Transformers von BluejayPrime ================================================================================ Kapitel 5: Fünf --------------- 29. September, Militärbasis Diego Garcia Ironhide fand Bumblebee am Rand des Stützpunkts. Noch immer hatte sie ihre menschliche Gestalt nicht abgelegt, sondern lag auf dem Rücken im Gras, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und starrte in den Himmel. Sie sah nicht einmal auf, als Ironhide neben sie rollte. Mit einem gedanklichen Augenrollen transformierte er sich. „Was ist los, Kleine?“ So unterschiedlich klang seine menschliche Stimme gar nicht, wie er feststellte; in seiner Autobot-Gestalt verzerrte sie sich nur. Bumblebee drehte nur den Kopf beiseite und antwortete nicht. Ironhide seufzte, transformierte sich ein weiteres Mal – diesmal in seine menschliche Gestalt – , legte ihr eine Hand unters Kinn und drehte ihren Kopf wieder zu sich. „Ist es wegen Lena? Die beruhigt sich schon wieder.“ Bee schwieg einen weiteren Augenblick, doch dann sah sie ihn an. „Ich bin ein Versager, nicht wahr?“ „Was?“ Verdutzt sah er auf sie hinunter. „Wie kommst du denn darauf?“ Nachdenklich fingerte Bee am unteren Saum ihres Shirts herum. „Ich konnte Sam und Mikaela nicht beschützen.“, sagte sie leise, „Gestern wäre Optimus beinahe getötet worden. Die Ärzte sagen, Lena hat eine leichte Gehirnerschütterung; also konnte ich nicht einmal auf sie aufpassen…“ „Schwachsinn.“ Ironhide fuhr sich durchs Haar – eine Geste, die er sich von den Menschen abgeschaut hatte – und warf Bumblebee einen strengen Blick zu. „Du bist ein guter Soldat. Optimus kommt schon wieder auf die Beine; er hat schon schlimmeres weggesteckt, wenn ich dich daran erinnern darf.“ „Mit Sams Hilfe.“, antwortete Bumblebee, „Wenn er diesmal stirbt, dann gibt’s keine Matrix, keinen AllSpark, gar nichts… dann ist er genauso tot wie Sam…“ Erneut wandte sie hastig den Blick ab. „Optimus ist bald wieder auf den Beinen, das wirst du schon sehen.“, sagte Ironhide fest, „Lennox hat hier verdammt gute Ärzte…“ „Er liegt im Koma!“, zischte Bee, „Megatron hat ihn fast umgebracht, wieder einmal! Und diesmal kann er sich nicht einfach in die Regenerationsphase verabschieden und von Ratchet zusammenschrauben lassen, denn der hat, was Menschen angeht, so gut wie keine Mittel! Was ist, wenn er nie wieder aufwacht?!“ „Er wird aufwachen. Und Lena kriegt sich wieder ein – Sam war ja anfangs auch, ähm, überrascht…“ „Sam wurde aber nicht sein halbes Leben lang von uns reingelegt, um dann zu erfahren, dass sich Alienroboter in sein Hirn geklinkt und seine Erinnerungen manipuliert haben!“ Sie erhob sich und wollte gehen, doch Ironhide griff nach ihrem Arm. „Lena ist ein schlaues Mädchen.“, sagte er sanfter als es für ihn normalerweise üblich war, „Sie erinnert dich an Sam, nicht wahr?“ Bumblebee biss sich auf die Unterlippe. „Ja.“, flüsterte sie dann schließlich, „S-Sehr… wie sie redet, und… ihre Augen…“ „Ich weiß.“ Ironhide ließ ihren Arm wieder los. „Aber genau deshalb kommt sie bestimmt auch bald wieder zu Verstand. Wir müssen nur… in aller Ruhe mit ihr reden, okay? Und wenn Optimus aufwacht, dann redet er auch mit ihr…“ Irritiert stellte er fest, dass seine beruhigend gemeinten Worte wohl ihren Zweck nicht erfüllten. Erneut wandte Bumblebee den Kopf ab; sie blinzelte hastig. „He…“ Wohlmeinend tätschelte er ihr etwas unbeholfen die Schulter. „Wir kriegen das schon wieder hin… oder ist sonst noch irgendetwas nicht in Ordnung?“ Bee verschränkte die Arme, drehte sich jedoch nicht wieder zu ihm; ihre Schultern zitterten. Ironhide seufzte leise und legte kurzerhand einen Arm um sie. „Was ist denn noch, Kleine?“, fragte er leise. „Ich habe Angst.“ Bees Stimme klang halb erstickt, doch sie löste sich nicht von ihm. „Ich weiß, das sollte ich nicht… ich sollte derjenige sein, der Lena beschützt, aber wie soll ich das machen, wenn ich mich gleichzeitig vor Angst übergeben könnte?“ Sie biss sich auf die Unterlippe und lehnte den Hinterkopf gegen ihn. „Ich will sie nicht auch noch verlieren, Ironhide.“, murmelte sie, „Aber wir wissen ja nicht einmal, wie wir die Decepticons in menschlicher Gestalt erkennen sollen… wie soll ich da-“ Behutsam strich Ironhide ihr durch das dichte, blonde Haar. „Du bist ein guter Soldat.“, sagte er leise, „Du hast deine Sache bisher immer gut gemacht. Und ich bin ja auch noch da, um auf dich aufzupassen… ich passe auf dich auf. Versprochen…“ Sehr viel weiter kam er nicht, denn Bumblebee drehte sich ruckartig zu ihm um, lehnte die Wange an seine Schulter und er spürte, wie etwas Feuchtes in sein Hemd rann. „Du hast ein Leck.“, sagte er vorsichtig, „Vielleicht sollte Ratchet…“ Bumblebee schniefte leise, sah jedoch zu ihm hoch. Auf ihrem Gesicht waren die gleichen silbrigen Spuren zu erkennen, die er gestern Abend bei Lena hatte feststellen können. „Du hast in zwölf Jahren nicht das Geringste über die menschliche Anatomie gelernt, oder?“, murmelte sie. Ironhide grinste verlegen. „Nicht so wirklich… wieso?“ „Ach, vergiss es.“ Sie fuhr sich mit dem Ärmel über das Gesicht und trat hastig einen Schritt zurück. „Ich… werd‘ nach Lena sehen.“, sagte sie mit einem fahrigen Lächeln, „Wir… wir sehen uns.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und rannte in Richtung des Stützpunktes. „Sei vorsichtig!“, rief Ironhide ihr nach, „Der neue Chef von Sektor 7 wollte heute vorbeischauen!“ Gänzlich verwirrt ließ er sich ins Gras sinken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Als Lena erwachte, verriet ihr ein Streifen rötlichen Lichtes, der durch die Jalousien fiel, dass gerade die Sonne aufging. Es dauerte eine Weile, bis sie wusste, wo sie sich befand, doch dann kehrte mit einem Schlag die Erinnerung zurück, und sie saß kerzengerade im Bett. Rasch ließ sie sich von der Matratze gleiten, schlüpfte in ihre Schuhe und band die Schnürsenkel nur locker zu. Je eher sie von hier und aus der Reichweite dieser Irren verschwand, desto besser. Alienroboter… sprechende Autos… Und noch dazu der Mord an ihren Eltern, für den diese haarsträubende Erklärung herangezogen worden war. Sie presste in bester Whitwicky-Manier die Lippen zusammen und öffnete so leise wie möglich die Tür zum Flur. Dort war es dunkel; zum Glück war weder links noch rechts auf dem Gang eine Schwester zu erkennen. Stumm huschte sie über den Flur, öffnete die erstbeste Zimmertür und schloss diese hinter sich ebenso hastig wieder. So weit, so gut. Vielleicht hatte sie von hier ja einen günstigen Blick auf den Hof, sodass sie die Wachen patrouillieren sehen konnte… Sie drehte sich um – und ihr blieb fast das Herz stehen. „Professor Parish!“, keuchte sie und war für einen Augenblick versucht, den Raum auf der Stelle wieder zu verlassen; dann jedoch wurde ihr klar, dass der Mann auf dem Bett sie wohl kaum hören konnte. Offenbar hatte Bee gestern richtig gelegen, als sie etwas von Koma gesagt hatte; Parish war ganz offensichtlich in tiefe Bewusstlosigkeit versunken. Zaghaft trat Lena etwas näher. Du solltest gar nicht hier sein., knurrte ihr Unterbewusstsein, Sieh lieber zu, dass du von hier verschwindest, und zwar auf der Stelle! Das einzige Geräusch im Zimmer war das leise Piepen der Monitore, und die flachen, aber stetigen Atemzüge des Mannes vor ihr. Sein ganzer linker Arm war bandagiert, soweit sie das überblicken konnte, und ebenso ein Großteil seines Brustkorbs. Eine undefinierbare Flüssigkeit tropfte durch einen Plastikschlauch, und die Linien auf dem Bildschirm verrieten ihr, dass Parishs Herz äußerst regelmäßig schlug. Optimus hatte Bee ihn genannt… „Tja…“, murmelte sie, während sie sich über ihn beugte, „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr… wie auch immer Sie nun heißen mögen…“ Als sie sich aufrichtete, spürte sie, wie ihr schwindlig wurde; rasch ließ sie sich auf einen Stuhl in der Nähe des Bettes sinken. Gedankenverloren zeichnete sie mit einer Fingerspitze das Muster im Stoff des Bettlakens nach. „Sie sind also auch einer von diesen Alienrobotern, ja?“, sagte sie plötzlich leise – in ihr keimte der Impuls auf, die fast bedrückende Stille des Raumes irgendwie zu unterbrechen, obwohl ihr durchaus klar war, dass sie keine Antwort zu erwarten hatte, „Dann kennen Sie die Geschichte wohl, die Bee mir aufgetischt hat…“ Sie lehnte sich im Stuhl zurück und betrachtete das Gesicht des Mannes, den sie bis gestern noch für ihren Astronomie-Professor gehalten hatte. „Sie sehen jedenfalls nicht nach Roboter aus. Das tut Bee allerdings auch nicht… zumindest die meiste Zeit über…“ Unwillkürlich zuckte ein halb verrutschtes Lächeln über ihr Gesicht. „Immerhin scheint sie die Wahrheit gesagt zu haben, als sie gesagt hat, sie sei ein Freund von meinem Dad gewesen… sie wirkte ganz schön mitgenommen…“ Ihr müsst sie beschützen, du und Optimus…, hatte ihr Vater geflüstert. „Sie kannten meinen Vater wohl auch, oder? Waren Sie auch ein Freund von ihm?“ Selbstverständlich kam keine Antwort. „Na ja.“, murmelte sie, „Wahrscheinlich hat sie eh nur deshalb für mich den Leibwächter gespielt.“ Sie tippte mit den Fingern auf dem Rand der Matratze herum. „Ich meine, ich würd‘ nicht zwölf Jahre lang für irgendein Kind den Leibwächter spielen… na ja, vielleicht doch…“ Sie erhob sich und trat zum Fenster hinüber. Die Sonne war inzwischen fast vollständig aufgegangen. „Ich verstehe nicht, was hier vorgeht.“, sagte sie schließlich und drehte sich wieder um, „Ich meine, wenn ihr unbedingt meint, ihr müsstet euch hier einen Krieg mit diesen… Decepticons liefern, dann bitte schön, aber was hat denn meine Familie damit zu tun? Ich könnte mir vorstellen, dass mein Dad auch nicht gerade ‚hier!‘ geschrien hat, als nach einem Idioten gesucht wurde, in dessen Kopf sich das Wissen eines Alienartefakts verpflanzen lässt.“ Sie fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht. „Und selbst wenn, dann hab‘ ich damit doch nichts zu tun…“, murmelte sie, „Ich bin kein wandelnder AllSpark, oder wie auch immer das Ding hieß.“ Nachdenklich durchquerte sie den Raum erneut und nahm wieder neben dem Bett Platz. „Haben Sie diesen Freaks gesagt, sie sollen mein Gedächtnis manipulieren?“, fragte sie schließlich, „Bee hat von Ihnen gesprochen, als wären Sie da ein ziemlich hohes Tier…“ Sie stützte die Ellbogen auf die Bettkante. „Ich hab‘ Ihr Gespräch mit den beiden belauscht.“, sagte sie leise, „Im Hörsaal, meine ich... und ich hab‘ tatsächlich geglaubt, da liefe was zwischen Ihnen und ihr…“ Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf. „Diese Decepticons…“, murmelte sie, „Die sind immer noch hinter mir her, oder? Und ich nehme an, das werden sie auch sein, wenn ich von hier verschwinde… also kann ich wohl nicht einfach da weitermachen, wo ich aufgehört hab‘ – wie auch, das College liegt in Trümmern…“ Ihr Blick wanderte über das Gesicht des Mannes, und es versetzte ihr unwillkürlich einen Stich, als sie die Kratzer, Schrammen und Blutergüsse bemerkte, die der Decepticon dort hinterlassen hatte. „Da steckt doch mehr hinter, oder?“, fragte sie langsam, „Ich meine, ich glaube nicht, dass Sie und Ihre… Freunde über Jahre hinweg so eine Show abziehen, nur weil Sie mit meinen Eltern befreundet waren, oder…? Sie glauben doch nicht im Ernst, ich sei der biologische Abklatsch Ihres… AllSpark?“ Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, aber ich fürchte, da kann ich Ihnen nicht helfen.“, sagte sie leise. Unwillkürlich wanderte ihr Blick erneut auf sein Gesicht hinunter, doch sie wandte hastig den Blick ab und erhob sich. Gerade eben hatte sie die Tür geöffnet, doch eine Stimme auf dem Flur hielt sie zurück. „Lennox!“ Hastig schloss sie die Tür wieder, lehnte sie jedoch nur an. Die Stimme des Mannes auf dem Flur klang nicht gerade sympathisch. „Colonel Lennox.“, korrigierte Lennox mit kaum merklicher Schärfe in der Stimme, „Und Sie sind?“ „Sean Henderson, Sektor 7.“, antwortete der Angesprochene, „Der Präsident schickt mich…“ „Das dachte ich mir.“ Lennox klang alles andere als amüsiert. „Und warum, wenn ich fragen darf?“ „Der Präsident ist… besorgt.“ Das süffisante Lächeln auf den Zügen des Mannes war aus seiner Stimme deutlich herauszuhören. „Wegen dem, was in San Francisco geschehen ist… im Senat ist erneut die Frage aufgekommen, ob es nicht viel sinnvoller für uns ist, wenn wir dafür sorgen, dass die sogenannten Autobots auf der Stelle von unserem Planeten verschwinden.“ „Sie wissen ganz genau, dass die Decepticons nicht wegen der Autobots das College angegriffen haben.“ Lennox fixierte den Mann vor sich wütend. „Sie waren hinter Lena her, und wenn die Autobots sie nicht mehr beschützen, dann werden sie das Mädchen töten!“ Lena zuckte hinter der Tür zusammen. Anscheinend würde es sich doch nicht so einfach gestalten, zu verschwinden, wie sie gedacht hatte. „Das bedeutet also, wenn sie den Stützpunkt verlässt, ist sie in Gefahr, nicht wahr?“, fragte Henderson. „In tödlicher.“, bestätigte Lennox. Argwöhnisch betrachtete er den Mann vor sich. „Worauf wollen Sie hinaus?“ „Wenn das Mädchen in Gefahr ist, dann gehört sie in sichere Obhut, nicht wahr?“, fuhr der Agent fort, „Demzufolge ist es die Aufgabe der Regierung, dafür zu sorgen, dass sie in solche übergeht.“ „Sie ist in sicherer Obhut.“, gab Lennox zurück, „Ich arbeite seit fünfundzwanzig Jahren für NEST, und wir haben uns stets bewährt…“ „Bis auf den tragischen Tod von Samuel James Whitwicky und seiner Frau.“ Lena fuhr zusammen; der Agent lächelte zufrieden, als sich Lennox‘ Augen verengten. „Das waren zufälligerweise die Eltern des Mädchens, oder?“, setzte Henderson seinen Satz fort, „Woher wollen Sie da wissen, ob Sie nicht auch bei ihrer Tochter versagen? Nein, Colonel Lennox, darauf ist der Präsident nicht gewillt, sich zu verlassen. Er sähe es viel lieber, wenn Sektor 7 sich ihrer annähme.“ „Und was hieße das?“, knurrte Lennox, „Sie sperren sie in irgendein Labor, versuchen, ihr den AllSpark aus dem Kopf zu operieren und schicken Sie anschließend unter irgendeinem Vorwand nach Guantanamo oder Alcatraz, damit sie da… wie haben Sie’s formuliert? Damit sie da in sicherer Obhut ist?“ Lena schauderte; lautlos schloss sie die Tür wieder und lehnte die Stirn dagegen. Großer Gott… Sie drehte sich wieder zum Bett um und schlug die Hände vor das Gesicht. „Na wunderbar.“, flüsterte sie. Nervös begann sie, im Raum auf und ab zu gehen, doch schließlich nahm sie wieder neben dem Bett Platz und stützte den Kopf in die Hände. „Und was jetzt?“, fragte sie mit einem Blick auf den reglosen Mann auf dem Bett, „Stand das auch in Ihrem Plan? Schaffen Sie mich aus dem Weg, wenn ich nicht mehr zu gebrauchen bin, oder zu gefährlich für die Menschheit oder was auch immer?“ Mein Vater hatte ein Alienartefakt im Kopf, und deshalb will mich die Regierung zusammen mit ein paar Robotern aus dem All aus dem Weg schaffen. Sie rieb sich über den Nasenrücken und atmete tief durch. „Aber das ist nicht vererbbar oder sowas, oder? Ich meine – ich bin nicht mein Vater… ich hab‘ nicht die leiseste Ahnung, was diese Dinger von mir wollen…“ Langsam fuhr sie mit zwei Fingern die Bettkante entlang. „Ian und Bee haben beide gesagt, es wäre ihnen am liebsten gewesen, wenn ich das Ganze von Ihnen erfahren hätte… also scheinen Sie ja doch einiges zu sagen zu haben, nicht wahr? Vielleicht hört dieser Freak ja auf Sie und schickt mich nicht nach Guantanamo…“ Obwohl er bewusstlos war, strahlte Parish noch immer eine seltsame Gelassenheit aus; Lena spürte, wie diese langsam von ihr Besitz ergriff. Die Jungs hier scheinen es mit dem Beschützen trotzdem ziemlich ernst zu meinen… „Lena?“ Eine leise Stimme von der Tür ließ sie zusammenzucken. Bee stand dort. Zwar hatte die junge Frau Jeans und Shirt gegen Armeekleidung eingetauscht, doch das verlegene, halb zurückhaltende Lächeln in ihrem Gesicht war dasselbe geblieben. „Ich hab‘ nach dir gesucht…“ „Kann ich mir vorstellen.“ Lenas Stimme klang härter, als sie gewollt hatte; ruckartig stand sie auf. „Was ist?“ „Ich will mich bei dir entschuldigen.“ Verdutzt blieb Lena stehen. „Was?“ „Ich will mich entschuldigen.“, wiederholte Bee zaghaft, „Für das Versteckspiel und… dass es gestern auf diese Art und Weise ans Licht gekommen ist…“ „Zumindest für das gestern konntest du ja nichts.“, antwortete Lena leise. Bee kam vorsichtig etwas näher. „Aber… aber der Rest tut mir auch leid.“, fuhr sie fort, „Wir dachten nur, es… sei vielleicht besser, wenn du nicht mit all dem Wissen aufwächst… Optimus meinte, du hättest das Recht auf eine unbeschwerte Kindheit… so unbeschwert wie möglich…“ Lena musste zugeben, dass sie im Grunde Recht hatte. Ihr gefiel der Gedanke nicht, dass die andere Möglichkeit gewesen wäre, sie auf einem Stützpunkt wie diesem aufwachsen zu lassen, wohlmöglich in Angst und mit der Erinnerung an den Tod ihrer Eltern… „Wann hattet ihr denn vor, mich einzuweihen?“, knurrte sie. Bee verzog das Gesicht. „Eigentlich hatten wir gehofft, du erfährst es nie.“, sagte sie vorsichtig, „Wir wollten nicht, dass du in Angst und Schrecken leben musst…“ „Was, nie?!“ Neue Wut keimte in Lena auf. „Und wenn ich irgendwann selbst mal Kinder gehabt hätte? Was wäre dann gewesen, hätten die dann auch imaginäre Freunde bekommen, die sich irgendwann als ihre Leibwächter entpuppen, oder hätte irgendwann ein Killerroboter bei mir an die Tür geklopft, wie bei meinen Eltern?!“ „Ich bin nicht nur dein Beschützer, ich bin auch deine Freundin.“, antwortete Bumblebee, „Ich kann dich gut leiden, Lena, wirklich. Und Ian geht es genauso, glaube ich…“ Sie trat auf die andere Seite des Bettes und warf einen Blick auf den Mann namens Optimus hinunter. „Ich hab‘ ein Gespräch zwischen Lennox und irgendeinem Agenten belauscht.“, platzte Lena heraus, „Er kam von irgendso einer Spezialeinheit, Sektor 7 oder so ähnlich, und er meinte…“ „…du wärst ein Sicherheitsrisiko und gehörtest in menschliche Obhut?“ Bumblebee grinste, doch es sah mehr nach einem Haifisch aus. „Das behaupten die von uns schon seit ungefähr fünfundzwanzig Jahren, weißt du. Als wir das erste Mal mit denen zu tun hatten, fand ihr damaliger Chef, ich sei ein derartiges Sicherheitsrisiko, dass er es vorzog, mich mit Stickstoff einzufrieren und als Versuchskaninchen zu nutzen. Optimus war nicht erfreut, und seitdem ist das Verhältnis… getrübt, sagen wir so.“ Lenas Blick schwankte zwischen Entsetzen und Abscheu. „Was zum Teufel sind das für Leute?!“ Bee zuckte die Schultern. „Sie unterstehen direkt dem Präsidenten, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass der nicht einmal die Hälfte von dem weiß, was sie tun… Nachdem wir die Decepticons das erste Mal besiegt hatten, wurde ihre Abteilung zwar aufgelöst, aber kurz vor deiner Geburt fand der damals amtierende Präsident wohl, sie könnten wieder nützlich sein. Seitdem behindern sie Lennox und seine Leute bei der Arbeit und beobachten uns mit Argusaugen.“ Bee stützte sich auf die Bettkante und sah Lena an. „Keine Sorge, Lennox wird dich denen nicht überlassen.“, sagte sie mit einem Lächeln, „Und wir werden das auch nicht zulassen. Wenn Optimus erstmal wieder auf den Beinen ist, dann brauchst du dir um nichts mehr Sorgen zu machen.“ Lenas Blick wanderte erneut auf den Mann im Bett hinunter. „Optimus…“, murmelte sie, „Ist er sowas wie euer Anführer?“ „Er ist mein General.“ In Bees Stimme schwang deutlicher Stolz mit. „Der einzige von uns, der noch auf Cybertron geboren wurde. Er ist ein Held, und er ist ein direkter Nachfahre der Primes.“ „Der was?“ Lena zog eine Augenbraue hoch. „Was ist ein Cybertron?“ „Das ist… war unsere Heimatwelt.“, antwortete Bee, „Ich kann dir nicht allzu viel darüber erzählen, nur das, was mir Optimus und die anderen beigebracht haben… der AllSpark war die einzige existierende Chronik unserer Rasse, weißt du. Seit seiner Zerstörung ist auch das Wissen, das in ihm lag, verborgen – oder besser gesagt transformiert. Wir vermuten, dass dein Vater dieses Wissen an dich weitergegeben hat.“ „He, ganz langsam!“ Abwehrend hob Lena die Hände. „Ich weiß überhaupt nichts über euren Planeten, klar? Und mein Vater hat mir auch nie davon erzählt.“ „Das nicht.“, antwortete Bee geheimnisvoll, „Aber da sich das Wissen des Würfels in seinen Kopf transformiert hat, wäre es durchaus vorstellbar, dass es nach seinem Tod auf dich übertragen wurde… aber keine Sorge, wir haben nicht vor, es aus deinem Kopf zu saugen oder sowas in der Art.“ Lena grinste müde. „Herzlichen Dank. Und was bitte ist ein Prime?“ „Unsere Urahnen.“ Nachdenklich sah Bee auf Optimus hinab. „Darüber könnte dir Optimus wohl mehr erzählen als ich… da bin ich nicht gerade ein Experte…“ Sie warf Lena einen Blick zu. „Was du gehört hast… was dieser Agent gesagt hat, meine ich, ging es da auch um uns…?“ Lena schüttelte den Kopf. „Nicht dass ich wüsste. Wieso?“ „Ich mache mir Sorgen.“, murmelte Bee. Ihr Blick glitt über die Monitore, die Optimus‘ Herzschlag anzeigten. „Wenn die Decepticons sich in Menschen verwandeln können, dann hatten sie fünfzehn Jahre Zeit, um jemanden bei Sektor 7 einzuschleusen, der hier beinahe tun und lassen kann, was er will, wenn Lennox ihn oder sie nicht davon abhält… und jetzt, wo Optimus so schwer verletzt ist…“ „Könnt ihr euch nicht selbst heilen…?“ Lena sah zu Bee auf. „Wie läuft das bei euch?“ Bee lächelte. „Bis zu einem gewissen Grad hin… wir sind nicht so zerbrechlich wie ihr. Aber wenn wir schwer verletzt werden, können wir unsere Systeme herunterfahren und in einen Regenerationszustand übergehen… das heilt uns zwar nicht, aber konserviert uns gewissermaßen, bis wir behandelt werden können. Und das übernimmt dann Ratchet.“ „Der Krankenwagen aus dem Hangar, nicht wahr?“, murmelte Lena, und Bee nickte. Sie warf einen weiteren Blick aus dem Fenster. „Was hältst du davon, wenn wir dir sowas wie Frühstück besorgen, hm?“, fragte sie, „Du musst hungrig sein… und ich denke, dass du noch einiges an Fragen hast…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)