Der kluge Elias von Mahadevi ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Der kluge Elias Es waren mal ein Mann und eine Frau, die hatten einen Sohn, dieser hieß der kluge Elias. Und als der kluge Elias zum Manne gereift war, wollten sie ihn verheiraten. Da kam eines Tages von weit her ein junger Bursche namens Hans. Dieser verliebte sich sofort in den schönen und klugen Elias und hielt um seine Hand an, er machte aber die Bedingung, dass der kluge Elias auch recht gescheit wäre. „O,“ sprach der Vater, „der hat Zwirn im Kopf,“ und die Mutter sagte „Ach, der sieht den Wind auf der Gasse laufen und hört die Fliegen husten.“ „Ja,“ sprach der Hans, „wenn er nicht recht gescheit ist, so nehm ich ihn nicht.“ Also ladeten die stolzen Eltern den Jungen Hans zum Essen in ihr Haus, und wie sie da so saßen und aßen, sprach die Mutter „Elias, geh in den Keller und hol Bier“ Da nahm der kluge Elias den Krug von der Wand, ging in den Keller und klappte unterwegs brav mit dem Deckel, damit ihm die Zeit ja nicht lang würde. Als er unten war, holte er ein Stühlchen und stellte es vors Fass, damit er sich nicht zu bücken brauchte und seinem Rücken etwa nicht wehe täte und unverhofften Schaden nähme. Dann stellte er die Kanne vor sich und drehte den Hahn auf, und während der Zeit, dass das Bier hineinlief, schaute er sich um, sah oben an die Wand hinauf und erblickte nach vielem Hin- und Herschauen eine Kreuzhacke gerade über sich, welche die Maurer da aus Versehen hatten stecken lassen. Da fing der kluge Elias an zu weinen und sprach „Wenn ich den Hans kriege, und wir haben ein Kind, und das ist groß, und wir schicken das Kind in den Keller, dass es hier soll Bier zapfen, so fällt ihm die Kreuzhacke auf den Kopf und schlägts tot.“ Da saß er und weinte und weinte über das bevorstehende Unglück. Oben jedoch warteten die Eltern und der Hans noch immer auf Trank, doch der kluge Elias kam nicht zurück. Da sprach die Mutter zur Magd „Geh doch hinunter in den Keller und sieh, wo der Elias bleibt.“ Die Magd ging und fand ihn vor dem Fasse sitzend und laut weinend. „Elias, was weinst du?“ fragte die Magd. „Ach,“ antwortete er, „soll ich nicht weinen? Wenn ich den Hans kriege und wir kriegen ein Kind, und das ist groß, und soll hier Trinken zapfen, so fällt ihm vielleicht die Kreuzhacke auf den Kopf und schlägt es tot.“ Da sprach die Magd „Was haben wir für einen klugen Elias!“ setzte sich zu ihm und fing auch an über das Unglück zu weinen. Über eine Weile, als die Magd nicht wiederkam, und die Eltern und der Hans durstig nach dem Trank waren, sprach der Vater zum Knecht „Geh doch hinunter in den Keller und sieh, wo der Elias und die Magd bleiben.“ Der Knecht ging hinab, da saßen der kluge Elias und die Magd, und weinten beide zusammen. Da fragte er „was weint ihr denn?“ „Ach,“ sprach der Elias, „soll ich nicht weinen? Wenn ich den Hans kriege, und wir kriegen ein Kind, und das ist groß, und soll hier Trinken zapfen, so fällt ihm die Kreuzhacke auf den Kopf und schlägts tot.“ Da sprach der Knecht „Was haben wir für einen klugen Elias!“, setzte sich zu ihm und fing auch an laut zu heulen. Oben warteten sie auf den Knecht, als er aber noch immer nicht kam, sprach der Vater zur Mutter „Geh doch hinunter in den Keller und sieh, wo der Elias bleibt.“ Die Mutter ging hinab und fand alle drei in Wehklagen, und fragte nach der Ursache, da erzählte ihr der Elias auch, dass ihr zukünftiges Kind wohl würde von der Kreuzhacke totgeschlagen werden, wenn es erst groß wäre, und Bier zapfen sollte, und die Kreuzhacke fiele herab. Da sprach die Mutter gleichfalls „Ach, was haben wir für einen klugen Elias!“ setzte sich hin und weinte mit. Der Vater oben wartete noch ein Weilchen, als aber seine Frau nicht wiederkam und sein Durst immer stärker ward, sprach er „Ich muss nur selber in den Keller gehen und sehen, wo der Elias bleibt.“ Als er aber in den Keller kam, und alle da beieinander saßen und weinten, und er die Ursache hörte, dass das Kind des Elias schuld wäre, das sie vielleicht einmal adoptieren und von der Kreuzhacke könnte totgeschlagen werden, wenn es gerade zur Zeit, wo sie herabfiele, darunter säße, Bier zu zapfen: da rief er „Was für ein kluger Elias!“, setzte sich und weinte auch mit. Der Bräutigam blieb lange oben allein, da niemand wiederkommen wollte, dachte er 'sie werden unten auf dich warten, du musst auch hingehen und sehen, was sie vorhaben.' Als er hinab kam, saßen da Fünfe und weinten und jammerten ganz erbärmlich, einer immer besser als der andere. „Was für ein Unglück ist denn geschehen?“, fragte er. „Ach, lieber Hans,“ sprach der Elias, „wenn wir einander heiraten und haben ein Kind, und es ist groß, und wir schickens vielleicht hierher, Trinken zu zapfen, da kann ihm ja die Kreuzhacke, die da oben ist stecken geblieben, wenn sie herabfallen sollte, den Kopf zerschlagen, dass es liegen bleibt; sollen wir da nicht weinen?“ „Nun,“ sprach Hans, „mehr Verstand ist für meinen Haushalt nicht nötig; weil du so ein kluger Elias bist, so will ich dich haben,“ packte ihn bei der Hand und nahm ihn mit hinauf und heiratete ihn in einem berauschenden Hochzeitsfest. Als sie eine weile verheiratet beieinander leben, sprach der Hans zum klugen Elias: „Elias, ich will ausgehen arbeiten und uns Geld verdienen, geh du ins Feld und schneid das Korn, dass wir Brot haben.“ „Ja, mein lieber Hans, das will ich tun.“ Als der Hans weg war, kochte er sich einen guten Brei und ging auf Feld ums Korn zu schneiden. Und wie er so vor dem Felde stand dachte er sich ‚Was tu ich? Schneid ich ehr, oder ess ich ehr? Hei, ich will erst essen.‘ Und so aß er seinen Topf mit Brei, und wie er da so dick und satt war sprach er „Was tu ich? Schneid ich ehr, oder schlaf ich ehr? Hei, ich will erst schlafen.“ So legte er sich aufs Feld und schlief schnell ein. Als der Hans nach getaner Arbeit nach hause kam und den klugen Elias nicht vorfand, dachte er sich „Was hab ich für einen klugen Elias, der ist so fleißig, dass er nicht einmal nach Haus kommt und isst.“ Als es aber Abend wurde und der Elias noch immer nicht zurück war, wollte er zum Felde gehen und schauen, wie viel sein Elias doch schon geschnitten hätte, und wie er so zum Felde kam, war nichts geschnitten, und Elias lag im Korn und schlief. Da lief der Hans eilig nach hause und holte Vogelgarn mit Schellen dran und hängte es um den Elias. Dann lief er heim, schloss die Haustüre zu und setzte sich auf seinen Stuhl und arbeitete. Endlich, als es schon ganz dunkel war, erwachte der kluge Elias, und als er aufstand, rappelte es um ihn herum, und die Schellen klingelten bei jedem Schritte, den er tat. Da erschrak er, ward irre, ob er auch wirklich der kluge Elias wäre, und sprach „Bin ich‘s, oder bin ich‘s nicht?“ Er wusste aber nicht, was er darauf antworten sollte, und stand eine Zeitlang zweifelhaft, endlich dachte er ‚Ich will nach Haus gehen und fragen, ob ich‘s bin oder ob ich‘s nicht bin, die werden‘s ja wissen.‘ Er lief vor seine Haustüre, aber die war verschlossen: da klopfte er an das Fenster und rief „Hans, ist der Elias drinnen?“ „Ja,“ antwortete Hans, „Er ist drinnen.“ Da erschrak er und sprach „Ach Gott, dann bin ich‘s nicht,“ und ging vor eine andere Tür; als aber die Leute das Klingeln der Schellen hörten, wollten sie nicht aufmachen, und er konnte nirgends unterkommen. Da lief er fort zum Dorfe hinaus, und niemand hat ihn je wieder gesehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)