Inner conflicts von ChiaraAyumi ================================================================================ Kapitel 4: Abhorrence --------------------- Samstag, September 2, 1944 6:33 A.M. Es konnte nur besser werden. Seit fünf Minuten wiederholte sie diesen Satz, während sie im Bad in den Spiegel starrte. Zurück starrte ein ovales Gesicht, das blass wie ein Leichentuch war. Das braune Haar hing ihr wirr ums Gesicht und ihre Augen waren so rot, dass sie unwiederbringlich an Blut in Schnee denken musste. Dazu noch Augenringe, da sie nicht schlafen hatte können. Kurz und gut, sie war ein einziges Wrack. So konnte sie nicht zum Frühstück runtergehen. So durfte sie vor allem Riddle nicht über den Weg laufen. Der gestrige Abend hatte ihr schon alle Nerven gekostet. Der kalten Schauer lief ihr selbst jetzt über den Rücken. Sie fühlte sich nicht imstande ihm gegenüberzutreten. Diese Angst hatte ihr den Schlaf gekostet. Die Tränen hatte es auch nicht besser gemacht. Wie sollte sie das nur aushalten? Wo war ihre Stärke? Wie sollte sie das nur schaffen? Ihre Gedanken wurden von einem fröhlichen Lachen zurück in die Realität gezogen. „Hermine, bist du hier im Bad? Ich hab Riddle gefragt, wo ich dich finden kann!“ Einen Augenblick brauchte die Braunhaarige, um sich an das dunkelhaarige Mädchen von gestern Abend zu erinnern. Unentschlossen, was sie nun tun sollte, blieb sie stehen, wo sie war. „Tut mir Leid. Ich fühl mich nicht so gut. Geh ruhig frühstücken.“ „Ach komm. Ich lass dich hier nicht alleine. Lass mich rein.“ Ungeduldig schlug die Schwarzhaarige gegen die Tür. Sie war wirklich ziemlich aufgedreht, aber vielleicht konnte Hermine diese Fröhlichkeit jetzt gut gebrauchen, um sich von all ihrem Kummer und Angst abzulenken. Kaum hatte sie die Tür nur ein Spalt aufgemacht, stürmte Sophie herein, um stehen zu bleiben, ihr einen mitleidigen Blick zuzuwerfen und sie mit sich zu ziehen. „Du siehst wirklich schrecklich aus. Aber lass das meine Sorge sein. Ich hab da ein paar Tricks drauf, damit man nicht sieht, ob man schlecht geschlafen hat. Vermisst du Frankreich?“ Wie kam es nur, dass Sophie keine drei Sekunden brauchte, um soviel hervorzusprudeln und dabei nicht einmal außer Atem zu kommen. Beneidenswert. Sophie zauberte wirklich aus ihrem Gesicht die Augenringe und auch alles andere schien vorgewischt zu sein. Hätte Hermine nicht gewusst, wie sie einige Minuten zuvor noch ausgesehen hatte, wäre sie der Meinung gewesen gut geschlafen zu haben. „Danke für deine Hilfe. Das Heimweh hat mich in der Nacht einfach überkommen. Zum Glück haben wir heute noch keinen Unterricht. Ich bin echt jämmerlich.“ Hermine versuchte es mit einem Grinsen und Sophie schüttelte den Kopf. „Das ist nicht jämmerlich. In meinem ersten Schuljahr hab ich durchgehend meine Familie vermisst. Und ich war ja nicht mal halb soweit weg von meinem Zuhause.“ Dieses Mädchen war wirklich ein Segen. So eine unverwüstliche Freundin brauchte sie jetzt. Unglaublich, dass sie Jahrzehnte voneinander trennten, aber das wusste Sophie nicht und würde es nie erfahren. Hermine lächelte die Dunkelhaarige an, die mit einem Strahlen antwortete. Gemeinsam gingen sie zum Frühstück und Hermine fühlte sich besser. Es wurde also wirklich besser. Riddle war auch nicht zusehen, was sie erleichtert. Blaise blickte auf, als Sophie und sie sich zu ihm gesellten. Anscheinend hatte er auch schon einen Freund gefunden. Der Junge mit den eisgrauen Augen blickte auf und lächelte sie an. „Hey, ich bin Zephir. Freut mich dich kennen zu lernen. Dein Bruder wollte mir nichts über dich verraten. Also muss ich wohl selbst dahinter kommen, was für ein Mensch du bist.“ „Du könntest mich natürlich auch fragen. Meinem Bruder hättest du sowieso kein Wort glauben können. Er sagt nie irgendetwas Nettes über mich.“ Blaise schnaubte und verzog das Gesicht. Zephir lachte und wandte sich seinem Frühstück wieder zu. Hermine griff auch zu und Sophie tat es ihr gleich. Damit erstarb das Gespräch fürs Erste. Nach dem Frühstück beschloss Hermine in die Bibliothek zu gehen. Sophie verzog nur das Gesicht und schüttelte den Kopf. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie jemand gleich an seinem ersten Schultag dorthin stürmte um sich weiterzubilden. Also ging sie alleine in die Bibliothek und suchte sich einen Tisch in einer der Ecken um möglichst nicht gesehen zu werden. Zwei Gründe hatte sie hergeführt. Der erste war natürlich die Suche nach einem Rückweg in ihre Zeit. Sie hoffte hier ein Buch zu diesem Thema zu finden, wobei sie fürchtete, dass ein solches Buch eher in der Verbotenen Abteilung zu finden sein würde. Der zweite Grund war Tom Riddle. Wenn sie ihn richtig einschätzte, musste er viel von seiner Freizeit hier verbringen. Irgendwann musste sie sich mit ihm auseinandersetzen, da war es am besten, wenn sie selbst den Ort bestimmte. Noch war die Bibliothek völlig leer. So konnte Hermine stöbern ohne von irgendwelchen Leuten belagert zu werden, die etwas über sie wissen wollte. Sie wollte alles absuchen und begann mit dem Regal bei ihrem Platz, das sich mit fortgeschrittener Magie beschäftigte. Einmal angefangen, floss die Zeit an ihr vorbei. Erst durch ein Geräusch aufgeschreckt, hob sie nach einer Ewigkeit den Kopf. Vor ihr stand der Junge vom Frühstück, der sich eins der Bücher griff und es aufschlug. „Suchst du etwas Bestimmtes oder ziehst du wahllos Bücher aus dem Regal?“ Hermine musterte den Tisch auf dem sich bereits Bücher stapelten ohne dass sie auch nur einen Hinweis auf Zeitreisen gefunden hatte. „Ich suche etwas, aber da ich aber selber nicht wirklich weiß wonach, greife ich wahllos Bücher aus dem Regal.“ Zephir lächelte und legte das Buch beiseite. „Danach sieht es wirklich aus. Du bist schon seit Stunden hier drin. Geb die Suche für heute auf und ich führ dich ein bisschen rum.“ Als sie ihn überrascht ansah, fiel ihr das silberne Abzeichen der Vertrauensschüler ins Auge. Das ergab Sinn. Deswegen hatte er bereits mit Blaise gesprochen. „Das wäre nett. Bewegung könnte ich gut gebrauchen.“ Hermine griff nach ihrer Tasche und Zephir half ihr die Bücher wieder im Regal zu verstauen. Gemeinsam verließen sie die Bibliothek. Es kam ihr seltsam vor die Schule gezeigt zu bekommen, die sie in der Zukunft bereits besucht hatte. „Es ist hier eigentlich richtig schön“, meinte Zephir als sie draußen bei den Gewächshäusern standen. Hermine zwang sich zu erwidern: „Nicht so schön wie in Frankreich.“ „Ich war noch nie da. Vielleicht komm ich mal vorbei, wenn du wieder da bist, dann würde ich ja schon mal jemand dort kennen, der mir alles zeigen könnte.“ „Und Blaise würdest du auch kennen. Aber bis dahin dauert es noch ein Jahr.“ Dabei würde sie nie nach Frankreich zurückgehen. Ein Jahr würde sie wohl auch nicht hier bleiben. Sie hoffte früher einen Weg zurück zu finden. So schnell wie möglich. Sophie kam plötzlich herangestürmt. „Ich muss dir Hermine entführen.“ Bevor Zephir etwas erwidern konnte, zog Sophie Hermine mit sich in Richtung Schloss. Nach ein paar Metern verlangte Hermine eine Erklärung. „Professor Dippet will dich sehen. Er will dich und Riddle in die Aufgaben für dieses Jahr einweisen.“ Sie und Riddle. Das Schulsprecherpaar. Natürlich wie hatte sie das vergessen können. Das ganze Jahr musste sie mit ihm Vorbereitungen für alles Mögliche treffen. Genug Gelegenheiten. Viele Möglichkeiten an ihn heranzukommen. Eine würde sie nutzen. „Dass ausgerechnet Riddle Schulsprecher geworden ist. Es war ja eigentlich klar. Schließlich ist er der Held, der das Grauen im fünften Schuljahr beendet hat. Trotzdem ist der mir nicht geheuer.“ „Mir auch nicht. Doch von so was lass ich mich doch nicht unterkriegen!“ Sie lachten, während sie durch die Eingangshalle schritten. Vor dem Büro trennte sie sich von Sophie und schritt nach oben nach dem sie das Passwort genannt hatte. Riddle war bereits da. Er saß lässig auf dem Stuhl und würdigte sie keines Blickes, als sie das Büro betrat. Am liebsten hätte sie den gelangweilten Ausdruck von seinem Gesicht getilgt. „Miss Calice, schön, dass sie hergefunden haben, um unser kleinem Meeting beizuwohnen.“ Sie ließ sich auf dem Stuhl neben Riddle nieder und lächelte zuckersüß. „Dieses Jahr wollen wir uns in Hogwarts von unserer besten Seite zeigen. Das Vertrauen in uns ist nicht mehr so stark wie vor einigen Jahren. Daher will ich dieses Jahr zu einem ganz besonderen Jahr für alle Schüler von Hogwarts machen. Für schöne Erinnerungen an uns.“ Hermine nahm an, dass er auf die Zeit, als die Kammer des Schreckens geöffnet wurde, anspielte. Er hatte wohl Angst, dass er Schüler verlieren würde. Auch die jetzigen Schüler sollten ihre Kinder später an diese Schule schicken, damit Dippet seinen Posten nicht verlor. Hätte er bereits im vorherigen Jahr sein besonderes Schuljahr veranstaltet, wären seine Absichten noch offensichtlicher gewesen. Außerdem besaß er wohl genug Taktgefühl, um zu erkennen, dass man nicht direkt nach solch einem Grauen fröhliche Feste veranstalten konnte. „Und was genau haben sie sich vorgestellt?“ Selbst seine Stimme war eine Ausgeburt der Gleichgültigkeit. Er war einfach aalglatt. Zeigte genau soviel Interesse wie von ihm erwartet wurde und nicht mehr. „Zu Halloween dachte ich, dass wir dieses Jahr statt dem traditionellen Festessen einen Ball veranstalten. Zu Weihnachten das ganze noch ein wenig größer. Einer der Lehrer schlug vor ein Theaterstück aufzuführen. Die Idee fand ich nicht schlecht. Theateraufführungen gab es noch nie hier an Hogwarts. Eine neue Tradition möglicherweise. Und dann natürlich der große Abschlussball zum Ende des Jahres. In allem ein besonderes Jahr.“ Hermine hätte beinahe schnippisch gefragt, ob er nicht auch noch einen Ball zu Ostern veranstalten wollte, aber sie ließ es bleiben. Dippet war nicht der Typ für Scherze. „Da Halloween bereits in zwei Monaten ist, sollten sie schnellstens mit den Vorbereitungen beginnen. Teilen sie die Vertrauensschüler in Arbeitsgruppen und kümmern sich um die Organisation. Ich bin sicher sie werden hervorragende Arbeit leisten. Das wäre es für heute.“ Riddle aalte sich sofort aus seinem Stuhl und verließ das Büro. Hermine folgte ihm rasch, um endlich ein Wort mit ihm zu wechseln. Im Gang holte sie ihn schließlich ein. Er schlenderte gemütlich und beachtete sie weiterhin nicht. „Riddle warte mal. Sollten wir uns nicht irgendwie absprechen.“ Er blieb nicht einmal stehen. „Kein Interesse. Du machst das schon.“ Die Ansage konnte sich Hermine nicht gefallen lassen. Sie fühlte sich unweigerlich an Malfoy erinnert, der sich stets gekonnt um die Arbeitsgruppen herum gewindet hatte. Sie überholte ihn mit drei großen Schritten und blieb vor ihm stehen. „Du bist genauso ein Teil des Schulsprecherteams wie ich. Das bedeutet du wirst genauso viel leisten wie ich. Ich bin nicht hier aus Frankreich hergekommen, um für dich die Drecksarbeit zu machen.“ „Schöne Ansage, aber du bist eben neu hier und wirst noch früh genug lernen, wie man sich benimmt.“ „Wenn wir gerade von Benehmen sprechen, du könntest dich ruhig mal ordentlich vorstellen.“ Riddle verzog minimal das Gesicht, als hätte man ihn darum gebeten auf dem Tisch zu tanzen. „Ich bin Tom Riddle und Schulsprecher. Ich kann es kaum abwarten mit dir zusammenzuarbeiten.“ Der ironische Unterton entging ihr nicht, aber sie nahm trotzdem seine Hand. Einen Augenblick erwartete sie, dass seine Hand eiskalt sein würde und sich eben nach Schlangenhaut anfühlen würde, doch sein Hand war warm und sein Händedruck fest. „Ich bin Hermine Calice und neu hier. Auf gute Zusammenarbeit.“ Sie versuchte sogar ein kleines Lächeln, obwohl sie nur Abscheu für dieses Ungeheuer empfand. Er ließ ihre Hand sofort wieder los und drehte sich um. Wahrscheinlich hatte ihm niemand zuvor die Stirn geboten, was für ihn ungewohnt war. Sie ließ ihn ziehen. Hermine fuhr zusammen, als Blaise sich neben ihr auf dem Sofa fallen ließ. Sie hatte sich in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws zurückgezogen, um nicht auf Riddle zu treffen. „Gefällt dir dein eigener Gemeinschaftsraum nicht?“ Sie ignorierte seine Frage geflissentlich und wand sich ihrem Buch wieder zu. „Dann liegt es wohl an diesem Riddle, dem großen bösen Zauberer.“ Er glaubte ihr natürlich nicht, was Riddles Zukunft anging. Was hatte sie schon erwartet? „Und was hast du für einen Plan? Erledigst du ihn in einer dunklen Ecke?“ Sie konnte sein Grinsen fast hören ohne auch nur hoch zu sehen. Dann wurde er ernst. „Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Er sieht so normal aus. Ein bisschen seltsam, aber eigentlich ein typischer Slytherin. Es ist einfach verrückt.“ Hermine sah Blaise an. Er überraschte sie ständig aufs Neue in seiner Art. Erst hielt er sie für verrückt, aber jetzt schien er ihr doch zu glauben. „Er ist es. In seinem fünften Schuljahr hat er bereits die Kammer des Schreckens geöffnet und eine Schülerin ist umgekommen. Diesen Sommer hat er seinen Vater und seine Großeltern ermordet und es seinem Onkel in die Schuhe geschoben, der jetzt in Askaban sitzt.“ Sie flüsterte es ihm leise zu, damit keiner der Schüler es hören konnte. Blaise wirkte sichtlich geschockt. „Er ist es also wirklich. Aber was willst du gegen ihn unternehmen?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Solange es für uns kein Zurück gibt, erst mal nichts. An ihn rankommen. Raus finden wer er wirklich ist und wo sein Schwachpunkt sitzt. Wer seine Freunde sind und wo er sich mit ihnen trifft.“ „Und ihn dann vernichten, wenn es soweit ist. Was, wenn du bis zum Ende des Schuljahrs keinen Weg für uns zurückgefunden hast? Willst du es dann trotzdem tun?“ Nachdenklich sah Hermine ihn an. „Danach arbeitet er noch eine Zeit für Borgin & Burke's bevor er auf Reisen geht, aber spätestens dann muss ich es versuchen.“ Blaise nickte gedankenverloren. Es herrschte Stille bis er wieder ansetzte. „Was, wenn du sein Schwachpunkt werden würdest?“ Hermine sah Blaise entsetzt an. „Das ist Wahnsinn. Absoluter Wahnsinn.“ „Er hat doch keine Freundin. Ihr müsst sowieso zusammenarbeiten. Man lässt keinen Mensch näher an sich heran als die Person, die man liebt. Er würde Fehler machen. Er wäre verletzbar.“ Hermine schüttelte sich bei dem bloßen Gedanken mit diesem Monster zu flirten. „Anders gefragt: Was hast du zu verlieren?“ Sie hatte nichts zu verlieren. Eine Gefangene der Vergangenheit. Aber die Abscheu vor diesem Kerl war zu groß. Sie wollte nicht seine Freundin werden. Sie wollte ihn leiden lassen. Ihn bluten lassen für all den Kummer und das Leid der Zukunft. „Nein, ich kann nicht. Das schaff ich nicht.“ Blaise berührte sie an der Schulter, als sie den Kopf sinken ließ, um nicht zu zeigen, wie sehr sie gegen die Tränen kämpfte. Er brachte seinen Mund auf die Höhe ihres Ohres. „Wer ist jemals so nah an den dunklen Lord gekommen? Er hat keine engsten Freunde. Keine Vertrauten. Er hat nie jemand an sich rangelassen. Das ist seine Schwachstelle.“ „Warum willst du mir helfen? Du hast doch irgendwelche Hintergedanken.“ Blaise lachte leise auf. „Du bist nicht die einzige Person, die jemand durch diesen Krieg verloren hat. Glaub mir ich war nie einer dieser fanatischen Anhänger. Ich fand es okay, aber es ging mich ja nichts an. So hab ich immer gedacht. Aber es geht mich auch etwas an.“ Hermine war überrascht über die Traurigkeit in seiner Stimme. Wen hatte er wohl verloren? Sie schluckte die Tränen herunter. Was hatten sie schon zu verlieren? „Dann lass uns einen dunkle Lord vernichten.“ ~Kapitel 4 Ende~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)