Vertragsbruch von angeljaehyo (Das Versprechen, ihn nie alleine zu lassen) ================================================================================ Kapitel 6: Déjà-Vu ------------------ „Teebeutel?“ Feine Gesichtszüge verzogen sich. „Teebeutel.“ Die schmale Nase wurde von einem Rümpfen verunstaltet. „Teebeutel.“ „Ja ja, schon gut, du schaffst es trotzdem, einen Tee zu machen.“ Angewidert nahm Sebastian eine Packung Teebeutel in die Hand. „Kräutertee aromatisiert mit Erdbeer-Vanille-Geschmack?“, las er ungläubig vor. Ciel rollte mit den Augen. „Meine Haushälterin kauft den immer für Lizzy. ...wenn sie zu Besuch kommt“, fügte der junge Firmenbesitzer nach einer kurzen Pause hinzu, als Sebastian seine Augenbrauen hob. Ciel kickte seine Schuhe weg und lümmelte sich in die riesige graue Couch seines Wohnzimmers, während Sebastian blitzschnell ein paar verschiedene Teebeutel aufriss, einige Sachen aus dem dunklen Durcheinander aussortierte, den elektronischen Wasserkocher missmutig anfunkelte, einen blitzenden, rostfreien Edelstahltopf aus einem Schrank herauszog und diesen mit Wasser füllte und es kochte. „Warum?“ Ohne sich umzudrehen, stellte Ciel die Frage. Jedoch ballten sich seine Fäuste, die Knöchen standen weiß hervor. „Bocchan?“ „Warum hast du den Vertrag gebrochen?“ Der junge Mann versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber Sebastian sah das leichte Zittern seines ehemaligen Meisters. Er servierte den nun fertig aufgegossenen Tee und blieb neben ihm stehen. Und erzählte zum ersten Mal jemandem seine ganze Geschichte. Wie er sich Ciel Phantomhives Seele einverleibt hatte. Wie furchtbar leer sein Leben und er selbst danach so erfüllt gewesen war. Was er für Gräueltaten begangen hatte. Was seine Strafe dafür gewesen war... „Das glaube ich nicht.“ Ciel schnaubte. „Was davon glaubt Ihr nicht?“ Sein ehemaliger Butler hob seine Augenbrauen. „Dass dich jemand zu irgendetwas gezwungen hat. Das kannst du mir doch nicht erzählen. Ich kenne dich und weiß, was du kannst.“ Zum ersten Mal während dieser Unterredung schaute Ciel Sebastian an, zum ersten Mal in diesem neuen Leben schaute er ihn lange an, sehr lange. Er fixierte das Gesicht des großen, schlanken Mannes, seine Züge, die so elegant waren und doch so sehr von Grausamkeit sprachen, und sah, dass es einen ganz leicht veränderten Ausdruck hatte. Einen Ausdruck, der seinem eigenen ähnelte. Leid war dazugekommen. „Ihr könnt die zwei Witzfiguren vor Eurem Fenster fragen“, die zwei Todengötter, die lauschten, zuckten zusammen, „es gibt wirklich stärkere Wesen als mich. Diese betreten bloß nie die menschliche Welt.“ Sebastians Stimme wurde ernst. „Und außerdem wisst Ihr, dass ich niemals lüge.“ „DAS WEISS ICH EBEN NICHT!“ Ciel sprang auf und verschüttete seinen Tee. „Du hast den Vertrag gebrochen!“ Sein Mund verzerrte sich, seine so ungleichen Augen verengten sich. „Du warst der einzige, dem ich je vertraut habe, dem ich geglaubt habe, er würde mich nie anlügen, mich nie verlassen...“ Sebastian fasste nach den Schultern des Jungen. „Bocchan, ich...“ „Ich bin nicht mehr dein Bocchan“, das letzte Wort sprach er voller Verachtung aus und schlug die blassen, schlanken Hände weg, „ich war allein. Allein. Du hast mich allein gelassen. Und widerliche Leute haben wir wieder Widerliches angetan. Ich hab nach dir geschrien. Nach dir geschrien! Und du kamst nicht...“ Ciels Stimme brach. Der in Schwarz gekleidete Mann ließ seine Hände sinken. „Ich muss Euch in allen Punkten recht geben, außer in einem.“ Das während der ganzen Rede anscheinend regungslose Gesicht begann plötzlich unmerklich zu grinsen. Der nun keuchende Junge vor ihm, der immer noch in Rage war, starrte auf die vom verschütteten Tee verursachten dunkelroten Flecken auf dem Teppich, die sich langsam ausbreiteten, die sich langsam in die Richtung seiner und Sebastians Schuhe bewegten. „Die Sache, in der Ihr Unrecht habt, ist die; Ihr seid immer noch mein Bocchan. Seht doch nur in den Spiegel.“ Er legte seine Hände wieder auf die Schultern Ciels und diesmal wurden sie nicht weggeschlagen. Sanft wurde der junge Firmenbesitzer zu dem Spiegel hinter ihm gedreht. Er schnappte nach Luft. Heller denn je leuchtete sein violettes Auge und zum ersten Mal wurde das Zeichen des Vertrags wieder voll sichtbar. Immer noch ruhten Sebastians Hände auf seinen Schultern. Dieser beugte sich hinunter zu seinem Herrn, der immer noch um einiges kleiner war als er, und flüsterte ihm ins Ohr: „Der Vertrag begann wieder zu wirken, als Ihr vorhin auf der Straße mir einen Befehl gegeben habt. Ihr habt wieder einen Wunsch, den ich Euch zu erfüllen helfen werde. Der Preis dafür ist wieder Eure Seele.“ Sebastian drehte Ciel wieder zu sich und kniete sich hin, in seiner für ihn typischen Pose; auf einem Knie, die Hand an der Brust. Er trug keine Handschuhe, sodass man seine dunklen Nägel und das frisch eingebrannte Mal des Vertrages gut sah. Außerdem begann sich für Ciel plötzlich alles um die beiden herum zu verdunkeln. Ein unbeschreibliches Gefühl eines Déjà-Vus überkam ihn und sein Zorn auf seinen Butler verflog. Ich könnte sie mit ihm finden. Ich könnte sie mit ihm bestrafen. Ich könnte sie mit ihm töten. Das Zeichen in Ciels Auge begann zu leuchten. „Mein Meister, verzeiht mir meinen Ungehorsam.“ Sebastians Stimme hatte sich verändert, er blickte zu Boden, sodass Ciel nicht sehen konnte, wie seine roten Augen glühten und seine Eckzähne durch ein Grinsen offenbart wurden. Kurz fragte sich Ciel, ob Sebastian irgendwie seinen Zorn zum Verschwinden gebracht hatte, aber gleich darauf war er in einem tranceähnlichen Zustand. „Demütigst erflehe ich Eure Verzeihung und biete Euch wieder meine Dienste an. Zum Preis fordere ich Eure Seele, nachdem meine Dienste erfüllt worden sind.“ Der junge Mann vor dem Dämonen, der nun auch fast wieder so aussah wie einer, fühlte sich benebelt, berauscht von einer Macht, die auf einmal vor seinen Füßen lag. Hatte er ihm nicht schon einmal seine Wünsche erfüllt? Und er hatte anscheinend wirklich nichts dagegen machen können, dass er seine Seele verloren hatte... „Sebastian, das ist ein Befehl. Gehorche mir und erfülle mir meinen Wunsch. Und du bekommst meine Seele - unter einer Bedingung diesmal.“ Nun grinste Ciel. „Ich entscheide selbst, wann du die Seele bekommst. Spätestens bei meinem natürlichen Tod kannst du sie haben.“ Wilde Freude durchzuckte den Dämonen und er blickte auf, in das Gesicht seines neuen, alten Herrn. Dieser weitete die Augen, als er das dämonische Anlitz seines Butlers erblickte. Wieder in deinen Fängen... „Yes, my Lord.“ Endlich habe ich dich wieder... „Ich schätze, die roten Flecken werden nicht mehr herausgehen, Bocchan.“ Sebastian wischte sich über die Stirn - nicht wegen Schweiß, nichts war wirklich anstrengend für ihn, aber diese Geste ließ ihn ein wenig mehr menschlich wirken. Ciel, nun bekleidet in Jogginghosen und einem normalen T-Shirt, sagte nur: „Mhmm.“ Er zappte weiter durch das Nachmittagsprogramm im Fernsehen. Es war der Tag nach der neuerlichen Vertragsschließung. Wie aus dem Nichts hat sich Sebastian in dem Penthouse Ciel Chambers‘ in einem kleinen Gästezimmer eingerichtet, samt neuer, der Zeit angepassten Garderobe und allem drum und dran. Auch war er schon einkaufen gewesen („Meine Güte, der Tee heutzutage ist ja grausam! Und man bekommt keine normale, frische Butter mehr, geschweige denn Milch. Was ist nur aus dieser Welt geworden?“) Gerade eben servierte er den Nachtisch (Schoko-Fudge in einem Ring aus Heidelbeersoße), und Ciel erfüllte zum ersten Mal so etwas wie ein Gefühl einer Heimkehr, als es an der Tür klingelte. Ohne, dass die Tür aufgemacht wurde, rannte eine schlanke, blonde und sehr hübsche junge Frau hinein. „Ciiiiiiiiiiiiieeeel!“ Der Angesprochene fiel von der Couch und die Fernbedienung fiel ihm aus der Hand. „Li-Lizzy!“ Und sein Butler grinste. „Ich bin wieder zu Hause.“ Außen vor dem Fenster beobachteten zwei Shinigamis das Geschehen. „Khihihi... Also hat der Earl wohl seine zweite Chance in den Wind geschossen und sein Leben für immer verdammt...“ Der Undertaker grinste vor sich hin. „Sebas-chaaaaaaan!“ Grell hatte Tränen in den Augen. „Warum musst du dich schon wieder für diesen Knilch erniedrigen? Komm du zu mir und sei mein Sklave!! Oder ich werde deiner!!“ Grell krallte seine langen Nägel in den Jahrhunderte alten, roten Mantel. „Grell Sutcliff, was haben Sie hier zu suchen? Sie haben heute noch über 213 Seelen zu urteilen!“, sprach eine strenge Stimme plötzlich hinter den zwei langhaarigen Todesgöttern. William T. Spears saß auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses. „Wiiiiill, sieh mal, wer wieder da ist!“, kreischte Grell und grinste. „Bloß er ist wieder bei der Rotzgöre“, fügte er flüsternd hinzu. „Wie?“ Will sprang zu ihnen hinunter und sah in das Zimmer hinein, in dem Sebastian wieder in Gestalt eines Butlers seinem Job nachging. „Sebastian Michaelis...“ „Khihihi... Ist das nicht eine interessante Wendung?“ Der Undertaker beäugte Will fast unmerklich. „Der Dämon hat keine zweite Chance verdient.“ Der Abteilungsleiter der Shinigamis knirschte mit den Zähnen. „Dagegen muss ich etwas tun.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)