Inner conflicts von ChiaraAyumi ================================================================================ Kapitel 12: Encouragement ------------------------- Samstag, November 18, 1944 6:41 P.M. „Sind das alle?“, fragte Professor Beery ein wenig enttäuscht. Hermine hatte für diesen Samstag das Vorsprechen für das Theaterstück angesetzt und jetzt saß sie hier mit Professor Beery in einem leeren Klassenzimmer, um sich die Schüler anzuhören. Bis jetzt hatten sich zehn Schüler fürs Vorsprechen eingefunden. Unter anderem Eileen, die Zephir dazu überredet hatte, sich für die Rollen der Amata und des Ritters Sir Luckless zu bewerben, weswegen Zephir nun eher weniger begeistert neben ihr saß. „Wir können noch warten. Vielleicht kommen noch welche“, schlug Hermine vor. Doch sie wusste, dass es sinnlos war noch länger zu warten, da sie schon bereits fast eine Stunde auf mögliche Nachzügler gewartet hatten. Selbst Professor Beery schien das einzusehen. „Wenn die anderen Schüler erstmal dieses Theaterstück gesehen haben, werden beim nächsten Mal sich alle um die Rollen reißen.“ Hermine war sich dessen nicht so sicher, aber sie wollte den Kräutekundelehrer nicht entmutigen, der völlig in seiner Leidenschaft fürs Theater aufging. Das Vorsprechen begann also und Hermine machte sich Notizen ohne wirklich zu wissen, worauf sie achten musste, da sie noch nie Theater gespielt hatte. Sie verließ sich völlig auf Professor Beerys Einschätzungen, der sich angeregt Notizen machte. Hermine fand Eileen ausgezeichnet, die anscheinend ebenfalls völlig ins Theater vernarrt war. Eileen bekam auch sofort die Rolle der Amata zugesprochen und Zephir erhielt schließlich auch die Rolle des Sir Luckless, woraufhin Eileen ihm glücklich um den Hals fiel. Für Altheda fand sich eine Hufflepuff aus der sechsten Klasse und der Rest der Bewerber bekam Statistenrollen für die Anfangsszene zugeteilt. „Fehlt nicht noch die Besetzung für Asha?“, fragte Hermine überrascht Professor Beery. „Für die Rolle hab ich schon jemanden im Visier, der heute nicht vorgesprochen hat!“ „Wen?“, hakte Hermine nach. Sie war schließlich für die Organisation dieses Theaterstücks zuständig. „Ich dachte ehrlich gesagt an sie, Miss Calice. Sie wären perfekt für diese Rolle geeignet.“ Hermine klappte der Mund auf. Sie hatte eigentlich überhaupt keine Lust im Theaterstück mitzuspielen, aber sie konnte sich an einer Hand ausrechnen, wie hoch die Chancen waren eine andere Besetzung zu finden, also stimmte sie widerwillig zu. Sie verabredete mit Professor Beery am nächsten Samstag mit den Proben zu beginnen und verließ dann den Raum, um sich zu Eileen und Sophie zum Lernen zu gesellen. Seit Tagen mied sie den Schulsprecherturm, da sie auf jede weitere Begegnung mit Riddle getrost verzichten konnte. Sie war auch nicht zu den Treffen der Todesser erschienen, obwohl Riddle sie kurz vorher noch eingeladen hatte. Aber sie glaubte, dass sie auch nicht mehr länger von seiner Seite aus erwünscht war. Außerdem war sie auch einfach nur wütend auf sich selbst, weil sie so naiv gewesen war und geglaubt hatte Riddle ändern zu können. Sie hatte geglaubt, dass er fühlen konnte. Das war einfach nur purer Quatsch gewesen und Hermine war, nachdem sie zwischen Wut und Enttäuschung hin und hergeschwankt war, zu ihrem alten Plan zurückgekehrt. Sie würde Riddle umbringen und dann mit Blaise wieder in ihre Zeit zurückkehren. Eileen strahlte sie freudig an, als Hermine den Gemeinschaftsraum betrat. „Ich hab die Rolle bekommen und Zephir auch, ist das nicht perfekt?“ „Du warst auch die Beste“, sagte Hermine, was Eileen noch mehr strahlen ließ. „Ich werde auch mitspielen. Professor Beery wollte unbedingt mich als Asha.“ „Das ist ja super. Das wird richtig gut werden!“ Hermine nickte nur nachdenklich. Sie hatte darauf so gar keine Lust, aber sie würde einfach mitmachen. Vielleicht half es ihr endlich Riddle aus dem Kopf zu kriegen. Am Montag war es Lestrange, der sie offen nach ihrem Fernbleiben von den Treffen fragte. „Du sagtest doch, er hätte dich ausdrücklich eingeladen. Warum bist nicht gekommen?“ „Riddle hat seine Meinung eben wieder geändert.“ Hermine wollte nicht über Riddle reden. Sie wollte es nicht erklären. Also drängelte sie sich an Lestrange vorbei, der sich ihr aber in den Weg stellte. „Warum hat er seine Meinung geändert? Und auf seine letzte Drohung hast du auch nicht gehört!“ „Ich bin es leid nett zu ihm zu sein, wenn er alle fünf Sekunden seine Meinung ändert. Das ist einfach furchtbar und nervig. Darauf kann ich gut verzichten.“ Jetzt zwängte sie sich endgültig an Lestrange vorbei, der sie diesmal auch gehen ließ. Sie wollte einfach nicht über Riddle nachdenken, also sprach sie nicht von ihm und ging ihm aus dem Weg. Wirklich klappen tat es trotzdem nicht. Er war immerzu in ihrem Kopf. Diese Gratwanderung zwischen dem süßen Jungen, der er im Schlaf gewesen war und der grausamen, fiesen Schlange zu der er werden konnte, beschäftigte sie, ließ sie einfach nicht los und verfolgte sie bis in ihre Träumen. Und Hermine hasste sich dafür, dass sie so sehr fokussiert auf Riddle war. „Alles in Ordnung?“, fragte Blaise als er sich neben ihr fallen ließ. Sie hatten Arithmantik zusammen. Hermine hatte Blaise den größten Teil der Geschehnisse anvertraut. Sie nickte. „Alles bestens.“ Blaise nahm es ihr nicht ab. Dafür war er viel zu aufmerksam. Aber immerhin fragte er nicht weiter nach, sondern ließ es auf sich beruhen. Und dafür war sie ihm zutiefst dankbar. „Lass uns nachher weiter Nachforschungen anstellen. Das lenkt ab. Außerdem haben wir bald alle Bücher durch und dann bleiben nur noch die übrig, die viel versprechend klingen.“ Blaises Vorschlag war genau das Richtige. Sie hatte auch keine Lust wieder mit Eileen und Sophie zu lernen, da sie sich überhaupt nicht anstecken ließ von Sophies Fröhlichkeit und ihre Laune nur in den Keller sank, wenn sie mit den zwei zusammen war. Die zwei waren glücklich, so wie es jetzt war und hatte keinen Krieg gesehen. Sie hatte niemanden verloren und sie waren jetzt nicht Jahrzehnte von ihren Freunden getrennt. Hermine fühlte sich als wäre sie wieder ganz am Anfang ihrer Zeitreise. Sie war entschlossen Riddle zu töten und konnte nur daran denken, wie Ron gestorben war. Das einzige, was sich geändert zu haben schien, war ihre Beziehung zu Blaise, der immer mehr zu einem Freund wurde, den sie nicht mehr missen wollte. Doch noch etwas hatte sich geändert, auch wenn sie es ungern zugab. Sie war nicht mehr so wild entschlossen Riddle zu töten, weil sie ihn kennen gelernt hatte. In ihr gab es diesen naiven Teil, der einfach daran glauben wollte, dass Riddle fühlen konnte. Und dieser Teil ließ sie unentschlossener werden. Hermine musste diesen Teil in sich abtöten, wenn sie erfolgreich Riddle töten wollte. Doch wie bewerkstelligte sie das? Und war es das wirklich wert? Würde sie so nicht das Gute in sich töten? Oder zumindest die Hoffnung, dass etwas Gutes in jedem Menschen gab? Hermine fühlte sich gefangen in diesem Konflikt mit sich selbst. Es schien alles so einfach und leicht, doch sich dazu zu überwinden war hart und kompliziert. Sie war sich nicht sicher, ob sie jemals die Kraft dazu haben würde. Wahrscheinlich würde sie zögern und selbst sterben. „Hermine, willst du nicht doch reden?“ Blaise schien in sie hineinsehen zu können. Wahrscheinlich wusste er längst mit welchem Gewissenskonflikt sie kämpfte, weil er ihre Gedanken gelesen hatte. Hermine gab auf, so zu tun, als würde sie das Buch aufmerksam zu studieren, obwohl sie in Wahrheit nicht einen Satz gelesen hatte. „Du siehst wirklich nicht gut aus.“ Blaise strich ihr die Haare aus dem Gesicht und legte die Hand an ihre Stirn. „Du bist ganz blass und du hast leichtes Fieber.“ Sie schüttelte den Kopf, doch Blaise sah sie streng an. „Leg dich lieber hin. So bist du mir auch keine Hilfe. Ruh dich aus und dann sieht die Welt morgen gleich wieder besser aus.“ Er lächelte aufmunternd und Hermine brach plötzlich in Tränen aus. „Das ist eine Lüge. Die Welt sieht morgen nicht besser aus. Es wird einen Krieg geben und so viele werden sterben. Ich könnte etwas tun, aber ich fühl mich so schrecklich. Ich weiß nicht, ob ich es tun könnte. Das ist einfach alles entsetzlich.“ Blaise nahm sie in den Arm und redete beruhigend auf sie ein. In ihr tobte alles. Sie hatte das Gefühl nie wieder Herr über ihre eigenen Gefühle zu werden, die sich gegenseitig bekämpften und ihr alle Kräfte raubten. Sie schien immer mehr zu verzweifeln und es schien kein Ausweg aus dieser Lage zu geben. Hermine wünschte sich mit aller Macht zurück nach Hause, doch es war ein scheinbar endloser Alptraum, der sie hier in dieser Zeit gefangen hielt. „Ich will einfach nur noch zurück. Ich will nicht mehr hier bleiben. Ich will nur noch zurück“, schluchzte sie hemmungslos. „Wir schaffen das. Wir finden einen Weg zurück. Lassen wir Riddle einfach sein und konzentrieren uns nur noch darauf einen Heimweg zu finden.“ Blaise strich ihr übers Gesicht und lächelte sanft, dann zog er sie wieder in seine Arme bis ihre Tränen verebbten und sie sich wieder beruhigte. „Und jetzt leg dich ins Bett. Komm ich bring dich hin.“ Hermine stand auf und wischte sich mit einem Taschentuch die letzten Tränen aus dem Gesicht. Blaise begleitete sie bis zum Schulsprecherturm. „Ruh dich auch wirklich aus. Zerbrich dir nicht den Kopf über irgendetwas, das sich im Augenblick nicht ändern lässt, sondern schlaf einfach mal eine Runde.“ Sie nickte brav und umarmte Blaise noch einmal. „Danke“, flüsterte sie. Er hatte ihr schon so oft auf die Beine geholfen. Hermine kletterte in ihr Bett und kuschelte sich ein. Blaise war wirklich super. Irgendwie musste sie ihm das zurückgeben, was er ihr immer gab. Sie hatte das Gefühl immer auf ihn angewiesen zu sein, doch ihm noch nie eine große Hilfe gewesen zu sein. Er half ihr ohne jemals eine Gegenleistung zu verlangen. Wirklich seltsam für einen Slytherin. Aber sie war ja auch nicht gerade eine typische Gryffindor. Vielleicht arbeiteten sie deswegen so gut als Team zusammen. Mitten in ihren Überlegungen kam endlich der erholsame Schlaf, der dieses Mal ganz auf seltsame Träume verzichtete. Am nächsten Morgen ging es Hermine wieder besser. Sie fühlte sich nicht mehr ganz so schlapp, doch in ihr tobte der Gewissenskonflikt weiter. Trotz Blaises weiser Worte, dass sie sich nicht den Kopf über Dinge zerbrechen sollte, die sie sowieso nicht mehr ändern konnte, dachte sie immer noch an Riddle. Natürlich wäre sie froh einfach nach Hause zurückzukehren, doch sie wusste, es würde an ihr ewig nagen, dass sie hier nichts unternommen hatte, um den Lauf der Zeit zu verändern. Also beschloss sie sich wieder zusammen zu nehmen und einen Plan auszuarbeiten, um Riddle endgültig loszuwerden, damit sie sich keine Vorwürfe machen musste, es nicht wenigstens versucht zu haben und wenn sie starb, dann wenigstens aus gutem Grund. Blaise gegenüber sollte sie es nicht unbedingt erwähnen. Er machte sich schon ohnehin genug Sorgen um sie und sie würde wenigstens das alleine schaffen. Hermine machte sich fertig und ging nach unten. Ihr war aufgefallen, dass Riddle in den letzten Tagen sich nicht mehr morgens seinem Ritual, vor dem Frühstück zu lesen, widmete. Sie hatte zwar nicht direkt nach ihm Ausschau gehalten, aber er war auch nicht mehr beim Frühstück gewesen. Sie ging davon aus, dass er ihr ebenfalls aus dem Weg ging. Darüber war die Braunhaarige auch ganz froh. Es gab zwar noch den gemeinsamen Unterricht, doch dort konzentrierte sie sich einfach auf den Lehrer. Es war eigentlich leicht Riddle aus dem Weg zu gehen, doch leider führte ein gewolltes Ignorieren dazu, dass sie ihn doch so sehr wahrnahm, als ob sie ihn ansehen würde. Und nicht an ihn denken zu wollen, führte zwangsläufig dazu ständig an ihn zu denken. Es war die absolut falsche Methode die ganze Sache zu vergessen. Hermine grübelte auf dem Weg zum Frühstück weiter darüber, wie man eine Person am leichtesten vergessen konnte und kam zu keiner guten Lösung. Also ließ sie sich neben Eileen und Sophie fallen. „Blaise sagte du wärst gestern krank gewesen. Geht es dir wieder besser?“ Hermine nickte und Sophie strahlte sofort wieder. „Das ist schön. Dann leistest du uns heute Abend wieder Gesellschaft?“ Hermine nickte wieder und sah Blaise und Zephir auf den Tisch zukommen. „Geht’s es dir wieder gut?“, fragte Blaise, als er bei ihr ankam. „Alles wieder gut“, antwortete Hermine und setzte ein kleines Lächeln auf. Blaise beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Das ist schön, Schwesterherz.“ Blaise ließ sich neben ihr fallen und wich ihrem fragenden Blick aus. Warum gab er ihr einen Kuss auf die Stirn? Wollte er damit ihre Geschwisterliebe unterstreichen? Oder..? Nein, Blaise empfand ganz sicher nichts für sie. Dafür hatte er immer viel zu deutlich gemacht, was er von Muggelstämmigen hielt. Hermine machte sich wirklich einfach zu viele Gedanken. Wahrscheinlich begann sie sich schon wirklich Dinge einzubilden, die gar nicht da waren. Riddles Gefühle waren ja auch so eine Einbildungssache. Und sie hatte ja schon einmal geglaubt, dass Blaise was für sie empfinden könnte, aber da war sie wegen Riddles Kuss auch völlig durcheinander gewesen und sie war eigentlich immer noch durcheinander. Das war zu einem verdammten Dauerzustand geworden und das war sie so leid. Jetzt sollte das Spiel endlich mal nach ihren Regeln gespielt werden. Hermine suchte den Slytherintisch vergeblich ab. Riddle war nicht zu entdecken. Aber er würde noch früh genug sein blaues Wunder erleben. Doch diese Woche brachte keine Veränderung und so kam der Samstag mit den ersten Theaterproben. Hermine hatte immer noch keinen Plan und ignorierte Riddle nach wie vor, obwohl sie sich vorgenommen hatte, endlich ihr Versprechen einzulösen und weitere Fragen zu stellen. Sie wollte sich nicht verjagen und verschrecken lassen, doch genau dieser Fall war eingetreten und nun musste sie noch einmal komplett von vorne anfangen. „Hermine, du bist nicht bei der Sache. Du hast deinen Einsatz verpasst!“ Eileen sah sie vorwurfsvoll an. Sie standen zusammen mit Amy Clover, der Hufflepuffschülerin, die Altheda spielte, auf einer kleinen Bühne. Sie hatte das Kommando von Professor Beery völlig überhört. Hermine entschuldigte sich und versuchte Riddle aus ihren Gedanken zu verbannen. Sie begannen erneut und Hermine achtete diesmal auf ihre Einsätze. Es lief eigentlich alles ganz gut, aber sie kam sich wie eine miserable Schauspielerin vor. „Sollen wir zusammen nachher den Text noch einmal üben?“, fragte Eileen sie später auf dem Weg zurück zum Gemeinschaftsraum der Ravenclaws. „Ja gern. Du kannst das richtig gut. Ich glaube, dass ich das niemals so hin bekomme wie du.“ „Ach was. Mit ein bisschen Übung bist du genauso gut.“ „Hast du früher schon in Theaterstücke mitgespielt?“ Eileen schüttelte mit einer traurigen Miene den Kopf. „Nein, leider hatte ich noch nie das Glück.“ „Dieses Mal wirst du aber der Star sein.“ Eileen kicherte und umarmte Hermine. „Du bist echt eine tolle Freundin.“ Gemeinsam gingen sie nun zu Sophie, um sich wieder dem Berg Aufgaben zu widmen und andere Sache zu wiederholen, da im Frühling bereits die Prüfungen vor der Tür standen. „Woran denkst du eigentlich ständig?“, fragte Eileen Hermine unvermittelt. „An nichts Bestimmtes“, wich Hermine ihr aus. „Nichts Bestimmtes? Das klingt stark, als wäre da jemand verliebt.“ Sophie kicherte und sah Hermine mit einem breiten Grinsen an, so als hätte sie es erraten. „Ich bin nicht verliebt!“ Hermine schüttelte entrüstet den Kopf. „Das macht es nur noch auffälliger. Um wen handelt es sich denn?“ „Komm schon. Wir sind deine Freundinnen. Uns kannst du es erzählen.“ Sophie und Eileen stürzte sich auf sie und kitzelten sie durch. Hermine schnappte nur verzweifelt nach Luft zwischen ihren Lachanfällen. Irgendwann ließen die beiden von ihr ab. „Also? Wir würden es gern wissen.“ „Ich bin in niemanden verliebt. Ehrlich! Ich hätte es euch doch längst gesagt.“ Eileen und Sophie sahen sie an und nickten dann. „Wir glauben dir.“ „Aber du sagst uns sofort Bescheid, wenn sich da etwas ändern sollte. Ist das klar?“ Hermine nickte ergeben. Nachdem sie noch kurz über mögliche Kandidaten diskutierten, machten sie sich zurück an die Aufgaben. Und Hermine verschwand wieder in ihren Gedanken. Konzentrieren konnte sie sich sowieso nicht. Plötzlich fragte sie sich, ob Sophie vielleicht Recht hatte. Hatte sie Gefühle für Riddle? Das erschien völlig irrwitzig. Schließlich dachte sie nur soviel an ihn, weil sie einen Plan brauchte, um ihn zu vernichten. Es gab keinen anderen Grund, warum sie an ihn denken sollte. Sie musste nur endlich einen guten Plan finden. Doch sie wusste in Wahrheit suchte sie gar keinen Plan, denn einen Menschen töten, ging durch einen einfachen Zauber für den man nur den nötigen Willen besitzen musste. Und dieser Wille fehlte ihr. In Wahrheit suchte sie nur noch Ausreden, um das nicht zu zugeben müssen. Doch noch war sie nicht bereit, sich das selbst einzugestehen. Noch glaubte sie daran, dass sie einen Weg finden würde, um Riddle zu töten. Hermine wusste, dass der Tag kommen musste, an dem sie Riddle wieder über den Weg laufen würde und mit ihm reden müsste. Als Schulsprecherpaar war das kaum zu verhindern und so ging Hermine nun zu Dippet, um ihm den Plan für den Weihnachtsball und dem Theaterstück vorzulegen. Riddle würde natürlich auch dort sein und sie musste sich ihm endlich stellen. Sie kam zu spät und Riddle saß längst auf seinem Stuhl in seiner gewohnten lässigen Haltung. Er sah sie nicht einmal an, als sie den Raum betrat und sich neben ihn setzte. „Miss Calice, wie geht es mit dem Theaterstück voran?“ „Sehr gut. Die Proben verlaufen bis jetzt einwandfrei. Es wird sicher ein voller Erfolg.“ Dippet nickte und sah fast aus, als würde er gleich applaudieren, weil sie so gute Arbeit leisteten. „Mr. Riddle hat mir bereits von ihren Plänen für den Weihnachtsball berichtet. Wirklich sehr gute Arbeit, die sie bis jetzt als Team abgeliefert haben.“ Wenn Dippet nur wüsste, dass sie so gar nicht als Team in den letzten Wochen zusammengearbeitet hatte. Jeder hatte seine eigenen Ideen verfolgt. „Und wie läuft es mit den Verkäufen der Lose?“ „Es wurden bereits viele gekauft. Manche kaufen auch mehrere um ihre Chancen zu erhöhen. Der Losverkauf kommt auf jeden Fall gut an.“ „Sehr schön. Sehr schön. Und was gedenken sie mit den Einnahmen zu machen?“ Jetzt kam der Augenblick. Hermine atmete tief durch. Sie hatte sich das genau überlegt. „Ich dachte daran sie an die Waisenhäuser in London zu spenden, Sir.“ Riddles Blick verdüsterte sich augenblicklich, doch Dippet bemerkte nicht, wie die Atmosphäre im Raum plötzlich in Eiseskälte umschlug. „Sehr schön. Dann wäre ja alles geklärt. Ihr könnt mit euren Vorbereitungen fortfahren.“ Hermine stand langsam auf. Sie brauchte Riddle nicht einmal ansehen, um zu wissen, dass er unglaublich wütend war. Noch tobte diese Wut unsichtbar hinter seiner Maske, die er für Dippet aufgesetzt hatte, doch kaum wenn sie den Raum verlassen hatten, würde diese Maske fallen. Langsam hatte sie das Gefühl, dass sie ein wenig lebensmüde war, wenn sie immer aufs Neue Riddle herausforderte. Das konnte einfach kein gutes Ende nehmen. Während sie die Treppe vom Schulleiterbüro herunter stiegen, schien es immer kälter zu werden, doch noch sagte er nichts. Erst als sie unten angekommen waren, hielt er sie fest. „Was sollte das, Calice?“ Hermine sah in seine dunklen Augen, in denen wieder ein Gewitter tobte. „Ich weiß nicht, was du meinst, Riddle!“, sagte sie betont ruhig. Sie entzog sich seinem Griff und ging einfach weiter auf die Treppe zu, um nach unten in die große Halle zu gehen. Dort musste sie sich noch mit Professor Beery treffen. Doch Riddle folgte ihr und sie drehte sich wütend auf dem Absatz der Treppe um. „Wo liegt eigentlich dein Problem, Riddle? Ich lass dich doch in Ruhe, so wie du wolltest!“ „Ach wirklich? Mir scheint, dass du dich immer noch einmischst.“ In seinen Augen blitzte die Wut auf und er trat einen Schritt auf sie zu. Wie im Reflex trat sie einen Schritt zurück und vergaß völlig, dass direkt hinter ihr die Treppe war. Ihr Fuß fand keinen Halt und sie stürzte nach hinten. Doch Riddle ergriff ihren Arm und zog sie zurück auf den Absatz. Hermine war völlig überrascht und starrte auf seine Hand, die immer noch ihren Arm festhielt. Ihr Blick blieb an den goldenen Ring hängen, der sie an irgendetwas erinnerte. Dann fiel ihr erschrocken auf, wie nah sie gerade Riddle war. „Danke“, murmelte sie und drehte sich um, um die Treppe hinunterzulaufen. Hoffentlich konnte Riddle nicht hören, wie laut ihr Herz schlug und sah nicht, dass sie errötet war. Hermine verfluchte sich für ihre Gefühle, die ihr einfach nicht mehr gehorchen wollten. Der goldene Ring fiel Hermine erst zwei Tage später wieder ein. Sie saß wieder mit Blaise im Raum der Wünsche, um die letzten Bücher zu studieren, die ihnen möglicherweise nach Hause verhelfen konnten. Sie selbst hatte den goldenen Ring nie gesehen, aber sie erinnerte sich plötzlich an Harrys Wörter über die Horkruxe. Der erste Horkrux, den er zerstört hatte, war das Tagebuch gewesen. Der zweite Horkrux war ein goldener Ring gewesen, den Dumbledore zerstört hatte und dabei sich diese Verletzung an der Hand zugezogen hatte. Den goldenen Ring, den Riddle vor der Ermordung seiner Eltern seinem Onkel abnahm. Wie blind war sie bis jetzt gewesen. Es gab bereits zwei Horkruxe. Das Tagebuch und der Ring der Gaunts. Sie konnte Riddle nicht einfach töten. Sie musste sich erst erneut auf die Jagd auf Horkruxe begeben. Plötzlich strömten all die Erinnerungen von der Jagd auf die Horkruxe auf sie ein. „Hermine, alles in Ordnung mit dir? Du bist schon wieder ganz blass im Gesicht.“ „Ich glaube wir haben ein Problem.“ Blaise zog fragend die Augenbraue hoch. „Wir können Riddle nicht einfach so töten.“ „Ich dachte wir wollten uns damit gar nicht mehr beschäftigen.“ Hermine fiel das mit Schrecken auch wieder ein. Sie hatte ja vorgehabt das alleine durch zu ziehen ohne das Blaise davon wusste. „Aber jetzt erklär mir warum können wir ihn nicht einfach töten?“ „Weil er bereits zwei Horkruxe besitzt.“ Sie sah Blaises fragenden Blick, der mit dem Begriff nichts anfangen konnte. Jetzt musste sie ihm alles anvertrauen, doch sie vertraute Blaise inzwischen genug. „Horkruxe sind Gegenstände, in denen man ein Teil seiner Seele einschließt. Stirbt man, bleibt ein Teil der Seele erdgebunden und man kann daher nicht wirklich sterben. Deswegen hat Voldemort auch überlebt und ist zurückgekehrt. Er brauchte nur einen neuen Körper, den er sich in unserem vierten Schuljahr auch wieder verschafft hat.“ Blaise sah Hermine skeptisch an. „Er hat also ein Teil seiner Seele irgendwo eingeschlossen?“ Hermine nickte. „Er hatte sogar mehrere Horkruxe hergestellt. Insgesamt sechs Stück, die man erst zerstören muss bevor man ihn töten kann. Ich hab überhaupt nicht daran gedacht, dass er bereits zwei seiner Horkruxe in seiner Schulzeit hergestellt hat.“ „Also könnten wir ihn nicht töten bevor wir nicht diese zwei Horkruxe vernichten?“ Hermine nickte wieder. „Und du weißt auch was das für Gegenstände sind?“ „Ein goldener Ring, den er trägt und ein alter, schwarzen Taschenkalender.“ Plötzlich fiel Hermine ein, dass sie noch ein Problem hatte. „Aber die Gegenstände können nur durch bestimmte Dinge zerstört werden und da gibt es ein kleines Problem. Es geht entweder durch das Schwert von Gryffindor, das aus dem sprechenden Hut gezogen werden kann, oder durch Basiliskenzähne, die wir aber nicht haben, weil der Basilisk in der Kammer des Schreckens noch lebt.“ „Es gibt die Kammer des Schreckens doch gar nicht“, sagte Blaise verdutzt. Hermine lachte. „Doch die gibt es. Riddle hat sie vorletztes Jahr geöffnet und dabei den Basilisken herausgelassen. Es kam ein Mädchen dabei ums Leben.“ „Und wer war es damals im zweiten Schuljahr bei uns?“ „Das war der Taschenkalender, also Riddles Tagebuch hat Ginny kontrolliert und sie dazu benutzt die Kammer des Schreckens erneut zu öffnen.“ Blaise sah überrascht drein. „Ein Horkrux kann also selbstständig handeln und Menschen zu Dingen zwingen?“ „Ja. Er kann leicht Besitz von einem ergreifen, wenn man nicht stark genug ist dem zu widerstehen. Es handelt sich um schwarzmagische Objekte.“ „Die wir jetzt zerstören müssen, um an Riddle heranzukommen.“ „Genau.“ „Das ist irgendwie verdammt krank seine Seele zu zerstückeln.“ Hermine zuckte nur mit den Schultern. Sie hatte längst einen Plan, wie sie an die Horkruxe herankam. Sie brauchte nur noch ein Mittel, um sie zu zerstören. „Gut. Wann fangen wir an?“ Blaise sah sie voller Tatendrang an und Hermine offenbarte ihm ihren Plan. Hermine hätte niemals gedacht, dass sie einmal freiwillig Riddles Schlafgemach betreten würde. Doch jetzt stand sie hier in seinem Raum und betete, dass er brav zum Unterricht ging und erst in einer Stunde hier auftauchen würde. Normalerweise würde sie auch nie den Unterricht schwänzen. Doch heute war ein Tag der Ausnahmen. Sie konnte sich nur vorstellen, dass Riddle den Taschenkalender hier aufbewahrte. Später würde er ihn Lucius Malfoy anvertrauen, doch noch war Lucius kein Todesser und noch war Riddle Schüler dieser Schule und kein dunkler Lord. Sie bezweifelte, dass er ihn immer mit sich herumtrug. Dafür hatte er den Ring immer bei sich. Sein Tagebuch war der Horkrux gewesen mit dem er am leichtfertigsten umgegangen war, also ging Hermine davon aus, dass er auch jetzt keine großen Sicherheitsvorkehrungen dafür getroffen hatte. Schließlich hatte er noch große Pläne und wollte noch mehr Horkruxe herstellen. Sie versuchte ein Aufrufzauber, doch das Tagebuch erschien nicht. Sie musste sich also mühsam durch Riddles Sachen wühlen. Besonders ordentlich war Riddle scheinbar nicht. Sie begann also systematisch alles zu durchsuchen. Sie kam nur langsam voran und sie bekam Panik, dass sie es nicht rechtzeitig schaffen würde. Mit der Suche wurde sie von Erinnerungen geplagt. Sie musste an die harte Zeit denken, in der sie mit Harry und Ron den Horkruxen hinterher gejagt waren und öfter dem Tod nur knapp entronnen waren. Jetzt musste sie erneut den Tod riskieren, um diese Horkruxe vom Antlitz dieser Welt zu tilgen. Endlich wurde sie fündig. Sie zog den schwarzen Kalender aus einem Stapel Bücher heraus. Es war eine Ewigkeit her seit sie ihn das letzte Mal in der Hand gehabt hatte, um zu überprüfen, ob irgendein magischer Zauber darauf lag, ohne damals zu ahnen, was sie da in den Händen hielt. Diesmal wusste sie es besser. Es sah zwar wie ein harmloser Kalender aus, war aber in Wahrheit eins der gefährlichsten schwarzmagischen Objekte auf dieser Welt. Sie spürte ganz bewusst die dunkle Aura, die davon ausging und wusste plötzlich, dass ein Mensch, der dazu fähig war so etwas herzustellen nie gerettet werden konnte. Riddle war bereits verloren. Er hatte seine Seele bereits gespalten. Da gab es nichts Gutes in ihm. Hermine wusste selbst nicht warum sie plötzlich eine tiefe Trauer überkam. Sie hatte das Gefühl, dass sie um diese arme Kreatur weinen musste, weil es sonst niemanden gab, der um ihn trauern würde. Plötzlich erstarb in ihr die Hoffnung etwas für Riddle tun zu können und sie wusste selber, dass sie sich eigentlich immer gewünscht hatte, ihn nicht töten zu müssen. Doch es gab nur diesen einen Weg. Für den anderen Weg kam sie viel zu spät. Plötzlich hörte sie Schritte und zuckte zusammen. Sie hatte völlig die Zeit vergessen und Riddle war gerade aus dem Unterricht zurückgekommen. Er würde gleich nach oben kommen und sie hier entdecken. Sie konnte sich nirgendwo verstecken. Sie steckte den Kalender in ihren Rock und zog ihr T-Shirt darüber. Hoffentlich merkte er nichts davon. Dann stand Riddle vor ihr. „Was zum Teufel machst du in meinem Zimmer?“ Er hatte den Zauberstab gezückt und Hermine dachte, dass ihr Ende doch eher kam, als sie gedacht hatte. ~Kapitel 12 Ende~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)