Flatmates von SummoningIsis ================================================================================ Kapitel 11: Inbetween --------------------- Da ich momentan nicht so die Zeit habe (und diese dann auch für das Weiterschreiben nutze), möchte ich an dieser Stelle ein großes DANKE an ALLE Reviewer aussprechen :) :) Ihr seid echt toll, jedes einzelne Wort treibt mich an schneller zu tippen. Ich hoffe auch, dass ihr mir das kommende, etwas kürzere Kapitel verzeiht, welches man vielleicht auch als Intermezzo bezeichnen könnte. Ich schreibe schon Mittwoch weiter und hoffe euch dann am Freitag/Samstag das Resultat präsentieren zu können. Genug Autorengelaber! - - - INBETWEEN Feierabendverkehr. Mittlerweile bin ich mehr froh als genervt, nicht in der Lage zu sein das Auto zu nehmen. Auch wenn ich mich gerade bei dem Führen eines Wagens am besten abreagieren kann, mit aufgedrehtem Radio, quietschenden Reifen und waghalsigen Kurven. Und die Wut hat definitiv die Überhand über meine Gefühlswelt erlangt. Ich denke an Janniks finstere Miene und muss meine Hände zu Fäusten ballen, muss mich beherrschen, nicht gegen den Sitz vor mir zu treten, einfach nur, um ein Fünkchen meines Ärgers loszuwerden. Auch wenn noch immer ein bitterer Nachgeschmack des Schmerzes zu vernehmen ist, den ich wahrscheinlich nicht fähig bin abzuschütteln. Ich seufze leise, beinahe unhörbar und betrachte die am Bus vorbeiziehenden Gebäude, die etlichen kleinen Läden, Supermärkte und Bistros. Im Herzen der Innenstadt steige ich in die Straßenbahn um und fahre noch einige Stationen, bis ich fast genau vor Raphaels Tür aussteige. Er wohnt in der kleinen Seitenstraße direkt an der Haltestelle, mit seinem Freund Hauke zusammen. Er muss wahrscheinlich nur eine Stunde vor mich zu Hause angekommen sein, wollte noch einkaufen gehen (und hat wahrscheinlich im angetrunkenen Kopf die Hälfte vergessen). Obwohl ich Hauke eigentlich gut leiden kann, hoffe ich gerade, dass dieser nicht zu Hause ist. Ich will mit Raphael alleine sprechen. Beziehungsweise mich ausheulen… Oder ihm eine verpassen, weil er mit seiner kleinen Side-Lügengeschichte alles nur noch schlimmer gemacht hat! Wobei es mir dämmert, dass ich weder das Recht, noch die richtigen Argumente besitze, auf Raphael sauer zu sein. Er hat mir lediglich eine Bürde genommen: Ich muss nicht mehr so tun, als würde ich auf Frauen stehen. Und wer mir diese Bürde überhaupt erst auferlegt hat, muss ich mir selbst nicht mehr vor die Augen halten. Wer gerade megabeschissen reagiert hat, liegt ebenso auf der Hand. Und da ist sie wieder, diese rohe Wut, diese in Zorn verpackte Enttäuschung und dieser durch sie verursachte dröhnende Schmerz, der sich wie ein Stacheldrahtzaun um mein Herz gewickelt hat und bei jedem Schlag des Organs tiefer ins Fleisch schneidet. Plötzlich stehe ich ratlos vor Raphaels Tür. Er schaut mich etwas traurig an und geht einen Stück zur Seite, bedeutet mir hereinzutreten. „Hey, Schätzchen“, begrüßt er mich und lächelt dann matt. Er scheint auch noch ein wenig angetüdelt vom prickelnden Sekt zu sein. Ja, der Tag hatte so wundervoll begonnen… „Was ist passiert?“, lautet seine nächste Frage, noch bevor ich irgendetwas anderes artikulieren kann. Während ich aus meinen Schuhen schlüpfe und meine Tasche ablade, taucht Hauke plötzlich auf. Mit seinen hellgrünen Augen betrachtet er mich sanft und lächelt leicht. Er nimmt mir meinen mitgebrachten Pullover ab und hängt ihn neben den anderen Jacken auf. „Hallo Roman“, sagt er dabei und wirft seinem Partner einen flüchtigen Blick zu. „Was war denn jetzt?“, hakt dieser nach und führt mich an meinem Arm ins große Wohnzimmer. Wir nehmen auf dem auf dem breiten Ledersofa platz und wie immer komme ich mir wie im Kino vor; vor uns steht der immense, extrem flache Riesenbildschirm, der schon eher an einen Beamer erinnert als an einen normalen Fernseher. Mir fällt mein letzter Besuch hier ein. Vor rund einem Monat muss das gewesen sein. Raphael und Hauke hatten uns und einige unserer Freunde und Bekannten zum Filmeabend eingeladen. Ich saß genau hier auf jenem Sofa, Janniks Arm um meine Schulter, sein Körper direkt an meinem. Ich kann ihn noch genau lachen hören, erinnere mich an diese gelassene und fröhliche Atmosphäre, die herrschte. „Erde an Roman, lass mich nicht zappeln!“, meldet Raphael sich zu Wort und ich räuspere mich leicht beschämt der Realität so leicht entglitten zu sein. Wegen Jannik. „Er war extrem sauer“, fange ich an und blicke Raphael sporadisch an. „Er hat mich angekeift und dann… Dann hab ich zurückgeschrien, dass es mir scheiße wegen ihm geht. Und dann wurde er noch wütender, weil es ja seine Schwestern gehört haben könnten“, meine Stimme schweift in die sarkastische Tonart über. „Und dann… Dann hab ich gesagt, er solle sich ficken und hab ihn mit seiner Jacke beworfen.“ Raphaels lautes Lachen lässt mich den Faden verlieren. Perplex schaue ich ihn an und er schüttelt lachend den Kopf. „Du findest das witzig?!“, zische ich, immer noch mehr durcheinander als wütend. Erneut schüttelt mein Freund den Kopf, blickt mich entschuldigend an, während sein Gelächter langsam verebbt. „Ich finde es nur extrem gut, dass du mal den Mund aufgemacht hast und ihm endlich mal etwas an den Kopf geworfen hast. Verbal UND physisch“, entgegnet er und kichert ein wenig. „Wobei ich nicht erwartet hätte, dass du Jannik tatsächlich irgendwelche Gegenstände um den Kopf hauen könntest. Gut, dass Muttis Porzellan nicht gerade in der Nähe lag.“ Raphael scheint mein missmutiges Gesicht aufgefallen zu sein, denn er räuspert sich umgehend, rückt näher und legt seinen Arm um meine Schultern. „Roman“, spricht er leiser und sanfter zu mir und drückt mich an sich. „Ich denke Jannik war da auch einfach nur perplex, dass du ihm kontra gegeben hast und weil es jetzt nun eben nicht mehr nach seinem Plan läuft, verstehst du Häschen?“, redet er auf mich ein. „Wahrscheinlich ist das auch das erste Mal, dass du seine Pläne durchkreuzt hast, was?“ „Ich glaube das wäre eher dir zuzuschreiben“, entgegne ich gehässiger, als ich es eigentlich artikulieren wollte. Doch Raphael scheint nicht einmal ein kleines wenig sauer auf mich zu sein. Er lächelt delikat und drückt mir einen kleinen Kuss auf die Wange. „Kopf hoch, mein Freund“, sagt er dann und lässt von mir ab, als Hauke das Zimmer mit einem Tablett betritt und es direkt vor unseren Nasen auf dem Tisch abstellt. Raphael und ich betrachten die zwei dampfenden Teetassen. Es riecht verdächtig nach Earl Grey. Daneben befinden sich noch zwei Gläser, in denen es mächtig blubbert. „Was ist’n das?“, fragen wir gleichzeitig und müssen zunächst kichern. Hauke runzelt die Stirn und stemmt seine Hände gegen seine Hüften. „Das ist eine doppelte Ladung Aspirin für die Herren Schnapsdrosseln“, antwortet er dann ruhig und ein schelmisches Grinsen legt sich auf seine Lippen. „Und das sagt der, der letztes Wochenende eine halbe Stunde gebraucht hat, um den Schlüssel in die Wohnungstür zu stecken“, antwortet Raphael eben so ruhig und grinst diabolisch. Selbst Hauke muss nun kurz auflachen, als sich ein Schatten der Erinnerung auf sein Gesicht legt. „Zu meiner Verteidigung, du hast mich abgefüllt, Süßer“, zwinkert er seinem Freund zu. Raphael grinst und nickt. „Hat ja auch gut geklappt“, stimmt er zu. Hauke streicht sich durch sein mittellanges blondes Haar. Manche bezeichnen die beiden gerne als „die Blondies“, wobei ich glaube, dass Raphaels Haare dennoch viel heller sind als die seines Partners. Größer ist auf alle Fälle Raphael, auch wenn nur ein wenig. Ich glaube Hauke hat dieselben Maße wie Jannik. Jannik. „Hör auf so traurig zu gucken, da möchte man dich ja am liebsten schütteln!“, ertönt Haukes Stimme nun in meine Richtung. Er setzte sich zu uns, direkt neben mich, sodass ich mich nun von zwei Seiten trösten lassen kann. Vielleicht lag Raphael mit der Bezeichnung „Attention-Whore“ gar nicht so verkehrt? Momentan genieße ich diese Aufmerksamkeit sichtlich. „Ich hab Hauke ein wenig von deinem Problem erzählt…“, sagt Raphael etwas leiser und blickt seinen Freund an, der nun seinen Arm um meine Schultern legt und mich knuddelt. „Find’ ich aber auch gut, dass du endlich mal zurückgekeift hast“, sagt er dann. „Hab deine Erzählung eben ein wenig mitbekommen“, fügt er hinzu. Ich seufze und schließe kurz die Augen. „Ich weiß einfach nicht, wie das weitergehen soll“, gebe ich dann zu und dies ist die absolute Wahrheit. „Momentan ist es wirklich ein Auf- und Ab. Wir verstehen uns, alles scheint irgendwie zu klappen und dann passiert wieder irgendeine dämliche Kleinigkeit und Jannik schubst mich von sich weg und verhält sich halt so… so…“ „Scheiße?“, beendet Raphael meinen Gedankengang und ich kann nichts anderes tun als zu nicken. Der Blonde blickt seinen ebenso blonden Freund an und die beiden tauschen einen mir noch nichts sagenden Blick aus. Es ist Hauke, der jetzt das Wort ergreift. „Ich weiß, das willst du vielleicht jetzt wirklich nicht hören, aber ich denke ihr braucht wirklich ein wenig Distanz“, sagt er ernsthaft. Ich schließe die Augen erneut und hole tief Luft. „Genau das gleiche hat Jannik auch gesagt…“ Finstere Gedanken machen sich bei dieser frischen Erinnerung in meinem Innern breit. „Ja,“ mischt Raphael sich ein. „aber ich denke Hauke meinte das ein bisschen anders als der werte Herr Ich-bin-so-hetero!“ Ich sehe ihn fragend an und es ist erneut Hauke der weiter redet. „Hör zu, das ist alles sehr spontan jetzt, aber irgendwie glaube ich, das wäre genau das richtige für dich“, setzt er an und ich wende ihm meinen Kopf zu. „Raphael, Niklas, Schorsch und ich fahren heute morgenfrüh für den Rest des Wochenendes an die Ostsee. Sonntag sind wir schon wieder zurück, also eigentlich nur eine Nacht in einer billigen Pension. Wir haben zwei Zweierzimmer reserviert, aber Raphael und ich können uns ja ein Bett teilen. Hätten wir eh gemacht und die Leute haben mit einer Extraperson kein Problem, solange eben bezahlt wird“, zwinkert er mir zu. Ich schaue ihn skeptisch an. Morgen einfach die Koffer packen und fast zwei Tage weg sein? Weg von Jannik? Wieso eigentlich nicht? Oder… „Lass Jannik doch mal ein wenig alleine sein und über seine Vorgehensweise nachdenken“, führt Raphael den Überredungsversuch seines Freundes fort. „Zudem würgst du ihm unbewusst noch eine rein, schon alleine weil Niklas dabei ist…“, mischt Hauke sich grinsend wieder ein und Raphael lacht kurz. Ich muss schlucken. Ja. Niklas ist so eine Sache für sich. Wir kennen ihn auch schon eine Ewigkeit. Und ich weiß auch seit seiner Ewigkeit, dass er ein Auge auf mich geworfen hat. Es ist nicht so, dass er mich anmachen würde, oder irgendwelche abschätzigen Kommentare in Richtung Jannik ablassen würde. Niklas hält sich sehr zurück. Manchmal, in der Disko zum Beispiel, spüre ich nur seine Blicke an mir haften. Wenn wir alle auf der Tanzfläche sind, ist er öfters in meiner Nähe – es sei denn es bietet sich eine andere, schmackhafte Alternative. Ich schlucke erneut. Ich habe es noch nie darauf angelegt Jannik eifersüchtig zu machen. Das ist er sowieso nicht, denn es besteht auch überhaupt gar kein Grund dazu. Ich bin ihm hoffnungslos verfallen. Und das weiß mein Freund eigentlich am besten. Naja, er reagiert vielleicht etwas gereizt auf meine Verflossenen. Hauptsächlich aber, weil es eben eine Periode in meinem Leben gab, in der mir alles egal war und ich mich einfach habe vollaufen lassen. Meine Ex-Partner haben so manches dazu beigetragen. Wann immer ich einen Zug eines Joints nehme, erinnere ich mich irgendwie daran, an diese bekloppte Zeit. Aber sonst. Nein, sonst ist Jannik nicht derjenige für Eifersucht. Vielleicht wäre dies aber auch gerade DER Grund, es mal auszuprobieren…? Normalerweise würde ich solche Gedankengänge auf Anhieb verwerfen, aufgrund meiner neuen, miserablen Lage, führen sie sich dennoch automatisch fort und diese Wut, die heute bereits mein Tun gelenkt hat, erreicht mich wieder und überströmt mich vollkommen. „Es würde dir gut tun. Und überhaupt euch beiden“, spricht Raphael mit sanfter Stimme weiter. „Manchmal muss man sich eben aus dem Weg gehen, um die Gedanken zu ordnen. Denn wenn man den anderen ständig sieht, dann spielen auch eben die Gefühle verrückt, weißt du, was ich meine?“ Ich nicke stumm und lächle ihn kurz an. „Wie viel würde mich der Spaß denn kosten?“, frage ich und damit sind all meine Zweifel auch beiseite geschoben. Vielleicht ist es wirklich eine gute Idee Jannik zunächst aus dem Weg zu gehen. Raphael und Hauke lächeln triumphierend. „Wir laden dich ein, Schätzchen!“, tut Raphael dann kund und schlägt mir freundschaftlich auf den Oberschenkel. „Wow, danke, aber… Nein, das kann ich nicht annehmen“, protestiere ich freundlich. „Und wie du das kannst“, mischt Hauke sich wieder ein und ich schüttel erneut den Kopf. „OK, wir machen das so“, fährt Raphael fort. „Du spendierst zwei Kisten Bier und etwas Wasser und um den Rest kümmern wir uns. Deal?“ „Na, hast du genug von Sekt, Schatz?“, neckt Hauke ihn und Raphael schlägt spielerisch nach ihm. „Hey, treibt eure SM-Spielchen woanders, klar?“, necke ich ihn wiederum und habe prompt zwei Kissen im Gesicht. In Folge dieser sich entfaltenden Kissenschlacht rasseln die Aspiringläser zu Boden, ohne zu zerspringen, und Hauke springt jaulend auf, als der immer noch ziemlich heiße Earl Grey seine Hosen besprenkelt. Und so steht er dann nur in seinen Boxershorts lachend vor uns und schwört uns umzubringen. Raphael steht auf und tritt auf seinen Partner zu, legt seine Arme um seine Hüften und küsst ihn. Hauke grinst. „OK, ich gehe dann mal jetzt lieber!“, bemerke ich lachend und hopse zur Wohnungstür. Raphael folgt mir und reicht mir meinen Pullover, den ich eigentlich gar nicht brauche, weil es draußen noch ziemlich warm ist. „Wir holen dich morgen um 7 Uhr ab, Hase“, sagt er lächelnd. „Und sag es Jannik, klar? Ich will nämlich nicht, dass du einfach abhaust, ohne dass er weiß, wo du steckst!“ „Wenn ich es ihm nicht sage, dann kann ich ihn doch gar nicht eifersüchtig machen, oder?“ gebe ich zurück und Raphael seufzt. „Du weißt aber schon, dass es nicht hauptsächlich darum geht, oder?“, hakt er nach und verschränkt die Arme vor seiner Brust. Ich seufze und sehe ihm erneut in die Augen. „Ja, das weiß ich, Captain!“ Er lächelt und tritt auf mich zu und küsst mich auf meine Nasenspitze. „Dann bis morgen früh, mein Matrosenhäschen“, neckt er mich und ich winke ihm zum Abschied noch einmal zu. Das von mir unterdrückte, mulmige Gefühl bei dieser ganzen Sache schleicht sich erst im Bus nach Hause bei mir ein. Wie ein Schatten, der mit der untergehenden Sonne immer deutlicher und größer wird, bis er schließlich mit der Nacht zum einen wird und alles übernommen hat. Was Jannik wohl die ganze Zeit über gemacht hat? Ist er überhaupt zu Hause? Und: Wird er überhaupt mit mir sprechen? Ich hasse den Umstand, dass ich mir solche Fragen überhaupt stellen muss, dass ich mit diesem beschissenen Gefühl nach Hause gehe und Angst habe, meinem eigenen Freund unter die Augen zu treten, der dazu auch noch drei Jahre jünger ist als ich. Ich will, dass alles wieder normal ist und selbst wenn ich Klara und vor allem Julia sehr gern habe, will ich, dass sie gehen! Nein. Ich will, dass sie alles wissen. Nein. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich will. Oder eben nicht. Ich denke ich will an die Ostsee. Mit einigen Freunden herumblödeln, Bier trinken und auf völlig andere Gedanken kommen. Und ich will, dass Jannik alleine hierbleibt und nachdenkt. Aber wird er das überhaupt tun? Mit einem unterdrückten Seufzen schließe ich unsere Wohnungstür auf. Der Fernseher läuft, irgendwer räumt die Küche auf, die Tür zu unserem Zimmer steht offen. Ich schleiche hinein. Es ist leer, aber Janniks Laptop läuft auf Hochtouren. Auf seinem Schreibtisch liegen etliche Papiere bezüglich seiner BA-Arbeit. Oh Gott, Bücher dafür hat er sich auch schon ausgeliehen… Ich entscheide, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, um über meine Diplomarbeit nachzudenken. Ich setze mich aufs Sofa und starre einfach den Kleiderschrank an, denke darüber nach, was ich gleich in meine kleine Reisetasche packen kann und mir fällt auf, wie seltsam sich das eigentlich anfühlt ohne Jannik zu verreisen, auch wenn es nur für einen Tag ist, wenn es nicht einmal ins Ausland ist, wenn es… Jannik schließt die Tür ganz sachte. Als wäre es aus Watte klingt sich das Schloss ein. Mein Freund bleibt zunächst stehen und betrachtet mich, ich kann seinen Blick an meiner Seite deutlich spüren. Nur langsam wende ich ihm den Kopf zu, unwissend, was mich erwartet, auch ein wenig ängstlich. Unsicher. Seine dunklen Kristalle mustern mich und dann sieht er weg, schaut den Boden an. Auch ich wende den Kopf an, muss mir auf die Zunge beißen, wage es kaum mich zu bewegen. Nur aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, dass Jannik sich wieder in Bewegung setzt. Mein Herz fängt an etwas lauter zu schlagen. Ich habe Angst, dass er sich einfach seinem Laptop zuwendet und mich ignoriert. Doch das tut er nicht. Das Material des Sofas gibt leicht nach, als er sich neben mich setzt. Er legt seine Hand auf mein Knie, die ich instinktiv mit meiner bedecke. Seine Haut ist so zart, so warm und fühlt sich auf meinem Körper einfach so richtig an. Janniks Atem streicht kitzelnd über meinen Hals, als er seien Kopf an meiner Schulter anlehnt. Mir scheint es, als hätte er dir Augen geschlossen. Er atmet gleichmäßig. „Tut mir Leid, Roman“, flüstert er, so als würde er die Worte an niemanden bestimmtes richten. „Mir auch“, wispere ich zurück. „Nein… Ist… schon OK“, entgegnet er mit müder Stimme und richtet sich auf. Er sieht mir jetzt genau in die Augen und zaubert erneut diese wohl vertraute Gänsehaut auf meine Arme. Langsam lächelt er und streicht mir mit seinen Fingern über die Wange. All das scheint mir so vertraut. Es ist mir vertraut. Und doch kommt sie wieder. Diese Wut. Ich erinnere mich an meine eigenen Worte. „Momentan ist es wirklich ein Auf- und Ab. Wir verstehen uns, alles scheint irgendwie zu klappen und dann passiert wieder irgendeine dämliche Kleinigkeit und Jannik schubst mich von sich weg…“ Diese Idylle ist nur ein trügerischer Schein der Normalität, ein fälschliches Abbild und ich weiß das. Genauso wie Jannik sich dessen bewusst ist. Jetzt sitzen wir hier, aneinandergeschmiegt und säuseln uns irgendetwas ins Ohr. Wir küssen uns und atmen den Geruch des anderen ein. Doch wenn auch nur ein kleines Geräusch im Flur ertönt, oder sich Julia und Klara der Zimmertür nähern, springt Jannik sofort auf, kehrt mir den Rücken zu und fordert dasselbe von mir. Seine Lippen berühren jetzt die meinigen und ich muss mit Traurigkeit feststellen, dass ich derjenige bin, der sich nun verkrampft. Er streicht mir durchs Haar und mustert mich vorsichtig. „Ist irgendetwas, Roman?“ Viel ist! „Ich war eben noch mal bei Raphael“, sage ich trocken und blicke den interessanten Wecker an. „Ich fahre morgen mit ihm bis Sonntag an die Ostsee. Hauke, Schorsch und Niklas kommen auch noch mit. Rapha meinte, es wäre kein Problem mich noch ins Zimmer zu bekommen.“ Jannik sagt gar nichts. Noch immer ruht seine Hand auf meinem Knie. „Hast du was dagegen, wenn ich gehe?“, hake ich mit wackeliger Stimme an und traue mich irgendwie nicht, ihn dabei anzusehen. „Nein“, bringt er dann ruhig heraus. „Ist vielleicht besser so“, fügt er ebenso ruhig hinzu. Nun blicke ich ihn doch endlich an und er lächelt traurig, ohne meinen Blick zu erwidern. Und dann verlässt seine Hand mein Knie und er steht auf, geht an den Laptop ohne ein weiteres Wort mit mir zu wechseln. Stumm stopfe ich meine kleine Reisetasche voll. Minuten scheinen für mich wie Stunden. Den Rest des Abends sprechen wir kein Wort miteinander. Und diese Kälte umschlingt mich immer weiter. Es ist Nacht. Jannik klappt den Laptop zu. Unschlüssig steht er im Pyjama im Raum und krabbelt dann doch zu mir ins Bett. Seine Arme umschließen mich und er versucht mich zu wärmen. Dennoch vergeht dieses eisige Gefühl in meinem Innern nicht. Ich möchte einfach nur heulen. Aber ich tue es nicht. Als ich aufstehe, mich anziehe und nach einem kleinen Frühstück die Wohnungstür aufschließe, steht er plötzlich hinter mir. Seine Hände ruhen auf meinen Hüften. Er dreht mich zu sich herum, presst mich gegen seinen Körper und blickt mir tief in die Augen. Er küsst mich. Intensiv, zärtlich und sieht mich danach erneut an. Einige Sekunden vergehen. Er sagt nichts. Und dann steige ich die Treppen herunter und frage mich, ob das alles vielleicht doch nicht so eine gute Idee ist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)