Hätte ich doch... von Vas ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Als er in diesem lächerlich weißen Raum aufwachte, glaubte er, er sei gestorben. In Anbetracht der Tatsache das er sich aber wie ein Stück Scheiße fühlte, fiel die Möglichkeit Tod zu sein schon mal weg. Aber wenn er nicht gestorben war, wo war er dann? Ein räuspern war zu hören und Kakashi sah, mit zusammengekniffenen Augen, zur Tür. Ein großer Mann, der starke Ähnlichkeit mit Kakashis Vorstellung von Herkules hatte, stand ihm gegenüber und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Wie eine Statue stand der Mann da und betrachtete das Häufchen Elend, das sich im Bett krümmte. Mit einem Schlag wurde Kakashi klar wo er sich befand und das nur eine Person in die Wege geleitet haben. Mit Kotzen, Scheißen, Heulen, Fluchen, Betteln und Drohen begann sein neues Leben. Die Schmerzen die er ertragen musste, im Kampf gegen seine Heroinsucht, erschienen ihm so stark das er glaubte, dass ein Kind auf die Welt zu bringen nicht schmerzhafter sein konnte. Was ihm aber ein wenig irritierte, obwohl es eine willkommenen Abwechslung war, war das Herkules plötzlich einen Bikini trug und rosa Schleifen im Haar hatte. »Versuchen wir doch mal den Wahnsinn ein wenig herunterzufahren.«, schlug Herkules vor und drückte Kakashi zurück ins Bett, wie ein Vater seinen Sohn. Mit seinem Bikini und den Schleifen im Haar wirkte er zwar nicht wie ein Vater oder Autoritär aber doch sehr interessant. »Und du hast wirklich keinen Bikini an?«, fragte Kakashi und konnte es nicht glauben. »Nein hab ich nicht. Bikinis stehen mir nicht.« »Wenn du es sagst. Aber die rosa Schleifen sind wirklich irre.« »Da sind sie nicht die einzigen hier.« Eigentlich hatte Nakamura, der von Kakashi aber nur Herkules genannt wurde, am Abend von Kakashis Einlieferung dienstfrei gehabt. Er hatte sich auf einen gemütlichen Abend mit seiner Frau gefreut, da sie das Haus nach 30 langen Jahren zum ersten mal wieder für sich hatten, und dann klingelte das Telefon und Nakamura musste zum Dienst antreten weil einer seiner Kollegen krank geworden war. Vorbei die Vorstellung seine Frau mal endlich in jedem Zimmer des Hauses zu nehmen. Vorbei die schöne Ruhe, denn nun musste er sich wieder die Übelkeitsanfälle der Therapiepatienten anhören. Obwohl es verhältnismäßig ruhig gewesen war, war Kakashis Aufnahme recht überstürzt abgelaufen. Die Warteliste war ignoriert worden, woraus man schließen konnte das er oder jemand in seinem Umfeld Geld oder Einfluss hatte. Im Falle von Kakashi hatte jemand aus seinem Umfeld seinen Einfluss eingesetzt um ihn ins Saisei zu bringen. Eben dieser jemand war auch bei der Einlieferung von Kakashi dabei und hatte ihn Nakamura zur Rettung anvertraut. Mit Tränen in den Augen stand sie da und sah auf den halb toten Blödmann runter. Bewusstlos hatte sie ihn, mit einer abgebrochenen Nadel im Arm, in seinem Schlafzimmer gefunden und es, wie durch ein Wunder, geschafft ihn wieder zu Reanimieren. Auf seinen bläulich verfärbten Lippen war schaumiger Speichel getrocknet, ein Bild das die Frau immer wieder anfingen ließ, wie ein kleines Kind, zu weinen, da sie es einfach nicht schaffte es aus ihrem Kopf zu kriegen. »Ich werde mich gut um ihn kümmern.«, sagte Nakamura zu der Frau die als Dank nur ein schwaches lächeln zu Stande brachte. »Danke... Er ist das wichtigste in meinem Leben, aber ich wohl nicht in seinem. Sonst hätte er sich ja wohl nicht dieses Zeug gespritzt oder?« Nakamura sagte dazu nichts, wusste er doch das die Frau keine Antwort auf ihre Fragen wollte, da sie die Antwort selbst kannte. Kakashi war einfach süchtig und das schon bevor er mit ihr zusammen gekommen war. Immer wieder hatte sie sich an dem Abend gefragt ob sie es nicht hätte merken müssen, aber dafür waren sie einfach noch nicht lange genug zusammen gewesen und Kakashi wusste genau wie er seine Sucht verbergen konnte. Hatte er doch schon Übung darin. »Ich wünsche mir für ihn das er seine Sucht bekämpft und dann glücklich wird.«, sagte sie, hauchte Kakashi einen Kuss auf die Wange und legte ihm eine Kette auf die Brust. Während Kakashi nun über der Toilettenschüssel sämtliche Sünden hochwürgte, die er seinem Körper und seiner Seele zugefügt hatte war die Frau zu ihrer besten Freundin gefahren und kauerte nun vor ihrer Tür, bis diese die Tür öffnete und ihre Freundin in ihr Wohnzimmer schleppte. »Was ist denn passiert, Sakura?« »Er wäre beinahe gestorben.«, antwortete Sakura und begann wieder zu weinen. »Wer?« »Kakashi.« »Wie?« »Er ist Heroinsüchtig und ich habe ihn in seinem Schlafzimmer gefunden und ich dachte er sei tot. Ino das war so schrecklich.« »Komm her.«, sagte Ino und nahm ihre Freundin tröstend in die Arme. Sie konnte sich nicht vorstellen welche Qualen Sakura in den letzten Stunden durchlitten hatte, aber sie wollte ihr dadurch helfen. Auch wenn sie keine Ahnung hatte wie. »Was hast du jetzt vor?« »Ich weiß es nicht, aber ich habe ihm die Kette wiedergegeben.« »Die Kette dir er dir geschenkt hatte als er dir sagte das er dich liebt?« »Genau die.« »Mensch Sakura wieso tust du dir das denn selber an? Wieso schneidest du dir dein Herz denn nicht gleich raus?« »Irgendwas musste ich tun und wenn er die Kette hat, hat er wenigstens etwas von mir. Vielleicht hilft sie ihm ja. Er muss von dem Zeug loskommen und ich hoffe das die Kette ihm zeigt das es etwas gibt das ihm viel mehr geben kann als Heroin.« »Willst du ihn nie wiedersehen?« »Ich befürchte das ich noch viel mehr leiden würde wenn ich es nicht täte, aber bis ich ihn wiedersehen kann und will, wird es einige Zeit brauchen.«, sagte Sakura und lief auf die Toilette um sich zu übergeben. Sanft flüsternd versorgte Nakamura Kakashi mit Trost und Erklärungen, während er stöhnend auf dem Boden lag. Ihm schmerzten die Knochen, seine Muskeln waren verspannt, sein Magen verkrampft, seine Augen brannten und als Kakashi anfing zu schluchzen wie ein kleines Kind, nahm Nakamura ihn in die Arme. Zwei Monate lang war er immer für Kakashi da und nun sollte er sich von ihm verabschieden. Bei dem Gedanken nach Hause zu gehen erfasste ihn eine solche Panik das er glaubte umzukippen. Wie ihn die anderen angucken würden war ihm egal, er fragte sich was ihm nun alles bevorstehen würde. Was würden seine Freunde zu ihm sagen? Was würde Tsunade zu ihm sagen? Aber noch viel wichtiger, was würde Sakura zu ihm sagen? Würde sie ihn überhaupt ansehen? »Alles klar?«, fragte Nakamura und Kakashi nickte – glatte Lüge. Ihm überkamen zweifel. Alleine würde er es nicht schaffen. In einer Woche, da war er sich sicher, würde er wieder in diesem Bett liegen und zu Nakamura Herkules sagen. Er würde ihn wieder im Bikini sehen und er würde auch wieder rosa Schleifen ihm Haar haben. Er würde alle enttäuschen. »Was denkst du?« »Das ich es nicht schaffen werde.«, gab Kakashi zu und Nakamura ließ sich auf das Bett fallen. »Jetzt richtig schön high sein, das wär´s oder?«, fragte Nakamura und grinste Kakashi an. »Entzug ist wirklich die Hölle und wenn man es einmal geschafft hat und hier raus ist, ist es schwer clean zu bleiben. Viele kommen zurück. Immer und immer wieder. Aber bei dir habe ich das Gefühl das ich dich hier nie wieder sehen werde.«, sagte Nakamura und holte die Kette aus Kakashis Nachttisch. »Das gibt es jemanden der auf dich wartet.« »Sie hat mir die Kette wiedergegeben.«, sagte Kakashi traurig. »Warum denkst du hat sie es gemacht?« »Weil ich ihr zu wider bin. Sie hat jemand besseres verdient als mich.« »Ich denke sie hat dir die Kette gegeben damit du Kraft aus ihr ziehen kannst. Ich habe die Angst, die Sorge in ihren Augen gesehen.« »Ich muss mein Leben erst in den Griff kriegen, bevor ich sie wiedersehen kann. Wenn dann der Tag kommt, will ich ihr etwas bieten können. Jetzt sind meine Hände noch leer, aber wenn ich ihr wieder gegenüberstehe werden sie es nicht mehr sein und dann werde ich der Mann sein den sie verdient.« »Und was machst du wenn sie dann jemand anderes gefunden hat?«, fragte Nakamura und Kakashi fragte sich was er nun eigentlich wollte. Wollte er ihm helfen den Mut nicht zu verlieren oder wollte er ihn wahnsinnig machen? »Dann werde ich... Ich weiß es nicht.«, wieder traurig wird. Was würde er tun wenn Sakura einen anderen finden würde und mit ihm glücklich wird? Könnte er das verkraften oder würde er spätestens dann wieder rückfällig werden? »Du wirst es schon herausfinden, aber bitte baue keinen Mist.«, sagte Nakamura und Kakashi wusste das es keine wirkliche Bitte war sondern eher eine Aufforderung. Denn sonst müsste sich Kakashi wieder Fragen stellen lassen wie: »Warum?« »Was ist passiert?« »Ab wann ist es aus dem Ruder gelaufen?« »Wovor versteckst du dich?« »Was macht dir Angst?« »Woher kommt dieser Selbsthass?« Seufzend ging Kakashi zu seinem Schrank, holte seine Sachen raus und stopfte sie in seinen Koffer. Als er den Deckel des Koffers zu klappte fiel ein Brief heraus und Kakashi hob ihn überrascht auf. Feinsäuberlich war sein Name auf den Umschlag geschrieben worden und Kakashi wusste sofort das er von Sakura war. Niemand sonst würde auf die Idee kommen ihm einen Brief in die Entzugsklinik zu schmuggeln. Aufgeregt und ein wenig ängstlich öffnete er den Umschlag und zog das Blatt Papier heraus. Kakashi, ich weiß es ist verboten Nachrichten in die Klinik zu schmuggeln, aber Regeln haben mich in letzter Zeit auch nicht sonderlich interessiert. Da ich nicht weiß wann du den Brief findest weiß ich nicht ob du mich gerade hasst oder nicht. Alles was ich getan habe, habe ich für dich getan. Ich habe in den letzten Jahren schon vieles gesehen, was man lieber nicht sehen sollte, aber das alles war nicht so schlimm wie der Anblick den du mir in deinem Schlafzimmer geboten hast. Dich auf dem Boden liegend zu sehen, mit einer abgebrochenen Nadel im Arm und halb tot hat mir fast den Rest gegeben. Als du dann auch noch aufgehört hast zu atmen brach für mich so vieles zusammen. Du versteht hoffentlich das ich nicht da weiter machen kann wo wir aufgehört haben. Wenn du aus der Klinik kommst, werde ich auf einer Mission sein. Auf einer sehr langen Mission, dessen Ende unbekannt ist. Ich habe sie angenommen um mir über vieles klar zu werden. Über dich, über mich und über uns. Bitte denk nicht das ich das tue um von dir weg zu kommen, denn das ist nicht wahr. Ich liebe dich und aus genau diesem Grund brauche ich Abstand. Ich würde viel mehr leiden als jetzt würde ich dich für immer aus meinem Leben und Herzen streichen. Ich hoffe wirklich das, wenn wir uns wiedersehen, es dann schaffen. Ich sende dir alle guten Gedanken und ich wünsche dir vom Herzen das du deine Sucht besiegst. In liebe, Sakura »Was hat sie dir geschrieben?«, fragte Nakamura und Kakashi sah ihn fragend an. »Ach komm hast du wirklich gedacht ich wüsste nicht das er von ihr ist? Sie hat die Tasche gebracht und ich kann eins und eins zusammenzählen.« »Der ist allein für mich.«, antwortete Kakashi und steckte den Brief in den Koffer. Mit einem dumpfen Geräusch fiel der Koffer, im Flur, auf den Boden und Kakashi und zog , eher widerwillig, seine Schuhe aus. Wochen lang hatte Sakura auf ihn eingeredet das er seine Schuhe immer ausziehen soll, wenn er die Wohnung betritt, sonst müsste er ständig sauber machen. Aber jetzt wo sie weg war, fragte sich Kakashi ob er das wirklich noch machen müsste. Doch mit der Zeit war ihm das ins Blut übergegangen und nun konnte er es nicht mehr abstellen. Es war zu einer Gewohnheit geworden, genauso wie das rufen nach Sakura. Aber anders als sonst kam keine Antwort. Sie war nicht mehr da. Mit einem mulmigen Gefühl ging Kakashi durch jedes Zimmer und stellte fest das Sakura die gesamte Wohnung durchsucht hatte und alles entsorgt hatte. An der Wohnzimmerwand hatte sie sogar ein Poster angeklebt. Halte deinen Körper und deine Seele sauber. Einige Stunden lang saß Kakashi auf seinem Sofa, starrte das Poster an und überlegte was er nun mit seinem zweiten Leben anfangen sollte. Zwar fand er keine Antwort darauf, aber dafür klopfte es an der Tür und kurz darauf saß Genma neben ihm und legte seinen Kopf schief, als er das Poster sah. »Humor hat sie, das muss man ihr lassen. Und wie geht es dir?« »Das versuche ich noch herauszufinden.« »Was wirst du jetzt machen?« »In eine Selbsthilfegruppe gehen, mein Leben wieder in den Griff kriegen und keine Drogen mehr nehmen.« »Das ist gut. Da fällt mir ein Sakura hat mich gebeten dir etwas zu sagen, wenn du Entlassen wirst. Sie sagt, ich soll dir sagen das sie stolz auf dich ist und dann sagte sie ich soll das machen.«, sagte Genma und schlug Kakashi ins Gesicht. »Das hilft mir wirklich ungemein.«, sagte Kakashi und befühlte sich seine Nase. Wahrscheinlich hätte Sakura fester zu geschlagen und Kakashi war froh das sie nicht da war um das zu tun. Andererseits hätte er sie jetzt gerne bei sich um sie einfach nur in den Armen zu halten. Sie fehlte an allen Ecken und Enden. Ein halbes Jahr später wurde Kakashi zu Tsunade gerufen. Er hatte die Hoffnung endlich wieder eine Mission zu bekommen, um Geld zu verdienen, aber stattdessen hatte Tsunade eine, für ihn, schreckliche Nachricht. »Auf der Mission gab es Komplikationen.«, begann Tsunade doch Kakashi wollte keine Einzelheiten, er wollte einfach nur das sie auf den Punkt kommt. »Sakura hat die Mission nicht überlebt.«, kam Tsunade auf den Punkt und Kakashi fühlte sich als würde man ihm den Boden unter den Füßen wegreißen. Wie in Trance folgte er Tsunade ins Krankenhaus und dann ins Leichenschauhaus. Bedeckt mit einem weißen Laken lag Tsunade auf dem Tisch und sah so friedlich aus, als ob sie nur schlafen würde. »Wach auf! Wach auf!«, rief Kakashi und kniff sich selbst. Tief in seinem Inneren wusste er, dass es sinnlos war. Sie war Tod. »Mach einfach die Augen auf. Mehr musst du nicht machen. Um den Rest kümmert sich Tsunade.« Doch sie tat es nicht. Der Tod lag schwer in der Lust und Kakashi konnte kaum noch atmen. Als er später, alleine, in seiner Wohnung saß und auf das Foto von Sakura starrte fragte er sich was es noch für einen Sinn hatte clean zu bleiben. Nur für Sakura hatte er beschlossen clean zu bleiben und jetzt war sie nicht mehr da. Lag auf einem Tisch und wartete nur darauf beerdigt zu werden. Dann schob er das Sofa ein Stück nach hinten und nahm ein Brett hoch. Seine letzte Reserve. Sakura hatte sie nicht gefunden. Gerade als er die Nadel ansetzen wollte fiel Sakuras Foto zu Boden und die Glasscherben verteilten sich auf dem Holz. »Sakura?«, fragte er und ließ die Spritze fallen. Verzweifel rollte er sich auf dem Sofa zusammen und begann zu weinen. Warum musste sein Leben nur so scheiß sein? Hätte ich doch nie Heroin genommen. Hätte ich doch nur nicht an diesem Abend Heroin genommen. Hätte ich doch einfach früher aufgehört. Hätte ich doch bloß nie damit angefangen. All das schwirrte ihm durch den Kopf während er seiner Trauer nachgab und irgendwann weinend einschlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)