Inner conflicts von ChiaraAyumi ================================================================================ Kapitel 16: Atonement --------------------- Freitag, Dezember 29, 1944 4:25 P.M. „Hermine hörst du mir überhaupt zu?“ Blaise fuchtelte mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herum. Sie schreckte zusammen. Schon wieder war sie mit ihren Gedanken abwesend gewesen. Da gab es soviel, das sie beschäftigte, dass ihr Kopf sich anfühlte, als müsste er platzen. Erst ihr Plan in die Kammer des Schreckens zu kommen, dann dazu das Geheimnis um Zephir und zu guter Letzt die geheimnisvolle Aussage von Riddle über Blaise, was es nicht gerade leichter machte klar nachzudenken. Und dazwischen ihre Gefühle für Riddle. So wie Ron einmal gesagt hatte „Soviel kann ein Mensch doch gar nicht fühlen“ und auch bei ihr schien es an der Belastungsgrenze angelangt zu sein. Was war nur mit Blaise? Sollte sie Riddles Aussage Glauben schenken und davon ausgehen, dass Blaise etwas Schreckliches getan hatte? Aber sie konnte Blaise auch kaum fragen, ob er etwas getan hatte, weil sie Angst hatte ihn durch diese Aussage zu verlieren. Sie hatte schon fast alles verloren und sie wollte nicht auch noch Blaise verlieren. Dafür war er ihr zu wichtig geworden. „Ich hab dir zugehört“, antwortete Hermine, obwohl es nicht stimmte. Warum musste Riddle in ihr nur diese Zweifel sähen? Bis jetzt hatte sie Blaise blind vertraut. „Nein, du hast mir nicht zugehört“, seufzte Blaise. „Was beschäftigt dich denn so?“ Hermine verdrehte die Augen. Sie wusste gar nicht, wo sie da anfangen sollte. „Alles irgendwie“, gab sie zu. „Zephirs Drohung macht mich fertig. Ich weiß nicht, wer er ist und was ich gegen ihn ausrichten soll. Dann müssen wir uns darauf konzentrieren in die Kammer zu kommen und zu guter Letzt versteh ich Riddle einfach nicht.“ Blaise setzte sich neben ihr auf das Sofa und sie war froh ihn bei sich zu wissen. „Wir schaffen das schon“, versprach er ihr. „Wir haben bis jetzt alles geschafft.“ Aber Hermine war sich dessen einfach nicht sicher. Riddle hatte es wieder einmal geschafft sie zu verunsichern und Zephir raubte ihr jeden restlichen Nerv. Seine Drohung hatte ihr Angst gemacht und sie fühlte sich gefangen. Riddle und Zephir wollten beide, dass sie sich für eine Seite entschied und Stellung bezog. Aber sie wollte nur die Zukunft verändern und sich nicht in die Kämpfe der Vergangenheit hineinziehen lassen. Hoffentlich war Riddles Bemerkung nur ein mieser Trick gewesen, um sie von Blaise zu entzweien und in seine Richtung zu drängen. Morgen würde sie endlich nach Hogsmeade gehen und die Aufnahme machen. „Wollen wir gleich Sonntag in die Kammer?“, fragte Hermine. Blaise grinste. „Du hast mir wirklich nicht zugehört. Ich hatte gerade vorgeschlagen, dass wir in der Nacht von Montag in die Kammer gehen, wenn alle den Beginn des neuen Jahr mit Feuerwerk feiern. Dann wird Riddle nichts davon mitbekommen und wir töten den Basilisken, holen uns seine Zähne und zerstören die Horkruxe.“ „Riddle wird es aber merken. Wenn wir Glück haben, vermutet er Zephir dahinter, aber er könnte uns auf die Schliche kommen. Wir sollten es erst machen, wenn wir ein Weg zurückgefunden haben.“ Blaise nickte nachdenklich. „Ich hoffe, dass es bald der Fall ist. Die Situation hier wird immer ungemütlicher. Ich würde am liebsten zu den Slytherins ziehen. Zephir kann mich nicht mehr ausstehen und hat es auf mich abgesehen.“ Hermine hatte gar nicht daran gedacht, dass Blaise mit Zephir im gleichen Schlafsaal war und als ihr Bruder längst Stellung zu den Slytherins bezogen hatte. Besorgt sah sie ihn an. „Aber er hat dich nicht angegriffen oder?“ Blaise schüttelte den Kopf. „Und selbst wenn, würde ich ihm erst einmal jedes böse Wort und jede Drohung dir gegenüber heimzahlen, denn ich bin der einzige, der fiese Witze über dich machen darf.“ „Damit hast du aber schon lange aufgehört“, gab Hermine zurück. „Und ich will nicht, dass du dich deswegen duellierst. Ich komme schon klar.“ Blaise grinste nur und fuhr ihr durchs Haar. „Mach dir keine Sorgen um mich, Schwesterherz. Konzentriere dich ganz auf Riddle. Ich kümmere mich schon um den Rest.“ Aber Hermine machte sich Sorgen. So viele Fragen und so viele Ängste machten ihr das Leben schwer. Wenn sie nur wüsste, was Riddle meinte. Sie wollte nicht zweifeln, aber sie fing trotz allem damit an, denn sie begann auch Riddle zu vertrauen. Nur ein wenig, aber es reichte aus, um sie an Blaise zweifeln zu lassen. Hermine versuchte diese vage Aussage von Riddle aus ihrem Kopf zu bekommen und erinnerte sich nach ihrem Treffen mit Blaise daran, dass Sophie ihr versprochen hatte mehr über Zephir herauszufinden. Vielleicht konnte sie sich damit ablenken. Also suchte sie Sophie in der Bibliothek auf, die dort Eileen aus dem Weg ging. Die Stimmung hatte sich in wenigen Tagen seit Weihnachten drastisch verschlimmert. Die große Halle stank immer noch nach verbranntem Holz und die mögliche Auseinandersetzung zwischen Zephir und Riddle heizte diese düstere Stimmung noch mehr an. Hermine hatte das Gefühl wieder zurück in der großen Schlacht um Hogwarts zu sein und mit ansehen zu müssen, wie Unzählige ihr Leben aushauchen mussten. Ihr gefiel diese Atmosphäre so gar nicht. Sie hinterließ bei ihr ein beklemmendes Gefühl. Und nun mussten Sophie, Blaise und sie den Kopf einziehen, um nicht etwas abzubekommen. „Hey Hermine“, begrüßte Sophie sie, als sie sich neben ihr fallen ließ. Selbst hier schien ihr dieser Schatten zu folgen, der auf ganz Hogwarts lag. Die Geschichte sah keinen Kampf in Hogwarts vor, aber wer wusste schon, was Hermine durch ihr Handeln alles veränderte hatte. Vielleicht fand der große Kampf jetzt ein paar Jahrzehnte eher statt. Darauf konnte sie aber getrost verzichten. „Und schon etwas herausgefunden?“, fragte Hermine leise, um zu verhindern, dass jemand möglicherweise doch zuhörte. Sophie seufzte und verdrehte die Augen theatralisch. „Wo bleibt meine Begrüßung?“, fragte sie gespielt beleidigt. „Tut mir leid, ich vergaß. Wie geht es dir heute, mein herzallerliebste Sophie?“, entgegnete Hermine. „Wunderbar. Ich habe zwar das Gefühl, als würde mir hinter der nächsten Rüstung jemanden auflauern, um mir einen Schockzauber zu verpassen, aber ansonsten ist alles in Butter.“ Hermine musste kichern, weil Sophie es so übertrieben betonte, dass es irgendwie schon wieder lustig war. Auch Sophie konnte nicht mehr länger und fing an zu lachen. Es war schön, dass sie noch zusammen lachen konnten und noch nicht alles so dunkel und düster war. Nach einer Weile hatten sie sich wieder beruhigt und Hermine kehrte zum ernsthaften Gesprächsthema wieder zurück. „Weißt du nun irgendetwas? Wenn ich nicht bald mehr über Zephir weiß, dreh ich durch.“ Sie hatte Sophie von Zephirs Drohung erzählt, was auch Sophie ein wenig verstört hatte. Also wusste die Dunkelhaarige von der Dringlichkeit ihres Problems. „Es ist echt schwer etwas herauszufinden“, gab Sophie zu. „Zephir achtet darauf nie etwas über sich selbst zu erzählen, aber ich hab ein wenig von dem erfahren, was wohl im ersten Schuljahr über ihn erzählt wurde. Da hat er wohl noch nicht so sehr auf seine Vergangenheit geachtet.“ Hermine beugte sich neugierig vor. „Erzähl schon. Was hast du erfahren?“ „Er ist wohl von reichen Muggel adoptiert worden und kennt seine richtigen Eltern nicht. Er geht aber davon aus, dass es Zauberer gewesen sind. Er wird sich wahrscheinlich von ihnen im Stich gelassen fühlen. Irgendwann hat er aber behauptet, dass es ein dummes Gerücht wäre und er reiche Zauberereltern hätte und nie etwas mit Muggel zu tun gehabt hätte.“ Hermine war überrascht. Das klang so nach Riddle, auch wenn es eine etwas andere Geschichte war. Zephir war von seinen Eltern weggegeben worden und fühlte sich von ihnen verraten. Er wollte ihnen beweisen, dass er mehr war und dass sie stolz auf ihn sein könnten. Und er wollte auf gar keinen Fall mit seiner Muggel-Vergangenheit in Verbindung gebracht werden, weswegen er behauptete, dass er ein Reinblüter war. Das stank zum Himmel hoch. „Mehr hast du nicht herausgefunden? Nichts über Riddle und Zephir?“, hakte Hermine nach. „Nur ein wenig. Sie haben sich wohl wegen ihrer Vergangenheit gut verstanden und haben gemeinsam Nachforschungen über ihre Eltern angestellt. Darüber sollen sie dann aneinander geraten sein, aber einen genauen Grund kenn ich nicht, da sie keine Freunde zu dem Zeitpunkt hatten und mit niemanden darüber geredet haben. Also kannst du sie nur direkt fragen, wenn du das wissen willst.“ Hermine nickte nachdenklich. Sie hatte schon länger überlegt Riddle darauf anzusprechen. Sie hatte Hoffnungen, dass wenn sie es geschickt genug anstellte, er es ihr erzählen würde. „Ich muss es wohl einfach mal ausprobieren. Aber danke für deine Hilfe“, meinte Hermine. Sophie lächelte und gemeinsam machten sie sich an die Hausaufgaben. Hermine hatte die letzten Tage vermieden länger als nötig mit Riddle im selben Raum zu sein. Sie hatte keine Lust mit ihm zu reden. Er würde von ihr nur wissen wollen, was zwischen ihr und Zephir vorgefallen war, würde sich aber davor drücken über seine Gefühle zu sprechen. Er würde ihr auch nicht sagen, was er wegen Blaise gemeint hatte, was für sie nur ein Grund mehr war wütend auf ihn zu sein. Aber heute würde sie es wagen mit ihm zu reden. Sie wollte nicht mehr im Dunkeln herumtapsen ohne die Richtung zu wissen. Riddle saß wie immer in seinem Sessel und las. Inzwischen hatte sie das Gefühl, dass er auf sie wartete. Zumindest blieb er nur so lange bis sie aufgetaucht war und wenn sie dann in ihrem Zimmer verschwunden war, tat er es ihr nach. Das hatte sie herausgefunden, als sie noch einmal umgedreht war und gemerkt hatte, dass er gerade in seinem Zimmer verschwunden war. Sie fragte sich, was wohl in seinem Kopf vorging. Ob er wohl gemerkt hatte, dass sein Handeln mit seinen Gefühlen für ihr verbunden war. Dieses Mal kam sie herein und setzte sich in den Sessel gegenüber. Das irritiert ihn. Das konnte sie in seinem Gesicht kurz aufblitzen sehen. Schließlich war sie ihm aus dem Weg gegangen. „Du willst also wissen, ob Zephir mir gedroht hat?“, begann sie das Gespräch. „Dann will ich wissen, was zwischen euch vorgefallen ist bevor ich eine Seite wähle. Ich sehe es überhaupt nicht ein als Schachfigur für einen Krieg missbraucht zu werden, von dem ich rein gar nichts weiß.“ Riddles Gesicht verdunkelte sich, als sie ihm so offen klar machte, dass sie nicht tun würde, was er von ihr wollte, solange sie nicht wusste, worum es ging. Hermine hoffte, dass sie den richtigen Weg gewählt hatte. Sie musste einfach wissen, was passiert war, denn sonst wusste sie nicht, was sie nun tun sollte. War Zephir nun wirklich der Böse in dieser Geschichte? Riddle sprach betont ruhig, als er ihr antwortete. „Das geht dich nichts an. Du solltest dich nur von ihm fernhalten.“ „Und warum?“, fragte Hermine, auch wenn sie wusste, dass es Riddle weiter provozierte. Noch blieb er aber betont gelassen, was nur noch deutlicher machte, wie wütend er eigentlich war. „Tu einfach, was ich dir sage. Und wenn nicht, dann bist du einfach dumm, Calice. Halte dich da raus und tu deinen Pflichten als Schulsprecherin. Mehr erwartet keiner hier von dir.“ Sie fühlte sich behandelt, als wäre sie ein kleines Mädchen, das von den großen Sachen sowieso nichts verstehen würde und die einfach artig zuhause warten sollte, während um sie herum ein Krieg tobte. „Nicht mit mir“, drohte Hermine und sprang auf. „Ich bin keine verdammte Schachfigur. Nenn mich meinetwegen dumm, aber ich weiß, dass hier etwas läuft und ich will gefälligst wissen, was das ist. Und wenn ich dafür Zephir fragen muss, dann tu ich das, auch wenn er mir gedroht hat. Aber du drohst mir ja auch ständig. Also ehrlich, darauf hab ich keinen Bock mehr!“ Sie sah Riddles verdutzten Gesichtsausdruck, als sie einfach ihrer Wut Luft machte. „Ich bin kein kleines wehrloses Mädchen. Wenn mir jemand dumm kommt, dann zeig ich ihm, wo es lang geht. Und euer kleiner Streit scheint so kindisch zu sein. Wahrscheinlich wisst ihr gar nicht mehr worum es mal wirklich ging. Was hat Zephir gemacht? Deinen Teddybär kaputtgemacht?! Ihr seid solche Idioten. Ich frage mich ehrlich manchmal, ob das hier ein Irrenhaus ist. Seid ihr alle hier wahnsinnige Massenmörder?! Mir reicht es auf jeden Fall!“ Wütend stürmte Hermine fort und ärgerte sich über sich selbst. Wieder war sie kein Stück schlauer, aber es hatte wenigstens gut getan, ihrer Wut Luft zu machen. Hermine lag in ihrem Bett und konnte nicht einschlafen. Diese düstere Atmosphäre machte ihr zu schaffen. Morgen würde sie zumindest mal in ihrem Plan in die Kammer zu gelangen vorwärts kommen. Und in der Nacht zum Montag würden sie in die Kammer gehen und den Basilisken töten. Hermine war nur ein einziges Mal dort unten gewesen. Zusammen mit Ron. Der Schmerz kam plötzlich. In all den Wirren hatte sie kaum noch an diesen Augenblick gedacht. Dabei hatten sie sich gerade ihre Gefühle füreinander eingestanden und sie hatte Ron zum ersten Mal geküsst. Dieser Moment hatte ihr soviel Kraft gegeben. Auch wenn der Krieg um sie herum getobt hatte, war Ron für sie da gewesen.Er hatte ihre Hand gehalten und sie verteidigt. Nach Jahren der Freundschaft hatten sie im finstersten Augenblick zueinander gefunden. Und dann war alles vorbei gewesen. Nur weil ein Todesser ihren Weg gekreuzt hatte, der nichts von der Schonzeit von einer Stunde gewusst hatte. Der einfach den Todeszauber gesprochen hatte und ihr die gerade entdeckte Liebe genommen hatte. Ron, den sie ihr halbes Leben geliebt hatte. Hermine überkamen die Tränen. Was war es nur für eine Ironie, dass sie sich jetzt in den dunklen Lord persönlich verliebt hatte und darüber nachdachte ihn nicht zu töten? Es war so selbstsüchtig von ihr, Riddle nicht töten zu wollen. Er hatte es verdient. Selbst wenn er fühlen konnte, hatte er es für all dieses Leid wirklich wahrhaftig verdient. Sie sollte nicht so denken, aber sie tat es. Riddle zu töten würde ihr die Genugtuung verschaffen, die sie brauchte, um über Rons Tod hinwegzukommen. Wenn sie Riddle bekehren wollte, würde sie vermutlich noch Jahre dafür brauchen und würde hier festsitzen. Es war so viel einfacher ihn zu töten und in ihre Zeit zurückzukehren. Aber wie würde sie sich fühlen, wenn sie es tat? Konnte sie damit leben? Keiner würde das Opfer verstehen, dass sie dann erbracht hatte, weil sie sich niemand an einen Bösewicht namens Voldemort und einen schrecklichen Krieg erinnern würde. Auf einmal wurde Hermine klar, dass sie wahrscheinlich nicht in die neue Zukunft passen würde. Sie hatte all diese Erinnerungen. Sie erinnerte sich an Rons Tod. An den Krieg. Würden diese Erinnerungen verschwinden, wenn sie durch die Zeit reiste? Würde sie sich nicht mehr daran erinnern können, was sie getan hatte? Das machte ihr Angst. Vielleicht sollte sie doch hier bleiben und Riddle bekehren, aber dann würde sie nie zurückkehren können. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf übermannte sie der Schlaf. Und sie träumte von dieser Nacht in Hogwarts. Sie sah den Todesser. Sah seine blutende Wunde am rechten Arm und den erhobenen Zauberstab, der auf sie zielte. Sie wollte schreien und Ron beiseite ziehen, doch sie war unfähig etwas zu tun. Wieder schoss der grüne Strahl aus dem Zauberstab und Ron fiel in sich zusammen. Sein Gewicht drückte auf sie, als der Todesser auf sie zukam. Für einen kurzen Blick erhaschte sie ein Blick auf seine Augen, die sich hinter der Maske verbargen. Ihr Herz blieb stehen, weil sie diese Augen wieder erkannte. Der Todesser wurde von einem Geräusch abgelenkt und wandte sich ab. Hermine blieb fassungslos zurück und erwachte. Sie wusste nicht, ob ihr Kopf ihr einen Streich gespielt hatte oder ob es ein Bruchstück war, an das sie sich plötzlich wieder erinnerte. In diesen dunklen Augen hatte sie schon so oft geblickt und in ihnen Stärke gefunden. Es war unmöglich. Aber plötzlich zählte sie eins und eins zusammen. Natürlich war es absolut im Bereich des Möglichen. Sie hatte es nur wegen ihrer Trauer und ihres Hass nicht bemerkt. Es war ihr damals schon seltsam vorgekommen, aber sie hatte es nie zu Ende gedacht. Sie erinnerte sich an die Narbe auf seinem rechten Arm. Alles in ihr sträubte sich noch gegen ihre Erkenntnis. Sie wollte es nicht laut denken. Nicht alles zusammenfügen, um die Wahrheit zu sehen. Riddle hatte Recht gehabt, schoss ihr durch den Kopf. Es gab etwas, was sie nicht wusste. Und nun gestand sie es sich zu denken. Blaise war der Todesser, der Ron getötet hatte. Kaum war der Gedanke geformt, konnte Hermine ihn nicht mehr zurücknehmen. Selbst wenn es falsch war, saß es jetzt fest in ihrem Kopf. Aber alles erschien auf eine schreckliche Art und Weise logisch. Blaise war in der Nähe gewesen, als der Zauber sie in die Vergangenheit gesetzt hatte. Der Todesser müsste sich im unmittelbaren Umfeld des Büros aufgehalten hatten, da er nicht hätte disapparieren können. Sie hatte sich immer gewundert, warum Blaise dort gewesen war. Er musste die Zeit genutzt haben, um sich zu säubern und seine Wunde zu verschließen. Hermine war zu schockiert, um klar zu denken. Blaise hatte sich ganz normal mit ihr unterhalten, als wäre nichts geschehen. Ob er geplant hatte, sie auch zu töten? Hermine durchlief ein Schauer. Sie sollte aufhören darüber nachzudenken. Sie musste mit Blaise reden. Ihn damit konfrontieren. Sie wollte nicht schlecht von ihm denken. Er war für sie da gewesen, hatte ihr geholfen. Vielleicht bereute er es. Vielleicht wollte er es wieder gut machen. Aber das änderte nichts an dem Wissen, dass er ihr Ron genommen hatte. Er hatte ihn einfach getötet. Einfach so. Was sollte sie jetzt nur tun? Es war schon fast morgen. Sie musste mit Blaise reden, aber das konnte sie nicht im Gemeinschaftsraum der Ravenclaw tun. Sie musste sich jetzt zusammenreißen. Möglicherweise war es doch nur ein Traum und es lag alles an ihren Zweifel durch Riddles Aussage. Hermine zwang sich aus ihrer Schockstarre zu erwachen und sich anzuziehen. Blaise und sie wollte sich im Raum der Wünsche treffen, um gemeinsam nach Hogsmeade zu gehen. Vielleicht kam er schon eher oder er hatte dort wieder geschlafen, um Zephir aus dem Weg zu gehen. Sie wollte nicht glauben, dass er so etwas getan hatte. Also brauchte sie Gewissenheit, die sie nur bekam, wenn sie mit ihm redete. Würde er es abstreiten? Wie würde sie reagieren, wenn es die Wahrheit war? Hermine musste sich zwingen nicht noch länger darüber nachzudenken, sondern die Treppe hinunterzugehen. Riddle war noch nicht wach, was sie beruhigte. In ihrem Zustand konnte sie ihn nicht gebrauchen. Ihre Schritte beschleunigten sich, weil sie es hinter sich bringen wollte. Sie rannte dreimal auf und ab vor dem Wandvorhang bis die Tür erschien. Blaise hatte wirklich hier geschlafen. Er war gerade dabei sich sein Hemd anzuziehen, als sie hereingestürmt kam. Überrascht drehte er sich um. „Hermine, was ist…“, fing er an, als er ihren Gesichtsausdruck sah. Hermine zwang sich jedes einzelne Wort ganz ruhig auszusprechen. „Hast du Ron getötet? Warst du der Todesser, den wir in diesem Gang getroffen haben? Ist das der Grund, warum du in der Nähe warst, als wir in der Zeit zurückgereist sind?“ Sein schockierter Gesichtsausdruck war ihr schon Antwort genug. Er sah aus, als hätte sie ihn auf frischer Tat beim Stehlen von Süßigkeiten ertappt. Nur hatte er keine Süßigkeiten gestohlen, sondern ein Leben ausgelöscht. „Hermine, ich wollte das nicht“, versuchte er die Situation zu retten. „Ich wollte niemanden töten.“ Doch keine seiner Worte erreichten sie, denn sie sah nur das, was geschehen war und nichts konnte mehr etwas an diesem Wissen ändern. „Wie konntest du nur?!“, schrie sie ihm ins Gesicht. „Ich hab dir vertraut und du hast meinen Freund getötet. Wie konntest du es nur wagen mir ins Gesicht zu sehen ohne dich dafür zu schämen?!“ Da war plötzlich all diese Wut in ihr, die sie vorher für Riddle gehabt hatte, aber jetzt wollte sie Blaise töten für das, was er getan hatte. Sie war zutiefst verletzt und entsetzt. Sie hatte ihm wirklich vertraut. Sie hatte ihn gemocht und sich an den Gedanken gewöhnt ihn als Bruder zu haben. Dabei hatte er die ganze Zeit dieses dunkle Geheimnis vor ihr gehütet. Er hatte wirklich Ron getötet. Sie fühlte diese Ratlosigkeit und Verzweiflung in ihr. Warum verlor sie nur immer alles? „Ich will dich nie wieder sehen“, zischte sie. „Komm mir nie wieder unter die Augen, wenn dir dein Leben lieb ist.“ Sie sah Blaises Entsetzen und konnte erkennen, dass sie ihn nun verletzt hatte, aber das erschien ihr nur gerecht. Sie wollte Blaise nicht töten, auch wenn sie es am liebsten getan hätte. Doch er war immer noch der einzige Mensch hier, der aus ihrer Zeit stammte und Hermine hatte Angst davor alleine hier zu bleiben. Sie wollte nicht mehr alleine sein, aber sie konnte auch zeitgleich nicht den Gedanken ertragen, dass ausgerechnet der Mörder ihres Freundes ihre einzige Bezugsperson zu ihrer Zeit war. Hermine wollte Blaise nie wieder in die Augen sehen, aber seine Anwesenheit würde sie trotzdem beruhigen und dafür hasste sie ihn. Und wenn sie es nicht schaffte die Vergangenheit zu ändern, würde sie ihn dafür töten. Hermine drehte sich um und rannte fort. Hermine schaffte es irgendwie zurück zum Schulsprecherturm. Irgendwann hatten die Tränen angefangen ihr die Sicht zu nehmen und ihre Wut wurde durch die schreckliche Erkenntnis ersetzt, die alles in ihr zu durchdringen erschien. Der Schmerz war unermesslich stark und schien sie zu zerreißen wollen. Es fühlte sich an, als würde sie Ron ein zweites Mal verlieren. Als würde sich der Boden unter ihren Füßen auftun und sie mit sich herunterziehen. Blaise hatte Ron getötet hallte es immer wieder durch ihren Kopf. Sie wusste tief in ihrem Inneren, dass er es wirklich bereute und ihr deswegen auch half. Jetzt verstand sie zumindest den Grund, warum er sich so leicht überzeugen lassen hatte und so schnell mit daran gearbeitet hatte, den dunklen Lord zu töten. Aber ihr Wissen, dass er es gewesen war, der Ron in der Zukunft getötet hatte, brachte sie um den Verstand. Es war noch nicht geschehen, aber für sie war es passiert. Sie hatte Ron verloren und es war alles wegen Blaise gewesen. Hermine stolperte fast über die Stufe in den Gemeinschaftsraum der Schulsprecher. Durch ihren Tränenschleier erkannte sie gerade so Riddle, der auf seinem normalen Platz saß. Und sie wurde wütend, weil er durch seine Aussage ihr Erinnerungsvermögen angestachelt hatte, sich an diese Szene zu erinnern. Weil er sie zweifeln lassen hatte. Warum hatte er nicht einfach nichts sagen können? Ihr wäre lieber gewesen, dass sie nie erfahren hätte, wer der Todesser gewesen war. „Du bist an allem schuld“, spie sie Riddle entgegen. „Es ist alles deine Schuld!“ Diese Worte waren so wahr. Riddle war an allem in der Zukunft schuld, er war auch für das jetzige Chaos verantwortlich. Wenn es ihn nicht gäbe, würde nichts davon passieren. Riddle sah sie völlig fassungslos an und schien überfordert damit zu sein, wie er auf sie reagieren sollte. Das sorgte dafür, dass sie sich wieder besann und nicht ihren Zauberstab zog, um ihn auf der Stelle zu töten. Stattdessen ließ sie sich aufs Sofa fallen und weinte hemmungslos weiter. Das war endgültig zu viel für sie. Irgendjemand musste es wirklich schlecht mit ihr meinen, wenn sie so bestraft wurde. Riddle setzte sich nach einem Augenblick neben sie. „Erzähl mir, was passiert ist“, forderte er in seiner typischen Befehlsstimme auf. Das er jetzt noch den Nerv hatte, ihr etwas zu befehlen. Hermine gab ihm keine Antwort, auch wenn sie sich wünschte, dass er sie einfach in den Arm nahm, um sie zu trösten. Aber das war lächerlich. Riddle hatte vermutlich nicht einmal eine Ahnung, was er tun musste, um einen anderen Menschen zu trösten. Schließlich war er ein gefühlskalter Arsch. „Was ist passiert?“, fragte er nun in seiner charmanten Stimme. Sie blickte nicht einmal auf. „Calice“, drohte er kurz bevor er überfordert aufgab. Aber er blieb neben ihr sitzen. Er ging nicht weg und irgendwie tröstete Hermine das schon ein wenig. Ein Mensch blieb bei ihr und ließ sie nicht alleine zurück. Und das gab ihr den Anstoß zu ihm herüberzurutschen. Sie wollte ihn bei sich wissen. Sie hatte Angst, dass er aufstehen würde, doch er blieb immer noch. Hermine wollte ihn nicht darum bitten sie in den Arm zu nehmen. Es reichte ihr direkt neben ihm zu sitzen und sie beruhigte sich langsam wieder. Der Schmerz in ihrer Brust war nicht mehr ganz so unerträglich. „Calice“, flüsterte Riddle. „Du bist echt unerträglich.“ Das brachte Hermine sogar zum Lächeln unter all den Tränen. Es war ein so typischer Riddlesatz, der aber überhaupt nicht böse gemeint erklang. „Danke“, wisperte sie zurück und erlaubte sich an Riddle anzulehnen. Er lehnte sich zurück, schob sie aber nicht von sich. Sie konnte sein Grinsen fast spüren, während sie seinem verräterisch klopfenden Herz lauschte. „Du hast dich längst für eine Seite entschieden“, meinte er. „Du kannst gar nicht anders als bei mir zu bleiben egal wie sehr du dich dagegen wehrst.“ Und damit hatte er wohlmöglich sogar Recht, aber jetzt für diesen Augenblick wollte sie nur bei ihm sein, weil es keinen anderen Menschen gab, bei dem sie lieber wäre. Das war wirklich eine komische Sache, denn er war wirklich der Auslöser für alles. Aber sie war rettungslos in ihn verliebt und verzieh es ihm seltsamerweise, denn er war jetzt hier bei ihr und das reichte ihr völlig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)