopf ahnte von alle dem nichts. Er saß an seinem Notebook und hörte laute Musik während er Wirtschaftskunde-Hausaufgaben erledigte als Kasumi an der Tür klingelte. Da ihr niemand öffnete, ging sie wieder hinaus, kletterte gewandt und fast mit übernatürlicher Leichtigkeit auf den Baum vor dem Wohngebäude, welcher seine Verästelung vor Akiras Wohnung begann, setzte sich auf einen starken, gesunden Ast und hob von Außen das Fenster an. Leise stieg sie ins Schlafzimmer ein. Kurz sah sie noch nach Akira, der im Wohnzimmer konzentriert arbeitete. Sie sah verliebt zu ihm rüber, ohne, dass er es bemerkte. »Ich werde Euch beschützen. «, hauchte sie und legte sich dann, ebenfalls zum Ruhen auf das frisch gemachte Bett. Es war vier Uhr nachmittags als Akira mit den Aufgaben fertig war. Er setzte die Kopfhörer ab, und legte diese beiseite. Als er aufstand sah er sich verwundert um. Irgendetwas war anders. Er ging in die Küche und fand sie so vor, wie er sie verlassen hatte, kontrolliere dann das Bad und ging schließlich ins Schlafzimmer. Da fand er auch eine, wie eine Katze zusammengerollte schwarzhaarige Frau auf seinem Bett. Sanft lächelnd und ein bisschen froh über seine erneute Besucherin setzte er sich vorsichtig zu ihr. Als Kasumi wieder erwachte entdeckte sie ihn neben sich. »War etwas? «, fragte sie. »Nichts, aber schön, dass du aufgewacht bist. «, lächelte er schelmisch. »Die Sonne wird bald untergehen. Ich möchte vorher noch mit dir einkaufen. « Sie errötete. »Wirklich?« Verlegen sah sie zu Boden. »Ja. Meine Klamotten haben es mal wieder nötig. Deine sicherlich auch. Schließlich hast du nur noch die Kaputten zum tragen. «, antwortete er freundlich. Kasumi nickte zustimmend. Er sah sie untersuchend an. Dann fasste er ihr auf die Stirn. »Du wirkst etwas hitzig, hast du vielleicht Fieber? Ich kann auch allein einkaufen, wenn du mir deine Maße gibst bring ich dir was Schönes mit. «, wieder konnte er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. »Nein, nein. Mir geht‹s bestens. Wir können gleich los. « Mit diesen Worten hüfte sie wieder in ihr geliehenes Kleid und stand schneller in der Tür, als Akira reagieren konnte. Unterwegs aßen sie ein paar Happen und stöberten in sämtlichen Kleidungsgeschäften nach neuen Hosen, Röcken, quietschigen T-Shirts und geschmacksfreien Hemden. Mit einem wohligen Gefühl im Bauch und vollen Einkaufstaschen betraten sie wieder Akiras Wohnung. Nun war es auch nicht mehr lang bis zur Nacht. Nach dem Abendessen aus ein wenig Reis mit Currysauce legten sie sich schlafen. Die Sonnenstrahlen kitzelten im Gesicht und Akira rieb sich die Nase. Verschlafen öffnete er ein Auge. Er warf einen Blick auf Kasumi, die neben ihm lag und sich an ihn gekuschelt hatte. Als er merkte wie anders er sich in den vergangenen Tagen benahm, wollte er aufstehen und wieder einen klaren Kopf bekommen. Dafür musste er aber erst ihren Kopf vorsichtig beiseite legen, was ihm sichtlich un-angenehm war. Akira erhob sich und musste sich erst einmal ausgiebig strecken. Er ging zum Fenster und öffnete es, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Die Luft war rein und frisch. Das Zwitschern der Vögel war nicht zu überhören, es war ein schöner Klang. Akira beschloss die Wohnung zu verlassen um allein etwas durch den Wald zu gehen. Leise wusch er sich, zog sich an und schlich aus der Tür. Als er das Wäldchen erreichte setzte er sich auf eine Bank. Er wollte ein wenig über das Geschehende nachdenken. »Komiko, es tut mir leid. Ich habe dich wirklich nicht für diese Momente vergessen wollen, aber... dieses Mädchen, es ist dir so ähnlich. Natürlich kann dich keine Frau der Welt übertreffen, aber sie hat etwas, was mich an dich denken lässt. «, flüsterte er leise, »Niemals werde ich dich mehr vergessen. Glaub mir, ich schwöre es dir. Ich möchte nichts mehr als zu dir, Komiko-chan. Hier gibt es nichts für mich zu tun. Mein Leben hat ohne dich keinen Sinn...« Tränen stiegen in seine Augen. Doch plötzlich wurden seine Gedanken unterbrochen. »Doch... Doch Akira. Ich brauche dich. Jedes Leben hat irgendeinen Sinn, irgendein Ziel und wenn es noch so unerwähnenswert ist. Jedes Leben ist nützlich. Auch deines und auch meines.« Diese zart klingende Stimme gehörte Kasumi, die in diesem Moment aufmunternd lächelnd vor ihm stand. Er sah auf. »Was weißt du denn schon? «, fragte er abweisend. »Mehr als du.«, grinste sie, »In meinen zweihundertdreiunddreißig Jahren sieht man viel.« Sie erwartete einen Schreckensschrei aus Akiras Munde, aber er blieb stumm und zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Du bist eine von den Bösen, richtig? « Nun starrte sie ihn ungläubig an. »Wo- woher weißt du-« »Woher weiß ich was? Das du eine Dämonin bist? Wenn ich ehrlich bin, ich wusste es nicht, meine Fantasie hat eine große Rolle gespielt und ich habe es grundsätzlich nur vermutet. Weiter nichts. Weißt du, ich ziehe das Dunkle und Böse an. Das war immer so. Wie könnte sich auch jemand anderes in mich verlieben als eine, die mir kein Glück bringen kann, so sehr es auch danach aussieht. « Ihr Gesicht lief rot an. Akira lächelte böse: »Es war nicht zu übersehen. du brauchst deine Gefühle nicht zu leugnen. « »Das tue ich auch nicht. Um noch mal auf das Thema zurück zu kommen«, lenkte sie von ihren Gefühlen ab: »Du sagtest du ziehst den Hass und die Dunkelheit an? Deswegen bin ich hier, Akira. «, versuchte sie zu erklären. »Etwa um mich zum Anführer der Bösen zu ernennen? Mach dich nicht lächerlich. « Er zog eine Grimasse die Kasumi fasst aus den Fugen riss. »Nein. «, sprach sie dennoch ruhig, »genau im Gegenteil. Ich bin hier um genau das zu verhindern. Aber ich merke schon, das wird sehr schwer für mich. « »Eine Dämonin setzt sich für das Gute ein? « Er sah ihr tief in die Augen, so das sie nun endgültig die Beherrschung verlor: »Nein! Ich wurde dafür entsendet um dich auf die Seite der Liebenden und Glückempfindenden zu bewegen, das ist meine Aufgabe! Wenn ich versage und du dich tatsächlich von der dunklen Seite verführen lässt, werde ich deine Dienerin sein. Ich wurde geboren um dir zu gehorchen. Ich stehe genau wie du zwischen Licht und Schatten. Das hat nichts mit Liebe zutun. So, nun weißt du es und hast es hoffentlich verstanden und nicht als Unsinn abgetan. « Erschöpft ließ sie sich neben ihn auf die Bank sinken. Er sah sie nur verwirrt an. Er hatte alles tatsächlich für wirre Erzählungen gehalten und sich einen Spaß daraus gemacht, das Thema immer weiter fortzuführen. Aber Kasumi schien es tatsächlich ernst zu sein. Der verschwörerische, feurige Blick in seinen Augen war vollständig erloschen. Um seine Spinnerei trotzdem fortzuführen, in wie weit seine Fantasie die Wirklichkeit treffen kann, sprach er weiter: »Ich glaube zwar nicht ganz meinen Ohren, aber in diesem Sinne hab ich es so verstanden, dass wir beide neutral sind. Weder gut noch böse. Und in dem Moment, wo das Negative überwiegt, werde ich zum Dämonenherrscher und du zu meiner Dienerin?! « Kasumi nickte zustimmend: »So ungefähr. « In was war Akira da nur geraten. Nein, eigentlich steckte er darin schon seit seiner Geburt, wenn nicht schon vorher. Die Zeit zog ihn tiefer und tiefer hinein. Egal was in seinem Lebenslauf geschah, nichts davon war positiv, ganz im Gegenteil, es wurde immer furchtbarer. »Komiko, steh mir bei. Ich will einfach nur zu dir, nicht in die Hölle. «, betete er leise zum Himmel. Seine Gedanken verblassten. »Nein du gehörst weder ins ›Ewige Feuer‹ noch auf ›Wolke Sieben‹. Wenn ich ehrlich bin weiß ich nicht wo du einmal endest. Aber kein Grund zur Sorge. Ich bleibe ewig an Eurer Seite mein Herr. « Sie nickte, um ihren Worten einen glaubwürdigen Nachdruck zu verleihen. Mein Herr.. wie das klang. in Akiras Ohren hallte es wieder, als ein verspottendes Wort. Aber er ließ sich nichts anmerken. Sowohl sie ohnehin seine Gedanken lesen konnte. Das hatte sie zu Beginn des Gesprächs ja bewiesen. Es zog ein Unwetter heran und die Bäume wehten schon stark im Wind. Akira hielt dies für ein schlechtes Ohmen, aber was sollte jetzt schon noch kommen. Er wusste nicht wie es jetzt weitergehen sollte und musste einfach abwarten was passiert. Noch nie war es ihm gelungen, sein Schicksal in die Hände zu nehmen und etwas Gutes daraus zu machen. Immer endete alles in einer Tragödie. Warum sollte es dieses Mal anders sein. Er stand auf. »So, dann wollen wir mal. « Auch Kasumi erhob sich und stimmte ihn mit einem freundlichem Lächeln zu: »Ab ins Kaufhaus!«, rief sie so laut, dass sich die Spatziergänger, die schon morgens auf den Beinen waren, verblüfft umschauten und Kasumi ansahen, als sei sie eine Verrückte. Den beiden Jugendlichen war dieser Zwischenfall natürlich unheimlich peinlich und Akira konnte nur verlegen den Kopf schütteln. »Tut mir leid. «, versuchte sie sich herauszureden, aber Akira war schon weitergegangen, sodass sie nur hinter ihm her hüpfte. »Warte doch mal! «, sagte sie, »Tut mir ehrlich leid, wirklich. Als erstes sollten wir Regenschirme kaufen, findest du nicht? «, grinste sie. Die Beiden verließen das Wäldchen und der Sturm nahm stetig zu. Auch kein Schirm der Welt würde sie vor den folgenden sinnflutartigen Regenfällen nun schützen. So zogen sie es vor, doch nicht mehr einkaufen, sondern auf dem direkten Wege nach Hause zu gehen. Nicht nur das Wetter war plötzlich umgeschlagen, sondern auch die Straßen hatten sich auf merkwürdige Art verändert. Akira konnte nicht sagen, ob es am starken Regen lag, oder an der tiefroten Farbe des Himmels, aber die Straßen, Wege und Häuser waren nicht mehr die Selben. Orientierungslos bog er in eine Straße ein, die er für richtig hielt. Allerdings konnte man das nicht mehr als Straße bezeichnen, eher als Wüstenpfad. Der Regen stoppte. Ganz im Gegensatz zu den belebten Wegen, die an diesen angrenzten war sie auch wirklich unheimlich farblos grau. Wind fegte dichten Sand auf die Straße und es stieg ein merkwürdiges Gefühl in Akira hoch. Gestern war diese Straße noch nicht so unheimlich und so voller hellem, reinem Sand. Die Sonne drang wieder durch die Wolken und es wurde von jetzt auf gleich unglaublich schwül. Akira war sich nicht sicher, ob er träumte, oder es an seinem bald folgenden Kreislaufzusammenbruch lag, aber ihm wurde immer unbehaglicher. Kasumi klammerte sich fest an seine Hand. Sie schien nicht anders zu empfinden als er. Sie gingen weiter den sandigen Pfad entlang, immer noch im Glauben, dass er zur Hauptstraße führte, auf dem man nicht von allen gesehen werden konnte. Plötzlich sahen sie einen Schatten über den Pfad huschen. »Akira! «, schrie Kasumi vor Schreck. Er brachte sie mit einer strengen Geste zum Schweigen. »Sei still, oder willst du das sie uns bemerken?! «, fuhr er sie im scharfen Ton an. »Woher weißt du-«, flüsterte sie. »Göttliche Fügung. «, zwinkerte er ihr zu. »Ihr seid der geborene Anführer! «, lächelte sie. Er grinste flüchtig: »Zuviel der Ehre! « Diese Worte wurden allerdings so hart von ihm ausgesprochen, dass sie für die nächsten Minuten schwieg. Natürlich wurden sie bereits bemerkt. Sie waren sicherlich nicht einfach so in diese Straße gelockt worden. Auch das Wetter war sicherlich kein Zufall. Irgendjemand wollte, dass sie weitergehen. Er zögerte, denn wenn sie in den Weg einbogen, würden sie Spuren im Sand hinterlassen und das wäre grade jetzt nicht der günstigste Zeitpunkt, auch wenn es nicht viel brächte, er wollte noch nicht bemerkt werden. Doch auch Kasumi hatte daran gedacht und ließ die Abdrücke hinter ihnen einfach mit einem kurzen, magischen, aber äußerst wirkungsvollem Spruch einfach davon wehen. »Weißt du wie es weitergehen wird, wenn ich auf die negative Seite gezogen werde? «, fragte er in einem Flüsterton. »Um ganz ehrlich zu sein, nein. Und um ebenfalls die Wahrheit meiner Meinung zu sagen, ich glaube nicht, das ich dich und mich so rein bekomme, dass wir es auch schaffen.«, antwortete sie traurig. »Hast du die Hoffnung schon aufgegeben? « Er blieb kurz stehen und sah sie an. Er selbst hatte nicht eine Sekunde lang an Hoffnung geglaubt. »Nein! «, sagte sie entschlossen. »Und niemals werde ich diese Hoffnung verwerfen! « Wieder fragte er: »Warst du schon mal so weit? Ich meine... dass man dich zur Schattenwelt zählen konnte? « Kasumi ließ den Kopf hängen: »Ja... ja war ich. Doch man hat mich aus den dunklen Fesseln befreit. « Akira nickte. »Der Junge von gestern Abend?« Sie blieb stehen. »Du...« Er schüttelte den Kopf. »Nein ich wusste es nicht. Es war nur eine Vermutung. Lag ich also richtig, ja? « Sie nickte. »Wie war es dort, bei den Bösen? «, Akira kam sich schon irgendwie lächerlich vor während er diese Fragen stellte. Jeder der sie hörte würde sie für verrückt erklären. »Na ja. « sie grinste: »gar nicht mal so übel. « Akira sah sie ernst an: »Es wäre aber-« »Ja...«, unterbrach sie ihn: »Es wäre der Untergang unserer Welten, wenn du zu ihnen gingest. Akira, in dir schlummern unheimlich mächtige, starke Kräfte, mit denen du die Welt zerstören könntest, wenn du wolltest. Bei dir ist es anders als bei mir. Bist du einmal dort, kannst du...« »Nie wieder zurück. Man müsste mich töten um die Menschheit zu retten. «, setzte er ihren Satz grübelnd fort. »Nicht unbedingt die Menschheit. Die Welt aus der ich, nein, aus der wir beide kommen wird gefährdet sein. Wenn man es so sieht, auch die Welt in der du aufgewachsen bist. « »Andere Welt? «, er sah sie fragend an, aber in der Zwischenzeit überraschte ihn diese Wendung auch nicht mehr. »Ja. «, Kasumi überlegte, um die richtigen Worte zu finden, »Es ist mehr wie eine Traumwelt, eine Parallelwelt. Sie existiert aber wirklich. Nur ein Paar, du und ich eingeschlossen, können sie betreten und auch wieder verlassen.« Er nickte ihr verständnisvoll zu. »Den Rest erzähl ich dir besser an einem geeigneteren Ort, und nicht hier. « Akira war einverstanden. Sie hätten sowieso nicht lange weiterreden können, denn in diesem Moment huschte erneut ein Schatten an ihnen vorbei. Vor Schreck klammerte sich Kasumi wieder stärker an seinen Arm. »Es ist unheimlich. « Er nickte. Sie wurde unruhig. »Bald wird der entscheidende Zeitpunkt eintreffen. « »Welcher? «, fragte er. »Der, in dem du deinen endgültigen Weg wählen musst.«, antwortete das Mädchen. »Ich verstehe. «, Akira wurde immer unwohler in der Magengegend. Langsam gingen sie weiter. Der Wind der zügig durch die Gassen fuhr, wirbelte den Sand von der Straße auf und blies ihn den Beiden entgegen. Akira hielt die Hände vor sein Gesicht, um den Staub nicht in die Augen zu bekommen. Kasumi folgte seinem Beispiel. Plötzlich erschrak Akira, wenn auch nur innerlich. Die Umgebung! Sie hatte sich nun vollkommen verändert. Die Häuser die hier normalerweise stehen sollten, wurden von rieseigen aufgewühlten Dünen überschattet. Es kam ihm vor, als seien sie von einem Moment zum Nächsten in der Wüste angelangt. Überall lag dichter feiner, goldfarbiger Sand. Keine Stimmen und kein Gezwitscher waren mehr zu hören. Das einzige Geräusch was er vernahm, war das Pfeifen des Windes. Kasumi hatte eine ähnliche Reaktion, allerdings nicht im Geringsten so schlagartig wie er. »Ich denke mal, wir sind fast am Ziel. «, flüsterte er. »Ja.. Wir sind nicht mehr in der Stadt... Das ist die Wüste von Zarkunda ... Man nennt sie auch Die ewige Wüste, aber das schaffen wir schon. «, erklärte das Mädchen. »Zarkunda? Das ist das Land der Reinheit und des Friedens, richtig? «, fragte Akira. »Ja das stimmt, aber woher...? « »Es stand in einem alten Buch was ich zufällig in einer finsteren Ecke meiner Wohnung fand. Dort wo nie jemand auf die Idee kommen würde überhaupt etwas zu suchen. Es stand dort schon, bevor ich dort eingezogen bin. Ich habe es nur behalten, weil ich alte Bücher sehr spannend finde und ungern wegwerfe. « »Zufällig. Ich glaube eher, das war reine Absicht. Nur von wem? «, Komiko glaubte auch an so etwas, aber sie konnte sich nicht erklären, wer außer ihr noch von Akira wusste. »Von deinem kleinen Freund vielleicht? «, fragte er. »Schon möglich. aber ich habe jetzt keine Lust mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Was mich wundert, du fragst gar nicht warum und wie wir hierher gekommen sind. Wieso ich bin wer ich bin und ob das alles überhaupt stimmt was hier vor sich geht. « Sie blieb stehen und »Ich bin nicht so neugierig wie manche denken. Ich habe mehr Lust es selbst herauszufinden. Das verstehst du sicher. « Kasumi nickte unsicher, fragte aber nicht mehr unnötig nach. Sie liefen sicher schon an die drei Stunden als Akira langsam die Kräfte verließen. »Ich bin am Ende. Ich kann nicht mehr. « Er war selbst überrascht, als er seine eigenen Worte hörte, sagte aber nichts mehr dazu. »Es ist nicht mehr weit. Dort hinten sieht man schon die Zinnen des Schlosses von Zarkunda. Die fahne ist gehisst. Die Prinzessin erwartet uns bereits, also. Den Rest schaffst du auch noch. «, befahl sie. Er musste seine ganze Kraft dazu nehmen überhaupt bis zum Schlosstor zu gelangen. Die Wüste endete tatsächlich bald und vor ihnen tauchte ein riesiges Meer an Blumen auf. Akira konnte seinen Augen kaum trauen. Wie konnte direkt nach einer Wüste, die doch für schlimmeres als den Tod stand so viel Leben und Lebendigkeit herrschen. Es war ihm nicht möglich diese Erklärung zu greifen, aber es war einfach wunder-schön anzusehen. Alles war saftig grün, es war nicht mehr so heiß, und die Bäume trugen Früchte. Alles summte und brummte. Das gab ihm die Energie, die er für den restlichen Weg noch brauchte. Sie erreichten bald die Tore des riesigen, idyllischen Märchenschlosses. Davor brach er endgültig zusammen. Die Burg war einfach gigantisch. An den Turmspitzen wehten Flaggen mit einem nicht zu deutenden Zeichen. Das Schloss wurde mit sandfarbenen, schon golden aussehenden Backsteinen gebaut. Akira sah nach oben und wunderte sich. Es sah aus wie eine Mittelalterliche Burg. Die Zinnen, Die Tore. Akira fühlte sich wie im Märchen und ihm war immer mehr als würde er träumen. Die Fenster weilten auf gotischer Baukunst standen auf. und dann öffneten sich vor ihnen die Tore. Hinter den Mauern erstreckte sich ein gewaltiger Schlossgarten mit einer derartigen Vielfalt von Pflanzen, Sträuchern und einzigartigen Steinen, wie Akira sie noch nie gesehen hatte. Die Fläche des Gartens betrug unbeschreiblich viele Quadratmeter. Der Junge verdrehte die Augen. »Das schaff ich nicht mehr...« Auch Kasumi lag am Boden. Doch wie von Gott gesandt sahen sie von weitem einen Reiter auf sich zukommen. »Saîsha. «, sagte Kasumi mit einem erleichterten Seufzen. Akira sah sie nur verstört an, dann blickte er hin und wieder zu dem anjagenden Reiter. Seine Rüstung war prächtig geziert und der pechschwarze Hängst glänzte im Sonnenlicht wie ein schwarzer Diamant. Hinter sich zog er noch zwei andere stattliche Tiere, die wohl dafür dienten Akira und Kasumi zu tragen. Saîsha erreichte sie in kurzer Zeit und stieg von seinem Ross. »Willkommen. «, er verneigte sich. »Prinzessin Hizashi erwartet euch bereits.« Er hielt Kasumi seine Hand entgegen um ihr das Aufsteigen zu erleichtern, warf aber nur einen drohenden Blick zu Akira. »Das schafft Ihr doch sicher allein, Herr. «, fragte er. Unsicher sah Akira ihn an, stand aber dann auf und schwankte auf sein Pferd zu. »Ich hoffe schon. «, sagte er beiläufig und versuchte das Tier zu erklimmen. Zu seiner Erkenntnis war es schwerer als es aussah, allerdings schaffte er es nach kurzer Zeit. »Mylady, können wir? « Saîsha wollte sich mit Ablenkung die spitze Bemerkung verkneifen, welche ihm schon auf der Zunge lag. »Sicher, Prinz Saîsha.« Prinz? Der Junge sollte ein Prinz sein? Akira kam das alles sehr merkwürdig vor, aber er sagte nichts. In dieser Welt schien alles merkwürdig. Saîshas Ross lief neben Kasumis und von hinten konnte Akira sehen, wie beide miteinander sprachen. »Der Junge strahlt eine dunkle Aura aus. Es war unüberlegt ihn hereinzulassen. Was denkt sich die Prinzessin nur dabei. «, grübelte der junge Prinz. »Sie hat so lange diesen Tag herbei gesehnt. Nun endlich sieht sie ihn wieder. Ihr solltet euch für sie freuen. «, bat Kasumi. »Ich weiß... aber ich kann einfach nicht. Wenn der Kerl die Beherrschung verliert steht unser aller Leben auf dem Spiel. Und das möchte ich nicht riskieren, du verstehst? «, Saîsha wurde eindringlicher. »Sicher.« Sie ließ sich zurückfallen, um nun neben Akira zu reiten. »Was ist? « Warum reitest du nicht mehr neben ihm? «, fragte Akira spöttisch, ohne ein Wort des vorherigen Gesprächs gehört zu haben. Ohne weiter auf seine Worte einzugehen bat sie ihn um einen Gefallen. »Wenn wir vor die Prinzessin treten und sie etwas tut, was dir nicht gefällt, versprich mir dich zu beherrschen. Saîsha wird dich sonst töten lassen. Er ist gereizt und bis in die Fingerspitzen angespannt. Eine falsche Bewegung, sei sie auch ungewollt. Er wird seine Schlüsse daraus ziehen. « Kasumi meinte es so wie sie es sagte. »Ich hab schon verstanden. Aber versprechen tue ich nichts! «, antwortete er hart. Akira gehörte nicht zu den Menschen, die sich so leicht reizen ließen. »Sieh, die schönen Blumen. Sind sie nicht bezaubernd anzusehen? «, lenkte sie ab, doch Akira blieb stur und sah einfach weg. »Ich finde nichts an diesen Blumen, tut mir leid. « Den Rest des Weges schwiegen sie. Saîsha ritt schon vor und blieb vor einem verhältnismäßig kleinen, aber prachtvollen, weißen Palast stehen. »Wir sind da! «, rief er. Dann pfiff er schrill und augenblicklich erschienen zwei Stallburschen, die die Pferde abholten. Er zog einen riesigen, vergoldeten Schlüssel aus seinem blauen Kettenhemd, womit er das mächtige Tor aufschloss. Ihre Schritte hallten in dem gewaltigen Raum, den sie nun betraten, wider. Sie mussten erst unzählige Zimmer durchqueren ehe sie zum Thronsaal gelangten. Saîsha hielt kurz davor und brachte seine Besucher mit einer strengen Geste zum stehen. »Wartet hier. Ich hole Prinzessin Hizashi aus ihrem Gemach. « Mit diesen Worten verschwand er hinter einigen weiteren Türen. Endlich hatte Akira Zeit um sich umzusehen. Alles, aber auch alles war mit Schnörkeln und kleinen Figuren verziert. Riesige Wandbilder sahen auf ihn herab. Der Teppich spielte mit einem eigenwilligen Muster. Die Türen besaßen Henkel, die aus purem Gold bestanden. Der Fußboden bestand aus weißem reinen Marmor und auch die Sockel auf denen unzählige Büsten standen. Alles war vom Feinsten, blitzte und blinkte, strahlte und leuchtete. So etwas hatte Akira noch nie gesehen. An den Wänden hingen gekreuzte Schwerter aus Diamant mit versilbert- bis zu vergoldeten Griffen. In manchen Ecken stand auch mal eine Rüstung die einem einen Schauer über den Rücken gleiten ließ. »Die muss ja Geld haben...«, seufzte er erstaunt. Kasumi kicherte leise. »Kein Geld. Gold!« Akira ging nicht genauer darauf ein, denn in diesem Moment erschien auch schon Saîsha mit einer - wie sollte man ausdrücken - unbeschreiblichen Schönheit im Gang. Das Mädchen... nein, die junge Frau trug eine Krone die mehr oder weniger aussah wie eine aufgeplusterte Mütze mit symbolischen roten und weißen Streifen. Ihre kurzen goldfarbenen Haare waren ordentlich und königsgerecht frisiert. Zwei Strähnen an den Ohren hingen ihr bis zu dem etwas spitzerem Kinn. Auf ihrer Stirn saß ein rotfarbenes Muster wie ein Stirnschmuck, das ihm als Erstes ins Auge fiel. Ihre großen durchdringend, aber freundlich schauenden blauen Augen musterten Akira. Ihr, anscheinend immer lächelnder Mund, hatte etwas, dass Akira nicht in Worte zu fassen vermochte. Das Kleid, welches sie trug saß wie angegossen an ihrem perfekt weiblichen Körper. Es grenzte an eines der Hochzeitskleider die auf Modenschauen präsentiert wurden. Anders als er gedacht hatte, trug die Prinzessin nicht all zu viel Schmuck. Nur eine Kette und ein silberner Ring an ihrer rechten, zarten Hand zierten ihren Körper. Was man nicht sah, war ein merkwürdiges Muster an ihrem linken Knöchel. Freude strahlend nahm sie Akira in Empfang. »Endlich! Willkommen, mein Fürst! Ich habe so lange auf Euch gewartet. Aber nun steht Ihr vor mir. «, triumphierte sie. Seiner Meinung hätten alle mit diesem ›Ihr‹ und ›Euch‹ ruhig aufhören können, aber er schwieg. Zu seinem Glück, denn Saîsha wendete seinen vernichtenden Blick nicht von ihm ab. Hizashi richtete sich nun an Kasumi, nahm ihre Hand und sprach: » Danke Dir, liebe Maila. Wärst du nicht gewesen, würde ich immer noch sehnlich diesen Tag erwarten. Ich stehe tief in deiner Schuld. « »N, nicht doch, Prinzessen. Das war doch selbstverständlich. Bitte ehrt mich nicht zu sehr. Es beschämt mich.« »Schon gut.«, grinste die Prinzessin. »Mein Fürst, ich möchte gern mit Euch unter vier Augen sprechen, wenn Ihr erlaubt. « Der Junge musste sich unheimlich zusammennehmen um nicht den Kopf zu verlieren. Er musste sich vor Saîsha sehr in Acht nehmen. Er nutze jede falsche Bewegung, jeden Blick als Grund handgreiflich zu werden. »Natürlich, Hoheit.«, er nickte heftig. »Schön. Dann kommt mal mit. « Saîsha ging zusammen mit Kasumi, oder besser gesagt Maila in ein weiteres Zimmer. Hizashi führte den Jungen in einen Raum, der noch verzierter war als die anderen zuvor. Sie nannte es: Ihr Schlafgemach. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Akira - Das Erwachen von Konricia ~Black Sword of Souls~ Kapitel 2 Sie schloss die Tür ab und legte ihren Schlüssel in eine der zahlreichen Nachttischschubladen. Er setzte sich auf ihr Bett, da es keinen Stuhl in ihrem Zimmer gab. Sie schaute Akira mit einem verführerischen Lächeln an. Dieser allerdings wäre am liebsten im Boden versunken. Schweiß rann von seiner Stirn und die Hitze schien ihm unerträglich, als hätte er Fieber. »So lange habe ich darauf gewartet. «, nuschelte die Prinzessen leise und begann ihren Kopfschmuck abzulegen. Akira hätte sich nichts sehnlicher gewünscht, als wenn es dabei geblieben wäre, aber Hizashi war eine sehr leidenschaftliche Person. Nicht wie Akira vermutet hatte, besaß die Prinzessin eine Pracht von Haaren, die bis zu ihren Kniekehlen reichte. Vorsichtig öffnete sie das Kleid, das geschmeidig an ihren hellen, seidigen Beinen zu Boden glitt. Darunter trug sie nur noch ein hellblaues Nachthemd und ein weißes Spitzenhöschen. »I, ich bin doch noch fast ein Kind, Miss...«, stotterte er. »Das macht nichts, Akira-sama, ich bin ganz vorsichtig. «, antwortete sie mit entspannter Stimme. Akira rutschte in ihrem Bett immer tiefer, so dass das Laken Falten schlug. Breitbeinig und unfähig irgendetwas zu tun saß, oder besser, lag, er da. Schon dicht an die Wand gedrückt. »Sie m, missverstehen mich Pr, Prinzessin. Ich... Ihr... w, was, was macht Ihr da?! «, versuchte er sich zu retten, aber vergebens. Die Prinzessin entledigte sich ihres Nachthemdes und trug nichts weiter darunter. Akira starrte voller Entsetzen auf ihre großen gleichmäßig geformten Brüste. Unter ihrer rechten Buse befand sich ein Tattoo in Form eines Tribles und ihr Bauchnabel war geziert von mehreren funkelnden Edelsteinen. Er versuchte sich von diesem Anblick zu lösen, dachte an seine kleine Schwester, aber auch dieser Gedanke verblasste, als Hizashi sich ihm näherte. »Du hast mich so lange schon nicht mehr besucht. Warum nur?« »Euch besucht? Aber, ich kenne Euch doch überhaupt nicht. «, brachte er hervor. »Nicht? Aber du bist doch Akira, der Anführer des Dämonenvolkes. Ich irre mich doch nicht? « Sie sah ihn verwundert an und lächelte verschmitzt. »A, Akira schon, aber ich bin kein Anführer, oder so etwas. « Akira war kaum in der Lage zu antworten. Diese Frau bedrängte ihn immer weiter und Akira fürchtete, dass man ihm seine Scham mehr ansah als nötig. »Doch. Du warst es einst vor langer Zeit. Du liebtest mich mehr, als je jemand zuvor. Und ich liebte Dich mehr als jeden anderen meiner vielen kurzweiligen Partner und Konkubinen. « Hizashi beugte sich über den verängstigten Jungen und legte Ihre Hand auf seinen Schritt. »Lie, liebtest? Wie, Wie meint ihr das? « »Akiralein Warum sollte ich sonst so vor dir stehen? «, sie zog eine Schnute. Der arme Junge schluckte ein paar Male heftig, um den dicken Kloß in seinem Hals herunterzuwürgen. »Sie, Ihr wollt doch nicht etwa wirklich...«, er wagte es gar nicht auszusprechen, »Mit mir...« »Ich sehe schon. Du bist wohl noch nicht bereit.«, Bedauerte sie dann. »Aber später wirst du dich mir schon noch fügen. « Sie lächelte böse. Es ist nicht so, als hätte es Akira noch nie getan. So verboten wie es war, so süß war doch das Sündigen mit seiner Schwester. Und sie hatten es nicht nur einmal getan. Oft genug bestraften sie ihre Eltern, doch die Finger konnten sie nie voneinander lassen. Umso größer nun der Schmerz, als auch sie von ihm gegangen war. »Wie später? Ihr habt wirklich vor mich...« Ihm war diese Art von Körperkontakt zwar alles andere als fremd, aber er wollte es so nie wieder tun. Schon gar nicht mit so einer Art von Frau wie die Prinzessin eine war. »Eigentlich schon. «, antwortete sie enttäuscht. Akira war geschockt und leichenblass. »Eigentlich schon? Findet Ihr mich nicht noch etwas zu jung? « Sie schaute niedergeschlagen drein. »Saîsha würde mich umbringen, wenn ich Euch auch nur mit der Fingerspitze berühre, geschweige denn...«, er sprach nicht weiter. Den Rest des Satzes hätte sie sich aber auch selbst denken können. »Geschweige denn, was? «, sie tat unheimlich neugierig, dabei wusste sie es ganz genau. Es gefiel ihr wohl ihn damit aufzuziehen. »Na. Ihr wisst schon. « Akira wirkte verlegener denn je und ärgerte sich über die fehlende Diskretion der Prinzessin. Hizashi wollte ihn dann doch nicht weiter quälen und ließ endlich ab. »Schon gut. «, grinste sie, »Die Jungend ist immer so schüchtern. Besonders so süße Jungen wie du.«, sie zwinkerte, zog sich einen, mit Perlen bedeckten, festlichen Kimono über, den sie wohl auch zum Ausgehen trug, schloss die Tür auf und wollte das Zimmer verlassen, als: »Warten sie. Ich meine, Hoheit. Sie-, Ihr wolltet mir doch etwas erzählen, oder etwa nicht? « Sie drehte sich noch einmal um und sah ihn fragend an, dann lächelte sie. »Später.« Damit verließ sie den Raum endgültig. Akira saß nur verstört da und sah ihr verständnislos hinterher. Er war völlig erschöpft, verschwitzt und hitzig. Sein Puls raste und er hatte Mühe, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. »Was für eine Frau...«, dachte er. In seiner Hosentasche suchte er nach einem Taschentuch, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Da er keines fand suchte er in ihrem Gemach, mit der Hoffnung wenigstens irgendetwas zu finden, dass diesem gleichkam. Er öffnete die Schubladen des Nachttisches. Fand nichts und wieder nichts. Als er die Vierte öffnete erschrak er. Königliche Unterkleidung. Akira zögerte kurz und ging das Szenario kurz durch, welches eintrat, sollte er erwischt werden. Aber er konnte so unmöglich den Raum verlassen. Mit dieser Einstellung nahm er sich ein feines Unterhemd und trocknete seine Stirn. Doch dann sollte genau dieses Szenario eintreffen. Die Tür ging auf und Saîsha stand darunter. Akira ergriff die nackte Panik. Er wurde mit der Unterwäsche der Prinzessen in der Hand erwischt, wie er in seinem Gesicht damit herumwischt. Aus Reflex warf er es in hohem Bogen von sich. Er mochte sich nicht vorstellen wie dieses Verhalten auf Saîsha wirkte und sah ihn nur mit schreckensweiten Augen an. Dieser kochte vor Wut. Er zog sein Schwert und ging langsam auf den, sich in die Ecke kauernden Akira zu. »Du wagst es. «, hauchte er. »E, Es ist anders als du denkst. Sie, die Prinzessin wollte mich, nein«, er schüttelte heftig den Kopf, in der Hoffnung seine Gedanken so zu ordnen, »Ich dachte, dass sie mich verführen wollte und da lief mir der Schweiß in Strömen. Ich hatte kein Tuch zum Abwischen, deswegen suchte ich etwas zum Abtrocknen. Nur um mir das Gesicht...« »Schweig! « Saîsha brachte ihn mit einer üblen Geste zum Schweigen. Die Spitze seiner Klinge stach schmerzhaft in Akiras Kehle, grade so, dass noch kein Blut hervortrat. »Du hast es ja nicht anders gewollt. « »Sei vernünftig, Saîsha. «, sprach Hizashi, die plötzlich hinter ihm aufgetaucht war. »Er sagt die Wahrheit. Du weißt, wie gerne ich immer aufdringlich bin, wenn ich meinen Geliebten wiedersehe. Ich wusste nicht, dass er so panisch reagieren würde. Ihn betrifft keine Schuld. Also lass ab von ihm. «, sagte sie ruhig aber wirkungsvoll. Saîsha ließ das Schwert sinken und steckte es wieder in die Scheide. Er kam ganz nah an Akiras Gesicht und flüsterte ihm ins Ohr: »Glück gehabt. Nächstes Mal ist niemand dabei der dich vor mir schützen kann. « Er grinste böse, verließ aber mit schnellem Schritt das Zimmer. »Das war unüberlegt von dir, Kleiner. « Sie warf ihm seine Taschentücher zu. »Mach dich bitte frisch, wir wollen zu Tisch. « Sie ging ohne ein weiteres Wort. Akira sah ihr nur sprachlos und verwirrt nach. Wo war er hier nur gelandet. Da eine leidenschaftliche Prinzessin, dort ein Irrer, der alles geben würde ihm den Kopf abzuschlagen. Seine dämonische Dienerin schien die einzig Normale zu sein. Er wollte nicht weiter darüber nachdenken. Es bereitete ihm nur weitere Kopfschmerzen. Akira stand auf und ging langsam, fast torkelnd Richtung Esssaal. Viele Räume waren zu durchqueren, doch eine Dienerin wartete vor Hizashis Schlafgemach um ihn zum Saal zu begleiten. Dort angekommen setzte er sich zu Maila und den anderen an die riesige, prächtig gedeckte Tafel. »Itadakimasu«, rief Akira aufgeregt. Normal war das für ihn nicht. Er war immer ziemlich verschwiegen und wusste sich zu benehmen aber diese vielen Ereignisse brachten ihn völlig aus dem Ruder. Er hatte auch wirklich großen Hunger und alles sah so appetitlich aus. »Was bedeutet dieses Ita-dings...? «, fragte die Prinzessin neu-gierig. »Itadakimasu heißt soviel wie: Danke für dieses appetitliche Festmahl, bei den Menschen aus Akiras Welt. «, tat sich Maila schlau. Hizashi lächelte ihre beiden Gäste freundlich an. Die Dienerinnen der Prinzessin waren allesamt wahre Schönheiten, so, wie die Hoheit selbst. Sie deckten den Tisch, räumten ihn ab und hielten auch sonst den ganzen Palast in sauberer Ordnung. Nach dem köstlichsten Essen, das Akira je gegessen hatte, trat Saîsha einen Schritt auf ihn zu. »Ich möchte mit Euch reden. «, flüsterte er, »Allein! « Akira schluckte erneut einen großen Kloß in seiner Kehle, schwer und schmerzhaft hinunter. Zögernd und ohne ein Wort, nickte er. Ohne jede hastige Bewegung schob er den Stuhl, auf dem er saß ein Stück nach hinten und stand langsam auf. Er sah Saîsha die ganze Zeit nicht in die Augen. »Draußen in meinem Arbeitsgemach warte ich auf Euch. Ich gehe schon vor. «, sagte er noch bevor er verschwand. Akira wunderte sich, dass er nicht auf ihn wartete und die Personen um ihn blickten ihn unangenehm mitfühlend an. Akira wartete noch ein, zwei Minuten, bis sich alle wieder ihren eigenen Dingen zuwandten und er ihm möglichst unauffällig folgen konnte. Er wandte sich in ein Zimmer, welches weniger geschmackvoll und mehr Zweckmäßig eingerichtet war. Es standen nur ein großer Tisch, ein paar Stühle rings herum und zwei, drei volle Bücherregale in diesem Raum. Er wunderte sich, dass es so etwas Kaltes in diesem Schloss überhaupt gab. Saîsha wartete schon. Er saß auf einem kaputten Hocker, dem ein Bein fehlte. »Was willst du von mir? «, fragte Akira unsicher. Saîsha sah ihn mit einem Ausdruck an, der Akira erstarren ließ. So kalt waren seine Augen. Er stand auf und ging ein paar Schritte auf Akira zu. »Es ist wegen Hizashi-Hime. « Er blieb stehen und blickte enttäuscht zu Boden. »Was ist mit ihr? «, fragte Akira daraufhin. »Sie will jeden Mann, den sie auch nur annähernd attraktiv findet. Dich und auch mich, aber ich entwickelte wirkliche Gefühle für sie. Ich fühle mich für sie verpflichtet. « Immer noch schaute er Akira nicht an. »Ich war vorher genau so wie du. Ich empfand nichts, für nichts und niemanden. « Nun sah er ihm wieder so direkt in die Augen, dass Akira noch stärker versteifte als zuvor. »Lass die Finger von ihr. Sie würde dich auch nur ausnutzen! Es wäre dein Ende, wenn ich es erführe! « Akira lächelte abschirmend »Keine Sorge. Ich will nichts von ihr. Sie mag ja ganz hübsch sein, aber für mich gibt es schon jemand anderen. « »Und wen, wenn man fragen darf? « Akira wich seinem Blick aus. »Das, das ist unwichtig für dich...« »Schon okay. Es geht mich ja nichts an. Solang es sich nicht um Maila handelt. Sie hat sich nämlich mir verschrieben und ist nicht mehr frei. « Saîsha zog eine Grimasse. »Ich würde dir gern die Hand schütteln, aber ich kann nicht. Deiner Aura wegen könnte ich dich auf der Stelle töten. Sei also auf der Hut und pass auf, dass dir kein Finger ausrutscht. «, drohte Saîsha ihm darauf mit finsterem Blick. »Das werde ich. Ach ja. was ist eigentlich so furchtbares an mir, das alle meiden? «, wollte Akira wissen, ohne daran zu glauben, dass der junge Ritter ihm darauf ehrlich antworten könnte. Saîshas Blick wurde wieder ernst. »Du bist der zukünftige Anführer des Dämonenvolkes. Maila scheint es zwar noch nicht zu wissen, aber-«, er stockte, »Du wurdest kurz vor deinem Erwachen. Du bist dazu geboren um gegen uns zu kämpfen. Genau wie ich, um dich und dein Volk zu vernichten, sollte es sich unserem Frieden in den Weg stellen. Und wenn du erst der finstere Lord bist, wirst du es tun. « »Ich, Ich kann mich nicht mehr zum Guten wenden? « Akira hatte eigentlich geglaubt, dass er die Wahl habe, sich zwischen zwei Seiten zu entscheiden. So wie Saîsha es darstellte, war das aber nicht der Fall. »Ich glaube nicht. Und wenn. Unser Gott müsste uns schon ein Wunder schicken, damit das geschieht...« Er wirkte in einem Moment tatsächlich bedrückt. »Verstehe. Tut mir leid...«, Akira erschrak vor sich selbst. Er hatte sich doch tatsächlich entschuldig und dann auch noch bei diesem… Er verscheuchte den Gedanken. »Ist schon gut. Wie gesagt, du kannst eigentlich nichts dafür. Du wurdest dazu geboren. Deswegen werde ich dich jetzt noch nicht töten. Aber merk dir eins: Ich werde es tun. Früher oder später, wirst du durch meine Hand deinen sicheren Tod finden. « Akira zitterte. Man sah es nicht, aber er zitterte am ganzen Leib. »Adieu, Feind.« Mit diesen Worten verließ Saîsha wieder den Raum. Akira saß nur da, unfähig sich zu bewegen. Das war nun wirklich zuviel für ihn. Diese ganzen schrecklichen Ereignisse auf einen Schlag. Seine Bestimmung, seine Zukunft, sein Tod.... Akira würde sterben... Gott müsse schon ein Wunder schicken, damit das nicht geschieht. Er hielt seine Tränen nun nicht länger zurück und stützte sich grade so mit Armen und Knien vom Boden ab, als er zusammenbrach. Unter ihm entstand eine salzige Pfütze aus Tränen. Akira weinte. Er weinte hemmungslos und unerbittlich. Niemand könnte ihn jetzt noch trösten. Er schluchzte tief und laut. Seine Wangen röteten sich, des nassen Salzes wegen. Früher oder später würde er durch die Hand des Prinzen den sicheren Tod finden. So zitierte es Saîsha. Maila stürzte plötzlich ins Zimmer. »Akira, oh Gott! Was ist geschehen? «, rief sie erschrocken auf. »Ich, ich will jetzt nicht darüber reden. «, schluchzte er. Nicht jetzt und nicht später. »Ich bring dich in dein Gemach. « Mit diesen Worten legte sie auch schon Akiras Arm über ihre Schulter und stützte ihn. Der erschöpfte Junge wehrte sich nicht. Ihm war in diesem Moment einfach alles egal. Maila half ihm vorsichtig die Stufen hinauf, den breiten Gang entlang in sein vorbestimmtes Gemach und setzte ihn auf seine feine Matratze. »Danke. Es tut mir leid. « Er legte sich auf die Seite. »Das muss dir nicht Leid tun. « Sie sah ihn freundlich und mit großen neugierigen Augen an: »Was eigentlich? « »Maila? «, fragte er zusammenhanglos. »Wie werde ich denn zu diesem Dämonenanführer? « Maila erschrak: »Wie?! « »Na ja. Es gibt doch bestimmt einen Grund. Irgendetwas muss mich doch dazu bewegen, oder? Eine Handlung, ein Wort oder ein Gegenstand.« Er rutschte ein Stück zu ihr. »Das kann ich dir nicht sagen. «, wich sie aus. »Aber wenn ich es weiß, kann ich es doch verhindern. «, jammerte Akira mit zitternder Stimme. Sie schüttelte traurig den Kopf: »Nein. Dein Wille mag stark sein, aber deine Neugier ist stärker. « Akira verstand. Beide senkten die Häupter. »Ich glaube, ich gehe noch ein bisschen raus an die frische Luft. « Akira erhob sich mühsam und schlich an ihr vorbei aus dem Zimmer. Maila sah ihm traurig nach. Akira wollte vorher noch einmal bei Hizashi vorbeischauen, um sie abermals nach seinem Geheimnis zu fragen. Vor ihrer Tür stoppte er schlagartig. Er vernahm Stimmen aus ihrem Gemach. Sie war nicht allein. Vorsichtig öffnete er die Tür, sodass er durch einen sehr schmalen Spalt hinein schielen konnte. »Entspannt euch, mein Prinz. Er wird es schon nicht bemerken. «, säuselte Hizashi. Akira sah, wie Saîsha und die Prinzessin auf einem Himmelbett lagen und sie sich dicht an seinen nackten Oberkörper schmiegte. Er hatte die Arme hinter seinem Kopf verschränkt. »Wenn er dieses verdammte Schwert in seine verschmutzten Pfoten bekommt, ist das unser aller Todesurteil! «, antwortete Saîsha unruhig und grob. Akira traf ein Schlag, der wie ein Blitz, eisig und in hohem Tempo, durch seinen Körper fuhr. Ein Schwert? Er lauschte weiter, doch das Gespräch war wohl beendet, denn niemand sagte mehr ein Wort. Hizashi streichelte dem jungen Prinzen sanft über die Brust, dann küsste sie ihn. Akira konnte das nicht mehr mit ansehen und trat zwei drei Schritte von der Tür zurück. Er knirschte mit den Zähnen: Dieser Frau ist es wohl egal, wann und mit wem. Aber das war jetzt sicher nicht das Problem. Was hatte es nun wieder mit diesem Schwert auf sich? Akira war am Grübeln. Er wusste einfach nicht weiter. Er ging nach draußen, an den Wachen vorbei und auf die riesige, strahlend grüne Wiese. Es war schon dunkel, aber trotzdem konnte man alles erkennen. Alle paar Meter stand eine Laterne, die alles in ihrem Bereich hell erleuchtete. Er setzte sich in das feuchte Gras und sog den frischen Geruch durch die Nase intensiv ein. Man konnte nicht sehen, ob nun Tautropfen, oder seine eigenen Tränen in seinem Gesicht ruhten. Es ging alles so schnell. Erst sieht er dieses Mädchen auf der Straße und im nächsten Moment findet er sich in einem märchenhaften Land, mit Prinzessinnen, Elfen und Dämonen, wieder. Und was bedeutete nur dieses Schwert. Er musste es unbedingt herausfinden. Nachdenklich sah er in den sternenklaren Nachthimmel. Nicht ein Wölkchen ließ sich blicken. Der Himmel, nein Alles, das ganze Land war ein einziger wunderschöner Traum aus Farben und Formen aus dem man nicht wieder erwachen mochte. Fabelwesen hüpften durch die Nacht und weit entfernt hörte man ein Heulen, welches nur von verzauberten Wölfen stammen konnte. Nur... Warum war Akira hier? Er war ein ganz normaler Junge aus dem ganz normalen Japan, aus dem noch normaleren und langweiligen Osaka. Gehörte er hierhin? Was hatte es mit ihm auf sich? ›Es ist deine Bestimmung‹ Eine leise innere Stimme flüsterte zu ihm. »Meine Bestimmung? «, wiederholte er. ›Die Bestimmung das Volk der Dämonen zu führen. Dafür wurdest du geboren‹ »Für das Dämonenvolk.« Akira drückte sich die Hände auf die Ohren. »Nein! Nein! Ich will das alles nicht hören! «, rief er verzweifelt. ›Du kannst dich nicht wehren... Du musst es tun... Es ist deine Bestimmung‹, fuhr die Stimme ruhig fort. »Das kann nicht sein! Wer bist du? Warum tust du mir das an? «, er schluchzte kläglich. Er wusste nicht, sich alles nur in seinem Kopf abspielte, oder er seine Klage durch die Nacht geschrien hatte ›Deine Schwester‹ Akira wurde hellhörig. »Was, was ist mir ihr?! « ›Du willst sie doch wiedersehen‹ »Was? Wo ist sie? « ›Komm zu mir... und ich bringe dich zu ihr... vertrau mir... Du wirst sie wieder sehen... Aber du musst zu mir kommen‹. »Wo, wo bist du? «, fragte er aufgebracht. ›...Komm zu mir... komm...‹. mit diesen Worten verschwand diese merkwürdige Stimme. Akira sah sich hektisch und verstört um. Was war das? »Meine Schwester? Komiko? «, dachte er. »Ich, ich werde sie wiedersehen? Das, das ist doch unmöglich! Oder etwa nicht?« Akiras Kopf begann heftig zu pochen, als wollte etwas Fremdes in seine Gedanken vordringen und er verlor die Besinnung. »Akira? Hey, Akira!« »Komiko…” unruhig wälzte sich Akira hin und her. Zwei un-sanfte Schläge auf seine Wangen ließen ihn wieder erwachen. Erschrocken fuhr er hoch. Vor ihm standen Maila und ein anderes Mädchen, welches ganz in grün gekleidet war; eine Dienerin der Prinzessin. »Alles in Ordnung mein Herr? «, fragte diese besorgt. Akira nickte abfällig, sah aber dabei Maila fragend an. »Das ist Meriaka. Sie hat dich ohnmächtig, in der Wiese liegend, gefunden und gab mir bescheid. Was ist geschehen? « »Ich, Ich weiß es nicht. «, antwortete Akira wahrheitsgemäß. »Schon gut. Gehen wir ein bisschen spazieren, oder fühlst du dich noch zu schwach? «, lenkte Maila vom Thema ab. »Meinetwegen. «, grummelte er. Meriaka stützte ihn. Akira sah Maila nach einer Weile fragend an. »Wo ist das Schwert? « »Was? Akira! Warum willst du so etwas wissen! « Der Junge blieb stehen und Meriaka fiel dadurch beinahe hin, konnte aber noch rechtzeitig Halt finden. »Wo es ist, habe ich gefragt! «, wiederholte er und sah die Frauen verschwörerisch an. Maila trat einen Schritt zurück, als die feurigen, roten Augen Akiras ihre streiften. »Es, das Schwert ist in einer Kammer tief unter dem Palast, aber, es ist zu gut bewacht um dort lebend anzukommen. Akira. was ist mit dir? Warum siehst du mich so an? « Akira war entschlossen. »Bring mich hin! « »Wa...«, Maila verstummte. Ihre Augen wurden leer und ihre Seele war auf einmal willenlos. »Sehr wohl, Herr.« Die Dienerin erschrak bis ins Mark und sprang einen Satz beiseite. »Diese Aura! «, keuchte sie, » Ich muss es der Prinzessin berichten! « Sie drehte sich um und rannte so schnell sie konnte zurück zum Schloss. Akiras flammender Blick sah ihr hinterher. Er war erbost darüber, kümmerte sich aber wieder um Maila. Er packte sie unsanft am Arm und befahl ihr, ihn zum Schwert zu führen. Sie nickte und setzte sich in Bewegung. Meriaka war bereits am Palast angekommen und rannte stolpernd die Stufen zum Thronsaal hinauf. Doch nicht die Prinzessin, sondern Saîsha nahm sie in Empfang. »Meriaka! Was ist los?”, rief er. »Die Prinzessin, wo ist sie? « »Sie nimmt gerade ein Bad. aber warum willst du das wissen? « Ohne ihm zu antworten stürzte sie wieder aus dem Saal und auf den Gang hinaus, in Richtung Bad. Die Tür des Badezimmers ließ sich nicht verschließen und so rannte Meriaka einfach gegen. Sie fiel in den Raum und landete auf dem weißen Marmorfußboden. Hizashi und die anwesende Dienerin zuckten zusammen und ließen vor Schreck Bürste und Seife fallen. Die gestürzte Dienerin schnitt sich an einer scharfen Kante tief ins Fleisch, das Blut aus der Wunde trat. »Meri?!« »Hoheit«, unterbrach sie Meriaka stöhnend. Der weiße Marmor wurde langsam von einer leuchtend roten Schicht bedeckt. Meriaka erblasste. »Fürst Akira. Er… es ist bald soweit. Seine Seele wurde ... das Schwert hat von ihm Besitz ergriffen. Und Maila, steht unter seiner Führung«, Meriaka verlor vor Erschöpfung die Besinnung. Hizashi sprang aus ihrem Bad und beugte sich zu ihr. »Keine Sorge meine Liebe. Wir schaffen das schon. « Mit diesen Worten richtete sich die Prinzessin wieder auf, griff sich ein trockenes, rosa Badetuch und verschwand. Saîsha stand immer noch verwirrt am Eingang des Thronsaals, als auch Hizashi ihn fast über den Haufen rannte. Diesmal konnte er aber rechtzeitig bei Seite springen. »Halt! Majestät! Wartet! « er lief Hizashi nach. »Jetzt wartet! Verdammt noch mal! « Das war ihr zu viel. Die Prinzessin stoppte und drehte sich drohend um. »Äh, könnte ich bitte erfahren was hier los ist? «, fragte er zögernd und mit gesenktem Blick. »Komm mit. « Ohne ein weiteres Wort zu vergeuden, fasste sie seine Hand und hetzte weiter. Akira und Maila näherten sich dem Palast. Am Tor angekommen machten die Beiden sich keine Mühe zu läuten. Maila hob die Hände und das Haubtor öffnete sich wie von selbst. »Wir gehen einen anderen Weg, ist das in Eurem Sinne? «, fragte sie mit ihrer nun ausdruckslosen Stimme. »Mir ist es gleich. « Inzwischen hatten Hizashi und Saîsha viele Wachen und einen teil ihres Heeres vor dem Raum, in dem das geheimnisvolle Schwert verborgen lag, aufgestellt. Sie selbst befanden sich darin. Saîsha setzte sich wütend in eine Ecke und betrachtete eine mit Schnörkeln und Gold verzierte Truhe, in der anderen Ecke des Raumes. »Darin liegt Dark Silence, oder? « Hizashi antwortete ihm nur mit einem stummen, fast traurigen Blick. »Es ist fast soweit, hm? Lange hat seine Verwandlung dieses Mal nicht gedauert. «, beantwortete er sich grimmig seine eigene Frage. Hizashi blieb stumm. »Dieser verdammte Mistkerl!« Er stand auf und trat gegen einen kleinen Schrank. »Bitte! Das Schwert ist schuld, nicht er! «, sagte Hizashi jetzt doch. »Aber…« »Wie auch immer«, unterbrach sie, »Wir müssen es um jeden Preis verteidigen. Es ist schade um ihn, aber da kann man nichts machen. Das ist unser aller Schicksal, seit tausenden von Jahren. « »Und was habt ihr vor? «, fragte Saîsha genervt. »Wir warten ab und sehen was passiert. Dann überlegen wir weiter. «, erklärte sie. »Na toll. super Idee Hoheit. «, dachte er verachtend. Hizashi verzog die Miene:« Warum muss er denn nur sterben? Im Prinzip ist er doch ein guter Mensch. « Saîsha sah sie zornig an: »Was redet ihr da? Das ist doch Unsinn! Er ist ein Dämon! Der Schlimmste von allen! Nichts an ihm ist gut! « »Wie du meinst. « Sie legte traurig die Hände in den Schoß. Beide schwiegen für eine nicht endende Zeit. Maila stockte und ihre Hände wurden feucht. »Was ist mit dir? «, fragte Akira. »Sie, Sie haben jetzt eine Barriere errichtet! Eine große Anzahl von Soldaten erwartet uns. Seid ihr sicher, dass wir das tun sollten? « Akira leckte über seine scharfen Eckzähne. »Ich weiß nicht warum, aber ich weiß, dass es sein muss. « Plötzlich hielt er sich den Kopf als hätte er Schmerzen. »Was habt ihr, Meister? «, fragte sie besorgt. Doch er stieß sie nur zurück: »Lass! Es ist nichts! « »Sehr wohl. «, antwortete sie erneut tonlos. Sie drehte sich um und ging weiter. Nach einer Weile blieb sie jedoch wieder stehen, wie von einem Blitz getroffen und flüsterte:« Es geht nicht, Herr. Ich kann nicht. Überlegt es euch bitte noch einmal! Ich flehe euch an! « Sie sank vor ihm auf die Knie und stützte sich mit den Händen vom Boden. Tränen der Verzweiflung tropften von ihren Wangen, als hätte sie die anhaltende Trance, in die sie Akiras Blick zog endlich ein Ende gefunden. Sein Blick wurde zornig, dann flimmerte er auf eigenartige Weise. Er wechselte sich im selben Moment zu einem mitfühlenden Ausdruck und er hockte sich zu ihr. »Maila, ich...« Seine Gefühle schmerzten im Herzen und sein Kopf dröhnte immer heftiger, als würden Tausende von Menschen auf ihn einschlagen und laut lachen, so stark, dass Akira es nicht mehr aushielt. Er schrie plötzlich aus voller Kehle, dass ihm die Tränen in die Augen schossen und drückte seine Hände auf die Ohren. Maila sah auf und klammerte sich um seinen Körper. »Oh, Akira! «, flüsterte sie und beide fielen in tiefes Schluchzen. Akira ertrug diese schrecklichen Schmerzen nicht länger und verlor kurz darauf die Macht über sein Bewusstsein. Er sackte zu Boden und Maila kauerte neben ihm, weinend und mit dem Kopf auf seiner Brust. Ein Mädchen, welches das ganze Spektakel von einem nahen Wäldchen aus mitverfolgte, sprang auf die Lichtung und schlich sich leise an. Maila schreckte auf, doch nichts war mehr von ihr zu sehen. Das Mädchen war verschwunden. Jedenfalls aus ihrer Sicht. Denn man hörte man einen Gesang. Eine wunderschöne Melodie. Maila blickte verstört um sich. In dem kompliziertem Gezweige eines nahen Laubbaumes entdeckte sie eine Junge Frau mit kurzem schwarzem Haar. Mit dem Rücken an den Stamm gelehnt sah sie zu Maila. »Wer bist du? «, fragte Maila. »Das ist unwichtig und tut nichts zur Sache. «, antwortete das fremde Mädchen. »Das ist Fürst Akira, richtig? Man erkennt ihn an seinen feurigen, entschlossenen Augen. « Maila sah in Akiras kraftloses Gesicht. »Ja. «, antwortete sie traurig, »Er will das Schwert. « Das Mädchen grinste: »Dann gib es ihm doch. « »Was? Bist du verrückt? Er wird diese Welt zerstören! «, rief Maila aus. »Du willst ihn also noch länger leiden lassen, hm? Siehst du denn nicht, was er die ganze Zeit durchmachen muss? Ha! Das ist doch wohl nicht dein Ernst! ... Saîsha sieht noch keinen Grund ihn zu töten. Hat Akira aber das Schwert, wird der Prinz ohne Rücksicht kämpfen. und das, bis einer von den Beiden das Leben lässt. Lass den armen Fürsten nicht länger leiden. Ich habe dir hiermit noch ein wenig Aufschub gewährt. « Maila schaute noch immer zu Akira, wendete sich aber dann zu dem Mädchen: »Wie ist dein Name? « Wieder grinste die junge Frau am Baum: »Du gibst wohl nie auf. Nun gut. Mein Name ist Aritas. Ich bin Jägerin im Wald von Morass. Sobald der Führer der Dämonen erwacht werde ich seine Dienerin sein. « Sie sprang zu Boden. »Was? Du bist auch...? « Maila wusste nicht wie sie ihren Satz fortsetzen sollte. Sie war sprachlos. »Sieht ganz so aus. Eine Dienerin fehlt also noch, um sein enges Gefolge zu komplettieren. Nun gut. Denke gut über meine Worte nach und quäle ihn nicht noch länger. « Damit verschwand sie. Hecktisch drehte sich Maila um, als sie ein leises Stöhnen vernahm. Akira wachte auf. »Ich frage mich wirklich, wie lange er braucht um unsere Truppen zu durchdringen. «, dachte Saîsha laut in der engen Waffenkammer, in der er und Prinzessin Hizashi sich verschanzten. »Er wird nicht kommen. «, antwortete die Prinzessin ruhig. Vom Schreck gebannt sah er Hizashi an: »Was soll das heißen? « »Er hat es sich überlegt. Akira hat über das Schwert gesiegt. Jedenfalls vorerst.« »Ich verstehe. « Eine nachdenkliche Miene legte sich über beide Gesichter. Man vernahm ein leises pochen und Saîsha erhob sich, um zu schauen, von wem es wohl kam. Er ging zur Tür und schloss auf. Meriaka war der Grund für das Klopfen. »Was ist? «, fragte Saîsha unfreundlich. »Akira wird nicht...« »Das wissen wir schon! «, unterbrach er. Doch Meriaka ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Die Jägerin hat sie überzeugt umzudrehen. « »Sag den Soldaten, dass sie sich zurückziehen können. «, fügte Hizashi an. »Falscher Alarm.« Lächelte Meriaka erleichtert. »Wie ihr wollt. « Die Dienerin verbeugte sich höflich, drehte sich auf der Stelle um und ging. Saîsha grummelte noch immer vor sich hin. »Los, Hoheit, gehen wir! « Er hielt ihr seine Hand hin um ihr aufzuhelfen. »Danke. « Beide verließen die Kammer und bahnten sich ihren Weg durch die Soldatenreihen die sich allmählich wieder zu ihren alten Positionen begaben. Akira erging es nicht gut. Ununterbrochen wimmerte und schluchzte er, sodass sich Maila rührend um ihn sorgte. Er lag noch immer auf dem bloßen Waldboden. Weiches Laub, welches Maila von Nahem gesammelt hatte, schützte seinen Kopf. Ihr Haarband war um seine Stirn gebunden, um die Schmerzen zu lindern. Es handelte sich um kein gewöhnliches Haarband, sondern um eines mit heilenden Fähigkeiten. »Entspannt euch ein wenig. Ich kümmere mich hier schon um alles. « »Kasumi...? Bist du das? Wo, wo ist Komiko? ... Oh! Mein Kopf! «, stöhnte er. »Akira, Ihr... Du hast sicher ein paar Lücken in deinem Gedächtnis, nicht wahr? Desto länger in Du in diesem Reich bleibst, desto mehr vermischen sich deine neuen Erinnerungen und überblenden andere. Deine Schwester ist nicht mehr am Leben. Ich werde dich nach Hause bringen, warte hier. « Sie erhob sich und ließ Akira kurz allein im Wald zurück. Ihre Absicht war es, Akira erst einmal wieder in seine Welt zu führen. Da er aber zu schwach war um zu laufen, musste Maila zwei Pferde besorgen auf denen sie reiten konnten. Er war einfach noch nicht bereit diesen weiteren Schritt zu gehen und musste langsamer an seine neue Aufgabe herangeführt werden. Akira wälzte sich auf dem Boden hin und her, wurde aber schon etwas ruhiger. Die Dienerin rannte so schnell wie sie ihre Füße trugen. Sie erreichte das Schloss einige Minuten später, als Meriaka grade dabei war, die Wachen neu einzuteilen. Erschrocken sah sie Maila entgegen. »Du? « sie ging ein paar Schritte rückwärts. »Warte! Renn nicht weg! Ich will Euch nichts Böses! «, rief Maila, als sich ihr zwei der schwer bewaffneten Soldaten entgegenstellten. »Halt. Ich kenne diese Frau. Sie sagt die Wahrheit. Nicht angreifen! «, befahl Meriaka. Die Männer stoppten stolpernd. Die Dienerin Akiras ging auf die Dienerin Hizashis zu. Vor ihr blieb sie stehen, legte die Hände auf die Knie und musste erstmal tief ein- und ausatmen um wieder zu Luft zu kommen. »Was möchtest du? «, fragte Meriaka höflich. »Er hat sich beruhigt. Eine Jägerin namens Aritas hat ihn zweifeln lassen und nun ist er nicht einmal mehr in der Lage zu sprechen. Ich glaube er hält es in dieser Welt nicht mehr lange aus. «, flüsterte sie, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, »Gib mir zwei Pferde. Ich bringe ihn erstmal von hier weg. « »Gut. Die Tiere sollst du haben. «, antwortete diese. »Ich danke dir. « Maila hatte schon fast nicht mehr daran geglaubt. »Schon gut.« Sie lächelten sich an dann entfernte sich Meriaka und erschien nach einiger Zeit wieder mit zwei prächtigen Rössern. Maila übernahm die Tiere und verbeugte sich noch vier fünf mal vor Meriaka, ehe sie sich umdrehte und mit den Pferden verschwand. Als das Schloss ein kleines Stück hinter ihr lag, stieg Maila auf eines der kräftigen Tiere und trabte weiter. Akira wälzte sich noch immer im Laub, als Maila bei ihm erschien. »Sieh, Akira! «, sagte sie mit freudigem Gemüt, »Ich bring dich Heim! « An das was danach geschah konnte sich Akira nicht mehr richtig erinnern. Nur, dass es ihm schwer fiel auf das Pferd zu steigen. Er nutzte dafür seine letzte Kraft. Dann wurde er wieder besinnungslos. Als er wieder erwachte lag er in seiner Wohnung, in seinem Bett, auf Mailas Schoß, die ihm zärtlich über die Wange strich und ihn freundlich anlächelte:« Na? Hast du gut geschlafen? « »Kasu…«, mehr konnte er nicht sagen. Sein Hals war wie zugeschnürt. »Du brauchst jetzt nicht sprechen. «, flüsterte sie, »Spar deine Kräfte lieber. Du wirst sie noch brauchen. « Akira fühlte sich wohler als noch zuvor. Die Schmerzen hatten nachgelassen und das Chaos in seinem Kopf sortierte sich ganz langsam. Aber umso mehr er versuchte seine Gedanken zu ordnen umso mehr Fragen stellten sich ihm. Er mochte sich nicht damit beschäftigen. Er wollte nur noch ein bisschen so liegen. »Akira? Wie geht es dir jetzt? «, fragte Maila mit einem besorgten Klang in ihrer Stimme. Der Junge hielt sich den Hals: » Na ja. ich habe noch leichte Schmerzen, aber ich werde es überleben. Wie lange habe ich geschlafen? «, fragte er dann. Kasumi überlegte kurz und antwortete: »Hier auf meinem Schoß hast du ungefähr zwei Stunden geruht. « Akira hatte kein Gefühl mehr für die Zeit, die an ihm vorbeiraste. Ein tiefes Schweigen lag in der Luft. Sie streichelte ihm durch sein samtiges, feurig rotes Haar. »Was ist mit dir? «, fragte er sie vorsichtig. »Es ist nichts. Nur, ich frage mich wie es Saîsha jetzt geht. Nach alldem.« »Ist das so interessant für dich? « Akira wurde misstrauisch. Ihm gefiel nicht, dass sie sich um ihn sorgte. »Ja, er war mein Verlobter. Aber die Prinzessin hat für eine Nacht ihr Gemach mit ihm geteilt. Da löste ich die Verlobung auf. Seit dem ist er dort öfter als in seinem Arbeitszimmer zu finden. « Akira hob verdutzt den Kopf. »Du willst mir sagen, dass diese Prinzessin mit ihrem Lebensstil und Männerverschleiß euer gemeinsames Leben zerstörte? « »So ungefähr. «, sie errötete. Es war ihr sichtlich unangenehm mit ihm darüber zu sprechen. »Wie dreist. Gut, dass ich nicht so bin.« Beide lächelten traurig. »Das ist nett von dir. Wir müssen nun anfangen auf jede Kleinigkeit zu achten die uns verdächtig vorkommt, okay? Wir dürfen uns keine Fehler mehr erlauben. « »Weißt du wie lange es noch dauert? «, wechselte er das Thema ohne auf ihren Satz einzugehen. Erst schaute sie verwirrt, dann verstand sie: »Ich weiß es nicht, Akira, und ich will es auch gar nicht wissen. Ich bin froh, dass alles noch einmal glimpflich abgelaufen ist. « Ohne ein Wort sah er sie auffordernd an. »Sicher nicht mehr lange. «, verbesserte sie sich und wich seinen Blicken aus. »Du kannst ruhig ehrlich zu mir sein. «, bat der Junge. »Ich bin ehrlich. «, verteidigte sie sich. »Ich sage dir was ich weiß. « Sie wurde unruhig und wollte nicht weiter darüber sprechen. »Ich danke dir für deine Ehrlichkeit. « Beide sahen sich tief in die Augen und kamen sich ein wenig näher. Sie ließen die Augenlieder leicht sinken und schauten sich aus schmalen, seichten Schlitzen an. Maila konnte seinen Atem schon auf ihrer Haut spüren, doch das Schicksal meinte es abermals nicht gut mit ihnen. Das Telefon läutete. Akira sprang erschrocken auf und humpelte verärgert zum Apparat. Nur ein lautes Rauschen war zu vernehmen. »Was soll das? «, fragte er sich leicht zornig. Kasumi, die, wegen der entgangenen Chance ihm näher zu kommen etwas enttäuscht drein schaute, erhob sich hastig und riss ihm den Hörer aus der Hand. Ihr Blick wirkte plötzlich nachdenklich, schwer grübelnd. »Was ist? «, fragte Akira verwirrt. Er hatte zuvor nur ein Rauschen gehört. Keine Stimmen, keine Töne. Nur ein leises Rauschen. »Ich kann es nicht richtig deuten. «, antwortete sie zögerlich, »Aber wenn ich mich nicht irre ist Saîsha in der Leitung. « »Saîsha? Aber wie will er das anstellen? «, Akira war vollends verwirrt. Saîsha befand sich doch in einer anderen Welt, ohne Telefone oder sonstige Kommunikationsmittel. Wie also sollte er eine Telefonverbindung herstellen. »Durch Telepartie. «, stellte sie klar. »Wir in Zarkunda sind dazu fast alle in der Lage. Aber ich verstehe hier kaum etwas. « Dann riss sie die Augen auf, als hätte sie ein Blitz getroffen. »Das Dark ...lence...«, hörte sie in ihren Gedanken, »... Es ist fort... du mu... schnellstens...« Das Telefon tutete nur noch. »Was bloß? «, fragte sie sich. »Was ist los? «, Akira verstand die Welt nicht mehr. »Ich muss gehen, Akira. Ich muss zurück in meine Welt. Wir sehen uns sicher bald wieder. « »Was? Warum?« Akira fehlten die Worte. »Ich muss etwas erledigen. Den Rest erkläre ich dir später. « Kasumi legte den Hörer auf und ging zur Tür. Er stand nur fassungslos da, nicht in der Lage sich zu rühren. Sie sah ihn mit tränenerfülltem Blick an, fasste mit der Hand sein Haar und küsste ihn innig. Der verwirrte Junge werte sich nicht, sondern ließ es über sich ergehen. Eine halbe Ewigkeit standen beide reglos da, bis Maila ihren Griff löste. Ihre Hand wanderte von der Stirn, über seine Wange, sein Kinn, auf seine Brust und knöpfte vorsichtig sein Hemd auf. Doch er merkte es kaum. Gebannt sah er ihr in die Augen und sie in die seine. Das Hemd war nun bis zum Nabel offen und ihre Finger strichen sanft über seinen sportlichen Körper. Sie kniete sich langsam hin, schloss die Augen und küsste seine Brust wie auch seinen Bauch. Als Akira merkte wie ihm geschah, wollte er sie zurückstoßen, doch durch ihre bloße Anwesenheit schwand seine Kraft zusehends. Kasumi richtete sich grade auf und sah ihm ein letztes Mal in die Augen bevor sie verschwand... Ihr Körper begann zu flimmern, dann wurde er durchsichtig und verschwand dann vollends. Noch lange danach stand er halb nackt und bewegungslos im Raum immerfort an ihr lächeln denkend. Als er langsam aus seinen Gedanken erwachte ging er ins Wohnzimmer, setzte sich auf seinen orangefarbenen Sessel und vergrub das Gesicht in den Händen. So viel war passiert, so viel Unwirkliches, Fantastisches und Grausames. Vor ein paar Tagen dachte er noch, er würde sein restliches Leben immer so weitermachen. Vor sich hin leben, bis er irgendwann alt und grau würde. Irgendwann würde er endlich erlöst und alles hätte ein gutes Ende genommen, wenn er so wieder zu Komiko gelangte. Er dachte immer, er müsse nur noch ein paar Jahre aushalten um endlich sein Glück zu finden. Und dann tauchte dieses Mädchen auf, die sein ganzes Leben einfach durcheinanderwirbelte, in nur so wenigen Augenblicken. Er musste sich endlich sortieren. Wer war er überhaupt, und warum war er hier und dann auch wieder nicht, Akira war nicht gleich Akira. Er stammte nicht von dieser Welt. Von wem und warum wurde er in diese Welt dann gebracht? Er war ein Nachkomme, nein, eine Wiedergeburt eines Herrschers über das Böse. Akira schmunzelte bei dem Gedanken. Wenn es jemanden gäbe, dem er das hätte erzählen können, so hätte er ihn für völlig verrückt erklärt. Akira konnte es selbst ja kaum glauben. Er versuchte es nur zu akzeptieren, weil er alles mit seinen eigenen Augen gesehen hatte. Dieses Mädchen, dessen verzweifelte Rufe nur er hörte. Diese merkwürdige Straße voller Wüstensand. Diese Unwetter, die in unglaubliche Schwüle umschlugen, von einer Sekunde zur nächsten. Dieses Land, so saftig grün, paradiesisch mit wunderschönen Lebewesen, mit Prinzessinnen, Märchenschlössern und prachtvollen Rittern. Selbst wenn er einfach akzeptierte, dass er ein Teil des Ganzen war, so war er doch ein Teil der anderen Seite. Er gehörte nicht zu der leuchtend schönen, und fröhlichen Gesellschaft. Sie haben ihn alle sehr freundlich aufgenommen, doch auch nur, um ihn nicht zornig zu stimmen und zu riskieren, dass er sie alle vernichtete. Wieder musste Akira schmunzeln. War er doch nur ein einfacher machtloser junger Mann und kein Krieger und kein Herrscher. Von seinen Sinneswandeln in der anderen Welt hatte er nichts mitbekommen. Er wusste nichts mehr von diesem Schwert und auch nichts mehr von seiner Kontrolle über Kasumi, oder besser Maila, während er von diesem Ding kontrolliert wurde. Akira stand auf und ging ans Fenster. Ihm blieb nun nichts mehr anderes als einfach abzuwarten. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Akira - Das Erwachen von Konricia ~Black Sword of Souls~ Kapitel 3 Saîsha erwartete Mailas Ankunft mit großer Ungeduld. Mehrere Minuten hatte er nichts Besseres zu tun, als eine tiefe Furche, durch das schnelle hin und herlaufen, in den Rasen zu graben. Er hatte die Hände hinter seinem Rücken gefaltet und seine Miene verdüsterte sich mit jeder Minute. Dann hörte er ein leises Knistern, verschränkte die Arme vor der Brust und tippte ungeduldig mit dem Fuß. Ein sachtes Flackern erschien vor seinen Augen. Kleine, glitzernde Teilchen, die vom Himmel zu fallen schienen, wie kleine Schneeflocken, nahmen langsam aber sicher die Gestalt von Maila an. »Da bist du ja endlich«, er fuhr mit erhobener Stimme fort, »Wir müssen uns beeilen ehe es zu spät ist. « Maila zögerte. »Was ist denn überhaupt los, Saîsha? « Misstrauisch sah er sie an: »Du denkst immerzu an diesen Akira, hab ich Recht? « Sie schwieg und hielt ihr Haupt gesenkt. »Wusste ich‹s doch! Du musst damit aufhören! Ihr seid ab jetzt Feinde bis auf den Tod! Ich lasse nicht zu, dass er dich weiter um den Finger wickelt. Komm jetzt! «, er versuchte weniger drohend als überzeugend zu sprechen, doch es gelang ihm nicht so recht. Maila erkannte den vertrauten Ton in seiner Stimme und folgte ihm stumm. Kurze Zeit später ergriff sie aber doch das Wort: »Wo werden wir jetzt hin ...« »Erst einmal zur Prinzessin. Mit ihr beraten wir über unser weiteres Vorgehen. «, unterbrach er das betrübte Mädchen. Dann blieb sie plötzlich stehen und sah Saîsha mit entschlossenen Augen an, aus denen perlenförmige Tränen, welche ihr nach und nach über die rosigen Wangen liefen. »Ich kann das nicht, Saîsha! « Sie bekräftigte ihre Entschlossenheit mit einer Geste, mit der sie sich ruckartig von seinem Griff löste. »Du willst es nicht verstehen. «, er schüttelte langsam und etwas enttäuscht den Kopf. »Maila, du liegst mir immer noch sehr am Herzen und ich will mit all meinen mir verfügbaren Kräften dein Leben verteidigen und dir alles irgendwie leichter machen so gut ich kann. Warum wehrst du dich so dagegen? Ich weiß schon was ich tue, was für dich richtig ist. Ich liebe dich immer noch. Auch wenn du es mir nicht glaubst.« »Ich weiß selbst, was für mich gut ist! Das ist schließlich mein Leben! Außerdem geht es hier nicht um mich sondern um ihn: Akira! So sehr wie du mir helfen willst, so sehr will ich ihm beistehen. Auch du wirst daran nichts mehr ändern können! « Mit im Wind wehenden Haar drehte sie sich um und rannte davon. Saîsha schüttelte nur traurig den Kopf: »Du willst mich nicht verstehen... Ich werde der Prinzessin ausrichten, dass du verhindert bist. Und... das wir es bald mit einen weiterem Gegner zutun haben. « Schweigend setzte er seinen Weg fort. Maila weinte. Sie hatte sich an ihren, früher eigens gesäten Baum niedergekniet, der nun schon groß und kräftig geworden war, mit einer riesigen Krone aus saftig grünen Blättern und rosigen Blüten, und wischte sich ständig mit einer Hand über die erröteten Wangen. Sie war wirklich verzweifelt. Maila wusste, wie Recht Saîsha mit seinen Worten hatte. Sie konnte eh nichts am Schicksal Akiras ändern. Doch akzeptieren wollte sie es auch nicht. Sie musste aber auch unbedingt wissen, was eigentlich der Grund für die jetzige Unterredung war. So gab sie nach und wischte ihre Tränen fort. Als sie sich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte stand sei auf, zupfte ihr Kleid aus violettem Samt zu Recht und begab sich wieder Richtung Schlosstor. Akira saß auf seinem Bett. So richtig hatte er das noch immer nicht verstanden. Er, der Herrscher des Bösen Vernichter allen guten Lebens. Das klang nicht nur falsch, das konnte doch auch einfach nicht richtig sein. Doch für einen fantastischen Traum war alles zu realistisch. Nein. So oft er die letzten Tage in seinen Gedanken auch durchspielte, auch seine Gefühle Maila, oder seiner Welt, Kasumi. gegenüber waren echt. Das spürte er. Doch was hatte das alles zu bedeuten. Vor allem, was hatte seine verstorbene Schwester damit zu tun und warum hatte er so aggressiv reagiert, nachdem er in der Nähe des Schwertes war, welches alle Dark Silence nannten. Auch diese Gedächtnislücken machten ihm Sorgen. Es waren so viele Fragen, die ihn in diesem Moment quälten. Konnte denn nicht einfach alles wieder so sein wie früher? Er würde aufwachen und in das strahlende, schöne Gesicht seiner Schwester schauen. Es würde nach frischen Brötchen riechen. Es würden die Vögel zwitschern. Er würde sie küssen… Akira versuchte diesen traumhaften Gedanken zu vertreiben, bevor er sich wieder völlig darin verlor. Maila, Saîsha, Hizashi, Meriaka - alle gehörten in die Wirklichkeit. Damit musste er sich abfinden. Früher oder später musste er sterben, so oder so. Es war ein schreckliches Schicksal, aber es war sein Schicksal. Er hörte wieder diese Stimme, tief in seinem Innern. Es war die Stimme des Dark Silence. Der entmutigte Junge horchte in sich hinein um die Stimme besser verstehen zu können. »Komm... komm zu mir... du sollst mein Führer sein... A-K-U-M-A-S-U!« Er schreckte auf. Schweiß rann ihm von der Stirn. »Führer? Akumasu?« Der Wirrwarr in seinem Kopf nahm zu. Es war wie ein stechender Schmerz mitten in seinem Schädel. Tapfer biss er die Zähne zusammen. Jetzt war niemand mehr da, der ihm hätte helfen können. Irgendwas war in ihn eingedrungen. Er hatte es schon vorher bemerkt, es aber für nichts Ernsthaftes gehalten. Doch nun war es wieder deutlich spürbar. Wie eine Decke aus Dunkelheit und Fäule legte es sich über ihn. Und immer wieder nannte diese Stimme den Namen seiner Schwester. Immer und immer wieder. Immer lauter, immer schmerzhafter. Akira war sich sicher, dass sie seine Schwester nur als Lockmittel benutzten, aber selbst wenn, musste er es wissen. Akira hielt sich den Kopf und seine Arme verkrampften. Er schrie auf. Er wollte das alles nicht mehr hören. Der Schmerz fuhr durch seinen ganzen Körper und Akira konnte sich kaum noch bewegen. Nicht einmal mehr abstützen, als er vom Bett auf den Boden rutschte. Gewaltsam hielt er seinen Kopf und drückte so fest dagegen, dass er dachte, er würde ihn jeden Moment zerquetschen. Plötzlich riss er seine Augen auf. Sie strahlten in einem unbeschreibbaren Rot, röter als Blut, lodernd wie das Feuer. Tränen und Speichel liefen ihm aus Augen, Mund und Nase. Er schwitzte noch viel heftiger als zuvor. Auf seiner Stirn und seiner Wange flammte etwas stechend auf, das man als Symbol deuten konnte, genauso rot wie sein flammendes Haar. Danach verlor er endgültig wieder die Besinnung. Das Dunkle in ihm hatte schon fast über ihn gesiegt. Als Akira seine Augen wieder öffnete, lag er nicht mehr in seinem Zimmer, auf dem grauen Teppich mit der, großen, mittigen in türkis eingestickten Rose. Nein. Er fand sich auf einer Lichtung wieder. Es roch, nach Freiheit und Frieden. Doch diesen Geruch verspürte er nun als verlogen und falsch. Das merkte er selbst nur zu schnell. Zu wacklig stand er auf den Beinen um auch nur von der Hocke in den Stand übergehen zu können, immer noch erschöpft von diesem unglaublichen schmerzhaften Augenblick. Das Land, in dem er sich wieder fand kannte er. So grün und friedlich. Er war wieder in Zarkunda. Dem Königreich Prinzessin Hizashis. Er war verwirrt und fragte sich immer wieder, warum er schon wieder hierher kommen musste. Er war doch eben erst in seine Welt zurückgegangen. Irgendwas lief aus dem Ruder. Akira versuchte nun doch schnell auf die Beine zu kommen. Er stützte sich mit beiden Armen vom Boden ab, sank aber gleich wieder auf die Knie. Er war einfach zu schwach. Seine Wange brannte. Ebenso seine Stirn. Er hatte keinen Spiegel bei sich um das eingebrannte Symbol auf seiner Stirn zu sehen. Sollte es etwas mit diesem Namen Akumasu zutun haben, dann war dieser Name vielleicht sein Name in dieser Welt, so wie Kasumi den Namen Maila in dieser Welt trug. Es war alles einfach viel zu viel für ihn. Welcher Junge, von knapp 18 Jahren war schon auf so etwas vorbereitet. Akira sog die Luft zwischen den Zähnen ein als er vor sich etwas im Gras rascheln hörte. Angespannt kauerte er sich im Gras zusammen. Es konnte nur etwa in der Größe eines ausgewachsenen Hasen sein, denn höher stand das Gras nicht. Doch, er war hier nicht auf der Erde. Dies war eine andere Welt. Voller fantastischer Gestallten. Elfen oder Elben, Dämonen oder Ungetümen, Wesen, die normalerweise nur in der Fantasie eines Kindes Platz fanden. Es war dort wie in einem Traum. Saftig grüne, weite Wiesen, hatte Akira bei seinem ersten Besuch schon entdecken können, Bäume mit knalligen, saftigen Früchten, aber auch Rehe und Hirsche, Hasen und Frösche waren hier zu finden. Unter Anderem hörte man sogar Wölfe, die zur Nacht den immer bestehenden übergroßen Vollmond anheulten. Pferde wild und zahm grasten gemeinsam mit Einhörnern auf den Lichtungen. Alles wirkte unbehandelt und rein. So stellte sich Akira die Welt vor, wie sie aussehen würde ohne jeglichen Eingriff des Menschen in die Natur. Ohne Industrie und übermäßige Landwirtschaft. Die Häuser die er entdecken konnte waren immer kleine Festungen. Burgen und Schlösser. Hütten, wie er sie aus den Geschichtsbüchern kannte, gab es in dieser Gegend nicht. Er hatte auch keine Ziegen und Schweine, keine Hunde und Katzen in den Straßen der Burg gesehen. Entweder die ärmlichen Dörfer waren sehr weit entfernt von der Burg mit dessen leuchtenden Palast, oder die Wesen hier kannten keine Armut. Aber das konnte er sich kaum vorstellen. Akira verstand nicht, warum der Geruch nach Freiheit auf einmal so falsch in der Luft lag. Dies war doch immer noch das Land der Sonne, oder? Akira sah sich vorsichtig um. Es raschelte wieder. Er kniff die Augen zusammen. Ohne es selbst zu merken schlich er sich an, wie ein erübtes Raubtier seiner Beute. Durch die grünen Halme konnte er klar etwas bläulich Schimmerndes erkennen. Er sah genauer hin und konnte dann seinen Augen kaum mehr trauen. Es sag aus, wie eine Mischung aus einem Kätzchen und einem Kaninchen mit den scharfen Augen eines Reptils. Es war nicht größer als der Unterarm eines normal hochgewachsenen Sechsjährigen. Mit großen unschuldigen, gelben Augen starrte es in die seinen. Akira wagte nicht zu Atmen, oder auch nur eine Bewegung zu tun. Das Wesen schnupperte, sah Akira dann entsetzt an und begann leise zu knurren. Hin und wieder konnte er in der Schnauze des Tieres rasiermesserscharfe, weiße Zähne blitzen sehen. Würde ihm dieses Ding an die Kehle springen wäre es wahrscheinlich gleich um ihn geschehen. Es hatte sicher auch schon begriffen, welche Rolle Akira in dieser Welt spielte und verfinsterte seinen Blick. Plötzlich wurde dieser glasig und das Wesen konnte sich auf seinen weichen Pfoten nicht länger stützen und fiel zur Seite. Akira beugte sich reflexartig über das raub-katzenähnliche Tier und sah es genauer an. »Das ist ein Ûgriel. «, erklärte eine Stimme hinter ihm. Er sah sich um und erblickte Maila. Diese lächelte nur knapp. Akira wandte sich wieder dem zusammengebrochenen Geschöpf zu. »Was ist mit ihm? «, fragte er darauf. »Es war kein Zufall, das das Ûgriel jetzt hier vor euch liegt, Herr. « Akira drehte sich schlagartig wieder zu Maila um. »Was sagst du? «, sagte er aufgeregt. »Es sollte zu euch geführt werden, um euch zu schützen und behilflich zu sein. «, erwiderte sie nur ohne Betonung. »Ein Begleiter.« Er sah das Ûgriel an und dann wieder zu Maila. »Das meinte ich nicht. Du nennst mich Herr? Warum?« Ihm war es nicht aufgefallen, doch auch Mailas Augen waren glasig und leer geworden. Was war nur los? »Weil ihr mein Gebieter seit, Herr. « Jegliche Farbe war aus Akiras Gesicht gewichen. Er hatte Angst. Große Angst. Und diese stand ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben. So hatte er sie noch nie gesehen. Maila wurde einmal bereits zu einer, fast seelenlosen Puppe, doch das war zu der Zeit, als Akira besessen war. Doch daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Maila war fast weiß im Gesicht und ihre Iris vollkommen verschwommen. Als er sich einigermaßen wieder gefasst hatte, erhob er sich mit seiner halbwegs neu gesammelten Kraft und schritt auf Maila zu. Er packte sie bei den Schultern, schüttelte sie und rief immer wieder laut ihren Namen, bis Maila die Augen schloss und den Halt auf ihren Beinen verlor. Sie sank kraftlos in seine Arme. Einige Augenblicke vergingen, bis sie wieder zu sich kam. »Was... Akira?« Sie sah ihn mit erschöpftem Blick an, aber es mischte sich ein Ausdruck des Erschreckens hinzu. »Warum.. warum bist du hier? «, frage sie mit einem etwas enttäuscht klingendem Unterton in ihrer klaren, hellen Stimme. »Du bist wieder klar. « Er ignorierte ihre Fragen vorerst und lächelte. Das Ûgriel lag immer noch bewusstlos hinter ihm. Als Maila es erblickte keuchte sie auf: »Wa… Ein Ûgriel! Das bringt furchtbares Unglück, Akira! Schnell fort von hier! « »Was? «, Akira hielt sie fest, »Wieso? Grade sagtest du noch, es würde mich schützen und zu mir gehören. Und nun?« Maila starrte das Fantasiewesen immer noch angsterfüllt an. Sie atmete schneller und Akira spürte, wie ihr Herz kräftiger zu schlagen begann und alles an ihr zitterte. Er selbst verspürte ebenfalls Unbehagen. Er wagte sich nicht umzudrehen und fühlte plötzlich wie ein dunkler Schatten auf seinem Rücken wuchs und wuchs und bald schon beide mit Dunkelheit bedeckte. Langsam drehte auch Akira den Kopf zur Seite um sich noch viel langsamer hinter sich blicken zu können. Sein Herz blieb stehen. Er atmete nicht mehr. Das was er sah, war nicht mehr das putzige Ûgriel, was ihn beschnüffelte. Sondern eine um die zwei Meter große furchterregende, knurrende Gestalt. Aus dem wuschligen Fell waren Schuppen geworden, aus der Hasenschnute ein mit grausamen langen Reißzähnen bestücktes Maul. Was vorher so tiefblau schimmerte war nun schwarz mit roten, tigerähnlichen Streifen übersäht. Als sein, mit Dornen besetzter Schwanz auf den Boden schlug kniff Akira die Augen zusammen und drückte Maila so fest an sich, dass es schmerzte. Der Boden vibrierte, wie bei einem Erdbeben. Die Kreatur erhob sich auf seine Hinterläufe und gewann noch einmal an ein bis zwei Metern. Hoch wie ein Haus stand es da, mächtig, grausam, abscheulich. Speichel tropfte ihm vom Kiefer und er stieß durch die Nase giftige Schwefelgase aus. Akira glaubte nicht mehr daran, aus dieser Situation lebend herauszukommen. Für einen Augenblick dachte er, sie würden auf schreckliche Weise sterben. Eine Weise, die er sich nicht vorzustellen vermochte. Aber er musste doch Maila beschützen. Sie stand ihm jede Sekunde bei, setzte sich für ihn ein und hatte ihm die letzten Tage so viel Freude beschert, wie er sie über ein Jahr nicht mehr erlebte. Aus diesem Grunde konnte er einfach nicht dabei untätig zusehen, wie sie beide einfach so starben. Akiras Gefühl der Machtlosigkeit wurde von einem Anflug von Zorn überrollt und nun war es an der Zeit, sich für alles zu revanchieren, auch wenn er noch nicht wusste wie. Tatenlos sollten sie aber auf keinen Fall sterben. Maila schrie auf. Nicht des Ûgriels wegen. Nein. Sie hatte noch viel größere Furcht vor Akira, dessen Augen feurig rot aufblitzten. Er fühlte nichts mehr. Nichts als Hass. Er ließ Maila los, stieß sie von sich, so plötzlich, dass sie nach Luft rang. Kaum in der Lage sich zu bewegen und sie starrte ihn nur weiter erschrocken an. Akira umgab ein leuchtender roter Schimmer, wie eine Aura. Er stand auf. Diese Bewegung allein zeigte die wahre Macht, die er ausstrahlte. Er stand nicht einfach nur auf. Er erhob sich über dieses Geschöpf des Grauens. Er ging einen Schritt auf das Ûgriel zu, als müsse er seine Position bekräftigen. Wind zog auf und der Himmel verdüsterte sich. Akira funkelte das Wesen böse an, welches mit demselben Blitzen in seinen Drachenaugen zurückstarrte. Es stieß ein ohrenbetäubendes Gebrüll aus. »Maila, verschwinde von hier. «, befahl er in herrschendem Tonfall, »Das Vieh gehört jetzt mir. « Erneut ging einen Schritt auf das Ungetüm zu. Akira fühlte noch immer nichts als Hass. Es war, als wäre sein Ich eingesperrt in einen Kerker tief in seinen Gedanken und dieses neue Ich, welches er bei der ersten Ankunft in Zarkunda kennenlernte hätte die Überhand über seinen Verstand errungen. Es war blanker Hass. Er streckte seinen linken Arm zur Seite aus und der Wind nahm noch einmal spürbar zu. Er wurde Sturm gleich und es begann aus den schwarzen Wolken am Himmel zu regnen. Man hörte kein Vogelgezwitscher mehr, kein Wiehern und kein Schnattern von Tieren, die vor wenigen Augenblicken noch freudig herumgetollt waren. Die Angst hatte sie alle in Panik fliehen lassen. Akiras Hand vollführte eine zackige schnelle Geste und machte vor seinem Gesicht halt und er starrte das unheilbringende Geschöpf aus flammenden roten Augen an. Er hielt Zeige- und Mittelfinger gestreckt und schloss dann die Augen. Die Spitzen der gestreckten Finger begannen rötlich zu glühen und Akira begann einen unverständlichen Satz auszusprechen. Die Sprache, so kompliziert und verzerrt, dass kein Mensch sie je hätte verstehen, oder gar lernen können. Es musste die Sprache seines Volkes sein, welches er einmal regieren sollte: » Mùrrastâtás~korrprizzûrrón~Éron~« Seine beiden Finger leuchteten in einem immer tieferen Rot und auch der Umriss des Ûgriels begann in blassem, tiefem Rot einfach zu zerreißen. Ein Zeichen der Sprache Konricias erhellte die aufgezogenen Wolken wie ein Blitz. Akira öffnete seine Augen wieder. Sie strahlten so stark, dass jeder der ihn angesehen hätte, vermutlich durch eine Verbrennung der Netzhäute erblindet wäre. Seine Stirn flammte schmerzhaft auf, im selben Zeichen, wie es den Himmel erstrahlte. Genauso auch seine Wange. Über die bereits eine dünne Linie roten Blutes sich seinen Weg bahnte. Ein starkes Pochen durchzog seinen gesamten Körper und er spürte die Kraft, die ihn in diesem Moment durchfloss. Er genoss es, endlich die Kraft zu haben, etwas ausrichten zu können und es begann ihm Spaß zu machen, das Monstrum mit seiner Macht in winzige Teile zu zerreißen. Das Ûgriel stieß ein entsetzliches Geheul aus bevor es vom immer stärker werdenden Wind in verschwimmenden Fetzen mitgezogen wurde. Die letzten Reste des Fabelwesens wurden in der Luft einfach aufgelöst. Das Wesen war verschwunden, und alles war, als hätte es nie existiert. Akira verließen langsam die Kräfte und der Sturm, den er hervorgerufen hatte, beruhigte sich. Der Regen nahm rasch ab und es tröpfelte nur noch vereinzelt. Ein winziger Sonnenstrahl kämpfte sich seinen Weg, durch die sich auflösenden Wolkenberge. Akira fühlte wieder einen schrecklich stechenden Schmerz in seinem Kopf, der ihn in die Knie zwang und sein Bewusstsein rücksichtslos aus seinem Verlies riss. Niemand konnte erahnen, welcher Kampf in seinem Inneren herrschte. Vor seinen Augen verschwamm alles und er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Der Kampf gegen den finsteren Herrscher hatte er wieder gewonnen, aber es kostete ihn alle Kraft und niemand wusste, wie lange er so noch durchhalten konnte. Doch bevor er abermals in eine tiefe Ohnmacht versank musste er lächeln: »schon wieder breche ich einfach so zusammen - ich bin schwach… -« …Er fühlte sich schwach. Unglaublich schwach. Seit sie weg war, hatte er kein Auge zumachen können. Sie hatte ihm so viel bedeutet. Und nun, nun war sie ... weg. Einfach weg! Wären seine Wut und Trauer noch so kräftig gewesen, hätte er am liebsten geschrien. Was ergab sein Leben jetzt noch für einen Sinn? Der Tod seiner Eltern war nicht halb so schlimm für ihn wie dieses Gefühl. Dieses quälende, sich in ihm zu drehen scheinende Gefühl. Ein dumpfer Schmerz in seiner Brust war das Einzige was er noch wahrnahm. Das grausame Gefühl wendete sich in seinem Bauch, als wenn es heraus wollte. Alles war vermischt. Akira war vollkommen durchwühlt. Seine Haare waren zerzaust, sein Gesicht salzigfeucht und seine Wangen entzündet und blutrot. Seine Augen waren geschwollen und brannten und seine Nase wirkte heiß. Seine Nasenflügel bebten. Akiras Unterlippe zitterte stark und aus seinem Mund wagte sich immer und immer wieder ein leises Schluchzen. Seine Weste wirkte zerschlissen. Auf seinen Händen Narben. Sie waren zerkratzt und dunkelbraun bis schwarz vom arbeiten. In seiner Hose, unzählige Löcher und Schmutzflecken. Es hatte geregnet. Und er war durch den Regen gerannt. Er wollte sie noch ein letztes Mal erblicken. Doch es wurde ihm verwehrt. Immer wieder wischte er sich mit den Händen über das benässte Gesicht und hinterließ dunkle Striemen. Akira war Bahrfuß. Doch seine Füße waren vor Schlamm und Dreck kaum zu erkennen. Der Regen hatte viele Pfützen in dem weichen Boden gebildet durch die Akira gerannt war. Warum stand er eigentlich hier? Er hatte noch so viel zu erledigen. Blumen kaufen und die Wäsche waschen und, ja... und? Die anderen Trauernden wanden sich ab vom Grab und verließen das Friedhofsgelände. Alles war so schwarz und trostlos. Schutzlos. Welche, die noch dort standen musterten Akira angewidert. Seiner Aufmachung wegen. Seiner Existenz wegen. Doch er registrierte es überhaupt nicht. Er verstand nicht was er hier sollte und warum alles so war wie es war. Er war doch nur kurz einkaufen und als er zurückkam... war es bereits zu spät. Komikos Stiefmutter weigerte sich während seiner Abwesenheit die Atmungsmaschine wieder anzuschalten und ihr Herz setzte einfach aus. Ihr Atem stand plötzlich still. Komiko war... Dabei war Akira doch so lange bei ihr gewesen. Er hatte ihre Hand gehalten und mit ihr gesprochen, hatte sie angelächelt und gestreichelt... Natürlich antwortete sie nicht. Aber sie hatte gelebt. Nun jedoch stand Akira vor einem halb zugeschaufeltem Grab. Natürlich würde er alle Kosten auf sich nehmen. Doch hatte er jemals mit so etwas gerechnet? Er verspürte das dringende Gefühl Komikos Sarg wieder an die Oberfläche zu bringen, ihn zu öffnen und sie an seine krank vor Schmerz pochende Brust zu drücken. Sie würde ihre Augen aufschlagen und glücklich seine Umarmung erwidern. Mit diesem zarten, liebevollen Lächeln und sagen: »Ich habe mir nur einen kleinen Spaß erlaubt, Brüderchen, tut mir leid. Er war nicht wirklich lustig, nicht wahr? « Doch... Er wusste spätestens an diesem Gedanken angekommen, wie sinnlos es war. Nichts von alledem würde geschehen. Weder würden sich ihre Augen öffnen, noch würde ein Wort aus ihrem verstummten Munde erklingen. Die letzten Besucher würdigten Akira nicht mal mehr eines Blickes, als auch sie den Friedhof verließen und ließen ihn mit der Dunkelheit und Trauer allein im Regen. Am Grab seiner Schwester. Er nahm nichts von alledem wahr. Es war ihm auch egal. Seine Gedanken kreisten. Wie schön es doch früher war. Selbst nach dem Tod ihrer Eltern. Endlich waren sie frei, mussten sich nicht mehr verstecken, nicht mehr zügeln und sie hatten so viel Spaß gemeinsam. Wenn sie zusammen, händchenhaltend durch den Park gingen und die frische Luft und das friedliche Leben einfach genossen. Niemand hatte gewusst, dass ihre Liebe eine verbotene Liebe war. Niemand hätte ihnen je mehr Steine in den Weg gelegt. Das Glück jedoch sollte ihnen trotzdem nicht lange gewähren, denn Komiko wurde schwer krank. Doch kein Arzt der Welt konnte ihr helfen. So saß Akira Tag für Tag und Nacht für Nacht an ihrem Bett und hatte gebetet. Ein paar Mal noch konnte er in ihre schwachen Augen sehen, auf ihr leichtes Lächeln eingehen, doch all das hatte nichts genützt. Sie starb. Akira hielt eine violett leuchtende Tulpe in der hand. Sie sah auch schon sehr mitgenommen aus. Die Natur schien ebenfalls unter ihrem Tod zu leiden. Akira kniete sich hin. Die Totenwächter um ihn herum wurden langsam zornig und wollten ihn verscheuchen, doch er ignorierte sie und ließ sich die Zeit, die er brauchte. Er sah ein letztes Mal auf die Blume in seinen Händen und warf sie dann auf das Grab. Er bekreuzigte sich und abermals kullerte eine Träne über seine schon so erröteten Wangen bevor er aufstand, sich umdrehte, flüsternd ‹Eien no ai. Aishiteru‹ sagte und dann endgültig davonschlich... »Akira, Akira!« »Ko... mmh...« Akira öffnete verschlafen seine Augen. Maila hielt ihn noch immer in den Armen. Allerdings waren sie nicht mehr auf der großen Wiese, sondern mit einer Kutsche auf dem Weg in Hizashis Schloss. Maila hatte wohl einen Burgherren erbitten können, sie beide aufzunehmen. Akira hätte erwartet, dass nun alle Leute vor ihnen Reißaus nahmen. Er fühlte ihre Wärme. Ihren heißen Bauch, ihren brennenden Schoß und ihre glühenden Hände. Diese Wärme hätte er für nichts wieder hergegeben. Dieses Gefühl der Geborgenheit. Er lag wie ein kleiner Junge mit dem Kopf auf ihrem Schoß und ihre Hände streichelten sanft über sein Gesicht und strichen geschmeidig durch sein Haar. Als sich ihre Blicke trafen lächelte sie sehr glücklich. So glücklich, dass ihr ein paar Tränen über die Wangen kullerten. Er hatte geträumt. Von Komiko. Von ihrem Tod. Von ihrer Trennung. Hätte er gekonnt, er hätte geweint. Vor Schmerz und Trauer, wenn er Maila aber so ansah, hätte er am liebsten vor Freude geweint. Doch seine Kraft war noch nicht vollständig wiederhergestellt. Akira dachte daran, Maila von Komiko zu erzählen. Er erhoffte sich davon leichter über den Schmerz hinwegzukommen und gleichzeitig Maila verstehen zu lassen, warum er sich ihr so nahe fühlte. Vielleicht würde es ihm helfen. Vielleicht. Sie Waren nicht allein in der Kabine. Akira sah etwas silbern aufblitzen als ein Sonnenstrahl sich seinen Weg durch das Fenster des Kutschenwagens bahnte. Saîsha war bei ihnen und er sah ganz und gar nicht erleichtert drein. »Sieh an. «, spöttelte er. »Der Dämon ist endlich wieder zu sich gekommen. « »Dämon?« Akira versuchte sich aufzurichten, musste sich dafür aber auf Mailas Schoß abstützen. »Wieso nennst du mich Dämon? «, fragte er verwirrt. »Weil du Magie angewendet hast. «, antwortete Saîsha knapp. »Ich habe was? Unmöglich.« Akira erinnerte sich an nichts. Grade kniete er noch vor einem riesigen Monster, Maila in seinen Armen und nun lag er hier in einer Kutsche auf ihrem Schoß. Diese Gedächtnislücken ärgerten ihn. »Doch, es stimmt« Maila nickte. Sie sah bei diesen Worten nicht erschrocken aus sondern lächelte noch immer. »Hm. Und wenn es so ist. Bin ich deswegen tatsächlich ein Hexer? Fahren wir geradewegs zum Scheiterhaufen? « Akiras Frage klang sehr spöttisch, obwohl er es sehr ernst meinte. »Wir leben weder in deiner Welt, noch im Mittelalter. Magie ist bei uns nichts Ungewöhnliches. «, antwortete Maila anstatt. »Und warum -« »Die Magie die du angewendet hast, Akira, ist die Konricias. Diese beherrschen nur Dämonen. Maila hat die Sprache erkannt. «, unterbrach in Saîsha. »Aber, ich wollte Maila nur beschützen, da war dieses Ûgriel, dieses widerliche Geschöpf. Dann konnte ich meinen Körper nicht mehr kontrollieren und alles was danach kam ist weg. Es war keine Absicht, wenn ich irgendjemanden verletzt habe. «, versuchte sich Akira zu rechtfertigen. »Das ist mir ganz gleich. Wir können dich nicht mehr retten. Das habe ich schon von Anfang an gesagt. Es schmerzt mich zwar sehr, aber ich muss Dir auch mitteilen, dass Maila beschloss, dich zu begleiten. Auf deinem Weg in das dunkle Verderben.« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Euer beider Verderben.« Akira glaubte, nicht zu verstehen: »Verderben? Aber warum? Warum eigentlich ich? Was ist an mir so besonders? « Nun wurde es ihm zum ersten Mal richtig bewusst. Zum ersten Mal stellte er sich die Frage, warum das Schicksal ihn für diese Aufgabe ausgesucht hatte. Nie hatte er jemandem etwas Böses gewollt und war auch sonst immer unauffällig. Er fragte sich, ob es vielleicht etwas mit der Liebe zu seiner Schwester zutun hatte und er nun für alles bestraft wurde. Er seufzte. »Akira, du bist die Wiedergeburt Akumas‹. Das haben wir dir doch schon mehrmals erklärt. In deinem Geist hat sich eine Seele eingenistet, die nur auf dich gewartet hat, Jahrhunderte lang. Keiner deiner Vorgänger war stark genug diese Seele zu verdrängen und sein normales Leben weiterzuführen. Keiner. Und jetzt frag nicht mehr. Es ist für mich auch sehr schwer. « Mit sanfter Gewalt drückte Maila Akiras Kopf wieder auf ihren Schoß zurück. Damit war das Thema beendet. Er hatte erwartet einen nachtragenden Unterton in ihrer Stimme zu hören, doch nichts der Gleichen war. »Los. Wir sind da. Du wirst kurz zur Prinzessin geleitet und dann auf dein Zimmer gebracht. Meriaka wird sich des Weiteren um dich kümmern. «, sagte Saîsha in einem unfreundlichen Ton und schob Akira, der sich derweil wieder in eine sitzende Position gebracht hatte drängelnd aus der Kutsche. Akira hätte ihn am liebsten am Kragen gepackt und ihn angeschrien. Doch das einzige was er hervorbrachte war ein müdes, fast trauriges: »Und dann? « Er merkte, dass Saîshas Geduldsfaden vor der Zerreisprobe stand, aber trotzdem löcherte er ihn weiter mit seinen Fragen: »Und dann? Was soll dann aus mir, beziehungsweise uns werden? Soll ich jetzt bis zum verrotten in der Kammer hocken? Und wenn ich dann erwache, einfach erledigen? Wollt ihr mir denn nicht wieder in meine Welt lassen? « Komiko Akira schreckte auf. Hatte er sich denn nicht nur auf Dark Silence eingelassen, um seine Schwester wieder zu sehen? Das war doch der einzige Grund für seine Pein. Er würde sterben, so oder so. Aber er ging freiwillig diesen Weg, nur um seine Schwester noch einmal zu sehen. Er wusste nicht einmal, ob das Ding seine Vergangenheit nicht nur als Lockmittel nutze. Niemand gab ihm die Garantie dafür, dass er Komiko lebend wiedersah. Er konnte die Tränen, die ihm warm übers Gesicht huschten nicht aufhalten. Er lächelte bitter. Ohne das Maila oder gar Saîsha auf seine Fragen geantwortet hatten nickte er flüchtig und flüsterte traurig: »In Ordnung. « Sie hatten auf dem Weg in den Thronsaal kein einziges Wort gesprochen. Zwar war Meriaka kurze Zeit später zu ihnen gestoßen, doch auch sie schwieg und Akira huschten mehrere kalte Schauer über den Rücken. Es fühlte sich an wie ein Gang zum Galgen. Für eine Tat, die er nicht begangen hatte. Prinzessin Hizashi hatte nicht gelächelt als Akira durch die große mit zarkundischen Runen verzierte Tür trat. Sie war nicht aufgesprungen und hatte nicht seinen ganzen Leib mit Küssen übersäht. Ernst schaute sie drein. Sehr ernst. Sie wirkte sehr mächtig und erwachsen auf ihrem Thron. Akira verspürte schreckliche Furcht vor ihr. Sie knieten vor der Prinzessin nieder und Meriaka nahm an ihrer Seite Position ein nachdem Hizashi sie zu sich gewunken hatte. Nach einem kurzen Moment erhob Akira vorsichtig sein Haupt. Hizashis Blick hatte sich noch verfinstert. Es war ein merkwürdiges, sehr unangenehmes Gefühl. Irgendwas schnürte sich immer enger um seinen Hals. Sie war eine Elfe, durch und durch weiß und rein und doch so dunkel wie die tiefste Nacht. Plötzlich lächelte sie. So warm, dass Akira innerlich aufschreckte. Die Finsternis, die sich auf ihrer Stirn auszubreiten drohte, war verschwunden. »Akira. «, sagte sie mit heller, herzlicher Stimme, »Schön, dass wir uns noch einmal wiedersehen. « Akira stockte ein trockenes: Ganz meinerseits. Er war auf diese Situation nicht vorbereitet. »Meriaka und Airîn werden dich auf dein Zimmer geleiten. Sie werden sich gut um dich kümmern. Meriaka ist meine Haus und Hofdienerin. Sie wird öfter bei dir vorbeischauen, doch Airîn wird dir ganz zur Verfügung stehen. In allen Dingen.« Sie lächelte noch mehr und deutete auf ein bezauberndes Wesen. Akira merkte nicht wie Maila ihn finster musterte. Er war wie verzaubert. Er starrte die junge Elfendame an, die den wunderschönen Namen Airîn trug. Sie hatte gewelltes blondes, fast weißes, locker bis zum Schulterblatt hängendes Haar. Die vorderen Strähnen wahren geflochten zu einem Kranz nach hinten gebunden. Ihr Gesicht wirkte seidig und ihre großen Augen strahlten in einem Blau, welches man nicht in Worte binden konnte. Ihre Nase war perfekt geschwungen und ihre Lippen… Akira fiel nur das Wort »Engel« für sie ein und selbst dafür war sei zu schön. Akira wünschte sich in diesem Moment nichts anderes als ihre Lippen zu berühren. Mit seinen eigenen. Sie waren nicht rot sondern eher blass. Aber mit einem rosigen Schimmer. Akira gefiel alles an ihr. Er stellte sich vor, wie er sie zärtlich am Hals küsste, mit den Fingern zärtlich über ihr Dekolleté streichelte… Sie hatte eine schlanke Statur und sehr lange, elfenbeinfarbene Beine. Sie war zierlich und wirkte wie ein Porzellanpüppchen. Airîn strahlte etwas aus, das nicht wirklich zu beschreiben war: Wärme, Freundlichkeit, Reinheit. Noch viel herrlicher als alles Andere. Er spürte Mailas Blicke auf ihm. Er brach seinen Bann und schaute nun zu ihr. Sein erster Gedanke war zwar an Komiko gegangen, doch ihm viel auf, dass er Maila nie richtig betrachtet hatte. Sie war doch auch... – »Na? Genug geglotzt, Herr?! « Sie hatte diese Wörter, vor allem dieses spöttisch klingende »Herr« nicht laut ausgesprochen, doch Akira hörte es in seinen Gedanken widerklingen. Instinktiv schaute er demütig zu Boden. Maila betrachtete ihn mit einem Ausdruck gespielter Verwunderung. »Lauscht ihr noch meinen Worten, edler Gast? «, wandte Hizashi leicht genervt ein. Akira erschrak und auch Maila zuckte heftig zusammen. »Wie gesagt. Sie steht euch in allem zur Verfügung. « Hätte die Prinzessin im Thronsaal gekonnt, sie hätte ihn herausfordernd und dreckig angegrinst. Aber auch so zeigten ihre wiederholten Worte Wirkung. Akira errötete und in ihm begann es sich anzufühlen, als würde er innerlich ausbrennen. Ihm war nicht wohl, hier zwischen all den Dienerinnen, Maila und auch Saîsha zu stehen. »Nun denn, meine treuen Dienerinnen. Erfüllt euren Dienst. «, befahl sie. Sie schickte die Beiden mit diesen Worten und einer winkenden Geste zu Akira. »Ich werde mitgehen. «, legte Maila ein. Es brodelte in ihr vor Eifersucht. »Nein, nein. Ihr bleibt. Ihr habt hier noch eine Aufgabe zu erfüllen. « Hizashi zwinkerte ihren Dienerinnen ein weiteres Mal zu und so verschwanden sie mit dem zittrigen Akira aus dem Saal. Es war dieses Mal ein anderer Raum als zuvor. Dieser war größer. Nein. Der hier war riesig. Darin standen ein gigantisches weißes Himmelbett, was unheimlich bequem aussah, mit weißen Tüchern behangen und Seidenen Decken bezogen, eine reich verzierte Kommode und ein noch größerer Kleiderschrank, sowie ein Stuhl und ein antiker Tisch. Alles weiß in gleichem Stil mit in Gold verzierten Mustern. Akira staunte nicht schlecht. Er bemerkte kaum wie sich Meriaka und die andere bezaubernde Elfe ein Zeichen gaben und erstere verschwand. Dann registrierte er es erst. Er drehte sich mit einem Satz um und wäre wohl beinahe gleich nach hinten gestolpert. Dieses Mädchen, was er vorhin aus der Ferne betrachten durfte. Es stand nun direkt vor ihm noch schöner als vorhin und lächelte warm. Als sein Blick auf ihren Hals fiel konnte, oder wollte, er sich nicht mehr beherrschen. Er setzte dazu an, noch einen Schritt auf sie zuzugehen, doch sie kam ihm zuvor. Sie lächelte noch immer. Sie war so rein. »air-« Airîn berührte mit ihren zarten Fingern seinen Arm und er verstummte. Alle Härchen an seinem Körper stellten sich kerzengrade auf. Einer ihrer schlanken Finger legte sich auf seinen Mund und dann… Es ging nicht. Es war nicht das Alter, was ihn zurückhielt ihren Nacken zu küssen. Es war ein, noch viel schmerzhafterer Gedanke. Komiko. Auch wenn es wehtat. Er wollte sie für einen Moment vergessen. Nur für einen Moment. So sehr er sie auch liebte. Sein leben würde bald erlöschen. Noch einmal wollte er sich fühlen wie auf Wolken. Nach all der schweren Zeit wollte er nur für einen Moment dieses Glück wieder spüren. Und dieser Moment, er wahr ihm gewehrt. Er fügte sich nun nicht mehr ganz so stark sondern sah sie fragend, nein, fast flehend an. Seine Hand näherte sich ihrer Brust. Ihre Brust war nicht ganz so groß wie die ihrer Prinzessin, sie waren klein, straff und sehr hell. Aber wunderschön. In seinen Gedanken huschte ein schneller Satz und verschwand auch gleich wieder. Zur aller Verfügung. Das junge Elfenmädchen nickte lächelnd und sagte kein einziges Wort. Ihre Finger strichen über seine Brust und seine Hände berührten die ihren. Es war ein unerwartet schönes, wärmendes Gefühl, was in diesen Augenblicken seine Arme und dann seinen gesamten Körper durchfloss. Er genoss die andauernden heißen Schauer, die ihm über den rücken fuhren. Nun tat er es. Das, worauf er so gierte. Er starrte auf ihren sinnlichen Hals. Seine Lippen näherten sich ihm, berührten ihn. Er küsste sie. Er wollte über die aussichtslose Zukunft keinen Gedanken mehr verschwenden. In dieser Welt, in diesem Moment spielten die Zeit und die Zukunft keine Rolle. Er wollte sie lieben. Und sie würde es zulassen. Der Rest war im Moment Nebensache. Auch Maila. Auch Komiko. Akira war sehr vorsichtig. Er hatte Angst sie unglücklich zu zerbrechen. Langsam bewegten sie sich auf das Bett zu. Er legte Airîn hin. Seine Hände waren in zwischen unter ihrem Gewand und massierten ihre Busen gleichmäßig. Airîn keuchte ab und zu leise auf, jedoch nicht vor Schmerz. Akira hielt inne. Er sah auffordernd in ihre glasblauen Augen. »Darf ich wirklich? «, fragte er leise und mit einem leichten Zittern in der Stimme. »Alles was ihr wollt, Herr. «, antwortete sie mit einer Stimme, leichter und heller als Glockengesang. So sprach nur eine Elfe. »Kannst du mir dabei helfen? «, versuchte er sie holprig von aller Unsicherheit zu befreien. »Natürlich.« Airîn lächelte. Und sie half. Sie entkleidete langsam seinen Oberkörper und er schnürte ihr daraufhin das leuchtend weiße Korsett auf, welches ihr großzügig ausgeschnittenes Kleid an der Taille zusammenband. Er legte sich zu ihr und berührte sanft ihre Lippen. Sie erwiderte den Kuss mit gleicher Leidenschaft. An ihrem Seufzen war zu erkennen, dass Akiras Hand bereits in ihrem unteren Gewandteil verschwunden war. Wie zu Anfang war er sehr vorsichtig. Es fühlte sich gut an. zart und weich. Als sie dann auch seinen Unterkörper entblößen wollte hielt er abermals ein. »Sag. «, schluckte er: »Musst du das bei jedem machen, der das will? « Airîn sah verwirrt zu ihm. »Ich, ich meine, wenn Hizashi von dir verlangt, alles für ihren Gast zu tun. Würdest du auch mit ihm schlafen? « Sie sah immer noch sehr verwirrt drein. Doch dann hatte sie verstanden, was er damit fragen wollte. Sie lächelte sanft, legte ihm einen Finger auf die Lippen und flüsterte in sein Ohr, so dass Akira wieder ein warmer Schauer auf dem Rücken kribbelte: »Ich bin für euch geboren worden, Herr. « Akira war das Antwort genug. Er sah sie einen Moment ungläubig an, dann nahm er sie bei der Hand und bewegte sie in die Richtung seiner Hose. Sie öffnete einen Knopf und griff zärtlich hinein. Er keuchte auf. Schon jetzt hatte er das Gefühl zu sterben. Wenn sterben doch nur so schön wäre mochte er immer und immer wieder sterben, solange sie ihn dabei begleitete. Er hoffte nur, sie würde die ganze Nacht bei ihm bleiben. Akira war einfach verzaubert. Es wurde tatsächlich bereits dunkel und Hizashi saß mit Maila und Saîsha im Esssaal an der riesigen Tafel. Meriaka war fleißig damit beschäftigt Wein nachzugießen. »Von welcher Aufgabe spracht ihr vorhin, Prinzessin? «, wollte Maila wissen, nachdem sie einen großen Zug des roten Weines genommen hatte. »Aber das ist doch ganz klar! « Saîsha knallte sein Glas dermaßen hart auf den Tisch, das es an einer Stelle sprang. Befehlend sah er zu Meriaka, welche zu ihm huschte und die Gläser austauschte. »Es-« »Es geht um Zarkunda. «, unterbrach ihn Hizashi. Maila sah beide gleichermaßen fragend an. »Es wird nicht mehr lange dauern. Das Königreich ist in Gefahr. Ich will, dass ihr, Maila, und Prinz Saîsha meine Heere anführt wenn es an der Zeit ist. « Saîshas Blick verfinsterte sich, dann schaute er traurig. »Hizashi-Hime, Maila wird nicht mit uns kämpfen. « Hizashi sah ihn nur an. »Aber warum nicht? Sie ist stark und wir brauchen sie. Sie kann nicht einfach so aufgeben. Maila, erklärt mir den Grund eurer Ablehnung. « Maila sagte nichts. Sie wich den Blicken der Prinzessin aus. Saîsha ergriff für sie das Wort. »Sie, es fällt mir schwer, aber sie wird an der Seite des dunklen Lords kämpfen, wenn es soweit ist. Gegen uns.« »Was?!« Hizashi versuchte ihr Entsetzen in Worte zu kleiden, doch es gelang ihr nicht. Auch sie sah plötzlich sehr bedrückt drein. »Maila. Ihr die doch am besten mit Tieren, Menschen und Elfen umgehen kann. Aber wenn es Eure Entscheidung ist, dann soll es wohl so sein. « Saîsha legte die Hände auf die Tafel. »Prinzessin. Maila, gib mir noch eine Chance. «, er sah flehend zu Hizashi, »Eine Nacht. « Beide Damen sahen ihn verwirrt an, dann lächelte die Prinzessin. »Noch ein Pärchen heute. « Saîsha hatte eine Schweißperle auf der Stirn und nun begriff auch Maila wovon die Rede war. Sie senkte errötet den Kopf. »Nur zu.« Das Lächeln der Hoheit wurde breiter. »Ich möchte euch nicht aufhalten. Maila. Bitte überdenkt eure Entscheidung noch einmal. Bei wem wollt ihr bleiben? Bei Prinz Saîsha oder Fürst Akira? Nun denn. Auch ich werde nun mein Schlafgemach aufsuchen. Wir werden uns zu früher Stunde wiedersehen. Eine angenehme Nacht wünsche ich den Beiden. « Sie zwinkerte und erhob sich sogleich. Meriaka schaute dem Geschehen nur still zu und eilte dann Hizashi hinterher. Saîsha und Maila sahen ihr nach und schauten sich dann an. Beide rot bis über die Ohren. Ihre Hände fassten sich. »Gib mir eine Nacht. «, flüsterte Saîsha noch einmal, »Nur eine...« Maila blickte nun wieder beschämt zu Boden. Nickte aber dann schließlich doch. Allein schon, weil er der Prinz war konnte sie nicht ablehnen. Nicht, nachdem er sie auch noch vor Hizashi fragte. Die beiden waren immer ein Pärchen gewesen. Auch, wenn er öfter als einmal der Leibeigene der Prinzessin war. Er liebte Maila und er würde sie Akira nicht so leicht überlassen. Über Mailas Gefühle ließ sich allerdings streiten. Auch sie hätte früher ihr Leben für ihn gegeben. Doch für Akira, der später zu ihr stieß, dem sie mit allen Mitteln versucht hatte Leben einzuhauchen, war da auch etwas. Etwas ganz ähnliches. Beide machten sich auf, die unmögliche Situation aufzulösen. Akira verspürte eine tiefe Wärme. Er fühlte einen leichten Druck auf seiner Stirn. War am Ende alles nur ein Traum gewesen, ein äußerst schöner Traum? Er fragte sich, was er jetzt wohl als erstes sehen würde. Als er die Augen öffnete schaute er in Airîns lächelndes Gesicht. Er war erleichtert. »Es ist an der Zeit, Herr. Die anderen warten bereits auf euch. « Sie gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange und stand auf, um sich wieder anzukleiden. Akira war noch nicht richtig wach. Er war gleich nach dem Akt eingeschlafen. Diese Frau hatte ihm, nach der Erschöpfung der letzten Tage, auch noch die letzte Kraft ausgesaugt. Aber er fühlte sich gut. So gut, wie schon seit sehr langer Zeit nicht mehr. Der Junge wartete noch einige Sekunden bis er aufstand und ihrem Beispiel folgte. Irritiert sah er, dass er neue Gewänder erhalten hatte. Seine alten waren aus dem Raum verschwunden. Ohne zu zögern nahm er die frischen, edlen Hemden und zog sich, wenn auch etwas ungeschickt und letztendlich auch mit Airîns Hilfe an. Airîn begleitete ihn in den Esssaal. Dort angekommen stieß ihnen ein herrlicher Duft entgegen. »Willkommen bei Tisch, Akira! «, rief die Prinzessin herzlich. »Setz dich. Wir wollen etwas essen. « Akira nahm neben Maila platz ihn wunderte, dass die Prinzessin ihn, je nach Begebenheit, duzte oder mit »Euch« ansprach. Airîn gesellte sich zu Meriaka, die etwas abseits stand. »Hattest du eine angenehme Nacht? «, fragte Hizashi an Akira gerichtet. Er warf Airîn einen kurzen verstohlenen Blick zu und nickte dann. »Ja. «, antwortete er geübt kühl. »Wie schön zu hören! «, freute sie sich. Akira schaute sich in der Runde um. Hizashi und Maila lächelten ihn fröhlich an, doch Saîsha schaute weniger glücklich drein. Seine Augen waren etwas gerötet und sahen sehr traurig aus. Doch Akira wollte sich darum nicht kümmern. Nicht jetzt, wo es ihm so gut ging. »Lasst uns anfangen. « Hizashi hob demonstrativ ein Glas voll Wein in die Höhe. Akira mundete diese Mahlzeit so wohl, dass ihm beinahe nach einer Weile schlecht wurde. Es war wirklich köstlich. Trotz allem lag die ganze Zeit eine schmerzhafte Stille über der Tafel bis Akira end-gültig das Wort ergriff. »Ich habe eine Bitte an euch, Majestät. «, stockte er. Hizashi sah ihn verwundert an. »Ich würde gern noch einmal in meine Welt zurück. Ich weiß, dass ich später wahrscheinlich nicht mehr die Zeit dazu haben werde. Ich muss noch ein paar Sachen er-ledigen. « Die Prinzessin schaute verdutzt und tauschte Blicke mit Maila und Saîsha, erwiderte jedoch nichts. Nach einigen endlos scheinenden Minuten lächelte sie aber wieder. »Natürlich. Aber denk daran, du musst dich beeilen. Sei bald zurück. « Ihr Lächeln verblasste. »Dark Silence wird dein Zögern nicht mehr sehr lange dulden. Es kann noch grausamer werden als schon vorherbestimmt...«, hauchte sie mit immer leiser werdender Stimme. »Das ist mir wohl bewusst, Hoheit. «, antwortete Akira, ohne darüber nachzudenken. »Gut. Ich gebe dir einen Tag Zeit. Teile ihn gut ein. « Die Prinzessin lächelte wieder wie gewohnt. »Danke Euch. « Akira erhob sich und verschwand in Airîns Begleitung im Gang. Auch Maila setzte dazu an aufzustehen, doch Saîsha packte sie noch ein letztes kraftloses Mal am Arm. Seine Hand war schwach. Maila sah ihn einen Moment lang mit denselben traurigen Augen an, doch dann riss sich los und eilte Akira hinterher. Dieser Packte grade ein paar Sachen, die er mitnehmen wollte, um bald sicher aufbrechen zu können. »Akira! «, schallte es von draußen. Maila erschien an der Tür. »Akira? Was ist los? Was hast du vor? «, fragte sie. Der Junge sah traurig zur Seite. »Ich, ich habe noch etwas zu erledigen. « »Was? «, Maila war nervös und nicht sicher was sie tun sollte, außer belanglose Fragen zu stellen. »Ich möchte noch ein letztes Mal zum Grab meiner Schwester. Ich muss mich end-gültig von ihr verabschieden. Außerdem muss ich noch ein paar Sachen zusammenräumen, die ich gerne bei mir hätte; ich muss mich von der Schule abmelden und -« Maila warf sich ihm um den Hals, sodass er verstummte. »Warum? «, schluchzte sie. »Warum was?«, versuchte er so lautlos wie möglich darauf zu antworten. »Warum ist alles nur so grausam? « Einige Sekunden vergingen bevor Akira sich zu ihr umdrehte und sie fest in die Arme schloss. »Ich bin nur einen Tag weg, Maila. Bitte. Ich weiß doch auch nicht warum alles so ist wie es nun mal ist. Aber einer muss ja die Drecksarbeit verrichten. « Er lächelte leicht. »Du hast dich so verändert. « Maila ließ wieder von ihm ab. »Wie meinst du das? « Akira stellte diese Frage sehr ehrlich. »Am Anfang, du warst so verschwiegen und kalt. Du hattest deine Gefühle so tief in dir verschlossen. « Akira senkte den Kopf und dachte an alles, was ihm die letzten Tage widerfuhr. Auch er begriff dann, dass sich in dieser Zeit einiges verändert hatte. »Maila… Das ist alles dein Verdienst. Ich habe in all der Zeit nicht mehr so viel Glück erfahren wie mit dir. Selbst in schwierigen Situationen war ich froh, dass du mich dadurch begleitet hast. Aber bald ist es wieder wie immer. Wenn ich erst nicht mehr ich selbst bin, wird alles noch viel schlimmer. Ich danke dir aber für die angenehme Zeit, die ich mit dir verbringen durfte. «, diese letzten Worte auszusprechen kostete ihn viel Kraft, aber er meinte es ernst. »Rede doch nicht so, als würden wir uns nie wieder sehen. « Maila lag noch etwas auf der Seele und wollte es doch nicht aussprechen. Akira aber wusste ihren Blick noch nicht richtig zu deuten: »Aber Maila. « »Ich habe mich entschlossen, Akira. Ich werde bei dir bleiben. « Nun hatte sie es endlich über die Lippen gebracht und es war eine unendliche Erleichterung für sie. »Wie bitte? «, Akira fehlten die Worte. »Darüber reden wir, wenn du wieder da bist. Bitte verabschiede dich von deiner Schwester. Bis morgen.« Maila kullerte eine Träne über die Wange. Sie drehte sich auf der Stelle um und verließ sein Gemach. Akira sah ihr noch einen Moment nach bis er sich fasste und sich weiter auf seine Heimkehr vorbereitete. Prinzessin Hizashi und Airîn blieben die einzigen die ihn verabschiedeten. Saîsha und Maila standen weiter abseits. Mailas Gesicht stand völlig unter Tränen und sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten vor Verzweiflung. Der Junge machte sich auf. Er musste die große Wiese überqueren die vor dem Burgtor lag. Er durfte eines der Pferde leihen, um schneller beim Weltentor zu sein, welches dahinter, so sagte es Hizashi, auftauchen würde. Sie würde es, dank eines Spruches, für ihn herbeirufen. Diesmal griff ihn nicht wieder so ein merkwürdiges Wesen an. Er erreichte das magische Tor ohne Probleme nach ungefähr zwanzig Minuten. Als Akira näher auf die Pforten zuschritt wurde ihm mulmig zu Mute. Es sah nicht wirklich aus wie ein Tor. Mehr wie eine ovale, verzerrte, durchsichtige Form, die gleichmäßige Wellen schlug. Vorsichtig nahm er eine Hand hoch und näherte sich mit den Fingerspitzen den verzerrten Wellen. Sie verschwanden darin. Akira schluckte, trat dann aber einen entschlossenen Schritt nach vorn und verschwand vollends. Maila hatte sich von Saîsha losgerissen und war Akira hinterher geritten. Sie konnte ihn nicht einfach so ziehen lassen. Grade noch rechtzeitig sprang sie vom Pferd und konnte ihn grade noch so am Arm greifen. Jetzt reiste mit ihm gemeinsam in seine Welt zurück. Saîsha hatte schon viel früher geahnt, dass Maila nicht einfach hier bleiben und abwarten würde. Er hatte genug Zeit gehabt, sich auf diesen Augenblick vorzubereiten. Doch trotzdem ließ er sich nach ihrer Flucht, als sie außer Sichtweite war, auf die Knie sinken und verbarg sein verweintes Gesicht in den Händen. Nun hatte er sie wirklich für immer verloren. Der erste Schritt vom Ende war getan… Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Akira - Das Erwachen von Konricia ~Black Sword of Souls~ Kapitel 4 Seine spitzen, alles Hörbare wahrnehmenden Ohren zuckten und er hielt seine Nase in den Wind. – Da war etwas – der kleine elbenartige Tigrun, ähnlich einer Mischung aus Leopard und Mensch, saß auf dem verzweigten Ast eines eichenähnlichen Baumes. Er witterte etwas, er wusste nur nicht was, aber es beunruhigte ihn zutiefst. »Was gibt es denn da zu gucken, Landon, Alterchen? «, fragte ihn ein ähnlich kleiner Fururen-Elb-Mischling. »Sei doch still, Yuushi! «, zischte der Angesprochene. »Irgendwas ist da draußen…«, fügte er flüsternd hinzu. Ebenso flüsternd fragte Yuushi noch einmal: »Und was soll hier draußen sein? Hier gibt es doch weit und breit nur Wiesen und Wälder. Nichts Verdächtiges.« Ein wenig wütend richtete Landon seinen Blick auf Yuushi, dessen aufmüpfiger Ton ihm nicht gefiel. »Du bist wirklich noch viel zu unerfahren. Ich hätte dich zur Wache nicht mitnehmen sollen. Du musst noch viel lernen. « Dann richteten seine Ohren sich wieder auf und er drehte seinen Kopf schnell herum: »Dort! Prinzessin Hizashi hat das Ijigen-Tor geöffnet! «, bemerkte er. »Das Ijigen-Tor? Aber warum das denn? Ist damit nicht das Tor zu einer anderen Welt gemeint? « Yuushi sah den Tigrun verwirrt an. Landon allerdings antwortete nicht, sondern schüttelte nur den Kopf: »Du musst noch so viel lernen…« Nach ein paar Sekunden, die sie bewegungslos dahockten und auf das Tor starrten bis es schließlich verschwand, wollten sie Hizashi und ihr Gefolge aufsuchen um sich nach dem Anlass zu erkundigen. Flink wie der Wind waren sie auch nach kurzer Zeit schon bei ihnen eingetroffen. Hizashi freute sich sichtlich darüber. »Ich bin froh darüber, dass ihr so gewissenhaft bei der Arbeit seid, ihr Beiden. Ich werde euch dieses Mal auch besonders Entlohnen. Shuryôka Yuushi, du machst mich und deine Eltern sehr stolz. »Prinzessin.« Beide verneigten sich tief vor Hizashi. »Ihr habt das Tor zur anderen Welt geöffnet. Ist es uns erlaubt zu fragen, warum? Ihr solltet das Ijigen-Tor doch nur in höchsten Ausnahmen zu Rate ziehen. «, wagte sich Landon zu sprechen. Hizashi lächelte. »Ja das weiß ich, und ja, du darfst fragen. Es wird auch bald von großer Bedeutung sein, denn es wird alles verändern. « Yuushi verstand nicht und erdreistete sich fast sie zu fragen, doch sie ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen: »Ein neues dunkles Funkeln an unserem Himmel wurde geboren und ist dabei sich in eine unheimliche, alles verschlingende Dunkelheit zu verwandeln, wie ein schwarzes Loch. Ich habe ihm dabei geholfen. Es beschämt mich, aber es ist der Lauf der Dinge. Früher oder später-« »Ihr habt was, Majestät?! «, Landon fiel ihr ins Wort. »Verzeiht, Hoheit, aber ihr wisst mit den Konsequenzen umzugehen? « Hizashi nickte nur stumm und ihr Lächeln verflog um einen Hauch. »Das weiß ich wohl…«, fügte sie leise hinzu. Saîsha seufzte. Endlich hatte er seine Trauer niedergekämpft und seine Fassung wieder. »Maila ist auch fort. So wie jetzt wird sie nie wieder sein und ich konnte es nicht einmal verhindern. « Der Junge Ritter seufzte abermals und erhob sich. Sehnsüchtig sah er gen Himmel. Seine Augen glänzten vor Schmerz. Eine einzelne Träne rann ihm noch über die Wange. »Ich konnte ihr Fortgehen wieder nicht verhindern…« Akira und Maila fanden sich in einer neuen Dimension wieder. Eine tunnelartige, verschwimmende Dimension, die alles in sich zu verschlingen schien, was lang genug in sie eintauchte. Den beiden war klar, dass sie sich beeilen mussten den gefährlichen Weg zu durchqueren um in Akiras Welt zurück zu gelangen. Maila klammerte sich noch fester an seinen Arm. »Bei meinem ersten Besuch bei dir bin ich auf andere Art und Weise gereist. «, sagte sie. »Ach ja? Wir sollten hier jedenfalls keine Zeit verlieren, die Wände scheinen uns zu verschlucken, wenn man es überhaupt so nennen kann…« Nach ein paar Minuten zügigen Fußmarsches sahen sie ein paar Meter vor ihnen einen dunklen Schatten auftauchen. »Ist das…? «, fragte Akira vorsichtig, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. »Ich glaube, wir müssen da durch. «, begegnete Maila. »Es ist das Tor zu deiner Welt.« Die beiden traten näher an die nun veränderte, dunkle Masse, die sich ganz langsam zu einer Art Spiegel verfestigte. »Ich gehe voran«, sprach Akira mutig und schritt hindurch. Maila folgte ihm in geringem Abstand. Es wurde hell. Wahnsinnig hell. Akira kniff augenblicklich die Augen zusammen und brauchte einige Sekunden um sich an das Licht zu gewöhnen. Er war in seiner Heimatstadt Osaka angekommen. Er musste sich orientieren, denn sie waren nicht direkt vor seiner Haustür gelandet. »Warte, nicht so schnell«, keuchte Maila. »Der Übergang war anstrengend, ich brauche eine Pause. « Sie befanden sich auf einem Kinderspielplatz auf einem großen begrünten Hof und Maila nahm auf einer Schaukel platz um kurz zu verschnaufen. »Wir sind im Shirokita Shobu Garten. Es ist nicht weit bis nach Hause. Mit dem Bus nur zwei Stationen.«, stellte Akira fest. »Gut, dann lass uns laufen. Ich möchte nicht von so vielen Menschen umgeben werden. « Maila war nach kurzem Verschnaufen etwas ausgeruhter als zuvor und bereit weiterzugehen. Sie stand auf und ging auf Akira zu. Sie kam ihm sehr nah und fasste dann seine Hand. »Lass mich nie wieder allein, hörst du? « Akira errötete etwas, erwiderte aber nichts, sondern drehte sich beschämt um und lief los. Nach ein paar Metern fand er die Worte wieder und sprach Maila auf ihre Beziehung zu Saîsha an. Er konnte noch nicht ganz nachvollziehen warum Maila nun ausgerechnet ihm folgte und nicht bei ihrem Ritter, ihrem Verlobten blieb, der sie über alles liebte und so sehr verteidigte. Nun antwortete Maila nicht gleich, sondern senkte den Kopf und ließ sich von Akiras raschen Schritten bloß hinterher ziehen. »Es ist schwer zu erklären. «, sagte sie schließlich, »Ich liebe ihn ja auch. Aber… Ich liebe dich ebenso, Akira-sama. Du bist jetzt mein neuer Herr und ich werde dir überall hin folgen. Saîsha ist unser Feind und das muss er wohl oder übel respektieren. « »Warum liebst du mich? «, Akira war es unangenehm diese Frage zu stellen und Maila sichtlich diese zu beantworten. »Es gibt Dinge, die geschehen einfach. Es gibt Dinge, die sind vorherbestimmt… Schicksal, verstehst du? « Ihre Schritte verlangsamten sich und Maila ließ Akiras Hand los. »Ich konnte mich entscheiden. Entscheiden zwischen Saîsha und dir. Entscheiden zwischen Hell und Dunkel. Und…«, sie zögerte kurz, »Und ich habe mich für dich entschieden. Saîsha kann auch ohne mich sein, aber du brauchst einen Verbündeten der dich unterstützt, der dich liebt. Und das Schicksal hat mich für diese Aufgabe erwählt. Das hat weniger mit der Liebe zutun die ich für dich empfinde, oder auch für ihn. Alles ist mit dem Schicksal vorherbestimmt. Saîsha und ich wussten es von Anfang an. « Akira fragte nicht mehr nach. Er leitete Maila nun stumm zu seinem Wohnblock. Vor dem Fahrstuhl, der sie in den fünften Stock fahren sollte blieben sie stehen und verharrten sekundenlang bewegungslos. »Danke. «, hauchte Akira, dann tat sich die Fahrstuhltür auf um die beiden nach oben zu transportieren. Der Fahrstuhl war eng und ähnlich sanierungsbedürftig wie das Treppenhaus durch das Akira jahrelang hetzen musste. Oben angekommen schloss Akira die Wohnungstür auf und ließ Maila eintreten. Es hatte sich seit seinem Verschwinden vor Tagen nichts verändert. Alles lag an seinem Platz und war ordentlich und aufgeräumt. Die beiden zogen sich die Schuhe aus und betraten den empfindlichen Fußbodenbelag. Die kleine Wohnung bat gerade mal genug Platz für zwei Personen. Sie hatte nur ein sehr schmales Bad mit Duschwanne und der Flur war ebenfalls sehr eng. Der größte Raum in Akiras Wohnung war, nicht wie gedacht, das Wohnzimmer, sondern die Küche. Wohnzimmer und Schlafzimmer boten zwar auch einiges an Platz, aber die Küche war sehr großzügig geschnitten. Der Stil der Wohnung war sehr westlich gehalten so weit es der Einrichtung möglich war. Akira wollte nach dem Tod seiner Schwester eine vollkommene Veränderung in seinem Leben. Maila hatte beim ersten Besuch nur wenig Zeit gehabt sich vernünftig umzusehen. Sie war nur ihrer Bestimmung gefolgt, und durch die schweren Verletzungen und Saîshas frühen »Besuch« hatte sie auch später nicht die Gelegenheit dazu. Die Wohnung war arm an Bildern aber trotz allem geschmackvoll eingerichtet. »Ob ich in der Schule schon abgemeldet wurde? Jetzt, wo ich so lange fort war.«, dachte Akira laut. »Ach ja. Bei euch gibt es eine verpflichtende Schule, ich habe davon gehört. Saîsha hat es mir erzählt. «, erwiderte Maila. »Mich hat und wird eh niemand vermissen. Persönlich habe ich niemanden mehr und in der Schule mochte mich sowieso niemand. Von daher mache ich mir da keine Sorgen mehr. Es ist sicherlich niemanden aufgefallen, dass ich seit Tagen nicht mehr hier war. «, seufzte er. »Sag das nicht. « Sie seufzte ebenfalls. Er hatte ja so Recht… Akira betrat das Schlafzimmer und betrachtete ein aufgestelltes Foto auf seinem Nachttisch neben seinem Futon-Bett. Darauf war er mit seiner Schwester zu sehen. Als Maila einen Blick darauf erhaschte zuckte sie unmerklich zusammen. Das Mädchen sah ihr so ähnlich… Ob es Zufall war? »Ich packe nur eben ein paar Sachen zusammen, dann können wir zum Friedhof, damit ich mich von meiner Schwester verabschieden kann. Mich hält sonst nichts mehr hier in dieser öden Welt. « Er nahm sich einen Reisekoffer und begann allerlei Wäsche und sonstige Utensilien zusammenzuräumen, die sich grade in seiner unmittelbaren Umgebung befanden. Maila nickte stumm und starrte weiter das Foto an. Sie sagte auch später nichts dazu. Akira merkte selbst, dass es ein aussichtsloser Kampf war, den er sich mit seinen Tränen gab. Es war sinnlos sich einzureden, man könne eh nichts ändern und müsse nach vorn schauen. Er packte immer mehr in den viel zu kleinen Koffer und Maila sah ihm traurig dabei zu. Sie sagte aber nichts, auch wenn Akira später merken musste, dass er für die ganzen Habseeligkeiten später sowieso keine Verwendung mehr hatte. Irgendwann hielt er inne und sah sich um. Um ihn herum waren noch unzählige Erinnerungen an sein früheres Leben zu finden. Bilder, Porzellanfiguren, Bücher, Computerspiele. Er sah auf seinen Koffer und starrte darauf, bis er wütend die Klappe zuschlug und vergeblich versuchte, ihn mit voller Kraft zu schließen. Maila machte auch jetzt keine Anstallten ihm zu helfen sondern stand weiter bewegungslos im Raum. Akira riss die Klappe wieder auf und warf alles, was er eben so sorgfältig eingepackt hatte, in hohem Bogen wieder aus dem Koffer heraus, bis nichts mehr übrig, und unzählige Dinge zerschellt waren. Dann ließ er sich auf die Knie fallen und verbarg das Gesicht in den Händen. Nun erwachte auch Maila wieder aus ihrer Starre, setzte sich schnell zu ihm und schlang die Arme um seinen Hals. »Du musst deine Trauer nicht unterdrücken. Du darfst weinen und du darfst wütend sein. Aber bitte mach dich nicht verrückt. Ich bin bei dir und werde es für immer sein. « Sie seufzte leise, denn auch sie musste nun die Tränen zurückhalten: »Ich will nicht, dass du leiden musst. « Akira nahm die Hände vom Gesicht. Sein Ausdruck war wie versteinert. Er starrte wütend und trotzig ins Nichts. Dann holte er tief Luft und lächelte. »Maila, vielen Dank für deinen Beistand. Aber ich muss das allein schaffen. Mach dir bitte keine Sorgen. Alles ist gut. « Bei seinen letzten Worten lächelte er nicht mehr sondern schaute wieder ernst in Richtung seines Koffers. Dann nahm er vorsichtig Mailas Arme von seinem Hals und stand langsam wieder auf. Der Himmel zog sich zu als Akira und Maila am Friedhofsgelände ankamen. Bei helllichtem Tage und Sonnenschein war dieser Friedhof freundlich, fast schon festlich anzusehen. Mit Blumen ge-schmückte Gräber und mit verzierten Wegen. Doch bei Dunkelheit und Regen wirkte er mehr wie ein verlassener, unnahbarer gräulicher Ort, der nach Moos und feuchtem Schlamm roch. Maila zitterte und blieb vor dem Gelände stehen. Sie wollte diesen Ort des Todes nicht betreten und sie spürte einen Anflug von Angst. Akira verstand sie nur zu gut, auch er hätte diesen Weg nur zu gern über-sprungen, doch er musste sich einfach noch ein letztes Mal von seiner Schwester verabschieden. Der Regen nahm zu und wie Akira so die Wege zum Grab seiner Schwester entlang lief desto stärker fühlte er sich an den Tag ihrer Beerdigung zurückversetzt. Es schmerzte in seiner Brust so stark, wie an dem Tage, als er dieses Grab das erste Mal ansteuerte. Es war ein schwerer aber entschlossener Gang. Es würde das letzte Mal sein, dass er hier stünde. An Komikos Grab standen zwei kleine Kerzen und eine einsame, weiße Lilie leuchtete auf dem grauen Untergrund hervor. Akira ließ sich davor in die Hocke sinken. Er hatte einen strahlend bunten Blumenstrauß dabei, den er nun vorsichtig zu der zerbrechli-chen Lilie legte. »Die haben dir doch immer so gut gefallen«, flüsterte er. Einige Sekunden lang verharrte er still. Dann stand er wieder auf und faltete die Hände vor seiner Brust. Er schloss die Augen und sprach still ein kleines Gebet. Der Wind nahm zu. Doch nicht so kalt, wie Akira erwartete, sondern warm wie eine Umarmung. Er vernahm einen süßlichen Duft, wie den eines Parfüms und als er die Augen wieder öffnete sah er vor sich eine Art Nebel, der aufgezogen war. Akira rannte ein Schauer über den Rücken. Doch als er nun auch noch die liebliche Stimme seiner Schwester vernahm wurde er ganz ruhig. »Mein geliebter Bruder«, hallte es aus der aufziehenden Nebeldecke, »So viel Liebe hast du mir geschenkt. Sei nicht mehr traurig. Sei stark und weise. Es ist an der Zeit endlich Abschied zu nehmen. Aber wir werden uns wiedersehen. Ich werde auf dich warten mein geliebter großer …« Es donnerte. Akira zuckte zusammen und der Nebel vor ihm wurde von immer stärker werdendem Regen langsam aufgelöst. Akira war irritiert und auch verängstigt, aber die zarte Stimme seiner Schwester hatte ihn innerlich sehr beruhigt. Er war endlich bereit seinen Weg zu gehen, wohin er auch führen sollte. Als Maila ihn erblickte eilte sie durch die Tore zu ihm und hakte sich bei ihm ein. Sie sah seinen festen, alles durchdringenden Blick und schwieg bis sie wieder bei ihm Zuhause ankamen. Akira brauchte noch ein wenig Zeit zum Nachdenken. Das spürte sie. Auch, das Akira endlich einen Schlussstrich gezogen hatte. Die Verzweiflung und Furcht, welche sie vorher immer in seinen Augen sehen konnte waren verschwunden und sie las in ihnen nur noch Entschlossenheit. Zuhause angekommen und noch immer schweigend bereitete Akira einen grünen Tee mit Ingwer zu, der sie vor Erkältungen schützen sollte. Sie waren bei kühlen Temperaturen durch den Regen ge-gangen, bedächtig und langsam. Ihre Kleidung war völlig durchnässt als sie die Wohnung erreichten. Maila zog sich im Bad aus und warf die nasse Wäsche in die Badewanne. Nur mit einem Handtuch be-kleidet kam sie zu ihm in die Küche und sah ihm neugierig über die Schulter. Akira erwischte sich mehrmals dabei, wie er auf ihren Hals und ihr Dekolleté sah. Maila entgingen diese Blicke nicht und sie kicherte leise. Nachdem Akira den Tee im Wohnzimmer abgestellt hatte ging auch er ins Bad und entkleidete sich. Maila ließ ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen und das neugierige Funkeln in diesen nahm mit jedem fallen gelassenen Kleidungsstück zu. Akira war etwas unwohl unter ihrer Beobachtung und machte Anstalten seine Blöße zu verbergen. Maila war höflich genug sich umzudrehen, bis Akira sich eine saubere und vor allem trockene Hose übergezogen hatte. Er drehte in allen Räumen die Heizung ein wenig höher und kuschelte sich mit Maila unter eine Decke auf seiner Couch. Maila freute sich über das Vertrauen, dass er ihr nun nach und nach immer mehr entgegenbrachte und kuschelte sich an seine Schulter. Als ihr Blick eines der Bilder von Akiras verstorbenen Schwester streifte sprach sie ihn darauf an: "Ich bin so froh, dass du mir jetzt vertraust, Akira", begann sie. Er sah sie nur verwirrt an. "Ich meine, ich bin doch bestimmt die erste Person, die, außer deiner Schwester, so nah an dich heran darf, oder?" Akira sah nachdenklich an die Decke. Ihm war das gar nicht bewusst geworden, erst jetzt, als sie ihn darauf ansprach. "Ist es die Ähnlichkeit, die es dir zu einfach macht, mir nahe zu sein?", fragte sie ihn. "Ich habe jetzt schon mehrere Bilder in deiner Wohnung gesehen und sie sieht mir wirklich sehr ähnlich. Vielleicht ist das gar kein Zufall. Es ist wahrscheinlich einfach Schicksal." Akira sah wieder zu ihr. Er hatte nun die kurze Gelegenheit zu antworten: "Als ich dich das erste Mal gesehen habe, musste ich sofort an Komiko denken. Du siehst ihr wirklich un-glaublich ähnlich. Wahrscheinlich ist das der Grund für mein Einlenken. Nicht, dass du nicht auch sehr freundlich und sympathisch wärst, aber das hat mich bei anderen Leuten auch noch nie überzeugt. Es muss an Komiko liegen." Maila lächelte. "Wie stark war dein Verhältnis zu deiner kleinen Schwester?" Er wich ihrem Blick aus und errötete leicht. "Ich weiß nicht, ob ich dir das erzählen soll, Maila.", begann er. Maila stupste ihn in die Seite, damit er weitersprach. "Wir hatten kein familiäres Verhältnis. Wir haben uns schon sehr früh in einander verliebt", stotterte er. "und haben auch nicht sehr lange mit dem Sex gewartet. Es war nicht leicht, alles vor unseren Eltern und Bekannten geheim zu halten und wie eine geschwisterliche Beziehung aussehen zu lassen. Sie war zwar nur meine Halbschwester, aber gut wäre das nie gegangen.", wieder stockte er. Er hatte viel mehr erzählt, als er jemals einem Menschen hätte erzählen wollen. Viel zu viel. Maila lächelte nur wieder. "Ich komme aus einer Welt, Akira, in der nichts verboten ist. Die Liebe geht immer ihren Weg, egal wie steinig er wird. Mach dir keine Gedanken. Ich bin so erleichtert, dass du mit mir darüber gesprochen hast." Sie küsste ihn und er erwiderte ihren Kuss vorsichtig. Akira hatte das Gefühl, als wären ihm grade zentnerschwere Steine vom Herzen gefallen und er fühlte sich gut bei ihr. Er hatte nun auch schon eine Nacht mit Airîn verbracht, aber dieses Gefühl, was Maila ihm nun gab war damit nicht zu vergleichen. Maila schmunzelte und presste ihre Lippen stärker auf die seinen. "Es wird deine letzte Nacht in dieser Welt sein, Akira.", flüsterte sie ihm leise ins Ohr. "Wie möchtest du diese verbringen?" Dem Jungen wurde heiß und kalt, und nicht lange ließ er sich bitten, seine frische Hose wieder auszuziehen. Maila roch so gut und sie war so warm und ihre Haut so wunderbar weich. Heute Nacht gehörte sie nur ihm. Und nichts in der Welt würde sie in dieser Nacht trennen können. Akira hatte Kopfschmerzen und fühlte sich schwach am nächsten Morgen. Sie waren die Nacht sehr stürmisch und hatten es längst nicht mehr auf der Couch ausgehalten. Nun lagen sie im Bett und Maila hatte sich an seine Brust gekuschelt. Er hatte noch immer den Duft ihrer Haare in der Nase, den des süß riechenden Schweißes auf ihrer weißen Haut. Lange nicht mehr hatte er sich so wohl gefühlt wie in dieser Nacht. Sein Erlebnis mit Airîn war damit nicht zu vergleichen. Bei Maila spürte er ein Kribbeln in der Brust und das Gefühl der Begierde in seinem Herzen und nicht einfach nur Lust. Es war schön. Doch jetzt war ihm schlecht. Er fühlte sich ausgelaugt und schwach. Vielleicht lag das auch an Mailas fremden Zauber, den sie aus ihrer Welt mitbrachte. Akira war das in diesem Moment egal. Er löste sich vorsichtig aus ihrer zarten Umarmung und ging unsicheren Schrittes in die Küche zu seinem Medikamentenschränkchen und nahm sich daraus eine Kopfschmerztablette, die er mit reichlich Wasser herunterspülte. Danach suchte er sich leise seine Sachen zusammen und zog sich an. Ihm war nicht wohl dabei, die ganze Zeit nackt zu sein. Er legte ein paar Brötchen in den Backofen und ließ diese warm wer-den während er den Tisch mit Tellern und Tassen deckte. Maila musste jede Minute aufwachen. Er setzte sich zu ihr und streichelte ihr lächelnd über die Wange, bis sie schließlich die Augen öffnete und sich streckte. "Das riecht aber gut.", sagte sie etwas verschlafen. Nach ihrem gemeinsamen Frühstück bei leisen Radioklängen machten sie sich bereit, wieder ins Land Zarkunda zu reisen. Ohne jegliches Gepäck standen er und Maila kurze Zeit darauf an dem Ort, an dem Sie das erste Mal in das fremde Reich gelangten. Sie nahmen sich bei der Hand als der Wind zunahm und sich Sanddünen hinter den Häusern auftaten, bis diese vollends von ihnen begraben wurden. Dann standen er und Maila wieder auf der Wiese. Saftig grün und weit. Nicht weit allerdings standen zwei gesattelte Pferde. "Sind das die Pferde, die wir hier zurückgelassen haben?", fragte A-kira. "Ich bin mir sicher, dass sie uns die Pferde schickten, weil sie wussten, dass wir kommen.", antwortete Maila ruhig. Dieses Angebot dankend annehmend stiegen die beide auf die Tiere und ritten nebeneinanderher, bis sie die Burgmauern erreichten. Sie wurden bereits von den Wachen erwartet, die sie mit finsterer Miene passieren ließen, die Augen nie von Akira abgewandt. Er fühlte sich unsicher. Sie stiegen von den Pferden ab und gaben sie an einen Stallburschen. Dann tauchte auch schon Hizashi auf. "Schön, dass ihr wieder da seid, meine Lieben.", lächelte sie trügerisch. Irgendwas gefiel Akira an der ganzen Fassade nicht. Alle sahen ihn finster an und auch die Prinzessin wirkte wenig überzeugend. "Es tut mir leid, dass ihr nicht festlicher empfangen wurdet, aber wir mussten einige Vorkehrungen treffen. Bitte begebt euch doch erstmal auf eure Zimmer und dann reden wir beim Speisen.", flötete sie, und begleitete sie ins Schloss. Auch drinnen musterten Akira alle mit sehr strengem Blick und das eins so pachtvolle Schloss wirkte auf ihn plötzlich grau und kalt. Zu seinem Erstaunen standen vor seinem Gemach zwei Wachen in glänzend weißer Rüstung, bewaffnet und bereit zum Übergriff. Nur zaghaft tastete er sich an diesen vorbei durch die Tür. Nachdem er seine Sachen abgelegt hatte sah er nach Maila, vor deren Tür keine Wachen standen. Nur eine Dienerin. Ihm fröstelte. Es war klar, dass diese ganzen Vorsichtsmaßnahmen nur wegen ihm ergriffen wurden und das nicht ohne Grund. Maila schritt zu ihm aus dem Zimmer und begleitete ihn zum Esssaal. Auch ihr war die verstärkte Wache aufgefallen und löste Unbehagen aus. Dort ange-kommen setzten sie sich zu Saîsha, der bedrückt dreinschaute und Hizashi, deren Blick auch nicht ganz klar war. Die bekannten Gesichter der Dienerinnen waren auch anwesend. Akira fackelte nicht lange und stellte Hizashi kurzerhand zur Rede. "Prinzessin. Ich sehe überall mehr Wachen, draußen, in den Gängen, vor meinem Zimmer…", begann er "Ich ahne ja, warum ihr Vorkehrungen getroffen habt, aber warum habt ihr mich überhaupt ausfindig gemacht. Warum mich hergebracht?", fragte er fordernd. "Wäre es nicht sinnvoller gewesen, mich einfach nichts ahnend mein Leben weiterführen zu lassen? Dann hättet ihr nicht diese Mühe und diesen … eventuellen Krieg." Saîsha sah ihn noch immer nicht an und überließ Hizashi das Reden. Sie klatschte und die Speisen wurden hereingebracht. "Nun essen wir doch erst mal, junger Lord. Zum Reden haben wir Zeit genug.", war ihre Antwort. Akira seufzte, wusste aber auch, dass er dieser Frau nichts entgegenzusetzen hatte. Sein Hunger war nicht allzu groß doch er kämpfte sich tapfer durch Vor-, Haupt- und Nachspeise, bevor Hizashi fast erlösend weiter sprach. "Mein junger Lord.", begann sie schließlich. "Es ist kom-plizierter als du es dir vorstellst. Wir haben in dieser Welt hier ein-strenges Gesetz. Das Gesetz des Gleichnisses, der Ausgewogenheit und des Gleichgewichts. Du kennst doch sicher das Sprichwort, ohne Licht – kein Schatten? So ist das bei uns auch." Sie setzte kurz ab um von ihrem Wein zu kosten. "Wir können nicht lange existieren, wenn unsere Welt nicht ausgeglichen ist. Du hast doch schon gewusst, dass diese Welt aus zwei Teilen besteht. Zarkunda und Konricia. Kein Land kann ohne das andere existieren." Akira verfolgte ihre Worte sehr aufmerksam. "Konricia hat keinen Herrscher mehr. Seit sehr langer Zeit. Es stirbt. Nur mit einem Herrscher kann dieses Land wieder seine Blütezeit erleben, auch wenn es für unser Volk von Nachteil ist. Ohne Konricia stürzt die Welt in ein Ungleichnis und zerfällt langsam. Viele Bewohner Konricias retten sich hier her und verderben das Gebiet. Das darf nicht länger so sein." Auch wenn Akira damit rechnete, dass Hizashi gleich weiter sprach, nachdem sie einen Happen gegessen hatte, trat der Fall nicht ein. Für Hizashi war das Thema ausgiebig besprochen. Der Junge schaute auch Saîsha verwirrt an, der seinen Blick aber nur trotzig erwiderte. "Warum bin ich denn dann in eurem Land, Prinzessin, und nicht in Konricia, wo ich hingehöre?" Hizashi schluckte ihren Bissen herunter und sah ihn gar nicht erst an, als sie antwortete: "Du wirst Konricia noch früh genug beherrschen, mein kleiner Lord." Mit den letzten Worten tupfte sie sich mit einer Serviette den Mund ab, erhob sich und verließ die Tafel, ohne sich noch einmal aufhalten zu lassen. "Ich ziehe mich jetzt in meine Gemächer zurück." Damit war sie ver-schwunden. Akira sah verstört zu der Tür, durch die Hizashi vor wenigen Momenten verschwand. Er verstand das alles noch nicht und wollte Erklärungen. Meriaka sah Akira besorgt an und sagte: "Wenn es mir erlaubt ist zu sprechen, Herr…", sie verneigte sich "Es muss keinen Krieg geben. Auch ein Leben in Frieden ist möglich. – Nur Unwahrscheinlich. Verzeiht." Mit ihrer Entschuldigung schloss sich Meriaka ihrer Herrin an und ging. Maila legte ihre Hand auf Akiras Schoß und sah ihn aufmunternd an. Er zuckte nur mit den Schultern. Mehr erfahren konnte er jetzt eh nicht mehr und mit diesen Informationen fand er sich ab. Saîsha sah die immer stärkere Vertrautheit zwischen den Beiden und versank erneut in Selbstzweifeln. Ob Krieg oder nicht, ob Böse oder nicht. Maila würde nie wieder sein. Nicht in dieser Welt und auch sonst nie mehr. Er fixierte Akira mit gebrochenem Blick und bemerkte nicht mal, wie Akira diesen Blick erwiderte. Er hatte sich fest vorge-nommen mit Saîsha unter vier Augen zu sprechen. Gleich nach dem Essen. Maila sah ihn mit flehendem Blick an, sie interpretierte seinen, und den Blick Saîshas völlig falsch. Akira stand auf und ging langsam auf Saîsha zu, der sich nun spannte. Leise sagte Akira zu ihm: "Bitte lass uns an einem stillen Ort miteinander sprechen." Saîsha wirkte ver-wirrt, willigte aber mit einem Nicken ein. Beide verließen die Tafel und ließen die anderen verdutzt schauend zurück. Die beiden Jungen begaben sich in Saîshas schlichtes Arbeitszimmer und machten es sich so bequem wie möglich. "Saîsha", ergriff Akira das Wort. "Ich will keinen Streit, keinen Krieg. Ich möchte dich näher kennenlernen. Es muss möglich sein mit allen in Frieden zu leben. Dieses Ziel strebe ich an und hoffe, dass du mich unterstützt. Du willst doch auch dieses Land schützen." Saîshas gebrochener Blick hatte an Festigkeit noch nichts zurückgewonnen. Er wusste, dass es Akira ernst war und dass er ihm vertrauen konnte. Er wollte es nur ungern zugeben. Schließlich resignierte er aber doch mit einem lauten Seufzen. "Wir sind gar nicht so verschieden, Akira.", begann er. "Ich bin auch ein Kind der Erde. Deiner Welt." Akira sah auf. "Ich bin geboren und aufgewachsen als Taichi Gable. Der gemeinsame Sohn einer Japanerin und eines Amerikaners." setzte er fort. "Ich wurde wie du in diese Welt gerufen, weil ich hierher gehöre und hier mein rechtmä-ßiger Platz ist." "Weißt du denn, warum ausgerechnet wir ausgewählt wurden?", fragte Akira. "Prinzessin Hizashi sagte mir einst, ich hätte verborgene Kräfte, die mir von Zarkunda in die Wiege gelegt wurden. Kräfte, die ich nur zum Wohle dieses Landes einsetzen kann.", er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es auch nicht genauer. Seit ich der Prinzessin unterstellt bin, komme ich nur noch selten in die Welt der Menschen. Ich verliere nach und nach die Erinnerungen an meine Eltern, meine Freunde, mein früheres Leben. Es macht mir nichts mehr aus, dass ich nun hier bin. Ich habe meine Bestimmung gefunden. Genauso wie du sie hier finden wirst. Ich ver-stehe die Prinzessin allerdings auch nicht, warum sie dich jetzt schon hat holen lassen." Akira schwieg und sah sein Gegenüber durchdringend an. "Was ist mit dir und Maila, oder besser, mit dir und der Prinzessin?" Saîsha wich seinem Blick aus. "Wie du von Maila bereits weißt waren wir verlobt. Wir wollten für immer zusam-menbleiben." "Warum die Prinzessen?" Saîsha seufzte. "Maila sagte dir sicher, ich sei den Reizen der Prinzessin verfallen und hätte sie einfach vergessen, aber dem ist nicht so. Wirklich nicht…", Saîsha stockte kurz. Er wusste nicht, ob er Akira wirklich alles erzählen sollte. Doch letztendlich war es sowieso egal. "Die Prinzessin hat mich erpresst. Maila ist ein Kind beider Länder, wie du schon weißt. Sie stellt für Hizashi eine große Gefahr da. Hizashi wollte Maila einsperren lassen. Strenger bewacht, als du es heute wirst. Ich erzählte ihr von uns, dass ich sie liebe und es nicht ertrage, wenn sie eingesperrt würde…" Erneut legte er eine längere Pause ein. "Sie gab Maila die Freiheit. Im Gegenzug musste ich die Verlobung lösen und mich der Prinzessin zur Verfügung stellen." Saîsha seufzte erneut und Akira steckte ein schwerer Kloß im Hals. "Du tust alles nur ihr zuliebe.", stellte er fest. Saîsha nickte nur traurig. "Maila weiß davon natürlich nichts und darf es auch niemals erfahren. Auch nicht von dir. Das musst du mir versprechen." Akira nickte stumm. "Ich will alles ertragen, wenn es ihr nur gut geht. Und wenn es an deiner Seite ist … Dann soll es so sein." Saîsha kippelte auf seinem Schemel hin und her, was Akira aus seinen Gedanken riss. "Was wird aus werden, Saîsha?", fragte er schließlich. "Wir werden sterben, dann werden wir wiederkommen. Immer und immer wieder werden wir als Säuglinge auf die Welt kommen und uns unserem Schicksal wieder und wieder stellen müssen. Es gibt keinen Ausweg aus diesem Teufelskreis, da wir immer wieder unser Gedächtnis verlieren." Akira stand von dem morschen Holzstuhl auf, der bedrohlich knackte. "Ich danke dir sehr für deine Offenheit, Saîsha.", unterbrach er ihn. "Ich glaube, ich habe vorerst wirklich genug gehört. Maila wird nichts von alledem erfahren." Der blauhaarige Junge nickte nur stumm und nachdem Akira den Raum verlassen hatte schloss hinter ihm die Tür. Von innen lehnte er sich gegen diese und sank langsam und zitternd in die Hocke. Zu sehr schmerzten die erneut hochgewühlten Er-innerungen und die Tatsache, dass er seine Geliebte endgültig an sei-nen größten Rivalen verloren hatte. Maila wartete bereits vor Akiras Gemach und nahm den betrübten Rotschopf in die tröstenden Arme. Sie ahnte, dass Akira mehr gehört hatte, als ihm lieb war und spendete ihm so viel Liebe und Kraft wie ihr nur möglich war. Der Junge wollte weinen, doch seine Augen blieben trocken. so sehr seine Gedanken rasten, so stark sein Herz auch pochte, keiner Träne war es gegönnt über Akiras rosige Wangen zu huschen. Maila sorgte sich sehr, traute sich aber nicht auch nur ein einziges Wort während dieser Zeit auszusprechen. So saßen sie da, auf seinem Bett, in seinem Zimmer, seinem neuen Zuhause, und schwiegen für sehr lange Zeit. Dann riss plötzlich jemand die Tür auf. Prinzessin Hizashi stand davor und beäugte das erschrockene Pärchen mit gespielter Neugier. "Ich möchte mit unserem jungen Lord unter vier Augen sprechen, wenns recht ist, meine Liebe.", sagte sie nur spöttisch und machte eine wegwerfende Geste. "Nicht für lang, keine Sorge. Ich will die Nerven des neuen Glücks nicht unnötig strapazieren." Sie grinste hämisch und wartete ungeduldig, bis Maila sich schickte, den Raum zu verlassen. Danach verschloss sie die Tür, aber nicht ohne sicherzugehen, dass sich erneut Wachen vor dieser postierten. "Mein junger Lord.", hauchte sie. In Akiras Ohren klangen diese Worte mehr als spöttisch. "Da du jetzt eine Weile unsere Gast-freundschaft genießen wirst finde ich es an der Zeit, dir meine Volkschaft vorzustellen." Akira sah sie verwirrt an, ahnte aber, dass sie sich nicht in ihrem Redeschwall unterbrechen ließ. "Du hast bereits viele meines Volkes kennengelernt, doch längst nicht alle. Mach dir keine Gedanken, ich werde nicht mit dir in die Dörfer ziehen und die Bauern von ihren Feldern holen.", sie lächelte. "Doch ich wäre darüber sehr erfreut, wenn du mein Schlosspersonal besser kennenlerntest." Hizashi lief im Zimmer ein paar mal langsam und graziös auf und ab bevor sie erneut ansetzte: "Natürlich wird das nicht heute oder morgen alles passieren, doch ich möchte, dass du dich herantastest, mir über die Schulter siehst und dich ein wenig mit allem vertraut machst." Sie blieb stehen und sah ihn schelmisch an. "Ich hoffe du hast nichts dagegen einzuwenden?" Akira schluckte, dann schüttelte er heftig den Kopf. Es war ihm unangenehm mit dieser Frau eingesperrt in einem Raum zu sein, mit diesen Augen buchstäblich abgetastet zu werden, Millimeter um Millimeter. Er fühlte sich klein, verletzlich und entblößt, wenn er versuchte, ihren Blicken standzuhalten. Dann aber erlöste sie ihn und ihr Blick wurde leicht und fröhlich. "Ich wollte dir keine Angst machen, junger Lord. Ich erwische mich selbst bei diesen Späßen leider viel zu oft und muss mich bei dir dafür entschuldigen. Ich habe die Unruhe in deinen Augen bemerkt. Sorge dich nicht. Ich werde dich nicht anrühren." Sie drehte den Türknauf, und machte Anstalten zu gehen. Akira wollte aufatmen, als Hizashi sich noch einmal zu ihm umsah: "… noch nicht." Sie lächelte erneut und verschwand aus dem Zimmer. Akira schluckte erneut einen schweren Kloß herunter und kauerte sich auf seinem Bett zusammen. Wie gern wäre er jetzt bei sich in Japan. Zuhause. Maila schlich sich wieder hinein und näherte sich vorsichtig. "Möchtest du jetzt lieber allein sein, Akira?", flüsterte sie. Akira verneinte dies mit einem leichten Kopfschütteln und zog sie zu sich heran. "Bitte bleib hier. Ich möchte, dass du bei mir bist, Maila." kaum die letzten Worte ausgesprochen, legte er seine Arme um sie und drückte sie fest an sich. Er hatte Angst. Große Angst vor dem, was in den nächsten Tagen auf ihn zukommen würde. Spöttische Blicke und böse Zungen, die über ihn sprachen. So etwas kannte er schon zu genüge. Er wollte niemanden kennenlernen. Er wollte für sich sein, mit jenen Menschen, denen er vertraute. Doch er konnte sich aus Hizashis unsichtbarem Griff nicht befreien und musste wehrlos mit ihr Schritt halten. Er musste einfach versuchen das Beste daraus zu machen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)