Anders gleich von JemoKohiri ================================================================================ Kapitel 1: Anders gleich ------------------------ Anders gleich „Cil James Conel, vergiss es! Vergiss was du vorhast! Ich verbiete es dir nach draußen zu gehen und dich der Sonne auszusetzen. Vampire wie wir meiden das Tageslicht. Also, verkriech dich wie jeder normale Vampir in deinen Sarg, nachts kannst du immer noch raus. Ist das denn so schwer zu verstehen? Könntest du nicht wenigstens ein einziges Mal unsere Gesetze beachten?“ Asan tobte einmal mehr durch die Hallen der Villa und machte seiner Wut lauthals Luft. Krebsrot im Gesicht, die Arme in die Seiten gestemmt, stand er schnaubend vor Cil, den genau das herzlich wenig interessierte. Stur sah der schlanke Rotschopf zur Seite, die Hände tief in den Taschen vergraben und die Lippen zu schmalen Strichen verzogen. „Ich hab aber keine Lust darauf hier drin zu versauern. Außerdem, Särge sind bereits seit 2 Jahrhunderten völlig aus der Mode. Diese unbequemen Holzdinger benutzt heute keiner mehr, der etwas auf sich hält. Stinknormale Betten sind an der Tagesordnung. Da wir gerade dabei sind, unsere Gesetze interessieren mich in keinster Weise. Die sind genauso überholt wie der ganze Clan selber. Ich pfeif drauf. Wir leben nicht mehr im Mittelalter Brüderchen. Wach auf und sieh nach vorn! Ich geh jetzt raus, ob es dir nun passt oder nicht.“ Hocherhobenen Hauptes drehte sich Cil um, streckte Asan zuvor die Zunge raus und verschwand flinken Schrittes aus der imposanten Familienvilla der Conels. Asan seufzte schwer, rieb sich die pulsierenden Schläfen und sah dem jungen Wildfang mit Angst in den Augen hinterher. Cil war so ungestüm, hielt sich an keinerlei Traditionen und bereitete grundsätzlich mehr Schwierigkeiten als alles andere. //Wieso konnte er nicht wie jeder andere sein? Wieso musste er so außer Kontrolle geraten? Tageslicht zum Überleben, Mondlicht als Kräftekiller – wo gibt’s denn so was?// Der Rotschopf kehrte ihre Gesetze völlig um, obwohl er auf die gleiche Weise geboren worden war wie alle anderen des Clans. //Hoffentlich nimmt das Mal kein böses Ende.// Seinem Bruder einen letzten Blick hinterherwerfend, verzog sich Asan, um zu schlafen und Kraft für die Nacht zu tanken. Der jüngste Spross der Conels hingegen war längst aus der Villa gestürmt, vorbei an den Alten und Obersten, hinaus in die Freiheit des Tages selbst. Erste Sonnenstrahlen berührten das leichenblasse Gesicht des Vampirs, ließen seine Eckzähne aufblitzen und zauberten ihm ein Lächeln aufs Gesicht. Seine Wut verflog augenblicklich, fast so als hätte es den Streit eben nie gegeben. „Endlich raus und frei, na ja, halbwegs zumindest. Meine Familie nervt nur noch. Ewig diese Gesetze, all die Vorgaben… Hallo? Ich bin jung und will noch etwas erleben.“ Lachend breitete Cil seine Arme aus, fing an zu rennen und entfernte sich immer weiter vom Anwesen. Fast wie von selbst, lenkte sein Herz seine Wege und führte ihn in scheinbar unberührte Wälder seiner Heimat. Die alten Oasen jenes Ortes tauchten seinen Körper sofort in ein faszinierendes Spiel aus Licht und Schatten. Vereinzelte Strahlen tanzten über den Boden hinauf zu den Bäumen und wieder andere spiegelten sich im Fell der Waldbewohner. Letztere hielten lieber etwas Abstand, besonders die weiblichen Tiere unter ihnen. Nicht, dass Cil ihnen jemals etwas getan hätte, aber der Fremdling besaß eine Angewohnheit, die ihnen nur bedingt gefiel. Cil machte sich daraus aber nichts. Stattdessen wanderte er pfeifend weiter durch die Wälder, weiter bis zu seiner geliebten Lichtung. Bei jener Lichtung angekommen, legte sich der Rotschopf sofort vor seinen Lieblingsbaum. Die Augen schließend zog er die Sonne wie ein Schwamm auf. Insgeheim hoffte er, obwohl das selbst bei ihm bisher nicht geklappt hatte, braun werden zu können. Doch, bereits nach wenigen Minuten, verdunkelte ein Schatten seine helle Welt. „He du, du versperrst mir die Sicht. Siehst du nicht, dass ich hier gerade bade? Such dir dein eigenes Fleckchen und lass mich gefälligst in Ruhe.“ Sein Schatten dachte allerdings nicht daran zu weichen, stattdessen kicherte er auch noch. Zudem striff etwas Schuppiges seine nackten Waden. „Die Sonne gehört nicht nur dir Kleiner. Außerdem ist das mein Baum vor dem du da liegst. Von daher müsstest, wenn überhaupt, du dich bewegen.“ Wie bitte? Cil glaubte sich verhört zu haben und schlug deswegen genervt seine Augen auf. Doch, mit dem was er nun zu sehen bekam, hatte er gewiss nicht gerechnet. //Was zur Hölle soll das denn sein?// Vor ihm stand ein junger Mann, vermutlich mehr oder weniger in seinem Alter. Soweit so gut, aber seine äußere Erscheinung hatte es in sich, galt für Cils Begriffe als außergewöhnlich. Stechend gelbe, echsenartige Augen, gepaart mit langem, grünen Haar, spitzem Gesicht, schuppigen Händen sowie Armen und nicht weniger schuppigen Füßen bzw. Beinen. Zudem wuchsen riesige, leicht ledrige Flügel aus seinem Rücken und auch ein Schwanz, ähnlich dem eines Drachen, schlängelte sich um die Beine des Wesens. „Also, was ist nun?“ Fragend legte der Fremde seinen Kopf schief und leckte sich über die Finger, die im selben Augenblick zu Krallen wurden und die Hälfte des Armes veränderten. „Nichts ist. Ich geh hier nicht weg. Wer bist du überhaupt, dass du dir erlaubst so mit mir zu reden? Weißt du denn nicht wer ich bin?“ Cil verengte seine katzenartigen Augen, stand auf und baute sich vor dem Fremden auf. Da er aber selber eher schmächtig war und nichts weiter trug, wirkte er dabei ungewollt komisch. Sein Gegenüber grinste deswegen, leckte sich über die Lippen und schlug kurz mit seinen Flügeln. „Ich? Ich bin Draco. Letzter meiner Rasse und zudem ein Sonderling. Und wer bist du?“ „Ich? Nun, ich bin Cil James Conel.“ //Von wo ist der denn? Normalerweise erkennt mich jeder sofort. Immerhin bin ich nicht gerade unbekannt. Ungebildeter Trottel.// Misstrauisch beäugten sich die beiden so unterschiedlichen und doch wieder gleichen Kreaturen. „Sag mal, müssten Drachen wie du nicht eigentlich anders aussehen? Ich mein, seid ihr sonst nicht viel größer und vor allem stärker? Du aber siehst aus, als würdest du gleich zusammenbrechen. Mich würde es nicht wundern, wenn du nicht mal Feuer spucken kannst.“ Da war sie wieder, Cils verletzende Ader, die allzu oft durchbrach, wenn er sich unwohl fühlte und mit einer Situation nicht klar kam. „Nun mal langsam, ja? Du musst nicht gleich beleidigend werden. Erstmal, ich bin ein wahrhaftiger Drache. Allerdings kann ich meine Gestalt verändern, als Einziger. Ich bin in der Lage mich in einen Drachen zu verwandeln, ganz Mensch zu werden oder aber beides zu mischen. Und was die Sache mit dem Feuer angeht, nun…“ //Das geht dich nun wirklich gar nichts an.// Draco senkte verlegen seinen Kopf und versteckte sich hinter seinen Flügeln. „Ja, was ist damit?“ Ungeduldig schlug Cil die Flügel des Drachen beiseite und hob dessen Kinn an. „Nun sag schon, was ist damit? Oder noch besser, zeig es mir.“ Draco schüttelte mit dem Kopf. „Nein, das werde ich nicht. Es geht dich nichts an was damit ist. Wir kennen uns nicht. Außerdem, ich könnte dich das gleiche Fragen. Für einen Vampir siehst du verdammt schwächlich aus. Davon abgesehen, zieh dir endlich mal was an. Du verbrennst dir sonst noch deinen hübschen Körper.“ Cil grinste nur. „Sag bloß, das stört dich? Du bist nicht mein Vater, also mach ich auch was ich will! Deswegen werde ich so bleiben wie ich bin. Zudem, es ist viel zu warm um sonst was anzuziehen.“ Schulterzuckend ließ sich der Frechere von beiden wieder vor dem Baum nieder, zwinkerte dabei zu Draco hoch und streckte ihm die Zunge raus. Weiter waren sie damit allerdings immer noch nicht. Cil hockte noch immer vor dem Baum und Draco wollte noch immer, dass er von genau diesem Abstand nahm. „Egal, ich hab keine Lust mehr mit dir darüber zu diskutieren. Wenn was ist, ich bin oben.“ Wieder leckte sich der Beschuppte über beide Arme sowie zusätzlich über die Füße. Augenblicklich verwandelte sich beides in für Drachen typische Klauen, sodass er problemlos den Baum hinauf klettern konnte. Dumm nur, dass er sich dabei verletzte, sodass ein einziger Blutstropfen nach unten fiel und direkt in Cils Gesicht klatschte. Dessen Augen weideten sich erschrocken und der sonst so lebenslustige Blutsauer wurde noch blasser, als er es ohnehin bereits war. „Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut.“ Langsam rutschte Cil immer weiter am Baumstamm runter, bis er gänzlich auf dem Boden lag und schließlich sogar das Bewusstsein verlor, für wenige Sekunden jedenfalls. Alsbald aber, schreckte er hoch, sprang auf und erleichterte sich geräuschvoll hinter dem nächsten Busch. Dabei zitterte er am ganzen Leib und fühlte sich hundeelend. Er hasste es, er hasste diese Schwäche an sich aus vollem Herzen. Und konnte doch nichts dagegen unternehmen, da er seit seiner Geburt unter ihr litt. „He, alles in Ordnung mit dir?“, klang es besorgt von oben herab, wenig später neben dem sich Übergebenden. Die kleine Wunde am Bein des Drachen hatte sich längst geschlossen, der Schock bei ihm allerdings noch nicht nachgelassen. „Entschuldige, ich wusste nicht dass du so darauf reagierst.“ //Eigentlich dachte ich immer, dass Vampire Blut brauchen, um zu überleben. Er aber scheint es nicht mal zu vertragen.// „Jetzt weißt du es aber. Also, hör auf mich dumm anzumachen.“ Cil knurrte gefährlich, versuchte sich aufzurichten und flog dabei gegen Draco, der ihn automatisch festhielt. „Es ist bereits beschämend und belastend genug.“ Anschließend fiel er erneut in Ohnmacht. Draco schüttelte nur mit dem Kopf. //Störrisch wie sonst was…// Ohne weitere Worte hob er den schlaffen Körper des Vampirs auf seine Arme, trug ihn zurück zur Lichtung und dort mit auf den Baum. Sorgsam legte er den Bewusstlosen in das Lager, welches er eigentlich für sich errichtet hatte und wachte über dessen „Schlaf“. Dabei betrachtete er den Körper des ihm noch Fremden neugierig. Er kannte Vampire bisher nur aus der Ferne, hatte die eine oder andere Geschichte über sie gehört und sonst wenig bis gar nichts mit ihnen zutun. Dabei schienen diese Wesen gar nicht so schrecklich zu sein wie alle immer taten. Cil entsprach zumindest so gar nicht dem Bild des starken Blutsaugers, der keine Quelle außer Acht ließ. //Er ist anders, genauso wie ich. Auch er gehört einer Rasse an, aber unterscheidet sich zu sehr von ihnen, um wirklich akzeptiert zu werden. Mal schaun was das noch so wird.// Es vergingen einige Sekunden in denen nichts weiter geschah. Nach und nach aber fand Cil ins Leben zurück und schlug seine Augen auf. „Na, wieder wach?“ Draco sah ihm freundlich entgegen. Cil nickte dazu nur, richtete sich etwas auf und rieb sich den Hinterkopf. „Ich hab dich übrigens erstmal in Sicherheit gebracht. Du dürftest ja selber wissen, dass man hier besser nicht schlafend auf dem Boden rumliegt.“ //In Sicherheit gebracht. Moment mal, aber das heißt ja…// Langsam, fast schon in Zeitlupe, wandte der Rotschopf seinen Kopf, sah unten und erlitt den nächsten Schock. „Das ist ja soweit oben…“ Ängstlich zuckte er zurück. Leider rutschte er dabei jedoch soweit über den Rand des Lagers, dass er hinten überfiel und Draco nicht schnell genug reagieren konnte. Ungebremst schlug Cil auf dem Waldboden auf und blieb in einer merkwürdig verdrehten Haltung liegen. Jedoch, bereits nach wenigen Sekunden sprang er wieder auf, als wäre nie etwas gewesen. „Oh je, ich hab dir wohl schon wieder wehgetan, hm? Mein Vater hat Recht, ich bin ein Trottel und tapse von einem Fettnäpfchen ins nächste.“ Der Angesprochene aber winkte ab. „Schon gut. Ich hab nur Höhenangst und meide normalerweise Örtlichkeiten, die allzu weit oben liegen. Du konntest das ja nicht wissen. Mir ist nichts passiert wie du siehst.“ Wenigstens diese Eigenschaft eines Vampirs funktionierte bei ihm ohne Probleme. „Außerdem tat das ganz gut. So konnte ich wenigstens den Schreck von vorhin vergessen. Apropos, wegen vorhin, ich reagiere allergisch auf Blut und vertrage es nicht, egal ob Menschen- oder Tierblut. Ich weiß, im Normalfall der absolute Tod für jemanden wie mich, aber na ja, es geht schon. Im Clan weiß es eh jeder, weswegen mich auch niemand wirklich mag.“ „Lass mal, das kenne ich selber zu gut. Ich bin kein richtiger Drache, aber auch kein Mensch. Ich kann fliegen, aber kein Feuer spucken. Ich verstecke mich nicht vor der Welt, habe aber zugleich Angst vor meiner eigenen Rasse. Ich bin wie du in vielerlei Hinsicht nicht so wie es sich meine Eltern wünschen.“ Cil kam sich in diesem Moment so vor, als würde er sich selber zuhören. So oder ähnlich erging es auch ihm jeden Tag, immer wieder. Doch, heute wollte er darüber nicht sprechen. Zum einen weil er keine Lust darauf hatte und zum anderen, weil der Tag zu schön war, um dadurch verdorben zu werden. „He, hör auf so trübsinnig zu reden. Zeig mir lieber wo es hier Milch gibt, sonst muss ich wieder eines der Waldtiere anfallen. Gibt’s hier irgendwo Kühe? Oder habt ihr vielleicht zu Hause Milch?“ Draco verneinte. „Milch wirst du bei uns bestimmt nicht finden, da wir Drachen sie nicht vertragen. Kühe gibt ‘s hier auch keine. Hm, aber warte mal, am Ende des Waldes lagert eine Herde Ziegen. Vielleicht nützt das dir was.“ Und wie das etwas nützte. Cils Gesicht hellte sich sofort auf. „Aber hallo. Ziegen sind sogar noch besser.“ Freudig rannte der junge Vampir von dannen, raus aus dem Wald, hin zu den Ziegen, von denen er sich eine sofort schnappte. Vergnügt zog er am Euter des verschreckten Tieres und ließ sich die dabei austretende Milch schmecken. Draco, der ihm gefolgt war, beobachtete das Schauspiel amüsiert. //Sieh einer an, der Vampir braucht Milch, um überleben zu können. Ungewöhnlich, aber interessant. Hm, ob er an einer Freundschaft interessiert ist? Dann würde ich wenigstens einen kennen, der weiß wie es sich anfühlt anders zu sein.// Wieder vergingen etliche Minuten, in denen Cil seinen Durst stillte und schließlich der Ziege einen sanften Klaps auf den Hintern gab. Die Ziege rannte daraufhin meckernd weg und würde sich wohl so schnell keinem menschlichen Wesen mehr nähern. Cil stand derweil auf und streckte sich. Er fühlte sich großartig, großartig genug, um sonst was anzustellen. „Ah, jetzt geht es mir wieder richtig gut. Draco?“ „Ja, hier.“ Einen Flügelschlag später landete Draco bereits neben Cil. „Was ist? Willst du etwas Bestimmtes?“ Cil verneinte. „Nein, eigentlich nicht. Außer, können wir noch irgendwas unternehmen? Hier ist es mir zu langweilig.“ „Hm, warum nicht? Ist nur die Frage was überhaupt. Ich mein, in die Lüfte können wir nicht. Allerdings, ich könnte gänzlich zum Menschen werden und wir beide in die Stadt gehen.“ Cils Augen glänzten. Er liebte die Stadt und ihre Menschen, besonders die leckere, kalte Milch, die es da fast überall gab. „Au ja, lass uns in die Stadt gehen.“ Da sein neuer Freund nun mehr zugestimmt hatte, schloss Draco kurz die Augen, holte mehrmals tief Luft und verwandelte sich in einen Menschen, sodass sämtliche Drachenmerkmale verschwanden. Anschließend griff er nach Cils Hand und marschierte mit ihm in Richtung Stadt. //Äh, wie jetzt? Wieso greift er nach meiner Hand. Das sieht irgendwie schwul aus. Aber ich bin doch gar nicht schwul. Was solln die Leute von mir denken? Ach was, ich hab mich noch nie darum gekümmert.// Schulterzuckend verstärkte Cil den Griff. Zwar war ihm die Sache immer noch nicht geheuer, verstoßen wollte er Draco allerdings auch nicht. Schließlich hatte der sich vorhin um ihn gekümmert, als ihn andere längst verlassen hätten. Hand in Hand gingen sie durch den Wald zurück zu den Menschen, die von den beiden keine Notiz nahmen: Aufgrund ihrer sehr jungen Erscheinung wirkten sie ohnehin eher so, als ob sie Brüder seien. Ungeachtet dieser Tatsache vereinte die Stadt, bekannt als Kaiko-Orion, zu viele fremde Kulturen und Zeiten, als das sie aus der Rolle fielen. Mittelalter traf hier auf Neuzeit und früheste Steinzeit das alte Ägypten oder aber andere Welten wie die der Menschen. Zombies wandelten zwischen Wehrwölfen, Hexen, Feen, Elfen oder sonstigen magischen Wesen hin und her. Kaiko-Orion bildete damit eine absolute Ausnahme. Normalerweise gewährten die einzelnen Städte nur bestimmten Gruppen Einlass. Ebenso verabscheute man in diesen Gegenden jegliche Fremdkörper, insofern sie nicht in Verbindung mit deren Kultur standen. Kaiko-Orion bildete eine Zufluchtstätte für alle, die trotz ihrer Unterschiedlichkeit zusammen sein wollten. Draco und Cil bildeten dabei mit ihrer gerade entstehenden und noch sehr wackligen Freundschaft keine Ausnahme. Neugierig schlenderten sie miteinander redend durch Kaito-Orion und entdeckten dabei allerlei magische Zauberhilfen, zahlreiche spezielle Werkzeuge oder aber Dinge, die das Leben erleichtern sollten. Cil hingegen zog es besonders zu einem Geschäft, welches aus einem riesigen Euter bestand und scheinbar ständig zusammen zuckte. Immer wieder traten einzelne, weiße Tropfen aus deren empfindlichen Spitzen aus, liefen über die pulsierende Haut nach unten und sammelten sich dort in einem Graben. „Gehen wir da mal rein? Bitte!“ Bettelnd sah der Milchliebhaber zu seiner neuen Bekanntschaft, fiepste sogar ein wenig. „Na gut, aber nicht lange. Du weißt, ich steh nicht auf Milch.“ Cil nickte heftig. Freudig zog er den Drachen mit sich und ins Geschäft. Dort musste er sich erstmal an Selbigem festhalten, da selbst das Innere des Gebäudes wankte. Jedoch, obwohl man spüren konnte, dass dieses Haus lebte, standen seine Besucher auf sicherem Boden. „Einen Moment, ich komme gleich.“, kam es von hinten. Es dauerte nur ein paar Sekunden bis die Besitzerin nach vorn kam und sich den beiden offenbarte. Es handelte sich um eine jungendlich wirkende Frau, die ebenso wenig normal erschien wie die beiden Jungs. Der Körper eines Menschen beherbergte Arme eines Zombies und Haare eines Wehrwolfes, besonders auf den Gliedmaßen. Ihr Gesicht zierte eine riesige Hackennase und ihre Augen blutrote Pupillen. Nicht zu vergessen Hörner, die so gar nicht zu ihren kleinen Engelsflügeln passten. Insgesamt also ein Wesen das so eigentlich gar nicht existieren dürfte. „Kann ich für euch etwas tun?“ „Äh, nein, obwohl doch. Ich hab von außen das Euter gesehen und wollte unbedingt mal gucken wie es von drinnen aussieht.“ Die junge Frau schmunzelte und warf ihr langes Haar nach hinten. „Nun, das ziehst du ja jetzt. Wie du dir vielleicht denken kannst, verkaufe ich Milch, allerdings nicht irgendwie. Bei mir müssen die Kunden selbst melken, um etwas zu bekommen. Deswegen zuckt das Haus auch immer wieder zusammen. Beziehungsweise, wenn ihr genau hinhört, dann könnt ihr es atmen hören.“ //Oh je, wetten…// Noch ehe Draco zu Ende denken konnte, kam Cil ihm bereits zuvor. Er stürzte nach vorn, konzentrierte sich auf das Haus und konnte dank seiner dadurch entstehenden Fledermausohren tatsächlich das Gebäude atmen hören. Freudig löste er sich wieder und stützte auf die Besitzerin zu. Dabei wuchsen seine Eckzähne an. Er hatte Hunger. „Bitte bitte, ich will’s unbedingt mal probieren. Ich weiß wie Tiere zu melken sind. Ich mach das fast jeden Tag.“ Die junge Frau zuckte kurz zusammen. Bisher hatte sie noch keinen Vampir als Kunden gehabt und so einen Wildfang wie den jüngsten Conel schon gleich gar nicht. Dennoch blieb sie ruhig, lächelte freundlich und nickte. „Natürlich, dafür gibt’s mich ja. Kommt doch einfach mit.“ Hinkend drehte sie sich um und führte die beiden in den hinteren Teil des Euters, wo die Ziegen sofort ihre Köpfe wandten und meckerten. „Juhu, sogar Ziegen. Ich steh auf Ziegenmilch.“ „Das glaub ich dir sofort, aber halt bitte trotzdem deine Zähne zurück. Meine Ziegen mögen es nicht gebissen zu werden. Ansonsten bin ich gezwungen euch raus zuwerfen.“ Nun zuckte Cil zusammen, denn die Stimme die Frau klang dabei wie ein Felsen, der sich gerade von einem Berg löste und ins Tal donnerte. „Ich… ich… keine Sorge. Ich bin zwar ein Vampir und so, aber ich brauch meine Zähne eigentlich gar nicht. Ich werde deinen Ziegen ganz bestimmt nicht wehtun.“ Sofort beruhigte sie sich wieder. „Gut zu wissen. Ich bin übrigens Asmerada. Darf ich fragen wie ihr heißt?“ Cil nickte. „Ich bin Cil James Conel, aber sag ruhig Cil. Und das neben mir ist mein Freund Draco.“ Draco nickte Asmerada zu. „Sehr schön, also Cil und Draco, ich zeige euch jetzt welche Ziege ihr melken dürft.“ Sie führte die beiden zu einer schwarzen Ziege, stellte ihnen zwei Höckerchen hin und machte sie auf Besonderheiten aufmerksam, zeigte ihnen wo sie lieber nicht anfassen sollten. „Dann wünsche ich euch beiden viel Spaß. Ich bleibe in der Nähe.“ Anschließend wandte sie sich ab und war innerhalb einer Sekunde verschwunden. //Und weg ist sie.// Cil zuckte mit den Schultern. „Dann wollen wir mal.“ Draco stand der ganzen Sache noch etwas skeptisch gegenüber und guckte die Ziege ein wenig schief an. Ihm war jene nicht ganz geheuer. Dennoch folgte er Cils Beispiel, legte seine Finger um das Euter der Ziege und begann sie zu melken, bis er sich mit dem Blutsauger abwechselte. Tropfen für Tropfen drückten die beiden so aus ihr heraus. Draco musste aber gleich zu Beginn sein Handwerk aufgeben und Cil alleine weiter machen lassen. Er hatte vorhin nicht umsonst gesagt, dass er Milch nicht mochte bzw. sie gar nicht erst vertrug. Cil ließ sich davon keinesfalls stören, melkte die Ziege weiterhin fleißig und summte dabei fröhlich vor sich hin. „Das reicht. Ihr habt jetzt genug Milch zusammen. Bitte brecht an der Stelle ab.“ Ohne jegliche Vorwarnung, schälte sich Asmerada aus der Wand vor ihnen und strich der Ziege kurz über den Kopf, welche sie äußerst dankbar ansah. Cil stoppte sofort, wenngleich er Asmerada anstarrte, als hätte er einen Geist gesehen. Normalerweise konnte er Schritte bereits aus sehr weiter Entfernung vernehmen. Diesmal aber hatte er nicht einen einzigen Schritt registriert und wurde völlig überrumpelt. „Äh, ok.“ Langsam, um die Ziege nicht zu erschrecken, stand Cil auf. Asmerada schälte sich ganz aus der Wand, versorgte die Ziegen und füllte die Milch in einen entsprechenden Behälter. Damit bestückt ging’s wieder nach vorn. „So, da habt ihr eure Milch. Ich hoffe, es hat Spaß gemacht. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder. Ich wünsch euch beiden noch viel Spaß.“ Noch ehe sie es sich versahen, standen die beiden draußen vor einem ihnen unbekannten Laden. „Waren wir nicht noch eben…?“ //Seltsam.// Verwirrt sah sich Cil um, konnte vom Euter selbst allerdings nichts mehr sehen. Es war fast so, als hätte niemals existiert und sie geträumt. Letzteres konnte aber nicht sein, da Draco den Behälter mit der Milch in den Händen hielt. „Ja, waren wir. Aber irgendwie sehe ich nichts mehr.“ „Ich auch nicht.“ Cil versuchte es ein letztes Mal, entdeckte allerdings auch diesmal nichts und gab deswegen auf. „Egal, lass uns lieber weiter gehen. Sonst stehen wir am Ende morgen noch hier.“ Draco nickte. „Hast Recht. Aber wundern tu ich mich trotzdem weiter drüber. Ich mein, es kann doch keiner mal eben so schnell verschwinden.“ „Hab ich nicht eben was gesagt?“ Cil zog eine Augenbraue nach oben. „Entschuldige.“ Draco dachte über solche Sachen nun mal länger nach, als der Heißsporn von ihnen beiden. Da er aber nicht länger quer schießen wollte, überlegte er es sich anders. //Ich hab ja noch die Nacht dafür.// „Äh, was machen wir jetzt überhaupt mit der Milch? Ich hab eigentlich keine Lust, die ganze Zeit damit rum zulaufen.“ „Gar nichts, wir nehmen sie mit.“ Cil langte kurz um Draco herum, nahm ihm den Behälter ab und trug ihn stattdessen selber. „Damit du nicht länger herhalten musst.“ Damit konnte Draco leben. Außerdem hatte er so wenigstens seine Hände wieder frei und konnte nach der von Cil greifen, um erneut Hand in Hand mit ihm zu gehen. Dabei strahlte er seinen neuen Freund zufrieden an. //Ich mag Cil. Ich werde ihn noch heute fragen, ob wir Freunde werden können. Ich würde ihn gern wieder sehen.// Wie zuvor schon einmal, schlenderten die Zwei weiter durch die Stadt, auf der Suche nach neuen Abenteuern und Merkwürdigkeiten. Draco fühlte sich dabei sowohl, dass er nicht merkte wie seine Flügel und der Drachenschwanz hervortraten. Unruhig huschte der Drachenschwanz um seine Beine, während sich seine Flügel Richtung Himmel regten. „Du, Draco, deine Flügel…“ „Ja, was ist mit denen?“ „Guck doch mal.“ Draco sah nach oben und erschrak sich selber. Seine Flügel waren inzwischen sogar größer als sonst für ihn üblich. „Huch.“ Eiligst versuchte er sie wieder zu verstecken, was diesmal jedoch nicht klappte. Im Gegenteil, stattdessen fingen seine Flügel von selbst an zu schlagen und trugen ihn ans Ende der Straße. Dabei musste er Cil loslassen, der ihm hinterher rannte und atemlos kurz vor dessen scheinbaren Ziel zum Stehen kam. „Mach das nie wieder. Ich…“ //Scheiße die Milch ist weg.// Panisch sah sich Cil um, aber die Milch war und blieb verschwunden. Selbst als er noch mal zurückging, tauchte der Behälter nirgends auf. //Schade, dabei hat es soviel Spaß gemacht. Tut mir leid Asmerada.// Bedrückt sah er nach oben und wurde im selben Augenblick zu Boden geworfen. Draco fiel wie ein Stein vom Himmel und plumpste genau auf ihn drauf, rappelte sich jedoch sofort wieder auf. „Das wollte ich nicht, wirklich nicht.“ Ungefragt half er seinem neuen Freund auf. Kaum, dass sich ihre Hände berührten, schlossen sich Dracos Flügel um beide und die zwei wurden in das vor ihnen liegende Gebäude gezogen. Ängstlich klammerte der Vampir sich an ihn. //Was ist jetzt schon wieder los? Erst Asmerada und nun das… Mach doch mal einer was.// „Bleib ruhig. Uns wird schon nichts passieren.“ Im Inneren des Gebäudes angekommen, verspürten beide Kälte und frostige Temperaturen, gleichzeitig aber ebenso zum Teil unerträgliche Hitze. Verwirrt öffnete Cil seine Augen und staunte nicht schlecht. Um sie herum war alles in Eis bzw. Schnee getaucht. Zapfen hingen von den Decken, Schneeberge drohten einzubrechen und Schneeflocken klebten an den angeschlagenen Scheiben. Vereinzelt jedoch unterbrachen kleine Wiesenflächen das bizarre Bild, umgeben von Säulen aus warmer Luft. „Draco, weißt du was das ist?“ Der schüttelte nur mit dem Kopf. „Nein, weiß ich nicht.“ Draco löste sich nun erstmal von Cil und ging auf eine der Wärmesäulen zu, die sich sofort teilte und ihn einließ. Cil, der keine Lust hatte weiter allein im Raum zu stehen, folgte seinem Kameraden und wurde ebenfalls eingelassen. Draco kniete inzwischen und strich sacht über die Rasenfläche. „Ich weiß, ihr wollt wachsen, hm?“ Vorsichtig beugte er sich runter, öffnete seinen Mund und hauchte den Rasen an. Ein heller Lichtstrahl schoss aus seinem Drachenmaul und ließ dort, wo er auftraf, die schönsten Blumen wachsen. Sehnsüchtig drückten sie sich der unbekannten Quelle entgegen. //Das ist also seine Kraft. Statt Feuer zu spucken, ist er in der Lage leben zu erwecken, neue Dinge dort hervorzuzaubern wo andere es nicht können. Eigentlich schade, dass man ihn deswegen nicht akzeptiert. Ich find so was toll.// Ohne einen seiner Gedanken auszusprechen, trat Cil wieder aus dem Kreis heraus und wartete stattdessen. Draco, der ihn gar nicht registriert hatte, sorgte auch bei den restlichen drei Wiesenflächen für neues Leben. Ebenso sorgte er dafür, dass das Eis schmolz und die darunter eingefrorene Natur aufatmen konnte. „Sehr schön, endlich kann ich wieder atmen. Ich dachte schon, ich muss hier versauern und komm nie wieder raus.“ Neben Cil hüpfte ein Zwerg aus der Wand, obwohl man aufgrund der Körpergröße wohl eher Zwerglein sagen müsste. Geschickt hüpfte eben jener Winzling zu Draco rüber, der jetzt erst wieder aus seiner Trance erwachte und merkte was er da angerichtet hatte. „Oh, äh, das war keine Absicht. Ich kann auch nichts dafür.“ Der Zwerg grinste ihn aber nur an und stemmte sich mit seinen riesigen Ohren nach oben. „Von mir aus könntest du das ruhig öfters machen. Hier friert ständig alles zu und ich find nicht jedes Mal jemanden, der mir hilft. Du bist echt zur richtigen Zeit hier.“ Draco lächelte verlegen. „Äh ja, freut mich zu hören. Aber bitte sag das niemanden, also das ich so was kann. Man nimmt mir das sonst übel.“ Langsam trat Draco auf Cil zu und ignorierte kurz den Zwerg. „Jetzt weißt du was ich wirklich kann und weswegen man mich nicht mag. Drachen wie ich sollten eigentlich zerstören und nicht auf diese Weise ihren Atem nutzen.“ „Tschsss.“ Cil legte einen Finger auf Dracos Lippen. „Es ist ok, ok? Wir reden später darüber. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.“ Zudem hoppelte der Zwerg wieder auf sie zu, sprang mit seinen Ohren ständig auf und ab. „Vielen Dank noch mal. Ich muss dann auch schon weiter und mich um die Blumen kümmern. Viel Spaß euch beiden noch.“ Auch dieses Mal wurden sie in Windeseile aus dem Gebäude gescheucht und fanden sich in einer anderen Straße wieder. Erneut wussten beide nicht, ob sie das eben Gesehene geträumt hatten oder nicht. //Irgendwie stimmt heute gar nichts mehr. Ich versteh das nicht.// „Draco? Ich glaub, wir sollten Kaito-Orion langsam verlassen. Mir macht die Stadt Angst und ich hab genug.“ Der Angesprochene nickte, hob zuvor allerdings seine Hand und gab Cil eine Blume, eine von denen die er eben hervor gezaubert hatte. „Wir haben nicht geträumt, aber ja, lass uns gehen. Für heute reicht es. Ach ja, guck mal neben dir.“ Er deutete auf den Behälter neben dem anderen. Es handelte sich um genau die Milch, die Cil vorhin gesucht hatte. //Wie kommt die denn hier her?// „Pass das nächste Mal besser drauf auf.“ Noch ehe Cil darauf reagieren konnte, wurden sie sogar ganz aus der Stadt befördert und auf die Lichtung verfrachtet, die sie Stunden zuvor verlassen hatten, zusammen mit der Milch und der Blume. Ein leises Lachen erfüllte die Luft. „Vergesst nie was ihr heute gesehen habt. Wir sehen uns wieder.“ Erneut erklang die Stimme von Asmerada und das heißere Lachen des Zwerges. Anschließend wurde es still. Sie waren wieder allein und konnten nicht anders als sich sprachlos anzusehen und dumm dazu stehen. Erst nach scheinbar endlosen Minuten regte Cil sich wieder. „Kneif mich mal. Ich glaub das alles nicht.“ Wie gebeten kniff Draco Cil. „Au a, nicht ganz so doll, aber trotzdem danke.“ Zwar ging’s ihm immer noch nicht besser, aber er war wenigstens wieder halbwegs wach. Erschöpft ließ er sich ins weiche Gras fallen, zog Draco dabei mit runter und strich über dessen Flügel. „Du bist merkwürdig, weißt du das? Aber ehrlich gesagt find ich das toll. Ok, der Tag heute… Na ja, noch mal muss nicht sein, aber ich bin froh, dass ich dich kennen lernen durfte.“ Draco lächelte und ließ Cil gewähren, anfangs zumindest. Alsbald jedoch zog er seine Flügel wieder zurück. „Ich ehrlich gesagt auch. Zugegeben, du bist nicht merkwürdiger als ich, aber ich fühle mich bei dir wohl. Und wegen heute, du sagst doch ebenfalls niemanden etwas, oder? Du weißt schon, wegen der Sache mit den Blumen. Ich kann diese Kraft außerdem noch nicht kontrollieren.“ Bittend sah er dem anderen dabei in die Augen. „Kein Problem, ich werds für mich behalten. Ich versteh zwar nicht warum du diese Fähigkeit hast, aber gut, muss ich auch nicht.“ Zufriedenheit breitete sich auf seinem Gesicht aus. Cil war die erste und wohl auch einzigste Person außerhalb seines Clans, die von dieser Fähigkeit wusste. Normalerweise hütete der Jungdrache sie wie einen Schatz und verriet selten was ihn ausmachte. „Darf ich dich etwas fragen? Du reagierst ja allergisch auf Blut. Wieso eigentlich? Ich mein, was fehlt dir da quasi?“ Cil drehte sich auf den Rücken und sah verloren in den Himmel. „Weißt du, wir Vampire würden nie von selbst auf die Idee kommen Menschen anzufallen. Leider jedoch tragen wir Blutos in uns, ein Gen durch das wir zum Blut saugen gezwungen werden. Mir aber fehlt genau dieses Gen. Ich werde nicht unbedingt verstoßen, weil ich kein Blut sehen kann, sondern viel mehr weil mir eben dieses Gen fehlt. Für sie bin ich kein vollwertiger Vampir. Doch, nicht nur das, mir fehlt eine weitere Eigenschaft.“ Draco stutzte. //Noch eine?// „Vampire sind normalerweise nur nachts unterwegs, da sie tagsüber verbrennen würden. Doch selbst dabei versage ich. Folglich kann ich nur tagsüber auf Erden wandeln, muss mich jedoch in der Nacht verstecken. Ich…“ Cil wurde in seinem Redeschwall unterbrochen, da Draco anfing zu lachen und sich nicht mehr ein bekam. Kichernd hielt er sich den Bauch. „Schon gut, du musst nichts weiter sagen. Du bist einfach nur ein Sonderfall und damit hat sich’s.“ Draco schwirrte bereits der Kopf von all diesen Erklärungen. „Lass uns lieber über weniger komplizierte Sachen reden.“ Im selben Augenblick zuckte der Jungdrache zusammen. In der Ferne brüllte es. „Oh je, ich sollte mich besser aus dem Staub machen. Scheint so, als würden meine Verwandten gleich wieder ausfliegen, um zu demonstrieren wie toll sie denn seien.“ Seufzend richtete er sich wieder auf. Cil folgte seinem Beispiel. „Schade, ich hätte gern noch etwas mehr Zeit mit dir verbracht. Aber vielleicht sieht man sich ja mal wieder? Ich würde mich zumindest sehr darüber freuen.“ Draco nickte. „Natürlich sehen wir uns wieder. Ich bin wie du jeden Tag hier. Ruf einfach meinen Namen und ich bin da.“ Wieder brüllte es in der Ferne. „Jetzt muss ich wirklich.“ Stück für Stück verwandelte sich Draco immer mehr in einen Drachen, bis er haargenau seinen Verwandten glich. Mit nur einem einzigen Flügelschlag erhob er sich in die Lüfte. „Ach Cil, wollen wir Freunde werden?“ „Meinst du das ernst?“ Ein Nicken bestätigte die Worte. „Dann… dann habe ich nichts dagegen. Ich würde gern zu dir eine Freundschaft zu aufbauen.“ „Danke Cil. Ich freu mich bereits auf morgen.“ Draco lächelte ihn ein letztes Mal an, drehte sich um und war mit wenigen Flügelschlägen aus dem Blickfeld des Vampirs verschwunden. Jener blieb, ohne sich zu rühren, allein auf der Lichtung zurück. Stattdessen starrte er minutenlang weiter in den Himmel. Er löste sich erst, als ihm der Nacken wehtat. Seufzend ergriff er seinen Milchbehälter, sowie Dracos Blume, die jener zurückgelassen hatte. „Danke für den durchgedrehten und zugleich schönen Tag. Ich freue mich ebenfalls bereits auf morgen.“ Lächelnd machte auch er sich auf den Heimweg, zurück durch den Wald und damit zur Villa. Immer wieder erfüllte lautes Brüllen die Luft. Vereinzelt glaubte er sogar ein seltsames Leuchten am Himmel zu erkennen, gleich der Röte der aufgehenden bzw. untergehenden Sonne. //Ob das Dracos Verwandte sind? Hoffentlich kommt er auch gut nach Hause. Nicht das er zwischen sie gerät.// Flinken Fußes rannte er das letzte Stück des Weges nach Hause und wurde dort gleich wieder mit bösen Blicken empfangen. Asan wartete bereits ungeduldig. „Wo hast du dich jetzt schon wieder rumgetrieben? Du weißt doch, dass Vater heute Geburtstag hat und uns erwartet. Also beeil dich, zieh dich um und komm wieder runter.“ „Vergiss es, ich werde nicht erscheinen. Guck mal nach draußen. Nicht mehr lange und es ist dunkel. Das heißt, ich muss mich schlafen legen. Außerdem, für euch bin ich eh nicht vollwertig. Schöne Grüße und beste Glückwünsche an den Herrn Papa. Ich verzieh mich jetzt. Alles Gute zum Geburtstag und viel Spaß beim Feiern.“ Asan einmal mehr die Zunge rausstreckend, sauste Cil an ihm vorbei, rauf in seine Gemächer und schloss sich dort ein. Müde zog er sich in sein Bett zurück, warf einen letzten Blick auf die Blume sowie seine Milch und schlief im selben Augenblick ein. Unten im Foyer stand immer noch ein ziemlich verdatterter Asan, der seinen Bruder einmal mehr nicht verstand. Er dürfte doch genau wissen wie sehr ihr Vater nachher toben würde. Wobei, im Grunde hatte Cil recht, die Feier würde so oder so ausarten und Cil dabei definitiv stören. Jener hielt von den für Vampiren üblichen Orgien, die bei diversen Feiern ausarten konnten, überhaupt nichts. Doch, all das half nichts, er musste sich trotzdem fertig machen. Etliche Kilometer weiter weg, kam Draco gerade zu Hause an und konnte im Gegensatz zu seinem neuen Freund ungesehen in seine Höhle schlüpfen. Dort verkroch er sich sofort in sein weiches Nachtlager und seufzte. //Ob er wohlbehalten nach Hause gekommen ist? Bestimmt, sonst würde ich etwas merken.// Langsam schloss Draco seine Augen, rollte sich zusammen und schlief ebenfalls ein, begleitet von der Nacht, die jetzt erwachte und das Leben pulsieren ließ. By Jemo Kohiri Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)