Mission Impossible von Alive (Manchmal hat Mann eben doch mal Glück) ================================================================================ Kapitel 1: One-Shot ------------------- 25.02.2009 bis 01.05.2009 Alles meins mal wieder :-) Und diesmal sogar wieder auf Deutsch :D *wtf* Also viel Spaß wünsche ich euch ihr Lieben :-) Mission Impossible 25.02.2009 Mission Impossible „Gehen wir am Samstag ins Kino?“ frage ich meinen guten Kumpel Max, während wir durch die Innenstadt nach Hause schlendern. Es ist schon halb zwei, ich weiß dass meine Mutter das Essen für halb zwei macht; aber als ich von meiner Armbanduhr nach oben blicke, hab ich den Stand der Zeiger schon wieder vergessen. „Samstag?“ fragt Max. „Oder hast du da schon was vor?“ „Ach nee, aber Samstag isses teuer. Ich weiß nicht; wieso nicht Montag?“ sagt er. „Klar, wieso nicht.“ sage ich aufgeregt. „Was willst du überhaupt sehen?“ sagt Max. Er kramt in seiner Jackentasche und holt ein paar Kaugummidragees raus. Aus dem Augenwinkel beobachte ich, wie er sich mindestens eins in den Mund steckt, und dann die restlichen wieder in der Tasche verstaut. „Hey, kann ich vielleicht auch eins haben?“ sage ich genervt, weil er mir keins angeboten hat. Mit einem genervten Stöhnen holt er die zerknüllte Packung wieder aus der Tasche. „Mann, das ist aber das letzte! Und das muss ich jetzt dir geben. Dabei hab ich heute Training und alles.“ Er hält mir das letzte Stück hin. Ich tue beleidigt und gehe ein wenig schneller. „Pah, dann eben nicht, du Egoist! Behalt’s doch wenns dir so wichtig ist!“ Genervt holt Max mich wieder ein. „Was soll das jetzt? Jetzt nimm schon.“ Schließlich halte ich meine rechte Hand doch hin und kriege das Kaugummi. Bevor ich es schließlich in den Mund stecke halte ich es noch einen Moment zwischen Daumen und Zeigefinger. Irgendwie ist es schon ein bisschen eklig geworden, weil Max es so lange in den feuchten Fingern gehalten hat. Was heißt feuchte Finger; aber jeder kennt es, dass die Finger sofort schwitzig werden, wenn man so was wie dragierte Kaugummis in der Hand hält. Jedenfalls hat sich der harte Überzug schon ein bisschen aufgelöst, und auf der Zunge schmecke ich erstmal außer Zucker auch Salz von irgendwelchen Fingern. Wer soll das schon auseinander halten. Vielleicht waren’s auch meine eigenen Hände, schließlich bin ich ein wenig aufgeregt. Wollte schon lange mal wieder ins Kino. Wir laufen einen Moment schweigend weiter während ich über Handschweiß philosophiere, so für mich natürlich. Bin ja kein Idiot. Wär ja ziemlich peinlich, über so was mit meinem guten Kumpel Max zu reden, schon eher eklig. Wer denkt überhaupt über so was nach? „Also, welcher Film denn jetzt?“, fragt Max in ‚Versöhnungston’. Soll heißen: ‚Ja ja, sorry, jetzt reg dich schon ab. Bin ja brav.’ – So stell ich mir das zumindest vor. „Ach, weiß noch nicht.“ sage ich. Eigentlich ist das ziemlich gelogen. Ich weiß schon ganz genau was ich sehen will, aber ich weiß auch, dass Max mein Faible für Tom Cruise kennt – voll peinlich. Aber der sieht doch auch gut aus… Ich muss jetzt abbiegen, also klopfe ich Max noch mal auf die Schulter und schubse mich dann ein bisschen weg, direkt in die Abzweigung nach links rein. „Sag ich dir dann morgen“, sage ich ganz cool über meine Schulter, dreh mich aber doch noch mal um, um zu schauen wie er die Hand noch mal zum Gruß hebt und „Ciao Alter“ sagt. Oder so, hab’s nicht mehr richtig verstanden, war schon zu weit weg. Noch ein paar Häuser, an der Bank in der Seitenstraße mit Sackgasse vorbei; dann rechts, an einem hässlichen Parkplatz vorbei, und dann am Ende der Straße nochmal links. Und schon bin ich da. Für das kurze Stück hole ich meinen mp3-player gar nicht mehr raus, das Entwirren der Kabel dauert länger als der Song, den ich vielleicht noch schaffe. In Entwirren und sowas bin ich nicht so gut, da fehlt mit die Systematik. Überhaupt fehlt mir meistens die Systematik, deswegen sollte ich auch auf die Realschule; und schließlich bin ich doch auf dem Gymnasium gelandet. Jetzt schlag ich mich einigermaßen durch, bin besser geworden, pauke regelmäßig. Dazu noch einmal in der Woche Badminton Training, einmal Keyboardunterricht, einmal Englisch Nachhilfe- denn da nützt alles pauken einfach nichts. Und wenn dann am Wochenende noch Zeit und Lust da ist, treffe ich mich mit drei Freunden zur Bandprobe. Heimlich nenn ich uns zwar Kackband, weil wir einfach schlecht sind, aber es macht trotzdem Spaß. Irgendwann wird uns das natürliche Ausleseverfahren einen Strich durch die Rechnung machen und dann ist’s halt aus. Sei’s drum. Irgendwie ist das keine gute Einstellung, von vornherein zu sagen ‚Sei’s drum’, aber ich kann auch nichts dafür. Ich wäre auch auf die Realschule gegangen, aber meine Mutter wollte ihren Sohn ja unbedingt im Gymnasium sehen. Außerdem ist das viel näher als die Realschule – was für ein Grund. Und hier stehe ich nun, krame meinen Schlüsselbund aus der Hosentasche, sind eh nur drei Schlüssel dran – Haustür, Schuppen und Fahrrad. Und Schlüsselbänder zum Umhängen hab ich eh schon immer gehasst. Das Rumklopfen auf meinem Bauch beim Laufen macht mich einfach irre, und das Klimpern noch dazu. Ich schließe also die Haustür auf, im Flur als erstes die Schuhe aus, die blöde Tasche auf den Boden geschmissen, und dann die Jacke fahrig irgendwie über die Garderobe geworfen. Gibt wahrscheinlich wieder Ärger, weil ich mit meinem Kram alles blockiere, aber das kümmert mich grade nicht, bin einfach zu entnervt. Ich geh rüber zur Küchentür und hänge meinen Kopf in den Raum, aber da ist schon keiner mehr. Das heißt, meine Mutter und mein kleiner Bruder Matthias sind schon im Esszimmer. Ich schwinge mich locker durch den Türrahmen und sause über den mit großen schwarzen Kacheln gefliesten Küchenboden, der wie immer glatt und sauber ist. Auf der anderen Seite geht es durch die Küche ins Esszimmer. Als ich durch die Tür ins Esszimmer schaue, sieht meine Mutter schon sauer von ihrem Teller auf. „Mensch, David. Du weißt, dass das Essen Donnerstags um halb zwei fertig ist. Wieso bist du dann zehn Minuten zu spät?“ Während ich vom Türrahmen ins Esszimmer trete und mich auf meinen gewohnten Platz setze, grummele ich erstmal nur verlegen. „Tut mir leid. Hab noch mit Max geredet.“ „Und du brauchst 25 Minuten um mit Max zu reden?“, sagt sie ärgerlich. „Nee, also…ach Mann. Ist doch egal jetzt. Hab doch schon gesagt dass es nicht extra war.“ Während ich Versuche ein Mittelding zwischen einer einzelnen Nudel und gleich dem gesamten Topf Spagetti aus demselben zu befördern, fresse ich mich meinen Ärger über sie in mich rein. Soll sie doch ihre dumme Fresse halten, weiß doch nichtmal, was bei mir alles abgeht. Die weiß gar nix. „Außerdem brauchst du nach Hause doch nur fünf Minuten!“, stichelt sie weiter, die blöde Kuh. Aber nicht, wenn ich mit Max am Marktplatz vorbei noch durch die ganze Fußgängerzone und dann von der ganz anderen Seite komme…. Er muss noch ein ganzes Stück weiter, und so können wir noch zusammen gehen und er kann sich auch noch was am Kiosk kaufen. Ich seh ja ein, dass der Umweg sinnlos ist, sogar für ihn ist die Strecke weiter. Aber die gehen wir jetzt schon seit einem halben Jahr zusammen, da kannte er sich noch nicht so gut aus. Und auf der Tour durch die Fußgängerzone konnten wir uns noch austauschen. „Du weißt doch, dass ich mit Max…“, setze ich an, aber jetzt kommt sie langsam in Fahrt. Während ich mir teilnahmslos rote Soße über meine Spagetti schaufele (da ist so viel Hackfleisch drin, dass man es nicht mehr ‚schütten’ nennen kann), wird sie langsam lauter. „Ich hab dir tausend mal gesagt, du sollst gefälligst pünktlich sein, und stattdessen kommst du immer später!“ schreit sie fast. „Jetzt hör doch mal auf hier rumzukeifen! Nichtmal in Ruhe essen kann man. Mann ey!“, versuche ich, entgegenzuhalten. „Du sei mal leise! Du störst uns doch mit deiner dauernden Unpünktlichkeit!“ schreit sie, diesmal richtig. Ich springe auf, schnappe mir meinen Teller, und während ich noch Richtung Küche davonrenne sage ich, wieder gemäßigt „Mach’s doch einfach später“. Wütend stapfe ich durch den Flur, schultere meinen Toni, kicke noch mal extra gegen die Schuhe, die eh schon quer liegen, und stampfe die Treppe hoch. Oben links beginnt mein Reich. Die Zimmertür fällt hinter mir ins Schloss, nicht ohne einen etwas zu lauten Knall – ich bin schon wieder so abgekühlt, dass mir der Knall fast peinlich ist. Aber diesmal hat sie selbst Schuld. Hab ihr schon mindestens genauso oft gesagt, wie sie mir, dass ich zu spät komme, dass ich etwas später komme. Trotzdem macht sie das Essen stur für halb zwei, zumindest Donnerstags. Denn sonst hab ich eh mindestens sieben Stunden. Ach, blöde Kuh. Ich stehe wieder vom Bett auf, wo ich einen Moment, den Kopf in den Händen vergraben, gesessen habe, um mich zu beruhigen, und stehe dann auf, um erstmal aufs Klo zu gehen. Vom Treppenabsatz höre ich Geschirr klappern in der Küche, als Tim oder Mama das Geschirr in die Spülmaschine einräumen. Ich geh lieber schnell pissen, bevor sie noch hochkommt. So schnell wie möglich verschwinde ich wieder in meinem Zimmer und hinter mir schließe ich dieses Mal auch ab. Ist zwar blöd, weil ich immer automatisch „ja“ sage, wenn jemand klopft, und der dann vermutlich gegen die geschlossene Tür rennt, aber was soll’s. Ist doch nicht mein Problem was andere Leute machen, zumindest im Moment nicht. Ich lege mich wieder auf mein Bett, was an der Schräge steht – unser Haus hat nur einen Stock und einen kleinen Dachboden oben drüber. Ich ziehe die Beine an, und vergrabe das Gesicht in meinen Handflächen. Ich bin immer noch verdammt sauer und beleidigt wegen meiner Mutter und gleichzeitig könnte ich lachen weil ich mich über Kino mit Max freue. Max ist nicht so der Typ für Zweier-Aktivitäten. Wenn’s hoch kommt trifft er sich mal mit ein paar Leuten zum Party machen, aber auf einzelne Sachen mit nur einem Kumpel hat er meistens keinen Bock. Dabei macht’s mir alleine mit Max noch viel mehr Spaß. Die anderen Jungs und Mädchen sind mir manchmal schon zu asig, da treffe ich mich eben lieber allein. Die letzte Party war ja auch total die Katastrophe; ich glaube so sehr hab ich mich noch nie blamiert. Oh Mann, so eine Scheiße. Bei Karo Neujahr, die Eltern sind im Skiurlaub. Karos tolle Freunde bringen alles mit und davor bekommen sie ein bisschen Kleingeld. Um elf sind dann alle schon total hacke und wir spielen Flaschendrehen. Klar, dass alle geil aufs küssen sind – Und ich auch. Aber leider…ich drehe mich auf die Seite und rolle mich zusammen, während diese schmerzhafte Erinnerung wieder aufkommt. Ich möchte jetzt am liebsten irgendwas anderes machen außer hier herumzuliegen, weil es schrecklich ist, über peinliche Taten nachzugrübeln. ‚Auf wen die Flasche zeigt, der muss…Sabri küssen!’, sagt Karo in meinem Kopf. Als der Flaschenhals auf mich gerichtet stehen bleibt, fängt Karo an zu lachen- und Sabrina wird ganz still. Ich stehe langsam auf, ziemlich aufgeregt, und gehe durch den Kreis in den sich alle gehockt haben zu ihr. In meinen Beinen spüre ich die Wirkung des Alkohols und merke, dass ich nicht mehr ganz sicher auf den Beinen bin. Zittrig geh ich wieder auf die Knie und spüre fünfzehn Augenpaare auf mir und Sabrina. Wir strecken uns die Köpfe entgehen und ich merke ihr an, wie aufgeregt sie ist. Linda und Christina kichern und ich weiß, dass drei viertel der Leute um mich herum wissen, dass Sabrina auf mich steht. Und ich weiß es auch von Linda. Unsere Lippen berühren sich und ich versuche es, ein bisschen auszuhalten, und merke, dass Sabrina schon mehr Erfahrung hat. Sie schlingt ihre Arme um meinen Hals. Ich merke, dass ihr Kuss irgendwie feuchter wird und in mir wird der unbedingte Drang wach, jetzt den Kopf wegzudrehen. Als sie ihre Lippen ein wenig öffnet, ahne ich dass sie mir wirklich einen Zungenkuss geben will und drehe mich wirklich weg. Ich schiebe ihre Arme von meinen Schultern und stehe zittrig wieder auf. Ich nehme wieder meinen Platz ein und schaue kurz zu Sabrina rüber, die versucht, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Betretene Stille bei denen, die vermutlich bescheid wissen; aber da reicht mir Heiner schon die Flasche und ich soll drehen. ‚Ähm ja, also der nächste, der dran kommt, muss Heiner küssen. Alle fangen an, zu lachen. Heiner hat schon eine Freundin, macht aber auch oft mit anderen Mädchen rum. Ich mag das nicht. Aber Heiner sieht so aus, als ob er sich schon freuen würde, eins von den Mädchen zu küssen. Stattdessen bleibt die Flasche auf Thomas gerichtet stehen und alle fangen an zu grölen. Nachdem jeder mal dran war, ich zum Glück nur dieses eine Mal, werden die regeln verschärft. Jetzt geht es um Zungenküsse. Die Aufregung und auch der Alkoholspiegel steigen noch weiter. Marie, eine von den Älteren die den Alkohol mitgebracht haben, liegt auf den Sofa und pennt, Thomas hat sich hingelegt und verfolgt das Spiel mit den Kopf auf die beiden Hände gebettet, während Alisa und Heiner schon seit einer Viertelstunde am rumknutschen sind. Davor hat Heiner per SMS mit seiner Freundin Schluss gemacht. Gelangweilt stelle ich mir vor, wie es der Armen jetzt wohl gehen mag. Eigentlich wäre sie eh hergekommen, aber ihre Eltern wollten sie mit zu den Verwandten nehmen – was wird sie sich wohl noch für Vorwürfe machen, nicht gekommen zu sein? Vielleicht auch gar keine, Heiner ist schließlich ein echtes Arschloch. Mir wird noch eine Flasche Mix gereicht und ich sage nicht nein. ‚Okay, und wer als nächstes…ääh…drankommt…ja der muss…’ Christina bricht in Gelächter aus, bevor sie weiter spricht. War Jana eigentlich schon dran?’ fragt sie unter kichern. Als niemand ihr antwortet, setzt sie die Hand auf die Flasche und sagt ‚Okay, also der nächste küsst Jana, mit Zunge natürlich.’ Ich mache für einen Moment vor Schwindel die Augen zu. Als ich sie wieder öffne steht die Flasche schon und ich verfolge die Richtung, in die der Flaschenhals zeigt. Schockiert stelle ich fest, dass sie genau auf Max zeigt. Als Max auf allen vieren zu ihr rüberkrabbelt und ihre Gesichter sich näher kommen, schauen alle gespannt. Machen sie es wirklich oder faken sie nur? Aber sie tun es wirklich. Alle fangen an zu johlen und der Kuss sieht auch noch richtig leidenschaftlich aus. Mir dreht sich der Magen um. Aber so soll es sein. Der Junge küsst das Mädchen, und nicht… Ich mag meinen Gedanken nicht zu Ende denken. Endlich sind sie fertig. Spontan applaudieren alle unter Gelächter. Max grinst dämlich und Jana lehnt sich zurück, mit einem Gesicht das ungefähr sagt: ‚Was denn?’ So geht das Spielchen noch eine Weile weiter. Mädchen küsst Mädchen, wegen der Überzahl ist es kaum andersrum. Sophie, ein Mädchen was ich bis jetzt kaum bemerkt habe, setzt die Flasche auf den Boden auf und lacht verlegen. ‚Naja, der nächste muss…David küssen.’ Mir wird ganz warm, während sie die Flasche ordentlich andreht. Leider ist sie zu ungeschickt und die Flasche schießt davon. Alle brechen in gellendes Gelächter aus, auch Sophie. Ich bin so aufgeregt dass ich nur ein bisschen halbherzig mitlachen kann. Sie dreht noch mal, und dieses Mal gelingt ihr das Drehen besser. Die Flasche dreht und dreht und wird schließlich wieder langsamer. Ich mache eine Faust vor Aufregung. Irgendwie ist die Vorstellung, geküsst zu werden noch viel aufregender als zu küssen, vor allem weil ich ja jetzt weiß das irgendwas auf mich zukommt, statt einfach kalt erwischt zu werden. Die Flasche bleibt stehen und ich halte den Atem an. Tatsächlich. Alle sind wieder still und ein paar grinsen auch dämlich, halten aber die Klappe. ‚Oh Mann’ sagt Heiner, ziemlich daneben. Max kriecht an Heiner vorbei zu mir und kniet sich vor mir hin. Bei seinem Anblick, so nahe, bekomme ich totales Herzrasen. Plötzlich fängt er an zu lachen und versucht mühsam, sich wieder zu beruhigen. ‚Müssen wir das wirklich machen?’ sagt er peinlich berührt grinsend. ‚Marie und Sophie haben es doch auch gemacht!’ sagt Lea aufgebracht. Max kommt mit seinem Gesicht meinem immer näher und ich bleibe ganz starr. Ich höre, wie alle versuchen einen Blick auf uns zu erhaschen und leise kichern. Ich spüre schon seinen Atem auf meinen Lippen und als ich mich eine winziges bisschen nach vorn wage, berühren sich unser Lippen. Aber Max muss lachen und weicht zurück. ‚Das reicht aber noch nicht!’ sagt Heiner lachend. ‚Noch mal!’ sagt Lea. Immer noch grinsend kommt mir Max noch einmal näher und fasst sich wieder. Ich weiche weiter zurück, solange bis ich ganz liege, und er über mir kniet. Die Atmosphäre ist gespannt. Max grinst immer noch breit, aber dann beugt er sich doch noch runter, und diesmal küsst er richtig ernsthaft. Obwohl es so vor allen viel zu peinlich ist, als dass ich es jemals genießen könnte, lege ich einen Arm um seine Schultern. Irgendjemand jauchzt aber ich weiß nicht wer es ist. Aber nach ein paar wertvollen Sekunden, ihm so nah wie ich es noch nie zuvor war, stützt er sich ab und dreht den Kopf zur Seite, hochrot. ‚Das war jetzt aber genug, oder?’ Er steigt runter von mir und ich setze mich wieder auf, total sprachlos. ‚Heiß!’ sagt Christina lachend und es wird wieder lauter und chaotischer. Irgendjemand fragt mich wie es war, aber ich höre gar nicht richtig zu. Stattdessen vergrabe ich mein Gesicht in den Händen, um niemanden ansehen zu müssen. ‚Mann, es ist ja schon fast zwölf!’ sagt Karo. Alle machen sich auf nach oben, raus aus dem Partykeller. Als letztes stehe ich auf, damit ich ein bisschen Ruhe hab; ganz alleine suche ich noch meine Jacke, die irgendwo verschwunden ist. Ich drehe mich suchend um und suche mit den Augen den halbdunklen Raum ab. Plötzlich zucke ich unwillkürlich zusammen, als da Max im Türrahmen steht, von einer Kellerlampe von hinten beleuchtet. ‚Hast du meine Jacke gesehen?’ frage ich gespielt unbekümmert. ‚Was war das eben, hä?’ sagt er böse. Ich versuche ein unschuldiges ‚Wie…?’ was er mir nicht abnimmt. ‚Bist du schwul oder was? Stehst du auf Jungs? Stehst du auf mich?’ Das war zu direkt. Ich weiß nicht mehr, was für eine Ausflucht ich finden kann. ‚Hä…?’ sage ich noch einmal. ‚Mann, David! Verarsch mich nicht! Ich hab das gemerkt! Scheiße, bist dun behinderter Typ. Sei doch wenigstens ehrlich.’ Ich stehe sprachlos da. Von weiter oben ruft Karo die Treppe runter: ‚Hallo, kommt ihr auch?!’ Ich gehe Richtung Tür und versuche an ihm vorbei zu kommen, stattdessen hält er mich auf und packt mich an den Schultern. ‚Was ist los!’ schreit er mich an. ‚Was soll denn los sein!’ sage ich laut und schrill zurück, ohne ihm in die Augen zu sehen. ‚Gib’s doch wenigstens zu du feige Sau!’ brüllt er weiter. Mit aller Kraft schubse ich ihn von mir und renne fast heulend die Treppe hoch. Den Rest der Nacht und den nächsten Morgen und die ganze nächste Woche sprechen wir kein Wort miteinander. Danach entspannt sich alles langsam wieder. Genau daran wollte ich jetzt eigentlich nicht denken. Aber die Erinnerung an sein Gesicht, viel zu nah an meinem, und seinen Körper über mir überkommt mich immer wieder und völlig unvorhergesehen. Ich rolle mich Richtung Zimmer und mache mühsam meine Augen wieder auf, die ich während des Herunterwürgens dieser dämlichen Erinnerung zusammengekniffen habe. Vielleicht will Max ja gar nicht mitkommen ins Kino, und sagt nur nicht nein um nicht nein gesagt zu haben? Aber das ist wirklich nichts, worüber ich mir auch noch Gedanken machen sollte. Mühsam rappele ich mich wieder vom Bett hoch und gehe rüber zum Computer. Nach wildem Drücken der An- und Austaste stelle ich wütend fest, das meine Mutter die Sicherung für mein Zimmer mal wieder rausgedreht hat. Um ganz sicher zu gehen versuche ich auch noch die Schreibtischlampe, aber nichts tut sich. Ich reiße mein Fenster auf und schreie wütend in den Hof, einfach um meinen Ärger der Welt kundzutun. Leider musste ich feststellen, dass es die Welt nicht mitbekommt, wenn man allen Ärger nur in sich hineinfrisst. Allerdings interessiert es sie auch nicht sonderlich, wenn man seinem Ärger stattdessen Luft macht. Ich knalle das Fenster wieder zu, aber nicht zu doll. Dabei ist mir schon mal eine Scheibe zu Bruch gegangen. Ich schmeiße mich wieder aufs Bett. Da auch der kleine Fernseher, den ich gekriegt habe als Papa und Mama sich einen Neuen fürs Schlafzimmer zugelegt haben, im Moment nicht funktioniert muss ich jetzt entweder schlafen oder etwas tun wozu man Gehirnleistung braucht. Nach einer weiteren Zeit ohne Regung auf dem Bett stehe ich wieder auf und Krame im Bücherregal nach einem der Bücher, die ich noch zu ende lesen wollte. Ich lese nicht übermäßig viel, sträube mich aber auch nicht dagegen. Leider lese ich aber auch ziemlich langsam, obwohl ich nie ein Lesemuffel war. Heimlich hab ich mir in der Stadtbibliothek etwas über Homos ausgeliehen. Das darf natürlich keiner wissen, deswegen hab ich es hinter die restlichen Bücher gesteckt. Da es sich nicht ausschließlich um Jugendliche dreht, lese ich nur die interessanten Teile. Schon spannend, sowas. Da ich im Moment berechtigt die Tür abgeschlossen habe und niemand sich jetzt wundern kann, wieso die Tür zu ist, kann ich ganz in Ruhe lesen. Dazu mache ich mir dann noch meinen mp3-Player an. Aber irgendwie kommt keine richtige Freude auf, also höre ich wieder auf. Stattdessen setze ich mich an den Schreibtisch und krame ein paar Hefte heraus, um Hausaufgaben zu machen. Leider sitze ich nach den ersten paar Aufgaben grübelnd am Schreibtisch und denke nur wieder übers Kino nach. Und während ich da so sitze, zieht sich mein Körper unwillkürlich zusammen und ich lasse meine Hände nach unten wandern und öffne meine Hose. Und ich weiß dass ich mich später wieder dafür hassen werde, beim masturbieren an eine reale Person aus meinem Umfeld gedacht zu haben. Das darf niemals irgendwer erfahren. Paul ist so ziemlich der lustigste und dümmste Typ auf der ganzen Welt, aber er ist auch sehr vertrauenswürdig. Ich kenne ihn seit über einen Jahr und habe ihn mal zufällig Onlinegaming getroffen. Er wohnt nicht wirklich weit weg ist aber wie man das so kennt geht es hin und her und im Endeffekt trifft man sich ein, zweimal im Jahr. Dafür chatten wir ja fleißig. Das Browsergame spiele ich allerdings schon länger nicht mehr, obwohl er da immer noch begeistert hinterher hängt. Da wir uns ja eh kaum sehen, und sich unsere Freundeskreise nicht überschneiden, habe ich irgendwann beschlossen, dass er das mit den Jungs ruhig wissen kann. So lieb wie er ist hat er auch normal und nett reagiert und meinte es stört ihn gar nicht dass ich da etwas anders ticke. Und dann hat er noch vorsichtig hinzugefügt, dass ich mich aber hoffentlich nie für ihn interessieren werde, weil das eh sinnlos wäre. Da hab ich nur gelacht. Paul…nee, niemals. Es wär einfach unverantwortlich, eine tolle Freundschaft wie mit ihm aufs Spiel zu setzen wegen so einer Gefühlsdusselei und zugegebenermaßen ist Paul auch überhaupt nicht mein Typ. Als irgendwann abends plötzlich dann auch der Strom wieder „geht“, schalte ich also den Computer an und klar, Paul ist da. Der verbringt mehr Zeit im Internet als jeder andere Mensch. Aber hey, störts mich? Immerhin habe ich so viel, viel Zeit mit ihm zu quatschen. Als verständnisvoller Kerl ist er natürlich auch meine Problem-Anlaufstelle Nummer eins. Außerdem ist da noch Sophie, die mich irgendwann nach der katastrophalen Party bei Karo angeschrieben hat. Aus purer Neugierde wahrscheinlich, denn eine der ersten Dinge die sich mich fragt ist, ob ich wohl auf Max stehe und ob da was läuft. Aus einer Laune heraus habe ich ihr ehrlich geantwortet. Seitdem sind wir ziemlich gute Freunde. Aber Sophie ist nicht so viel im Internet wie Paul, und ich brauche jemanden, dem ich jetzt die unheimlich gute Tatsache präsentieren kann, dass Max und ich am Montag ins Kino gehen! Eigentlich könnte ich da schon wieder vor Aufregung tanzen, und gleichzeitig vor Nervosität kotzen. Dieses beklemmende, schreckliche Gefühl, diese Fragen: Soll ich seine Hand berühren oder nicht? Soll ich ihm etwas ins Ohr flüstern oder nicht? Was passiert dann überhaupt? 19: 33 Scheinheilig: Hi 19: 33 rox: tach 19: 34 Scheinheilig: schönes wetter heute 19: 34 rox: joa 19: 34 rox: wie gehts 19: 35 Scheinheilig: ganz gut und dir? 19: 35 rox: und was geht so bei dir 19: 35 Scheinheilig: schönes wetter heute was? 19: 36 rox: -.- jaaa is gut. Dann schieß mal los. 19: 36 Scheinheilig: :DDD Paaaaauuuuul! Maaaaaaaax!! (weil Paul immer noch nebenbei spielt dauert es manchmal bis er antwortet…) 19: 39 rox: wasn? ist er nur mit einer regenbogenflagge umwickelt in der Schule aufgekreutzt? XDD geile sache 19: 40 Scheinheilig: …schön wärs xD aber knapp daneben 19: 40 Scheinheilig: Montag. Kino. KINOOO! :D :D :D 19: 42 rox: sag mal 19: 42 Scheinheilig: ja? 19: 42 rox: bist du wirklich verliebt? (An dieser Stelle muss ich nachdenken. Ziemlich aufregend.) 19: 43 Scheinheilig: ich weiß nicht. Ja. 19: 43 rox: wow. 19: 43 Scheinheilig: wieso? 19: 44 rox: keine ahnung. Weil das spannend ist 19: 44 Scheinheilig: ahja? ~.~ Das ist aber auch schrecklich. Ich mein…ich steh jetzt schon voll lang auf den 19: 44 Scheinheilig: und ich weiß immer noch überhaupt nicht wie der tickt 19: 45 rox: hmhm…ja klar 19. 45 Scheinheilig: hab dir ja erzählt, als er mich geküsst hat…WHOA! aber ich mein, nur weil das für mich toll war, heißt da ja nix…und danach hat der mich voll angeschrieen was mit mir los wär und so…kA… 19: 45 rox: joa schon verständlich…aber was willst du machen… 19: 46 Scheinheilig: kA. Ich werds ihm sagen. 19: 46 rox: echt? 19: 46 Scheinheilig: irgendwie muss ich doch mal was machen…ich kann dem doch nicht ewig so hinterher hängen und eigentlich ist der stockhetero… was weiß ich 19: 46 rox: joa, schon. du, gibt Essen. afk [rox is now away (was online)] Ich hab Paul schon öfter von Max erzählt, er weiß ganz gut bescheid. Aber es ist schon…aufregend, einen anderen Typen das alles aufzutischen. Gegessen hab ich auch nichts. Es wird Zeit, mal runter in die Küche zu schleichen, möglichst ohne Mama dabei über den Weg zu laufen. Als ich leise die Treppe runtergehe, und dann in die Küche schlurfe, steht sie leider an der Spüle. Ich stelle mich neben sie an den Herd, auf dem das lauwarme Essen in den Töpfen steht. Gucke in den einen, und sehe dass es das aufgewärmte Mittagessen ist. Ich schlurfe an Mama vorbei zum Schrank und hole mir einen Teller und eine Gabel, dann fange ich, wieder am Herd, an, mir etwas von allem auf den Teller zu schaufeln, immerhin hatte ich seit Mittags nur noch ein Stück übrig gebliebenes Pausenbrot. Als ich grade wortlos wieder raus aus der Küche gehe, sagt Mama plötzlich etwas. „David?“ Ich gefriere in meinem Schritt raus aus der Küche. „Mama?“ , frage ich möglichst normal. „Ich hab die lieb, das weißt du oder?“ Ich stelle meinen Teller auf der Arbeitsfläche links vom Herd ab und gehe wieder rüber zu ihr. Dan drücken wir uns erstmal feste. „Tut mir leid“ sage ich leise. „Mir auch.“ Sagt Mama mir leise ins Ohr. „Wenn irgendwas ist, kannst du es mir immer erzählen David, weißt du oder?“ sagt sie liebevoll lächelnd. Mama ist wirklich die Beste. „Also, in welchen Film willst du jetzt eigentlich?“ fragt Max mich von rechts. Wir sind schon wieder auf dem Nachhauseweg aus der Schule. „Wie wär’s mit Mission Impossible 3? Der soll echt cool sein“ sage ich möglichst lässig. „Pf, keine Ahnung. Hab ja gesagt du sollst dir was überlegen.“ „…Also…? Bist du einverstanden?“ Frage ich vorsichtig. „Jahaaa!“ sagt er leicht genervt. Heute bin ich ausnahmsweise mal pünktlich zu Hause. Das Herz klopft mir wirklich bis zum Hals als ich nach links abbiege und sich unsere Wege trennen. Heute sieht Max ganz besonders gut aus, hab ich das Gefühl, aber das ist sicher nur Täuschung. Wieso eigentlich grade ich? Denke ich. Manchmal liege ich abends im Bett und denke über meine Existenz nach. Und dass es fies ist, dass ausgerechnet ich mich in meinen Freund verlieben muss und nicht irgendwer sonst. Dabei bin ich gar nicht schwul. Ich steh auf Mädchen genauso. Trotzdem bin ich schon so lange hinter Max her! Das Leben ist doch manchmal unfair. Ich kann nur hoffen dass niemals irgendjemand aus der Klasse das mitkriegt, zumindest keiner von Jungs. Sonst bin ich schlichtweg geliefert. Und gleichzeitig könnte ich einen kleinen Freudentanz aufführen, bei dem Gedanken mit Max was zu unternehmen. „Am Montag sind Max und ich im Kino.“ „Und was ist mit Badminton?“ Fragt Mama am Esstisch. „Das ist ja erst um sieben. Da hab ich vorher noch Zeit und die Vorstellung ist schon früher.“ „Na dann. Aber nicht dass du mir das Training schwänzt.“ Sagt sie halb ernst, halb unernst. „Naaaahiiiin!“ sage ich genervt. Neben mir sitzt Matthias, mein drei Jahre jüngerer Bruder, der auf die Realschule geht. „Wann kommt eigentlich Papa?“ fragt er mürrisch. Er schraubt gerne mit Papa an allem möglichen herum und hat viel mit Papa zu tun, ganz im Gegensatz zu mir, der immer schon an Mama gehangen hat, auch wenn ich mich oft mit ihr zanke. „Schatz, du weißt ganz genau dass es Freitags etwas länger dauert, weil es sich zum Wochenende hin immer am Kreuz staut. „Das ist mir doch so was von egal ob die da alle lang fahren! Ich will dass Papa endlich kommt!“ motzt er munter weiter und starrt eingeschnappt auf sein Essen. Er ist wirklich noch ein richtiges Kind, denke ich und muss unwillkürlich über ihn schmunzeln. Bevor er mein blödes Grinsen bemerken kann, esse ich lieber schnell weiter, sonst denkt er am Ende noch, ich würde über ihn lachen. Naja, im Prinzip tue ich das auch… Und nach einem langweiligen, viel zu langen Wochenende vor Spielekonsole und Computer und sogar einem organisatorischen Treffen in punkto Band, kommt endlich der lang ersehnte Montag, dem ich so entgegengefiebert habe. Aber leider gibt es im wahren Leben keine Vorspultaste und so muss ich geduldig darauf warten, dass der Unterricht von selbst zu Ende geht…andererseits wird meine Nervosität und Ratlosigkeit auch immer größer. Was habe ich eigentlich vor? Ich glaube jeder kennt dieses Problem. Erst letztens noch habe ich im Schultheater neben Max gesessen und konnte mich nicht mal überwinden, seinen Arm zu berühren, bin plötzlich wie querschnittsgelähmt gewesen. Und sicherlich wird es heute wieder so sein, dass ich mich aus Angst zu nichts aufraffen kann…oder das es nur peinlich wird…aber…ich wie kann ich mir hundert Prozent sicher sein, solange ich ihm nicht gesagt habe, dass ich mich verliebt habe? Weil Max vor dem Kinobesuch noch mit anderen Spielern beim Comicshop Karten spielt, fahren wir nicht gemeinsam zum Kino, was in einem anderen Stadtteil liegt, sondern treffen uns erst vor der Vorstellung dort. Ich bin etwas zu früh und schließlich sehe ich ihn zu Fuß anlaufen, das Fahrrad schiebend, weil es vorm Kino noch durch einen Bautunnel geht, da dort das neue Rathaus entsteht. Ich sehe ihn, und mein Herzschlag beschleunigt sich, so gut sieht er grade aus, mit seiner Sommerjacke offen, sodass man das Poloshirt darunter sehen kann, kaki-weiß gestreift. Er grinst mich an, sagt leise „Hi“ und schiebt sein Fahrrad an mir vorbei zur seitlichen Wand des Kino-Gebäudes, wo er sein Rad abschließt. Er kommt zurück auf mich zu, lächelnd und ich drehe mich mit ihm um und laufe neben Max in Richtung Eingang. Irgendwie ist die Atmosphäre ganz anders als sonst, so unbestimmt wie er lächelt und mir beim Passieren der Glastüren eine Hand auf die Schulter zu seiner Seite legt. Das kribbelt ganz schön doll. Ich drehe meinen Kopf verstohlen ein wenig nach links zu ihm, aber schaffe es gleichzeitig nicht ihm direkt ins Gesicht zu sehen. Stattdessen erhasche ich einen einmaligen Blick auf sein Schlüsselbein, das aus dem geöffneten Shirtkragen hervorlugt. Wenn das so weitergeht kriege ich gleich noch einen Ständer, ich sollte lieber aufpassen. An der Kinokasse kaufen wir uns zwei Karten und er bezahlt für mich, grinst mich an und sagt ich solle ihm das Geld irgendwann zurückzahlen, obwohl ich das Portemonnaie schon gezückt hatte… Dann kaufen wir noch eine große Jumbotüte Popcorn bevor wir uns Richtung Kino 3 aufmachen, was im Parterre liegt. Jetzt hat Max mich losgelassen, aber mir ist immer noch ganz heiß und fühle mich, als würde ich gleich überkochen, so warm ist mir. Was soll bloß dieses ganze Gehabe, will er mich denn bloß in die Pfanne hauen? Jedenfalls steuern wir auf ein paar nette Sitzplätze etwas weiter vorne als uns zustände zu, dafür aber ohne Leute die hinter uns sitzen, so ganz für uns und schön in der Mitte, er rechts und ich links. Irgendwann geht dann tatsächlich der Film los aber statt mich auf Tom Cruise’ schönes Gesicht konzentrieren zu können zittern mir die Hände vor Aufregung, so nah sitzt Max an mir dran. Er hält den Jumbobecher mit der Rechten und greift mit der Linken zu, ich natürlich mit der Rechten. Dabei muss ich aufpassen, dass sich unsere Hände nicht berühren. Oder…sollte ich es etwa genau darauf ankommen lassen? Ich mache mir erst einmal vorsätzlich keine Gedanken mehr darüber und starre auf die Leinwand, während ich ohne hinzusehen nach mehr Popcorn greife…und schon ist es passiert und unsere Handrücken streifen sich sekundenlang, bis ich erschrocken die Hand zurückziehe. Aber er stellt den Becher ruhig auf den Boden und greift mit Bedacht nach meiner Hand. Vor Schreck friere ich gänzlich ein und bleibe stumm, während er meine Hand sanft auf die Lehne zurückzieht sodass sie obenauf liegt. „Das wolltest du doch schon die ganze Zeit“ flüstert er mir zu und sieht wieder nach vorne. Für die verbleibende Zeit sitzen wir also so da und ich bekomme vom restlichen Film nur noch die Hälfte mit, so nervös bin ich. Ich kann mir das alles einfach nicht mehr erklären… Nach der Vorstellung, erst als die Lichter angehen, lässt er meine Hand wieder sanft los und sie ist ganz schwitzig und kalt, das ist mir ziemlich peinlich. „Und, gehen wir noch ein bisschen?“, fragt Max während er sich seine Jacke anzieht und wir den Kinosaal verlassen. „Wenn du magst“ sage ich nervös. Also machen wir uns auf zum nahe gelegen Fluss. Max und ich sitzen jetzt auf einer Bank am Flussufer, die Straße von der wir gekommen sind zu unserer Linken. Ich erwarte irgendwie, dass Max etwas sagt und mir selbst fällt nichts richtiges ein, um ein Gespräch anzufangen. Wir sitzen also in aller Stille nebeneinander und ich werde immer nervöser. Schließlich krame ich mein Handy raus und versuche eine SMS an Peter vom Badminton zu schreiben, aber meine Hand zittert schon ein wenig und es wird schwer, die Tasten zu erwischen. Ich ziehe scharf die Luft ein. Ich muss es ihm endlich sagen. „Also, was ist jetzt?“ sagt Max unvermittelt und mit einem feinen Lächeln auf den Lippen. „Was?“ sage ich erschrocken und lasse fast das Handy ins Gras fallen. Er grinst mich an. „Stehst du auf mich?“ „Steh ich auf…was bitte?“ stottere ich völlig überrascht. „Na du weißt schon…bin schließlich nicht blöd. Wie du guckst und alles, krieg das schon alles mit.“ Während Max das sagt, schaut er in die Ferne und seufzt leise, bevor er sein Gesicht wieder mir zuwendet. „Was ist jetzt?“ sagt er grinsend. „Ich bin nicht…ich bin nicht! Ich bin nicht schwul ja!“ Panisch springe ich auf und laufe zwei Meter, bevor ich erschrocken wieder stehen bleibe. Vorsichtig drehe ich mich in Richtung Bank. „Ich bin wirklich nicht schwul Max…ich mag doch Mädchen genauso…ich kann doch nix dafür dass es…ausgerechnet…“ ganz leise breche ich ab. „Was? Ich kann dich nicht hööööreeeen!“ sagt Max locker und lacht auf, springt von der Bank auf und kommt auf mich zu. Er steht mir ganz schön nah gegenüber und legt mir eine Hand auf die Schulter. Schlimmer kanns eh nicht mehr werden, er weiß es schließlich eh schon längst. „Ich bin wirklich…total verknallt in dich!“ rutscht es mir mit zittriger Stimme heraus und ich kann mir das Grinsen nicht mehr verkneifen, ich weiß selbst nicht wieso ich so eine Grimasse schneide. Max kommt ganz langsam näher, wie im Film, schiebt er sich ganz nahe an mich heran. Mir stockt der Atem, während sein Gesicht meinem immer näher kommt. Was wenn das alles nur ein großer, gemeiner Witz ist? Was, wenn er mein Geständnis grade auf Tape aufnimmt? Was wenn… Aber dann küsst er mich, ganz echt, völlig real… …er es wirklich ernst meint? Irgendwann endet der Kuss, unser erster Kuss. Nein, halt, der zweite. Da war schon mal einer. „Machst du dich über mich lustig?“ sage ich ganz zittrig. „Nein“ sagt er angespannt. „Ist das nicht alles was zu…romantisch…?“ stottere ich mir einen Satz zusammen. Max lacht auf und dreht sich weg. Scheiße. Das war doch alles nur Spaß. „Ich würde wirklich niemals mit einem Jungen ernsthaft rumknutschen!“ ruft er mir zu und geht zwei, drei schritte von mir weg, immer noch kichernd. „Weißt du, ich bin nämlich auch nicht schwul…genauso wie du…ich steh nur auf Mädchen.“ Mit einem verschmitzten Grinsen hält er einen Moment inne, bevor er mich hochrot ansieht, breit grinsend. „…und auf dich.“ KANN ES DENN WAHR SEIN. ER HAT’S TATSÄCHLICH GESAGT. Schießt es mir mit heißen Pfeilen quer durch den Kopf. Und als nächstes: Gott, er ist so cool. Ich renne los, werde von ihm aufgefangen und wir stehen da und lachen über diese urkomische Szene. „Ich dachte…dass das niemals sein könnte.“ Sage ich krächzend und überwältigt. Wie selbstverständlich legt Max mir seine Arme um die Hüften. „Du spinnst. Du spinnst wirklich. Ich mein…“ er schnaubt grinsend und ringt nach Worten. „…Wir spinnen…“ „Du Max…Badminton fängt gleich an….“ Werfe ich off-topic ein. Er schnaubt grinsend. „Ich rufe kurz mal wen an.“ Sagte ich zittrig und winde mich kurz frei um mein Handy aus der rechten Hosentasche zu fischen in die ich es eben gestopft hatte. Die Nummer ist schon auf Kurzwahl eingestellt und das Wartezeichen ertönt. „Ja, hallo. Mama? Tut mir leid, die Umstände haben sich ein bisschen geändert und ich schwänze heute Badminton. Wollte dir nur bescheid sagen.“ Max und ich brechen in immer noch zittriges, leicht schrilles Gelächter aus. „…was? Oh, das geht grade nicht so gut zu erklären. Ich erzähl dir das dann…später…“ sage ich und lege einfach auf, wir brechen sofort wieder in Gelächter aus. „Hast du Hunger?“ fragt Max mich unvermittelt. „Und wie!“ antworte ich erleichtert über den implizierten Vorschlag, nach Hause zu gehen. Wir nehmen unser Zeug, Jacken und die noch halbvolle Popkorn-Jumbotüte und machen uns zu Fuß, die Räder schiebend, auf den Weg. „Weißt du was?“ Sagt Max, den Mund voller Popkorn. „Was?“ „Du spinnst echt!“ Und wir prusten los. Der coole, sportliche Max, und ich…ich. Ich glaube, ich befinde mich auf dem Weg der Besserung. Vielleicht ist nicht immer alles so hoffnungslos wie es scheint… Tom Cruise hat es bislang schließlich auch noch durch jede Mission Impossible geschafft…. 01.05.2009 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)