Only you von LadyMalice (Dark Spiritshipping (HaouxYohan)) ================================================================================ Kapitel 2: Das, was man hilflos nennt ------------------------------------- Das, was man hilflos nennt Es war Samstag und ein ziemlich beschissener Tag. Die Wolken hatten sich zu dichten, dunklen Gebilden zusammengedrängt und der heftige Regen prasselte auf den Boden. Ich glaube, es hatte gerade zur Mittagsstunde geläutet. Da ich nicht in den Garten konnte, saß ich leicht betrübt an meinem Arbeitstisch, wo ich meistens Papierkram für die Firma meines Vater erledigte oder Schulaufgaben. Eine heiße Tasse Kaffee stand neben mir auf dem Nebentisch, wie einige Biskuits. Vor mir befand sich ein vollgeschriebener Zettel. Er strotzte nur so vor Flüchen und Gedanken. Seit einer verdammten Woche war dieser kleiner Wicht immer in Jims Gesellschaft und somit in meiner. Seit dieser Sache mit dem „Korb“ hat er kein einziges Wort mehr an mich gerichtet, nicht einmal angesehen, nur durch mich durch geschaut. Eigentlich war er mir egal. Dennoch konnte ich nicht aufhören darüber zu grübeln, ob er mich durchschaut hatte. Falls ja, steckte ich in Schwierigkeiten. Keiner durfte wissen, was ich war. Sonst müsste ich dieses Städtchen ausradieren. Ich zerknüllte das Papier und warf er in die Ecke zum Papierkorb. „Vielleicht habe ich einfach den zu großen Drang, das Bürschchen zu bestrafen...“, sagte ich in die Leere meines Hauses. Darauf grinste ich unheimlich. „Warum auch nicht...?“ Ich lehnte mich nachdenklich zurück und heckte aus, wie ich Yuki-san in meinen Keller locken könnte. Mir kamen die buntesten Dinge in den Sinn. Der kleine sah nicht schlecht aus... eigentlich recht süß. Für ein paar meiner Spielchen sicher zu gebrauchen. Er würde nicht lange an seiner Meinung festhalten. Heh, das machte glatt gute Laune. Mein Handy klingelte auf einmal und eine eher rockige Melodie ertönte. Ich griff danach und nahm den Anruf an. „Tach, Anderson am Apparat.“ „Tach zurück, pal.“, ertönte Jims Stimme. „Hey, was gibt’s?“ „Nichts Neues. Wollte nur sichergehen, dass du noch lebst.“ „Jim, was soll denn diese Aussage?“ „Na ja. Die letzte Woche schienst du mit den Gedanken wo ganz anders zu hängen.“ „Ist das neu für dich? Dein Zwerg ist mit seinen Gedanken auch oft wo anders.“ „Sag mal, hasst du ihn?“ Nun klang er tot ernst. Was sollte das? „Nein, aber der Typ ist mir halt unsympathisch. Aber das werd ich noch ändern.“ „Ich wollte eigentlich nicht über dieses Thema mit dir reden, aber... Hör zu, es gibt gute Gründe, warum ich Haou-kun bei mir abhängen lasse. Und auch, wieso er so unberührt auf die meisten Dinge reagiert. Ich kenne ihn schon seit einigen Jahren. Du erinnerst dich sicher daran, dass ich wegen einer Studie nach Japan geflogen war. Da hatte ich ihn getroffen...“ „Und wieso erzählst du mir nun deine halbe Lebensgeschichte?“, fragte ich eher teilnahmslos und lehnte mich zurück, wobei ich immer wieder an meinem Kaffee nippte. „Yohan, shut up... hör einfach zu Ende zu.“ Oha, ich hatte ihn schon lange nicht mehr so ernst erlebt. „Es ist schon merkwürdig. Als ich ihn da getroffen hatte.... hatte er mich stark an dich erinnert. Nur war er viel unglaublicher. Ich dachte erst, dass es seine Show war, um an Ruhm und Ehre zu kommen. Haou-kun ist sicher nicht mit Absicht so, wie er sich zeigt. Bei ihm bekommt man manchmal das Gefühl, dass er das Leben so wie wir nicht kennt. Um auf den Punkt zu kommen. Hör auf dir Gedanken über sein Verhalten zu machen. Jeder könnte dir ansehen, dass du darüber grübelst. Akzeptiere einfach, dass er dich nicht leiden kann. Haou-kun macht mir den Eindruck, dass deine Art ihn irgendwie belastet und er hatte es bis jetzt wirklich nicht leicht.“ „Jim, hör auf so sentimental zu sein. Was kann ich denn dafür, wenn seine Vergangenheit vielleicht nicht so blendend war? Mir ist es relativ egal, was mit diesem Jungen ist. Das einzige, was mich interessieren könnte ist, wie er schmeckt.“ „Yohan! Unterstehe dich, ihn anzurühren!“ „Wieso so besorgt um das kleine Spielzeug? Findest du ihn so unschuldig und niedlich, dass du ihn für dich beanspruchen willst?“, fragte ich ihn aufstachelnd und spielte mit einem Kugelschreiber rum. „...“ „Habe ich dir die Sprache verschlagen?“ „Manchmal bist du einfach nur ein mieses Miststück, pal. Du erstaunst mich immer wieder.“ „Hah, so werde ich nie langweilig.“ „Wage es, ihn irgendwie falsch anzurühren. Yohan, ich warne dich. Haou-kun hat es nicht verdient, von dir schlecht behandelt zu werden.“ „Was findest du an ihm so besonders? Dass er sich wegen seiner kühlen Art von den anderen abhebt? Sei mal ehrlich Jim, was geht dich das Leben dieses Zwergs an?“ „Eine Menge“, mehr sagte Jim nicht. Er hatte aufgelegt. Finster kichernd schaute ich meine kleine Skizze an, die ich gemacht hatte. Ah, genau das sollte ich mit Haou anstellen. Gut, dass ich alles in meiner kleinen Kammer hatte, was ich dafür brauchte. So lange würde er nicht unschuldig bleiben. Der Regen hörte nicht auf, gegen die Fenster zu prallen. Ich schritt ins Wohnzimmer, wo ich den Fernseher anschmiss und mir die Nachrichten anhörte. //Wieder sind auf mysteriöse Weise Menschen verschollen. In den Kleinstädten bricht Panik aus und die Polizei versucht eine Ausgangsperre in den betroffenen Städten durchzusetzen. Was mit den Entführten passiert ist, bleibt wohl ein Rätsel. Es gibt im Moment keine Spuren. Wenn sie einer dieser Personen sehen, melden sie sich!// Ich musterte die Bilder streng. Dann schaltete ich diese nervige Gerät ab und warf meine Füße auf den Wohnzimmertisch. Das hörte sich stark danach an, dass ein paar böse Geister hier ihr Unwesen trieben, sogar mein Städtchen war betroffen. Vielleicht sollte ich mir die Missetäter vorknöpfen. Schließlich war das hier mein Revier. Ich zog darauf mein Feuerzeug aus der Tasche und holte eine Zigarette, die ich mir sogleich anzündete. Ja, manchmal neigte ich dazu, einfach mal eine zu rauchen. Es war an manchen Situation einfach erlösend. Außerdem hatte ich seit gut zwei Tagen nicht mehr geraucht.. Ich war kein Kettenraucher. Zumindest nicht, wenn ich halbwegs gute Laune hatte. Vor Jim tat ich es seltener, eigentlich ohne Grund. Wahrscheinlich aber tat ich es nicht, weil Jim diese Angewohnheit von mir nicht leiden konnte. Wieder klingelte mein Handy und wieder war es Jim. Heh, der Junge konnte nicht ohne mich leben was? „Was ist?“, fragte ich, als ich den Anruf annahm. „Yohan, ich hab vergessen zu fragen, ob zu zum Citycenter mitkommen wolltest.“ „Erstens, warst du nicht gerade wütend auf mich? Und zweitens... Was willst du da? Es ist ein viel zu mieses Wetter dafür.“ „Huh, komm schon. Als ob es neu für dich wäre, dass ich bei deinem Verhalten ab und zu wütend werde. Außerdem bist du es mir schuldig, buddy. Weißt du noch, wo du diese langweilige Sitzung in Berlin hattest?“Ach ja, verdammt. Jetzt musste ich wohl hin. „Eh, gut, ich komme vorbei. Wann?“ „Um zwei will ich dich an dem Dönerstand sehen, klar?“ „Ja, klar.“ „See ya, pal.“ Was für eine Nervensäge. Ich konnte mir schon denken, dass er den kleinen Zwerg auch mitbringen würde. Ich zog langsam an meiner Zigarette und pustete den Rauschringe in die Luft. Das würde sicher noch spaßig werden. Nach einigen Minuten steuerte ich mein Zimmer an, das ziemlich unordentlich aussah. Anders, als der Rest des Hauses... zumindest ein wenig. Magazine, Papiere und Kleidung.... alles lag verstreut auf den Boden. Lässig zog ich meine übliche Weste und Jeans an. Im Badezimmer machte ich mich ebenso schnell fertig. Nachdem ich mir noch ein Brötchen gegönnt hatte, fuhr ich schon zum Stadtzentrum. Es goss immer noch in Strömen. Wieso musste Jim immer bei Unwetter irgendwas unternehmen? Nachdem ich mein Schätzchen geparkt hatte, machte ich mich zum Weg zur Dönerbude. Dort standen die zwei auch schon. Allerdings waren zwei meiner anderen Kollegen auch da. O’brien und... Amon, den ich eher nur als Kumpel ansah, weil er gute Beziehungen hatte. „Hey, Leute.“, begrüßte ich sie gelangweilt. Natürlich grüßten sie mich alle zurück, bis auf das kleine Monster, das ziemlich gut aussah, wenn ich dies anmerken durfte. Er trug eine etwas zu große Regenjacke, Jeans und darunter wohl ein Shirt. Niedlich... wenn der wüsste, was ich mit ihm anstellen wollte. „Lasst uns zum Gamer gehen und ein paar Spiele zocken“, schlug Jim vor. Sofort gingen wir hin und die Truppe trennte sich ein wenig. War schon witzig... Wenn ich unsere Gruppe betrachtete, war Yuki ein Kindergartenkind. Er war viel kleiner als wir. Jim machte sich ran, einige seine Cowboy-Spiele zu spielen bei denen er sich immer aufregte, dass es keine Krokodile als Gefährten gab. O’Brien lief natürlich zu seinen Militär-Spielen. Nur Amon zögerte dieses Mal, was relativ ungewöhnlich war bei seinem selbstsicheren Charakter. Wieso folgte er nicht seinem schwarzhaarigen Kameraden? Dennoch war es nicht schwer zu deuten, dass er wohl wegen Yuki zögerte. Er musterte ihn ja fast hungrig. Dieser blieb unberührt und schaute sich um. Anscheinend grübelte er darüber, was genau er in dieser Spielhalle machen sollte. Amon erhob noch wenigen Augenblicken das Wort. „Haou-san, willst du vielleicht ein Partner-Spiel spielen? Du bist ja neu, also wollte...“ „Nein.“, unterbrach der braunhaarige ihn grob und musterte ihn scharf. Der rothaarige Spinner, ja ich konnte ihn nicht wirklich leiden, war ziemlich verdutzt. Ihn unterbrach selten jemand. Gerade hörte man ihn etwas sagen, doch Yuki übertönte ihn. „Ich bin nicht an Partnerspielen interessiert. Nein, danke also.“ Nun versuchte er wohl wieder höflicher zu klingen. Ein leises Zischen kam von Amon und ich musste grinsen. Heh, also wurde er auch strikt abgewiesen. Als die stechenden Augen des rothaarigen auf mich fielen, wurden sie schmaler. Er murmelte etwas unverständliches. Dann versuchte er wahrscheinlich O’Brien zu finden und sich an den Spielen auszutoben. Yuki-san stand darauf eine Weile immer noch da. Irgendwann bewegte er sich auf ein Strategie-Arkade-Spiel in der Nähe von mir zu und begann zu spielen. Merkwürdig, eine Zeit lang kam er mir ziemlich verloren vor. Dabei hatte er schlicht im Raum gestanden... Ob seine Vergangenheit ihn belastete und er deswegen so außergewöhnlich war? Sein Verhalten war ganz anders, als die dieser sterblichen Nichtsnutze. Ich konzentrierte mich mehr auf mein Spiel, an dem ich schon gut eine halbe Stunde zockte und versuchte einen neuen Highscore aufzustellen. Einige Melodien hingen in der Luft. Das Gepiepe der Automaten war ziemlich nervig, ich hörte sogar die Konsolen auf der anderen Seite der Halle. Für so ein empfindliches Gehör die reine Hölle. Eine amüsante Entschädigung war immerhin das Rumfluchen der Spieler. Jim gehörte zu denen, die nicht oft, doch stark genug fluchten. Nur einer war vollkommen gelassen und still, wer niemand anderes als das Mini-Monster war. Eigentlich hatte ich nicht mehr vorgehabt, ihn zu beobachten. Wie von fremden Kräften gesteuert drehte sich mein Gesicht magnetisch angezogen zur Seite und ich sah, wie der kleine konzentriert vor dem Bildschirm saß. Er brütete anscheinend über etwas. Mhn, ich hatte mein Spiel bereits abgeschlossen... wieso also nicht dem „Genie“ helfen? Lässig ging ich zu ihm rüber und schaute ihm über die Schulter. Geplant war es, einen eher unnötigen Kommentar fallen zu lassen, doch mir verschlug es die Sprache. Yuki spielte das komplizierteste Level, das ich je gesehen hatte. Hier war eine hohe Intelligenz gefordert. Für einen durchschnittlichen Menschen wäre das ein unlösbarer Fall. Sicher kam Yuki nicht weiter, hehe. „Na, brauchen wir Hilfe, Haou-chan?“, fragte ich in meiner speziellen freundlichen Tonlage. Der braunhaarige reagierte zunächst nicht. Er saß nur konzentriert da und brütete. Dann gab er einen Befehl ein. Einen sehr komplizierten und präzisen. „Du solltest deinen Angriff stärken, indem du diese Truppe nach rechts verschiebst.“, schlug ich fast automatisch vor. Diese Taktik, die er verwendete... das war keine gewöhnliche. Yuki schaute darauf tatsächlich zu mir, seine Augen schimmerten merkwürdig. „Du bist eher der offensive Typ, das ist mir klar. Aber wenn man die Verteidigung komplett auslässt, passiert das.“ Yuki gab meinen Befehl ein und schon waren die Hälfte seiner Truppe Geschichte. Darauf gab er seinen Befehl ein und sein Verlust betrug noch nicht mal ein viertel seiner Truppe. Der Zwerg blickte erneut zu mir. Ich musste grinsen. „Na und? Was kümmert mich das bisschen Fußvolk?“ „Jeder Soldat hat eine Position und zählt somit. Deine Selbstsucht wird dein Untergang sein. Hab Respekt und verzieh dich.“, sagte Yuki nun eher zischend. Er beendete wenige Sekunden darauf das Spiel, wobei er einen Highscore aufstellte, den garantiert keiner schlagen könnte. So, so. Dieser Bengel glaubte also, dass mein „selbstverliebtes Ich“ mein Untergang sein würde. Was glaubte er eigentlich, wer er war? Ich war doch kein dahergelaufener Sterblicher, der sich verzweifelt an sein „glückliches“ Leben klammerte. Was für ein Schwachsinn. Der würde garantiert noch lernen müssen, wie man mit mir zu reden hatte. Solange er noch unberührt war, sollte er sich seines reinen Daseins freuen, denn lange würde er nicht mehr so rein bleiben. Dafür würde ich sorgen. Hah, wie mich dieser Gedanke aufmunterte. Nein... eher antörnte. Ohne es wirklich wahrzunehmen, schlich sich ein Grinsen auf mein Gesicht, dass einigen Spielern Angst einflößte, so wie sie plötzlich aussahen. Schon witzig, wie dieser Zwerg mein übliches Verhalten manipulierte. Wäre er jemand anderes... ich war mir sicher, dass ich nicht so... ja wirklich sensibel reagiert hätte. „Uhm... Yuki-san?“, hörte ich auf einmal eine recht piepsige Stimme. Ein hellblau haariger Junge stand vor dem Mini-Monster, das ihn ausdrucklos anschaute. Dieser Winzling. Ich erinnerte mich, ihn schon öfter an meiner Schule gesichtet zu haben. Natürlich, er ging einer Stufe unter mir in die D-Klasse. So weit ich wusste, hieß er Sho oder so ähnlich. Er war ein ziemlich kleiner Typ, extrem schüchtern und er hatte kein bisschen Selbstbewusstsein. Zu meinen Erstaunen nickte Yuki leicht, als würde er diese Störung akzeptieren. „I-ich habe schon sehr viel von dir gehört und wollte fragen... na ja... ich habe dich in der vergangenen Zeit oft beobachtet. Eh!? Also ich meine ich bin kein Stalker oder so. Aber ich fand dich faszinierend und naja... ich... ich meine... ehh...“, versuchte dieser erbärmliche Wicht. „Beruhig dich.“, entgegnete Yuki extrem kühl. Sho zuckte auf. „Ah.. hast recht. Gut, noch mal. Ich bin Sho Marufuji und bin ein extrem großer Fan von dir!“, meinte er und wurde ziemlich rot um die Nase. Er schien nicht bemerkt zu haben, dass ich direkt hinter Yuki stand. Er fürchtete mich. Jedes Mal, wenn er mir übern Weg gelaufen war, suchte er sofort das Weite. So ein Schwächling. Aber auch so eine witzige Schreipuppe. „Marufuji-san.“, begann Haou dann in seiner kühlen Art. „Es ist keine Schande, zu dem zu stehen, was man denkt und fühlt. Jedoch solltest du nur zu mir kommen, wenn du dir darüber im Klaren bist und nicht deiner Fantasie hinterher jagst. Bis dahin will ich nichts hören, noch werde ich etwas akzeptieren.“ Oho, was für Worte und noch ein Korb verteilt. Der kleine Bursche sollte sich nur keine Hoffnungen machen. Ich hatte dieses Spielzeug schon auserkoren meines zu sein. Sho wurde noch roter und seine grauen Augen weiteten sich. Dann lächelte er, als hätte er das netteste gehört, was ihm jemals gesagt worden war. „Danke, Yuki-san! Ich verstehe, was du mir sagen willst.“, rief er und eilte davon. Trottel. Wenige Sekunden später bemerkte ich, wie Yuki zu mir hochschaute. Er schien angewidert. Ach Gottchen, wie niedlich. Wollte er mich schon wieder anbellen? Als ich ihn ein wenig genauer musterte, fiel mir auf, dass er müde wirkte. Leichte Augenringe waren unter seinen goldenen Augen zu erkennen. Oje, konnte der kleine Junge nicht alleine nachts schlafen? „Haou-kun!“, rief Jim dann und rannte zu ihm. „Öh, mate, was wollte der Knirps von dir?“ Oh, welch Neugierde in seiner Stimme wallte. Jim, langsam bekam ich wirklich das Gefühl, dass du den Winzling nur vor mir schützen wolltest, weil du Interesse an ihm hattest und nicht, weil ihr einfache Freunde wart. „Nichts Besonderes.“, war die knappe Antwort und er schritt zu einem Fenster, durch das man nicht wirklich durchsehen konnte. Erstens lag es an der überflüssigen Deckoration und zweitens, es regnete Strömen. Jim verzog auffällig seinen Mund. Neugierig beobachtete ich, wie er sich zu Yuki stellte. „Willst du nach Hause? Ich kann verstehen, dass du das Wetter nicht ideal findest... es könnte...“ „Jim-san, unterschätz mich nicht.“ „Entschuldige. Ich darf mir ja wohl, um meinen Kumpel Sorgen machen.“ „Nicht mehr als das.“ Jim erstarrte leicht, als Haou dann zu ihm blickte und ziemlich gleichgültig schaute. Heh, meine Laune hob sich noch mehr. Jim hatte soeben auch einen Korb kassiert. Yukis Aussage war extrem zweideutig. Natürlich konnte er sich darauf beziehen, dass sich Jim nicht mehr als Sorgen um ihn machen sollte. Allerdings gab es auch den Punkt, dass sie nicht mehr als einfache Kumpel waren. Mein Spielzeug gefiel mir immer mehr. Er hatte dieses gewisse Etwas, dass mich reizte. Er würde keine Angst haben... er würde mich herausfordern. Ja, genau das war es, was ich suchte. Yuki würde ein perfektes Püppchen abgeben. „Entschuldige, Haou-kun. Ich denke, ich habe falsch reagiert. Ich hoffe, du verzeihst mir.“, meinte Jim nach einer Weile und lächelte. Ooooh, jetzt kam er wieder angekrochen. Also wirklich, Jim musste sich ja Hals über Kopf verknallt haben. Zu schade, dass der Bursche mein Besitztum war. Auch wenn er es noch nicht wusste... hehe. „Wo ist eigentlich...?“ Yuki beendete den Satz nicht. Amon kam in die Quere und versuchte wohl sympathisch zu lächeln. „Ich weiß, was du suchst. Komm, ich zeige dir, wo du die besten Werke findest. Ich habe sehr gute Beziehungen und komme an alles ran, was du suchst.“, sagte er im stolzen Ton. Bevor der braunhaarige etwas entgegnen konnte, wurde er schon von Amon verschleppt. Na toll, ich hatte sicher nicht vor, im Regen zu duschen und ihnen zu folgen. Jim wirkte leicht perplex und klopfte auf seine Schulter. „Jim, wieso so geschockt?“, fragte ich amüsiert. „Amon hat sich ein ganz schlechten Zeitpunkt ausgesucht...“ Es war ein leises Flüstern nicht mehr. „Was meinst du? Glaubst du, Amon will sich an deinen Loverboy ranmachen?“ Jim funkelte mich für diese Bemerkung an. „Dir ist so jeder egal, der nicht du ist oder?“ „Bleib mal cool. Was überreagierst du ständig, wenn es um das Püppchen geht? Ich finde es ehrlich gesagt ziemlich scheiße, dass du mich hinter Yuki anstellst.“ So, mal sehen, was er mir nun antworten würde. Zuerst schien er wütend, doch dann extrem erstaunt. „Ah, mir ist gar nicht aufgefallen, dass du dich vernachlässigt gefühlt hast, Anderson!“, gab er aufstachelnd von sich. „Allerdings hast du wohl recht. Ich sollte meinen besten Kumpel nicht einfach so in den Schatten stellen. Trotz dieser Tatsache will ich nicht, dass du Haou-kun schadest... dass ihn überhaupt jemand anrührt. Er hat auch so genügend um die Ohren.“ „Oh, oh, sind wir verliebt, Jim?“ Der schwarzhaarige Cowboy grinste und zog seinen Hut mehr ins Gesicht. „Wer weiß.“ Kurze Zeit schien er zu vergessen, wo er war und was genau ablief. Idiot. Wie konnte man sich nur so von „Liebe“ leiten lassen? Gut, es mochte ein angenehmes Gefühl sein, aber es richtete viel mehr schaden an, als beschwöre es Glück. Noch tiefer fallen konnte er nicht... oder etwa doch? Egal. Vielleicht sollte ich einfach nach Hause fahren und faulenzen. Ich hatte keine Lust mehr auf dieses Theater. Yuki würde mir früher oder später in die Hände fallen. „Sag mal, was wollte der Knirps von dir?“ Hah, die Frage würde schon nicht schaden „Ich denke mal, dass Haou-kun mich fragen wollte, wo die Bibliothek ist. Er mag es zu lesen.“ „Ach, das Monster mag etwas?“ „Yohan!“ „Was denn? Er spielt einen auf gleichgültigen Roboter und verlangt ernsthaft, dass ich ihn zufrieden lasse? Dass ich ihm am besten gar nicht erst begegne? Natürlich mache ich mich über ihn lustig.“ Jim seufzte und schlug mir einfach mal in den Oberarm. „Pal, manchmal kotzt du mich an.“ „Wow, was für eine neue Erkenntnis. Wie auch immer. Du warst geschockt, als Amon ins Rampenlicht gekommen ist. Machst du dir Sorgen, dass er mit Yuki spielt?“ „Eh? Eher mache ich mir Sorgen, dass Haou-kun sich nicht zusammenreißt.“ „Wie!?“ Wollte er mir wirklich weiß machen, dass Yuki hier der Verführer war? Dass dieser Wicht gefährlich sein sollte? Gut, er schien extrem intelligent, aber mehr auch nicht. „Schon richtig gehört, buddy. Hinter dem unschuldigen Aussehen kann sich auch etwas Gefährliches verbergen. Fragt sich nun, ob Unschuld oder Sünde gewinnt.“ Jim wirkte nachdenklich. Unschuld oder Sünde? Hörte sich ja fast nach einer gespaltenen Persönlichkeit an. Amüsant. Sollte der Zwerg noch mehr Überraschungen in sich tragen? Mir war es immer noch ein Rätsel, wieso er mich so merkwürdig behandelte. Ob ich mir diese Show zwischen ihm und Amon antun sollte? Hörte sich spaßiger an, als sich zu Hause zu langweilen. „Jim, du bist ein hoffnungsloser Fall. Weißt du etwa schon alles über deine neue „Liebe“?“, fragte ich amüsiert und er schien fast rot zu werden. „Genug, weiß ich auf jeden Fall. Und Yohan, REITE GEFÄLLIGST NICHT DARAUF RUM!!!“ „Hör auf herum zu quietschen, alle beobachten uns schon interessiert.“ Mir taten langsam echt die Ohren weh. Wieso musste die immer so laut sein? Und diese nervigen Spielautomaten und diese dämlichen Piep-Töne. „Uhh... sorry.“, meinte er errötend und zog mich raus, als O’brien endlich ankam und genug vom Spielen hatte. Dieser Kerl war auch so ein komischer Vogel. Aber ganz in Ordnung. „Wo steckt Amon?“, fragte der „Soldat“. „Amon wollte wohl ein neues Abenteuer mit unserem Kindergartenkind erleben. Outsch!“ Jim musste mir natürlich in die Seite schlagen. Ich hatte ja wieder ein böses, böses Wort über unseren „Freund“ und seinen Liebling verloren. Zu schade für Jim, dass ich nicht vor hatte, ihm das Spielzeug zu überlassen. Dafür war es viel zu köstlich. „Oha, das wird wohl wieder Ärger geben. Suchen wir sie lieber.“, meinte O’brien streng und rannte sofort los. Na toll, jetzt durften wir sie suchen gehen. Aber wenn man dadurch ein schönes Spektakel sehen durfte... „Yohan, stell bloß nichts mit ihm an, wenn du ihn findest.“, warnte mit mein frisch verliebter Freund. „Ach, ich wird mich schon zurückhalten.“, grinste ich zurück. Jim wollte schon losrennen, als er sich umdrehte und meinte: „Haou kann Unwetter nicht leiden, also sei vorsichtig mit dem was du sagst. Wenn er aber das Gegenteil behauptet, würde ich mich insgesamt in Acht nehmen!“ Dann verschwand er im Regen. Was bitte sollte das denn heißen? Sollte ich nun wegen diesem Mini-Monster Angst haben? Tz! Diese Aussage jedoch weckte meine Neugier. Was verbarg sich in diesem Jungen oder besser: Zählte er zu diesen herumirrenden Geistern, die von Tag zu Tag Leute töteten? Dann würde es mich nämlich nicht mehr wundern, dass er mein Wesen erkannt hatte. Ich hatte mir ein Regenschirm besorgt und war nun auf der Suche nach den beiden Ausreißern. Wo versteckten sich die zwei bloß...? In der Bibliothek waren sie nicht und nach meiner Recherche hatte Amon keinen Kontakt zu seinen Sekretären in der Firma seines Vaters aufgenommen. Falls er Yuki wirklich seltene Bücher zeigen wollte, was ich nun bezweifelte, hätte er dort einfach nur fragen müssen. Ziemlich verdächtig, was? Der Regen wurde immer stärker. Wirklich trocken war ich schon seit einer Weile nicht mehr und das zerrte an meiner guten Laune. Es fing sogar an zu Donnern und Blitzen. Es war nicht die übelste Sorte von Gewitter, eigentlich noch relativ schlaff. Ich mochte es Gewitter zu beobachte, den Himmel wie er leuchtete. Aber nur, wenn ich in meinem Häuschen sitzen durfte und nicht nass wurde. Das Toben am Himmel erinnerte mich an etwas. Sofort wurde mir klar, an was es mich erinnerte. „Scheiße!“, stieß ich aus und rannte los, wobei ich meinen Regenschirm achtlos fielen ließ. Ich hatte total vergessen, dass ich Amon schon länger verdächtige eines dieser dummen Geister zu sein, die hier herum spuckten, bis sie einer in ihre Schranken einwies. Nein, Amon war sicher nicht nur so ein alberner Geist... so etwas wie eine billige Kopie eines anmutigen Dämons. Man könnte ihn als Dämon der untersten Klasse bezeichnen. Egal was für eine Art böser Geist er darstellte... Wenn ich zu spät kam, könnte es sein, dass Yuki nicht mehr am Leben war. Und bei allen Mächten, dass durfte ich nicht zulassen! Doch meine Schritte verlangsamten sich und sich starrte leicht atemlos auf die Straße. Wieso rannte ich eigentlich so? War es mir nicht egal, was mit diesem Wicht passierte? Genauso gut hätte ich nach Hause fahren können... Nein, das war eine Lüge. Viel eher störte es mich, dass Amon auf meinem Revier war und er sich MEIN auserwähltes Spielzeug vorknöpfen wollte. Genau... deswegen kränkte es mich. Und vielleicht auch die Tatsache, dass ich Jim nicht unbedingt ins tiefste Unglück stürzen wollte. Mein Kumpel hatte sich ja ausgerechnet in dieses kleine Monster verliebt und ich wusste, dass er nicht log. Ob mich das störte? Nicht im geringsten. Er konnte ihn zwar versuchen als Freund zu haben, aber er war trotz allem MEIN Spielzeug. Wie auch immer. Hatte Jim nicht erwähnt, dass Amon sich vor Yuki fürchten müsse? Konnte er sich wirklich wehren? „So schwach, wie der auf mich wirkt, wird er ihm sicher nicht stoppen können.“, kam dann die Erkenntnis über meine Lippen und ich lief wieder los. Nun setzte ich meinen kleinen Tricks ein, um den Braunschopf aufzuspüren. Ich wusste welche Art Aura er um sich herum trug und wie er duftete. Ja, dieser Zwerg hatte schon einen süßlichen, einzigartigen Duft. Vielleicht hatte mich das an ihm so angezogen. Arg! Jetzt war nicht die Zeit, um über so etwas nachzudenken. Ich brauchte nicht viele Minuten, um sie zu lokalisieren. Selbst hier spürte ich die Regung des magnetischen Feldes... ein Kampf tobte. Meine Vermutung war tatsächlich wahr, Amon war kein gewöhnlicher Mensch. Schnell rannte ich in Richtung des Stadtparkes und vernahm grelle Lichter. Ein Teil von diesen kam vom Unwetter, ein anderer vor etwas, das vor mir lag. Langsam ging ich näher heran. Ich konzentrierte mich darauf, meine eigene Kraft zu bündeln, um sie auf der Stelle nutzen zu können. Wie ich es hasste, wenn so ein dummes Medium versuchte sich an meinen Opfern zu ergötzen. Diese Viecher begriffen nie, wer hier das Sagen hatte. Als ob sie mich nicht kennen würden! Und dieser Amon! Natürlich musste er sich an das vergreifen, was ich mir ausgesucht hatte. Der würde bluten, falls er gewagt hatte Haou falsch anzurühren. Er war meine Puppe, mein Besitz und da würde keiner mehr so schnell dran kommen. Ich würde den Bengel an die Ketten legen, falls es sein müsste... In der Ferne erkannte ich zwei Gestalten. Eine war in einer sitzenden Haltung am Boden, wie es schien. Die andere stand vor ihr und hielt die Hand nach ihr ausgestreckt. Es waren wirklich Amon und Haou. Meine Sinne betrogen mich nicht, wie erwartet... und nun würde dieser Dummkopf seine Strafe erhalten. „Haha, ein großes Mundwerk hast du sicher, oh großer Haou. Aber am Ende verlässt dich deine Kraft, was?“, hörte ich Amon in seiner triumphierenden, unverschämten Tonlage. „Du hattest Glück mit dem Wetter.“, hörte ich ein etwas tiefere Version von Haous Stimme, die sich so gar nicht mehr nach dem anhörte, was ich kannte. „Außerdem gibt es noch einen Grund, wieso ich aufgehört habe.“ „Du bist ein schlechter Lügner. Aber nun darf ich...“, versuchte Amon ihr Gespräch fortzuführen. Allerdings packte ich ihn unsanft an der rechten Hand und drehte sie so um, dass er nichts gegen mich tun konnte. Ein guter Augenblick um ihn zu stören, er hatte wohl geplant, Haou zu attackieren. „Gar nichts.“, beendete ich den Satz für ihn und der rothaarige schien irritiert. Wenige Sekunden darauf stand Wut in sein Gesicht geschrieben. „Anderson!“, knurrte er mich an, „Natürlich tauchst du dann auf, wenn ich mir was gönnen will!“ „Du bist hier auf meinem Revier, du Trottel.“, knurrte ich zurück und klemmte auch seine andere Hand hinter seinen Rücken und brachte ihn dazu, auf die Knie zu fallen. Mit einer Hand hielt ich beide seiner Arme hinter ihn gefesselt. Mein Blick huschte zu Haou, der mir entgegen schaute, aber extrem erschöpft wirkte. Alleine an seinen Augen konnte ich ihm seine Erschöpfung ablesen... aber da war noch etwas anderes. War es... Angst? Er schien zudem leicht verletzt zu sein, er blutete sogar. Ein lautes Grölen folgte und ich realisierte, dass Amon sich zappelnd versuchte aus meinem Griff zu befreien. Ich hatte wegen diesem Braunschopf fast vergessen, wieso ich Amon eigentlich festhielt. Schnaubend drückte ich den rothaarigen zu Boden und stellte mein Fuß auf ihn, sodass er nicht fliehen konnte. „Amon, ich hatte schon seit einer Weile vermutet, dass du so ein erbärmliches Mistvieh bist, das auf schwache Opfer aus ist. Da du es gewagt hast, in meinem Revier zu jagen, wirst du deine Strafe gerecht erhalten. Vor allem, da du wusstest, was ich bin.“, sagte ich lautstark und Amon krümmte sich. Nicht nur meine Worte wirkten auf seinen Körper. Auch meine eigene Aura, die schmerzlich an seiner zerren würde. Eine eher unglückliche Szene folgte... ich würde sie nicht weiter ausführen, das Bild reichte, dass sich mir zeigte. Für den Kampf hatte ich gewiss nicht meine gesamte Kraft gebraucht. Amon war viel zu schwach dafür. Dennoch hatte ich meine dämonischen Kräfte eingesetzt, die ich nicht hätte einsetzen dürfen... nicht, solange jemand menschliches zusah. Im Moment war das jedoch unwichtig. Amon war am Ende verschwunden. Nicht tot, nein. Wie ein verletzter Köter hatte er sich davon gemacht. So wie ich ihn zugerichtet hatte, würde er die nächsten Tage sicher nicht mehr in der Schule auftauchten. Tage? Sicher Wochen. Endlich. Jetzt konnte ich die Anspannung wieder fallen lassen und ich streckte mich. So ein Kämpfchen war ganz nett, aber nicht, wenn mich jemand dermaßen reizte. Langsam begab ich mich zu dem wichtigsten Grund meiner Auseinandersetzung mit Amon. Vor dem kleinen hockte ich mich und betrachtete ihn. Ich Trottel hatte nicht bedacht, dass ich ihn erst außer Gefecht hätte setzen müssen, damit er nicht sah, was ich da eigentlich mit diesem rothaarigen Spinner anstellte. Vor lauter Zorn war es mir entfallen. Wenn ich mich strikt an Gesetze hielte, hätte ich Haou nun töten müssen. Aber ich tat es nicht. Alleine aus dem Grund, dass er mich viel zu sehr faszinierte. Außerdem ertrug ich seinen jetzigen Zustand nicht. Dieses traurige Bild brannte sich fast in mich hinein. Es kam mir so vor, als hätte ich ihn noch nie so schwach erlebt. Sonst war er immer Herr seiner Gefühle. Gut, ich gab zu, dass ich ihn verdammt scharf beobachtet hatte. Schließlich musste ich herausfinden, ob er gewusst hatte, was ich war. Ob er ein Medium war oder gar selbst ein Geschöpf wie ich. Die Möglichkeit, dass er mich andernfalls durchschaut hätte, läge bei knappen 10%. Seine goldenen, nun kaum leuchtenden Augen waren auf den Boden gerichtet. Seine Atmung ging eher schwer und leicht stockend. Wie es auf mich wirkte, konnte er sich kaum richtig aufrecht halten. Seine Arme, auf denen er sich abstützte, zitterten leicht vor Anstrengung. Aber war es wirklich nur die Anstrengung? Vorher... hatte ich ein bestimmtes Gefühl in seinen Augen gesehen. Ein Gefühl, von dem ich gedacht hatte, dass er es nicht besitzt. Ausgerechnet er... er, der doch vor rein gar nichts Angst hatte. Und doch... diese Angst suchte ihn also heim. Fragte sich, was ihm Angst machte. War Amon der Grund? Die Möglichkeit bestand, dass auch ich der Grund für sein Unwohlsein war. Oder... Wieder donnerte und blitzte es. Und genau zu diesem Zeitpunkt bemerkt ich, dass er stärker aufzuckte. Schwer atmete er aus und versuchte eigenständig aufzustehen. Allerdings gelang es ihm nicht. Seine Erschöpfung ließ es nicht zu. Dazu kam noch, dass er eine leichte Wunde am Kopf zu haben schien. Genau aus diesen tröpfelte ein wenig Blut runter und floss mitsamt dem Regen auf seiner Haut runter. Im Moment fiel mir nur ein Wort ein, dass seine Zustand beschreiben könnte. Hilflos. Absolut hilflos. Mir war zuvor nie in den Sinn gekommen, dass er vielleicht Hilfe brauchte. Er wollte sie zwar stur nie akzeptieren, doch brauchte er sie. Unbewusst. Ich könnte ihn hier einfach sitzen lassen. Meine Tat war vollbracht, der kleine lebte noch. Noch. Ob diese Wunde da am Kopf schwer war? „...“ Für einige Wimpernschläge schien es so, als wolle Haou etwas sagen. Er rang sich dennoch nicht dazu durch. Ich konnte mir gut vorstellen, was er fragen wollte. Dafür kannte ich ihn gut genug. Wieso war ich noch hier? Wieso ließ ich ihn nicht in Ruhe? Ja, sicher wollte er mich das fragen. Ich stieß einen leichten Seufzer aus. Das, was ich nun beschlossen hatte, klang so gar nicht nach mir. Diese Tat würde mir absolut nicht ähnlich sehen. Die einzige Erklärung für diesen Beschluss war, dass ich Haou zu meinem Favoriten von allen Spielzeugen auserkoren hatte. Daher würde ich dafür sorgen, dass er gesund genug bleibt. Ihn wohlmöglich beschützen... Bei diesem Gedanken fiel mir wieder auf, wie sehr ich ihn eigentlich hasste. Für eine Vollkommenheit. Diese gewisse Dominanz in seiner Art. Die Weise, in der er Probleme klärte und sich immer so leicht durchsetzte. Selbst seine unschlagbare Logik. Sogar sein Erscheinen. Seine Haltung war stets aufrecht und voller Selbstbewusstsein. Seine Körperbewegungen verliefen geradezu geschmeidig, sodass es jedes Mal erneut einen dazu zwang, zuzusehen. Dann noch dieses Gesicht. Dieses perfekt geformte Gesicht und diese makellosen Züge. Vor allem sein anmutiger und immerzu kalter, wissender Blick. Die süß geformten Lippen, die so verlockend waren. Er grenzte an Perfektion, Fehler machte er selten. Wie ich es hasste... Ich hasste ihn... Wie sehr ich ihn hasste... Am liebsten würde ich ihn umbringen... damit ich meine eigenen Fehler nicht bemerkte... Ich wollte nicht daran erinnert werden, wie ich war und nun bin... Doch mein Hass ging nicht über dieses Verlangen... Dieses natürliche Verlangen eines Dämons etwas zu besitzen... Etwas an sich zu reißen und es sich immer und immer wieder zu nehmen... Mein Eigen... mein Besitz... Das, was mich verrückt machen konnte... Oh Hölle, wieso musste ausgerechnet ER mich so anlocken? Nach den wenigen Minuten, die in Stille vergangen waren, hob ich seinen Kinn an. Er zuckte erneut auf, als es grölte. Dieses Mal schaute er mir direkt in die Augen. Was er mir jedoch sagen wollte, blieb mir ein Geheimnis. Seine Gefühle waren gespalten. Ob er verwirrt war? Ich legte meine Arme, so um ihn, dass ich ihn hochheben und anschließend tragen konnte. Er wollte sich wehren... versuchte es... und scheiterte. Heh, ich spürte förmlich, dass ihm das nicht passte. Seinen Stolz verlor er nie. Ah... sein verruchter Stolz. Der würde ihm im Augenblick nicht viel nützen. Ich schritt darauf in Richtung meines Autos los und versuchte die Regentropfen zu ignorieren, die mir ins Gesicht fielen und runter flossen. Das fiel mir relativ leicht, als ich anfing, den Knirps in meinen Armen ein wenig zu mustern. Er war kalt. Extrem kalt und zitterte. Die Wassertröpfchen perlten auf seiner perfekten Haut runter. Irgendwie sah er schon schön aus.... Weg mit diesem Gedanken! Der Junge blutete und war erschöpft! Nicht, dass er nicht sexy aussah... Verdammt! Ich sollte schneller zum Wagen kommen. Je schneller, desto besser. Während ich rannte, bemerkte ich, wie Haou sein Gesicht wegdrehte und die Augen durch seine vorderen Haarsträhnen verdeckt wurden. Er zuckte immer wieder auf, erneut bei jedem Donnern. Sollte ich etwas zu ihm sagen? Oder war diese Stille besser? ... Endlich war ich bei meinem Auto angekommen. Dort setzte ich den kleinen rein und schon fuhr ich Richtung Heim. Meinem Heim. Da es schon Abend war, hatte ich beschlossen ihn zu mir mitzunehmen. In seinem Zustand sollte er nicht alleine sein. Ich wusste schließlich, wie er sich fühlen musste. Es war mir zwar immer noch ein Rätsel, wie er Amons Angriff überlebt hatte. Die Vermutung nagte an mir, dass er ebenfalls ein Dämon sein musste. Oder ein ähnliches Wesen. Vielleicht hatte er bloß Glück gehabt. Warum wollte er dann keine Erklärung von mir? Ich blickte kurz neben mich, nur um zu sehen, wie sein jetziger Ausdruck war. Nur Erschöpfung, die Angst verflog anscheinend langsam. Ah, ob er sich sicher fühlte? Gut, sollte er sich nur an mich gewöhnen... wenn ich so recht überlegte. Je besser er von mir dachte, desto einfacher würde ich ihn für mich gewinnen. Er würde sich sicher nicht einmal mehr gegen mich wehren und meine Spielchen mitmachen. Seine Mauer wäre durchdrungen. Gut... nein perfekt. Bei meinem Häuschen angekommen, parkte ich in der Garage. Ich hob den Zwerg aus dem Auto und stellte erneut fest, wie leicht er war. Fast amüsiert trug ich ihn in mein großes Wohnzimmer, setzte ihn auf die Couch und holte erst mal einen Erste-Hilfe-Koffer und Handtücher. Eines warf ich mit über den Kopf und rubbelte ihn halb trocken und warf das Handtuch anschließen um meinen Nacken. Anschließend ging ich zurück ins Wohnzimmer, wo Haou still da saß. Er hatte nicht einmal seine sitzende Haltung verändert. Ich bequemte mich neben ihm und hielt ihm das Handtuch hin. Er schwieg und rührte sich nicht. Dann eben nicht... Ich trocknete ihm selbst die Haare ab. Daraufhin schob ich einige seiner Haarsträhnen weg, um seine Wunde begutachten zu können. Mhn, Amon musste ihn gut getroffen haben. Was mich skeptisch machte, war die Tatsache, dass der Schlagwinkel unnormal war. So, als wäre es weder beim Rennen noch beim Stehen passiert. Ich versorgte die Wunde und band ihm ein Verband darum. Es war nicht schwer für mich, jemanden zu verarzten. Oft genug musste ich mein Können an mir selbst austesten. Wer sollte mir schon helfen, wenn ich alleine lebte? Irgendwann bemerkte ich, dass er mir ins Gesicht schaute. Na, hatte er sich dazu durch gerungen? „Das sieht dir nicht ähnlich...“, gab er in einer eher leisen Tonlage von sich. Er hörte sich an wie sonst auch. Die Stimme war nicht mehr so dunkel. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. „Du schätzt mich schlicht schlechter ein, als ich verdiene.“, entgegnete ich ruhig. „Was willst du?“ Ah, immer noch dasselbe Spielchen. Ich würde ihm noch austreiben zu glauben, dass ich jeden als Spielzeug benutzte. Bald würde er glauben, dass dieser Gedanke eine Lüge war. Das würde schon nicht so schwer werden. An dieser Wahrheit konnte er sich nicht ewig festklammern. Und falls doch, würde er schon sehen, dass es nichts Unangenehmes war, MEIN Besitz zu sein. Haou schaute mich weiterhin an. Zwar offenbarten seine leicht geschlossenen Augen, dass er müde war, doch hatte er immer noch diesen Blick. Diesen Blick, der aussagte, dass er Herr über dieser Situation war. „Was ich will?“, fragte ich zurück, „Ich will dafür sorgen, dass du uns nicht wegstirbst. Sei nicht so undankbar, Bürschchen. Wer weiß, was Amon angestellt hätte, wenn ich nicht gekommen wäre.“ „Oho, du bezeichnest dich also als Retter.“ Die Stimme war wieder ein wenig tiefer und was mich noch mehr erstaunte. Sein Blick war viel bissiger und verspielte als vorher. „Wärst du nicht aufgetaucht, hätte ich leichtes-“ Kurz schwieg er. Dann hielt er sich am Kopf und gab ein leicht gequältes „Uhh“ von sich und blinzelte. Sein Blick traf meinen. Der Ausdruck hatte sich geändert... schon wieder. „Was wäre dann?“, harkte ich nach, doch Haou schien nur verwirrt. „Was meinst du? Wieso... hast du mich überhaupt her gebracht? Du hättest mich einfach...“ „Klappe, Kleiner. Sei einfach dankbar. Lass mich nur kurz Jim Bescheid geben, dass du heile bei mir bist.“, unterbrach ich ihn und rief sofort Jim an, der atemlos den Anruf annahm. „Yohan! Hast du ihn gefunden? Wir haben nur noch Amon humpelnd gesehen!“ „Das ist wohl meine Schuld und es tut mir auch so furchtbar „leid“.“ „Du hast..!“ „Habe ich. Keine Sorge, ich hab den Bengel mit zu mir genommen. Hier wird ihm am wenigsten... etwas passieren.“ Ich hatte mich von Haou weggedreht, um mein Grinsen zu verbergen. „Ich komme gleich vorbei.“ „Wozu? Hast du Angst, dass ich dir...?“ Mit Absicht beendete ich den Satz nicht. Ich wollte ihn quälen. Jim mochte mein Freund sein, allerdings war er auch nur ein sterblicher Mensch. „Tz, vertraust du mir nicht? Außerdem geht es ihm nicht wirklich gut. Er scheint erschöpft zu sein und er kann sich hier ausschlafen. Keiner wird ihn stören. Ich werde wahrscheinlich an meiner Literatur-Hausarbeit schreiben, sonst bekomme ich noch ärgern. Also sei unbesorgt, Jim. Morgen wird er heile bei dir ankommen.“ Heh, ob das die Wahrheit war? Erst schwieg Jim. „Gut, morgen sehen wir uns dann. Benimm dich!“ „Ja, klar.“ „Yohan... bitte.“ „Ich versuchs. Keine Sorge, Kumpel. Du kennst mich doch...“ Dann legte Jim auf und ich musste weitergrinsen. Tut mir Leid, Kumpel. Aber was du haben willst, wird mir gehören. Nur mir. Und falls ich es bis morgen schaffe, wird der kleine nicht mehr genug von mir bekommen. Mit einem ruhigen Ausdruck drehte ich mich zu ihm und bemerkte, wie er sein Gesicht langsam abtrocknete und in Gedanken zu sein schien. Hah, wie so ein niedliches Kleinkind. Egal wie viel Genie in ihm stecken mochte, er benahm sich kindlich. Woran das wohl lag...? Nein, eher fragte ich mich, wieso seine Stimmlage sich öfter mal änderte. Wie war das, Jim hatte etwas von wegen seinem Verhalten gesagt. Sünde und Unschuld nicht? Mhn, ob man diese Sünde herauslocken könnte? Ah, aber so ein unschuldiges Ding war so einfach zu verführen. „Anderson-...“ „Sag Yohan.“, meinte ich stur. „Natürlich darfst du mich auf Yo-kun nennen.“ Der Ausdruck wandelte sich zu einem leicht genervten. Ich musste kichern. „Du bist vorhersehbar.“ Bei dieser Aussage schien er erstaunt, als ich rausging, um zu sehen, ob ich kleinere Kleidungstücke besaß, die seiner Größe entsprechen könnten. Als ich welche fand, gab ich ihm diese. „Du bleibst heute hier. Ich will sehen, was deine Wunde macht und wer weiß, ob Amon dich in deinem Appartement aufsucht. Sonst noch Fragen?“ Haou schwieg eine Weile. Dann nickte er schlicht. Er schaute auf die Sachen, die ich ihm gebracht hatte und dachte wohl nach. Sein Ausdruck war nicht mehr so hart wie sonst. Hah, er war doch so ein niedliches Mini-Monster. Herrlich, ich würde an diesem Abend noch sehr viel Spaß haben. Die Situation hatte sich einfach nur zu meinem Gunsten gedreht. Perfekt. Denn nun... war er MIR hilflos ausgeliefert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)