Suara von Meeararn (Da Capo al Fine) ================================================================================ Kapitel 63:   Träume nicht dein Leben – Lebe deine Träume --------------------------------------------------------- Es war Sonntagmorgen als Chika die Tür öffnete zusammen mit Sukao um ihre älteren Geschwister zu begrüßen. Chika fiel Suara sogleich um den Hals, als diese durch das Haupttor kam. Sie war unendlich glücklich ihre Schwester wieder zu sehen. Sie hatte ihr so gefehlt. Sukao und Shikao nickten sich nur zu, wie immer. Suara fand, dass die beiden Brüder ruhig mal etwas netter zu einander sein konnten. Immerhin hatten sie nur sich. Irgendwann würden sie das schon bemerken. Sie gingen alle hinein und Shikaos Mutter ließ auch die Koffer hineintragen und wies sofort einige Dienstmädchen an, die Reinigung zu übernehmen. Suara hatte frei, da sie gerade erst nach Hause gekommen war. Aber sie kam nicht umher, sich noch einmal ausgiebig bei der Familie Taneda zu bedanken, da sie ohne deren zu Tun niemals hätte fahren können. Doch Frau Taneda versicherte Suara, dass es kein Problem wäre und sie doch bitte aufhören sollte, sich zu bedanken und für angebliche Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Suara war das peinlich. Sie hatte niemals gerne geldliche Hilfe annehmen wollen. Sie wollte es wieder gut machen, wusste aber, dass ihr dafür wohl keine Zeit mehr bleiben würde. Suara setzte sich auf ihr Bett und betrachtete auf ihrer Digitalkamera die Bilder, die sie in der vergangenen Woche gemacht hatte. Sie spürte ein Brennen in den Augen und merkte dass sie dabei war zu weinen. Sie seufzte. Sie würde sie alle vermissen. Naja, was hieß schon vermissen. Sie würde nach ihrem Tod wohl nichts mehr merken oder vermissen können. Oder doch? Würde Achilea sie in ihrer Welt gefangen halten und dem ewigen Leben hinzuführen, sowie ihrer Vorgängerin, dem Mädchen in dem kleinen Haus? Sie schauderte. Das wollte sie nicht. Sie wollte nicht in der Ewigkeit gefangen sein. „Nee-san? Hast du Fotos gemacht?“ Suara sah zur Tür. Ihre kleine Schwester war natürlich neugierig darauf alles zu sehen. „Ja hab ich. Aber man kann es nur auf dem kleinen Bildschirm hier sehen.“ „In meinem Zimmer steht ein Laptop, Kitty. Schließ deine Kamera da an und zeig ihr die Bilder da.“ „Shikao?“ Suara lächelte und nickte. Dann nahm sie Chikas Hand und ging mit ihr zu Shikaos Zimmer um den Laptop einzuschalten und ihrer Schwester die Erinnerungen zu zeigen, die sie machen durfte. Shikao war den beiden nicht gefolgt. Suara zeigte ihrer Schwester alle Bilder, darunter waren Landschaftsbilder, Sehenswürdigkeiten aber hauptsächlich Gruppenbilder oder Fotos mit ihren Freunden, von ihren Freunden. Bilder, wo sie alle zusammen Spaß hatten. Ob beim Grillen oder in der Stadt oder am Strand. Suara musste stark dagegen ankämpfen nicht zu weinen. Sie wollte nicht weinen. Sie wollte nicht, dass Chika sich Sorgen machte. Sie hatte noch nicht darüber nachgedacht, wie sie es ihrer Schwester am besten erklären sollte, dass sie bald nicht mehr da sein würde. Das würde wohl das Schlimmste werden, was sie in den nächsten Tagen noch machen musste.   „Bist du sicher, dass du nicht zu Hause bleiben willst, bei Chika?“ Shikao runzelte die Stirn, als er sah wie Suara die Treppe in ihrer Schuluniform hinunterkam. „Was bringt das? Chika geht doch auch zur Schule und außerdem will ich nicht fehlen. Ich will mit den Anderen noch Zeit verbringen, so viel wie möglich.“ Shikao nickte. Heute war Sport. Irgendwie freute sich Suara zum einen darauf aber zum anderen fürchtete sie sich auch. Was war, wenn ihr Körper nicht mehr diese Leistungen erbrachte wie vorher? Sie hatte sich bisher nicht verausgaben müssen und so wusste sie nicht wie ihr Körper unter einer derartigen Belastung arbeitete. Oder eben nicht arbeitete. Gisang würde sie wohl wieder herausfordern wollen und somit hatte sie allen Grund ihr Bestes zu geben, denn Gisang war in Topform. Sie wusste, dass die Chinesin selbst auf der Klassenfahrt jeden Morgen und Abend ihre Übungen gemacht hatte. Suara hatte dafür keinen Sinn gesehen, davon mal abgesehen, hatte sie nie solche Dinge getan, sie war einfach schnell gewesen. Den Katzen Genen sei Dank. Doch bereits bei den aufwärmenden Ausdauerrunden bemerkte Suara ihre schlechte Kondition und Ausdauer. Sie kam schnell ins Schwitzen und Keuchen. Außerdem taten ihre die Beine, die Schienbeine leicht weh. Ein leichtes Brennen, dass sich, je länger sie lief, immer höher zog. Sie blieb stehen und rieb sich die Beine. Der Trainer kam besorgt zu ihr. „Ist alles okay? Du bist langsamer geworden. Ich hoffe du hast dir nichts gezerrt.“ Suara schüttelte den Kopf. „Nein es ist nichts. Ich bin nur nicht so in Form, da ich nicht trainiert habe. Ich werde sicherlich Muskelkater bekommen.“ Sie überspielte den Schmerz mit einem Lächeln und gesellte sich dann zu den Anderen für die Dehnübungen. Gisang beobachtete sie sorgfältig. Shikao, Takuma und der restliche Rattenschwanz, außerdem Ikami hatten sich auf die Tribünenreihen gesetzt und sahen dem Team beim Training zu. Sie hatten gerade Freistunde. Der Trainer forderte immer zwei zu einem Sprint auf 100 Meter raus. Suara und Gisang wurden wie immer zusammen gesteckt, da sonst keiner mit den beiden mithalten konnte. Der Startschuss wurde gegeben und Suara und Gisang waren anfangs gleich auf, doch Suara legte schnell vor und lief an der Spitze. Doch plötzlich durchfuhr ihren Körper, allen voran ihre Beine ein beißender Stich, der höllisch brannte und sie brach im Rennen zusammen. Gisang lief an ihr vorbei und ins Ziel. Dort angekommen, drehte sie sich um und sah zu Suara. Sie lag auf dem Bauch und drehte sich gerade um, um sich zu setzen. Sie rieb sich die Beine. Der Trainer und auch Shikao waren bereits zu ihr gelaufen. „Hast du dir wehgetan?“ Suara schüttelte den Kopf. „Ich hab mich nur nicht richtig aufgewärmt und einen Krampf bekommen.“ Der Trainer stand auf und meinte er würde einen Verbandskasten holen, da sich Suara beiden Knie aufgekratzt hatte bei ihrem Sturz und auch ihre Handflächen hatten leichte Schürfwunden. „Kannst du aufstehen?“, wollte Shikao wissen. Suara schüttelte den Kopf. „Ich spür… Ich spür meine Beine nicht mehr. Kein Schmerz. Bis eben haben sie noch wehgetan, wenn ich gelaufen bin, jetzt spür ich nichts mehr und so sehr ich mich auch anstrenge, ich kann sie nicht bewegen.“ Suara flüsterte. Sie wollte nicht dass irgendjemand, außer Shikao sie hören konnte. Dieser seufzte und hob sie hoch. „Ich bring dich rein. Da kannst du dich umziehen.“ Vom Lehrer ließ er sich noch den Sanitätskasten geben und verschwand dann mit Suara in den Umkleiden.   Gisang und die Anderen blieben ratlos zurück. „So schlimm waren ihre Knie nicht verletzt, dass er sie gleich tragen muss. Prinzeschen.“ Takuma hörte, was die Mädchen aus dem Leichtathletikteam sagten. Klar, sie wussten nichts von Suara. Den ganzen Tag, trug Suara ein Base-Cap um ihre Ohren zu verbergen und ihren Schwanz versteckte sie in der Hose oder ihm Rock, zusammen gehalten mit einem Haargummi, sodass er sich nicht ausversehen aufrollte und ihn jeder sehen konnte. Sie wussten nichts von der Krankheit. Nichts davon, dass Shikao ihr bereits seine Liebe gestanden hatte. Und Takuma nahm an, dass sie von all dem auch nie etwas erfahren würden. Er sagte nichts zu ihnen. Gisang hingegen war wütend. Sie wollte ihre Konkurrentin nicht verlieren. Sie ging zu Takuma. „Das war kein Krampf oder?“ Takuma schüttelte den Kopf. „Es war als würden ihre Füße sich nicht mehr vor den anderen setzen lassen. Sie kippte einfach nach vorn. Sie kann froh sein, dass ihre Reflexe ihr Gesicht mit den Händen hat bedecken lassen. Ich nehme an, dass das mit dem Knochenabbau zu tun hat.“ Gisang seufzte. Also würde Suara nicht mehr laufen können? Würde sie jetzt einen Rollstuhl oder Krücken brauchen? Rennen war jedenfalls nicht mehr drin. Soviel war Gisang klar.   „Es scheint sich beruhigt zu haben.“ Suara stand in der Umkleide und suchte sich ihre Sachen raus. Sie konnte laufen aber sie fühlte sich leicht wackelig auf den Beinen. Shikao beobachtete sie. „Du solltest dich nicht mehr so hart beanspruchen oder dein Körper zerbricht.“ Suara nickte. Sie drehte sich zu ihm um. Sie weinte. „Das ist nicht fair. Alles was ich liebe, geliebt habe, zerfällt vor meinen Augen. Alles auf dieser Welt was ich habe und hatte vergeht. Warum muss gerade mir das passieren. Und warum jetzt?!“ Shikao ging zu ihr und nahm sie fest in den Arm. Er konnte spüren wie sie zitterte. „Endlich. Endlich weinst du mal. Es ist vollkommen natürlich, dass du Angst hast. Klar, du bist stark, das stärkste Mädchen dass ich kenne. Aber dennoch bin ich froh dass du endlich weinen kannst.“ Seine Stimme klang sanft in ihren Ohren und sie fühlte sich geborgen. Sie wollte nicht sterben. Sie wollte bei ihm sein. Für immer. Sie wollte nicht, niemals, von seiner Seite weichen.   Einsamkeit, mein Kind Dies ist eine Tugend Geliebt zu werden, mein Kind ist ein Geschenk. Hüte es gut. Bewahre es in deinem Herzen Und es wird deine Kraft um alle Widrigkeiten zu bestehen. Du willst nicht sterben? Doch du musst! Du willst bei ihm sein? Du willst nicht von seiner Seite weichen? Der Wunsch sei dir gewährt.   Eine Stimme in Suaras Kopf hallte wieder, die ihr sehr vertraut war. Achilea. Würde die Gute sie retten, zurückholen, so wie sie es bei den beiden Jungen im Horrorhaus getan hatte. Gott, Suara hoffte es so sehr, bezweifelte es aber, da es in ihrem Fall keine Ermordung sondern ihre Krankheit war, die ihr das Leben nahm. Sie schob Shikao etwas von sich und meinte dass sie zurück zu den Anderen gehen sollten, damit die sich keine Sorgen machen würde. Er nickte nur und hielt ihre Hand. „Lass los.“ „Ist es dir peinlich?“ „Was? Nein, das nicht. Aber…“ „Du hast Angst, dass die Anderen über dich reden. Aber das werde ich zu unterbinde wissen. Alle sollen wissen, dass du meine Freundin bist und keine Andere eine Chance bei mir hat.“ Er grinste. Und Suara kam nicht umher, zu lächeln. Er gab ihr Kraft mit seiner Zuversicht und seinem niemals endenden Selbstvertrauen. Und so gingen die beiden zurück auf den Sportplatz. Shikao hielt Suara um die Hüfte gefasst. Zum einen um allen zu zeigen, wem dieses Mädchen gehörte und zum anderen wollte er sie stützen, da sie immer noch schwach auf den Beinen war. Alle sahen die beiden an und fingen an zu tuscheln, und obwohl Suara sie deutlich verstehen konnte, blieb sie dicht bei Shikao stehen. Er hatte Recht. Er hatte sie gewählt und warum sollte sie sich jetzt noch darum kümmern, was andere Leute von ihr dachten.   Der Nachmittagsunterricht war besonders anstrengend für sie. Die sommerliche Hitze brachte Suara ins Schwitzen und sie fühlte sich körperlich noch schwächer als noch am Vormittag. Also entschuldigte sie sich und legte sich im Krankenzimmer auf die Liege um sich etwas auszuruhen. Sie schloss die Augen und schlief kurze Zeit später ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)