Wolfswege von Scarla ================================================================================ Kapitel 5: Erster Hinweis ------------------------- Lugh Akhtar zog sich noch ein wenig weiter unter die Bank zurück. Der Mann hatte sich ein wenig bewegt und war ihm auf diese Weise unangenehm nahe gekommen. »Ich denke, damit wäre alles geklärt«, sagte Nea in eisigem Ton. »Ich denke auch. Bis auf ein Neues, junge Dame«, antwortete er und lächelte schmierig. Er jedoch machte keine Anstalten, sich zu erheben, also erhob sich Nea und wollte gehen. Lugh Akhtar sprang sogleich auf um ihr zu folgen, da hielt er sie noch einmal zurück. »Du hast da aber einen außergewöhnlichen Begleiter«, sprach er und deutete auf Lugh Akhtar, der ihn mit seinen außergewöhnlichen Augen abwartend, aber nicht gerade freundlich, anstarrte, ganz wie es die Art der Wölfe war. »Das braucht Ihr mir nicht zu sagen, das weiß ich schon länger«, antwortete Nea noch kälter und das, obwohl Lugh Akhtar Stein und Bein geschworen hätte, dass es nicht mehr möglich war. »Ich nehme an, dass du ihn nicht verkaufen willst?«, erkundigte sich der Fremde und stand nun doch auf. »Ich würde dir einen guten Preis für ihn bezahlen.« »Kein Interesse«, antwortete sie und wollte abermals gehen, doch hielt er sie schnell an der Hand fest. »Nicht so schnell, junge Dame. Vielleicht hat aber er Interesse daran, an mich verkauft zu werden, ich kann ihm nämlich helfen«, meinte er. »Weiterhelfen wobei? Er ist ein Wolf, wozu soll ein Wolf Eure Hilfe brauchen?«, fragte Nea betont gelangweilt, obwohl sie es ganz und gar nicht war. Aufmerksam betrachtete sie ihn und nichts entging ihrem Blick so schnell. »Nun, ich weiß, wer ihn verzaubert hat«, erklärte er und blickte dabei furchtbar wichtig, doch Nea schnaubte bloß. »Natürlich und ich bin die Königin des Landes«, antwortete sie ihm spöttisch, doch Lugh Akhtar bellte leise: »Lass ihn reden, ich will wissen, was er vermutet. Immerhin hat er erkannt, das ich kein Wolf bin.« »Oh, du weißt es nicht? Er ist kein Wolf, er ist irgendetwas anderes. Verzaubert«, erklärte der Mann betont geheimnisvoll. »Und woher wollt Ihr das wissen?«, erkundigte sich Nea bissig. »Seine Augen. Kein Tier auf Erden hat solche Augen. Nur die Opfer eines Verwandlungszaubers besitzen sie und werden sie für ihr Leben nicht mehr los. Selbst wenn sie jemals wieder ihre eigene Gestalt zurück bekommen«, erklärte er. »Woher wisst Ihr das?«, bohrte sie mit abfälligem Ton weiter. »Ich… bin mal einem begegnet. Ein Mann, der hatte auch solche Augen und als ich ihn gefragt habe, hat er gesagt, dass er einmal ein Wolf gewesen sei, von einem mächtigen Zauberer verwandelt«, erklärte er, zuckte mit den Achseln, als wenn ihn das ganze nichts anginge. »Wer meint Ihr hat ihn verzaubert?«, kam Nea nun zu der entscheidenden Frage. »DIE Information kostet was, mein Schätzchen«, antwortete er ihr und grinste breit. »Dann eben nicht, dann muss er wohl ohne diese Information auskommen.« Nea zuckte ebenfalls mit den Achseln während Lugh Akhtar ungläubig zu ihr hinaufschaute. »Nea?!«, bellte er entsetzt. »Er scheint deine Entscheidung aber nicht gut zu finden«, bemerkte der Fremde und deutete auf den Wolf. »Und? Das ist sein Problem. Mach die finanziellen Sachen mit ihm aus, so weit es möglich ist, ich habe kein Interesse«, antwortete sie ihm gleichmütig und wandte sich zum dritten Mal zum Gehen. »Ich kenne seinen Namen nicht«, begann er da auch schon zu sprechen, »aber sie sprechen nur im Flüsterton von ihm.« Nea blieb stehen und schaute ihn mit großen Augen an, dann ging sie wieder zum Tisch zurück und setzte sich. Schnell bestellte sie beim Wirt ein Bier, damit er ja nicht aufhörte zu sprechen. Und kaum hatte der es an den Tisch gebracht, da sprach der Fremde auch schon weiter. »Ich bin kein Zauberer, aber ich habe dennoch von ihm gehört. Von einem Verwandten, er gehört zu ihnen, aber das ist jetzt einerlei. Sie nennen ihn den heimlichen Meister ihrer Zunft, obgleich er noch ein junger Mann sein soll. Sie sprechen nur im Flüsterton von ihm, denn sie haben Angst, dass sie seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn sie laut von ihm sprechen. Keiner sagt jemals seinen Namen. Er ist mächtig, vielleicht der Mächtigste, der jemals lebte, vielleicht ist er auch einfach nur ein guter Schauspieler und kennt gute Tricks. Ich weiß nicht, wie weit her es ist, mit der Magie.« Er trank einen großen Schluck Bier. »Wie kommt Ihr darauf, dass er es ist?«, fragte Nea und die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben, ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. »Es heißt, immer wenn er etwas oder jemand verwandelt, dann in ein Tier mit weißem Fell, auch wenn ich niemals davon hörte, dass er jemanden in die Gestalt eines Wolfs bannte. Du musst wissen, Wölfe sind sein Erkennungszeichen. Er liebt sie, vor allem die weißen, deswegen ist er auch so oft hier im Nordland. Wenn überhaupt, dann gibt es weiße Wölfe nur hier. Ich hoffe, dass ihr mit diesen Informationen etwas anfangen könnt.« Er stand auf und ging ohne ein Wort des Abschiedes. »Da scheinst du aber jemandem gewaltig auf die Füße getreten zu sein, mein Wolf«, sagte sie leise und schaute zu Lugh Akhtar hinab. Der starrte nachdenklich vor sich hin. »Ich glaube nicht, dass es dieser Zauberer war, er würde niemals jemand oder etwas in einen weißen Wolf verwandeln, das wäre ein Frevel ohne gleiches für ihn«, erklärte er nachdenklich. »Du weißt, von wem er gesprochen hat?«, fragte Nea erstaunt. Sie hatte nicht erwartet, dass der Wolf es wusste, sie war schon erstaunt, dass der Mann von ihm gewusst hatte, seinen Verwandten zum Trotz. Zauberer hüteten ihre Geheimnisse eifersüchtig, vor allem vor gewöhnlichen Menschen. »Nein«, antwortete Lugh Akhtar und streckte sich. Nea lachte leise. »Warum sagst du dann so etwas?«, erkundigte sie sich. »Weil es die Wahrheit ist. Ich kenne seinen Namen nicht und niemals hörte ich von einem Zauberer, dessen Namen niemand zu nennen wagt, und trotzdem. Ich weiß, er kann es nicht getan haben. Wollen wir gehen? Es liegt noch ein langer Weg vor uns, die nächste Stadt ist weit weg«, bemerkte er. Nea nickte und stand auf. Lugh Akhtar lief schnell zur Tür hin, während sie ihm langsam und nachdenklich folgte. Es machte sie nachdenklich, dass er so unheimlich viel über die Welt der Zauberer wusste und doch selbst keiner sein konnte, denn niemals hätte er sich sonst in diese Gestalt sperren lassen. Und wenn er doch einer war, nur so unbegabt, wie sie auch? Doch dann hätte er gewusst, von wem der Mann sprach, denn nirgendwo gab es einen Zauberer, der seinen Namen nicht kannte, und gleichzeitig gab es keinen Zauberer, der jemals wagen würde, ihn auszusprechen. Und dennoch, wieso konnte er sich so sicher sein? Sie fand keine Antwort auf diese Fragen, doch sie machte sich auch keine Gedanken mehr, vor ihr lag immerhin ein langer Weg durch die Nacht, nur in Begleitung eines Wolfs. Und noch dazu eines Wolfs, der nicht einmal seinen Namen kannte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)