Vertragsbruch von angeljaehyo (Das Versprechen, ihn nie alleine zu lassen) ================================================================================ Prolog: Nein ------------ Das Hohe Himmelsgericht versammelte sich. Flügel raschelten, lange Gewänder berührten fast überall den Boden, der aus einem Material gemacht war, das ich nicht benennen kann, das es auf der irdischen Welt nicht gibt. Sonnenstrahlen fielen in das offene, weitläufige Gebäude, in dem die Sitzreihen für die Geschworenen und Zuschauer des Spektakels wie in einem Amphitheater angeordnet waren. In der Mitte lag ein schmuckloser Platz frei, genau vor ihm der Richterstuhl. Diese heutige Versammlung war so gut besucht wie noch nie eine zuvor. Oftmals missbrauchten Himmels- oder Höllengeschöpfe ihre Macht, doch nie hatte es einen Fall wie diesen gegeben... ...dieses Wesen hatte es wahrlich übertrieben. Das allgemeine Flüstern und Rascheln erstarb, als der Richter den Saal betrat und eine bedrückende Stille trat ein, die nur von dem Geräusch der Schritte des Erzengels, der heute als Richter fungierte, durchbrochen wurde. Mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck nahm er platz. Das Echo seiner Schritte, das von den Marmorwänden wiedergegeben worden war, verschwand. Nun war es ganz still. "Angeklagter!", bellte der Erzengel plötzlich. "Auf den Platz!" Die Köpfe der übrigen Himmelswesen wandten sich dem Flügelschlagen, das auf einmal zu hören war, zu. Die schwarze Krähe, die hineingeflogen kam, hob sich deutlich von der vorherrschenden Farbe in dem Saal ab... von den weißen Haaren, Flügeln, Gewändern, Wänden... Die Krähe ließ sich auf dem Boden nieder und verwandelte sich in eine Katze. "Nimm deine wahre Gestalt an, Dämon!", befahl der Richter. Die Katze sah skeptisch mit ihren rubinroten Augen auf - ihr Fell selbst war pechschwarz - und veränderte ihre Form. Das Ding, das nun auf dem Platz stand, war ungefähr doppelt so groß wie ein Mensch, hatte allerdings circa dessen Proportionen. Doch da, wo mit Haut überzogenes Fleisch hätte sein sollen, hingen dunkle Fetzen an der Gestalt hinab... ein Gestank von Fäulnis breitete sich von ihm aus, von dem einigen Engeln schlecht wurde. Als das Wesen ihre würgenden Geräusche hörte, musste es lächeln - auf eine schreckliche Weise. Denn auch sein Zahnfleisch inmitten des halb freiliegenden Schädels hing verfault hinunter und offenbarte zentimeterlange, spitz zulaufende Zähne. Seine blutroten Augen lagen in viel zu großen Höhlen, sodass man die ganzen Augäpfel ausmachen konnte, seine Nase war fast nicht existent. Sein Brustkorb lag auch fast ganz frei - man konnte die Hälfte seines schlagenden Herzens unter Fetzen seiner schwarz-grauen Brust sehen, umrahmt von fahlen Knochen. Arme und Beine waren spindeldürr, Hände und Füße geradezu spinnenartig und kaum mit verwesendem Fleisch versehen. Das Bild eines ausgehungerten Dämons. Und es grinste immer noch auf seine abscheulich-skurrile Weise. Doch das Gesicht des Richters hatte sich nicht verändert. "Sag mir deinen Namen!" Das Ding lachte - lachte so, dass allen Anwesenden, selbst dem Richter, ein Schauer über den Rücken fuhr; ein hohes, klirrendes, schrilles Geräusch. Deshalb waren sie alle überrascht, als es anfing, mit dunkler Stimme zu sprechen. "Ich hatte viele Namen, zur Zeit jedoch habe ich keinen, Engel." Das letzte Wort sprach er mit offensichtlicher Verachtung aus. Ein Auge des Richters zuckte. "Dann sag mir irgendeinen deiner früheren Namen... irgendeinen." Das Grinsen des Wesens erlosch. Es bewegte sich nicht. "Sebastian Michaelis", sagte es nur. Einer der Geschworenen meldete sich. Der Richter nickte. Zitternd stand der junge Engel auf. "Sir, äh... Sebastian... Mr. Michaelis... könnten Sie bitte doch ihre Erscheinung wechseln? In eine andere sprechende?" Mit einem nervösen Seitenblick zu dem Erzengel fügte er hinzu: "Falls der Hoherichter es erlauben möge." Dieser nickte nur wieder. Das Wesen seufzte - einige Fetzen auf seiner Brust bewegten sich dabei und nicht wenige Engel erschauderten. "Oh je, oh je... Ihr könnt euch aber auch nicht entscheiden." Und auf einmal stand ein großer blasser Mann vor ihnen, die weiß-behandschuhte Hand auf dem schwarzhaarigen Kopf, diese verwirrenden roten Augen geschlossen, gekleidet in einem schwarzen Anzug, wahrscheinlich aus dem viktorianischen Zeitalter. Der Richter räusperte sich. "So, genug davon! William T. Spears, verlesen sie die Anklage!" Ein dunkelhaariger Shinigami richtete sich auf, schob seine Brille auf den rechten Platz und sah in sein Notizbuch. Grinsend schielte der Angeklagte ihn an, Erkennen schimmerte rot in den Augen. "Der Angeklagte - Sebastian Michaelis, wie er sich nennt... oder genannt wurde -", kurz huschten dunkle Augen zu roten, "soll einen Menschen dazu verführt haben, ein ganzes Volk zu ermorden. Millionen von Menschen sind umgebracht worden, sowohl bei der Tötungsaktion als auch bei dem Krieg, den sein 'Schützling' angezettelt hat." Der Todesgott setzte sich wieder. Entrüstet flüsterten Zuschauer miteinander. Der Erzengel räusperte sich und es wurde schlagartig wieder still im Saal. "Wie gedenkst du dich zu verteidigen, Dämon?" Das süffisante Lächeln blieb an Sebastians Gesicht haften. "Gar nicht, Euer Ehren." Der beißende Spott war nicht zu überhören. "Ich habe mir nur Seelen zum Verspeisen beschaffen wollen, wie es mein Lebenszweck ist. Ich habe mir nichts vorzuwerfen." Der Erzengel schlug mit der Faust auf den Tisch. "Die Seelen, die du mit der Pest bekommen hast, hätten für mindestens 2000 Jahre reichen müssen!", brüllte er und erntete dafür zustimmendes Nicken aller Zuschauer. Das Lächeln des Dämons wurde bitter. "Dachte ich auch...", flüsterte er. Niemand hatte ihn gehört. "Wer plädiert für schuldig?", fragte der Erzengel barsch. Alle Hände im Saal schossen nach oben. Sebastian lachte sein unmenschliches, lautes Lachen. "Was wollt ihr mir schon tun? Mir, der sowieso nichts mehr zu verlieren hat..." William T. Spears stand auf, mit einem kalten Lächeln auf den Lippen. "Euer Ehren, dürfte ich einen Vorschlag machen?" "Sprich." Der kalte Blick des Shinigami durchbohrte den Angeklagten, seine schmalen Lippen wurden durch das breite Lächeln noch schmaler. "Ich finde, wir sollten ihn all der Seelen berauben, die es sich je einverleibt hat..." Das Lachen des Dämons erstarb abrupt. "Alle...?", flüsterte er. Der Todesgott nickte. "Nicht eine Ausnahme." Bei der geschockten Reaktion des Wesens vor ihm wurde dem Richter sofort klar, dass das die richtige Strafe war. "Einverstanden." "Einverstanden", echote der Chor der Geschworenen. "NEIN!" Plötzlich nahm der Dämon wieder seine wahre Gestalt an, brüllte mit seiner furchteinflößenden Stimme. "NICHT IHN!" Die roten Augen glühten manisch. "IHR NIMMT IHN MIR NICHT WEG!" Die Engel erschauderten verängstigt, flüchteten aus dem Saal, als der Dämon anfing, die Säulen zu zerschmettern, umherzuwüten. "Wachen!", rief der Richter, nachdem er sich in Sicherheit gebracht hat. "NEIN!" Das Wesen schlug um sich, brachte fünf Engel um, zehn, zwanzig... ...bis sie ihn fassten. Ihm seine Seelen wegnahmen. Betäubt sah Sebastian die Lichtreflexe, die Seelen darstellten, aus seinem Körper fliehen, sah den seltsam bläulich leuchtenden Lichtball von sich wegfliegen, der für seine Augen am schönsten leuchtete... Saphirblau... zurück zur Erde... "Nein", wisperte er schwach. "Ich habe ihm doch versprochen, ihn nie alleine zu lassen... für immer..." Die Wachen hielten ihn erbarmungslos weiter fest. Die roten Augen verloren ihre Leidenschaft, wurden leer. "Bocchan..." Lächelnd richtete William T. Spears seine Brille. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)