Toy von Tamer ================================================================================ Kapitel 6: 6 ------------ Als er erwachte, fand er sich auf dem Bett wieder, mit einer Tagesdecke umhüllt. Zu seinem Leidwesen trug er immer noch das Halsband, er fühlte es jedesmal, wenn er Luft holte. Erfolglos versuchte er zum wiederholten Male den Verschluß zu lösen, Tränen traten ihm in die Augen. Wie konnte das passieren? Ihm, der selbstständiger war, als die Meisten anderen seines Alters. Überrumpelt in einem Moment der Schwäche. Wäre er doch bloß nie so krank geworden, daß er auf Hilfe angewiesen war. Denn wenn jemand ihm half, erwartete derjenige immer eine Gegenleistung. So war das im Leben. Es gab nichts umsonst. Man mußte stark sein, durfte keine Gefühle zeigen. Und in diesem Fall war die Gegenleistung besonders hoch. Ray war gefangen, niemand würde sich darum kümmern. Jedenfalls nicht so bald. Er mußte verschwinden, hatte keine andere Wahl. Seufzend rollte er sich zusammen, überlegte, daß ihn wohl wer ins Bett gebracht haben mußte, schließlich war er am Tisch eingeschlafen. Ray war furchtbar langweilig, er hatte nichts, mit dem er sich hätte ablenken können. Zudem wußte er nicht, wo genau er nun war. Im Raum lagen keine Zeitungen herum, nichts, was ihm hätte einen Hinweis geben können. Prüfend legte er eine Hand auf seine Stirn, er fühlte sich seltsam schwummerig. Als ob er zu lange geschlafen hätte. Soweit er das beurteilen konnte, war das Fieber weg, praktisch gesehen war er gesund. „Ausgeschlafen?“ Kai erntete nur einen eisigen Blick. Provokativ drehte sich der Chinese in eine andere Richtung, rüttelte an der Kette, lauter als es nötig gewesen wäre. „Steh auf, du hast bestimmt Hunger. Das Gebäck ist für dich, du kannst dich jederzeit bedienen. Und hör auf sauer zu sein. Dafür gibt es keinen Grund.“ „Ach nein? Laß mich überlegen: Du entführst mich, hälst mich hier, wo immer das auch sein mag, gefangen und erklärst mir, daß ich dein Sklave wäre, der nur die Beine breit macht, sobald du Lust dazu hast. Du hast Recht, ich brauche überhaupt nicht wütend zu sein. Nein, ich sollte dir vielleicht danken, daß du mich wie den letzten Dreck behandelst! Laß mich bloß in Ruhe.“, schnappte der Kleinere aufgebracht. „Ray, komm wieder runter. Es wird dir schon gefallen, da bin ich sicher. Außerdem sagt niemand, daß du nur die Beine breit machen sollst, wie du es so schön ausdrückst. Toys sind Luxus, so werdet ihr auch behandelt. Ich möchte mit dir ausgehen, dir alle Möglichkeiten eröffnen. Dazu mußt du mir aber erst vollkommen vertrauen, mir bedingungslos gehorchen. Nicht, weil es mir Spaß macht, sondern damit dir nichts geschieht. Auch wenn ich mal nicht in deiner Nähe bin. Verstehst du? Ich will dir nicht wehtun, deinen Willen brechen, daß du nur hölzern daliegst. Ich möchte dich so wie du bist. Mit allen deinen Sorgen, Problemen, Wünschen. Sobald du mir nur ein kleines bißchen vertraust, zeige ich dir das Haus, eventuell gehen wir mal vor die Tür. Das hängt aber vom Wetter ab. Versteh doch, daß du wichtig bist. Für mich. Ich will dich hier, damit du aufwachsen kannst, ohne dir Sorgen machen zu müssen, ob der Kühlschrank gefüllt ist oder nicht. Da ist ein wenig Nähe nicht zuviel verlangt, oder?“ „Nähe nicht, aber du willst Sex. Versuch bloß nicht mir was anders zu erzählen.“ „Tu ich nicht. Sicher möchte ich dich nehmen, wenn die Zeit gekommen ist. Aber ich werde dich nicht vergewaltigen. Dazu bist du zu wertvoll. Du sollst es auch genießen können. Ißt du mit, oder schmollst du weiter?“ Der Schwarzhaarige hatte Kai angesehen, erkannte keine Lüge in dessen Blick. Leise seufzend stand er auf, nahm sich einige Kekse, die in der Schale lagen. Allerdings aß er die weit weg vom Russen, der es dabei bewenden ließ. „Mir ist langweilig, ich bin wieder gesund. Es gibt keinen Grund mich noch länger hier festzuhalten.“ „Das entscheide immer noch ich. Erst warte ich die Ergebnisse der Untersuchung ab, dann sehe ich weiter. Aber wenn du magst zeige ich dir einen Teil des Hauses. Würde dir das gefallen?“ „Warum redest du manchmal mit mir, als wäre ich ein Kleinkind?“ „In deiner Nähe kann ich nicht anders. Na, wie sieht’s aus, hast du Lust?“ „Klar.“ Der Russe löst die Kette, holte eine Hose aus einer Schublade, die sonst verschlossen war. Hastig zog sich Ray das Kleidungsstück über, folgte dem Größeren aus dem Zimmer. Vor der Tür sah er sich wider Willen beeindruckt um. Eine breite Galerie zog sich fast um den gesamten zweiten Stock, es führte eine hölzerne Treppe hinauf. Jeweils am Ende der Galerie wand sich eine schmalere Treppe zum dritten Stock. Der Eingangsbereich war mit Parkett ausgelegt, gelegentlich unterbrochen von einem Läufer. Das Stockwerk, auf dem sie sich nun befanden, war komplett mit Teppich ausgelegt, an den Wänden hingen gerahmte Bilder. Still wartete Kai ab, bis sein Toy die ersten Eindrücke verarbeitet hatte, ihm seine Aufmerksamkeit zuwandte. Ein Teil des Hauses wurde dem Chinesen gezeigt, dabei begegneten sie niemandem, obwohl Stimmen von irgendwoher zu hören waren. Fast schon bedauernd lotste Kai seinen Kleinen wieder zurück, kettete ihn an. „Morgen gehen wir vielleicht mal raus, im Moment regnet es leider. Du wirst dich hier bestimmt bald wohl fühlen. Ich geh mal nachsehen, ob ich nicht etwas zum Lesen für dich finde.“ Geistesabwesend nickte der Jüngere, setzte sich so nahe ans Fenster wie möglich. Die Regentropfen liefen die Scheibe hinunter, der Wind wehte die letzten Blätter von den Bäumen. „Hier. Ich muß noch mal weg. Wie schon gesagt, kannst du dir von dem nehmen, was auf dem Tisch liegt. Mach bitte keine Dummheiten.“ Kai legte die beiden Bücher auf den Tisch, streichelte Ray noch einmal über die Haare. Der verzog das Gesicht, versuchte der Berührung auszuweichen. Dann fiel die Tür ins Schloß, er hörte, wie der Schlüssel gedreht wurde. Seufzend nahm er das, was der Russe ihm gebracht hatte, näher in Augenschein. Ihm war langweilig, da konnte er genauso gut ein bißchen lesen. Da er ohnehin keine andere Beschäftigung hatte, als aus dem Fenster zu starren. Es war schon dunkel, als Ray die Schritte des Größeren hörte. Inzwischen konnte er sie von den anderen unterscheiden. Trotzdem schaute er kaum auf, als die Tür aufgeschlossen wurde. „Kleiner? Komm, sieh mich an. Gefallen dir die Bücher? Du hast ja schon viel geschafft.“ „Mir ist langweilig, ich hab nichts anderes zu tun. Welches Datum haben wir eigentlich?“ „Brauchst du nicht zu wissen. Ich habe das Abendbrot mitgebracht. Deck schon mal den Tisch, ich geh nur kurz ins Bad.“ Der Chinese stand vom Boden auf, ordnete das Geschirr vom Wagen auf dem kleinen Tisch. Aus dem Bad drangen die Geräusche fließenden Wassers, erinnerten den Jüngeren an seine Blase. Kai kam heraus, wurde von seinem Toy erwartet. „Löst du die Kette? Ich muß mal auf die Toilette.“ „Sicher, komm näher. Und wenn du das nächste Mal etwas möchtest, fragst du höflicher um Erlaubnis. Vergiß nicht, daß du mir gehörst.“ „Ich habe schon gesagt, daß ich weder dir noch sonstwem gehöre. Ich müßte nicht fragen, wenn du die Kette weglassen würdest. Oder du läßt mich gehen, dann bestünde dieses „Problem“ nicht.“ „Du hast dich mächtig im Ton vergriffen! Noch einmal und du kannst dich auf was gefasst machen.“ Der Chinese stockte, er erinnerte sich an den „kleinen Klaps“, den ihm Kai gegeben hatte. Aber er würde sich nicht einschüchtern lassen, dazu war er zu reif. Die Worte holten ihn aus den Gedanken. „Komm ein bißchen dichter. Beeile dich, du brauchst mehr Schlaf, ich möchte nicht, daß du wieder krank wirst.“ Der Größere löste das geschmiedete Eisen, verwundert blieb Ray noch einem Augenblick stehen, um dann ins Bad zu verschwinden. Diesen Ton kannte er nicht, so als würde der Ältere sich tatsächlich sorgen. Dazu kam der Wechsel der Stimmlage ziemlich abrupt, er konnte sich keinen Reim darauf machen. Hatte er, wenn auch unbewußt, den Kopf gesenkt, damit seinen Fehler zugegeben? Vielleicht um Verzeihung gebeten? Wie dem auch sei, er sollte sich nicht allzuviel Zeit lassen, ihm knurrte der Magen. „Setz dich. Ich weiß, daß du Meeresfrüchte magst, also iß dich richtig satt.“ Stillschweigend nahm der Jüngere Platz, tat sich auf, nachdem sich Kai bedient hatte. Nachdem sie fertig waren nahm sich der Schwarzhaarige, wie schon in der vergangenen Nacht, sein Bettzeug, legte es auf den Boden. „Kleiner? Komm ruhig ins Bett, ich tu dir nichts. Der Fußboden ist hart und ungemütlich.“ „Nein, laß mich gehen, ich bin müde.“ „Ray, wenn du möchtest, kannst du dich dazulegen. Träum was schönes.“ Ray antwortete nicht, legte sich auf die Decken. Noch lange hörte er auf die regelmäßigen Atemzüge, bibberte ein bißchen. Der Wind drang durch das angelehnte Fenster. Er wünschte, er hätte mehr gehabt, um sich zuzudecken. Fast wünschte er sich, daß er sich einfach an Kai ankuscheln könnte. Aber sein Stolz hielt ihn davon ab aufzustehen und sich ins Bett zu legen. Irgendwann schlief er ein, um ungewöhnlich früh wieder aufzuwachen. Reglos lag er noch eine Weile da, versuchte zu ergründen, was ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Da war es schon wieder! Ein schauerliches Kreischen, das sich so anhörte, als würde ein Vieh wie aus einem Alptraum neben ihm diesen Ton von sich geben. Leise stand er auf. Eine Gänsehaut hatte sich auf seinen Armen gebildet. Ray hielt die Kette, damit sie nicht klirrte, ging zum Bett, wo der Russe ruhig schlief. Anscheinend gab es keinen Grund zur Besorgnis, es schien völlig normal zu sein. Auf einmal zog ein Schatten am Fenster vorbei, das Tier schrie wieder, ließ dem Chinesen das Blut in den Adern gefrieren. Mit einem erstickten Schrei krabbelte er zum Russen, hielt zwar Abstand, fühlte sich trotzdem sehr viel sicherer. „Süßer? Was hast du? Fühlst du dich nicht ?Du bist eiskalt, komm, ich decke dich zu.“ „Faß mich nicht an! Da draußen war irgendein Vieh.“ „Du meinst sicher den Reiher. Keine Sorge, der macht hier nur Station, ehe er in den Süden weiterfliegt. Bleibst du im Bett? Du bist ausgekühlt.“ Vorsichtig nickte Ray, wickelte sich in das Bettzeug. „Behalt deine Hände bei dir, wehe du kommst mir zu nahe.“, warnte er. Kai seufzte, er verstand nicht so ganz, wovor sein Toy eigentlich Angst hatte. Wenn er ihm hätte Gewalt antun wollen, hätte er das doch schon lange getan. Außerdem war er doch human gewesen. Die meisten anderen Master hätten sich so ein Benehmen nicht gefallen lassen. Aber bei Ray war alles anders, da wollte er es langsam angehen lassen, ihn zu nichts wirklich zwingen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)