Anders, als man denkt von DhalaElenaAngel ================================================================================ Kapitel 4: Erstes Erwachen -------------------------- Die Schmerzen waren nur noch ganz dumpf, stellte Harry fest, als er langsam wieder zu sich kam. Nicht mehr so grausam, wie vorher. Automatisch rollte er sich weiter in sich zusammen, umklammerte seine Beine mit den Armen, um die Wärme, in der er lag, noch eine Weile genießen zu können, denn die dauerte nie lange. Dann würde Irgendwer kommen und feststellen, dass er wach war. Dann würde Alles wieder von Vorne los gehen. Ob es sein Onkel war, der ihn dazu zwang, wieder Irgendwas zu putzten oder Dumbledore, der... Dumbledore... Langsam kam Alles wieder zurück. Die empörten Schreie des Alten, weil er einfach nicht mehr kämpfen, nicht mehr Krieg führen wollte. Er hatte so geschrieen, dass die Spucke überall herumgeflogen war und sich in dessen Bart verhängt hatte. Der Alte hatte ihm geschworen, dass er das bereuen würde und doch zu kämpfen habe, da das der einzige Zweck seines jämmerlichen Lebens sei. Und er hatte es bereut. Sie hatten sich nicht an ihm gerächt wie sonst. Was ihm inzwischen fast schon egal war. Irgendwann kam die Dunkelheit, dann waren auch die Schmerzen weg. Aber... da war Hedwig gewesen Seine Hedwig! Und sie hatte so schrecklich geschrieen! Sie war weg! Er wusste, er hatte sie gehalten, doch nun war sie weg. Er war allein, nun hatte er Niemanden mehr... Denn Ron und Hermine hatten sich verändert. Sie waren zwar immer noch seine Freunde, aber oft so distanziert, als wären sie gar nicht mehr da. Und er wollte nicht, dass sie in die Sache mit hinein gezogen wurden. Also hatte er fast nur noch mit Hedwig geredet, die gesamte Zeit. Sie war seine einzige Vertraute geworden und er hatte mehr als eine Nacht bei ihr im Eulenturm verbracht, wenn alle Anderen geschlafen hatten. Wieder hatte Jemand seine Freundschaft zu ihm bitter bereuen und hoch bezahlen müssen. Einen Preis, den es einfach nicht wert war. Siri, Cedric. Und Remus war seit dem auch verschwunden. Sicher war der Wolf sauer auf ihn, weil er Schuld am Tod von dessen bestem Freund war. Kein Brief, nichts war gekommen... Nein, er wollte einfach hier liegen bleiben, in der Wärme, hier, wo er gerade mal kaum Schmerzen hatte und auch sein Magen, der ihm sonst immer nagenden Hunger meldete, gab erstaunlicherweise vollkommene Ruhe. Obwohl er sich nicht erinnern konnte, wann er das letzte Mal gegessen hatte. Denn selbst mit dem nagenden Hunger und dem vollen Tisch vor sich hatte er nichts nehmen können, welcher Zauber von Dumbledore auch immer ihn daran gehindert hatte. Dabei hatte er ständig nagenden Hunger. Dobby durfte ihm nichts bringen und nach irgendwas, das der Alte getan hatte, traute er sich das auch nicht mehr, wofür er sich so oft tränenreich entschuldigte. Noch einer eben, dem die Freundschaft zu ihm nicht gut bekommen war. Es wäre so viel einfacher, hätte er nie existiert. So oft in den Sommern hatte er sich gewünscht, dass Voldemort ihn finden und umbringen würde, damit das Alles ein Ende haben würde und mehr als ein Mal hatte er versucht, es selbst zu beenden. Aber irgendwie hatte er immer das Pech, zu überleben. Selbst die Überdosis Traumlostrank. Tom arbeitete gerade an seinem Schreibtisch, Regulus saß am Bett, sah dabei zum Fenster. Er wusste nicht, warum, aber er sah auf. Das tat er oft, in den letzten Tagen, in denen sein Sohn hier lag. Immer wieder trat er dann auch zum Bett, strich leicht über die Haare. Vor zwei Tagen war das Fieber gebrochen, sein Sohn hatte nur noch leicht erhöhte Temperatur und meist lag er, zu einer engen Kugel zusammengerollt, die Arme um die Beine geschlungen, ohne sich zu regen. Dieses Mal aber war etwas anders. Etwas hatte ihn dazu gebracht, in genau diesem Moment hoch zu sehen. Und nicht nur er offensichtlich. Leise trat er ans Bett, legte eine Hand auf Regulus’ Schulter. „Ich denke, er kommt zu sich,“ stellte er fest, beschwor einen Patronus und schickte ihn los, hinderte dann seinen Mann, den Jungen anzufassen. „Denk daran, was wir besprochen haben,“ erinnerte er den Anderen sanft. „Erst Lupin. Für den Jungen.“ Nur ungern zog Regulus seine Hand wieder zurück, ihm passte das gar nicht. Er wollte seinen Jungen, sein Baby in den Arm nehmen, wie jeder Vater es tun wollen würde, hätten sie das hier alles durchgemacht, vor Allem, da er spürte, dass der Kleine Schmerzen hatte! Und offensichtlich wollte er nicht unter der Decke hervor kommen, als habe er schreckliche Angst, was ihn hier erwarten würde. Es dauerte nicht lang, bis die Tür aufgerissen wurde und Remus hinein stürmte, dicht gefolgt von Severus, der allerdings auch entnervt den Kopf schüttelte. Kaum, dass man das hörte, zuckte die kleine Kugel in dem Bett heftig zusammen, doch kein Laut war zu hören. „Er wacht auf,“ erklärte Tom leise, packte den Wolf fest am Oberarm. „Denk daran...!“ „Ich weiß, was ich zu Tun habe,“ baffte Remus ungnädig, bevor er sich an das Bett setzte, wo wirklich kaum eine Erhöhung zu sehen war, er legte sanft eine Hand auf die Kugel, strich darüber. „Harry,“ sprach er leise. „Ich ziehe jetzt die Decke weg,“ kündigte er an. „So spricht es sich besser...“ Automatisch umklammerte Harry ein Stück der Decke, als er das hörte. Diese Stimme! Es hörte sich an, wie Remus, die Hand auf seiner Schulter, doch er glaubte dem Ganzen nicht. Stimmen konnte man mit Zaubern verändern, das war keine Kunst! Nein, das würde er nicht zulassen! Nein, nein! Kam ja gar nicht in Frage! Er wollte nur hier bleiben, in der Wärme und Ruhe, in dieser Halbdunkelheit, die ihm so sicher schien. Doch die Decke verschwand trotzdem, auch, weil er in seinen Händen absolut keine Kraft zu haben schien. Er versteckte seinen Kopf, versuchte, so ruhig, wie möglich zu atmen. Zu tun, als würde er nicht da sein, vielleicht wirkte es... Vorsichtig zog Remus die Decke etwas herunter, er hatte den kleinen Widerstand sehr wohl bemerkt und er hörte, wie Harrys Herz schlug, als wolle es zerspringen. Ja, der Junge hatte Angst. Aber viel entscheidender, er war wach. Obwohl es, als er angekommen war, gar nicht danach ausgesehen hatte, als habe er eine Chance, gesund zu werden. „Harry, es ist Alles gut,“ sprach er sanft. „Du bist sicher, es wird dir nichts passieren.“ Er strich leicht über die dunklen Haare. „Komm schon, mach die Augen auf...“ Harry aber zuckte vor der Hand zurück. Er konnte es nicht glauben, seine Ohren sagten, dass es Remus sein musste, noch tat ihm nichts wieder weh, er war nicht geschlagen worden, aber er hatte gelernt, dem Frieden niemals zu trauen. Das konnte und würde er nicht. Er versuchte, sich wieder irgendwo zu verkriechen, doch sich zu bewegen war eine riesige Arbeit, die er kaum bewältigen konnte. Er konnte sich nur enger in sich zusammen rollen. „Harry, sieh mich bitte an,“ bat Remus erneut, ohne lauter zu werden. „Du bist bei mir, bei Remus. Es ist Alles in Ordnung. Du musst nur die Augen auf machen.“ Er dachte eine Weile nach, bevor er fortfuhr. „Dumbledore ist nicht hier, du bist nicht auf Hogwarts und nicht in einer Krankenstation.“ Was? Kein Hogwarts? Kein Dumbledore? Wie war das möglich? Er konnte das Gebäude nicht verlassen! Er hatte es schon so oft versucht, weiter, als bis nach Hogsmaede war er nie gekommen. Und er hatte sich nicht mehr bewegen können! Langsam, ganz langsam und voller Angst hob er seinen Kopf etwas, er sah verschwommen, aber doch schärfer, als er es gewöhnt war und zu seinem Erstaunen sah er tatsächlich den Werwolf. Vielsafttrank? War es das? Aber warum? Sonst hatte der Alte sich doch auch nie so große Mühe gegeben! Konnte es nicht doch sein? Konnte es sein, dass das hier Remus war? Aber warum? Wenn der ihn doch gar nicht mehr mochte? Warum spielten sie Alle mit ihm? Hatten sie ihm nicht schon genug angetan? Konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Ohne etwas zu sagen, legte er seinen Kopf wieder auf der Matratze ab und schloss die Augen. „Harry,“ begann Remus erneut. „Nicht wieder schlafen,“ bat er sanft, strich leicht über dessen Wange. „Du träumst nicht, ich bin wirklich hier. Komm, ich helfe dir auf, du solltest etwas trinken. Hast du denn keinen Durst oder so?“ Vorsichtig hob er den Jüngeren, der erst mal versuchte, zurückzuschrecken, hoch und lehnte ihn an sich, streckte seine Hand aus und ließ sich von Severus ein Glas mit Wasser reichen. Er wusste, der Tränkemeister hatte Irgendwas hinein gemischt, aber wenn der wusste, was gut für ihn war, würde er nichts Schlimmes genommen haben. Harry starrte den Anderen an, er wollte weg, doch er war viel zu kaputt dafür, er fühlte sich vollkommen kraftlos, was er nicht verstand, da er kaum Schmerzen hatte, nur eine Art dumpfes Pochen im Hintergrund. Er starrte auf das Wasser, sah dann auf – und zuckte heftig zurück. Da waren noch Andere, er konnte sie nicht deutlich erkennen, aber es war ihm unheimlich. „Ruhig,“ bat Remus leise. „Niemand wird dir etwas tun. Sie sind nur hier, um dir zu helfen. Sie haben dich hierher gebracht. Severus, Snape hat dich gefunden und aus Hogwarts geholt, wir haben dich versorgt, du bist hier vollkommen sicher. Und jetzt trink etwas, es wird dir gut tun...“ Erneut starrte Harry um sich, da waren zwei Leute, die als Snape durchgehen könnten und warum sollte der ihm helfen? War der nicht auch einfach froh, ihn los zu sein? Er versteckte seinen Kopf an der Brust des Anderen, ließ sich dann das Glas geben, hielt es in den zittrigen Händen und nippte daran, nicht bereit, in die Richtung zu kucken, wo die Leute saßen. Er verstand nichts mehr. Das war ihm Alles zu viel und unheimlich obendrein. Sein Hirn schien immer noch vernebelt und konnte nicht wirklich begreifen, was hier vorging. Nur, dass er hier, wenn das da wirklich Remus war, vermutlich erst mal am sichersten war, sollte der ihm wirklich nicht böse sein, was er aber auch nicht glauben konnte. Regulus beobachtete das und es zog sich Alles in ihm zusammen. Er sah, wie viel Angst der Junge hatte, dass er nicht mal diesem Werwolf voll und ganz zu trauen schien. Automatisch drückte er die Hand seines Mannes und hätte er aufgesehen, er hätte gesehen, wie dessen Augen tiefrot funkelten, wie immer, wenn ihn eine unendliche Wut befiel. Selbst Severus war überrascht über das, was er da zu sehen bekam. Er wusste, eigentlich sollte er das nicht tun, doch er machte es. Er nutzte einen kurzen Moment, in dem Harry seine Augen ein kleines Stück offen hatte und drang, so vorsichtig, wie nur eben so gerade möglich, in dessen Geist ein. Nicht tief, doch weit genug, um mitzubekommen, was der Bengel dachte. Und ja, er war entsetzt. Er hatte ohnehin die Vermutung, dass Tom gerade Dasselbe tat, was dessen aggressiv leuchtenden Augen erklären würde. „Lupin, er glaubt, das hier ist eine Art Schauspiel, das ihm vorgespielt wird,“ erklärte er ruhig. „Egal, was sie mit ihm gemacht haben, sie haben es gründlich getan. Und habe ich erwähnt, dass er denkt, dass du ihn hasst?“ „Was?“, fragte Remus leise, sah entsetzt auf das zitternde Bündel Elend, dass in seinen Armen lag und sich an das Glas mit dem Wasser klammerte, das fröhlich vor sich hinzitterte, weil seine Hände praktisch keine Kraft zu haben schienen. Sanft nahm er es ihm ab, gab es einem der Anderen n die Hand. Kurz schloss er die Augen und erst, als er sich sicher war, dass er sich im Griff hatte, öffnete er sie wieder, hob Harrys Kinn an. „Harry, sieh mich an,“ bat er ruhig. Er wartete, bis sich die Augen zögerlich auf ihn richteten. Sie waren anders, als früher. Nicht mehr grün, sondern so schwarz wie die von Sirius mit kleinen, purpurfarbenen Punkten darin. Was sich nicht geändert hatte, war die unendliche Hoffnungslosigkeit, die sie ausstrahlten. Harry merkte, dass Andere redeten, ein Mal erkannte er Snapes tiefe Stimme, doch er verstand nicht, was sie redeten, er hörte einfach nicht hin, er wartete darauf, dass auf ein Mal die Masken fallen würden oder das er aufwachen würde. Irgend so etwas eben. Doch dann wurde sein Kinn gehoben, er hatte keine Wahl. Unwillig öffnete er seine Augen, sah in die des Werwolfes. Würde das Schreien nun losgehen? Er zuckte leicht zurück, als sich wieder eine Hand hob, doch die strich ihm nur leicht über die Wange. „Es ist gut, Harry. Ich habe gemeint, was ich gesagt habe. Du bist hier vollkommen sicher und du bist nicht allein. Ich bin so froh, dass du weg bist aus England, dass der Alte dich nicht mehr bekommen kann. Ich habe seit Monaten versucht, dich von ihm weg zu bekommen. Das war es, was Sirius auch wollte, er wollte, dass du nicht mehr unter seiner Kontrolle bist. Ich hasse dich nicht, hörst du? Hör auf, so was zu denken! Du bist mein kleiner Welpe, hörst du? Und ich werde dich verteidigen, immer!“ Verdattert starrte Harry den Anderen an. Nur am Rande merkte er, wie seine Augen langsam schärfer zu werden schienen, was er nicht verstand, da er seine Brille nicht trug, doch das war ohnehin gerade nicht wichtig. Er verstand nur, dass Remus ihn nicht hasste. Er schniefte, merkte, wie gegen seinen Willen die Tränen zu rollen begannen. „Schh,“ sanft schloss Remus den Jüngeren fester in die Arme, dieses Mal ohne Gegenwehr. Im Gegenteil, nach einer Weile legte sich ein Arm um seinen Hals und er spürte, wie der Jüngere zu weinen begann. Er streichelte Harry einfach nur, ließ ihm etwas Zeit, froh, dass sein Welpe ihn wenigstens nicht mehr zu fürchten schien. „Lupin,“ knurrte Regulus schließlich, setzte sich ebenfalls. Harry merkte, dass Jemand kam, er klammerte sich fester an Remus, sah vorsichtig zu dem Neuen – und sofort wieder weg. Nein! Das konnte nicht sein! Das war nicht möglich! Er hatte ihn fallen sehen! Sirius war tot! Er hatte ihn fallen und stürzen sehen! Durch den Bogen in die Geisterwelt! „Er.. er ist doch tot!“, flüsterte Harry, vollkommen verstört. Überrascht sah Remus den Jüngeren an, strich ihm durch die Haare. „Es ist nicht Sirius,“ erklärte der Wolf sanft, als er verstand, was der Junge eigentlich wollte und was ihn so verstörte. „Das ist sein Bruder und das der noch lebt war für mich eine mindestens so große Überraschung wie für dich,“ fügte er an. Seine Vorbehalte über Regulus hielt er vollkommen zurück. Noch ein Mal hob Harry den Kopf, starrte das Ebenbild von seinem geliebten Patenonkel an. Es dauerte eine Weile, bis er merkte, dass dessen Haare kürzer und die Augen heller waren. Wie konnte das sein? Regulus sollte doch auch tot sein! Na ja, was machte es schon? Er sah zu Remus, flüsterte ihm dann zu: „Gibt... er mir die Schuld?“, fragte er. „Was?!“, fragte der Ältere entsetzt. Er drückte Harry an sich. „Welpe, niemand gibt dir die Schuld! Nicht mal Sirius würde das tun! Du kannst nichts für das, was passiert ist! Denk so was niemals! Regulus gibt dir nicht die Schuld!“ Zumindest wollte er das diesem Hohlkopf geraten haben! „Was? Schuld? Woran? An den Dummheiten meines Bruders? Sirius hat schon immer erst gehandelt, dann gedacht!“, er streckte seine Hand aus, nahm die seines Sohnes. Er achtete nicht auf das Zucken, strich leicht über den Handrücken. „Ich kümmere mich um dich,“ versprach er dann einfach. „Mach dir keine Gedanken.“ Gut, das musste Harry noch viel weniger verstehen. Es war ihm Alles zu viel. Dieser Siriusdoppelgänger erinnerte ihn nur an das, was er verloren hatte. Noch dazu machte er es einfach nicht, dass der Andere so über Siri redete. Er versteckte sich ein weiteres Mal an Remus’ Brust, schloss die Augen, als könne er der Situation so entfliehen. „Nicht... allein lassen,“ brachte er gerade noch so heraus, bevor seine Augen ihm wieder zu fielen. Er spürte die große Hand des Anderen, der ihm weiter über die Seite strich. Remus sagte nichts, er hielt den Jungen nur, strich immer wieder über dessen Haar, bis er sich sicher war, dass Harry eingeschlafen war. „Ich glaube, er ist vollkommen überfordert,“ stellte er nur fest, musterte erst Regulus, dann Tom. „Ich denke nicht, dass er verstanden hat...“ Severus nickte, während er sich vorsichtig aus Harrys Gedanken zurückzog. „Das hat er auch nicht. Er schwankt zwischen der Annahme zu träumen oder dass das Alles nur ein grausamer Scherz des Alten ist.“ Er sah zu Tom, der ebenfalls gerade erst aufsah, sich aber abrupt umwandte und aus dem Raum lief. „Ich denke, er weiß es selbst,“ stellte er dann fest. Regulus sah auf seinen Jungen, der sich auf dem Schoß eines Fremden zusammengerollt hatte, sich immer noch an diesem festklammerte und der so fertig zu sein schien. Er hatte selbst das dringende Bedürfnis, Irgendwen zu schlagen. Aber so richtig! Stattdessen konnte er nur hilflos da sitzen und zusehen, wie ein Anderer sich um seinen Jungen kümmerte! „Leg ihn hin,“ bat er schließlich. Remus sah den Anderen an, er ahnte durchaus, wie schwer es dem fiel, zuzusehen, wie ein Anderer von seinem eigenen Kind toleriert wurde, bei dem er keine Chance zu haben schien. Doch irgendwo tief in sich spürte er auch so was wie Befriedigung über das Verhalten seines Welpen. Wie gesagt, so einfach konnte er über all die Fehler von Sirius’ Bruder nicht hinweg sehen, denn wie leicht konnte das damit enden, dass Harry verletzt werden würde? Er nickte trotzdem, löste vorsichtig die Arme von seinem Hals, die sofort zu zucken begannen. „Alles gut,“ flüsterte er beruhigend. „Ich bin da, schlaf einfach weiter, du bist nicht allein..“, er überließ es dann aber Regulus, Harry zuzudecken. Er betrachtete den Jungen, der sich sofort wieder in sich selbst zusammen rollte, schutzsuchend, sich möglichst klein machend. „Ich fürchte, ihr solltet mich morgen holen, wenn er wieder wach wird. Er hat Angst...“ Regulus starrte auf den Wolf und er wusste, ihren kindischen Krieg würden sie auf später verschieben müssen. „Das hatte ich vor,“ gab er leise zurück, strich über die Schulter, die schon wieder unter der Decke verschwunden war, zusammen mit dem Rest des Jungen. „Severus, wie können wir ihm helfen?!“ Severus sah den Anderen ruhig an, blickte dann zu dem vollkommen verstörten Jungen. „Geduld und Zeit. Es ist auch sehr hilfreich, mit einigen Dingen zu warten, bis er nicht nach zehn Minuten wach sein wieder einschläft. Wobei man auch aufpassen muss, dass sein Schlafverhalten nicht zu einem Fluchtverhalten führt. Erst mal kann man nicht viel tun, nur abwarten. Wenn er das nächste Mal aufwacht, sollte er vielleicht etwas essen, eine leichte Suppe, auf keinen Fall mehr.“ Regulus nickte. „Natürlich,“ stimmte er zu. „Was haben sie nur Alles mit ihm getan?“ Remus ballte seine Faust. „Eine Menge,“ knurrte er ungehalten. „Ich weiß nicht was alles, aber er hat nie etwas erzählt. Vielleicht, weil er dachte, wir würden ihm nicht glauben, oder weil er Angst hatte. Wahrscheinlich hat man ihm gedroht, aber ich weiß auf jeden Fall, dass er für seine Verwandten kaum mehr war als ein Hauself!“ Lange sagte Regulus einfach gar nichts, er sah nur auf den Jungen. Erst dann blickte er auf den Werwolf. „Ich werde diese Leute zerfleischen,“ sprach er trügerisch ruhig. „Und Jeden, der geholfen hat, ihn in diesen Zustand zu versetzen.“ Remus antwortete erst mal nicht, er sah den Anderen lange an. „Das hat Zeit,“ gab er dann zurück. „Vorerst sollte nur Harry zählen, er ist am Ende, ihn aufzufangen und ihm zu helfen ist mein Hauptziel. Ich will auch Rache, falls du das bezweifelst, aber hier liegt ein vollkommen verstörter Junge, der sich für nichts Anderes, als eine Waffe hält.“ Regulus nickte. „Du hast Recht,“ stimmte er leise zu. „Aber Niemand vergreift sich an meinem Kind!“ Erst dann nickte Remus. „Gut,“ stimmte er zu. „Wo ist Tom hin?“ „Vermutlich Irgendwen foltern, um sich zu beruhigen,“ gab der Gefragte emotionslos zurück. „Und glaub mir, er hat da genug Leute, die dafür in Frage kommen.“ Remus runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Zumindest schien Tom entgegen der Gerüchte nicht vollkommen wahllos zu foltern. Das war immerhin etwas. Er blieb noch eine Weile, doch dann erhob er sich. „Ich gehe auf mein Zimmer, aber ich bin sofort wieder da, wenn sich was tut, holt mich ruhig auch mitten in der Nacht,“ bat er noch, dann ging er. Regulus sah dem Wolf hinterher, er sagte nichts, setzte sich nur zu der kleinen Kugel im Bett und strich sanft über den dünnen Körper. „Ich bin da,“ sprach er leise. „Du bist nicht allein, wir sorgen für dich...“ Tom hingegen stürmte tatsächlich in Richtung Kerker, wandte sich dann aber abrupt um. „Lucius!“ Der Blonde brauchte nicht lange, um tatsächlich zu erscheinen, es war immerhin eigentlich sein Haus. „Lord?“, fragte Lucius ruhig. Er sah nur die Laune des Anderen und beschloss, sehr, sehr vorsichtig zu agieren. „Besorg mir ein paar zuverlässige Leute, die nach England können, ohne sofort gestellt zu werden, mach Portschlüssel hierher! Rüste diese Männer aus!“ „Darf ich fragen, warum?“ Tom starrte den Anderen an, mit Augen, die regelrecht zu explodieren schienen. „Das bespreche ich genau ein Mal,“ knurrte er ungehalten. „Und zwar dann, wenn es soweit ist! Beschaff mir die Leute, du hast eine Stunde! Der große Saal!“ „Man könnte meinen, ich wäre hier der Gast,“ knurrte Lucius, doch er wusste, was gut für seine heile Haut war, also tat er es einfach und machte sich erst mal auf den Weg. Tom sagte nichts, er begab sich direkt zu dem Saal, setzte sich dann auf den erhöhten, thronartigen Stuhl auf dem Podest und ließ seinen Kopf gegen die Lehne sacken. Er wusste, auch Severus war in den Kopf seines Sohnes eingedrungen, doch hatte der das nur oberflächlich getan. Er allerdings war tiefer gegangen. Er wusste zwar, dass es vermutlich nicht richtig gewesen war, doch er hatte wissen müssen, was sein Kind so verschreckt hatte. Immerhin hatte er ihn als sturen, ruhigen und selbstbewussten Jungen gesehen. Nicht als dieses wimmernde Häufchen Elend, was da gerade in seinem Bett lag. Aber was er gesehen hatte, übertraf bei Weitem seine Befürchtungen. Es war ein einziger Alptraum und er wollte eigentlich auch nicht so tief gehen. Nur auf den Angriff, der zu den Verletzungen geführt hatte, aber dann doch immer weiter, zu den Sommerferien, danach wieder etwas weiter bis zum letzten Schuljahr und zu Blacks Tod. Fort war dann Schluss, weiter war er nicht gegangen. Er hatte schon das Wenige nicht gut aufgenommen, denn allein das war ein reiner Folterlauf gewesen, der nur aus Schmerzen bestanden hatte. Und aus Angst. Der Junge war nie voller Selbstvertrauen oder irgendetwas in der Art gewesen. Nur zutiefst verängstigt und verunsichert. Voller Furcht vor dem, was noch geschehen würde, voller Selbstvorwürfe, dass jeder zum Sterben verurteilt war, der ihn mochte oder gar versuchte, ihm zu helfen. Einzig und allein Angst hatten das Leben des Jungen bisher bestimmt. Angst und Schmerz. Und es war das Leben seines Kindes, seines Sohnes, auf dessen Geburt er sich so gefreut hatte, den er so gern im Arm gehalten hatte und der immer so begeistert gewesen war, wenn er Parsel gesprochen hatte. Was erklärte, wie ein Potter ein Parselmund sein konnte. Weil es sein Kind war. Und er hatte versagt, er hatte sich damals geschworen, dieses Kind vor Schmerzen zu bewahren, Ryder ein schönes Leben zu bieten und stattdessen war er durch die sprichwörtliche Hölle gegangen. Er verdeckte seine Augen, versuchte, sich zu fangen. Er konnte gleich nicht wie ein Irrer auf seine eigenen Leute los gehen, auch, wenn er das laut der Idioten aus England tat, so folterte er nie einfach nur so. Obwohl er kurz davor war, mit so etwas anzufangen. Erst, als Lucius mit fünf Männern und zwei Frauen eintrat, sah er auf und nahm Haltung an, studierte die Sieben. Es waren nur drei Europäer, eine der Frauen war Asiatin, zwei der Männer waren schwarz. Niemand, an den er sich im Besonderen erinnerte. Das war gut, hoffte er. „Nun?“, fragte Lucius. „Warum musste es jetzt und so schnell sein?“ „Weil morgen meiner Berechnung nach das Hogsmaedewochenende ist.“ „Lord?“, fragte Lucius irritiert. „Ich will, dass ihr vier Jugendliche entführt und hierher in einige der hässlichsten Zellen bringt! Wobei – die schlimmsten Drei sind für Andere reserviert! Vier von euch gehen nach Hogsmaede, Drei zu einer Muggeladresse! Sieben Gefangen bis spätestens übermorgen Abend!“ „Warum, mein Lord?“, fragte die Asiatin mit melodischer Stimme. Sie hatte den Mann noch nie so aufgebracht erlebt. Das hier war was Persönliches, was sehr Persönliches. Es war Lucius, den er bei seiner Antwort fixierte. „Weil es neben Dumbledore als Hauptschuldigen noch sieben Personen gibt, die Schuld sind am Zustand meines Kindes! Und ich weiß, wer es war! Sie haben einem Kind die Hölle auf Erden bereitet, so, dass es jetzt schwerst verstört ist! Und das werde ich nicht hinnehmen! Niemals! Außerdem nehme ich dem Alten so einige seiner persönlichen, kleinen Handlanger weg! Ein alter Mann, der Kinder zu Mördern macht und auch noch den Fehler begeht, sie auf meinen Sohn anzusetzen!“ „Sohn?“, fragten sie verwundert, während Lucius’ Augenbrauen sich zu Schlitzen zusammen zogen. „Lucius,“ sprach Tom ruhig. „Schick sie weg, je weniger sie erst mal wissen, umso besser, ihr werdet es erst erfahren, wenn es vorbei ist. Hier sind die Ziele: eine gesamte Familie, bestehend aus zwei überdimensionalen Walen und einem Klepper. Privet Drive 4, Little Whining, Surrey, alle Beweise für Kindesmisshandlung an Harry James Potter, der dort gelebt hat, sind aufzulisten und mitzubringen! Die Anderen, ihr werdet vier Schüler entführen,“ mit einem schnellen Zauber bannte er die Gesichter und soweit der Junge es geschafft hatte, sich zu erinnern, auf magischem Papier, warf sie den Leuten vor. „Sie mögen unscheinbar wirken, aber sie sind ausgebildete Mörder, schlagt sie nieder, betäubt sie, geht keinerlei unnötige Risiken ein!“ „Ja, mein Lord!“, antworteten alle Sieben auf ein Mal, bevor sie verschwanden. „Ja, Lucius?“, fragte Tom nur ruhig, auch, wenn er seine Augen wieder mit der Hand abdeckte, er spürte den bohrenden Blick nur zu deutlich. „Lord?“, fragte Lucius ruhig. „Woher wisst Ihr das? Ist er wach? Hat er gesprochen?“ „Er ist kurz aufgewacht, für keine zwanzig Minuten, ja, und was er gesagt hat, war an einem Finger abzuzählen, ich habe mir die Informationen geholt, die ich brauchte. Es geht ihm beschissen, er ist vollkommen am Ende, beantwortet das deine Fragen?“ „Wie beschissen? Das hier ist die erste, persönliche Vendetta, die du hältst,“ gab Lucius zurück, er wechselte wieder ins Du, als er sah, dass der Andere sich ansatzweise in den Griff zu bekommen begann. „Luc, er kennt nur Angst und Schmerzen, er erwartet von Jedem, dass man ihm die Schuld an Allem gibt, und dass er geschlagen wird, Erwachsene machen ihm panische Angst, einzige Ausnahme bisher war Black. Lupin vertraut er nur bis zu einem gewissen Punkt. Er denkt, der Mann gibt ihm die Schuld an Blacks Tod und er glaubt, das hier ist Alles nur ein komischer Traum ist. Wie wir ihm klar machen, dass er unser Sohn und ein magisches Wesen ist, dass ausgerechnet auf meine Nähe angewiesen ist, weiß ich nicht.“ Lucius schwieg lange, er sah seinen Lord an, der vollkommen am Ende wirkte. Egal, was er im Geist des Jungen gesehen hatte, es musste schrecklich gewesen sein, wenn es selbst Jemanden wie ihn so mitnahm. Er konnte den Andere noch nicht mal dafür rügen, Leute geschickt zu haben, um persönliche Rache zu nehmen. Er hätte genau Dasselbe getan und vermutlich noch Einiges mehr. Und immerhin ging es auch um seine Familie, denn Ryder war auch sein Patenkind. „Wie soll es weiter gehen? Mit dem Jungen?“, fragte er schließlich. „Rein körperlich ist er so weit wieder fit genug, um auch wieder aufstehen zu können, mental... ich mag noch gar nicht dran denken...“ „Ein Geistheiler könnte hilfreich sein,“ schlug Lucius nach einem Moment vor. „Er vertraut noch nicht mal uns, einem Wildfremden wird er dann mit Sicherheit noch weniger erzählen! Ja, natürlich will ich einen Geistheiler haben, aber erst, wenn er versteht und annimmt, wer er ist und was er ist.“ „Ja,“ nickte Lucius. Das war verständlich. Doch dann, auf ein Mal, fiel ihm etwas ein: „Ein Kuscheltier,“ schlug er vor. „Etwas, das nicht sterben kann und dass er trotzdem immer bei sich haben kann, solange er es braucht. Ich weiß, er ist eigentlich aus dem Alter raus, aber was du beschreibst, ist doch eigentlich, dass er mental bei einigen Dingen auf einem sehr kindlichen Niveau stehen geblieben ist, gemein, wie es klingen mag.“ Tom nickte. „Ja,“ gab er zurück. Er musste zugeben, dass das keine schlechte Idee war. „Ein Kuscheltier... ist hier irgendwo in der Nähe ein Laden?“ „Im Dorf, in dem Spielzeuggeschäft.“ „Hat es noch offen?“ Lucius warf einen Blick auf die Uhr. „Es ist erst Nachmittag, ich würde mal davon ausgehen.“ „Ich bin weg.“ Der Blonde blickte seinem Boss nur kopfschüttelnd hinterher. Natürlich verstand er das, doch wie er den Anderen kannte, würde er es maßlos übertreiben und wer wusste, womit er letztendlich anrücken würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)